Royal Lies - Geneva Lee - E-Book

Royal Lies E-Book

Geneva Lee

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Beschreibung

Die große ROYAL-Saga von Geneva Lee: Über 1 Millionen verkaufte Bücher der SPIEGEL-Bestsellerreihe im deutschsprachigen Raum!

Clara & Alexander – Ihre Liebe ist in Gefahr, doch sie wird um sie kämpfen …
Band 9 der großen, unvergesslichen ROYAL-Saga …

Claras und Alexanders Liebe wurde auf eine harte Probe gestellt. Clara weiß nicht, ob sie Alexander all die Lügen und Geheimnisse verzeihen kann. Sie ist schon lange nicht mehr das unschuldige Mädchen von damals, als sie sich kennenlernten und verliebten. Sie ist jetzt eine Königin und muss nicht mehr beschützt werden. Doch jede Familie hat ihre Geheimnisse, die königliche mehr als alle anderen. Und eines davon könnte dem jungen Paar endgültig zum Verhängnis werden ...

Die gesamte ROYAL-Saga von Geneva Lee


Clara und Alexander:
Band 1 – Royal Passion
Band 2 – Royal Desire
Band 3 – Royal Love

Bella und Smith:
Band 4 – Royal Dream
Band 5 – Royal Kiss
Band 6 – Royal Forever

Clara und Alexander – Die große Liebesgeschichte geht weiter:
Band 7 – Royal Destiny
Band 8 – Royal Games
Band 9 – Royal Lies
Band 10 – Royal Secrets

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 420

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Buch

Claras und Alexanders Liebe wurde auf eine harte Probe gestellt. Clara weiß nicht, ob sie Alexander all die Lügen und Geheimnisse verzeihen kann. Sie ist schon lange nicht mehr das unschuldige Mädchen von damals, als sie sich kennenlernten und verliebten. Sie ist jetzt eine Königin und muss nicht mehr beschützt werden. Doch jede Familie hat ihre Geheimnisse, die königliche mehr als alle anderen. Und eines davon könnte dem jungen Paar endgültig zum Verhängnis werden …

Autorin

Geneva Lee ist eine hoffnungslose Romantikerin und liebt Geschichten mit starken, gefährlichen Helden. Mit der »Royal«-Saga, der Liebesgeschichte zwischen dem englischen Kronprinzen Alexander und der bürgerlichen Clara, traf sie mitten ins Herz der Leserinnen und eroberte die internationalen Bestsellerlisten im Sturm. Geneva Lee lebt zusammen mit ihrer Familie im Mittleren Westen der USA.

Geneva Lee ist online zu finden unter:www.genevalee.com, www.facebook.com/genevaleeauthor

Von Geneva Lee bereits erschienen

Secret Sins – Stärker als das Schicksal

Die Royal-Saga

Royal Passion (01) • Royal Desire (02) • Royal Love (03) • Royal Dream (04) • Royal Kiss (05) • Royal Forever (06) • Royal Destiny (07)

Die Love-Vegas-Trilogie

Game of Hearts (01) • Game of Passion (02) • Game of Destiny (03)

Die Girls-in-Love-Reihe

Now and Forever – Weil ich dich liebe (01) • Now and Forever – Mein größter Wunsch bist du (E-Book-Kurzgeschichte) • With or Without You – Mein Herz gehört dir (02) • Next to You – Du bist mein größtes Glück (03)

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GENEVA LEE

RomanBand 9

Deutsch von Charlotte Seydel

Die Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »Claim Me« bei Ivy Estate, New York.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright der Originalausgabe © 2019 by Geneva Lee

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2020 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Susann Rehlein

Umschlaggestaltung: © Johannes Wiebel | punchdesign, unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com (LANTERIA; Pacrovka)

JaB · Herstellung: sam

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-25735-4V003www.blanvalet.de

Für Josh,dem mein Herz gehört

1

Clara

Das Knarren der Tür machte die Krankenschwester auf Alexanders Ankunft aufmerksam, doch ich hatte sein Kommen schon lange davor gespürt. Bereits vor einer Stunde hatte ein Kribbeln meinen Körper erfasst, und kurz vor seinem Eintreffen überlief eine Gänsehaut meine Arme. Nur Augenblicke bevor sich die Tür öffnete, war mir ein Schauer über den Rücken gelaufen. Mein Körper reagierte auf seine Anwesenheit wie die Luft auf einen aufkommenden Sturm.

Doch heute war nicht Alexander der Überlegene. Sondern ich.

Ich wandte mich nicht nach ihm um. Nicht, weil ich mich nicht traute, ihm unter die Augen zu treten, vielmehr weigerte ich mich, ihn anzusehen. Also hielt ich den Blick weiter auf die Frau gerichtet und schloss kurz die Lider, als ich ihn sprechen hörte.

»Ich habe keine Geheimnisse vor meiner Frau.«

Hätte ich die Kraft dazu gehabt, hätte ich laut aufgelacht. Schon wieder eine Lüge. Es fiel mir zunehmend schwerer zu entscheiden, was ich mehr verabscheute, die Lügen oder die Geheimnisse, wobei dazwischen mittlerweile kein großer Unterschied mehr zu bestehen schien.

Sie sah auf und ließ Alexanders Worte auf sich wirken, dann sprang ihr Blick wieder zu mir. Allmählich setzte sie die Puzzleteilchen zusammen. Ich hatte ihr nicht erklärt, wer ich war. Es hätte sich irgendwie falsch angefühlt, wenn ich diejenige gewesen wäre, die es ihr erzählte. Sie hatte so große Teile von Alexanders Leben verpasst. Wie hätte ich ihr sagen sollen, dass ich Alexanders Frau war? Dass wir ein gemeinsames Kind hatten und ich erneut guter Hoffnung war? Es galt, ganze Jahre aufzuholen, und ich hatte meine Beziehung zu ihr damit begonnen, ihr nicht die Wahrheit zu sagen.

Vielleicht waren mein Mann und ich gar nicht so verschieden.

Andererseits hatte ich nicht viel Zeit gehabt, ihr überhaupt etwas mitzuteilen, bevor Alexander eintraf. Zunächst war die Krankenschwester in Panik geraten und hatte hektisch die Vitalfunktionen überprüft. Ich war zur Seite getreten und nicht weiter beachtet worden. Dann war der Arzt gekommen. Daher hatte ich nur wenige Minuten alleine mit ihr verbracht, und sie hatte bloß eine einzige Frage gestellt.

»Wo ist meine Familie?«

Ich hatte ihr geantwortet, dass Alexander auf dem Weg sei. Ich wusste, dass er mich finden würde, in dieser Hinsicht war stets Verlass auf ihn. Danach hatte sich peinliches Schweigen über den Raum gelegt. Ich hatte ihr meinen Namen genannt und gesagt, ich sei eine Freundin der Familie.

Als Alexander aufklärte, wer ich tatsächlich war, starrte sie mich nur weiter an.

»Frau?«, sagte sie mit brüchiger Stimme, die vom jahrelangen Schweigen geschwächt war. Doch das schmerzvolle Zittern, das dieses eine Wort begleitete, hatte nichts mit Schwäche zu tun. Ich brachte es nicht über mich, sie anzusehen und in die dunkle Leere ihrer Augen zu blicken.

Also nickte ich nur. Ich konnte das nicht. Es musste einen Grund geben, warum er mir das hier verheimlicht hatte, und zu gegebener Zeit würde ich Erklärungen von ihm verlangen. Doch jetzt wollte ich nur hier weg. Bei dieser Familienzusammenführung war ich fehl am Platz. Sie war mir ebenso fremd wie ich ihr. Dafür hatte Alexander gesorgt.

Ich stand auf und zwang mich zu einem schmalen Lächeln. »Entschuldigt mich bitte.«

Ich ging schnell, um mir keine Gelegenheit zu geben, es mir anders zu überlegen. Ich musste hier raus, musste weg von ihm. Ich musste in Ruhe nachdenken.

