Resist Me Less - Laura Labas - E-Book

Resist Me Less E-Book

Laura Labas

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Beschreibung

Er war ihre erste Liebe, jetzt ist er ihr größter Rivale! Die 23-jährige Elora arbeitet als Köchin in einer Ferienanlage im italienischen Tursi, als sie zu einem Kochwettbewerb nach Rom eingeladen wird. Bei der im TV übertragenen Show kann sie endlich ihr Können unter Beweis stellen. Doch einer ihrer Konkurrenten ist ausgerechnet ihre Jugendliebe Jack, der sie hintergangen und ihr Herz gebrochen hat. Elora möchte Jack bei den Dreharbeiten aus dem Weg gehen, aber sie wohnen nicht nur im selben Hotel, sondern sollen auch gemeinsam Werbeveranstaltungen besuchen. Schon bald lassen erbitterte Kochduelle und hitzige Wortgefechte die Funken sprühen! Band 1: Trust Me More Band 2: Resist Me Less

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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© everlove, ein Imprint der Piper Verlag GmbH, München 2025

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Redaktion: Wiebke Bach

Illustration: Carina Vellichor

Covergestaltung: FAVORITBUERO,München

Covermotiv: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Illustration

Widmung

Inhaltswarnung

Prolog

Elora

1. Kapitel

Elora

2. Kapitel

Elora

3. Kapitel

Elora

4. Kapitel

Jack

5. Kapitel

Elora

6. Kapitel

Elora

7. Kapitel

Elora

8. Kapitel

Elora

9. Kapitel

Jack

10. Kapitel

Jack

11. Kapitel

Elora

12. Kapitel

Elora

13. Kapitel

Jack

14. Kapitel

Elora

15. Kapitel

Elora

16. Kapitel

Elora

17. Kapitel

Jack

18. Kapitel

Elora

19. Kapitel

Elora

20. Kapitel

Elora

21. Kapitel

Elora

22. Kapitel

Jack

23. Kapitel

Elora

24. Kapitel

Elora

25. Kapitel

Jack

26. Kapitel

Elora

27. Kapitel

Elora

28. Kapitel

Jack

29. Kapitel

Elora

30. Kapitel

Elora

31. Kapitel

Jack

32. Kapitel

Jack

33. Kapitel

Elora

Epilog

Elora

Ein Jahr später

Jack

Danksagung

Inhaltswarnung

Anmerkungen

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Illustration

Widmung

Für diejenigen,

die das Gesicht der Sonne zuwenden

Inhaltswarnung

»Resist Me Less« enthält Themen, die belasten können. Deshalb findest du am Ende des Buchs eine Inhaltswarnung[1].

Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch.

Prolog

Elora

Meine Zimmertür war verschlossen. Sie hatten mich hier eingesperrt. Sollte ich überrascht sein? Vermutlich nicht. Bis vor wenigen Minuten hatte ich mich noch an die Tatsache geklammert, dass sie meine Eltern waren. Dass sie mich trotz ihrer Fehler liebten.

Diese Illusion lag nun zersplittert und scharfkantig in meiner Gefühlswelt. Ein Sturm kam auf, für den ich keine Zeit hatte.

In den sechzehn Jahren meines Lebens hatte ich gelernt, leise zu sein. Im Hintergrund zu existieren und im besten Fall keinen Mucks zu machen. Gefühle würden mich in Schwierigkeiten bringen. Es war besser, niemanden einzulassen. Und schon gar nicht meine Eltern.

Ironischerweise waren sie das komplette Gegenteil von mir.

Sie waren laut und ausfallend. Sie gestikulierten schnell und ungenau. Ihre Existenz war ein Desaster. Ihr Zorn unmenschlich.

Doch wehe, ich begegnete ihnen auf gleicher Ebene. Wehe, wenn die Drogen durch ihre Adern fluteten und sie zu Dämonen machten, die mich zerfleischen konnten.

Obwohl ich dies wusste, war ich erstaunt von der Niedertracht, die sich an diesem Abend angeschlichen hatte.

Ein bodenloser Abgrund tat sich vor mir auf, während ich die Arme um meine Knie schlang und sanft vor- und zurückschaukelte.

»Stell dich nicht so an, Elora«, lallte Dad aus dem Flur und schlug mit der flachen Hand gegen das Holz der Tür. Mittlerweile konnte ich die Art der Schläge voneinander unterscheiden. »Es ist ja nicht so, als wärst du noch Jungfrau. Er hat gesagt, er braucht nur ein paar Minuten mit dir und wir bekommen die Kohle.«

»Du willst doch auch nicht, dass uns das Wasser abgedreht wird, oder?«, mischte sich Mum mit ihrer kratzigen Hundert-Zigaretten-pro-Tag-Stimme ein. »Tu was für die Familie. Du hast hier lange genug schmarotzt.«

Dass ich arbeitete, seit ich zwölf war, und sie mir sämtliches Gehalt abnahmen, interessierte sie nicht. In ihrer eigenen Welt war ich undankbar und lediglich dafür gut, ihrem Willen zu gehorchen. Ihren Frust auszuhalten. Mich schlagen und peinigen zu lassen, damit sie ihren Schmerz für einige Minuten vergessen konnten.

»Ich hasse euch!«, schrie ich und verteilte Rotz und Spucke über meinen Ärmel. »Ich hasse euch!«

»Halt die Klappe, du kleine Göre. Er wird gleich hier sein.« Dad schlug noch einmal gegen das Holz, ehe ich sich entfernende Schritte vernahm. Mums klackernde Absätze folgten ihnen in die Küche.

Sie hatten mich verkauft. An ihren Drogendealer.

Mein Verstand scheute vor dieser Wahrheit zurück, aber ich musste sie mir eingestehen. Ich konnte nicht weiter die Augen davor verschließen. Wenn ich blieb, würden sie mich endgültig zerstören.

Wenn ich blieb, würden sie mich töten. Auf die eine oder andere Weise.

Jeder meiner Knochen schmerzte, als ich mich auf dem schmalen Bett abstützte und aufstand. Mir blieb nicht viel Zeit. Es war bereits nach neun. Die vereinbarte Uhrzeit, wie ich herausgefunden hatte.

Schon vor einer Weile hatte ich jedoch damit begonnen, meine wichtigsten Habseligkeiten in einen schwarzen Armeerucksack zu stopfen. Nicht weil ich vorgehabt hatte, vor meinen Eltern zu fliehen, sondern mit ihnen zusammen. Vor den Kredithaien und den anderen Junkies. Vor ihren gefährlichen Freunden, von denen sie sich Geld, Drogen und Alkohol liehen, ohne die Absicht, etwas davon zurückzuzahlen.

