Rescue Heroes – Rescue my Love - Lia Harding - E-Book

Rescue Heroes – Rescue my Love E-Book

Lia Harding

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Für Kyra zählt nur ihre Karriere als Ärztin, bis sie bei der Hochzeit ihres Bruders den Bodyguard Leon trifft, der im Sturm ihr Herz erobert. Viel zu schnell lässt sie sich auf ihn ein.
Bereits nach kurzer Zeit bemerkt Kyra jedoch, dass Leon etwas vor ihr verbirgt. Sein seltsames Verhalten weckt ihr Misstrauen, und als er ein ganzes Wochenende verschwunden bleibt, sucht sie nach ihm. Dabei macht sie einen schwerwiegenden Fehler und gerät in die Gewalt eines Drogensyndikats.
Um Kyra zu retten, nimmt Leon den Kampf mit einem mächtigen und unberechenbaren Gegner auf. Die rasante Verfolgungsjagd führt ihn in die exotische Inselwelt der Bahamas.

Band 2 der spannend romantischen Rescue-Heroes-Reihe von Lia Harding.
Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe. Der Roman ist zuvor bereits unter dem Titel "Jagd im Paradies" erschienen.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 328

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber dieses BuchTitelKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Über die AutorinWeitere Titel der AutorinImpressum

Liebe Leserin, lieber Leser,

herzlichen Dank, dass du dich für ein Buch von beHEARTBEAT entschieden hast. Die Bücher in unserem Programm haben wir mit viel Liebe ausgewählt und mit Leidenschaft lektoriert. Denn wir möchten, dass du bei jedem beHEARTBEAT-Buch dieses unbeschreibliche Herzklopfen verspürst.

Wir freuen uns, wenn du Teil der beHEARTBEAT-Community werden möchtest und deine Liebe fürs Lesen mit uns und anderen Leserinnen und Lesern teilst. Du findest uns unter be-heartbeat.de oder auf Instagram und Facebook.

Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich für unseren kostenlosen Newsletter an: be-heartbeat.de/newsletter

Viel Freude beim Lesen und Verlieben!

Dein beHEARTBEAT-Team

Melde dich hier für unseren Newsletter an:

Über dieses Buch

Für Kyra zählt nur ihre Karriere als Ärztin, bis sie bei der Hochzeit ihres Bruders den Bodyguard Leon trifft, der im Sturm ihr Herz erobert. Viel zu schnell lässt sie sich auf ihn ein.

Bereits nach kurzer Zeit bemerkt Kyra jedoch, dass Leon etwas vor ihr verbirgt. Sein seltsames Verhalten weckt ihr Misstrauen, und als er ein ganzes Wochenende verschwunden bleibt, sucht sie nach ihm. Dabei macht sie einen schwerwiegenden Fehler und gerät in die Gewalt eines Drogensyndikats.

Um Kyra zu retten, nimmt Leon den Kampf mit einem mächtigen und unberechenbaren Gegner auf. Die rasante Verfolgungsjagd führt ihn in die exotische Inselwelt der Bahamas.

Eine spannende Lovestory

Kapitel 1

Cat Island, Bahamas

Kyra erreichte die Gruppe Kokospalmen am Ende der Bucht, lehnte sich gegen einen Stamm und sah zum nachtblauen Himmel hinauf. Die Wedel breiteten sich wie Fächer über ihrem Kopf aus, unzählige Sterne blitzten hindurch, funkelnd wie Diamantsplitter. Eine frische Brise trug die Klänge einer Rockballade zu ihr, spielte mit ihren Haaren und kühlte ihren erhitzten Körper. Eine tiefe Zufriedenheit überkam sie, während sie die vergangenen Stunden Revue passieren ließ.

Ihr Bruder Dylan feierte heute seine Hochzeit. Nachdem er und Selina vor einigen Monaten spontan geheiratet hatten, gaben sie nun ein rauschendes Fest für alle, die ihnen nahestanden.

Die feierliche Zeremonie hatte am Strand stattgefunden, unter einem der mit gelben Trompetenblumen und pinkfarbenen Hibiskusblüten geschmückten Baldachine, und war recht schnell in eine ausgelassene Party übergegangen, die immer noch andauerte. Trotz der weiten Anreise nach Cat Island waren Freunde und Verwandte fast vollzählig anwesend. Kyra hatte den Tag genossen, sich darüber gefreut, Leute zu treffen, die sie zum Teil seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Dabei war ihr schmerzlich bewusst geworden, wie sehr sie ihre sozialen Kontakte vernachlässigt hatte, weil sie ihrer Arbeit im Krankenhaus stets höchste Priorität einräumte. In Zukunft würde sie öfter mal ein Wochenende freinehmen, ihre Familie besuchen oder Freunde zu sich einladen.

»Hier steckst du«, riss Leons Stimme sie aus ihren Gedanken.

Sein dunkler Bariton versetzte ihre Sinne in Schwingungen, ebenso wie der Anblick seiner großen, breitschultrigen Gestalt, als er nun aus den Schatten der Kaskarillabäume trat. Selinas Bodyguard war den ganzen Tag nicht von ihrer Seite gewichen. Während der Trauungszeremonie und des anschließenden Festessens hatte er neben ihr gesessen, und danach mit ihr getanzt. Sie hatte jede Sekunde mit ihm genossen und sich mehr als einmal mit leiser Wehmut an ihre kurze Affäre erinnert.

»Ich brauchte mal eine Pause«, sagte sie.

»Hoffentlich nicht von meiner Gegenwart?«

»Nein.« Im Gegenteil. »Mir war ein wenig schwindelig vom Tanzen und dem vielen Champagner.«

Er lehnte sich mit der Schulter an die benachbarte Palme und lächelte auf sie herunter. »Sag bloß, du bist betrunken?«

»Das hättest du wohl gern.«

»Nun ja … Willenlose Frauen haben schon einen gewissen Reiz.«

Kyra lachte. »In deiner Nähe bin ich auch ohne Alkohol willenlos.«

***

Leon sog heftig die Luft ein. Ihre deutlichen Worte verblüfften ihn. Seit ihrem Kennenlernen vor rund fünf Monaten bekam er Kyra nicht mehr aus dem Kopf, und er bedauerte es bis heute, dass aus ihnen kein Paar geworden war. Sie hatten einige Wochenenden miteinander verbracht, abwechselnd in Miami, wo sie lebte und arbeitete, oder bei ihm in Nassau.

