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Was für ein Theater! – Privatdetektiv Mac Driving, der Mann mit den coolen Sprüchen, der Schussfestigkeit und Gewandtheit in sich vereint, bekommt es mit einem besonders verzwickten Fall im Schauspieler-Milieu zu tun. Kunst und Eitelkeiten, Gangster und womöglich auch noch Rauschgift – findet Driving einen Ausweg aus dem mörderischen Labyrinth? – Aber lassen wir ihn selbst erzählen …
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Theodor Horschelt
Rhapsodie in Blei
Kriminalroman
Neuausgabe
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer, 2023
Korrektorat: Antje Ippensen
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
Alle Rechte vorbehalten
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Rhapsodie in Blei
Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
21. Kapitel
Eine ganz kleine Auswahl der Krimis von Theodor Horschelt:
Was für ein Theater! – Privatdetektiv Mac Driving, der Mann mit den coolen Sprüchen, der Schussfestigkeit und Gewandtheit in sich vereint, bekommt es mit einem besonders verzwickten Fall im Schauspieler-Milieu zu tun. Kunst und Eitelkeiten, Gangster und womöglich auch noch Rauschgift – findet Driving einen Ausweg aus dem mörderischen Labyrinth? – Aber lassen wir ihn selbst erzählen …
***
Es begann damit, dass eine leicht hysterische Diva ihren Schmuck vermisste. Sie sagte, er sei sehr wertvoll, und ich machte mich daran, die Steinchen zu suchen. Allein, verstehen Sie? Der Kleine hatte einen Sonderauftrag im Süden und stand mir nicht wie üblich zur Verfügung.
Was soll ich Ihnen groß erzählen. Ich fand den Schmuck und eine Tote. Zuerst sah es so aus, als habe man sie erwürgt, später stellten die Ärzte aber fest, dass sie auch eine gehörige Portion Gift im Magen hatte. Daran musste sie ja sterben. Verschiedene Figuren in diesem Spiel fanden, dass die Tote zu Recht Gift im Magen hatte. Sie musste zu Lebzeiten eine tolle Flocke gewesen sein, denn sie vernaschte Männer am laufenden Band. Und es gab einige Männer darunter, die ihr noch was ganz anderes als nur Gift gewünscht hätten. Frauen natürlich nicht zu vergessen, denn die lieben Kolleginnen vom Theater waren sich nicht sonderlich grün.
Nun suchen Sie mal einen Mörder, der geschmeidig wie ein Aal und brutal wie eine reißende Bestie ist. Ein paarmal sah es so aus, als hätte ich den Burschen am Wickel, aber immer, wenn ich zupacken wollte, flutschte mir der Bursche durch die Finger. Ganz abgesehen von seinen sonstigen Fähigkeiten. Treiben Sie sich mal bei Nacht in einem leeren Theater herum und versuchen Sie dort einen Mörder zu hetzen. Sie können dabei herrliche Überraschungen erleben. Ich erlebte sie jedenfalls und war zuletzt froh, als die Sache unentschieden endete.
Aber man kann schon mal einige Runden verlieren, es kommt letzten Endes immer darauf an, wer zuletzt noch auf den Beinen steht. Und dass ich das war, sehen Sie ja daran, dass ich Ihnen diese Story noch erzählen kann. Ich fand eine nette Wurfmesser-Sammlung, suchte eine bestimmte Schreibmaschine und interessierte mich für Büttenpapier. Als ich schließlich soweit war, landete ich in einem Kohlenbunker. Landete dort, nachdem ich in einer frisch zugenagelten Kiste eine Tote fand. Wie ich wieder herauskam? Tja, es geht eben nichts über eine nette, handfeste Bohle und einen Gangster, der es diesmal nicht so ernst gemeint hatte.
Der dicke Teller – Sie wissen ja, der Chef der Kriminalabteilung – mischte in diesem Spiel kräftig mit. Wie gewöhnlich wollte er von mir Informationen haben, mir gegenüber hielt er natürlich den Mund. Ich hustete ihm eins und brachte ihn schließlich doch dahin, wohin ich ihn haben wollte. Das Schlussrennen erledigten wir dann Kopf an Kopf. Sie können ja entscheiden, wer dabei spurtkräftiger war. Der Dicke oder ich.