Als ich an ihm vorbeikam, streckte Alexander die Hand nach mir aus, doch ich wich zur Seite aus und schüttelte den Kopf. Sogar jetzt, in diesem Moment, musste ich gegen meinen Körper ankämpfen, der mich zu ihm drängte. Er hatte in aller Schnelle eine Jeans und ein T-Shirt übergeworfen, die seinen kräftigen Körperbau betonten. Auf seinem Kinn lag ein Bartschatten, und sein schwarzes Haar war zerzaust. Dies war der Mann, neben dem ich aufgewacht wäre, hätte ich nachts nicht das Bett verlassen. Wir hätten uns geliebt, und fast konnte ich das Kratzen seiner Bartstoppeln auf meinen Schenkeln spüren. Stattdessen war ich hergekommen, hatte in die dunklen Abgründe seiner Vergangenheit geblickt und die Verfehlungen gesehen, denen wir anscheinend nie entkommen konnten. Das war es, was mich jetzt von ihm fernhielt.

»Clara«, bat er mit hohler Stimme, und in seinen blauen Augen war Reue zu lesen. Er sagte kein weiteres Wort, als ich zur Tür ging. Er versuchte nicht, mich aufzuhalten.

Wir wussten beide, dass es nichts gab, was er hätte sagen können. Ich war der Meinung gewesen, er habe alles mit mir geteilt – seinen Körper, sein Herz, seine Seele. Ich hatte mich geirrt.

2

Alexander

»So kann das nicht weitergehen«, sagte Norris bestimmt. In letzter Zeit war mein zuverlässiger Freund und Berater zu meiner persönlichen Weckuhr geworden. Er musterte mich prüfend und ließ seinen Blick über meine hochgekrempelten Ärmel und das zerknitterte Hemd streifen. Meine Krawatte lag verlassen auf dem Fußboden, das Sakko von gestern hing über der Rückenlehne meines Stuhls.

Ich hatte seit Jahren nicht mehr allein geschlafen, und da Clara sich weigerte, zu mir ins Ehebett zu kommen, war ich dazu übergegangen, im Büro zu übernachten. Norris kam die inoffizielle Aufgabe zu, mich rechtzeitig zu wecken, bevor die morgendlichen Audienzen begannen.

Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr und war erstaunt, dass er heute etwas spät war. Norris hatte sich bereits kritisch dazu geäußert, wie ich die Situation mit meiner Frau handhabte. »Können wir die Vorhaltungen auf später verschieben? Ich sollte noch kurz duschen, bevor ich irgendwelchen wichtigen Leuten gegenübertrete.«

Angesichts meiner leichtfertigen Antwort zog Norris missbilligend eine Augenbraue hoch. Es war müßig, so zu tun, als wäre der Großteil meiner Meetings nicht nur reine Formsache. Man erwartete lediglich von mir, dass ich etwaige Anliegen je nach Situation akzeptierte oder ablehnte. Man wollte meine Meinung hören, und ich musste gemeinnützige Initiativen unterstützen. Meine Aufgabe war es, den gütigen König zu spielen. Alles, was darüber hinausging, hätte bedeutet, meinen Handlungsspielraum zu überschreiten – das zumindest hatte das Parlament mir in den letzten Wochen klargemacht. Die Haltung der Abgeordneten mir gegenüber war zweifellos auf Absprachen zurückzuführen, die mein Vater und vor ihm sein Vater getroffen hatten. Die Monarchie war Schritt für Schritt modernisiert worden, was meines Erachtens bedeutete, dass die Verantwortung des Königshauses auf andere abgewälzt wurde. Ich war an die Grenzen der vor meiner Regentschaft vereinbarten Abmachungen gestoßen. Nun wurde immer klarer, dass sich etwas ändern musste. Und ich würde nicht derjenige sein, der nachgab – nicht solange die Sicherheit meiner Familie auf dem Spiel stand. Das war der einzige Grund, weshalb ich morgens überhaupt noch aufstand und diese verdammten Audienzen über mich ergehen ließ. Ich musste so tun, als würde ich das Spiel mitspielen. Zumindest vorerst.

»Die heutigen Meetings sind das kleinste deiner Probleme. Das Personal tuschelt bereits.« Er zog seinen Krawattenknoten zurecht, es schien ihm unangenehm zu sein, dieses Thema zur Sprache zu bringen.

»Das Personal tuschelt immer«, entgegnete ich und strich mir durchs Haar. Ich hatte von klein auf gelernt zu akzeptieren, dass die Wände Augen und Ohren hatten. Nur ein winziger Teil dessen, was ich hinter den Palastmauern tat und sagte, blieb geheim. Manchmal fragte ich mich, ob mein Schlafzimmer vor fremden Blicken sicher war.

»Das stimmt, doch früher oder später wird jemand der Presse stecken, dass deine Ehe in Schwierigkeiten ist.«

Bei seinen Worten zuckte ich zusammen. So, wie er das sagte, klang es furchtbar. Insbesondere, da Norris Probleme mit einer Genauigkeit einzuschätzen vermochte, die nur wenigen Menschen gegeben war. Wenn er seine Analysen mit nüchternen Worten paarte, war es noch schwerer zu ignorieren, dass er recht hatte.

Aber das wollte ich ihm gegenüber keinesfalls zugeben. »Wir haben nur ein bisschen Stress.«

Norris stellte diese Aussage nicht in Frage, doch sein Schweigen sprach Bände, als er sich mir gegenüber in den Sessel setzte. Einer von uns beiden war im Recht. Ich wusste genau, wer das war. Auch wenn ich versuchte, Norris anzulügen, mir selbst konnte ich nichts vormachen. Hier ging es nicht um ein bisschen Stress.

»Ich muss dich wohl kaum daran erinnern, dass wir uns in einer heiklen Lage befinden«, sagte er und wechselte damit zu einem Thema, das mir nicht weniger unangenehm war. »Früher oder später werden wir eine öffentliche Erklärung abgeben müssen. Und es wäre besser, wenn diese nicht gleichzeitig mit der Nachricht erschiene, dass Clara und du in getrennten Schlafzimmern übernachtet.«

Vielleicht hatten wir gar nicht das Thema gewechselt.

»Ich möchte sie nicht drängen«, antwortete ich leise.

»Sie wird dich nicht verlassen.«

Ich atmete scharf ein und schüttelte den Kopf. Wie konnte er sich dessen so sicher sein? Ich hatte keine Aristokratin mit untadeliger Erziehung geheiratet, die auf ihren Rang und ihren Ruf in der Öffentlichkeit Rücksicht nahm. Meine Ehe war nicht politisch motiviert gewesen. Wir hatten aus Liebe, Vertrauen und Leidenschaft geheiratet, und nun hatte ich alles vermasselt.

»Sie vertraut mir nicht mehr.« Es auszusprechen fühlte sich an, als müsse mir das Herz in der Brust zerreißen.

»Sie wird wieder Vertrauen fassen, wenn du vielleicht mal mit ihr sprichst«, entgegnete er spitz.

»Ich weiß. Doch dazu muss ich erst einmal die Gelegenheit bekommen.« In Wahrheit hatte ich mich nicht sonderlich darum bemüht. Normalerweise endeten unsere Streitigkeiten in wütendem, fast gewaltsamem Sex, doch ich vermutete, dass das diesmal nicht der Fall sein würde. Ich hätte mich schon glücklich geschätzt, wenn sie überhaupt eine Berührung zuließe. »Warum habe ich es ihr nicht erzählt?«

»Das weiß ich nicht«, sagte er schwermütig, als habe er sich das auch schon gefragt.