Anfangs schien sie heftig in ihn verliebt gewesen zu sein, doch dann meldete sie sich immer seltener, und wenn sie telefonierten, wirkte sie ständig gehetzt. Irgendwann hatte Leon akzeptiert, dass sie in ihrem Job als Ärztin aufging und dieser Berufung ihr Privatleben opferte. Sie war ehrgeizig und arbeitete zielstrebig an ihrer Karriere. Als sie eine neue Stelle als Notfallmedizinerin angetreten hatte, war ihr Kontakt abgebrochen.

Und nun gestand sie ihm praktisch, dass seine Nähe sie nicht kalt ließ, dass sie immer noch an ihm interessiert war. Er ergriff die Gelegenheit, rückte dichter an sie heran und strich ihr eine blonde Locke aus dem Gesicht. Dabei streiften seine Fingerspitzen ihre Wange. Die Berührung ihrer samtigen Haut jagte ein Prickeln durch seine Finger und seinen Arm hinauf.

»Wenn das so ist, sollte ich die Chance nutzen«, raunte er.

Im fahlen Mondlicht sah er ihr verführerisches Lächeln. »Du weißt doch genau, wie du mich sonst noch willenlos machen kannst.«

Prompt reagierte sein Körper auf ihre Andeutung. Leon legte die Hände auf ihre bloßen Schultern und ließ seine Finger langsam an ihren Oberarmen entlanggleiten.

Kyra hob das Kinn, eine einladende Geste, der er nicht widerstehen konnte. Er senkte den Kopf und küsste sie, genoss das verlockende Gefühl ihrer Lippen auf seinen. Erinnerungen an ihren ersten Kuss stürzten auf ihn ein. Hier auf Cat Island war es passiert, in einer Tropennacht wie dieser. Schon damals war ihm ihre Nähe unter die Haut gegangen, obwohl er sie kaum kannte.

Sie schlang die Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn. Ihr schlanker, geschmeidiger Körper fühlte sich so verdammt gut an und die Art, wie sie sich an ihn presste, verriet ihm, dass sie mehr wollte. Zu gern hätte er seine Finger in ihr dichtes Haar geschoben und den Kuss vertieft. Leon hielt sie sekundenlang fest, während er mit seinen widerstreitenden Gefühlen kämpfte. Doch schließlich löste er seine Umarmung und trat einen Schritt zurück. »Was willst du wirklich, Kyra?«, fragte er leise.

***

Als er sie losließ, empfand Kyra eine plötzliche Leere. »Was meinst du?«, antwortete sie mit einer Gegenfrage, obwohl sie es nur zu genau wusste.

»Kannst du dir das nicht denken?«

Schweigend sah sie in sein schönes Gesicht, dessen Konturen in der Dunkelheit noch maskuliner wirkten.

Leon seufzte. »Eigentlich dachte ich, wir würden uns öfter sehen, aber du hast dich immer seltener gemeldet. Ich war es, der jedes Mal die Initiative ergriffen hat, ich habe angerufen oder gemailt.«

Ihr schlechtes Gewissen pikste sie. Es war nicht fair von ihr gewesen, ihn zappeln zu lassen. Sie hätte ihm sagen müssen, dass sie vor der Intensität der Gefühle, die er in ihr auslöste, zurückschreckte. Dass sie sich viel zu schnell viel zu heftig in ihn verliebt hatte. Dass sie befürchtete, erneut verletzt zu werden. Stattdessen hatte sie sich hinter ihrer Arbeit versteckt.

»Ich weiß«, murmelte sie. »Es tut mir leid. Es ist nur … wir sind total unterbesetzt. Ich bin fast nur noch im Krankenhaus.« Sie tat es schon wieder. Schob den Job vor.

»Ich habe den Kontakt zu dir nicht einschlafen lassen, weil ich kein Interesse an dir hätte«, fuhr Leon fort, bevor sie ihren Worten eine Erklärung hinterherschicken konnte. »Ich wollte dir nur nie zu nahetreten oder auf die Nerven fallen.«

Ihr Puls beschleunigte sich, als er so offen aussprach, was er empfand. »Du bist mir auch nicht gleichgültig, Leon«, sagte sie leise.

Er öffnete den Mund, doch sie legte einen Finger auf seine Lippen.

»Hast du dich mal gefragt, wie das funktionieren soll mit uns?«, redete sie weiter. »Du arbeitest für Selina, wohnst in Nassau. Ich lebe in Miami und bin fast nur im Krankenhaus. Dies ist seit Langem mein erstes freies Wochenende.«

»Und das spricht gegen eine Freundschaft? Oder mehr?«

Oder mehr? Ihr Herz setzte einen Takt aus bei seiner Andeutung. Äußerlich gelassen zuckte sie mit den Schultern. »Es macht sie zumindest schwierig.«

»Das sind faule Ausreden. Ich denke, dir fehlt einfach der Mut, dich auf mich einzulassen.« Er trat erneut zu ihr und legte seine Hände auf ihre Arme.

Kyra erschauderte. Der Zauber, den sie vom ersten Moment an in seiner Nähe verspürt hatte, wirkte auch jetzt. Die romantische Atmosphäre dieser Nacht, die vom Rauschen der Wellen und der leisen Musik untermalt wurde, trug zusätzlich ihren Teil dazu bei. Kurz schloss sie die Augen und wünschte sich, sie könnte ihre ganzen Bedenken beiseitewischen und sich einfach auf eine neue Verliebtheit einlassen.

»Wie wäre es, wenn wir uns auf der Ocean Spirit weiter unterhalten?«, fragte sie, bevor sie das letzte bisschen Selbstbeherrschung verlor.

»Von mir aus.«

Sie drehte sich hastig um, sodass er sie loslassen musste, und strebte auf den Bootssteg zu, an dem die Jachten der Hochzeitsgäste lagen. Leon blieb an ihrer Seite.

Vom Haus wehten Musik, Lachen und Gesprächsfetzen herüber. Die Feier war immer noch in vollem Gang. Kyra warf einen Blick auf die Szenerie, die von flackernden Partyfackeln und Flammschalen erhellt wurde, die über den Strand verteilt waren. Bunte Lichterketten schlängelten sich um das Geländer des Balkons, flossen an den Pfosten herab und wanden sich um das Verandageländer. Einige der Gäste tanzten, doch die meisten hatten es sich in den Loungemöbeln auf der Veranda und unter den Baldachinen gemütlich gemacht.

