Russlandkrise - Dr. Alexander Görlach - E-Book

Russlandkrise E-Book

Dr. Alexander Görlach

0,0

Beschreibung

In Form mehrerer Debattenbeiträge und Interviews liefert "Russlandkrise" neue Perspektiven und Lösungsansätze, die sich jenseits dessen bewegen, was man aus der Tagespresse kennt. Hochkarätige Gastautoren wie die Historikerin Anne Applebaum, der russische Botschafter Wladimir Grinin und der Russland-Beauftragte der Bundesregierung Gernot Erler garantieren neue Erkenntnisse und einen Blick hinter die Kulissen des gefährlichsten Konflikts dieser Tage.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 65

Veröffentlichungsjahr: 2015

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



RUSSLANDKRISE

THE EUROPEAN EDITION

ALEXANDER GÖRLACH (HRSG.)

RUSSLANDKRISE

Den neuen Kalten Krieg beenden.Wie Ost und West wieder zusammenfinden

Copyright 2015:

© Börsenmedien AG, Kulmbach

Gestaltung: Frédéric Eyl

Layout und Satz: Pia Steidl, Elias Hanzer

Herstellung: Daniela Freitag

Lektorat: Egbert Neumüller

Illustrationen: Roland Brückner

Druck: Kösel GmbH & Co. KG

ISBN 978-3-86470-289-1

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 Kulmbach

Tel: +49 9221 9051-0 • Fax: +49 9221 9051-4444

E-Mail: [email protected]

www.plassen.de

www.facebook.com/plassenverlag

Die neue Buchreihe „The European Edition“

VORWORT VON ALEXANDER GÖRLACH

Ein Plädoyer für Grautöne

ESSAY VON HASSO MANSFELD

Ein russischer Sonderweg

ESSAY VON LEONID LUKS

Psycho-Spiele

VON BORIS REITSCHUSTER

Falsches Harmoniebedürfnis

VON LIANA FIX

Es werden bessere Zeiten kommen

VON WLADISLAW INOSEMZEW

Zu Gast bei Fremden

KOMMENTAR VON ALEXANDER SAMBUK

„Reflexartige Politik“

GESPRÄCH MIT GERNOT ERLER

„Russlands Sicht der Dinge ist die richtige“

GESPRÄCH MIT WLADIMIR GRININ

„Wie weit erlauben wir Putin zu gehen?“

GESPRÄCH MIT ANNE APPLEBAUM

Spielmacher

NACHWORT VON FLORIAN GUCKELSBERGER

VORWORT

Die neue Buchreihe„The European Edition“

von Alexander Görlach

Was der Sinn des Lebens sei, darauf gibt es naturgemäß verschiedene Sichtweisen. Für mich ist bei meiner Antwort auf diese Frage ein wichtiger Punkt, dass ich im Hier und Jetzt dazu disponiert bin, mit den Menschen, die mich umgeben und mit denen ich im Austausch bin, die Gesellschaft prägen und voranbringen zu können. Es ist unsere Zeit. Es ist unsere Aufgabe, nach besten Möglichkeiten etwas daraus zu machen. Wir müssen es meistern. Das im Blick zu haben ist kühn, manchmal wagemutig. Die Helden von heute tragen keine Lichtschwerter, sondern Brillen. Sie lesen viel, sie sprechen viel mit anderen, sie schärfen Positionen und revidieren alte Überzeugungen.

So agieren zu können ist ein Privileg. In Ländern mit allgemeiner Schulpflicht eines, das für alle gilt. Wenn wir ehrlich sind, kennt jeder Menschen, die sich für eine solche Gestaltung ihrer Umwelt nicht interessieren, die ausreichend befriedigt sind, wenn sie ihre persönlichen Bedürfnisse stillen. Sie bleiben hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Vielleicht deshalb: Weltwissen zu erwerben, zu vertiefen, immer wieder zur Disposition zu stellen und weiterzuentwickeln ist anstrengend. Es fordert dazu heraus, die eigenen Standpunkte nicht höher zu gewichten als die anderer kluger Menschen. Auch für Ideen gibt es ein Momentum, das vorüberziehen kann. Die neue Buchreihe The European Edition ist etwas für die, die etwas wagen wollen, die den Kairos, den günstigen Augenblick, nicht vorbeiziehen lassen, sondern packen möchten.

Die großen Fragen unserer Zeit kennen keine einfachen Antworten und keine Lösungen, die für eine lange Zeitspanne gültig bleiben. Die Fragen, deren sich diese Edition annimmt, sind in Bewegung, kommen nicht zum Abschluss, sondern formulieren Zwischenergebnisse, Ausblicke. Dabei sind nicht die Nachrichten entscheidend, sondern das, was diese Nachrichten bedeuten können: Wahlausgänge, wirtschaftliche Entwicklungen, gesellschaftliche Verwerfungen. Unsere Zeit ist nicht arm an Erschütterungen.

Aber die Zukunft geschieht uns nicht einfach, wir gestalten sie. Unser erstes Thema, „Russlandkrise“, ist das beste Beispiel für diese Herangehensweise: Wohin steuert dieses Land? Den Blick auf Russland ruhen zu lassen, sich mit dem Land zu beschäftigen, kassiert Denkverbote ein. Die öffentliche, medial vermittelte Meinung kommt schnell zu Werturteilen. Diese sind dann Grundlage für Handeln: in der Politik, in der Wirtschaft, für die Medien selber.

Die Edition möchte über das Werturteil, das leicht zu treffen, aber schwer zu revidieren ist, hinaus einen kritischen Blick auf die wichtigen Fragen unserer Zeit werfen.

