Risikomanagement - Sascha Saßen - E-Book

Risikomanagement E-Book

Sascha Saßen

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Beschreibung

Als Heimleitung liegt das Risikomanagement in Ihrer Hand. Doch welche prophylaktischen Maßnahmen gehören zum pflegerischen Risikomanagement? Welche haftungsrechtlichen Fragen sind zu beachten? Und wie sind Vorgaben an Mitarbeiter inhaltlich zu formulieren? Dieses Buch unterstützt bei der Einführung eines Fehler- und Risikomanagementsystems. Es vermittelt einen Überblick über Risikomanagementsysteme, Risikoarten, den gesetzlichen Kontext, den Risikomanagementprozess, die Risikoanalyse. Und gibt praktische Tipps zum Aufbau eines Fehler-Ereignis-Meldesystems. Mit Checklisten und Arbeitshilfen entwickeln Sie so Ihre Führungsstrategien. Damit all Ihre Mitarbeiter nach dem Motto arbeiten: Risiken sind nicht gänzlich auszuschließen, aber ihre Folgen lassen sich minimieren.

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Seitenzahl: 170

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Sascha Saßen

Risikomanagement

Fehler vermeiden, melden, analysieren und bewältigen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.

Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet.

Der Verlag und der Autor können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen.

© VINCENTZ NETWORK, Hannover 2019

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Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen.

E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

Foto Titelseite: AdobeStock, isavira (composing)