Ich hievte den Rucksack im Dämmerlicht meines Zimmers auf die weiche Matratze. Mit fahrigen Fingern ging ich den Inhalt ein letztes Mal durch: Jeans, Tops, Pullis, Unterwäsche und ein Säckchen mit Knöpfen, die ich über die Jahre gefunden hatte. Verschieden groß und bunt. Jeder einzelne erzählte eine Geschichte, und wenn ich sie in den Händen hielt, konnte ich mich in ihre Welten träumen und meine eigene vergessen.

In der Tasche fand sich auch ein Buch über eine junge Frau, die Rache an dem Mörder ihrer Familie üben wollte und sich dann in dessen Sohn verliebte. Ein fantastisches Setting. Ein Happy End. Spannung und Liebe. All das, was mein Leben nicht bot. Es bestand bloß aus Enttäuschung und Frust.

Langsam drehte ich mich in dem kleinen Zimmer um, ehe ich mich innerlich von dem Zuhause der letzten vier Monate verabschiedete. Hier hielt mich nichts mehr.

Eilig schlüpfte ich in die Daunenjacke, und dann band ich mir den blauen Wollschal um, den ich in der U-Bahn gefunden hatte.

Ich spitzte die Ohren. Jemand klopfte heftig an der Haustür. Mein Herz sank. Die Sekunden verstrichen.

Mit den Fingern rutschte ich über das Holz des Fensterrahmens, als ich es nach oben drückte. Splitter gruben sich in meine Haut, aber ich spürte den Schmerz nicht. Nur die Panik, die das Rauschen in meinen Ohren unerträglich laut machte.

Schließlich war das Fenster weit genug geöffnet, damit ich hinausklettern konnte. Ein Haufen Schnee dämpfte mein Aufkommen auf der anderen Seite.

Beim Ausatmen bildeten sich weiße Wölkchen vor meinem Gesicht, so kalt war es.

Ich blieb nicht stehen. Ich drehte mich nicht um. Nein. Das war vorbei. Elora Brooke hatte aufgehört zu existieren. Ich rannte die enge Gasse entlang und hoffte, für immer in der Dunkelheit der Nacht verschwinden zu können.

1. Kapitel

Elora

Ich blinzelte heftig gegen die grelle italienische Sonne. Meine Atmung ging schneller, als es meine Tätigkeit rechtfertigte. Doch es war die Panik, die sich auch sieben Jahre nach meiner Flucht anzuschleichen wusste. Sie kroch immer dann auf mich zu, wenn ich am wenigsten mit ihr rechnete.

Gelächter und Gespräche rissen mich zurück in die Gegenwart. Neue Touristen mussten angekommen sein. Wenn mich nicht alles täuschte, war es die vierte Woche in Folge, die wir ausgebucht waren. Speranza mauserte sich allmählich zum Dauererfolg. Seit der Eröffnung waren bereits acht Monate vergangen, und in keinem Monat waren wir in die roten Zahlen gerutscht.

Dante und Cleo wussten, was sie taten. Außerdem vertrauten sie mir zu hundert Prozent bei dem, was ich machte. Kochen.

Ich durfte alles tun. Musste sie weder um Erlaubnis bitten noch mich auf irgendeine andere Weise rechtfertigen. Mein Budget war unendlich groß, auch wenn ich natürlich darauf achtete. Schließlich wollte ich, dass sich Speranza weiterhin rentierte.

Es war eine Umstellung gewesen. Vorher war ich hauptsächlich in der gehobenen Küche tätig gewesen. Eleganz und Präzision waren dabei genauso wichtig wie der vielfältige und vor allem mehrlagige Geschmack. Das hatte sich nun geändert. Ich orientierte mich zunehmend an der traditionellen Küche und versuchte, die Gäste sowohl zu beeindrucken als auch mit einem einzigen Gang zu sättigen.

Cleo und Dante versicherten mir, dass ich das ganz hervorragend hinbekäme, und ich hatte mich dazu entschlossen, ihnen zu vertrauen.

Irgendwie, irgendwann waren wir zu einem unschlagbaren Team geworden, und ich fühlte mich … sicher. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit fühlte es sich an, als könnte dies ein Zuhause sein.

Ich konnte nicht sagen, ob das die Endstation für mich war. Schließlich war ich erst fast vierundzwanzig und dafür noch ziemlich jung in meiner Karriere. Andererseits hatte ich viel mehr erreicht als andere Köchinnen in meinem Alter, und das verfälschte manchmal mein Bewusstsein für meine eigene Situation. Schließlich hatte ich schon in zwei verschiedenen Küchen mit jeweils einem Michelin-Stern gearbeitet, und das konnten nicht alle von sich behaupten. Das waren Jahre, in denen ich am meisten gelernt hatte.

Seufzend werkelte ich weiter an den Artischocken, die heute geliefert worden waren. Da sie nicht lange haltbar waren, wollte ich sie schnell verarbeiten und in meine eigene Ölrezeptur einlegen. Frisch schmeckten sie zwar auch wunderbar, aber eingelegt und mit einer delikaten Tomaten-Muschel-Soße serviert, waren sie unwiderstehlich.

Die grünen Blätter zu entfernen, um an das köstliche Herzstück zu kommen, glich einer Sisyphusarbeit, doch es lohnte sich. Selbst als ich lautlos fluchte, weil ich die faserigen, zarten Fäden, das sogenannte Heu, entfernen musste, dachte ich an das Ergebnis. Der Choke war ungenießbar, und es gab keinen anderen Weg daran vorbei, als mich meinem Schicksal zu ergeben und den Löffel als Waffe zu schwingen, bis keine Fäden mehr übrig waren.

Ich spürte, wie sich ein Lächeln auf meine Lippen stahl, weil es mich glücklich machte, über den extraordinären Geschmack nachzudenken.

Aber nicht nur das bereitete mir hier auf Speranza Freude. Die Gäste waren größtenteils zuvorkommend und offen. Sie erzählten so viele spannende Geschichten, und wenn sie zudem meine Kochkünste lobten, konnte ich mit leichtem Herzen einschlafen. Dazu kamen meine fünf treuen Begleiter: die getigerte Katzenmama Lune und ihre vier Jungen, die mittlerweile ganz schön groß geworden waren. Ich hatte sie Uno, Due, Tre und Quattro getauft. Zum Unmut von Dante, der die Namen richtig öde fand. Trotzdem überließ er mir die Entscheidung.

Ich hatte Lune und die Kätzchen zum Tierarzt gebracht, sie impfen, sterilisieren, kastrieren und am Ende noch chippen lassen, damit sie uns nicht verloren gingen. So wie ich Teil von Speranza war, so gehörten auch sie dazu. Selbst Dante erhob nie einen Einwand dagegen, schließlich hielt er sich immer noch eine Kuh, Ziegen, ein Schwein, Hühner und einen Hahn.

