Sascha Scheiblette - Sissi Kaipurgay - E-Book

Sascha Scheiblette E-Book

Sissi Kaipurgay

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Beschreibung

Anzüge mit tierischem Inhalt Attraktive Männer in Designeranzügen haben ihre Vorzüge. Sie sehen nicht nur gut aus, sondern beweisen auch Charakter. Vor allem dann, wenn das Tier in ihnen erwacht. In einer Steuerkanzlei muss der Sohn des Inhabers sich seinen Gefühlen stellen. Dabei kommt heraus, dass Väter manchmal doch nicht blind und taub sind. Der coole Anwalt Aytekin entdeckt, dass Kleider eben nicht immer Leute machen. Sogar in blauen Latzhosen kann ein ganzer Kerl stecken und manchmal entpuppt sich dieser auch noch als richtig wildes Tier. Richard wird Zeuge eines Überfalls. Natürlich könnte er sich heraushalten und so tun, als hätte er nichts gesehen, doch das entspricht nicht seinem Naturell. Um das Opfer zu retten, gibt er seine tierische Gestalt preis. Kaution der besonderen Art Ich hatte keine Ahnung, wieso dieser Bulle gerade mich auf dem Kieker hatte. Da ich etwas getankt hatte, maß ich dem keine große Bedeutung bei und ließ zu, dass der Beamte mich in seinen Dienstwagen verfrachtete. Codewort: Liebe Emil ist nicht schlank. Rashid ist Jude. Was liegt da näher, als eine Zweckgemeinschaft zu bilden? Schachzüge eines Presseopfers Louis arbeitet als Journalist in einem Verlagshaus. Vorzugsweise schreibt er Kolumnen, doch als er eine Serie über Sex im Büro schreiben soll, gerät er an seine Grenzen. Ein schwuler Mann findet es eben nicht erregend, über Mösen und Möpse zu philosophieren. Vorzüge eines Instant guy Produktbeschreibung: Boy besteht aus synthetischem Gewebe, ist pflegeleicht und reinigt seinen Körper selbsttätig. Legen Sie Boy in eine Wanne voll Wasser. Beim ersten Aktivieren dauert es 48 Stunden, bis er voll funktionstüchtig ist. Danach genügt es, ihn einmal täglich für 10 Minuten unter die Dusche zu stellen, damit seine Funktionen weiterhin zur Verfügung stehen. Winkelzüge eines Chefanwärters Kurt ist einfacher Anzeigensachbearbeiter beim Strenger-Verlag. Eigentlich ist er mit seinem Leben zufrieden, auch wenn es mit den Weibern nicht so recht klappen will. Als ein Schreib-Wettbewerb stattfindet, an dem alle Mitarbeiter teilnehmen dürfen, macht er aus Spaß und Langeweile mit.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhaltsverzeichnis

Das Schaf im Anzug

Prolog

1.

2.

Epilog

Anzugträger besiegt höhere Mächte

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

Anzug reißt für den guten Zweck

1.

2.

3.

4.

5.

6.

Epilog – Monate später

Kaution der besonderen Art

Codewort: Liebe

1.

2.

3.

4.

Epilog

Schachzüge eines Presseopfers

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

Vorzüge eines Instant guy

Der Geburtstag

Die Puppe

Ein Leben mit Boy

Die Puppe muss weg

Asyl auf der Couch

Merkwürdige Einsichten

Tote Puppe und stummes Leid

Ausflug mit Pannen

Epilog

Winkelzüge eines Chefanwärters

1.

2.

Story: Mein bester Freund hat AIDs

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Wettbewerbsbeiträge von Dion und Louis

Dion Cortez: Verliebt trotz AIDs

Louis Kramersen: Rothilde von Blauhelm – Rosa Elefanten

Sascha Scheiblette

Gay Romance Sammelband

Anzüge mit tierischem Inhalt

Kaution der besonderen Art

Codewort: Liebe

Schachzüge eines Presseopfers

Vorzüge eines Instant guy

Winkelzüge eines Chefanwärters

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig. Der Inhalt dieses Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. E-Books sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiterveräußert werden. Bitte respektieren Sie die Arbeit der Autorin und erwerben eine legale Kopie. Danke!