Sie erreichten den Anleger. Die Ocean Spirit, ein Formula 353 FasTech Offshore-Powerboat, dümpelte in der Dünung am Ende des Stegs. Ihr silberfarbener Rumpf schimmerte im Mondlicht. Mit langen Schritten ging Kyra darauf zu, dabei war sie sich Leons Nähe nur zu bewusst. Vermutlich war es ein Fehler, ihn mit auf ihr Boot zu nehmen, so weit von allen anderen Gästen entfernt. Sie hatte die Ocean Spirit vorgeschlagen, um Zeit zu gewinnen, um sich zu sammeln und die Distanz wieder herzustellen, die sie so dringend benötigte.

Obwohl sie sich mit jeder Faser ihres Herzens nach Leon sehnte, wusste sie, dass es keinen Sinn machte, sich näher mit ihm einzulassen. Sie war nicht der Typ für eine Fernbeziehung, denn dazu gehörte Vertrauen. Und das entwickelte sich erst, wenn man einen Menschen in- und auswendig kannte, was bedeutete, dass man viel Zeit miteinander verbringen musste. Sich im Alltag mit seinen kleinen und großen Problemen kennenlernte, statt sich in den wenigen gemeinsamen Stunden von seiner besten Seite zu zeigen.

Kyra sprang an Bord, Leon folgte ihr. Sie setzte sich auf die Bank im Heck, er lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen gegen die Bordwand. Nach dem offiziellen Teil der Trauung hatte er Jackett und Hemd abgelegt und lief seitdem in einem weißen Shirt, das seinen muskulösen Oberkörper umspannte, und einer hellgrauen Baumwollhose herum. In dem lässigen Look und mit den vom Wind zerzausten schwarzen Haaren strahlte er einen rauen Sex-Appeal aus, der sie im Innersten berührte.

Bei diesem Anblick fragte sich Kyra, wieso sie sich so sehr dagegen sträubte, mit ihm eine Beziehung einzugehen. Allein sein Äußeres war eine Sünde wert. Dazu kamen sein Mut und sein Verantwortungsbewusstsein. Er hatte sein Leben riskiert, um Selina aus den Händen ihres Entführers zu befreien. Leon war ein Traummann, den neunundneunzig Prozent aller Frauen mit Handkuss nehmen würden. Und seine Wahl war auf Kyra gefallen. Er wollte sie. Warum zierte sie sich dann so?

»Bekomme ich nun eine Antwort von dir?« Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

Kyra schluckte. »Ich hab’s doch schon gesagt. Die Entfernung und unsere Arbeitszeiten.«

»Wenn das deine einzigen Bedenken sind … Dafür gibt es eine Lösung.«

»Ach ja? Und welche?«

»Ich arbeite nicht länger für Selina.«

»Du hast bei ihr aufgehört? Wieso?«

»Sie meinte, Dylan würde auf sie aufpassen, und sie brauche keinen Bodyguard mehr.«

Kyra lächelte. Ihr Bruder passte tatsächlich wie ein Löwe auf seine schwangere Frau auf. »Heißt das, sie hat dich entlassen?«

»Nein. Ich wäre in Mr. Pavlidis’ Reederei untergekommen. Selinas Vater hätte mich als Wachmann weiterbeschäftigt, aber das ist mir echt zu langweilig.« Er grinste.

»Du gehst doch nicht etwa wieder zur Polizei?« Bevor Leon Selinas Bodyguard geworden war, hatte er beim Miami Police Department gearbeitet.

»Auf keinen Fall. Mit der Cop-Nummer bin ich ein für alle Mal durch. Miserable Bezahlung und noch miserablere Arbeitszeiten. Nein danke. Vor Kurzem bekam ich zufällig ein gutes Angebot von einem Security-Unternehmen in Nassau. Die Firma hat übrigens auch eine Niederlassung in Miami.«

Kyras Augen weiteten sich. »Dann wirst du bald dort leben?«

»Weiß ich noch nicht. Das kommt auf die Umstände an.« Sein anziehendes Lächeln blitzte auf.

»Meinst du etwa mich mit Umstände?« Ihre pikierte Frage entlockte ihm ein leises Lachen. Ein dunkler, verführerischer Ton. Kyra seufzte. Jeder Laut von ihm, sein Duft, die Art, wie er sich bewegte … Ihre Sinne sprangen einfach auf alles an.

Leon setzte sich neben sie auf die Bank, schlang einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. Er umfasste ihr Kinn, seine Lippen suchten die ihren.

»Leon, nicht …« Es war ein letzter schwacher Versuch, ihm zu widerstehen, doch der sehnsuchtsvolle Klang in ihrer Stimme verriet sie.

»Zu spät«, murmelte er. Sein Atem streifte ihr Gesicht und ihren Hals und jagte ein Kribbeln bis zu ihren Brüsten hinab. Kurz schmiegte er seine Wange an ihre, dann küsste er sie. Die Berührung seiner Lippen sandte wohlige Schauder durch ihre sämtlichen Nervenbahnen. Sie schlang die Arme um ihn, lehnte sich zurück und zog ihn mit sich. Sein schwerer Körper sank auf sie, und Kyra genoss es, wie er sich anfühlte.

Leon schob eine Hand unter den Rock ihres Kleides, legte sie auf ihr Knie und tastete sich an ihrem Schenkel hinauf, während er drängend ihren Mund eroberte. Seine kräftigen Finger auf ihrer zarten Haut raubten ihr fast den Verstand, ebenso wie sein Kuss, der sie an diese eine Nacht voller Leidenschaft erinnerte, die sie miteinander verbracht hatten. Kyra versank in einem lustvollen Taumel. Viel zu lange hatte sie sich nach ihm gesehnt, um ihm jetzt widerstehen zu können. Doch als er seinen Schenkel gegen ihre intimste Stelle presste und eine Woge der Begierde durch sie hindurchschoss, klingelte eine Alarmglocke in ihrem benebelten Gehirn.

»Nein«, brachte sie hervor.