Wie gesagt, es begann mit einer leicht hysterischen Diva und endete mit einer tollen Hetzjagd. Seitdem interessiere ich mich nur noch für das, was auf der Bühne passiert. Hinter den Kulissen sieht es oft anders aus und noch nicht einmal erfreulich. Vor allen Dingen dann, wenn sich die Schauspieler um eine bestimmte Rolle prügeln und zu Mitteln greifen, die alles andere als fair sind. Finden Sie es nämlich fair, wenn man Gift und kleine Messerchen benutzt, um an die Sonne zu kommen?
Ich war froh, als ich die Tür hinter mir zuziehen konnte.
Draußen nieselte es mit Ausdauer, und vom Fluss her kam ein kalter, scharfer Wind. Ein verrücktes Wetter in einer verrückten Zeit. Dem Kalender nach musste eigentlich die Sonne scheinen und die Quecksilbersäule in den Thermometern nach oben klettern. Aber es nieselte, und es wehte ein kalter, scharfer Wind.
Ich suchte nach einem Mann, der mir etwas sagen konnte. Aber ich fand keinen. Der lange Gang mit den nackten Ziegelsteinwänden war leer, und die beiden Glühbirnen oben in den Fassungen zauberten gerade so viel Licht, dass man nicht über die Putzeimer stolperte. Ich hatte mir einen Glimmstängel zwischen die Lippen gehängt und ging den Gang hinunter. Meine Schritte hallten von den Wänden wider, und ich kam mir vor, als hätte ich mich in einer Grabkammer verlaufen.
Am Ende des Ganges war eine Tür. Mit Eisenblech beschlagen und ziemlich rostig. Sie war nur angelehnt, und ich drückte sie mit der Fußspitze auf. Hinter der Tür war es etwas heller. Nicht viel zwar, aber immerhin heller und damit irgendwie wärmer. Ich stand in einem großen, quadratischen Raum, in den eine Menge Türen mündeten. Alle aus Eisenblech und alle angerostet. Hinten rechts führte eine aus Beton gegossene Treppe irgendwo nach oben. Ich roch kalten Zigarettenrauch, stark parfümierten Puder und Schweiß.
Ich roch und hörte.
Irgendwo wurde gesprochen. Laut und betont sorgfältig. Ich ging diesen Stimmen nach und sah dann Licht. Grelles Licht, ohne irgendeine Dämpfung. Ich lehnte mich gegen eine Hausmauer aus Pappe und hörte zu.
»Ich hasse dich«, sagte eine Stimme, die so grell war wie das Licht. »Ich könnte dich umbringen. Wirklich, ich könnte es.«
Die Antwort war ein leichtes Auflachen. Nur so hingetupft. Aber aufreizend. Gemein aufreizend. Ich klopfte die Asche meiner Zigarette auf den Boden, und im gleichen Moment hörte ich ein Klatschen in die Hände.
»In Ordnung, Kinder«, sagte eine völlig heisere Stimme, die einem Mann gehören musste. »Ich denke, dass wir das so lassen können.«
Jetzt sprachen einige Leutchen durcheinander, dass ich nichts mehr Genaues verstehen konnte. Irgendwo klimperte ein Klavier, Fußtritte waren zu hören und dann wieder die völlig heisere Stimme:
»Los, jetzt das Finale aus dem zweiten Akt. Verdammt, wo bleiben denn die Girls?«
Man brauchte sie gar nicht zu sehen, man konnte sie hören. Genau mir gegenüber kicherte es herum wie in einem Hühnerhof. Dann wurde das Klavier lauter. Die flüchtig geklimperten Phrasen wurden zu einem straffen Rhythmus, und dann war das taktmäßige Klappern von etwa zehn Paar Steppschuhen zu hören.
Ich wollte mich gerade von der Hausmauer aus Pappe lösen und in das Licht treten, als ich die grelle Frauenstimme hörte. Ganz dicht neben mir. Die Frau, die dort sprach, musste auf der anderen Seite der Hauswand aus Pappe stehen.