Texte: Sissi Kaipurgay/Kaiserlos

Foto: shutterstock_22948918

Kontakt: https://www.sissikaipurgay.de/

Sissi Kaiserlos/Kaipurgay

c/o Autorenservice Karin Rogmann

Kohlmeisenstieg 19

22399 Hamburg

Das Schaf im Anzug

Alexis arbeitet bei seinem Vater in der Steuerkanzlei Krüger. Eines Tages stellt dieser ihm einen neuen Mitarbeiter vor: Jordan Smith. Alexis ist verwirrt. Wieso wusste er nichts davon? Und wieso diesmal ein Mann? Ahnt sein Vater etwa, wie es um ihn bestellt ist? Doch die Lage entspannt sich und Jordan erweist sich als lammfromm, bis …

Prolog

Es war absoluter Mist, allein als Wolf durch die Gegend zu rennen. Wölfe waren Rudeltiere, wenigstens meistens. Er blieb stehen, hockte sich hin und leckte sich den Schritt. Wenigstens ein Vorteil, den er in Menschengestalt nicht hatte. Nur das verdammte Fell nervte ihn. Rasiert würde er allerdings richtig Scheiße aussehen. Ein Nacktwolf. Er lachte, was sich in seiner aktuellen Gestalt als leises Grummeln in seiner Brust äußerte.

Der Mond schien auf die kleine Lichtung, die er bevorzugt in Nächten wie diesen aufsuchte. Das hohe Gras wogte in einer leichten Brise, der See lag still da. Ein Mann kauerte an dessen Ufer. Er war nackt. Langsam schlich der Wolf näher …

1.

„Alexis? Das ist Jordan Smith, unser neuer Kollege.“ Alexis‘ Vater legte dem großgewachsenen Mann eine Hand auf die Schulter und lächelte verbindlich. „Jordan? Das ist Alexis, mein Sohn und bester Mitarbeiter.“

„Angenehm.“ Kurz gaben sich die Männer die Hand. Alexis warf seinem alten Herrn einen bösen Blick zu, da er es hasste, auf diese Art vorgestellt zu werden. Das provozierte nur Neid.

„Auf gute Zusammenarbeit“, sagte Jordan.

„Wunderbar! Würdest du Jordan bitte herumführen, mein Junge? Ich hab einen Termin.“ Mit einem kurzen Nicken verabschiedete sich Alexis‘ Vater und ging zu seinem Büro. Nun standen sie allein im Flur und in Alexis brodelte Wut. Mein Junge! Ja, ging’s noch schlimmer? Demnächst würde sein Vater gar alte Kosenamen ausgraben, wie Scheißerle oder ähnliche Peinlichkeiten.

„Tja, dann …“, murmelte er und reckte das Kinn hoch. „Beginnen wir mit dem Wichtigsten: Der Teeküche.“

Jordan folgte ihm, als er den Gang hinuntereilte und vor einem kleinen Raum hielt. „Hier können Sie …“

„Jordan, mein Junge“, unterbrach der Kerl ihn grinsend.

„Meinetwegen. Aber für dich bin ich immer noch Alexis“, brummte er, musste aber lächeln, da Jordans Grinsen einfach entwaffnend war. „Also: Hier ist die Teeküche. Kaffee kommt aus der Maschine da und im Kühlschrank findest du Milch und Kekse. Weiter geht’s.“

Alexis zeigte die Toiletten, stellte Jordan einigen Kollegen vor und wanderte schließlich zu seinem Büro. „Hier hause ich“, sagte er, schubste die Tür auf und machte eine ausholende Geste. „Das Reich des Thronfolgers.“

„Nett. Etwas unordentlich“, kommentierte Jordan. „Mein Büro ist nebenan, falls ich die Orientierung nicht verloren habe.

Da die Steuerkanzlei Krüger aus gerade mal zwanzig Mitarbeitern bestand und lediglich ein Stockwerk des Bürobaus belegte, konnte der Spruch nur ein Witz sein. Alexis lachte pflichtschuldigst.