Ich schluckte. Ich war mir nicht sicher, ob ich bereit war, ihm alles zu erzählen. Norris kannte mich gut und hatte schon in schlimmeren Situationen an meiner Seite gestanden. Trotzdem fiel es mir schwer, ihm die ganze Wahrheit zu sagen. »Um ehrlich zu sein, ist es mir einfach nie in den Sinn gekommen.«

Norris schwieg, nur ein kurzes Zucken seines Kiefermuskels verriet, dass er mich gehört hatte. Etwas in mir wünschte, er würde mich beschimpfen, mich anschreien, mich in irgendeiner Weise bestrafen.

»Hast du nichts dazu zu sagen?«, drängte ich ihn. Jetzt, wo ich es ausgesprochen hatte, fühlte es sich schlimmer an, als ich mir das vorgestellt hatte.

»Was ist dir nicht in den Sinn gekommen?« Norris stieß jedes seiner Worte durch zusammengebissene Zähne hervor, er kannte die Antwort bereits.

»Mir ist nicht in den Sinn gekommen, Clara zu erzählen, dass …« Ich vergrub das Gesicht in den Händen und konnte mich nicht überwinden weiterzusprechen. Ich hatte keine Ahnung, was es über meinen Charakter aussagte, dass ich meiner Frau dieses Geheimnis gar nicht bewusst verschwiegen, sondern es insgesamt einfach verdrängt hatte. Mir war nicht wichtig gewesen, Clara von ihr zu erzählen, weil die Frau in jenem Zimmer für mich in jeder Hinsicht gestorben war.

Und nun war sie wieder zum Leben erwacht.

Tatsächlich hatte es in den letzten Wochen viele Gelegenheiten gegeben, Clara die ganze Geschichte zu erzählen. Als mein Vater umkam, hatte ich seine Verpflichtungen übernommen, was auch bedeutete, dass Norris mich hin und wieder über ihren Zustand unterrichtete. Mehr aber nicht. Nach einem weiteren Angriff auf meine Familie hatte ich die Sicherheitsmaßnahmen für alle Familienmitglieder erhöhen lassen, auch für sie. Trotzdem hatte ich meiner Frau nichts erzählt. Als Clara das Anwesen von Windsmoor als Hochzeitsgeschenk für Edward vorgeschlagen hatte, hatte sich eine weitere Gelegenheit geboten, endlich reinen Tisch zu machen. Das Leben hatte mir eine Chance nach der anderen serviert, doch ich hatte alle ausgeschlagen. Deshalb war ich der Einzige, dem die Schuld für diese Misere anzulasten war.

»Clara ist dein Leben. Sie hat dir die Möglichkeit gegeben, neu anzufangen, und du hast sie genutzt«, sagte Norris und brach damit das unangenehme Schweigen zwischen uns.

»Das entschuldigt nicht mein Verhalten.«

»Nein. Doch man kann das Vergangene nicht ändern.«

»Was genau die Denkweise ist, die mich in derartige Schwierigkeiten gebracht hat«, murmelte ich.

»Was dich in Schwierigkeiten gebracht hat, ist die Unart, überhaupt nicht nachzudenken«, korrigierte er.

Volltreffer.

»Wenn ich mir eine Anmerkung erlauben darf«, begann er. Ich befürchtete, was immer er zu sagen hatte, würde unangenehm werden. »Ein bisschen Abstand tut dir und Clara ganz gut.«

»Ach ja?« Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück und schüttelte den Kopf. »Es fühlt sich aber schrecklich an. In den vergangenen neun Tagen habe ich sie nicht ein einziges Mal berührt.«

»Ganz genau. Ihr müsst lernen, eure Kommunikation zu verbessern.«

»Unsere Kommunikation ist ausgezeichnet«, blaffte ich zurück.

»Eure Kommunikation ist speziell, aber nicht immer zielführend«, entgegnete er, faltete die Hände im Schoß und sah dabei aus wie ein Geistlicher.

Norris sprach es zwar nicht aus, doch ich wusste genau, was er damit sagen wollte. »Redest du vom Vögeln? Dass wir es zu oft miteinander treiben?«

»Dass du den Geschlechtsverkehr als eine Art der Kommunikation betrachtest, beweist, dass ich recht habe. Ihr müsst mehr miteinander reden.«

»Nun, im Augenblick will sie weder mit mir reden noch mit mir vögeln«, platzte es aus mir heraus.

»Du solltest dich besser etwas frisch machen«, sagte Norris und wandte seine Aufmerksamkeit geflissentlich dem Fenster zu. Offensichtlich war er nicht bereit, weiter mit mir zu diskutieren. »Dein Tag beginnt bald.«

Ich hatte fast den Eindruck, dass ich auch bei ihm auf der schwarzen Liste stand, nicht nur bei Clara.

Als ich mich zu den Privatgemächern meiner Familie aufmachte, nahm das Personal gerade seine Arbeit auf. Alle gingen mir aus dem Weg. Die Hausmädchen drängten sich an die Wand, knicksten tief und wandten den Blick ab, wenn ich mit einem Nicken an ihnen vorbeiging. Sobald ich ihnen den Rücken kehrte, spürte ich, wie sie mir nachsahen. Norris hatte recht, es musste etwas passieren. Es war nicht zu leugnen, dass etwas nicht stimmte. Die Atmosphäre war aufgeladen, und der ganze Palast schien unter den Streitigkeiten zwischen Clara und mir zu leiden.

Ich hielt an der Tür zum Schlafzimmer inne und hoffte, dies wäre einer der wenigen Glücksmomente, in denen ich sie dort antraf. Allerdings schien Clara meinen Zeitplan genau zu kennen, es gelang ihr fast immer, eine Begegnung mit mir zu vermeiden. Offenbar war das auch Norris aufgefallen, was vermutlich der Grund für sein spätes Erscheinen heute Morgen war. Gewiss war er fest entschlossen, ein Treffen zwischen Clara und mir herbeizuführen. Als ich die Tür öffnete, sah ich, dass unser Bett sorgfältig gemacht war. Entweder waren die Zimmermädchen schon hier gewesen, oder der Raum war über Nacht unbenutzt geblieben. Dass ich überhaupt beide Möglichkeiten erwog, war reines Wunschdenken, tief im Inneren wusste ich, dass Clara nicht hier übernachtet hatte. Ich trat ein, doch meine Beine schienen mir nicht zu gehorchen. Ich ertrug es nicht, mich in der Nähe unseres leeren Bettes aufzuhalten. Also drehte ich mich um und schlich in den Raum auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors.

Gedämpftes Sonnenlicht erfüllte das Kinderzimmer und schien auf den Schaukelstuhl, der in der Ecke stand. Darin saß Clara mit Elizabeth, die quer über ihrer Brust lag, um den Babybauch ihrer Mutter nicht einzuengen. Beim Anblick meiner Frau und meines Kindes stockte mir der Atem. Clara sah wunderschön aus im Schlaf, ihr Gesicht leuchtete im frühen Morgenlicht. Sie hatte ihr dunkles Haar auf dem Kopf zusammengesteckt, und das Nachthemd war über eine ihrer weichen Schultern herabgerutscht. Ich dachte an die Sommersprossen, die sich darauf befanden, und wünschte inständig, meine Lippen auf ihre helle Haut pressen zu können. Doch die dunklen Schatten unter ihren Augen wiesen mich auf ein dringlicheres Problem hin. Hatte sie womöglich die ganze Nacht hier verbracht?

Leise durchquerte ich den Raum und hob Elizabeth aus den Armen ihrer Mutter. Beide zuckten zusammen, wachten jedoch nicht auf.

Sanft wiegte ich mein kleines Mädchen, trug sie zu ihrem Kinderbett und legte sie vorsichtig hinein. Als es mir gelang, die Hände unter ihrem Körper herauszuziehen, ohne sie zu wecken, atmete ich erleichtert auf.

Einen Augenblick blieb ich vor dem Bettchen stehen und betrachtete meine Tochter beim Schlafen. Sie hatte keine Ahnung, in welcher Krise sich ihre Eltern befanden, denn das Einzige, was sie kannte, war Liebe. Das war auch das Einzige, was ich ihr je zu kennen erlauben würde. Die Probleme, die zwischen Clara und mir standen, mussten schnellstmöglich aus dem Weg geräumt werden. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass unsere Kinder unter Eltern zu leiden hatten, die sich ständig stritten.