»Alexa, Lautstärke auf sechzig Prozent«, sagte ich, bevor ich lauthals mit Eros Ramazotti mitsang und alles um mich herum vergaß.

Es war egal, ob dies Glück war oder nicht. Für mich war es die bisher beste Zeit meines Lebens.

»Es gibt nichts Schöneres als diesen Whirlpool«, sagte Cleo und stöhnte ausgiebig, während sie sich bis zum Hals ins blubbernde Wasser sinken ließ.

»Wirklich? Nichts Schöneres?«, fragte Dante mit hochgezogenen Brauen. Er legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich.

Ich saß ihnen gegenüber. Isaac, Dantes Bruder, reichte uns meine vorbereiteten Raspberry-Gin-Cocktails. Das optimale Getränk, um den Feierabend zu genießen. Heute war wirklich alles perfekt gewesen.

Bis auf meine kurzzeitige Schockstarre in der Küche, aber darüber konnte ich hinwegsehen.

»Danke.« Er beugte sich herab und platzierte einen Kuss auf meinen Lippen, während ich das Glas festzuhalten versuchte. In meinem Bauch kribbelte es.

»Nichts zu danken«, sagte er leise und verheißungsvoll.

Ich spürte, wie Hitze in meine Wangen stieg, weil meine Gedanken sofort zu der bevorstehenden Nacht wanderten. Zum Glück waren Dante und Cleo zu beschäftigt miteinander, um meine Verlegenheit zu bemerken. Oder meine Vorfreude.

Isaac bot mir das, was ich brauchte. Keine Bindung. Keine Erwartungen. Wir fühlten uns zueinander hingezogen, und wann immer Isaac aus New York nach Speranza kam, frischten wir unsere Erinnerungen vom Körper des anderen auf. Kein schlechter Deal.

Ehrlich gesagt, sprang dabei mehr für mich raus als für ihn. Schließlich musste er zwölf Stunden zu mir reisen.

Ich sah ihn lächelnd an, als er neben mir ins Wasser glitt.

Jedes Mal war ich beeindruckt davon, wie gut er aussah. Als würde ich es ständig vergessen.

Sein aschblondes Haar, seine graublauen Augen und die geschwungenen Lippen, die mich in andere Sphären zu bringen vermochten. Am meisten liebte ich seine Größe und seine breiten Schultern. Wenn er mich in den Armen hielt, konnte ich die Welt um mich herum komplett ausblenden. Dann existierten nur noch wir beide. So wie ich es am liebsten hatte.

»Das schmeckt hervorragend, Elora«, sagte Dante und stieß mit seinem Glas gegen meines. Die Eiswürfel klirrten in der hellroten Flüssigkeit gegeneinander.

Der Whirlpool befand sich in dem privaten Hof der Anlage und war nicht für Gäste einsehbar. In meinem Rücken breiteten sich die Weinplantage und dahinter das Dorf Tursi aus. Da Cleo den Anblick am allermeisten von uns liebte, saß ich meistens davon abgewandt. Das störte mich nicht, da ich mir das Panorama oft genug anschauen konnte.

»Find ich auch«, stimmte ihm Cleo zu. Das Wasser schwappte umher, als Isaac sein Glas wegstellte. Wie immer hatte er den Inhalt innerhalb weniger Sekunden inhaliert. »Hey!«

»Sorry, das liegt an meiner Größe.« Er grinste schelmisch. Mein Herz flatterte. Wenn er nicht heiß war, dann war er süß.

»Ich übergebe mich gleich«, beschwerte sich Dante und machte ein würgendes Geräusch.

»Du bist bloß eifersüchtig.«

Cleo fuhr mit einer Hand über Dantes gebräunten Brustkorb, sah dabei aber Isaac an. Ohne zu blinzeln, erwiderte sie: »Glaub mir, er ist mehr als groß genug.«

»Jetzt kotz ich gleich«, sagte Isaac. Unter Wasser aber legte er einen Arm um meine Taille und zog mich näher zu sich heran.

»Ich glaube auch nicht, dass ich weiter Teil dieses Gesprächs sein will«, murmelte Dante mit leicht geröteten Wangen. Das erkannte ich bloß wegen des Lichts der Laterne, die über uns an der Natursteinwand hing. Abgesehen davon wurde es zunehmend dunkler und ein wenig kühler.

Es war erst Ende April, und auch wenn tagsüber schon hohe Temperaturen herrschten, kam abends oftmals noch ein frischer Wind auf, der für die hohen Lagen hier üblich war.

»Ah, wie sollen es Dante und ich nur ohne euch zwei aushalten?«, sinnierte Cleo und klang überhaupt nicht so, als würde ihr das etwas ausmachen.

»Also ich verstehe schon, dass ihr Isaac nicht vermissen werdet, aber mich?«, zog ich ihn auf, während ich unter Wasser eine Hand bis zu seinem Knie und dann wieder bis zu seiner weiten Schwimmhose gleiten ließ.

»Nicht nett«, grummelte er an meinem Ohr. »Das werde ich mir für gleich merken.«

Meine Atmung beschleunigte sich, und dieses Mal hatte es absolut nichts mit einer herannahenden Panikattacke zu tun.

»Stimmt. Deine Küche wird uns fehlen. Aber …« Cleo lächelte warm. »Du wirst gut Werbung für uns machen. Die Show wird in den sozialen Medien schon richtig gehypt. Obwohl nicht mal alle Kandidaten bekannt sind. Und natürlich wirst du gewinnen.«

»Mach ihr keinen Druck, Babe. Sie wird zumindest ins Finale kommen!«

»Hast du kein Vertrauen in sie?«, beschwerte sich Cleo bei ihrem Freund.

»Hey, hey, ich werde einfach mein Bestes geben«, mischte ich mich ein, bevor ich noch Grund für eine Krise war. Nicht, dass sich die beiden jemals länger stritten. Das hielten sie nicht aus.

»Was anderes erwarten wir gar nicht von dir.« Isaac küsste meine Schläfe. »Und zumindest eine Woche kann ich dich anfeuern. Dann muss ich zurück nach New York. Das Geschäft ruft. Nachdem mein Bruder all die Verantwortung auf mich abgewälzt hat.«

»Komm, Cleo, mein kleiner Bruder muss offensichtlich noch ein wenig in sich gehen, um zu erkennen, wem Respekt gebührt.« Dante erhob sich schmunzelnd und brachte das Wasser wieder in Bewegung.

Cleo folgte ihm aus dem Whirlpool. »Da wären wir wieder bei der Größe«, zwitscherte sie vergnügt. »Bis morgen!«

Isaac machte ein würgendes Geräusch.

»Gute Nacht«, wünschte ich ihnen und nippte an meinem Cocktail.

»Sind sie weg?«, brummte Isaac.