„Gut. Ich geh dann mal an die Arbeit“, sagte er, trat in sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

Wieso hatte sein Vater ihm nichts von dem Neuen erzählt? Alexis ließ sich in seinen Schreibtischsessel plumpsen und musterte die Papierstapel auf der glatten Fläche. Sonst wurde er sogar in die Auswahl neuer Mitarbeiter einbezogen. Diesmal hatte er nicht einmal gewusst, dass eine Stelle zu besetzen war.

Führte sein Vater etwas im Schilde? Zweimal hatte er junge Frauen eingestellt, ohne Alexis‘ Wissen. Beide hatten in dem Büro nebenan gearbeitet und es deutlich eher darauf abgesehen, den reichen Erben zu ehelichen, als ihren Job zu machen. Niemand wusste jedoch von seiner Neigung. Ganze 35 Jahre hatte Alexis geheim gehalten, dass er auf Männer stand und nicht vor, diesen Umstand zu ändern. Nur ganz selten zog er nachts los, um sich etwas Sex zu suchen. Er war überaus vorsichtig, ging in einen Club am anderen Ende der Stadt und maskierte sich stets dabei. Ein falscher Bart, Schminke und eine Perücke waren seine Standardausrüstung bei solchen Unternehmungen.

Seufzend machte Alexis sich über die Aktenberge her. Vom Grübeln erledigte sich die Arbeit nicht.

Gegen Mittag klopfte es an seiner Tür. Jordan steckte den Kopf durch einen Spalt. „Wie sieht es aus mit Essen?“

„Normalerweise geht mein Vater am ersten Tag mit den Neuen essen. Hat er dich nicht gefragt?“ Verwundert hob Alexis die Augenbrauen.

„Nein. Vielleicht hat er es vergessen.“ Jordan trat ein und erschlug Alexis mit einem strahlenden Lächeln. „Vielleicht zählt er auf dich?“

„Mag sein.“ Er griff nach dem Telefonhörer. Sein Vater hatte den Apparat auf den Empfang umgeleitet, was bedeutete, dass er außer Haus war. Alexis ließ den Hörer sinken und sah auf die Uhr. Es wäre unhöflich, Jordan allein wegzuschicken. „Okay, dann mime ich mal den Chef“, gab er nach.

In der Nähe gab es einige Restaurants. Viele davon waren eher schlichte Imbisse. Für das Antrittsessen wählte Alexis ein italienisches Lokal mit kleiner, jedoch feiner Speisekarte. Die Einrichtung war rustikal. Grobe Holzbestuhlung an Tischen mit rotkarierten Decken. Dafür war der Service perfekt.

Nachdem vor jedem von ihnen ein Glas Wasser neben einem roten Landwein stand, fing Jordan an, Fragen zu stellen. Ohne sich dessen bewusst zu sein, antwortete Alexis freimütig. So ging es auch während des Essens weiter und als sie das Restaurant verließen, wurde ihm klar, dass Jordan nun alles über ihn wusste. Er hatte im Gegenzug rein gar nichts über ihn erfahren. Wie unprofessionell!

Am nächsten Tag lud er daher Jordan erneut zum Essen ein. Zu seiner Überraschung lehnte der ab. „Dein Vater hat sich vielmals entschuldigt und will das Essen mit mir heute nachholen“, erklärte Jordan mit einem Achselzucken.

Soviel zu Alexis Verkuppelungstheorie. Er war erleichtert.

~ * ~

Jordan wurde aus Alexis nicht schlau. Der Mann war Single, sah gut aus und war nett. Schwul? Normalerweise schlug sein Gaydar schnell aus, wenn er einen Gleichgesinnten traf. Bei Alexis war er unsicher. Eine Woche verging, in der sie sich lediglich mal auf dem Flur trafen. Ihre Sachgebiete waren verschieden, daher ergaben sich keine Überschneidungen. Jordan war Spezialist für Firmenbilanzen, während Alexis Künstler und Privatleute betreute. Die Versuchung, Alexis zu einem Mittagessen einzuladen, war groß. Dennoch tat er es nicht.