Als ich mich schließlich umwandte, sah ich, dass Clara mich unter schweren Augenlidern hervor beobachtete. Stille breitete sich zwischen uns aus. Es konnte nicht sein, dass dies nun unser Alltag war. Zwei Menschen, die sich nichts zu sagen hatten und sich bei jeder Gelegenheit aus dem Weg gingen. Hatte ich unsere Beziehung bereits unwiederbringlich zerstört? Oder wie zum Teufel konnte ich die Angelegenheit in Ordnung bringen?

Clara setzte sich auf, und ihr Nachthemd rutschte noch weiter herab, sodass ich den Ansatz ihrer Brust sehen konnte. Ich presste die Knie zusammen und zwang mich, nicht zu ihr hinüberzugehen und ihr den Rest der fast inexistenten Kleidung vom Leib zu reißen. Als hätte sie meine Gedanken erraten, zog sie schnell das Negligé zurecht. Fast musste ich lächeln.

In ihrem Gesicht war jedoch kein Anzeichen von Heiterkeit zu entdecken. Als sie schließlich das Wort ergriff, klang ihre Stimme kühl. »Sie zahnt gerade.«

»Warum hast du mich nicht gerufen?«, fragte ich leise, um das schlafende Baby nicht zu wecken. »Du bist doch nicht alleine für sie verantwortlich.«

Clara sah mich mit blitzenden Augen an, und ich merkte, dass ich – wieder einmal – etwas Falsches gesagt hatte. »Du warst nicht in unserem Schlafzimmer. Wie hätte ich da wissen sollen, wo du bist?«

Das war eine Lüge. Sie hatte gar nicht im Schlafzimmer nach mir gesehen und sehr wohl gewusst, wo ich war. Allerdings wollte ich sie keinesfalls provozieren. Sie hatte eine harmlose Lüge geäußert, was mit ihrer Wut über meine Lügen zusammenhing – all jene Lügen, die unsere Beziehung womöglich für immer zerstört hatten.

»Du hast dich um wichtigere Dinge zu kümmern«, gab sie zurück, und ich hörte die Schärfe in ihrer Stimme. Noch bevor ich antworten konnte, stand sie auf, gähnte und taumelte ein wenig.

Ich wusste, was ich nun zu tun hatte – egal ob es ihr gefiel oder nicht. Ich trat zu ihr und hob sie auf die Arme, noch ehe sie realisieren konnte, was vor sich ging. Clara wehrte sich nicht, als ich sie über den Gang zu unserem Schlafzimmer trug. Sie hatte den Arm um meinen Nacken geschlungen, als habe sie Angst zu fallen – was ich niemals zulassen würde. Und ich hätte schwören können, dass sie mit den Fingern sanft über meinen Nacken strich, doch das war wohl erneut meinem Wunschdenken geschuldet.

Ich trug sie zum Bett und fragte mich, wie weit sie mich würde gehen lassen. Doch sie musste sich ausruhen, ich musste ihr Zeit lassen, zu mir zurückzufinden, egal wie sehr es mich quälte, sie allein zu lassen. Ich zog den Überwurf beiseite, ließ sie aufs Bett sinken und betrachtete ihren vollkommenen Körper, während sie sich in die Decken kuschelte.

Ohne nachzudenken, legte ich die Hände um ihr Gesicht und ließ den Daumen über ihre Wange gleiten. Ich wagte es nicht, sie zu küssen, und es kostete mich alle Mühe, den Rest meines Körpers unter Kontrolle zu halten. Mein Daumen wanderte zu ihren vollen Lippen, ich strich darüber und erinnerte mich an ihren Geschmack. Ich vermisste sie. Und ich brauchte sie. Ich musste einen Weg finden, ihr das mitzuteilen.

Ihr Mund öffnete sich leicht, ein Seufzer entfuhr ihren Lippen, doch dann wandte sie das Gesicht ab. Begierig versuchte ich, sie erneut zu berühren. Sie gehörte zu mir, und wenn sie sich nur daran erinnern würde, könnten wir einen Weg aus diesem Schlamassel finden.

»Lass das«, murmelte sie schlaftrunken, wenngleich es mir vorkam, als hielte sie ihre Augen ein wenig zu fest geschlossen.

Ich zog die Hand zurück. Ich konnte es ihr nicht verübeln, dass sie Nein sagte, doch im Gegensatz zu vielen anderen Malen spürte ich, dass sie es diesmal ernst meinte. Es gab keine Möglichkeit, ihre Worte anders zu interpretieren. Als wollte sie das untermauern, drehte sie sich auf die Seite, kehrte mir den Rücken zu und rollte sich zusammen. Etwas in mir wollte sie in die Arme schließen und sie dazu zwingen, mit mir zu reden. Ein noch größerer Teil meiner selbst wollte selbst ins Bett steigen und einfordern, was mir gehörte. Ich bezweifelte zwar, dass sie mich aufhalten würde, doch ich konnte den entschiedenen Klang ihrer Stimme nicht ignorieren. Also zog ich ihr die Decke über den Körper, strich noch einmal sanft mit den Fingern über ihre Schulter und verließ den Raum.

Nun war sie zwar wieder in unserem Bett, doch sie hatte eine Mauer um sich errichtet – unsichtbar, aber deutlich spürbar. Das konnte ich ihr nicht vorwerfen. Ein anständiger Mann würde diese Mauer Stein für Stein abtragen. Ich hingegen hielt nach einer Ladung Dynamit Ausschau.

3

Clara

Gleich nachdem die Krankenschwester die Tür hinter uns geschlossen hatte, wandte Belle mir den sachkundigen Blick der besten Freundin zu.

»Raus damit! Was ist los mit dir und Alexander?«, fragte sie.

Ich zuckte die Achseln und war mir schmerzlich bewusst, dass sie mir keine der Entschuldigungen abnehmen würde, die ich üblicherweise für seine Abwesenheit vorbrachte. Sie wusste nicht, was geschehen war. Das wusste niemand. Ich hatte noch nicht einmal Georgia erzählt, was ich hinter jener verschlossenen Tür vorgefunden hatte, und Georgia hatte auch keine Fragen gestellt. Sie verstand, dass man Zeit zum Verarbeiten des Geschehenen brauchte, wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen worden war. Ein Charakterzug, mit dem Belle nicht gesegnet war.

»Clara«, drängte sie. »Sprich mit mir. Ich mache mir Sorgen.«

»Alles in Ordnung«, log ich und wünschte mir, ich würde überzeugender klingen. Nachdem Alexander mich auf unser Ehebett gelegt und allein gelassen hatte, war es mir nicht gelungen einzuschlafen. Hatte ich gehofft, dass er bleiben würde? Immerhin hatte ich ihn angewiesen, seine Berührungen zu unterlassen. Warum hörte er immer nur dann auf mich, wenn ich das eigentlich gar nicht wollte?

»Blödsinn! Du befindest dich praktisch im Koma, was ich durchaus beurteilen kann, da ich dich schon einmal in einem komatösen Zustand erlebt habe.« Sie verstummte einen Augenblick, und ihre blauen Augen verengten sich. »Dann hast du es ihm also nicht erzählt.«

»Nein«, gab ich eilig zurück, »und das werde ich auch nicht. Aber darum geht es auch gar nicht.«

»Er sollte es aber wissen«, begann sie, doch ich warf ihr einen Blick zu, der sie zum Schweigen brachte.

»Es führt zu nichts Gutem, wenn ich ihm sage, dass mit dem Baby vielleicht etwas nicht stimmt.« Mein Mann mochte mir in vielerlei Hinsicht ein Rätsel sein, doch wie er auf eine derartige Nachricht reagieren würde, wusste ich genau. Ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass er mich ständig umsorgen und zu schützen versuchen würde. Nicht nach allem, was er mir so lange verheimlicht hatte. Sagte ich ihm alles, würde das nur Öl ins Feuer seiner Überzeugung gießen, ich sei zu zerbrechlich für die Welt, in der er lebte.