Ich blickte über meine Schulter, konnte in den Schatten aber nur noch den menschenleeren Hof mit den Weinreben erkennen, die sich um das Spalier rankten.

»Ja«, bestätigte ich. Im nächsten Moment zog mich Isaac auf seinen Schoß und verschloss meinen Mund mit seinem. Nur gerade so ließ ich das Glas nicht ins Wasser fallen.

»Hm, du schmeckst nach Himbeeren«, wisperte er und neckte mich dann mit der Zunge, die er über meinen Mundwinkel gleiten ließ. Ich senkte die Lider und öffnete meinen Mund, weil ich mehr von diesem euphorischen Gefühl wollte. Diese Hitze, die meine Vergangenheit zumindest kurzzeitig verdrängte.

Ich legte eine Hand in seinen Nacken und stellte, ohne hinzuschauen, das Glas auf die Ablage irgendwo rechts neben mir.

»O Wunder, du schmeckst auch nach Beeren«, sagte ich, ehe er mich zum Stöhnen brachte. Er löste mit einer Hand die Bänder meines Bikinioberteils, sodass es sich in die Blubberblasen verabschiedete und ich obenrum entblößt auf ihm saß. Mit den Händen berührte er meine Brüste und strich dann hauchzart über meine Knospen, die sich bereits aufgerichtet hatten.

Instinktiv veränderte ich meine Stellung, sodass ich nunmehr rittlings auf ihm saß und seine Erektion an meiner heißen Mitte spüren konnte.

»Ich krieg nicht genug von dir«, raunte er. Als er mir in die Unterlippe biss, verlor ich fast den Verstand.

»Du bist fast das Beste an Speranza«, erwiderte ich.

»Nur fast, hm? Da muss ich wohl noch ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten.«

Durch die Hose umfasste ich mit einer Hand seine Erektion und blickte ihm fest in die Augen. Sein Mund war leicht geöffnet. Er regte sich nicht.

»Ich bin schwer zu überzeugen«, sagte ich leise.

»Hm, wie sieht es jetzt aus?« Er rieb einen Finger über meine empfindlichste Stelle. Die Hitze raste durch meinen Körper, und kurz danach vergaß ich, worüber wir überhaupt gesprochen hatten.

Weil draußen kein Kondom griffbereit gewesen war, hatten wir uns gegenseitig lediglich mit unseren Händen in den Wahnsinn getrieben. Nicht, dass es weniger gut gewesen wäre, doch eine fade Note blieb zurück. Als wäre ich nicht ganz … zufriedengestellt. Doch schon ab morgen wären wir zusammen für eine Woche in Rom. Eine Woche, in der wir jeden Tag Sex haben konnten, wenn ich wollte. Und er natürlich auch. Und danach müsste ich für mich allein sein. Das Kochduell, zu dem ich eingeladen worden war, würde sich über einen ganzen Monat erstrecken. Mehr Zeit als genug, um neue Bekanntschaften zu schließen.

Das Kamerateam und einer der Regisseure waren erst vor zehn Tagen abgereist, nachdem sie auf der Ferienanlage ein paar Aufnahmen mit mir gemacht hatten. Ich hatte sie herumgeführt und lediglich meinen Job in der Küche gemacht, wobei sie mich gefilmt hatten. Danach hatte ich noch ein schmalziges Interview über meinen Werdegang abgegeben, bei dem ich natürlich nichts über meine Vergangenheit in England erzählt hatte.

Am Ende des dreitätigen Drehs war ich froh gewesen, als sie wieder nach Rom geflogen waren. Speranza war mein Zufluchtsort, und sie hatten ihn gestört. Auch wenn ich mich freiwillig morgen in die Höhle des Löwen begab, war es doch was anderes. Ich könnte immer nach Speranza flüchten, ohne dass einer von ihnen sich hier aufhielt. Das reichte schon aus, um mich zu beruhigen.

Ich saß an meinem Kosmetiktisch und kämmte durch mein feuchtes kastanienbraunes Haar, während ich es föhnte, damit es mir voluminös auf die Schultern fiel. Dabei musste ich besonders auf meinen Pony achtgeben, der ungestylt furchtbar aussah. Wenn ich nicht mindestens diesen Aufwand betrieb, würden sich meine Locken verselbstständigen und wenig glamourös um meinen Kopf tanzen. Nicht, dass Glamour mein Ding gewesen wäre, aber in dem Jahr, in dem ich England verlassen hatte, hatte ich mich auch von meinen Locken verabschiedet.

Dazu kam, dass ich gemerkt hatte, wie viel einfacher es war, sich geschminkt und gestylt durch die Gesellschaft zu bewegen. Anfangs hatte ich gedacht, ich würde damit zu sehr auffallen, aber das Gegenteil war der Fall. Wenn man sich so kleidete wie alle anderen, wurde man viel weniger wahrgenommen. Die Massen verschluckten mich, und das war mir absolut willkommen.

Ich tat alles, um nicht von meinen Eltern gefunden zu werden. Hatte sogar meinen Nachnamen geändert – zu Moore – und war seit meiner … anderen Flucht nicht mehr nach England zurückgekehrt. Ich wusste nicht, was mit meinen Eltern geschehen war. Ob sie bereits an einer Überdosis oder im Zuge eines schlecht gelaufenen Deals gestorben waren, aber ich wollte kein Risiko eingehen. Selbst wenn sie nicht mal die finanziellen Möglichkeiten oder den IQ hätten, nach mir zu suchen.

Das Kochduell war einerseits leichtsinnig, weil mein Gesicht vermutlich überall im Internet zu sehen sein würde, andererseits hatten meine Eltern solche Formate nie interessiert. Während ich jede Kochsendung aufgesaugt hatte, die ich finden konnte, hatten sie im Rausch auf dem Boden gelegen.

»Es wird schon alles gut werden«, sagte ich meinem Spiegelbild und machte ein zuversichtliches Gesicht. Es konnte nicht schaden, positive Energie auszusenden. Vielleicht kam sie zurück.

Ich legte mich zu Miss Pummel, meinem Schweinchenstofftier, ins Bett und schaltete das Licht aus. Doch weil ich selten sofort einschlafen konnte, scrollte ich noch eine Weile durch Social Media.

Wider Willen landete ich auf dem Profil meiner Erznemesis: Jack Park.

Wahrscheinlich hatte mich mein Tagalbtraum daran erinnert, dass in meiner Vergangenheit noch mehr im Argen lag. Der Grund meiner zweiten und damit meiner endgültigen Flucht aus England: Jack. Meine erste große Liebe. Der Kerl, der mir das Herz in Stücke gerissen hatte.

Sein letztes Foto zeigte ihn herausgeputzt in einem Smoking und mit einem Glas Champagner auf irgendeiner Gala in Verona. Es störte mich, dass er auch in Italien war. Wurde es nicht langsam Zeit, dass er sich um das Familienimperium Park Diner kümmerte? Schließlich hatten seine Eltern alles getan, damit ich keine Ablenkung für ihn darstellte.