Vor 27 Jahren waren Jordans Eltern von England nach Hamburg übergesiedelt. Sein Vater arbeitete für eine Firma, die hier eine Filiale eröffnet hatte. Damals war es ihm zunächst schwer gefallen, mit der unbekannten Sprache und Umgebung zurecht zu kommen. Er musste kämpfen, was mit der Zeit aus dem schüchternen Jungen einen auf andere oft arrogant wirkenden Mann gemacht hatte. Viele schwule Kerle zog das an, gerade in den Clubs. Daher litt Jordan keinen sexuellen Notstand. Es war etwas anderes, was ihm fehlte.

Nach einem Monat fasste Jordan sich ein Herz, klopfte mittags bei Alexis und trat ungebeten ein. Erstaunt schaute der von den Akten hoch, in die er offensichtlich gerade vertieft gewesen war.

„Du hättest nicht irgendwie Lust mich zum Essen zu begleiten?“ Jordan versuchte so zu klingen, als wenn ihn eine Ablehnung nicht stören würde.

„Öhm … hab viel zu tun“, nuschelte Alexis.

„Pause machen musst du trotzdem irgendwann“, wandte er ein.

„Stimmt.“ Alexis strich sich die Haare aus der Stirn und stand auf. „Okay, dann lass uns irgendwo einen Happen essen.“ Er griff nach seiner Jacke.

Jordan steuerte das Lokal an, in das sie an seinem ersten Arbeitstag eingekehrt waren. Alexis signalisierte Zustimmung, indem er wortlos vor ihm das Restaurant betrat. Sie nahmen an einem Tischchen in einer Ecke Platz und bestellten beide Wasser, dazu einen Salat. Für etwas anderes war es zu warm.

„Und? Wie gefällt dir die Arbeit?“, fragte Alexis.

„Gut. Vor allem gefällt mir das Kollegium. Alle sind nett und niemand stört sich daran, dass ich schwul bin.“ Jordan hielt den Atem an und beobachtete sehr genau die Reaktion seines Gegenübers. Das war nämlich eine dicke Lüge. Er hatte bisher mit keinem der Kollegen über seine Ausrichtung gesprochen.

„Das ist … natürlich cool“, murmelte Alexis und fixierte die rotkarierte Tischdecke.

„Störst du dich daran?“, bohrte Jordan nach.

„Nö. Jeder wie er will.“

„Wie sieht’s bei dir aus?“

„Was?“ Alexis Kinn ruckte hoch.

In diesem Moment kam der Kellner mit den Getränken. Jordan wartete, bis er wieder verschwunden war und setzte alles auf eine Karte.

„Du bist doch auch schwul“, sagte er geradeheraus.

Die flammende Röte, die Alexis‘ Wangen überflutete, war Antwort genug. Ihre Blicke trafen sich. In Alexis‘ lag eine Bitte.

„Können wir das bitte unter uns lassen? Niemand weiß es, nicht mal mein Vater. Das soll so bleiben“, flüsterte er, etwas über den Tisch geneigt.

„Okay. Kein Problem.“ Einerseits fiel Jordan ein Stein vom Herzen, dass er richtig gelegen hatte. Andererseits tat sich ein neues Problem auf: Der Kollege war in erreichbare Nähe gerückt, zumindest was die Sexualität anging. Würde er die Finger von dem Mann lassen können?

„Danke.“ Alexis griff nach seinem Glas, trank und für eine Weile herrschte Schweigen. Als der Ober mit dem Essen kam, entspann sich eine leichte Unterhaltung, die sich ausschließlich um die Arbeit drehte. Jordan spürte jedoch, dass Alexis nervös war und konnte ihn sogar erleichtert aufseufzen hören, als sie aufbrachen. Es war wohl wirklich besser, wenn er um den Mann einen Bogen machte.

Wie es im Leben nun mal ist, reizen Dinge, die man nicht haben kann mehr als die, die einem vor die Füße fallen. So ging es Jordan mit Alexis. Er stellte dem Mann regelrecht nach. Sobald er die Tür nebenan klappen hörte, trat er unter einem Vorwand auf den Flur. Natürlich führte das lediglich dazu, dass er mit Alexis ein ‚Hallo‘ oder ‚Wie geht’s?‘ wechselte.