»Sei still.« Er küsste sie sanft, und sie spürte das Lächeln auf seinen Lippen. »Denk daran, wie es zwischen uns war.«

Beinahe hätte sie ihm gesagt, dass ihre Erinnerungen äußerst lebhaft waren, dass sie sich nur zu gern von ihm verführen lassen würde, sich einfach weiter diesen wundervollen Gefühlen hingeben wollte. Stattdessen stemmte sie die Hände gegen seine Brust und schob ihn mit leichtem Druck von sich.

»Leon, das macht doch keinen Sinn.«

Mit einem frustrierten Laut setzte er sich auf. »Muss immer alles Sinn machen?«

Sein leidender Ton entlockte ihr ein Lächeln. »Für mich schon.«

Er nickte. »Typisch Dr. Kyra Bennett. Dein nüchterner Verstand steht stets über deinen Gefühlen.«

Obwohl er recht hatte, kränkten sie seine Worte. Auch wenn sie nach außen hin beherrscht wirkte, war sie eine leidenschaftliche Frau. Und er war einer der wenigen Menschen, der das wusste.

»Wo schläfst du heute Nacht?«, wechselte sie abrupt das Thema.

Er stutzte, forschte in ihrem Gesicht nach der tieferen Bedeutung ihrer Worte. »Dylan hat mir die Couch angeboten, die Gästezimmer sind alle belegt«, sagte er nach einem Moment.

»Dann solltest du rübergehen.«

»Kyra?« Er suchte ihren Blick, doch sie wich ihm aus. Zart tippte er ihr unters Kinn und wartete, bis sie ihn ansah. »Ich würde viel lieber hierbleiben.«

»Das ist, glaube ich, keine gute Idee.«

***

Leon seufzte. Wieso schickte sie ihn plötzlich weg, nachdem sie zuerst so leidenschaftlich auf ihn reagiert hatte?

Seit sie am Morgen in dem Brautjungfernkleid, dessen Schnitt ihre Figur betonte, und mit ihrem zauberhaften Lächeln auf ihn zugekommen war, brannte er darauf, sie in den Armen zu halten. Genau dort weiterzumachen, wo sie vor Wochen aufgehört hatten. Und dieses Mal würde er nicht zulassen, dass sie sich wieder von ihm zurückzog. »Kyra, lass uns …«

Sie legte ihm einen Finger auf die Lippen. »Leon, bitte. Wenn du nicht gehst, kann ich für nichts garantieren.«

Er lächelte. »So? Was würdest du mir denn Schlimmes antun?«

Ihr Finger glitt an seiner Unterlippe entlang. »Ich könnte dir das Herz brechen.«

»Das gehört dir doch schon lang«, gab er leise zurück.

Sie erstarrte, spürbar überrascht von den aufrichtigen Worten.

»Das wird niemals funktionieren«, murmelte sie. »Selbst wenn du nach Miami ziehen würdest. Und was willst du überhaupt mit einer Bohnenstange wie mir?«

»Pst«, unterbrach er sie. Am liebsten hätte er laut geschnaubt. War dies nur eine weitere ihrer lahmen Ausreden oder sollte ihr tatsächlich nicht bewusst sein, dass sie allein mit ihrem Aussehen die meisten Männer um den Verstand brachte? Er liebte die natürliche Eleganz, mit der sie sich bewegte, ihre ebenmäßigen Gesichtszüge mit den faszinierenden gletscherblauen Augen unter der blonden Lockenmähne. Sein Herz allerdings hatte sie mit ihrem klugen Kopf, ihrer Willensstärke und mit ihrem selbstlosen Einsatz für Selinas Wohlergehen erobert.

»Ich habe genug von deinen Ausflüchten«, sagte er, zog sie an sich und legte all seine Leidenschaft in den Kuss. Er würde ihr die Hirngespinste wegküssen und ihr beweisen, wie begehrenswert sie war. Er war mehr als bereit dazu.

Kapitel 2

»Guten Morgen«, grüßte Kyra in die Runde der Hochzeitsgäste, die unter den Baldachinen saßen und frühstückten. Auf der Suche nach Leon schweifte ihr Blick über die Gruppe. Es war ihr tatsächlich gelungen, ihn in der vergangenen Nacht wegzuschicken, bevor sie endgültig die Kontrolle verloren hatte.

»Kyra, komm, hier ist noch Platz.« Becky winkte ihr zu, und Kyra setzte sich neben sie.

Becky Preston leitete zusammen mit Dylan und dem dritten Teilhaber, Jake Talbot, eine Thaiboxschule in Miami. Kyra mochte die lebhafte Rothaarige mit dem drahtigen Körper, der von jahrelangem diszipliniertem Training zeugte.

»Wolltest du nicht mal in der Boxschule vorbeischauen?«, fragte Becky. Die Andeutung eines Tadels schwang in ihrer Stimme mit.

»Tut mir leid. Ich hatte es versprochen, aber unsere Personaldecke im Krankenhaus ist so dünn, ich schiebe seit Wochen Sonderschichten.«

»Dylan hat mir erzählt, dass du in die Notaufnahme gewechselt hast.«

»Ja, vor zwei Monaten.«

Becky sah sie ernst an. »Und seitdem frisst der Job dich auf. Die Augenringe hattest du vorher nicht.«

Kyra behielt den Grund für ihr übernächtigtes Aussehen für sich. »Mir war klar, dass die Arbeit in der Notfallambulanz anders sein würde als auf der Station, das habe ich schon während der Weiterbildung mitbekommen. Aber dass es so stressig werden würde …« Sie zögerte. »Ich liebe meinen Job, doch du hast recht, er frisst mich allmählich auf. An den freien Tagen schlafe ich fast nur oder hänge in meiner Wohnung ab. Mir fehlt einfach die Energie für Unternehmungen.«

»Dann such dir was anderes. Es gibt genug kleinere Krankenhäuser, wo es ruhiger zugeht.«

Kyra zog die Thermoskanne zu sich heran und goss Kaffee in ihre Tasse. »Der Gedanke ist mir auch schon gekommen, aber ich bin gern in der Klinik. Sie ist technisch auf dem neusten Stand, die Kollegen sind echt okay, und ich habe dort eine reelle Chance, als Ärztin weiterzukommen. Die Ausbildung zur Notfallmedizinerin war der erste Schritt in diese Richtung.«

Becky lächelte sie an. »Du willst Karriere machen.«

»Vor allem will ich eine gute Ärztin sein, die ihr Handwerk versteht.«

Beckys Blick schweifte ab, ihre Augen leuchteten interessiert auf. Kyra wandte den Kopf und sah ihren Cousin Ayden, der gerade die Verandatreppe herunterkam. Auf der untersten Stufe blieb er stehen und schaute sich um. Als er Becky entdeckte, hellte sich seine Miene auf, und mit raumgreifenden Schritten steuerte er auf sie zu. Wie alle Männer der Bennett-Familie war auch er sündhaft attraktiv. Über einen Meter neunzig groß, mit athletischem Körperbau und einem Lächeln, das Frauenherzen zum Schmelzen brachte. Die Morgensonne malte goldene Lichter in sein blondes Haar und hob die Konturen seines Gesichts hervor.