Satz: Heidrun Herschel, Wunstorf

E-Book ISBN: 978-3-74860-009-1

Sascha Saßen

Risikomanagement

Fehler vermeiden, melden, analysieren und bewältigen

VINCENTZ NETWORK

Inhalt

Kapitel 1 Einleitung in das Thema Risikomanagement

1.1 Pflegeeinrichtungen und umfassendes Risikomanagement

1.2 Begegnen Sie einer illusionären Sicherheit

1.3 Anforderungen an ein umfassendes pflegerisches Risikomanagementsystem

Kapitel 2 Grundlagen

2.1 Risiko

2.2 Risikomanagement im gesetzlichen Kontext

2.3 Fehler

Kapitel 3 Risikomanagementprozess

3.1 Klassischer Aufbau des Risikomanagementprozesses

3.2 Risikomanagementstrategie

3.3 Risikoidentifikation

3.4 Risikoanalyse

3.5 Risikobewertung

3.6 Risikobewältigung

3.7 Risikoüberwachung

3.8 Risikodokumentation

3.9 Risikokommunikation

Kapitel 4 Risikomanagement nach DIN EN ISO 9001

Kapitel 5 Risikomanagement und Qualitätsmanagement

5.1 Ebenen des Risikomanagements anhand des integrativen Managementansatzes

Kapitel 6 Von anderen lernen auf Basis wissenschaftlicher Befunde

6.1 Studien der Luftfahrtbranche

6.2 Prinzipien der High Reliability Organizations

6.3 Prinzipien der Antizipation

6.4 Prinzipien der Eindämmung

Kapitel 7 Darstellung eines „möglichen“ ganzheitlichen Risikomanagementansatzes

Kapitel 8 Aufbau von Fehler-Ereignis-Meldesystemen im Praxisvergleich

8.1 Aufbau und Inhalte von CIRS im Risikomanagement in der Industrie

8.2 Aufbau und Inhalte von CIRS im Risikomanagement in der Luftfahrt

8.3 Aufbau und Inhalte von CIRS in der Praxis

8.4 Aufbau und Inhalte von CIRS im Risikomanagement der stationären Altenpflege

8.5 Öffentliche CIRS des Gesundheitswesens in Deutschland 79

8.6 Fehler-Ereignis-Meldesysteme in der stationären Altenpflege

8.7 Aufbau und Inhalt eines Fehler-Ereignis-Meldesystems der stationären Altenpflege

8.8 Fazit zu den verfügbaren CIRS

Kapitel 9 Implementierungsstrategien von CIRS

9.1 Grundvoraussetzungen zur Implementierung eines CIRS 97

9.2 Die Implementierung eines „klinischen“ Risikomanagementsystems

9.3 Die Handlungsempfehlung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit

9.4 Beispiel: Die Einführung eines CIRS im Krankenhaus

9.5 Diskussion über die Implementierung eines CIRS in der Altenpflege

9.6 Die Erfolgsfaktoren zur Implementierung eines CIRS

9.7 Fazit zu den Implementierungsstrategien von CIRS

9.8 Die Fehlerkultur in der Gesundheits- und Pflegewirtschaft 115

9.9 Der Umgang mit Fehlern – die Fehlerkultur

9.10 Effekte des CIRS auf die Fehlerkultur in der stationären Altenpflege

9.11 Erfahrungen mit dem CIRS in der Gesundheitswirtschaft 122

9.12 Beurteilung der CIRS für den Gebrauch in der stationären Altenpflege

9.13 Fazit zur Einflussnahme auf die Fehlerkultur

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Autor

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Kapitel 1 // Einleitung in das Thema Risikomanagement

Risikomanagement ist u. a. auch in den Medien des Gesundheits- und Sozialwesens ein kaum überwindbares Thema. Auslöser dafür ist u. a. die mittlerweile verpflichtende Einführung eines Risikomanagementsystems für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser seit Anfang 2013 sowie der zunehmende Haftungsdruck der SGB-XI-Versorger in Bezug auf die Regressforderungen der Krankenkassen. Damit steigen unweigerlich, leider oftmals jenseits der primären Vernunft, der Druck und der Wille zur Einführung eines Risikomanagementsystems in den Einrichtungen.

Ursächlich dafür ist u. a. die Thematisierung dieser Sachverhalte in den Medien (vgl. Wegener 2014). Ein weiterer Punkt ist die Zunahme von Schadensersatzansprüchen mit einer gleichzeitigen Abnahme von Versicherungsdienstleistern im Krankenhauswesen (vgl. Katzenmeier 2011). Der Anstieg der Haftpflichtprämien sowie immer kritischere und aufgeklärtere Leistungsempfänger (Patienten/Bewohner) verstärken die Fokussierung auf diese Thematik nochmals (vgl. Walter 2014). Ein Hauptgrund für die häufige Nennung in den Medien ist ebenso die Einführung des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patienten und damit einhergehend die Verpflichtung für nach § 108 Sozialgesetzbuch fünf (SGB V) zugelassene Krankenhäuser zur Führung eines Risikomanagements und der Einführung von Fehlermeldesystemen sowie stärkeren haftungstechnischen Auflagen, die sich aus der Zunahme des Patientensicherheitsthemas in Bezug auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ergeben. Entscheider im Gesundheitswesen, speziell im Krankenhausbereich, können sich dem Thema überhaupt nicht entziehen, Anbieter der Altenpflege (Pflegedienste, Anbieter von (teil-)stationären Pflegeleistungen) sind gut beraten wesentliche Elemente des anderen Sektors kritisch und sachdienlich für die eigenen Zwecke nutzbar zu machen.

Risikomanagement wird klassischerweise im Gesundheitswesen als Risikomanagementprozess verstanden, der die Bausteine Identifikation, Analyse, Bewertung und Bewältigung umfasst. Dieser Prozess ist als eine Art Methodik zu verstehen, der in den Leitlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, aber auch in der Revision der DIN EN ISO 9001 aufgeführt wird und daher fester Bestandteil des Risikomanagements ist. Mithilfe verschiedener Instrumente besteht die Möglichkeit der Risikoidentifizierung, -analyse und -bewertung. Bei dieser Methodik handelt sich allerdings um eine recht subjektive Bewertung und somit unweigerlich „risikoreiche“ Einschätzung. Daher ist der klassische Risikomanagementprozess zu erweitern, um mit Risiken umgehen zu können, die zuvor nicht oder vielleicht falsch identifiziert wurden. Risikomanagement anderer Branchen bietet eine erweiterte und vielleicht auch neuartige Betrachtungsweise. High Reliability Organizations wie die Luftfahrtbranche schaffen es, weitaus weniger Unfälle zu produzieren als statistisch zu erwarten wäre. Mithilfe ihrer Prinzipien der Antizipation und Eindämmung bauen sie eine funktionierende Risikokultur auf. Ein ganzheitlicher Risikomanagementprozess ist daher zweigeteilt zu betrachten, ohne dabei eine Wechselwirkung außer Acht zu lassen. Es sollte in den Einrichtungen ein Modell entwickelt werden, welches mithilfe von „Mauern“ (Hindernissen) den ganzheitlichen Risikomanagementprozess aufzeigt und beide Blickweisen berücksichtigt.