Jordans Sexualleben lag unterdessen brach. Die Lust, in einem der Clubs einen fremden Arsch zu ficken, war verflogen. Jordan war ausschließlich auf Alexis‘ Hintern fixiert. Ein überaus verführerischer Hintern, der zu einem wahnsinnig hübschen Kerl gehörte.

Nachdem drei Wochen auf diese Weise vergangen waren, trieb der Mut der Verzweiflung Jordan zu einer ebenso gewagten wie dummen Tat. Er bat Alexis unter fadenscheinigem Vorwand in sein Büro.

„Kannst du dir das mal angucken?“ Er winkte Alexis näher, bis dieser neben seinem Sessel stand. „Ich verstehe diese Zahlen nicht“, murmelte er und sorgte dafür, dass sein Jackett auseinanderklaffte. Nun müsste sein halbsteifer Schwanz, den er eben aus dem Hosenschlitz hervorgeholt hatte, gut sichtbar sein.

„Das hier ergibt keinen Sinn“, sagte er und wies blind auf eine Zahlenkolonne. Dabei nahm er Alexis‘ berauschenden Duft wahr und wurde noch härter.

Stille. Jordan wagte nicht, Alexis anzusehen. Als das Schweigen anhielt, linste er doch hoch und fand dessen Blick auf seinen Schoß gerichtet. Keinerlei Abscheu, schlichtes Begreifen lag auf Alexis‘ Zügen.

„Pack. Das. Weg.“ Die Worte kamen tonlos, dabei sehr bestimmend.

„Oh? Entschuldige“, nuschelte Jordan und schob das widerstrebende Glied zurück in die Hose.

„Du willst mich ficken? Okay. Aber nicht hier.“ Alexis ging zur Tür. „Komm mit.“

Irgendwie hatte Alexis es die ganze Zeit geahnt. Warum sollte der arrogante Jordan Smith kein Kapital aus seinem Wissen schlagen? Alexis ging zu dem Waschraum, der der Führungsriege vorbehalten war. Er schloss die Tür hinter ihnen ab und zwang sich zur Ruhe. Nicht, dass er etwas gegen Sex hatte. Jordan war attraktiv und nicht unsympathisch. Nur die Aktion mit seinem Schwanz war einfach zu plump gewesen.

„Ich gehe davon aus, dass du ein Kondom dabei hast?“ Alexis trat ans Waschbecken und öffnete den Gürtel seiner Hose.

Jordan holte ein Päckchen aus der Jackettasche. Extra feucht und reißfest. Na Klasse! Also los. Alexis streifte die Anzughose samt Shorts herunter. „Lass alles an“, sagte er. „Hol nur deinen Schwanz raus. Anzugträger machen mich geil.“

Er spreizte die Beine und beugte sich vor. Ein Reißverschluss wurde geöffnet, das Kondompäckchen riss auf. Er hörte Jordans erregte Atemzüge. Dann wurde sein Arsch erobert. Alexis war erfahren und blieb entspannt. Sein letztes Mal war etwas her, die Lust kam schnell.

Jordan war jetzt ganz drin. Ein absolut geiles Gefühl. Alexis stöhnte und beugte sich weiter vor. Jordan wusste genau, wie es ging. Der verdammte Kerl vögelte ihn derart gut, dass Alexis ohne Wichsen gegens Waschbecken ejakulierte.

„Geht’s dir gut?“ Jordans raue Stimme an seinem Ohr setzte Schmetterlinge in seinem Bauch frei. Offenbar hatte er eine Schwäche für gut fickende Mistkerle entwickelt. „Mhm“, machte Alexis, blinzelte und stellte fest, dass er seine Krawatte in die Reinigung bringen musste. Das teure Stück hing in der Spermapfütze. Zum Glück hatte er in seinem Büro einen Ersatzschlips.