»… lange genug angesehen, Liz«, hörte ich. »Ich lasse mir nicht auf der Nase herumtrampeln. Hast du verstanden? Ich hasse dich wirklich. Ich könnte dich wirklich umbringen. Ich habe noch nie eine Rolle gehabt, die das so echt zum Ausdruck bringt, was ich fühle …«
Die Stimme war grell und hasserfüllt, aber trotzdem wirkte sie unecht. Vielleicht war es der falsche pathetische Ton, der nach Schmiere klang, vielleicht aber war es auch nur die Umgebung. Und die Antwort von Liz bestand wieder in dem ganz leicht hingetupften Auflachen. Aber dieses Auflachen war echt.
Ich hörte es klatschen, wie wenn eine flache Hand sich auf eine Backe legt. Gleich darauf klatschte es zurück und dann fiel die Hauswand aus Pappe um. Vor mir wälzten sich zwei Frauen, und sie machten das nicht aus Spaß. Sie waren verbissen wie zwei Catcher, die zur Abwechslung mal ohne jede Masche arbeiten.
Die beiden Frauen blieben jetzt stumm. Jede von ihnen war konzentriert dabei, der anderen die Gesichtshaut mit spitzen Fingernägeln zu bearbeiten. Ein verrückter, unwirklicher Anblick, und ich brauchte einige Sekunden, bis ich mich auf diese Situation eingestellt hatte.
»Braucht eine der Damen vielleicht ein Küchenmesser?«, fragte ich endlich und dachte, dass sie das abkühlen würde. Aber sie hatten mich gar nicht gehört. Sie waren so vertieft in die Katzbalgerei, dass sie wohl selbst ’nen Knallfrosch nicht gehört hätten.
Ich kann nicht sagen, wieso auf einmal in meinen Händen ein Feuerlöscher lag. Ich weiß nur, dass ich das Ding automatisch betriebsklar machte und dann den weißen, milchigen Strahl auf die beiden Frauen richtete. Und trotz dieser Dusche dauerte es noch einige Sekunden, bis sich die beiden Frauen trennten.
Der Rest war ein tolles Durcheinander. Erst jetzt begannen die beiden Frauen, den Mund aufzumachen. Und sie machten ihn recht weit auf. Sie sagten sich Dinge, die sich auf ihren Lippen recht eigenartig ausnahmen. Es waren Flüche, die erfahrene Droschkenkutscher vor Scham oder Neid hätten rot werden lassen.
Auf der Bühne brach das taktmäßige Klappern der Steppschuhe ab. Das Klavier hatte nicht so schnell geschaltet. Es hämmerte noch einige Sekunden und starb dann in einer schrillen Dissonanz.
Ich machte, dass ich wegkam. Ich hatte keine Lust, mir irgendwas sagen zu lassen, und ich war mir nicht ganz sicher, ob ich mit dem Feuerlöscher nicht etwas zu weit gegangen war. Aber ich grinste noch, als ich mich zurück in das Quadrat verzog, in das die Türen mündeten. Jetzt fand sich auch endlich ein Mann, der mir sagen konnte, wo die Garderobe von Esther Mudden lag. Ich brauchte nur einige Schritt zu gehen und stand dann vor der Tür. Sie bestand auch aus Eisenblech und war ebenfalls leicht angerostet. In diesem Theater schien so ziemlich alles Rost zu haben.
Ich klopfte an, bekam aber keine Antwort. Ich drückte die Klinke hinunter und trat ein.
Die Garderobe war trotz der nackten Mauerwände irgendwie nett eingerichtet. Man sah, dass eine Frau hier versucht hatte, etwas Schick in die Sache zu bringen. Ich setzte mich in einen Sessel, der neben dem Schminktisch stand und zündete mir eine zweite Zigarette an. Ich verstaute mein Feuerzeug gerade in der Rocktasche, als sich die Tür öffnete und Esther Mudden erschien.
Ich dachte, mich hätte der Schlag getroffen. Die Frau, die da hereingerauscht kam, war über und über mit weißen Schaumflocken bedeckt. Sie wischte sich das Zeug mit beiden Händen aus dem Gesicht. Der Schaum färbte sich leicht rot von dem Blut, das aus ihren Kratzwunden im Gesicht sickerte. Ein wenig schöner Anblick, das können Sie mir glauben.
Sie sah mich nicht. Sie setzte sich vor den Schminktisch und stützte ihren Kopf in beide Hände. Sie saß unbeweglich wie eine steinerne Statue und stierte vor sich hin auf die Platte.