Die Darstellung eines ganzheitlichen Risikomanagementansatzes unterstützt den Einführungsprozess eines Risikomanagementsystems. Anhand des ganzheitlichen Risikomanagementansatzes wird aufgezeigt, inwieweit die Prinzipien der High Reliability Organizations im Unternehmen verankert werden können und in welchem Grade bereits eine Risikokultur ausgebaut ist.

Das Risikomanagement sollte einen zentralen Stellenwert im Qualitätsmanagement der Einrichtung einnehmen. Die Praxis zeigt jedoch, dass aktuell nur wenige Unternehmen über ein schlüssiges und vor allem umfassendes Risikomanagementsystem verfügen. Während aktuelle Qualitätsprüfungen in der Pflege zumindest die Umsetzung (sofern im Rahmen von Schulungen und Arbeitsgruppenpapieren überhaupt von Umsetzung gesprochen werden darf) der Expertenstandards bisher weitestgehend bestätigen können, so mangelt es dennoch in vielen Fällen an einem geeigneten umfassenden Risikomanagement. Beispielsweise stellt allein die Bewertung des Dekubitus- und Sturzrisikos nach einem trivialen Schema bei Weitem noch kein Risikomanagementsystem dar.

1.1 Pflegeeinrichtungen und umfassendes Risikomanagement

Der Arbeitsalltag im Gesundheits- und Sozialwesen ist zunehmend von haftungsrechtlichen Fragestellungen und Anforderungen geprägt. Dass die Versorgung pflegebedürftiger Menschen risikoreich ist oder sein kann, steht unzweifelhaft außer Frage. Vorrangig ist dieses Risiko haftungsrechtlich in den Bereichen der Pflege z. B. der Dekubitus- und Sturzprophylaxe anhängig. Risiken bestehen jedoch auch in den Bereichen Mangelernährung, dem Umgang mit Gewalt in der Pflege und im unsachgemäßen Einsatz von freiheitsentziehenden Maßnahmen sowie weiteren Bereichen. Der Verweis auf ein notwendiges Risikomanagementsystem, welches über den Pflegebedürftigen und die aktuellen Expertenstandards hinausgeht, bleibt jedoch innerhalb der aktuellen Bewertungskriterien des MDK sogar völlig unberücksichtigt. Dabei kann eine mangelnde Berücksichtigung von Risiken fatale Konsequenzen für den Pflegebedürftigen und die Pflegeeinrichtung nach sich ziehen.

1.2 Begegnen Sie einer illusionären Sicherheit

Im Management von Pflegeeinrichtungen ist festzustellen, dass häufig populäre Konzepte vollkommen theorielos oder der Betriebswirtschaftslehre entlehnt zum Einsatz kommen. Der Grund hierfür liegt darin, dass diese Managementkonzepte in vielen Fällen schlüssig erscheinen und z. B. im Bereich Risikomanagement mit Bezug auf die Expertenstandards als vermeintlich wissenschaftlich angepriesen werden. Kombiniert mit einer Portion „Angstmacherei“ werden solche Systeme immer wieder fokussiert und offensichtlich auch mehr oder weniger erfolgreich vermarktet. Der wirkliche Nutzen für das Unternehmen bleibt hier jedoch in den meisten Fällen sehr gering. Selbst ein – weit verbreitetes – naturwissenschaftlich geprägtes, formal-normatives Risikoverständnis mit simplifizierenden Ursache-Wirkungsketten wird dem Management dieser kernpflegerischen Felder nicht mehr gerecht und führt zu einer sogenannten Steuerungsillusion, die im Führungs- und im juristischen Kontext folgenreiche Scheiterungsszenarien nach sich ziehen kann. Die Beeinflussung der Risiken einer Organisation ist dementsprechend nicht so leicht zu berechnen wie die Wurfbahn eines Steines oder der Mittelwert der durchschnittlichen Postleitzahl in Deutschland. Hier ist Vorsicht geboten: Lassen sie keine Komplexitätsreduktion durch Trivialisierung im pflegerischen Kernbereich zu (Saßen et al. 2007)!

1.3 Anforderungen an ein umfassendes pflegerisches Risikomanagementsystem

Das Ziel eines umfassenden Risikomanagementsystems im pflegerischen Kernbereich sollte vor diesem Hintergrund mit einer erweiterten Perspektive angegangen werden. Nicht nur pflegerische Assessments, beispielsweise Risikoskalen, sondern vor allem auch Einschätzungssysteme der Ressourcen vor Ort – wie die Umgebung, die Mitarbeiterschaft, die betrieblichen Abläufe und der allgemeine Umgang mit Managementsystemen – müssen in die genauere Betrachtung mit einbezogen werden.