Offenbar war Becky nicht resistent gegen diese geballte Ladung Männlichkeit, denn auf ihren Wangen lag ein rosiger Hauch.

»Er steht auf Rothaarige«, wisperte Kyra ihr zu, und Beckys Röte vertiefte sich.

»Hey, Ayden«, begrüßte Kyra ihn, wobei sie aufstand. »Du kannst meinen Platz haben, ich wollte gerade gehen.«

»Nett von dir.« Er zwinkerte ihr zu, ließ sich auf den freien Stuhl fallen und richtete seine Aufmerksamkeit auf Becky.

Während sich Kyra entfernte, hörte sie, wie er sein Flirtprogramm abzuspulen begann. Amüsiert betrat sie das Haus. Ayden hatte sich noch nie lange mit Geplänkel aufgehalten. Er wechselte die Freundinnen schneller, als Kyra sich deren Namen merken konnte.

In der Küche traf sie auf Dylan und Leon, die zu beiden Seiten des Vollautomaten an der Arbeitsplatte lehnten, Kaffee tranken und sich unterhielten. Kyra sog Leons Anblick in sich auf. Er war ein paar Zentimeter größer als Dylan und etwas muskulöser. Sein markantes Profil verriet seine griechische Herkunft.

Er bemerkte sie zuerst. »Kyra, hallo. Hast du gut geschlafen?«

Seine strahlenden Augen verursachten ihr weiche Knie und die Erinnerung an die vor wenigen Stunden getauschten Zärtlichkeiten überrollte sie förmlich. Kyra konnte ihren Blick nicht von ihm lösen. Er war der schönste Mann, den sie je gesehen hatte. Sie hätte ewig hier stehen und ihn betrachten können.

»Hi«, grüßte sie, »und ja, ich habe gut geschlafen.« Sie sah Dylan an. »Ich will auch eine Tasse Luxuskaffee aus deinem schicken neuen Vollautomaten. Der Kaffee vom Cateringservice ist nicht so der Bringer.«

Dylan zog die Brauen hoch. Er und Selina hatten die Organisation der Feier einer Hochzeitsplanerin überlassen und erwarteten perfekten Service.

Kyra legte ihm eine Hand auf den Arm. »War nur Spaß«, meinte sie. »Der Kaffee ist gut. Ich wollte eigentlich nach Selina sehen.« Nach Leon, du Lügnerin.

»Sie schläft noch. Es war doch etwas viel für sie gestern.«

»Die rasche Erschöpfung ist normal am Anfang einer Schwangerschaft. Ihr Körper muss sich auf die neuen Umstände einstellen, und das kostet Kraft.«

»Ich glaube, meiner stellt sich auch gerade um.« Dylan grinste. »Ich habe die komischsten Gelüste.«

»Lass mich raten. Saure Gurken mit Vanillepudding?«

Leon schüttelte sich bei Kyras Worten.

»Klingt interessant«, sagte Dylan. »Aber nein. Ich sehe ein riesiges Steak vor mir.«

»Zum Frühstück? Wie eklig.« Sie klopfte ihm auf den Arm. »Zieh mal deinen Kopf ein.«

Dylan wich zur Seite aus, Kyra nahm eine Kaffeetasse aus dem Hängeschrank und stellte sie unter dem Auslauf des Automaten.

»Dylan? Kommst du mal?«

Bei Selinas Ruf fuhr er zusammen und verschüttete ein wenig von seinem Kaffee. Achtlos knallte er den Keramikbecher auf die Arbeitsplatte, wirbelte herum und schoss ins Schlafzimmer.

»Wow, er ist ja jetzt schon hochgradig nervös«, bemerkte Kyra amüsiert, während sie ein Blatt von der Küchenrolle abriss und die Tropfen aufwischte. »Die kommenden Monate werden bestimmt lustig.« Sie richtete sich auf und begegnete Leons Blick. Die Sehnsucht in seinen dunkelbraunen Augen traf sie mitten ins Herz, sein verliebtes Lächeln ging ihr einmal mehr unter die Haut. Als er die Hand nach ihr ausstreckte, ließ sie achtlos das feuchte Papier fallen und schmiegte sich in seine Arme.

Sein Kuss war heiß, seine Hände auf ihrem Körper fordernd. Kyra drängte sich an ihn und ergab sich dem leidenschaftlichen Ansturm. Eine Berührung von ihm hatte genügt, um die Lust, die seit gestern Nacht in ihr schwelte, erneut zu entfachen.

»Kyra, komm mal! Selina braucht dich!«

Dylans Ruf drang durch ihren sinnlichen Rausch, die Ärztin in ihr gewann die Oberhand. Hastig löste sie sich von Leon und ging ins Schlafzimmer. Selina lag im Bett, ihre sonnengeküsste Haut hatte die Farbe des weißen Kissenbezugs angenommen.

»Ihr gehts nicht gut«, stieß Dylan hervor, der fast genauso blass war wie Selina.

»Lass uns mal kurz allein.« Kyra umfasste seinen Ellenbogen und zog ihn Richtung Tür. Nur widerwillig verschwand er.

»Mit mir ist alles in Ordnung«, sagte Selina, sobald Kyra die Schlafzimmertür ins Schloss gedrückt hatte. »Das ist nur die Morgenübelkeit.«

Kyra setzte sich zu ihr auf die Bettkante und fühlte den Puls. »Du weißt, dass die Übelkeit in dieser Phase der Schwangerschaft normal ist?«

Selina rollte mit den Augen. »Klar weiß ich das. Dylan ist derjenige, der mich wie ein rohes Ei behandelt und bei jedem Piep von mir den Notarzt rufen will. Ich finde es ja rührend, dass er so um mich besorgt ist, aber er erdrückt mich damit.«

»Lass ihm Zeit, sich daran zu gewöhnen. Es ist sein erstes Kind.« Kyra schmunzelte.