Eigentlich hatte ich auf den Pfeil zurück klicken wollen, doch mein Daumen rutschte ab und landete auf seinem Profilbild. Dadurch ploppte seine aktuelle Story auf, und ich wusste, dass ich einen großen Fehler begangen hatte. Hektisch schaltete ich das Display aus.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Was, wenn er sah, dass ich ihn gestalkt hatte? O Gott! Ich strampelte aufgeregt und gleichzeitig auch frustriert wegen meines eigenen Verhaltens mit den Beinen unter der leichten Decke. Wieso kam ich noch immer nicht von ihm los?

Ich schüttelte den Kopf. Er hatte fast zweihunderttausend Follower. Wahrscheinlich checkte er nicht mal, wer seine Storys anschaute, weil es so viele waren. Ich glaubte auch nicht, dass mein Name ganz oben in der Liste auftauchte. Das wäre wirklich schlechtes Karma.

Nachdem ich die Argumente noch ein paarmal lautlos wiederholt hatte, wurde ich ruhiger. Ich stellte mir den Wecker für den nächsten Morgen und zog mir die Decke bis zum Kinn.

Es würde schon alles irgendwie funktionieren. Oder zumindest so weitergehen wie bisher. Das war ausreichend.

2. Kapitel

Elora

Die Anfahrt war nicht sehr anstrengend gewesen, und trotzdem fühlte ich mich seltsam ausgelaugt, als ich mein Zimmer im Palazzo Manfredi betrat. Es war überraschenderweise ein Fünf-Sterne-Hotel mit Sicht auf das Kolosseum. Isaac hatte das bereits gewusst, weil er sich selbst ein Zimmer hatte reservieren müssen, während ich meines von der Produktion gestellt bekam. Ich hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass sie so tief in die Tasche greifen würden.

Das Zimmer war geräumig und hell. Ein weißes Doppelbett mit einem Laptoptisch. Drei hohe Fenster und ein Flachbildfernseher direkt gegenüber dem Bett. Eine süße Sitzgruppe mit einem cremefarbenen, kunstvollen Teetisch war neben einem künstlichen Kamin platziert. Eine Terrasse oder einen Balkon gab es nicht, trotzdem konnte man die Sicht auf das Kolosseum durch die blitzblanken Fensterscheiben genießen.

Ich hatte noch ein bisschen Zeit vor meinem ersten Termin, um mich frisch zu machen. Das Badezimmer war mit allem Wichtigen ausgestattet und besaß zusätzlich noch eine Wanne, die mich lockte. So viel Zeit hatte ich jedoch nicht.

Ich: Ist dein Zimmer auch so schön?

Isaac: Bist du noch nie in einem 5★ Hotel gewesen? 🤪

Ich: Nicht alle sind so Bonzen wie du oder Dante. 🙄 Ich mache mich gleich zum Termin auf. Sehen wir uns danach? 💕

Isaac: Yes! 🤠 Halt die Ohren steif.

Ich lächelte verträumt, dann zog ich meine Jeans und das schwarze T-Shirt aus, um mir ein blassrosafarbenes Kleid anzuziehen, das meine leicht gebräunte Haut gut zur Geltung brachte und meine grünen Augen heller wirken ließ. Das Kleid war aus einem seidig glatten Stoff und wurde unter dem Busen verknotet. Es gab einen Ausschnitt, aber er war nicht so tief, dass er für ein Meeting unangebracht gewesen wäre. Dazu kombinierte ich ein zierliches Goldarmband und eine Kette mit einer einzelnen Perle, die in der Kuhle an meinem Hals lag. Mein erstes Tattoo, eine schwarze Schlüsselblume auf der Innenseite meines rechten Unterarms, passte gut zu dem minimalistischen Look, den ich am liebsten mochte. Eine weitere Bedeutung hatte die Blume nicht, und das fand ich okay. Nicht alles im Leben musste mit Bedeutung aufgeladen werden.

Nachdem ich auch mein Make-up aufgefrischt hatte, kümmerte ich mich darum, mein restliches Gepäck aus dem Koffer zu holen und zu verstauen. Das Säckchen mit meinen Knöpfen, das mir bis zum heutigen Tag Glück gebracht hatte, hängte ich an einen Haken hinter der Badezimmertür. Vielleicht würde ich die Knöpfe meiner Uniform, die ich während der Show tragen würde, am Ende auch darin verstauen. Vor allem dann, wenn ich triumphierte.

Ich kümmerte mich darum, dass meine Kleidung entweder ordentlich gefaltet war oder auf den Kleiderbügeln hing, damit ich mich während des kommenden Stresses nicht über mein eigenes Chaos aufregte. Ordnung war tatsächlich nicht meine Stärke, doch am ersten Tag brachte ich noch genug Elan auf, um es zumindest zu versuchen.

Als ich zufrieden mit dem Ergebnis war, blieben mir nur noch fünf Minuten, um zum gemieteten Konferenzraum zu gehen. Eilig schlüpfte ich in meine Sandalen, hängte mir meine unauffällige Handtasche über die Schulter und trat nach draußen in den Flur. Ich genoss das Gefühl des leichten Stoffes, der meine Knie umwehte und meine Schultern streichelte. Es war definitiv eine gute Idee gewesen, mich noch mal umzuziehen. Ich fühlte mich für alles gewappnet. Unbesiegbar.

Ich betrachtete es außerdem als gutes Omen, dass ich den Raum problemlos und schnell fand. Zum Glück lag er nur einen Stock unter meinem Zimmer. Die Tür war angelehnt, und ich klopfte an. Sofort wurde ich von einer Frau im blasslila Hosenanzug hereingebeten. Sekunden später sah ich mich dem gesamten Produzententeam des Kochduells gegenüber.

Meine Anspannung löste sich jedoch schnell in Wohlgefallen auf. Alle waren freundlich und aufmerksam. Wir saßen zusammen an dem großen, langen Tisch, den wir zu sechst bei Weitem nicht voll besetzten. Die Stimmung war entspannt, als sie mir meinen voraussichtlichen Arbeits- und Drehplan reichten und jeden einzelnen Punkt erklärten, ohne dass ich mir die Blöße geben und nachfragen musste. Sie zeigten mir außerdem Ausschnitte der zusammengeschnittenen Szenen, die wir auf Speranza abgedreht hatten. Sie waren sogar ziemlich gut geworden, wie ich überrascht feststellte.

Ich wirkte professionell und detailorientiert, aber nicht unnahbar. Manchmal lächelte ich sogar in die Kamera.