Esther Mudden war etwa fünfundvierzig Jahre. Sie war vollschlank, hatte kurzgeschnittenes, braunes Haar und Augen, die tief in den Höhlen lagen. Sie war nicht schön, musste aber interessant wirken, wenn sie sich zurechtgemacht hatte. Wenigstens war das so mein erster Eindruck.
Sie hatte mich am Tag vorher im Office angerufen und mich gebeten, nach hier zu kommen. Natürlich hatte ich sie gefragt, was sie auf dem Herzen hätte, aber sie war mit der Sprache nicht herausgerückt.
Und nun saß ich hier und fühlte mich gar nicht wohl in meiner Haut. Nicht wegen des Feuerlöschers, den ich gebraucht hatte. Nein, das war es nicht. Vielmehr hatte ich so ein dumpfes Gefühl, dass ich mit Esther Mudden noch sehr viel Ärger haben würde. Ich kannte eine Menge Leutchen vom Bau und wusste, wie hysterisch sich dieses Volk benehmen kann.
»Versuchen Sie’s mal mit ’nem Handtuch«, sagte ich und machte mich bemerkbar. Ich hatte angenommen, ihr Kopf würde jetzt nur so herumfliegen und sie würde mich giftig anfunkeln. Welche Frau lässt sich in solch einer Situation schon gern beobachten. Aber sie tat genau das Gegenteil.
Ganz langsam hob sie ihren Kopf, ihre Hände sanken herab, und dann trafen sich unsere Blicke im Spiegel. Mit einer müden, resignierenden Bewegung nahm sie den Lappen entgegen, den ich ihr reichte. Sie wischte sich das Gesicht frei und strich sich dann durch das Haar.
»Kein schöner Anblick, was?«, fragte Esther Mudden dann und lachte auf.
Aber es war ein ungutes Lachen. Dann schnellte sie förmlich von ihrem Sitz hoch und knallte den nassen Lappen mit einer kurzen, harten Bewegung auf den Schminktisch, dass die Tiegel nur so herumhüpften.
»Man gewöhnt sich an alles«, sagte ich. »Wollen Sie rauchen?« Ich hielt ihr meine Packung entgegen, und sie bediente sich. Ich reichte ihr Feuer, und sie begann, mit kurzen, nervösen Zügen zu rauchen.
»Sie sind dieser Driving, mit dem ich gesprochen habe, ja?«, fragte sie.
»Genau der bin ich«, sagte ich. »Und was liegt an, Miss Mudden?«
»Das ist eine lange Geschichte«, meinte sie.
»Dann fassen Sie sich möglichst kurz«, sagte ich. »Viel Zeit habe ich nicht.«
Sie sah mich an, als hatte sie mich erst jetzt richtig gesehen. In ihren Augen war ein großes Erstaunen.
»Verkehren Sie immer so mit Ihren Klienten?«, fragte sie dann. Ihre Stimme war nicht mehr grell wie vorhin auf der Bühne und neben der Pappmauer. Ich merkte deutlich, dass sie versuchte, wieder so etwas wie eine Überlegenheit zu bekommen.
»Meist«, sagte ich. »Und das mit der Zeit stimmt, Miss Mudden.«
»Na schön«, sagte sie. »Während ich mich umziehe, werde ich Ihnen meine Geschichte erzählen.«
»Ich werde besser solange verschwinden«, sagte ich.
»Nun sterben Sie nicht gleich vor Angst«, sagte sie. »Ich will Ihnen nichts. Ich werde mich da hinter den Wandschirm stellen.«
»Das ändert die Situation«, sagte ich grinsend. Sie verschwand hinter dem Wandschirm, und ich sah ihre nackten Arme, wenn sie sich irgendeinen Gegenstand aus Nylon oder Seide überstreifte.
»Es handelt sich um Schmuck«, sagte sie. Sie sprach sehr abrupt und unkonzentriert. »Ich habe hier in meiner Garderobe Schmuck liegen gehabt. Gestern, verstehen Sie?«
»Ich glaube bereits verstanden zu haben«, sagte ich. »Der Schmuck ist futsch, was?«
»Er muss mir gestohlen worden sein«, sagte sie. »Hier aus meiner Garderobe.«
»Das ist nicht das erste Mal«, sagte ich zurückhaltend, denn ich ahnte bereits, wohin der Hase laufen sollte. »Und nun vermuten Sie, Miss Mudden, Ihre Kollegin Liz habe ihn, nicht wahr?«
Plötzlich sah ihr Kopf seitlich am Wandschirm vorbei zu mir herüber.