Der Nutzen liegt auf der Hand: Durch die Erweiterung der Perspektive bietet sich die Möglichkeit, frühzeitiger Risiken erkennen zu können und dies ermöglicht so gleichzeitig einen besseren Umgang mit eben solchen. Das Risikomanagement im Pflegebereich darf daher nicht ausschließlich über pflegespezifische Systeme ergründet werden. Dennoch ist zu konstatieren, dass die Bewertung der Dimensionen durch eine oder mehrere Personen auch wiederum risikoreich ist: Interpretationstendenzen sind dabei nicht auszuschließen.

Kapitel 2 // Grundlagen

2.1 Risiko

Der Begriff Risiko ist eine Entlehnung aus dem italienischen (risico, risco) des frühen 16. Jahrhunderts aus der kaufmännischen Terminologie. Er ist gleichbedeutend mit den Bezeichnungen Wagnis oder Gefahr (vgl. Görner und Kempcke 1974). Risiko kann zum einen den negativen Ausgang einer Unternehmung ausdrücken, der mit Nachteilen, Verlusten oder Schäden in Verbindung steht. Es kann aber auch ein Vorhaben darstellen, welches mit einem Wagnis verbunden ist, das auf sich genommen wird (vgl. Dudenredaktion 2014). Eine weitere Definition umfasst einen „möglich[en] negativ[en] Ausgang bei einer Unternehmung, mit dem Nachteile, Verlust [oder] Schäden verbunden sind“. Diese Definition ist besonders in Hinsicht auf die Schwerpunkte des Risikomanagements im Gesundheitswesen von Bedeutung (Dudenredaktion 2014, S. 14-58). Risiko hat also grundsätzlich zwei Bedeutungen. Der Normenausschuss Qualitätsmanagement, Statistik und Zertifizierungsgrundlagen (NQSZ) beschreibt Risiko zudem als „Auswirkung von Ungewissheit auf ein erwartetes Ergebnis“ (DIN EN ISO 9001 2014, S. 12). Dabei kann eine Auswirkung eine Abweichung im negativen als auch im positiven Sinne bedeuten. Ungewissheit wird dabei mit fehlenden Informationen über das Ereignis, seine Folgen und möglichen Eintrittswahrscheinlichkeiten assoziiert (vgl. DIN EN ISO 9001 2014). Im Gesundheitswesen, vor allem im Bereich des Krankenhauswesens, werden Leistungen größtenteils durch multiprofessionelle Teams erbracht. Eine stets identische Dienstleistung kann nicht gewährleistet werden, da sowohl Leistungserbringer als auch Leistungsempfänger Menschen sind und durch verschiedene physische und psychische Faktoren beeinflusst werden. Die Behandelnden sind außerdem abhängig von zahlreichen technischen Gegebenheiten, deren Funktionsfähigkeit zu jeder Zeit sichergestellt sein muss. Damit stellen die Arbeit am Bewohner und der gewünschte Erfolg stets ein Wagnis dar, dessen Ziel es ist, einen negativen Ausgang zu verhindern. An diese Stelle tritt das Risikomanagement, es soll Wagnisse sicherer machen und negative Ausgänge verhindern.