»Meins auch, und ich stelle mich verdammt noch mal nicht so an!« Selinas Empörung trieb ein wenig Farbe in ihr bleiches Gesicht.

»Dir wirds gleich besser gehen.«

»Ja, ich merke es schon.« Lachend legte sie ihre Hände an die Wangen.

»Sich über seinen Partner aufzuregen, ist eines der besten Mittel, um den Blutdruck in die Höhe zu treiben.«

»Lass ihn das bloß nicht wissen, sonst macht er noch mehr Unsinn als gewöhnlich.«

»Ich glaube, das traut er sich im Moment nicht. Dylan ist wirklich sehr besorgt um dich und das Baby.« Kyra drückte Selinas Hand.

»Okay, Frau Wunderdoktor, dann schick ihn wieder rein, bevor er einen Herzinfarkt bekommt.«

Kyra verließ das Schlafzimmer, vor dem Dylan wie ein Elitesoldat Wache stand.

»Mit Selina ist alles in Ordnung«, sagte sie zu ihm. »Die morgendliche Übelkeit ist ganz normal in dieser Phase der Schwangerschaft. Bring ihr nachher einen trockenen Toast und Tee, das wird sie bestimmt bei sich behalten.«

»Danke, Sis«, stieß er erleichtert hervor. »Mich macht diese Schwangerschaftsgeschichte total fertig. Kannst du nicht so lange bei uns wohnen, bis das Baby auf der Welt ist?«

Sie lachte. »Und am besten so lange bleiben, bis das Kind volljährig ist?«

»Super Idee.« Er tätschelte ihren Arm und verschwand im Schlafzimmer.

Lächelnd kehrte Kyra in die Küche zurück. »Darf ich jetzt endlich mal einen Kaffee trinken?«

Leon, der aus dem Fenster gesehen hatte, drehte sich zu ihr um.

»Ohne das Zeug läuft mein Motor nicht.« Sie berührte einen Sensor an der Kaffeemaschine und die Tasse füllte sich zischend.

Leon kam zu ihr. »Wie lange bist du noch auf Cat Island?«

»Nur noch ein paar Stunden. Ich fahre am Nachmittag nach Nassau, übernachte im Apartment meiner Eltern und fliege morgen früh weiter in die Staaten. Ich wäre gern länger geblieben, aber ich habe Dienst.« Sie sah die Enttäuschung in seiner Miene.

»Schade, ich dachte, wir könnten die nächsten Tage zusammen verbringen.«

Kyra verspürte die gleiche Wehmut. »Kommst du später mit zum Schwimmen? Ich kenne eine kleine Bucht, wo uns die Hochzeitsgäste nicht stören.«

Er umfasste ihre Taille und zog sie an sich. »Wieso später? Worauf warten wir?«, raunte er.

Sie lächelte. »Lass mich noch schnell meinen Kaffee trinken, dann können wir los.«

***

Die Ocean Spirit jagte an der Küstenlinie von Cat Island entlang. Leon genoss den Blick auf die Insel mit ihrer dichten Vegetation und den fast menschenleeren Sandstränden. Das Leben verlief gemächlich auf den abgelegenen Out Islands. Was für ein Unterschied zu der quirligen Hauptstadt Nassau, die täglich von Touristen überschwemmt wurde.

»Wie seid ihr auf die Idee gekommen, hier ein Haus zu bauen?«, rief er, um sich über den Fahrtwind und das Dröhnen der Motoren hinweg verständlich zu machen. »Cat Island liegt doch echt am Ende der Welt.«

»Das Strandhaus war der Alterssitz meiner Großeltern. Nachdem sie ihre Kaffeerösterei an Dad übergeben hatten, wollten sie ein geruhsames Leben am Meer führen. Sie waren gern auf dem Wasser, liebten es, mit ihrem Katamaran rauszufahren.« Ein Schatten huschte über Kyras Gesicht. »Nach ihrem Tod stand das Haus eine ganze Weile leer. Dylan hat es renoviert und nutzt es nun als Ferienhaus für die Familie oder gute Freunde. Ich bin froh, dass er es nicht verkauft hat. Ich verbinde eine Menge schöner Kindheitserinnerungen damit.«

»Hättest du es nicht von deinen Großeltern übernehmen können? Sie wussten doch sicher, dass dir so viel daran liegt?«

Sie schüttelte den Kopf. »Mir hat schon immer die Zeit für ein solches Objekt gefehlt. Dylan dagegen war von der Idee besessen, auf Cat Island eine Tauchschule zu eröffnen. Er hat jede freie Minute hier verbracht und war ständig draußen, um zu tauchen und zu segeln. Deshalb haben meine Großeltern ihm das Gebäude und den Katamaran vermacht. Leider ist aus seinem Vorhaben nichts geworden, dabei ist das eine tolle Gegend für Wassersport.« Kyra lächelte. »Dylan ist ein wenig sprunghaft. Er hat sich praktisch aus heiterem Himmel gegen eine Tauchschule entschieden, sich in Miami in die Kampfsportschule eingekauft und sich zum Seenotretter ausbilden lassen. Also alles ganz anders als ursprünglich geplant.«

»Dann hast du deine Zukunftspläne ja zielstrebiger umgesetzt.«

»Ich wusste schon immer, dass ich Ärztin werden wollte. Deswegen haben mir meine Großeltern auch Geld vererbt, als Grundstock für eine eigene Praxis. Das ist ein großer Traum von mir.«

»Und wirst du ihn dir eines Tages erfüllen?«

»Das habe ich vor. Doch zunächst will ich Berufserfahrung sammeln. Aus diesem Grund habe ich die Weiterbildung zur Notfallärztin gemacht.«

Ihre Zielstrebigkeit und ihre klaren Vorstellungen gefielen ihm. Mit ihren zweiunddreißig Jahren hatte sie es bereits weit gebracht.

Kyra drosselte den Schub und schwenkte in eine Bucht ein. »Wir sind da.«

Sie breiteten ihre Strandtücher unter einigen Palmen aus, deren filigrane Wedel sich anmutig vor der Brise verneigten und tanzende Schatten warfen. Der Sand schimmerte in der Mittagssonne wie Perlmutt, das türkisfarbene Meer glitzerte, kleine Wellen brachen sich und rauschten an den Strand.

