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Selten standen Produktion und Logistik global vor derart großen Herausforderungen, wie in der Zeit des Osnabrücker Logistik Forums 2022: Zwei Jahre Corona Pandemie, der Ukraine Krieg, geopolitische Unruhen und eine sich neu ordnende Weltwirtschaft: Lieferketten, die bisher als gesichert und stabil galten, sind plötzlich nicht mehr verlässlich und fallen zeitweise ganz aus - mit dramatischen Auswirkungen auf Betriebe und Volkswirtschaften. Die Logistik erfährt in diesen Zeiten besondere Herausforderungen: Die bereits lang anhaltende kritische Personalsituation hat sich verschärft, Ressourcen sind durch Lockdowns zeitweise blockiert und Warenflüsse werden durch die Industrie nicht mehr planbar ausgelöst, sondern sind immer öfter durch kurzfristige, nicht planbare und zum Teil unvorhersehbare Ereignisse unterbrochen. Damit kann das klassische Ziel, "die richtige Ware, zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Qualität, zu den richtigen Kosten an den richtigen Ort" zu bringen nicht mehr erreicht werden. Es stellt sich die Frage, was Industrie und Logistik aus den Erfahrungen der letzten Jahre lernen kann, um möglichst verlässliche und ausfallsichere - also resiliente - Lieferketten unter krisenhaften Rahmenbedingungen sicherzustellen. Lieferketten-Resilienz meint die Widerstandsfähigkeit einer Versorgungskette gegen Unterbrechungen und die Fähigkeit eines Unternehmens, sich von einer Betriebsunterbrechung zu erholen. Solche Unterbrechungen entstehen aktuell durch die Coronapandemie und dem Krieg in der Ukraine. Je größer die Ausfallsicherheit der Lieferkette, desto schneller ist die Wiederaufnahme des normalen Betriebs möglich und desto größer ist die Resilienz. Diesem Themenkomplex widmete sich das Osnabrücker Logistik Forum 2022 und damit dieser Tagungsband, der die auf dem Kongress vorgestellten Arbeiten zusammenfasst: Wissenschaftler geben einen Überblick über Erkenntnisse aus der Forschung, Logistikdienstleister berichten über Erfahrungen und Lösungsansätze und Produzenten geben einen Einblick in ihre Strategien und Instrumente zur Aufrechterhaltung eines möglichst guten Lieferservice in Krisenzeiten.
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Seitenzahl: 128
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Selten standen Produktion und Logistik global vor derart großen Herausforderungen, wie in der Zeit des Osnabrücker Logistik Forums 2022: Zwei Jahre Corona Pandemie, der Ukraine Krieg, geopolitische Unruhen und eine sich neu ordnende Weltwirtschaft: Lieferketten, die bisher als gesichert und stabil galten, sind plötzlich nicht mehr verlässlich und fallen zeitweise ganz aus – mit dramatischen Auswirkungen auf Betriebe und Volkswirtschaften.
Die Logistik erfährt in diesen Zeiten besondere Herausforderungen: Die bereits lang anhaltende kritische Personalsituation hat sich verschärft, Ressourcen sind durch Lockdowns zeitweise blockiert und Warenflüsse werden durch die Industrie nicht mehr planbar ausgelöst, sondern sind immer öfter durch kurzfristige, nicht planbare und zum Teil unvorhersehbare Ereignisse unterbrochen. Damit kann das klassische Ziel, „die richtige Ware, zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Qualität, zu den richtigen Kosten an den richtigen Ort“ zu bringen nicht mehr erreicht werden.
Es stellt sich die Frage, was Industrie und Logistik aus den Erfahrungen der letzten Jahre lernen kann, um möglichst verlässliche und ausfallsichere – also resiliente – Lieferketten unter krisenhaften Rahmenbedingungen sicherzustellen. Lieferketten-Resilienz meint die Widerstandsfähigkeit einer Versorgungskette gegen Unterbrechungen und die Fähigkeit eines Unternehmens, sich von einer Betriebsunterbrechung zu erholen. Solche Unterbrechungen entstehen aktuell durch die Coronapandemie und dem Krieg in der Ukraine. Je größer die Ausfallsicherheit der Lieferkette, desto schneller ist die Wiederaufnahme des normalen Betriebs möglich und desto größer ist die Resilienz.