Risikoarten

Es gibt verschiedene Arten von Risiken. Exemplarisch werden die systembezogenen Risikoarten erläutert. Dies ist sinnvoll, da grundsätzlich ein systematischer Ansatz und eine ganzheitliche Betrachtung des Systems, sowohl hinsichtlich eines Unternehmens als auch bezüglich der Fehlerbetrachtung, verfolgt werden. Abbildung 1 verdeutlicht, dass systembezogene Risikoarten in externe, institutionelle und strukturelle Risiken aufgegliedert werden können. Externe Risikofaktoren sind wiederum in Risiken des Makro- und des Mikrosystems zu trennen. Zu den externen Risikoarten des Makrosystems zählen soziokulturelle, politisch-rechtliche, ökonomische, technologische und ökologische Risikofaktoren. Risiken des Mikrosystems sind beispielsweise Wettbewerber, Lieferanten, Abnehmer – einfacher gesagt die five forces von Porter. Zu den institutionellen Risiken gehören die Trägerstruktur und die Rechtsform sowie die Unternehmensgröße. Interne Risiken, die u. a. strukturelle Risiken beinhalten, finden sich in Potenzial-, Prozess- und Ergebnisrisiken wieder. Die Ressourcen des Unternehmens stellen die Potenzialrisiken dar, dabei spielen Personal und Sachmittel eine große Rolle. Deren Risiken entstehen u. a. durch eine unzureichende qualitative und quantitative Personalausstattung, Mängel in der bereitgestellten Infrastruktur sowie der Einrichtung, Ausstattung und Betriebsfähigkeit. Die Gesamtheit aller Aktivitäten der Dienstleistungserstellung im weiteren Sinne bilden Prozessrisiken. Diese werden in Kern- und Supportprozesse sowie Managementprozessrisiken aufgeteilt, welche die Unternehmensführung, das Controlling oder das Qualitätsmanagement beeinflussen können. Den Abschluss bilden die Ergebnisrisiken, welche sich beispielsweise in Imagerisiken ausdrücken (vgl. Oswald und Henrichs 2011).

Abbildung 1: Systembezogene Risikoarten

(Quelle: Eigene Darstellung)

Risikomanagement und Risikomanagementsystem

Bei der Analyse des Begriffs Risikomanagement liegen je nach Betrachtungsweise verschiedene Definitionen vor, da abhängig von der eingenommenen Blickrichtung unterschiedliche Aspekte im Fokus stehen (vgl. Kahla-Witzsch 2005). Definitionen, bei denen eher betriebswirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stehen, beschreiben Risikomanagement als „spezielle Managementmethode, die die Situation des Unternehmens hinsichtlich Finanz-, Betriebs- und Haftungsrisiko analysiert und entsprechende Maßnahmen vorschlägt“ (Schrappe 2010, S. 389). Im Vergleich dazu beschreibt die juristische Definition Risikomanagement als „Prozessanalyse mit dem Ziel, Risikosituationen mit möglichen haftungsrechtlichen Konsequenzen aufzudecken und zu vermeiden“ (Schrappe 2010, S. 389). Die juristische Definition ist aufgrund ihrer eingenommenen Blickrichtung eher auf haftungsrechtliche Konsequenzen ausgerichtet, greift allerdings zu kurz, da lediglich Schäden und Verschulden im Mittelpunkt stehen. Risiken sind jedoch vielfältig und entstehen auch losgelöst von rein haftungsrechtlichen Fragen. Für das Gesundheitswesen passend ist daher die folgende Definition: „Managementmethode, die das Ziel hat, in einer systematischen Form Fehler und unerwünschte Ereignisse zu erkennen, zu analysieren und zu vermeiden“ (Schrappe 2010, S. 389). Dazu zählt ebenfalls die Ergreifung von Maßnahmen zur Bewertung der kontinuierlichen Wirksamkeit (vgl. Kahla-Witzsch 2005). Diese Definition beschränkt sich nicht auf einzelne Risikobereiche und macht zudem den präventiven Charakter des Risikomanagements deutlich, ohne dabei eine Ex-post Betrachtung außer Acht zu lassen.

Setzt man den Begriff Systematik in Zusammenhang mit dem Begriff des Risikomanagementsystems, ist eine Definition aus der Biologie passend, die sie als Wissenschaft von der „Vielfalt der Organismen mit ihrer Erfassung in einem System“ beschreibt (Duden online 2015, o.S.). Risikomanagement sollte also ein umfassendes System sein und nicht nur einzelne Bereiche streifen, sondern die verschiedenen Sichtweisen innerhalb eines Systems abbilden. Außer Acht gelassen werden darf dabei nicht die weitere Bedeutung des Substantivs System an sich, das als „planmäßige, einheitliche Darstellung“ definiert wird (Duden online 2015, o.S). Es ist daher zum einen wichtig, verschiedene Blickweisen einzunehmen, zum anderen sollte aber auch systematisch, das bedeutet in diesem Fall geplant, gezielt und strukturiert vorgegangen werden.

Ausrichtungen des Risikomanagements

Wie bereits umschrieben, gibt es verschiedene mögliche Betrachtungsweisen, aus denen heraus Risikomanagement betrieben werden kann. Im Folgenden sollen die verschiedenen Arten des Risikomanagements für einen kurzen Überblick genauer skizziert werden.