»Du solltest diese Angelegenheit nicht allein durchstehen müssen.«

»Das muss ich auch nicht«, erinnerte ich sie, »es sei denn, du …«

»Natürlich werde ich an deiner Seite sein«, antwortete sie schnell und ließ sich auf einen Stuhl in der Zimmerecke fallen. »Ich kann nur nicht verstehen, wie du damit umgehst. Ihr beide seid wie eine Achterbahn – rauf und runter und komplett durchgedreht. Manchmal verursacht es mir Schwindelgefühle, euch dabei bloß zuzusehen.«

»Das könnte aber auch mit deiner Schwangerschaftsübelkeit zusammenhängen«, erwiderte ich trocken.

»Nein, das kommt definitiv daher, dass ich euch bei dieser Berg-und-Tal-Fahrt zusehe.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust, wobei ihre Bluse spannte und ich zum ersten Mal die Anzeichen eines Babybauchs bemerkte. »Stress ist weder gut für dich noch für das Kind.«

»Ich weiß«, antwortete ich, atmete tief ein und zwang mich zu einem, wie ich hoffte, beruhigenden Lächeln. »Alles ist gut. Wir haben uns nur ein bisschen gestritten.«

»Stress ist schädlich«, wiederholte sie trotzig.

»Ich hab’s verstanden.« Ich musste dringend das Thema wechseln, denn jetzt war sie diejenige, die mich stresste. »Man sieht inzwischen, dass du schwanger bist.«

Der Trick funktionierte. Sogleich warf Belle sich das blonde Haar über die Schulter und strich mit der anderen Hand zärtlich über die winzige Wölbung. »Ich weiß. Smith lässt mich kaum mehr aus dem Haus.«

»Ist er schon jetzt überfürsorglich?«, fragte ich. Belle gab es zwar nicht gerne zu, doch ich wusste, dass ihr Gatte ein ebenso großer Macho wie meiner war.

»Das nicht, aber anscheinend kann er die Finger nicht von mir lassen«, antwortete sie mit einem Kichern.

»Das kenne ich. Ja, das scheint ein echtes Problem für Männer wie unsere zu sein.«

»Männer wie unsere?«, wiederholte sie.

»Männer vom Typ Höhlenbewohner, die sich gorillaartig auf die Brust hauen. Es gefällt ihnen mindestens ebenso gut, uns schwanger zu sehen, wie sie es genießen, uns in diesen Zustand zu versetzen«, erwiderte ich mit einem echten, wenngleich etwas kläglichen Lächeln. »Alexander wird erst damit aufhören, wenn wir eine ganze Armee beisammenhaben«, plapperte ich, ohne nachzudenken, doch dann erinnerte ich mich daran, dass das gar nicht möglich war. Eine komplizierte Schwangerschaft mochte Zufall sein. Zwei waren ein Zeichen. Ich rang um Atem und blinzelte meine Tränen fort. Ein Haus voller Kinder war keine realistische Zukunftsvision, denn dazu war ich offenbar nicht gemacht.

»Hey«, sagte Belle sanft und setzte sich neben mich. »Wir wissen doch noch gar nicht mit Sicherheit, ob etwas nicht stimmt, und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass …«

»Ein Kaiserschnitt beim ersten Kind mag noch angehen«, schluchzte ich, »aber wahrscheinlich brauche ich wieder einen, falls das Herz des Babys …« Ich konnte diesen Gedanken nicht zu Ende denken. Die Vorstellung, Alexander erzählen zu müssen, dass wir keine weiteren Kinder bekommen konnten, war schlimm genug. Dass unser Baby, das in mir heranwuchs, sterben könnte, mochte ich mir gar nicht vorstellen. Ich wischte die Tränen weg und schämte mich, die Beherrschung verloren zu haben. »Sorry, ich bin nur …«

»… gestresst«, beendete Belle meinen Satz. Es klang nicht vorwurfsvoll. »Clara, was ist los? Möchtest du darüber reden?«

Ich sehnte mich danach, ihr mein Herz auszuschütten und ihr alles zu erzählen, doch das ging nicht. Noch nicht. Nicht solange ich keine plausible Antwort auf die Frage hatte, warum Alexander so vieles vor mir verbarg. Ich wusste noch nicht einmal, ob Edward davon Kenntnis hatte. Solange ich das nicht herausgefunden hatte, durfte ich sein Geheimnis mit niemandem teilen. »Wir streiten uns gerade«, gab ich zu. »Eine ganz normale Sache.«

»Du bist die Königin von England«, bemerkte sie spitz. »Daher bezweifle ich, dass es um ganz normale Dinge geht, aber ich verstehe, wenn du es mir nicht anvertrauen willst.«

Ich biss mir auf die Unterlippe, um zu verhindern, dass mir die Worte entglitten. Belle war meine beste Freundin. Ich erzählte ihr grundsätzlich alles. »Ich würde es dir gerne anvertrauen, aber das kann ich nicht. Noch nicht.«

»So, wie du ihm nichts von den Schwierigkeiten mit dem Baby erzählen kannst?«, fragte sie leise.

Ich öffnete den Mund, um ihr zu erklären, dass das etwas anderes war, doch in diesem Moment klopfte es an der Tür. Belle lächelte mir kurz zu und ging zu ihrem Stuhl in der Ecke zurück. Dann betrat der Arzt den Raum.

»Majestät«, sagte er, und ich musste einen Seufzer hinunterschlucken.

»Clara«, rief ich ihm ins Gedächtnis. Ich fand, jeder Mann, der meinen Unterleib von Nahem gesehen hatte, durfte mich beim Vornamen nennen.

Er nickte und schien zu überlegen, ob er mich tatsächlich mit dem Vornamen anreden sollte, doch ich wusste bereits, wie das enden würde. Das hatte ich schon Dutzende Male während meiner Schwangerschaft mit Elizabeth erlebt. Trotzdem versuchte ich es weiter, denn ich würde mich nie damit abfinden können, eine derartige Sonderrolle einzunehmen. Kein Wunder, dass Alexander so verkorkst war.

»Ich habe mit dem Spezialisten gesprochen, der Sie untersucht hat. Er wollte sich Ihre Patientenakte und die Ultraschalluntersuchungen noch genauer ansehen, bevor er sich äußert«, fuhr er fort und strich mit dem Finger über ein Datenblatt.

»Ja, er hat mir nicht viel gesagt«, antwortete ich und strich mein Kleid glatt. Einerseits hatte ich gehofft, zum jetzigen Zeitpunkt schon viel mehr zu wissen, andererseits war ich nicht hundertprozentig sicher, ob ich überhaupt erfahren wollte, was er mir zu sagen hatte.

»Der Kollege hat eine gewisse Vorsicht walten lassen, in Anbetracht der Tatsache …« Er verstummte, und ich brachte seine Rede innerlich zu Ende: in Anbetracht der Tatsache, wer ich war, oder besser, wessen Kind ich austrug. Er öffnete eine Akte und zog ein Schwarzweißfoto heraus. Dann trat er auf mich zu und hielt mir ein Bild hin. Dabei zeigte er auf eine Stelle, die digital eingekreist worden war. »Das ist die Trikuspidalklappe Ihres Babys. Sie verbindet die rechte Herzkammer mit dem rechten Vorhof. Es ist zwar noch zu früh, endgültige Aussagen zu treffen, doch es scheint, als sei sie ein wenig zu schmal.«

Das Herz sackte mir weg, während ich versuchte zu begreifen, was er mir sagen wollte. »Was geschieht, wenn sie zu schmal ist?«

»Das Blut Ihres Babys hat Schwierigkeiten, aus dem Herzen zur Lunge zu gelangen. In den meisten Fällen kann man über Arzneimittel die Gefäßverbindung des Ductus Arteriosus offen halten. Normalerweise schließt sich die Klappe, sobald ein Baby von selbst zu atmen beginnt.«

Ich brachte keinen klaren Gedanken zustande, zu viele Fragen schwirrten mir im Kopf herum. Hilfesuchend sah ich zu Belle und bemerkte erst jetzt, dass ich zu weinen begonnen hatte und mir heiße Tränen über die Wangen flossen.