»Ich habe kein Wort von Liz gesagt«, meinte sie. »Wie kommen Sie darauf? Woher kennen Sie sie eigentlich?«
»Ich hörte Sie in den Kulissen sprechen«, sagte ich ausweichend. »Wenn es Liz nicht gewesen ist, wen verdächtigen Sie dann? Haben Sie eine Garderobiere, die die Finger nicht bei sich behalten kann, ist es der Inspizient, der Regisseur oder vielleicht sogar der Geldgeber? Irgendeinen Verdacht müssen Sie doch haben, Miss Mudden.«
»Ich will keinen verdächtigen«, sagte sie und überging meine Ironie. »Aber ich denke …«
»… dass es Liz gewesen ist, ja?«, fragte ich und musste wieder grinsen. »Miss Mudden, ich sehe alles deutlich vor mir, ob Sie’s glauben oder nicht. Liz war die letzte, die vor dem Diebstahl in Ihrer Garderobe gewesen ist. War es nicht so?«
»Tatsächlich, es war so«, sagte Esther Mudden. »Aber das braucht noch lange nicht zu heißen, dass Liz …«
»Es ist nett von Ihnen, dass Sie Ihre Freundin in Schutz nehmen«, sagte ich.
»Freundin?«, echote sie zurück. »Sie war noch nie meine Freundin, und gerade deshalb bin ich vorsichtig. Ich will mir nicht nachsagen lassen, ich sei gehässig. Was denken Sie, Mister Driving, werden Sie mir den Schmuck zurückbeschaffen können?«
»Wie sah der Schmuck aus?«, fragte ich.
»Es war eine Brosche und zwei Anstecknadeln«, sagte sie. »Meiner Schätzung nach sind die drei Teile etwa zweieinhalbtausend Dollar wert.«
»Dafür ist der Schminktisch der geeignete Safe«, sagte ich.
»Nun, wer denkt schon daran, dass hier gestohlen werden könnte«, sagte Esther Mudden. »Wollen Sie die Sache also für mich übernehmen?«
»Hundert Dollar pro Tag plus Spesen«, sagte ich nur trocken.
»Donnerwetter, Sie sind aber teuer«, sagte sie und schrak förmlich zusammen.
»Sie brauchen mir den Auftrag nicht zu geben«, sagte ich.
»Na schön«, sagte sie, »da auf dem Schminktisch liegt meine Handtasche. Nehmen Sie einen Vorschuss für drei Tage heraus. Ich denke, dass Sie es bis dahin geschafft haben werden.«
»Die Handtasche machen Sie mal besser selbst auf«, sagte ich. »Solange kann ich noch warten.«
Fast im gleichen Moment kam sie hinter dem Wandschirm hervor und zählte mir dann einige Scheine in die Hand. Als ich ihr eine Quittung geben wollte, schüttelte sie den Kopf.
»Ich vertraue Ihnen«, sagte sie.
»Hoffentlich fallen Sie dabei nicht rein«, sagte ich auflachend. »Sie meinen also, Miss Mudden, dass diese Liz …? Wer ist sie überhaupt? Eine Kollegin von Ihnen?«
»Kollegin kann man dazu nicht sagen«, meinte Esther Mudden. »Weiß der Himmel, aus welcher Gosse sie stammt. Sie hat sich mit allerhand Tricks eine Rolle ergaunert und kommt sich jetzt wer weiß wie wichtig vor. Aber was will man dagegen machen? Sie ist eben jung und weiß, mit wem sie sich gut stellen muss. Doch was heißt stellen, sie weiß, mit wem sie sich gut … ein anderer Ausdruck wäre angebrachter.«
»Trauen Sie ihr einen Diebstahl zu?«, fragte ich.
»Dieser Larpenta traue ich alles zu,« sagte Esther Mudden. »Sie ist ein gemeines kleines Biest. Aber ich bin davon überzeugt, dass sie sich eines Tages das Genick brechen wird.«
»Hoffentlich ohne Ihre Mithilfe«, sagte ich anzüglich. »Das wäre dann teurer als hundert Dollar pro Tag plus Spesen.«
»Ich bin leider in Eile«, sagte Esther Mudden. Ihr schien sehr daran gelegen zu sein, mich aus der Garderobe herauszukomplimentieren. Ich hatte aber sowieso keine Lust, mir länger ihre Sprüche anzuhören. Ich nickte ihr zu und ging zur Tür.