The European, das Debatten-Magazin, ist seit seiner Gründung im Mai 2009 dem interdisziplinären und internationalen Austausch verpflichtet. Mehr als 3.500 Autorinnen und Autoren aus über 45 Ländern haben dort bereits gestritten und argumentiert. Diese Edition schaut durch ein Brennglas auf einige unserer Themen.

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

ALEXANDER GÖRLACH IST GRÜNDER, HERAUSGEBER UND CHEFREDAKTEUR VON THE EUROPEAN.

ESSAY: DER KALTE KRIEGDER DEUTSCHEN MEDIEN

Ein Plädoyerfür Grautöne

von Hasso Mansfeld

So viel gäbe es zu recherchieren, zu berichten und zu informieren. Doch leider bewegen sich die deutschen Medien zu oft im Schwarz-Weiß, wenn es um Russland geht.

Im medialen Diskurs, besonders in Deutschland, sind die Fronten verhärteter als in manchen heißen Phasen des Kalten Krieges. Es herrscht Schwarz-weiß-Denken; die für die Beschreibung komplexer Situationen erforderlichen Grautöne scheinen im journalistischen Repertoire verschüttgegangen zu sein.

Selten stand die deutsche Presse so vereint auf der Seite einer westlichen Wertegemeinschaft und eines westlichen Militärbündnisses wie im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Selbst im zum Kampf gegen ein zweites Auschwitz hochstilisierten Kosovo-Krieg meldeten sich in den Leitmedien öfter kritische Stimmen als heute. Von der linksgrünen Taz über die linksliberale Zeit, die liberalkonservative Welt bis hin zur populistischen Bild-Zeitung: der Pressetenor ist eindeutig und versucht dabei oft nicht einmal, den Anschein eines distanzierten Journalismus zu wahren (man denke nur an das Spiegel-Cover „Stoppt Putin jetzt“).

Entsprechend unmöglich ist es derzeit, einen Text zu Russland zu veröffentlichen, der nicht entweder als Zeugnis eines Putinverstehers oder als klares Bekenntnis der Putingegnerschaft in den entsprechenden Schubladen abgelegt wird. Auffällig ist: Die Wahrnehmung der Deutschen korrespondiert im Großen und Ganzen nicht mit dem Tenor der Berichterstattung. Das legen Umfragen ebenso nahe wie die meisten veröffentlichten Onlinekommentare. Die öffentliche Meinung präsentiert sich reziprok zur veröffentlichten, sie steht für die andere Seite einer in festgefahrenen Bahnen verlaufenden polarisierten Debatte.

Verfehlt wäre es aber, an professionelle Journalisten und ihre Kritiker die gleichen Maßstäbe anzulegen. Ausgiebige Recherche, redaktionelle Kontrolle und distanzierte Berichterstattung sind Merkmale, mit denen sich Qualitätsjournalismus bis heute zu Recht aus der Masse der Onlinepublikationen herauszuheben sucht. An diesem Anspruch ist Journalismus zu messen. Eher abgeschmackt klang vor Ausbruch der Ukraine-Krise noch der zu Tode zitierte Ausspruch nach Hanns Joachim Friedrichs: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten.“

WO FREUND UND FEIND KLAR VONEINANDER ABZUGRENZEN SIND

Heute zeigt sich, wie wichtig es ist, eigentlich banale Standards nicht aufzugeben. Wenn quer durch alle bedeutenden Publikationen regelmäßig die Zahl der Meinungsartikel die der Hintergrundberichte weit übersteigt, wenn oft die Grenze zwischen beiden kaum noch zu ziehen ist, dann läuft strukturell etwas falsch. Dass auch die Kritiker gern emotional und an den Fakten vorbei argumentieren, dass sich unter ihnen zahlreiche Trolle und Verschwörungstheoretiker finden, kann keine Entschuldigung sein, sich auf ihr Niveau zu begeben. Nicht auszuschließen, dass die Skepsis, mit der die Öffentlichkeit heute auch den neutralsten Publikationen zur Ukraine gegenübertritt, in Teilen auch als trotzige Reaktanz gegen als einseitig wahrgenommene Berichterstattung erklärt werden muss.

Exemplarisch für den polarisierten Diskurs steht die Rede vom „Putinversteher“. Ein zuspitzender Begriff, der im polemischen Kommentar sicher seine Rechtfertigung hat, der sich längst aber derart verselbstständigt hat, dass er kaum noch aus einem russlandbezogenen Artikel wegzudenken ist. Obwohl etwa vom „Frauenversteher“ bekannt, sollte in dieser Breite die negative Konnotation Besorgnis erregen, die einer der besten menschlichen Qualitäten, dem Interesse an Erkenntnis über und Verständnis für das Gegenüber, so beigelegt wird. Selbst dort, wo Freund und Feind klar voneinander abzugrenzen sind, wo alles auf das Besiegen eines Gegners hinausläuft, im Schach etwa, ist es imperativ, den Gegner zu verstehen, sich in ihn hineinzuversetzen. Man stelle sich nur vor, man hätte einst Kasparow zum Vorwurf gemacht, er sei ein Karpowversteher.

Von den klaren Konstellationen des Schachs sind wir im Politischen heute zum Glück weit entfernt. Dennoch werden längst nicht nur Montagsdemonstranten und unverbesserliche Altstalinisten als Putinversteher gebrandmarkt, sondern auch Veteranen der Entspannungspolitik, die zum Ende des Kalten Krieges führte: Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher und Henry Kissinger fallen dem Urteil anheim.