»Dann halten wir die Verbindung also mit Arzneimitteln offen«, schaltete sich Belle in das Gespräch ein und nickte mir zu. Ich dankte dem Himmel dafür, eine beste Freundin zu haben. »Und was passiert dann?«

»Das hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Wahrscheinlich benötigt das Baby kurz nach der Geburt einen chirurgischen Eingriff. Wir werden die Lage sehr genau beobachten, Maj…«, ich schoss ihm einen Blick zu, er haderte einen Moment, dann besann er sich, »… Clara.«

Belle sah mich an, und ich bemerkte, dass sie nicht sicher war, ob sie etwas sagen sollte. Als sich unsere Blicke trafen, wusste ich, dass sie sich dieselbe Frage stellte wie ich und nicht wagte, sie auszusprechen. Das sollte sie auch nicht, das musste ich tun. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter und zwang mich, die Frage selbst zu stellen. »Wie gut stehen die Chancen für das Baby?«

»Sehr gut«, antwortete er hastig. »Es ist ein großes Glück, dass wir den Defekt sofort ausfindig gemacht haben. Bei einem frühen Eingriff sind die Überlebenschancen sehr gut.«

Überlebenschancen. Früher Eingriff – nie hatte ich erwartet, derartige Begriffe im Hinblick auf mein ungeborenes Kind zu hören. Langsam wich alle Kraft aus mir, und ich fühlte mich von der Last meines Schicksals erdrückt. Doch ich musste stark für mein Baby sein – das Einzige, was mich in diesem Moment bei der Stange hielt. Ein falsches Wort, und ich würde zusammenbrechen.

»Es gibt noch ein paar andere Dinge, die Sie wissen sollten«, begann der Arzt. Ich machte mich innerlich bereit und fragte mich, wie viel mehr mein Herz noch ertragen konnte.

4

Alexander

Als Clara nach Hause kam, wartete ich bereits auf sie. Es kostete mich jedes Fitzelchen meiner Selbstkontrolle – und davon besaß ich nicht viel –, ruhig zu bleiben. »Warum hast du mir nicht erzählt, dass du einen Termin beim Arzt hattest?«

»Weil du Wichtigeres zu tun hast.« Sie kickte die hochhackigen Schuhe von den Füßen, huschte in den Ankleideraum und vermied es geflissentlich, mir in die Augen zu sehen.

»Nichts ist mir wichtiger als du.« Ich war ihr gefolgt und stand nun in der Tür. Sie musterte mich skeptisch und ließ den Blick hinter mich wandern, als sie feststellte, dass ich sie in dem begehbaren Kleiderschrank gefangen hatte. »Ich möchte teilhaben. Ich will über solche Dinge informiert werden.«

Ich konnte sehen, wie meine Worte sie trafen, in meinem Kopf schrillten die Alarmglocken. Das zu sagen war ein Fehler gewesen. Ein Riesenfehler.

»Sieht ganz so aus, als hätte ich Geheimnisse. Du musst auf mich abgefärbt haben.« Clara wandte mir den Rücken zu und durchsuchte eine Reihe hängender Kleidungsstücke.

Es war dumm gewesen, den Arzttermin zu erwähnen. Wenn es etwas gab, das ich über die Schwangerschaft wissen musste, würde sie es mir erzählen. Es gefiel mir nicht, dass sie mich ausgeschlossen hatte, und ich wollte ihr vermitteln, dass es auch für mich wichtig war. Doch ich wusste, dass sie mir mit dieser Entscheidung etwas klarmachen wollte: Sie konnte genauso gut austeilen wie einstecken.

Also beschloss ich, die Taktik zu ändern. »Wir halten eine Pressekonferenz ab. Es wäre schön, wenn du dabei wärst.«

Clara schnaubte, sah mich aber noch immer nicht an. »Warum? Ist es nicht etwas zu spät, um mich einzubeziehen?«

»Ich möchte nicht, dass die Leute denken …« Ich verstummte augenblicklich, als ich meinen nächsten Fehler bemerkte. Es war, als würde ich gerade Landminen verteilen und dann draufspringen. Offensichtlich funktionierte mein Selbsterhaltungsinstinkt im Moment nicht besonders, na ja, wie auch: Nichts funktionierte, wenn Clara mich aus ihrem Leben ausschloss.

Clara hörte auf, den Kleiderschrank zu durchsuchen, wirbelte herum und stemmte die Hände in die Hüften. »Du möchtest nicht, dass sie was denken? Dass du Geheimnisse vor deiner Frau hast? Willst du ihnen vormachen, ich hätte davon gewusst …«

»Ich möchte eine Einheit mit dir bilden.« Noch immer befand ich mich auf gefährlichem Terrain, doch es war mir ernst.

»Dann hast du aber eine seltsame Art, das zu zeigen.« Sie wandte sich wieder der Suche zu.

»Wirst du überhaupt irgendwann wieder mit mir reden?«

»Wir reden doch gerade.«

»Das habe ich nicht gemeint.« In den letzten beiden Wochen waren unsere Gespräche ziemlich knapp ausgefallen, sie würgte mich ab, sobald ich zu reden begann.

Clara zuckte die Achseln und griff nach einem Seidenkleid. »Wirst du also endlich aufrichtig zu mir sein?«

»Ich habe keine Geheimnisse mehr vor dir.« Schon als ich die Worte aussprach, wusste ich, dass das nicht genügte, es kam zu spät. Andererseits ging mir dieses Hin und Her allmählich auf die Nerven. Wir mussten reden. Ich musste ihr alles erklären. Seit sie jenes Zimmer in Windsor verlassen hatte, hatte sie null Interesse an irgendwelchen Erklärungen gezeigt. Das konnte ich ihr nicht verübeln. Aber ich würde nicht zulassen, dass meine Vergangenheit und die Fehler, die mein Vater begangen hatte, mir meine Frau nahmen.

Clara versuchte, an mir vorbei ins Badezimmer zu gelangen, doch ich streckte den Arm aus und hielt sie auf.

»Im Ernst, X?« Sie schob meinen Arm weg und versuchte, sich an mir vorbeizudrücken. Nachdem sie jedoch im achten Monat schwanger war, würde sie nirgendwohin gehen, wenn ich es ihr nicht gestattete.

Ich wollte, dass sie mich anhörte.

»Wir müssen miteinander reden«, wiederholte ich mit mehr Nachdruck.

»Falsch! Du musst mir zuhören!« Sie starrte mich derart wütend an, dass ich den Arm sinken ließ.

Es war mir egal, auf welche Weise ich sie dazu brachte, mit mir zu sprechen. Sie konnte mich anschreien, mich beschimpfen, mir Vorwürfe machen. Ich würde alles hinnehmen, ich hatte es verdient. »Gut. Ich höre dir zu.«

Das brachte sie aus dem Konzept, allerdings nur einen kurzen Moment. Sie brauchte nicht lange, um sich zu fassen, dann sprudelte alles aus ihr heraus, was sie zurückgehalten hatte. »Es muss sich etwas ändern. Sollte ich herausfinden, dass du auch nur zum Mittagessen gegangen bist, ohne mich darüber zu unterrichten, bin ich weg. Vorerst wird Georgia die Leitung meiner Leibwache übernehmen. Keine Diskussion. Ich will nicht noch mal einen Mann beim Frauenarzt dabeihaben.«

Ich biss die Zähne zusammen und zwang mich, ihr zuzuhören, anstatt mit ihr zu diskutieren. Ich wollte, dass sie sich aussprach. Wenn sie aber glaubte, sie könnte mich tatsächlich verlassen, lag sie damit komplett falsch. Es wäre allerdings dumm gewesen, ihr das jetzt zu sagen.