Als ich sie öffnen wollte, kam von draußen einer hereinmarschiert. Es war ein gutaussehender Schlaks, der knapp dreißig Jahre alt war. Er war der typische Scheich, auf den die Frauen fliegen.
»Hallo, Ralph«, hörte ich Esther Mudden sagen. Sie sagte es sehr erfreut, fast verwirrt, wie ein kleiner Backfisch, der sich dem Idol seiner Träume gegenübersieht.
Dann hatte ich die Tür geschlossen und stand wieder draußen in dem Quadrat. Vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte mein Ohr gegen das rostige Blech gelegt. Nun, ich tat es nicht, sondern schnappte mir einen Mann im grauen Kittel und fragte ihn nach der Garderobe von Liz Larpenta.
Die Garderobe des kleinen Biestes, wie Esther Mudden gesagt hatte, lag in der Nähe der Treppe, die nach oben führte. Ich klopfte und bekam auch hier keine Antwort.
Ich trat ein, sah aber gleich, dass Liz Larpenta sich bereits umgezogen hatte und gegangen war. Ihr Kostüm lag zusammengeknüllt auf einem schmalen Ledersofa. Auf dem Schminktisch herrschte ein verrücktes Chaos. An dem Schaum, der auf dem Boden verteilt war, sah ich, dass Liz Larpenta die Partnerin von Miss Mudden gewesen war, als sich die beiden Frauen auf der Pappmauer herumgewälzt hatten.
Ich schloss die Tür und machte mich daran, die Garderobe zu durchsuchen. Ich wusste ganz genau, dass ich irgendetwas von dem verschwundenen Schmuck finden würde. Warum, fragen Sie? Nun, es lag klar auf der Hand, dass Esther Mudden ihrer Kollegin Liz Larpenta eins auswischen wollte. Eine alte Masche, wie sie zwischen zwei lieben, netten Kolleginnen immer wieder praktiziert wird.
Ich fand die Brosche in einem Schuh, der wiederum in einem Schuhschränkchen stand. Im Ernst, wenn Liz Larpenta sich das Ding unter den Nagel gerissen hätte, sie hätte es todsicher woanders versteckt, aber nicht dort.
Ich war nur erstaunt, dass die beiden Anstecknadeln nicht zu finden waren. Sie hätten doch auch in irgendeinem Schuh stecken müssen. Nun, ich fand sie weder in den Schuhen noch sonst irgendwo. Das machte mich sogar einen Moment unsicher.
Ich ging mit der Brosche zurück zur Garderobe Esther Muddens. Ich klopfte an, bekam keine Antwort und öffnete. Auch Esther Mudden war inzwischen gegangen. Zurückgeblieben war nur eine Patrone vom Kaliber 6,35, die neben dem rechten Fuß des Wandschirmes lag. Als ich Esther verlassen hatte, hatte sich das Ding dort noch nicht aufgehalten …
Ich hob das Ding auf, steckte es in die Tasche und suchte dann nach einer Figur, die mir etwas über die Privatadressen der beiden zänkischen Katzen erzählen konnte. Aber ich schien in einem unglücklichen Moment gekommen zu sein. Der Bau hatte sich ziemlich geleert, und bis auf einige Kulissenschieber war keiner mehr an Deck.
Wohl oder übel musste ich abziehen, und selbst der Gedanke an die dreihundert frisch kassierten Dollar machte mich nicht besserer Laune. Ich hatte mir vorgenommen, Esther Mudden so schnell wie möglich meinen Standpunkt klarzumachen. Sie musste mir sagen, wo sie die beiden anderen Schmuckstücke versteckt hatte. Das musste sie mir sagen und noch einiges mehr.
Ich ging zurück durch den langen, kaum erleuchteten Gang und erreichte den Bühnenausgang. Ich wollte die Tür aufstoßen, aber da kam mir von draußen einer zuvor.
Ein massiger Bursche von fast zwei Zentnern erschien, der einen knallgelben Mantel mit einem dicken Pelzkragen trug. Er trug keinen Hut, und ich hatte den Genuss, ein frisch mit Brillantine und Pomade behandeltes und wellig gelegtes Haar zu bewundern.