Kyra zog das Shirtkleid über den Kopf. Darunter trug sie einen azurblauen Bikini, der ihre Augenfarbe betonte. Leon bemühte sich, sie nicht allzu offensichtlich anzugaffen. Sie war schlank, mit sanften Rundungen an den richtigen Stellen und sensationellen Beinen. Lebhaft erinnerte er sich daran, wie sich diese Beine um ihn geschlungen hatten.

»Was ist los?«, riss ihn Kyras Stimme aus seinem Tagtraum. »Traust du dich nicht? Runter mit den Klamotten.« Mit einem breiten Grinsen unterstrich sie ihre auffordernde Geste.

***

Ein begehrliches Leuchten flackerte in seinen Augen auf. Kyras Knie wurden weich und sie hörte auf zu lachen. Als ahnte er, was in ihr vorging, erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht.

Langsam knöpfte Leon das Hemd auf und zog es aus. Kyra sah ihm dabei zu, Erinnerungen an ihre gemeinsamen Stunden erwachten. Wie gern sie sich an seine breite Brust geschmiegt hatte, wie sich seine muskulösen Schultern und kraftvollen Arme angefühlt hatten. Er streifte die Shorts ab und eine schwarze Badehose kam zum Vorschein. Ihr Blick wanderte über sein Sixpack zu den schmalen Hüften. Heißes Verlangen schoss durch ihren Körper.

»Wollen wir?« Er streckte ihr die Hand hin. Sein selbstgefälliges Grinsen bewies, dass er genau wusste, was in ihr vorging. Sie schob ihre Finger in seine, und zusammen rannten sie ins Meer. Das Wasser spritzte, erfrischende Tropfen trafen auf ihre erhitzte Haut. Mit einem Schrei stürzte sich Leon in die Fluten. Als er auftauchte, glänzte sein Haar wie Onyx, Wassertropfen perlten über seine gebräunten Schultern und seine Brust. Lässig strich er sich eine Strähne aus der Stirn. Eine sexy Geste, die ihr fast den Boden unter den Füßen wegzog.

Jetzt kam er auf sie zu, jeden Muskel angespannt, einen verlockenden Ausdruck in den dunklen Augen. Seine Badehose war ein wenig verrutscht und ließ einen helleren Streifen Haut sehen. Du lieber Himmel! Sie musste aufhören, ihn anzustarren, sonst würde sie vor Verlangen in Flammen aufgehen. Mühsam wandte sie den Blick ab und zwang sich, an etwas anderes zu denken. Die Ocean Spirit dümpelte in der Nähe auf den Wellen. Sie durfte nicht vergessen, noch Frischwasser zu bunkern, bevor sie nach Nassau zurückfuhr. Und sie brauchte … Leons Hände auf ihren Hüften entlockten ihr ein Keuchen. Er stand hinter ihr und zog sie an sich, bis sie mit dem Rücken an seiner Brust lehnte.

»Warum schaust du weg?«, murmelte er dicht an ihrem Ohr.

»Weil ich sonst in Ohnmacht fallen und vermutlich ertrinken würde.«

»Sehe ich so gruselig aus?«

Sie drehte sich in seinen Armen um und blickte zu ihm hoch. »Verdammt, Leon Diakos, hast du mal in einen Spiegel geschaut?«

»Ab und zu mache ich das tatsächlich.« Die Lachfältchen in seinen Augenwinkeln verrieten, wie sehr ihn ihr Ausbruch amüsierte.

Mit einem Finger folgte er dem Wassertropfen, der aus seinem Haar gefallen war und über Kyras Dekolleté lief. Sie erschauderte unter der Berührung. Dieser Mann war Leidenschaft pur. Sie legte die Arme um seinen Hals, Leon senkte den Kopf und küsste sie glutvoll.

»Wir müssen bald los«, sagte Kyra geraume Zeit später. »Ich will noch bei Tageslicht in Nassau ankommen.«

Leon brummelte etwas Unverständliches und zog sie enger an sich. Nach dem Bad hatten sie sich auf den Strandlaken ausgestreckt und von der milden Brise trocknen lassen.

»Ich habe von der Frucht der Verführung nicht kosten dürfen und werde trotzdem aus dem Paradies verjagt«, beklagte er sich.

Sie kicherte. »Du redest vielleicht einen Stuss. Wie kommst du denn auf so was?«

»Ich lese viel.«

»Offenbar bist du nicht sonderlich wählerisch bei deiner Lektüre.«

Er hob eine Braue. »Die Sache mit dem Paradies ist aus der Bibel.«

Kyra lachte, und er fiel mit ein.

»Jetzt mal im Ernst«, hakte sie nach. »Was liest du denn am liebsten?«

»Was Spannendes. Ich habe eine Menge Zeit totzuschlagen. Bodyguard ist im Grunde ein langweiliger Job.«

»Von dem man trotz aller Langeweile wundervolle Muskeln bekommt«, raunte sie. Kyra streichelte über seine Brust und schmiegte noch einmal ihre Wange an seine warme Haut. Sie würde ihn vermissen.

Während des Heimflugs verweilten ihre Gedanken bei dem vergangenen Wochenende und bei Leon. Seit er und Dylan vor einigen Monaten Selina aus den Fängen des Drogenbosses Eduardo Guerrero befreit hatten, war viel geschehen. Dylan hatte seinen Job als Seenotretter bei der Coast Guard in Miami aufgegeben und war zu Selina nach Nassau gezogen, wo sie eine Galerie führte. Die Thaiboxschule in Miami leiteten Becky und Jake, Dylan blieb stiller Teilhaber. Er plante, in der bahamaischen Hauptstadt eine Kampfsportschule zu eröffnen, und suchte aktuell nach einer geeigneten Immobilie.

Leon würde zum nächsten Ersten die neue Stelle bei Empire Security antreten. Das Sicherheitsunternehmen vermittelte Bodyguards, übernahm den Wachdienst für Firmen sowie Werttransporte. Die Inhaberin, Lorna Channing, hatte ihm versichert, dass es sich um einen ruhigen Job mit moderaten Arbeitszeiten handelte.

Kyra lächelte bei der Erinnerung an ihn und die wundervollen Stunden, die sie zusammen verbracht hatten. Leon wollte sie am nächsten Wochenende besuchen kommen. Allein das Wissen erfüllte sie mit wohliger Wärme und brachte ihr Herz zum Tanzen.