Betriebswirtschaftliches Risikomanagement

Das betriebswirtschaftliche Risikomanagement wird vor allem durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) reguliert, welches Aktiengesellschaften die Einrichtung eines Überwachungssystems vorschreibt. Zweck dessen ist die Sicherstellung des Fortbestandes der Gesellschaft durch Früherkennung gefährdender Entwicklungen. Risikofrüherkennungssysteme müssen ebenfalls für Tochterunternehmen etabliert werden, wenn bestandsgefährdende Auswirkungen auf das Mutterunternehmen bestehen. Das KonTraG besitzt eine Ausstrahlungsfunktion, die u. a. auch Krankenhäuser, beispielsweise bei der Gesellschaftsform einer GmbH, dazu verpflichtet, ein Risikofrüherkennungssystem einzuführen. Gemäß § 43 Abs. 1 und 2 GmbHG und § 93 Abs. 1 und 2 AktG kann eine Missachtung der Vorschriften zur persönlichen Haftung der Unternehmensleitung führen (vgl. Hagg und Görtz 2011). Die Ausstrahlung ist abhängig von der Größe des Unternehmens. Aufgrund der Vielzahl auch „kleiner“ Leistungsanbieter (Pflegeheime, Pflegedienste) wird auf das wirtschaftliche Risikomanagement, vor allem mit Blick auf das KonTraG, nicht näher eingegangen.

Juristisches Risikomanagement

Des Weiteren kann Risikomanagement auch aus einer juristischen Sichtweise betrachtet werden. Ulsenheimer et al. beschreibt Risikomanagement als Früherkennung von Gefahrenzuständen durch systematische Fehlersuche und Schadensuntersuchung, die nicht nur medizinische, sondern auch – und vor allem – juristische, organisatorische, technische, bauliche und sonstige haftungsrechtliche Aspekte in den Blick nimmt (Ulsenheimer et al. 1996, S. 1280).

Dabei ist vor allem eine ganzheitliche Betrachtung der Haftung in allen Bereichen sinnvoll.

Klinisches Risikomanagement

Bei der Analyse des Themas Risikomanagement fällt auf, dass Selbiges im Bereich des Gesundheitswesens in der Literatur meist als klinisches Risikomanagement verstanden wird. Synonyme sind u. a. medizinisches oder patientenorientiertes Risikomanagement. Ziel dessen ist die Optimierung der Patientensicherheit (vgl. Holzer et. al. 2004). Spezifischer gesagt handelt es sich dabei um ein Präventionssystem, das die Reduktion von Risiken und dabei die ständige Verbesserung der Behandlungsqualität und der Patientensicherheit im Auge hat. Ebenso dient es der Abwehr ungerechtfertigter Anspruchsstellungen durch den Patienten (vgl. Führing 2004, zitiert nach Kahla-Witzsch 2005). An dieser Stelle gibt es einen Schnittpunkt zum juristischen Risikomanagement. Es betrachtet Strukturen, Prozesse und Ergebnisse aus bereits intern oder in vergleichbaren Einrichtungen eingetretenen Schadensereignissen. Ziel ist die Identifizierung und Bewertung potenzieller Risiken und die Umsetzung präventiver Maßnahmen (vgl. Kahla-Witzsch 2005).

Neben den drei bereits genannten Ausrichtungen des Risikomanagements gibt es noch weitere Betrachtungsweisen, wie unter anderem mitarbeiterorientiertes Risikomanagement oder Business Continuity Management (vgl. Hellmann 2010). Auf die Erläuterung dieser wird aufgrund des Umfangs des Publikationszuschnitts verzichtet.

Aufgrund der bereits angerissenen Schnittstellen der unterschiedlichen Ausrichtungen des Risikomanagements ist eine einseitige Betrachtungsweise von Selbigem nicht sinnvoll. Vielmehr ist eine ganzheitliche Ausrichtung des Risikomanagements anzustreben, um den langfristigen Erhalt eines Unternehmens zu sichern (vgl. Hellmann 2010).

2.2 Risikomanagement im gesetzlichen Kontext

Risikomanagement wird stark von gesetzlichen Vorschriften beeinflusst, daher wird im Weiteren ein Auszug der wichtigsten gesetzlichen Rahmenbedingungen vorgestellt. Dazu zählt u. a. das Patientenrechtegesetz (PatRG) und damit einhergehend die Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sowie im Bereich der sozialen Krankenversicherung (SGB V). Neben der Darstellung des Patientenrechtegesetzes findet ein Anriss der vertraglichen und deliktischen Haftung statt, um Haftungsabgrenzungen vornehmen zu können und das Bewusstsein für mögliche Haftungskonsequenzen zu stärken. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis ähnliche Normierungen im SGB XI angelangt sind.