»Wer sind denn Sie?«, fragte mich der Mann. Er hatte eine helle, scharfe Stimme. Er schien es gewohnt zu sein, dass man ihm sofort antwortete.
»Raten Sie mal«, erwiderte ich.
»Nun werd’ bloß nicht ulkig, Söhnchen«, sagte da eine zweite Stimme. Sie gehörte einem mittelgroßen, schlanken Burschen, den ich erst jetzt wahrnahm. Er war so schlank, dass er glatt von dem gelben Mantel verdeckt worden war.
Ich plinkerte mit den Augen und wusste sofort, woran ich mit den beiden war. Diese beiden Typen gehörten einem Kreis an, in dem man nicht viel fragte, sondern zuschlug.
»Los, nun machen Sie schon den Mund auf«, sagte der massige Bursche vor mir. »Wer sind Sie? Was haben Sie hier zu suchen?«
Ich tippte ihm leicht auf die Brust, und sein gelber Mantel scheuerte gegen die glatte Ziegelsteinwand. Der magere Bursche hinter ihm legte sich im gleichen Moment waagerecht in die Luft und versuchte, mir seinen Kopf gegen den Magen zu rammen.
Verständlicherweise hatte ich was dagegen. Ich flitzte zur Seite, und er konnte sich im letzten Moment noch abfangen, sonst wäre er mit dem Kopf gegen die Wand gebraust. Als er sich aufrichtete, setzte ich ihm meine Faust unter das Kinn, und er legte sich als treuer Diener vor die Füße seines Herrn.
»Reicht die Antwort?«, fragte ich den Massigen. Dann ging ich an den beiden Figuren vorbei und erreichte die Straße.
Vor dem Bühnenausgang stand beherrschend ein schwerer Buick. Er war das letzte Modell, wahrscheinlich eine Sonderausführung. Da gab es kaum eine Ecke, in der nicht Chrom glitzerte. Die Karosserie musste von einem Italiener entworfen worden sein. Sie war so ultramodern, dass der Buick mehr einem Raumschiff als einem Auto glich. Ich merkte mir die Wagennummer und notierte sie in meinem Gedächtnis. Bei Gelegenheit konnte ich mal herumhorchen, wer der Besitzer dieses tollen Schlittens war.
Dann schlenderte ich die Straße hinunter. Ich hatte mir den Mantelkragen hochgeschlagen und Sehnsucht nach einem anständigen Drink. Ich hatte so ein komisches Kratzen in der Kehle und musste ein paarmal niesen. Ich glaube, ich sagte es schon, es war ein Sauwetter, und als ich etwa hundert Schritte gegangen war, war der Theaterbau bereits von dichten Regenwänden verschluckt worden.
Ich holte mir meinen Schlitten vom Parkplatz und fuhr dann nach Hause. Es war gegen neunzehn Uhr, als ich das Office erreichte. June war schon gegangen, und ich war froh darüber. In dem Wetter hatte es keinen Sinn, für den Abend etwas zu unternehmen. Da hielt man sich besser in einer warmen Bude auf und legte die Füße vor die Heizung.
Ich fuhr mit dem Lift nach oben ins Büro und erledigte einige Schriftsachen, die June mir vorbereitet hatte. Gegen zwanzig Uhr hatte ich den Tisch leergearbeitet und machte mich daran, in die Pension zu fahren, in der ich mein Hauptquartier aufgeschlagen hatte.
Ich war allein, denn Jimmy befand sich seit etwa vier Tagen weit unten im Süden. Er hatte dort eine wichtige Ermittlung in einer Erbschaftsangelegenheit zu führen. Vor zwei oder drei Tagen war er kaum zurückzuerwarten.
Ich war dabei, mir den Mantel zu schnappen, als an die Tür geklopft wurde. Ich sagte: »Herein« und musste unwillkürlich grinsen. Vor mir stand der massige Mann im gelben Mantel und halb hinter ihm der schmale Hecht. Hartnäckige Leute, das musste man schon sagen, und nicht ungeschickt dazu. Trotz der Regenwände hatten sie es geschafft, sich an mich zu hängen.