»Sonst noch was?« Es stand mir nicht zu, an ihr zu zweifeln, doch ich war mir nicht sicher, ob sie überhaupt klar denken konnte. Egal wie sehr sie sich sträuben mochte, ich durfte nicht zulassen, dass sie sich oder unser Kind in Gefahr brachte, nur um ihren Willen durchzusetzen.

»Ja, aber darüber möchte ich nicht sprechen. Ich nehme jetzt ein Bad.«

Ich packte sie an der Schulter, drehte sie zu mir und schob sie rücklings gegen die Wand, ehe sie mir ausweichen konnte. »Ich will aber darüber sprechen. Was ist sonst noch?«

Ich stützte mich mit den Armen an der Wand ab und hielt sie gefangen, während mein Körper sich auszumalen begann, wie lange es dauern würde, ihr die Kleider vom Leib zu streifen. Vielleicht wollte ich gar nicht reden. Wir verfügten über effektivere Mittel, unsere Streitigkeiten beizulegen – welche, die uns beiden Genuss bereiteten. Wenn ich sie berühren könnte, würde sie sich daran erinnern, warum sie mich liebte. Dann könnte sie mir verzeihen.

»Das wird diesmal nicht funktionieren«, murmelte sie und blinzelte.

»Was wird nicht funktionieren?«, fragte ich geistesabwesend, während ich mein Gesicht dem ihren näherte.

»Es auszuficken«, antwortete sie barsch. Doch obwohl ihre Augen blitzten, begann ihr Körper bereits, auf meinen zu reagieren. Der Babybauch war zwar ein Hindernis, doch er war nicht unüberwindbar. Ich hörte ihre leisen, flachen Atemzüge und sah, wie sich ihre blassen Wangen röteten. Ihre Hand, die sie gegen meine Brust gestemmt hatte, fühlte sich sanft und überhaupt nicht entschieden an. Im Grunde wehrte sie sich gar nicht, doch meine Clara war viel zu stur, um zuzugeben, dass sie mich ebenfalls vermisste.

»Süße«, flüsterte ich und brachte meinen Mund näher an ihr Ohr. Mit den Zähnen umfasste ich das weiche Ohrläppchen und saugte sanft daran, bevor ich meine Lippen ihren Hals hinunterwandern ließ. »Vermisst du das nicht auch? Es tut mir leid. Ich möchte mit dir reden. Wirklich. Doch vielleicht brauchen wir beide jetzt gerade eher das hier.«

»Alexander«, sagte sie warnend, und ich trat zurück. Sie drängte sich an mir vorbei ins Badezimmer, ohne sich noch einmal umzudrehen, dann drehte sie die Dusche auf.

»Ich dachte, du wolltest ein Bad nehmen.«

»Ich habe es mir anders überlegt.« Noch immer mied sie meinen Blick. »Ich bin müde, ich dusche lieber.«

Sie trieb mich zum Wahnsinn. Als sie ihr Kleid herabschob und nach dem Reißverschluss griff, konnte ich mich nicht länger zurückhalten. Ich trat hinter sie und übernahm die Führung. »Bitte, lass mich das machen.«

Clara erstarrte, als ich den Reißverschluss langsam aufzog und dabei Zentimeter um Zentimeter ihrer porzellanfarbenen Haut freilegte. Ich wollte ihr das Kleid über die Schultern streifen und die Arme um sie schließen. Schon stellte ich mir ihre vollen Brüste unter meinen Händen vor. Schmeckte die feuchte, süße Hitze zwischen ihren Schenkeln. Mein Schwanz wurde schmerzhaft hart und erinnerte mich daran, wie lange es her war, seit ich in ihr gewesen war. Clara bewegte sich etwas und presste den Po gegen mich, als ob sie das Gleiche dächte.

»Vermisst du mich?«, flüsterte sie und rieb sich sanft an meiner Erektion.

»Verdammt, ja, Süße.« Meine Hände wanderten zu ihren Hüften, ich packte sie und zog sie heftig an mich, um ihr zu zeigen, wie sehr ich sie vermisste. »Vermisst du meinen Schwanz? Fehlt es dir, von mir gefickt zu werden? Sag mir, wie sehr du mich in dir haben willst.«

»Ja, bitte.«

Ich konnte ihr Wimmern kaum verstehen, doch es genügte. Ich ließ ihre Hüften los, streifte ihr das Kleid über die Schultern und beförderte es mit ungeduldigen Händen auf den Boden. Ich musste sie schmecken. Ich musste in ihr sein. Ich musste sie vögeln.

Mit einem Ruck zerriss ich den Hauch von Spitze, den sie als Unterwäsche bezeichnete. Clara antwortete mit einem Stöhnen, das wie ein Blitz in meine Lenden fuhr. Den Strumpfhalter, der unterhalb des Babybauchs saß, beließ ich dort und genoss den Anblick der Bänder auf ihrer Haut, die die Seidenstrümpfe hielten. Clara war ein Meisterwerk, geradezu sündhaft schön. Fasziniert betrachtete ich ihren vollen, runden Hintern und die langen Beine. Ich würde nie genug von ihr bekommen. Doch als ich meine Gürtelschnalle löste, zog sie sich vor mir zurück.

»Clara«, sagte ich mit erstickter Stimme.

»Was ist?« Sie griff mit den Händen nach hinten und löste den BH. »Ich will es, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich es tue.«

»Wie lange willst du mich noch bestrafen?«, explodierte ich.

»Das habe ich noch nicht entschieden«, antwortete sie, von meinem Gefühlsausbruch nicht im Geringsten beeindruckt. Stattdessen löste sie die hochgesteckten Haare und ließ sie über ihre Schultern herabfallen. Als sie den Strumpfgürtel abnahm und nacheinander die beiden Seidenstrümpfe herabrollte, zwang ich mich zur Zurückhaltung. Als sie schließlich nackt war, sah sie mir herausfordernd in die Augen.

Sie wusste, wie schwer es für mich war, ihr so nahe zu sein, nachdem ich schon so lange nicht mehr mit ihr geschlafen hatte. Es war ein Test, doch ich wusste nicht, wie ich richtig darauf reagieren sollte. Sie wollte ihren Standpunkt deutlich machen, doch Clara sehnte sich auch nach Unterwerfung. Das war von unserer ersten Begegnung an so gewesen. Sie einfach zu nehmen war vielleicht der Beweis, den sie brauchte – der Beweis, dass ich mich immer wieder für sie entscheiden würde. Für uns. Wenn es aber die falsche Reaktion war, setzte ich eine Menge aufs Spiel, schließlich ging es hier um mein Herz.

»Clara, ich brauche dich. Und du brauchst mich. Bitte lass mich dich lieben«, sagte ich und ging einen Schritt auf sie zu.

»Du scheinst Sex mit Liebe zu verwechseln«, antwortete sie kurz angebunden und öffnete die Duschkabine.

»Tu das nicht.« Jetzt bettelte ich, doch sie trat unter den Wasserstrahl und schloss die Tür zwischen uns zu.

Ich war nicht derjenige, der verwirrt war. Ich wusste genau, was sie brauchte, und würde ihr das auch zeigen. Mit einer schnellen Bewegung löste ich meinen Gürtel, öffnete die Hose und legte meinen Schwanz frei. Ich nahm ihn in die Hand und begann ihn zu bearbeiten, wobei ich meine Frau nicht aus den Augen ließ. Sie beobachtete mich. Langsam beschlug das Glas zwischen uns, dabei hatte sie noch nicht einmal zur Seife gegriffen.