Kapitel 3

Müde und lustlos trat Kyra ihren Dienst an. Seit dem Wochenende auf Cat Island empfand sie ihre Arbeit als besonders stressig. Die kurze Auszeit von der alltäglichen Routine sowie der Kontakt zu Familie und Freunden hatten ihr bewusst gemacht, wie wenig Zeit ihr für private Dinge blieb. Momentan haderte sie mit ihrem Traumberuf, doch sie rief sich immer wieder in Erinnerung, dass sie sich diesen Weg ausgesucht hatte. Das Gefühl, helfen zu können und Leid zu lindern, wog den manchmal übermenschlich scheinenden Einsatz auf.

»Hallo, Kyra«, begrüßte sie ihr Kollege David, als sie die Notaufnahme betrat. »Wie war dein Kurzurlaub?«

»Guten Morgen.« Sie lächelte ihn an. »Perfekt. Die Hochzeit war super organisiert, und Selina und Dylan waren ein traumhaftes Paar.« Sie seufzte. »Am liebsten wäre ich noch ein wenig länger geblieben. Einfach mal ausspannen, Sonne und Strand genießen, aber das ging ja leider nicht.«

»Tja, wenn die Pflicht ruft … Ich bin extra wegen Meer, Sonne und Strand nach Miami gezogen. Nun hocke ich gefühlt rund um die Uhr in diesem verfluchten Kasten mit Klimaanlage und Kunstlicht. Ich komme mir vor wie eine Laborratte.«

»Dann such dir einen Job als Bademeister«, zog sie ihn auf. »Am besten am Miami Beach. Da sitzt du den ganzen Tag entspannt in deinem Holzhäuschen und siehst halb nackten Frauen beim Sonnenbaden zu.«

»Das ist ja mal eine Stellenbeschreibung.« Er feixte. »Aber bei meinem Pech säuft garantiert der widerlichste Typ ab und ich muss ihn reanimieren.«

Kyra kicherte. »Das solltest du dir nicht entgehen lassen.«

»Du bist ja echt gut drauf. Ich hoffe, deine sonnige Laune hält an. Vor ein paar Minuten ist ein Autounfall reingekommen. Ziemlich blutig, der dürfte nach deinem Geschmack sein.«

»Hach, du weißt, wie man eine Frau glücklich macht.«

Er zwinkerte ihr zu. »Man sieht sich.«

In der Notfallambulanz herrschte Hektik, wie so oft an sonnigen, heißen Tagen. Die Menschen hielten sich im Freien auf, feierten, tranken zu viel, bekamen Hitzschläge und Kreislaufzusammenbrüche, übertrieben es beim Sport oder gerieten miteinander in Streit.

Kyra fixierte gerade einen Verband, als panische Rufe sie aufschreckten. Sie schob den Trennvorhang beiseite und spähte durch den Spalt. Wenige Schritte vor ihr stand ein Mann. Er schwankte unter dem Gewicht des Verletzten, den er trug. Dessen Shirt war blutdurchtränkt, aus mehreren Wunden rann Blut und tropfte auf den Boden.

Kyra stürzte auf die beiden zu. »Ich brauche Unterstützung!«, rief sie. »Schnell!«

Eine Krankenschwester eilte herbei und half, den Patienten auf einer Liege abzulegen. Kyra beugte sich über ihn. Sein Gesicht war blutleer bis auf die rosigen Schaumbläschen um seinen Mund, die Augen starr und er atmete nicht. Sie legte die Finger auf den Puls an seinem Hals. Nichts. Unterdessen schnitt die Schwester das Shirt des Mannes auf. Beim Anblick seines mit Einschusslöchern übersäten Brustkorbs seufzte Kyra. Im Bereich von Herz und Lunge war nur noch zerfetztes Gewebe. Hier kam jede Hilfe zu spät.

»Exitus«, murmelte sie, und die Krankenschwester trat zurück.

Langsam richtete sich Kyra auf und wandte sich zu dem Begleiter des Toten um, doch bevor sie etwas zu ihm sagen konnte, gab er ihr einen groben Stoß. Sie taumelte und fing sich am Rand der Krankenliege ab.

»He!«, entfuhr es ihr.

Der Kerl machte einen Satz auf sie zu, drohte ihr mit der Faust, dabei schüttete er einen Schwall unverständlicher Worte über ihr aus. Erschrocken wich sie vor ihm zurück. Er setzte ihr nach, packte sie am Arm und zerrte sie zu der Liege, wo er auf den blutüberströmten Körper deutete.

Kyra schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, aber der Mann ist tot«, sagte sie.

Der Typ schien sie nicht zu verstehen. Seine Pranken fielen auf ihre Schultern, schmerzhaft grub er die Finger in ihre Haut, während er sie anschrie. Kyra versuchte, ihn abzuwehren, dabei wiederholte sie ihre Worte auf Spanisch. Sie bemerkte seine erweiterten Pupillen. Ein Hinweis auf Drogenkonsum.

»Versteht jemand, was er sagt?«, rief sie, um sein Gebrüll zu übertönen. Irgendwie musste sie zu ihm durchdringen, bevor er durchdrehte. Sie suchte seinen Blick, erkannte den Irrsinn, der darin loderte. Furcht stieg in ihr hoch und noch einmal versuchte sie, sich aus seinem Griff zu befreien.

Endlich nahm er eine Hand von ihrer Schulter. Erleichterung überkam sie, die jedoch einen Sekundenbruchteil später in Todesangst umschlug, als er ein Messer zog. Kyra sah ein metallisches Blitzen und spürte, wie er ihr die Spitze unters Kinn drückte. Sie erstarrte mitten in der Bewegung.

Eine Frau schrie auf, dann wurde es schlagartig still in dem Raum. Nur die Stimme ihres Peinigers dröhnte in Kyras Ohren. Alles in ihr drängte danach, um sich zu schlagen und wegzulaufen, doch sie zwang sich dazu, vollkommen ruhig stehen zu bleiben. Ihr Bauchgefühl verriet ihr, dass es nur einen winzigen Auslöser brauchte, damit er zustach.

Schwester Elena näherte sich langsam. Sie war kreidebleich, trotzdem stammelte sie: »Ele está morto.«

Der Mann starrte die Krankenschwester einen Augenblick an, dann brüllte er auf.