»Sie sind verdammt anhänglich«, sagte ich. »Machen Sie die Tür zu, es zieht. Wollen Sie die Unterhaltung von eben fortführen, oder was liegt an?«
Die beiden Figuren blieben an der Tür stehen.
»Ich weiß jetzt, wer Sie sind, Driving«, sagte der Mann im gelben Mantel. »Was haben Sie im Theater gesucht? Waren Sie in einem bestimmten Auftrag dort?«
»Sie haben vergessen, sich vorzustellen«, sagte ich.
»Das ist leicht nachgeholt«, erwiderte der Mann. »Ich heiße Dan Scranner.«
»Seien Sie stolz darauf«, sagte ich grinsend. »Und was wollen Sie?«
»Das hab’ ich Ihnen schon gesagt«, erwiderte Scranner. »Was haben Sie in dem Theater gesucht?«
»Nun mach schon den Mund auf, Söhnchen«, sagte der magere Hecht. Er war diesmal vorsichtiger. Er riskierte nicht zum zweiten Mal eine Bauchlandung. Er hatte einen soliden Taschencolt ausgepackt und zeigte ihn mir.
Ich lachte laut auf. Das war das Beste, was ich machen konnte.
»Sie verwechseln das tägliche Leben mit der Bühne«, sagte ich zu Scranner. »Was soll dieser Quatsch?«
»Das soll eine Warnung sein«, sagte Scranner. »Und merken Sie sich, Driving, ich warne nur einmal. Lassen Sie sich in dem Theater nicht wieder sehen. Das war das Erste. Zum Zweiten will ich aber wissen, was Sie in dem Bau gesucht haben.«
Die beiden Männer waren näher auf mich zugekommen. Der kleine magere Hecht begann mich zu interessieren. Aus gewissen Gründen. In seinen Augen, die an sich schon farblos waren, war eine Leere, die gefährlich war. Und an der Art, wie er die Waffe trug, sah ich, dass er mit diesem Ding schon oft gearbeitet hatte. Ich beschloss, vorsichtig zu sein. Ich hatte keine Lust, mir wegen einer Eifersuchtsaffäre zwischen zwei Frauen eine Kugel in den Wanst jagen zu lassen.
»Ich muss gehen«, sagte ich. »Ihre Fragen gehen mir auf die Nerven, Scranner.« Ich nahm meine rechte Hand hoch und griff nach dem Mantel, der an der Garderobe hing. Im gleichen Moment zuckte die Hand des mageren Hechtes hoch. Der Bursche hatte den Mund erwartungsvoll geöffnet und wartete wohl voller Wonne darauf, abdrücken zu können.
»Nicht, Slim«, sagte Scranner da scharf.
Der magere Bursche war einen Moment lang unsicher, und diese Unsicherheit nutzte ich aus. Ich hatte den Mantel bereits in der Hand, aber der Kragen lag immer noch auf dem Haken. Ein kurzer Ruck genügte, und der Garderobenständer kippte zur Seite. Kippte genau auf den ausgestreckten Arm des mageren Burschen. Der Ruck kam so überraschend, dass ihm die Waffe aus der Hand geschlagen wurde.
Scranner war einen Schritt zurückgesprungen. Der magere Bursche aber bückte sich, um nach seiner Waffe zu greifen. Ich stieß ihm das Kinn ins Gesicht, und er kippte nach hinten über. Wie nicht anders zu erwarten war, blieb er groggy auf dem Fußboden liegen. Als ich nach der Waffe greifen wollte, versuchte Scranner, den gleichen Trick anzubringen. Aber darauf hatte ich nur gewartet. Mit sicherem Griff hatte ich sein Bein in beiden Händen und drehte es leicht zur Seite. Er fiel und machte im Fallen eine halbe Wendung. Er landete krachend auf der Seite und schnaufte wie eine Lokomotive, die unter Dampf steht.
»Das wäre das, Scranner«, sagte ich. Ich schnappte mir die Pistole von Slim und behielt sie in der Hand. Ich hatte es mit zwei ausgekochten Burschen zu tun und wollte kein Risiko eingehen. Ich wusste ja nicht, mit welchen Waffen ich noch zu rechnen hatte.
Scranner hatte sich stöhnend aufgerichtet und rieb sich seine linke Seite.
»Von mir aus können Sie sich auf die Beine stellen«, sagte ich zu ihm.