Die Situation in Krankenhäusern/Patientenrechtegesetz innerhalb des BGB

Am 26. Februar 2013 ist das Patientenrechtegesetz (PatRG) als Artikelgesetz in Kraft getreten, welches Änderungen bei geltenden Gesetzen vornimmt sowie diese um neue Vorschriften ergänzt. Änderungen finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V), der Patientenbeteiligungsverordnung (PatBeteiligungV) und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Viele Regelungen des PatRG wurden zuvor über das Richterrecht begründet (vgl. Wenzel 2014). Im Kern des PatRG steht die Einführung des Behandlungsvertrages und des Arzthaftungsrechts in das BGB, welche sich in den §§ 630a-h BGB wiederfinden. Des Weiteren ist eine Verbesserung der Fehlervermeidungskultur, eine Erweiterung der Verfahrensrechte bei Behandlungsfehlern als auch die Stärkung von Rechten gegenüber den Leistungsträgern und die Stärkung der Patientenbeteiligung beabsichtigt (vgl. Thole und Schanz 2013).

§ 630a BGB Vertragstypische Pflichten des Behandlungsvertrages und § 630b BGB anwendbare Vorschriften

Ein Behandlungsvertrag ist ein Dienstvertrag privatrechtlicher Natur. Derjenige, der den Vertrag abschließt, schuldet dem Patienten eine Dienstleistung, im engeren Sinne eine medizinische Behandlung. Der Patient schuldet dem Vertragspartner im Gegenzug die Vergütung. Derjenige, der den Vertrag abschließt und somit die Leistung zusagt, kann ein Arzt (bspw. Belegarzt) oder aber eine Klinik sein. Des Weiteren hat „die Behandlung […] nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist“ (§ 630a BGB Abs. 2). Das bedeutet, dass Abweichungen von Leitlinien der Fachgesellschaften oder anerkannter Regelungskodizes für die Diagnose und Behandlung begründet werden müssen. Ärzte und Kliniken müssen sich daher über die aktuellen Leitlinien informieren. Bei Klärung eines Behandlungsfehlers ist nach Wenzel, der einen Leitfaden für die Interpretation des PatRG entwickelt hat, daher folgende Frage zu stellen:

Hat der Arzt unter Einsatz der von ihm zu fordernden medizinischen Kenntnisse und Erfahrungen im konkreten Fall unter primärer Beachtung des allgemein anerkannten Standards vertretbare Entscheidungen über die diagnostischen sowie therapeutischen Maßnahmen getroffen und diese Maßnahmen sorgfältig durchgeführt? (Wenzel 2014, S. 35).

Der medizinische Standard beinhaltet, wenn im Gesetz auch nicht ausdrücklich erwähnt, ebenfalls einen organisatorischen Standard, da dieser den medizinischen umgehend beeinflusst (vgl. Wenzel 2014).

Da der Behandlungsvertrag als Dienstvertrag eingestuft wird, gelten für diesen auch die Regelungen aus dem allgemeinen Dienstvertragsrecht. Wichtig ist an dieser Stelle die höchstpersönliche Leistungserbringung, d. h. der Behandelnde unterliegt der persönlichen Leistungserbringungspflicht (vgl. § 613 BGB). Veranlasst er hingegen die medizinischen Leistungen, delegiert diese an also Dritte, so ist die höchstpersönliche Leistung dieses Dritten sicherzustellen. Die Verantwortung bleibt bei dem zur Leistung Verpflichteten, auch bei der Delegation von Selbiger (vgl. Wenzel 2014). Die Leistungserbringung im Sektor des SGB XI (Pflegeheime, Pflegedienste) findet im Lichte dessen unter denselben Prinzipien, jedoch unter differenten Paragrafen die gleiche Anwendung.

§ 630c BGB Mitwirkung der Vertragsparteien, Informationspflichten

Die Aufforderung „Behandelnder und Patient sollen zur Durchführung der Behandlung zusammenwirken“ stellt den ersten Absatz des Paragrafen dar und macht deutlich, dass es ein Miteinander zwischen Patient und Behandelndem