»Gibt es noch andere Fragen, Signora Moore?«, fragte die älteste Produzentin mit schwerem italienischem Akzent. Die gesamte Show würde zwar auf Italienisch stattfinden, womit ich kein Problem hatte, aber ich sah es als Wertschätzung ihrerseits an, dass sie das Vorgespräch in meiner Muttersprache führte.

»Für den Moment nicht. Grazie mille.«

Zum Abschied erhoben sich alle, und wir schüttelten Hände, während wir uns gegenseitig alles Gute und viel Erfolg wünschten.

Zugegebenermaßen spürte ich, wie mir ein Stein vom Herzen fiel. Obwohl ich mir einige Bedenkzeit genommen und lange Gespräche mit Cleo geführt hatte, war doch etwas Angst zurückgeblieben. Diese konnte nun von dem sympathischen Produzententeam vollkommen zerstreut werden. Ich war glücklich und erleichtert, als ich den Konferenzraum verließ.

Das Lächeln, das an meinem Mundwinkel zupfte, rutschte jedoch nur Sekunden später von meinem Gesicht.

Ich hatte den hellen Flur mit den königsblauen Akzenten entlanggesehen, als zwei Personen in ihn einbogen. Eine Frau und ein Mann. Er stolzierte förmlich. Das kantige Kinn gereckt, die dunklen Wimpern leicht zu einem Schlafzimmerblick gesenkt, der sich auch nach über einem halben Jahrzehnt nicht verändert hatte.

Jack Park.

Penibel und sorgfältig. Effizient und organisiert. So war er damals gewesen, und so war er scheinbar immer noch. Sein schwarzes Haar hatte er – wie auf seinen letzten Fotos – zu einem Mittelscheitel geteilt und gegelt. Nur seine Stirn umschmeichelten ein paar präzise gestylte Strähnen. Die Brauen thronten voll über seinen dunkelbraunen Augen. Obwohl ich ihn von vorne sah, wusste ich um seine rasiermesserscharfe Kieferpartie, auf die er damals schon so stolz gewesen war. In den Jahren, die sich zwischen unserer letzten, tumultartigen Begegnung und der jetzigen geschlichen hatten, war er noch trainierter und vermutlich noch disziplinierter geworden.

Ich war mit einem Meter sechzig ziemlich klein, weshalb auch er mich mit seinen ungefähr knapp eins achtzig überragte. Er trug ein weißes langärmeliges Hemd, dessen oberste zwei Knöpfe geöffnet waren und einen Blick auf seine haarlose Brust gewährten. Dazu passend eine halbformale schwarze Stoffhose, die seine schmale Hüfte akzentuierte.

Alles an ihm war auf Perfektion getrimmt.

Ich hasste es.

»Was zur Hölle machst du hier?«, zischte ich, ehe ich mich zurückhalten konnte. Mit einem kurzen Seitenblick versicherte ich mich, dass ich die Tür zum Konferenzraum zugezogen hatte. Das Letzte, was ich wollte, war, dem Team noch vor Drehbeginn eine dramatische Show zu liefern.

Jacks Miene war unlesbar. Ich konnte nicht sagen, ob auch er überrascht war, mich zu sehen. Aber nicht für eine Sekunde zweifelte ich daran, dass er mich erkannte. Unsere Beziehung lag nur sieben Jahre zurück. So sehr hatte ich mich nicht verändert.

»Ich könnte dich dasselbe fragen.« Er legte den Kopf leicht schief. »Stalkst du mich?«

Seine Stimme, schoss es mir durch den Kopf, als meine Innereien sich verknoteten. Seine Stimme ist dunkler geworden. Aber sie besaß weiterhin den rauen Nachhall.

Ich machte einen trockenen Laut. »Niemals.«

»Niemals? Gestern hast du mir erst auf Social Media nachspioniert. Hast meine Storys angesehen.«

Shit.

»Das … war ein Versehen.« Ich schluckte schwer. Mit jeder weiteren Sekunde gerieten meine Gefühle noch mehr außer Kontrolle. Ein dünner Schweißfilm bildete sich auf meinen Handflächen, und ich konnte sie nirgendwo abwischen. »Warte mal …«

»Für wie lange?« Er klang gelangweilt. Klar, ich musste für ihn lediglich eine kleine Anekdote sein. Nachdem ich verschwunden war, hatte er sicher keinen Gedanken mehr an mich vergeudet.

Ich blickte von ihm zu der schönen, aber schweigenden Frau neben ihm, die mit ihrem Aktenkoffer geschäftsmäßig wirkte, und dann zu der Tür, die ich gerade hinter mir geschlossen hatte.

»Du bist nicht Teil der Show, oder?« Meine Stimme brach zu meinem Missmut am Ende der Frage.

Jahre später und mein Herz und meine Seele fühlten sich immer noch ruiniert an. Es ärgerte mich gewaltig. Vor allem, weil ich bei ihm keine verräterischen Gefühle wahrnahm. Er war absolut beherrscht.

»Ich nehme an, das bedeutet, du bist auch dabei?« Sein Handy vibrierte in seiner Hand, und er blickte aufs Display. »Wir sind spät dran. Man sieht sich dann. Elle.«

Er und seine Begleitung gingen nacheinander an mir vorbei, weil ich unfähig war, mich zu rühren. Sein nach Vetiver und Amber duftendes Eau de Cologne kroch mir in die Nase. Die warme und rauchige Tiefe in dem Duft löste viel zu viele Gefühle in mir aus.

Elle, hallte es in mir nach. Er hatte meinen Spitznamen noch nicht vergessen. Aber warum hatte er ihn mir derart vor die Füße werfen wollen? Wir waren uns nicht mehr nah. Es stand ihm nicht zu, mich so zu nennen.

Es wunderte mich, dass er sich noch daran erinnerte, da ich doch keinerlei Reaktion in ihm hervorzurufen schien.

Die Tür wurde wieder ins Schloss gedrückt, und das Klicken brachte mich dazu, mich in Bewegung zu setzen. Mit geballten Fäusten stakste ich den mit Teppich ausgelegten Flur entlang. Ich versuchte, das Atmen nicht zu vergessen.

Da ich mich nicht in der Enge meines Zimmers verbarrikadieren wollte, suchte ich die Terrasse im Erdgeschoss auf. Sie war für Gäste frei zugänglich und bot ebenfalls einen uneingeschränkten Blick auf eines der markantesten Wahrzeichen von Rom.

Ich bestellte mir an der Bar ein Ginger Ale und setzte mich dann an den einzigen freien Tisch.

Zwei Minuten vergingen, in denen ich mich davon zu überzeugen versuchte, dass es keinen Grund zur Sorge gab. Dann holte ich mein Handy hervor und ging sämtliche meiner Social-Media-Profile durch. Auf der Suche nach irgendeinem Hinweis darauf, dass meine Eltern mich gefunden hatten.