»Diese Wirkung hast du auf mich«, sagte ich. Ich hatte keine Ahnung, ob sie mich durch das Wasserrauschen hören konnte, doch sie konnte sehen, wie sich meine Lippen bewegten. Sollte sie hören, was sie hören wollte – oder was sie hören musste! »Du machst mich verrückt.«

Endlich rührte sie sich und ließ eine Hand zwischen ihre Beine gleiten. Während sie ihre Scham streichelte, rieb ich fester über meinen Schwanz. Ich wusste, welche Geräusche sie machte – das scharfe Atemholen, das sehnsüchtige Stöhnen.

»Du gehörst mir. Du gehörst zu mir.« Ich trat näher heran, sodass sich nur noch die gläserne Duschwand zwischen unseren Gesichtern befand. »Spiel ruhig dein Spiel. Tu so, als hättest du die Macht. Das ändert nichts. Du gehörst mir.«

Jetzt konnte sie mich hören. Ich merkte es daran, dass sie schluckte und das Gesicht verzog, als bereite die Lust ihr Schmerzen. Ich konnte ihre Antwort nicht verstehen, doch ich sah, wie sie mit ihren perfekten Lippen zwei Worte formte: »Fick dich.«

»Das wirst du tun, Süße«, antwortete ich stöhnend, während meine Hoden sich anspannten. Meine Hand bewegte sich schneller und trieb mich dem Höhepunkt entgegen. »Schon bald wirst du mich ficken. Du hast dich für mich entschieden, und allmählich verliere ich die Geduld. Ich werde mir nehmen, was mir gehört.«

Bei dieser letzten Warnung schloss sie die Augen, ihr Körper erzitterte leicht, als der Orgasmus sie überrollte. Als ich sah, wie sie sich in der Lust auflöste, kam ich ebenfalls, spritzte meinen Saft gegen die gläserne Duschwand und bekam weiche Knie, so überwältigend war der Orgasmus. Als ich aufblickte, hatte sie sich umgedreht und das Wasser abgestellt.

Doch als sie aus der Dusche trat, griff sie nach ihrem Bademantel und zog ihn rasch an.

»Clara, es ist unvermeidlich. Hör auf, dich dagegen zu wehren. Nichts kann das zerstören, was zwischen uns ist.«

Doch dann sprach sie mit leiser Stimme drei Worte aus, die mich Lügen straften, die mir das Herz zerrissen und alles änderten. Drei kleine Worte, die alles zerstörten – unsere Zukunft, unsere Familie, unsere Ehe. Drei Worte, die mir klarmachten, wie sehr ich mich irrte.

»Ich hasse dich.«

5

Clara

»Wo bist du?«, fragte Edward, als ich dranging, ich hatte das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt und konnte gerade noch verhindern, dass mir die Teetasse aus der Hand fiel. Vor mir saß mit ausgestreckten Beinchen Elizabeth, die eine Teekanne in der Luft balancierte und wegen der Störung ein finsteres Gesicht machte.

»Zu Hause«, antwortete ich und hielt Elizabeth die Tasse hin, woraufhin sie so tat, als würde sie mir Tee einschenken.

Er lachte. »Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, dein Zuhause ist ziemlich groß. Geradezu palastartig, könnte man sagen. In welchem Gebäudeteil hältst du dich gerade auf?«

»Warum? Bist du hier?« Mühsam rappelte ich mich hoch, es fiel mir zunehmend schwerer, vom Boden aufzustehen. Mit einem kurzen Nicken bedeutete ich Penny, meinen Platz in Elizabeths Teegesellschaft einzunehmen, und flüsterte meiner Kleinen zu, dass ich gleich zurück sein würde.

»Man hat mich zu einer offiziellen Unterredung gebeten, was nie ein gutes Zeichen ist. Ich dachte, du würdest auch kommen.«

Ich trat in den Korridor und ging in Richtung der Büros. »Nein, heute nicht. Wann ist das Meeting?«

»In wenigen Minuten. Man hat mir allerdings erklärt, dass er gerade mit dem Premierminister spricht. Ich glaube, du solltest kommen.«

»Scheiße! Ich bin im Kinderzimmer, vielleicht schaffe ich es also nicht rechtzeitig«, erwiderte ich und merkte, dass ich das womöglich auch gar nicht wollte. Alexander hatte wieder in seinem Büro übernachtet. Falls er in unser Schlafzimmer zurückgekehrt war, hatte ich ihn zumindest nicht gesehen.

»Was für eine Ausdrucksweise«, sagte Edward mit gespieltem Entsetzen. Ich konnte mir gut vorstellen, wie ein albernes Grinsen auf seinem hübschen Gesicht erschien. »Es ist doch nur ein Stockwerk tiefer.«

»Der Aufzug macht gerade Probleme, und ich brauche inzwischen doppelt so lange, um irgendwohin zu kommen«, brummte ich. »Aber ich würde dich gern noch vor der Besprechung sehen.«

»David ist auch hier. Warum kommst du nicht einfach herunter?«

Er ahnte, dass etwas nicht stimmte. Das war nicht verwunderlich, zwischen Alexander und mir herrschte meist Unruhe. Doch jetzt war auch die königliche Familie betroffen. Ich wusste, warum Alexander ihn hergebeten hatte. Die Pressekonferenz stand ins Haus, und er musste seinem Bruder reinen Wein einschenken. Als mir bewusst wurde, dass Alexander mir diese Unterredung nicht angekündigt hatte, spürte ich eine seltsame Mischung aus Ärger und Erleichterung. Nach gestern Abend waren wir uns aus dem Weg gegangen. Ich hatte keine Ahnung, ob mein Mann verletzt war, ich war es jedenfalls. Angesichts der gewalttätigen Fantasien, die mir in den letzten Stunden durch den Kopf gegangen waren, hatte er gut daran getan, mir aus dem Weg zu gehen.

»Bin schon unterwegs.« Ich brauchte jetzt meinen besten Freund, auch wenn es nur für ein paar Minuten war. »Na, dann watschele mal ein bisschen schneller«, sagte er.

»Hast du gerade gesagt, ich watschele?« Offenbar hatten alle Männer in meinem Leben Todessehnsucht.

»Damit habe ich wohl ins Schwarze getroffen.«

»Sag mal, warum sind die Männer der Cambridge-Familie nur solche Arschlöcher?«, fragte ich.

»Gute Gene«, gab er umgehend zurück.

Da ich schon fast angekommen war, legte ich zur Bestrafung einfach auf. Der Unterschied zwischen Edwards Verhalten und dem von Alexander war, dass der jüngere Bruder meines Mannes immer in bester Absicht handelte. Keine Ahnung, wie es ihm gelungen war, sich seinen Sinn für Humor zu bewahren, wo er doch auch in diesem königlichen Käfig aufgewachsen war. Doch nun würde er von einem weiteren dunklen Geheimnis der Familie erfahren, und ich fragte mich, ob seine Großherzigkeit diesmal unwiederbringlich Schaden nehmen würde. Vielleicht würde er Alexander hassen, was ich ihm kaum verdenken konnte. Was aber, wenn er mich dann ebenfalls hasste?

Als ich um die Ecke bog, hörte ich Edward und David lachen. Edward strich mit der Hand über die Schulter seines Mannes, und ich spürte einen Stich in der Brust. Sie waren frisch verheiratet, was man daran erkannte, wie sich die beiden anschauten – als liege ihnen die Welt zu Füßen. Ich vermisste dieses Gefühl. Wobei ich es eigentlich nie gehabt hatte. Wir hatten keine Flitterwochen gehabt, stattdessen war meine Ehe von Beginn an von Gewalt und Gefahr begleitet gewesen. Im Grunde war es kein Wunder, dass die Dinge jetzt so schiefliefen.

Das würden wir niemals haben. Unser Leben würde nie einfach sein. Doch ich sollte mir ins Gedächtnis rufen, dass die beiden ihre eigenen Probleme hatten – insbesondere, wenn sie sich mit der öffentlichen Meinung herumschlagen mussten. Soweit ich wusste, hatten sie allerdings keine Geheimnisse voreinander.