Diesem Themenkomplex widmete sich das Osnabrücker Logistik Forum 2022 und damit dieser Tagungsband, der die auf dem Kongress vorgestellten Arbeiten zusammenfasst: Wissenschaftler geben einen Überblick über Erkenntnisse aus der Forschung, Logistikdienstleister berichten über Erfahrungen und Lösungsansätze und Produzenten geben einen Einblick in ihre Strategien und Instrumente zur Aufrechterhaltung eines möglichst guten Lieferservice in Krisenzeiten.
Prof. Dr.-Ing. Marcus Seifert Tagungsleitung Hochschule Osnabrück/Logis.Net
Einführung
Erfahrungen und aktuelle Herausforderungen zuverlässiger Lieferketten im Güterverkehr
Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Dr. Nina Zimmermann, Nele Wolke
Stand der Wissenschaft
Rolle und Möglichkeiten des Güterverkehrs auf der Schiene in turbulenten Zeiten
Prof. Dr.-Ing. Stefan Karch
Resilienz von Lieferketten in Produktion und Logistik – Ein Einblick in die aktuelle Forschung
Dr. Christopher Münch
Erfahrungen von Logistikdienstleistern im Umgang mit Engpasssituationen
Analyse der Seefracht-Schifffahrt für die Lieferketten
Morten Ingebrigtsen
Flexibilität bei der Wahl des Transportwegs zwischen Europa und Nordostasien: Luft, See, Schiene oder Straße?
Pablo Guido, B.Sc.
Seefrachtverkehr in Krisenzeiten – aktuelle Entwicklungen und Ausblick
Prof. Dr. Burkhard Lemper
Versorgungssichere Produktionsketten in Krisenzeiten
Transportlogistik aus Verlader Sicht in herausfordernden Zeiten und ohne Unterbrechung der Supply Chain
Richard Steinkamp
Operative Anforderungen und Lösungsansätze im Supply Chain Risk Management eines internationalen Großanlagen-Bauers
Tobias Lempik & Daniel Duus
Neue Anforderungen und Suche nach Lösungen für das Speditionsgeschäft in Zeiten unsicherer Lieferketten
Uwe Hasselberg
Ergänzende Beiträge
Methodengestützte Umsetzung der Lieferkettensorgfaltspflichten-gesetz-Anforderungen mit dem MITO-Methoden-Tool
Prof. Dr.-Ing. Hartmut F. Binner
Umgang mit externen Störfällen als Krisenauslöser: Planung und Management von sicheren Lieferketten – Stand der Forschung
Prof. Dr. Claus W. Gerberich
Resilienz: Aus unsicheren Lieferketten werden zuverlässige Supply-Chains- Versorgungssicherheit für die Zukunft realisieren
Prof. Dr. Claus W. Gerberich, Prof. em. Dipl.-Ing. Wolfgang Bode, Dr.-Ing. Michael Lempik
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Erfahrungen und aktuelle Herausforderungen zuverlässiger Lieferketten im Güterverkehr
Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Dr. Nina Zimmermann,
Nele Wolke
Entwicklung der weltweiten Warenströme
Abbildung 1: Europa macht Geschäfte, hauptsächlich mit sich selbst, Le Monde diplomatique, Berlin
Die Tendenzen in Richtung der Internationalisierung sowie der Globalisierung führen zu einer steigenden Verflechtung der weltweiten Güterproduktion. Ein weiterer Treiber der Globalisierung besteht in der steigenden ökonomischen Bedeutung des Außenhandels. Im internationalen Vergleich profitierte somit zuletzt Asien ein hohem Maße an der fortschreitenden Globalisierung, da Asien derzeit die größte Umsatzwachstumsrate aufweist. Jedoch etablierte sich Europa als Vertreter aller inkludierten Wirtschaftsteilnehmer an der Globalisierung als der größte Handelsakteur hinsichtlich des Gesamtvolumens. [1] So nehmen die Warenströme innerhalb der EU im internationalen Vergleich den größten Außenhandelsanteil innerhalb einer Region ein. Parallel stellt die USA die größte Import- und China die größte Export-Nation dar. In diesem internationalen Vergleich lässt sich belegen, dass Europa nicht übermäßig im internationalen Handel tätig ist. Anders als weitere Regionen der Triade (drei größten Volkswirtschaften NAFTA-Freihandelszone (Kanada, USA, Mexiko), Südost- & Ost-Asien (China, Japan, Südkorea, Singapur) und EU-Länder) fokussiert sich Europa zunehmend auf den innereuropäischen Handel. Die Entwicklungs- und Schwellenländer tragen eher in einem geringen Volumen zu dem Welthandel bei. Hier lassen sich als Beispiele Indien oder Brasilien nennen.