Es war nicht so, als würde ich glauben, dass Jack und sie in Kontakt standen. Sie waren sich meines Wissens nur ein einziges Mal begegnet, und das Treffen war keineswegs positiv ausgefallen. Obwohl wir nicht im Guten auseinandergegangen waren, würde er ihnen niemals helfen. So viel stand fest.

Trotzdem. Jack war ein Teil meiner Vergangenheit. Er kam aus London. Die einzige Verbindung zu meiner Heimat und damit zu meinen Eltern, die die letzten Personen waren, denen ich hier begegnen wollte.

Ich hatte mein Getränk bereits geleert, als ich mich seufzend zurücklehnen konnte. Keine seltsamen Kommentare oder Markierungen. Niemand Neues, der mir gefolgt war und verdächtig wirkte.

Alles war normal.

»Hey, Cleo«, begrüßte ich meine beste und einzige Freundin, als meine innere Stimme keine Ruhe geben wollte. Ich hatte sie einfach anrufen müssen.

»Ciao! Bist du gut angekommen?« Ich hörte Tiergeräusche im Hintergrund und spürte sofort eine Welle des Heimwehs aufkommen. War mir Speranza tatsächlich schon derart ans Herz gewachsen?

»Ja, ich muss dir später mal Fotos schicken. Warum ich aber anrufe …« Mir war das so unangenehm. Doch wenn ich sie nicht fragte, würde mich meine Nervosität auffressen. Ich würde meinen Aufenthalt hier nicht genießen können.

Cleo wartete geduldig darauf, dass ich den Faden wieder aufnahm. Von Anfang an hatten wir uns sehr gut verstanden. Tatsächlich war auch sie der Hauptgrund für mich gewesen, warum ich Dantes Angebot so schnell angenommen hatte. Im ersten Moment hatte sie wie eine affektierte Lady aus den Staaten gewirkt, doch ihr Humor und ihre Entschlossenheit färbten jedes ihrer Worte.

»Hat jemand … Seltsames angerufen und sich vielleicht nach mir erkundigt?«

Sie schwieg einen Moment. »Nicht, dass ich wüsste. Ich müsste mal bei Terry nachfragen.« Terry besetzte die Rezeption, wenn Cleo woanders gebraucht wurde. »Gibt es etwas, das wir wissen sollten?«

Ich atmete aus. »Meine Eltern sind … keine guten Menschen. Ich möchte nicht, dass sie erfahren, wo ich arbeite.« Oder lebe.

»Alles klar. Ich werde Terry und Dante dementsprechend Anweisungen geben.« Eine kurze Pause entstand, aber sie drängte sich nicht zwischen uns. Die Stille zwischen Cleo und mir war stets angenehm, selbst jetzt. »Mach dir keine Sorgen, Elora, und genieß die Zeit mit Isaac in Rom. Ich versuche, mal vorbeizuschauen, bevor ich meine Familie besuche.«

»Mach dir keine Umstände.«

»Es sind keine Umstände. Du bist meine Freundin. Ich vermisse dich jetzt schon.«

»Ach komm, als ob Dante die Ruhe nicht genießt.« Ich lachte leise.

»Ja, vielleicht überspannt Isaac manchmal den Bogen, aber ich habe nie Brüder gesehen, die sich mehr lieben. Apropos …«

Sofort wusste ich, worauf sie hinauswollte, und ich schob einen Riegel davor. »Isaac und ich verstehen uns nur so gut, weil wir beide nichts Festes wollen. Wir mögen uns, aber wir lieben uns nicht.«

Sie seufzte tief. »Ich weiß. Es ist bloß mein Wunsch gewesen, dass ihr ein Paar werdet. Doppeldates und so.« Dieses Mal lachten wir beide. »Aber ich versteh schon. Manchmal passt es einfach nicht. Da ist nichts Schlimmes dran.«

»Tatsächlich …« Ich biss mir auf die Unterlippe. Fast hätte ich ihr von Jack erzählt, doch im letzten Moment hielt ich mich zurück. Die Begegnung war noch so frisch, dass ich sie erst mal selbst verarbeiten musste. Überhaupt sollte ich mir besser eine Strategie überlegen, wie ich die Show mit ihm überstehen sollte.

»Ja?«

»Vielleicht fliege ich morgen schon aus dem Duell raus, und dann brauchst du mich hier überhaupt nicht zu besuchen«, wechselte ich eilig das Thema.

»Ach, komm schon. Wir wissen beide, dass du magnifik bist.« Sie lachte.

»Die Konkurrenz schläft nie«, erinnerte ich sie. Und Jack Park war definitiv eine riesige Konkurrenz. Meine größte vielleicht.

Nachdem wir das Telefonat beendet hatten, rief ich Isaac an, der auch mit seinem Termin fertig war und sich in der Lobby rumtrieb.

Mit kribbelnden Fingern suchte ich ihn auf. Mein Blick glitt hektisch von Gesicht zu Gesicht, weil ich in jeder vorbeischreitenden Person Jack erwartete.

Jack. Jack. Jack.

Sein Name war laut und dröhnend wie ein Paukenschlag in meinem Verstand.

Als ich Isaac fand, der vor einem goldgerahmten Gemälde stand und auf sein Handy herabblickte, spürte ich Erleichterung in mir aufsteigen. Es hätte nicht viel gefehlt, und ich wäre auf ihn zugerannt.

Er musste mich aus dem Augenwinkel wahrgenommen haben, da er sich mir zuwandte. Ich lief ihm förmlich in die Arme und nahm den Duft seines Parfüms auf. Eine ganz andere Note als bei Jack. Aquatisch und frisch.

»Elora?« Er klang verunsichert, als er meinen Hinterkopf tätschelte.

»Was würde passieren, wenn ich jetzt von dem Vertrag zurücktrete?«

3. Kapitel

Elora

Ich ließ mich von ihm zurück auf die Terrasse führen. Dieses Mal bestellte ich etwas Alkoholisches, und auch Isaac fand etwas auf der Karte, das ihm gefiel: Scotch.

»Jetzt erzähl mir, wie du auf diesen absurden Gedanken kommst.« Wir saßen schräg nebeneinander, und er legte eine Hand auf mein nacktes Knie. Doch die Wirkung, die seine Haut normalerweise auf meine hatte, blieb dieses Mal aus. Ich war zu unruhig.

»Das war nur … Vergiss das.« Ich würde ihm mit Sicherheit nicht von Jack erzählen. Wie es sich gehörte, kippte ich den Tequila-Shot in einem Zug runter. Es konnte ja nicht schaden, sich vor dem anstehenden Essen mit dem Produzententeam und anderen Teilnehmenden etwas Mut anzutrinken. »Du kommst gleich mit, oder?«

Er sah mich direkt an. Schon glaubte ich, er würde weiterbohren, da zog er sich zurück. So war eben unsere Beziehung. Nichts Ernstes.