Gemäß aktueller nationaler Verkehrsprognosen wird der Güterverkehr bezogen auf die Tonnenkilometer in dem Zeitraum von 2010 bis 2030 um 38 Prozent zunehmen. Anhand dieses prognostizierten sowie steigenden Verkehrswachstums lässt sich abermals schlussfolgern, dass die weltweite Globalisierung – auch die der Märkte und des Handels – in den kommenden Jahren weiter voranschreiten und sich infolgedessen auch der internationale Waren- und Dienstleistungshandel weiter in dieselbe Richtung entwickeln wird.
Sensible Warenströme
Durch die sich weiterentwickelnde Globalisierung der weltweiten Warenströme stellt der funktionierende Güterverkehr einen wichtigen Grundpfeiler für die Zukunft Entwicklung und Positionierung eines Landes dar. Der vorherrschende Güterverkehr umfasst jegliche Bewegung aller Güter sowohl auf der Straße, auf den Schienen, im Wasser, in der Luft. Durch die Internationalisierung der Warenströme steigen die Transportwege und damit auch das Verkehrsauskommen weiterhin an. Zur effizienteren Gestaltung des Güterverkehres gewinnt die Kombination aus verschiedenen Verkehrsmitteln stetig an Bedeutung. Über diesen kombinierten Verkehr (Bahn, Schiff und LKW) soll auch den umweltpolitischen Bedenken entgegenwirkt werden [2]. Als wichtiges Transportmittel gestaltet sich die Binnenschifffahrt. Insgesamt wurden 195,1 Millionen Tonnen im Jahr 2021 über die Binnenschifffahrt transportiert. Das allgemeine Volumen über alle Beförderungsmittel hinweg hingegen lag im Jahr 2021 bei rund 4,7 Milliarden Tonnen.
Die Relevanz des Schifffahrtverkehrs im internationalen Warenverkehr wird am besten durch das Beispiel der Ever Given aus dem Jahre 2021 verdeutlicht. Der havarierte Frachter blockierte den Suezkanal und verursachte eine Überlastung des Binnenverkehrs. Zunächst konnte aufgrund der Blockade zu wenig Fracht aus Asien nach Deutschland transportiert werden. Mittelbar nach dem Unfall führte die Blockade zu einer Überlastung durch den Wiederhochlauf, da in Europa nun zu viele Schiffe gleichzeitig entladen werden mussten. Infolgedessen herrschte ein Mangel an leeren Containern in Europa und es entstanden Kapazitätsengpässe und höhere Frachtraten durch die essenzielle Umplanung der Frachtwege [3].
Ein weiterer signifikanter Einflussfaktor auf die Warenströme stellt der Krieg in der Ukraine dar. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass nicht nur der Schifffahrtverkehr anfällig
für Störungen ist. Auch der Straßenverkehr mit einem Anteil von ungefähr 3,7 Milliarden Tonnen Beförderungsmenge im Jahr 2021 weist erhebliche Engpässe auf:
steigende Belastung überregionaler Straßen durch LKW
Störung neben der Autobahn in Ballungsgebieten
Mangel an qualifizierten Fahrern im Straßengüterverkehr
Folgende Abbildung verdeutlicht die Entwicklungen der Dieselpreise bis zum neunten März 2022. Hierbei wird ersichtlich, dass die Preise um 48 Prozent zu Jahresbeginn angestiegen sind [4]. Auch bis Ende 2022 hat sich dieser drastische Preisanstieg nicht vollständig erholt und liegt weiterhin bei 182,11 Cent im Dezember 2022 [5].
Abbildung 2: Entwicklung der Tankstellenpreise zu Jahresbeginn 2022, Eigendarstellung durch Berechnungen des BGL
Fahrermangel
Ein LKW-Fahrermangel liegt vor, wenn die Nachfrage nach potenziellen Fahrern das Angebot der Fahrer übersteigt und somit der Bedarf nicht gedeckt werden kann. Diese negative Entwicklung begrenzt die angestrebten Wachstumsaussichten der Logistikbranche. Nicht nur höhere Kosten folgen diesem Mangel, auch der steigende Zeitdruck der Lieferanten und Kunden und der mangelnde Laderaum stellen weitere gravierende Folgeerscheinungen dar [6]. In Deutschland fehlen nach Angaben des BGL zwischen 60.000 und 80.000 Berufskraftfahrer. Diese Situation verschärft sich durch den Krieg in der Ukraine weiterhin deutlich. Zudem trägt der demographische Wandel ebenfalls zu dem steigenden Fahrermangel bei. Circa ein Drittel der Berufskraftfahrer ist älter als 55 Jahre. Im Vergleich gehen jährlich circa 30.000 Berufskraftfahrer in Rente, während die Berufseinsteiger nur mit rund 17.000 Personen nachrücken.