»Versprochen. Wann müssen wir uns auf den Weg machen?«

»Um Viertel vor sieben werden wir abgeholt. Damit bleiben uns jetzt noch genau anderthalb Stunden«, sagte ich mit Blick auf die Uhr über der Bar.

»Dann sollte ich mich besser fertig machen. Bin total verschwitzt vom Rumlaufen.«

»Lief der Termin denn gut?« Isaac arbeitete als CEO für das Unternehmen seines Bruders, und auch wenn er viel Zeit in Tursi verbrachte, hatte er immer noch Verpflichtungen, denen er nachkommen musste.

»Mehr oder weniger. Ich bin noch nicht ganz mit den Konditionen einverstanden. Mal sehen, was Dante dazu sagt.« Er leerte seinen Scotch, ehe er sich erhob. »Kommst du mit, oder bleibst du noch hier?«

Ich schüttelte den Kopf, der um einiges klarer war als noch vorhin. Die Begegnung mit Jack erschien nunmehr wie ein Fiebertraum. »Ich begleite dich.«

Er hakte meinen Arm bei sich unter, und gemeinsam stiegen wir in den edel anmutenden Lift. Zum Glück befanden sich unsere Zimmer auf einer Etage, auch wenn sie weit auseinanderlagen.

Wir erreichten zunächst seins, und ich drehte mich zu ihm um. Seine graublauen Augen waren weit geöffnet. Aufmerksam.

»Danke, Isaac. Du bist ein wirklich guter Freund.«

Er lächelte verschmitzt. Statt einer Antwort beugte er sich hinab und küsste mich. Instinktiv stellte ich mich auf die Zehenspitzen und legte eine Hand in seinen Nacken. Manchmal war die Distanz zwischen uns ein regelrechtes Hindernis.

Minuten später ließ ich mich atemlos auf meine Sohlen zurücksinken. Auch wenn ich am liebsten all meine Sorgen verdrängt hätte, indem ich mich von Isaac ins Bett tragen ließ, so fühlte ich mich nach wie vor nicht ganz bei der Sache.

»Bis später«, verabschiedete ich mich mit geschwollenen Lippen von ihm.

»Ich warte hier auf dich.«

»Woher willst du wissen, dass ich nicht auf dich warten muss?«, fragte ich gespielt beleidigt und erntete ein Lachen, als er die Schlüsselkarte vor das elektronische Schloss hielt.

»Das wäre zumindest eine nette Überraschung.«

Die Augen verdrehend, wandte ich mich ab und begab mich dann in mein eigenes Zimmer, um mich besonders sorgfältig herzurichten.

4. Kapitel

Jack

Ich blickte aus dem Seitenfenster der Limousine und tippte mit dem Zeigefinger im Takt der Mondscheinsonate auf meinen Oberschenkel. Die Häuser zogen im Glanz der altmodischen Laternen an uns vorbei, ohne dass ich Feinheiten wahrnahm. Überraschenderweise war der Verkehr heute einmal nicht zum Fluchen, als meine Chauffeurin meine Assistentin Kate und mich zum vereinbarten Restaurant fuhr.

Vielleicht würden wir sogar ein paar Minuten zu früh dort ankommen.

Langsam ließ ich den Blick von der Scheibe zu Kate wandern, die mir gegenüber stocksteif dasaß. In einem grauen Bleistiftrock und einer blauen Seidenbluse mit überdimensionaler Schleife am Kragen. Den einzigen Firlefanz, den sie sich erlaubte. Ihr schwarzes Haar hatte sie zu einem strengen Dutt zusammengenommen, dem keine einzige Strähne entflohen war, und auf dem Rücken ihrer Stupsnase rutschte ihre Drahtgestellbrille weiter nach unten. Als hätte sie meine Gedanken dazu gehört, schob sie diese mit einem Finger wieder nach oben.

Sie hatte den Abend zum Anlass genommen, dunkelroten Lippenstift aufzutragen, von dem ich wusste, dass Umma ihn ihr geschenkt hatte. Meine Mutter hatte Kate eigenhändig eingestellt. Vordergründig als meine Assistentin. Schließlich war ich der Erbe ihres südkoreanischen Restaurant-Imperiums. Hintergründig arbeitete Kate mit hundertprozentiger Sicherheit als ihre Spionin.

Natürlich hätte ich mich gegen ihre Anwesenheit wehren können, aber wozu? Sie war eine versierte und kompetente Mitarbeiterin, und außerdem hatte ich nichts zu verheimlichen.

Bis jetzt.

»Es gibt keinen Grund, ihnen von ihr zu erzählen«, sagte ich in möglichst neutralem Tonfall.

Ihnen, meine Eltern.

Ihr, Elora Brooke. Oder Elora Moore, wie sie sich jetzt nannte.

»Gibt es denn einen Grund, es zu verschweigen?«, fragte Kate ohne Wertung.

»Nicht wirklich, nein«, gab ich zu. »Ich sage bloß, dass Sie sich keine Umstände machen müssen, es ihnen zu sagen. Das ist alles.«

»Ich kann Ihnen versichern, Sir, dass dies nicht der Fall sein wird.« Sie machte eine kurze Pause. Was auch immer kommen würde, ich würde es vermutlich nicht hören wollen. »Jedoch wäre es von Vorteil für Sie, wenn Sie es Ihren Eltern selbst mitteilen. Sie werden es früher oder später auch ohne mein Zutun erfahren. Wenn es mir erlaubt ist, Ihnen einen Rat zu geben.«

Ich schmunzelte. »Normalerweise fragt man um Erlaubnis, bevor man den Rat erteilt.«

»Sie hätten abgelehnt«, sagte sie, ohne mit der Wimper zu zucken.

»Deshalb die Frage«, entgegnete ich amüsiert. Kaum zu glauben, dass wir beide fünfundzwanzig waren. Sie verhielt sich so viel älter und weiser. »Aber Sie haben recht. Ich werde es ihnen selbst sagen.« Ich konnte mir bereits vorstellen, wie wunderbar dieses Gespräch verlaufen würde.

Hi, Umma, hi, Appa, erinnert ihr euch noch an Elora? Die Frau, die ihr bestochen habt, damit sie mich verlässt? Nun, sie ist wieder da und nimmt am gleichen Kochwettbewerb teil wie ich. Cool, oder?

Danach würde ich mir ein oder zwei Bierchen gönnen. Vielleicht auch was Härteres.

Nicht, dass es mich nach der Begegnung mit Elora nicht schon nach beidem verlangt hatte, um die Gefühle zu betäuben, die von ihr ausgelöst worden waren.

Erst die Liebe, die ich einst für sie empfunden hatte. Bedingungslos und unschuldig heftig. Danach Enttäuschung und schließlich alles vernichtende Wut.