Nicht nur die demographische Entwicklung trägt zu dem steigenden Fahrermangel bei. Auch das gestiegene Frachtaufkommen durch die Globalisierung ist ein relevanter Faktor. Zudem führt die Digitalisierung neben einem erhöhten Kostendruck, aufgrund der gestiegenen Transparenz des Marktes, zu weiteren Forderungen der Unternehmen an die Lieferanten wie bspw. der „Just-intime“-Lieferung. Dem entgegen stehen auf der Lieferanten- und Fahrerseite Herausforderungen wie eine durch den Kostendruck verursachte schlechte Entlohnung oder schlechte Arbeitsbedingungen.
Der BGL hat fünf entscheidende Punkte festgelegt, die bei der Entgegenwirkung des Fahrermangels unterstützen sollen.
1. Wertschätzung / Image verbessern
2. Arbeitsbedingungen verbessern
3. Hürden-/ Bürokratieabbau entschlossen angehen
4. Nachwuchsgewinnung und Digitalisierung fördern
5. Fachkräftezuwanderung erleichtern
Unter anderem werden die Verbesserung des Images und die steigende Wertschätzung gegenüber den Berufskraftfahrer aufgeführt. Darüber hinaus sollten die Arbeitsbedingungen stark verbessert werden. Einen weiteren Punkt stellt der Hürden- und Bürokratieabbau dar, der bspw. zu starken Verzögerungen in der Führerscheinerreichung führt. Zusätzlich sollten neben dem Entgegenwirken der demografischen Abwanderung die Nachwuchsgewinnung und Digitalisierung gefördert werden und die Zuwanderung von Fachkräften sollte erleichtert werden.
Modal-Split 1950 – 2019 und das Verlagerungspotential
Abbildung 3: Modal-Split 1950 – 2019 (nach Tonnenkilometern), Quelle: DIW, Berlin, ITP+Ralf Ratzenberger, München: statistisches Bundesamt, Wiesbaden; Kraftfahrt-Bundesamt, Flensburg und Berechnungen des BGL
Der Modal-Split zeigt die Zusammensetzung des Verkehres und lässt die relevanten Veränderungen über die Zeit erkennen. Er verdeutlicht die Aufteilung der Verkehrsnachfrage auf die verschiedenen Verkehrsmittel in Prozent im Verhältnis zu den Tonnenkilometern pro Jahr.
Die Darstellung zeigt die Relevanz von dem Straßenverkehr in der Logistik. Hier liegt der Anteil im Jahr 2019 bei über 70 % der gesamten Tonnenkilometern. Gefolgt von dem Schienenverkehr mit knapp 19 %, der stark an Relevanz über die Zeit hinweg verloren hat; und den Binnenschiffen mit unter 10 %. Am geringsten sind hier die Pipelines und der Transport per Flugzeuge vertreten.
Der Faktencheck Güterverkehr in Deutschland des BMVI im Jahr 2021 verdeutlicht das Verkehrsaufkommen deutscher LKW im Jahr 2019 nach Transportreichweite. Hierbei wird deutlich, dass über 50 % der deutschen LKW unter 50 Kilometer Strecke zurücklegen. Nur acht Prozent der in deutschen LKW transportieren Tonnage legt eine Strecke von mehr als 300 Kilometern zurück. Als Untergrenze für das Verlagerungspotential des Transportes vom Straßenverkehr auf den Schienentransport liegt im Minimum bei 300 Kilometern. Daher würden sich bei maximal acht Prozent der Transporte eine Verlagerung rentieren. Jedoch gerät der Neubau von Schienenwegen auf Grundlage langer Planungsverfahren ins Stocken. Derzeit liegt die durchschnittliche Dauer bis zur Inbetriebnahme bei Bundesschienenwege über 30 km bei 274 Monaten und entspricht daher ungefähr 23 Jahren. Hierbei entfallen schon 171 Monate auf die Vor-, Entwurfs- und Genehmigungsplanung sowie die Verfahren zur Planfeststellung. Hierbei hat die Abschaffung der materiellen Präklusion das Verfahren deutlich verlängert und zur Anforderung vieler zusätzlicher Gutachten geführt. Durch rechtliche Verfahren verlängern sich die Prozesse. Die Komplexität und die Überlastung behördlicher Strukturen fördern die Geschwindigkeit zur Umsetzung nicht [7].
Abbildung 4: Durchschnittliche Dauer bis Inbetriebnahme in Monaten, Quelle: Deutscher Bundestag, Drucksache 19/27459
Die Umstellung auf alternative Antriebe
Gemäß nationaler Verkehrsstudien verursachen die Nutzfahrzeuge etwa ein Drittel der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor [8]. Wie bereits aufgegriffen ist der Straßengüterverkehr die Verkehrsleitung mit dem größten Verkehrsaufkommen und verursacht somit den größten Anteil an CO2-Emissionen. Folgende Abbildung zeigt den angestrebten Mix verschiedener Antriebe aufgeteilt in Batterie, Brennstoffzelle und ICE (Intercity-Express).
Abbildung 5: Mix verschiedener Antriebe, Quelle Volvo
Hier wird deutlich, dass die herkömmlich betriebenen Schwertransporte weiterhin die höchste jährliche Laufleistung haben, während sich die Brennstoffzelle sowohl im Energieverbrauch als auch in der jährlichen Laufleistung in der Mitte einordnet.
Jedoch stehen der Umstellung auf die alternativen Kraftstoffe derzeit noch die Ladeinfrastruktur und die Netzbasis entgegen. Beide sind so gut wie gar nicht vorhanden. Die Ladeinfrastruktur fehlt sowohl im öffentlichen als auch im privaten oder betrieblichen Raum. Auch der Auf- und Ausbau von Oberleitungen und der dafür notwendigen Infrastruktur ist bisher nicht weiter vorangeschritten. Lediglich in manchen Städten können Busse mittels solcher Infrastruktur versorgt werden. Somit bleibt der geschäftliche Anwendungsbereich noch unbetroffen von dieser Technologie. Darüber hinaus bedarf es einer stärkeren Energieproduktion, um die Elektrifizierung des Straßenverkehrs weiter vorantreiben zu können. Gemäß Berechnungen des BGL würden zur Elektrifizierung weitere 55.244 Windkraftanlagen deutschlandweit benötigt. Hierbei bezieht sich der BGL lediglich auf den Straßengüterverkehr. Diese Zahl ist unter derzeitigen Bedingungen nicht erreichbar. Aber auch wenn die Elektrifizierung durch Atomkraftwerke erfolgen sollte, sind 18 Atomkraftwerke erforderlich.
Abbildung 6: Transporteistungen in Mrd. Tonnenkilometern: Quelle: Öko-Institut, Agora Energiewende (2021), online verfügbar unter: https//static.agora-energiewende.de/fileadmin/Projekte/2021/2021_04_KNDE45/2021-09-08_Klimaneutrales_Deutschland_2045_Datenanhang_1.0.xlx
Der Güterverkehr ist mit Wachstum verbunden, daher wird die Transportleistung auch vor dem Hintergrund der Klimaneutralität weiter zunehmen. So lässt sich schlussfolgern, dass der Güterverkehr auch unter der Vorgabe der Klimaneutralität bis 2050 um fast 30 Prozent wachsen wird. Die Transportleistungen des LKW-Verkehrs werden laut dem neusten Szenario zwar nur um gut 18 Prozent zunehmen, jedoch werden die absoluten Zahlen weiterhin die der Bahn- und Binnenschiffsfahrt übersteigen [9].
Ein klimaneutraler Verkehr im Jahr 2050 ist nur in Zusammenarbeit aller Verkehrsträger zu erreichen. So können bewusst klimaschutzfreundlichere Kooperationen geschaffen werden, in welchen sich jeder auf die für sein Unterfangen sinnvollere Alternative konzentriert. Bspw. können Transporte ab einer Strecke von über 300 km automatisch an den Schienenverkehr veräußert werden. Diese Transportweite wurde durch das BMVI festgelegt. Hierfür müssen Straßen- und Schieneninfrastrukturen weiter ausgebaut werden, um die Nutzung des kombinierten Verkehrs zu erleichtern.
Fazit
Als zusammenfassenden Ausblick wird die Notwendigkeit von Alternativszenarien, um Lieferketten in Krisenzeiten aufrechtzuhalten, hervorgehoben. Als Konsequenz aus diesen Krisenjahren ergibt sich auch die Frage der Globalen oder Lokalen Kaufentscheidung. Zudem muss eine optimale Verzahnung der Verkehrsträger im Binnentransport etabliert werden, um durch den kombinierten Verkehr das optimale wirtschaftliche, aber auch klimabezogene Ziel mittels der Lieferkette realisieren zu können. Ebenfalls sollte die Digitalisierung als Chance und Erfolgsfaktor im Transportsektor gesehen und genutzt werden, um die zuverlässige Datenbereitstellung garantieren zu können. Dem demografischen Wandel muss entsprechende Aufmerksamkeit zuteilwerden, um diesem entgegenwirken zu können. So kann langfristig der Fahrermangel als grundlegendes Problem weiter angegangen werden. Als übergeordnetes Ziel sollte der Klimaschutz im Fokus stehen, um auch in Zukunft die Verlässlichkeit und Simplizität des Güterverkehrs wahren zu können.
Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) E. V.
Der BGL ist der Spitzenverband des deutschen Transportlogistikgewerbes. Der Hauptsitzt liegt in Frankfurt am Main mit Repräsentanzen in Brüssel und Berlin. Vertreten wird der eingetragene Verein durch rund 40 Mitarbeiter*innen. Die Mitglieder setzen sich aus rund 7.000 Güterverkehrsunternehmen zusammen, deren Interessen durch den BGL vertreten werden. Schwerpunktmäßig befasst sich der BGL mit den Straßengütertransport der Logistik, der Spedition, der Lagerung und der Entsorgung und umfasst somit alle relevanten Bereiche des Verkehrs. Der Vorstand wird vertreten durch den Sprecher Herrn Prof. Dr. Dirk Engelhardt.
Literaturverzeichnis
[1] Diercke Drei Universalatlas – Aktuelle Ausgabe: Globale Warenströme – Erde -Wirtschaftskraft und Welthandel, S. 43, Abb. 3, 978-3-14-100870-8, 2022.
[2] Statistisches Bundesamt: Transport und Verkehr – Güterverkehr, online verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Transport-Verkehr/Gueterverkehr/_inhalt.html, 2023.
[3] Schlautmann, Christoph in Handelsblatt: Der Suezkanal ist wieder frei – doch die Probleme für die Wirtschaft beginnen erst, online verfügbar unter: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/havarie-der-ever-given-der-suezkanal-ist-wieder-frei-dochdie-probleme-fuer-die-wirtschaft-beginnenerst/27051918.html, 2021.
[4] Deutschlandfunk Kultur: Diesel-Preisanstieg in Deutschland am höchsten, online verfügbar unter: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/spritpreis-diesel-ukraine-krieg-101.html, 2022.
[5] en2x.: Durchschnittlicher Preis für einen Liter Diesel in Deutschland in den Monaten Januar 2020 bis Dezember 2022 (in Cent) [Graph]. online verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1691/umfrage/preis-fuer-einen-liter-diesel-monatsdurchschnittswerte/, 2023.
[6] StaffConcept, in Fahrermangel.info: LKW-Fahrermangel – Übersicht der Ursachen und Folgen, online verfügbar unter: https://www.fahrermangel.info, 2022.
[7] Deutscher Bundestag, Drucksache 19/27459
[8] Bundesministerium für Digitales und Verkehr: Klimaschutz im Verkehr – Nutzfahrzeuge mit alternativen Antrieben, online verfügbar unter: https://bmdv.bund.de/DE/Themen/Mobilitaet/Klimaschutz-im-Verkehr/Nutzfahrzeuge-mit-alternativen-Antrieben/nutzfahrzeuge-mit-alternativen-antrieben.html,2022.
[9] Öko-Institut, Agora Energiewende, online verfügbar unter: https//static.agora-energiewende.de/fileadmin/Projekte/2021/2021_04_KNDE45/2021-09-08_Klimaneutrales_Deutschland_2045_Datenanhang_1.0.xlx, 2021.
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Rolle und Möglichkeiten des Güterverkehrs auf der Schiene in turbulenten Zeiten
Prof. Dr.-Ing. Stefan Karch