„Wollen wir mal wieder essen gehen? Nicht mittags, lieber abends. Ich würde dich gern …“

„Nein!“, unterbrach Alexis hastig, richtete sich auf und zog die Hose hoch. „Nein, das geht nicht“, sagte er ruhiger, drehte sich um und schloss den Gürtel. „Ich fange nie etwas mit einem Kollegen an.“ Er sah hoch und erwiderte Jordans Blick sehr ernst. „Das hier ist etwas anderes“, fügte er hinzu, als dessen Augenbrauen spöttisch hochzuckten. „Das ist nur Sex. Das ist okay für mich.“

Während er zurück zu seinem Büro ging überlegte er, wie seine Worte auf Jordan gewirkt haben mussten. Eigentlich war er kein Sexmonster. Er wünschte sich Zärtlichkeit, ein langes Vorspiel, behutsames Streicheln, innige Küsse … Das war ihm bisher kaum einmal vergönnt gewesen. Wie es sich wohl anfühlte, einen Mann die ganze Nacht in den Armen zu halten? Alexis würde das nie erfahren. Dazu gehörte eine Beziehung und genau die konnte er nicht führen. Er war eben anders.

Es wunderte Alexis nicht, dass am nächsten Tag Jordan sein Büro betrat, ein wenig herumdruckste und schließlich ein Präservativ aus der Tasche zog. Grüne Augen richteten sich bittend auf ihn. Zusammen mit den fast schwarzen Haaren war der Mann eine Augenweide. Alexis seufzte und stand auf.

Diesmal sicherte er die Krawatte, indem er sie zwischen zwei Knöpfen unters Hemd schob. Wieder schickte Jordan ihn in den Himmel. Alexis mochte es sehr, danach seinen Atem am Ohr zu spüren. Dennoch wich er aus, als Jordan versuchte, ihn zu küssen. „Keine Küsse, keine Umarmungen“, stellte er klar, woraufhin sich Jordans Miene von liebevoll zu wütend veränderte.

Dementsprechend fiel der nächste Fick härter aus und Jordan fragte hinterher nicht, ob es Alexis gutging. Der hätte ohnehin keine ehrliche Antwort geben können. Es war zwar geil, mit Jordan rumzumachen, aber auch sein Herz wandte sich dem Mann immer mehr zu. Er wollte ihn am liebsten küssen und nie wieder loslassen. Nur gut, dass das Wochenende nahte und damit eine Zwangspause eintrat.

Am Freitag bat Jordan erneut um eine Verabredung zum Essen. Alexis lehnte kategorisch ab, suchte nicht einmal Vorwände. „Es besteht meinerseits kein Interesse“, behauptete er gespielt kühl, wobei er innerlich zitterte. Jordan guckte einen Moment so, als hätte ihn ein Faustschlag in die Magengrube getroffen. Das tat sogar Alexis weh. Sollte Jordan wirklich so viel für ihn empfinden, dass eine Ablehnung schmerzte? Dann wäre er der erste Mann, der sich ehrlich für ihn interessierte. Alexis zauderte, hielt am Ende jedoch den Mund. Es war besser so.

2.

Sowohl in der Freitag- als auch in der Samstagnacht verbrachte Alexis viel Zeit in der freien Natur. Er brauchte ein Ventil für das durch Jordan verursachte Gefühlschaos. Wie ein Irrer hetzte er durch den Wald, bis seine Muskeln schmerzten. Beide Male fühlte er sich bei seiner Rückkehr zum Haus beobachtet, doch trotz seiner feinen Sinne konnte er niemanden in der Nähe entdecken. Wahrscheinlich litt er unter Verfolgungswahn. Auch daran konnte nur der verdammte Jordan schuld sein!

Am Montag tauchte Jordan nicht in seinem Büro auf, am Dienstag auch nicht. Wenn sie sich auf dem Flur trafen, musterte der Mann ihn mit eigenartigem Blick. Irgendwie voller Respekt. Das gefiel Alexis auf der einen Seite, auf der anderen vermisste er den Sex. Er war wirklich ein kaputter Typ.

Wieder nahte das Wochenende und Jordan hatte die ganze Woche kaum ein Wort mit ihm gewechselt. Alexis hasste diesen Zustand noch mehr, als den davor. Plante der Kollege irgendetwas? Wollte er ihn doch verraten?

In der Freitagnacht war der Mond fast voll. In solchen Nächten brach Alexis‘ zweite Gestalt mit Macht hervor. Sonst musste er die Wandlung selbst anstoßen, nun geschah es um Mitternacht von selbst. Das war auch der Grund, weshalb er niemals eine Partnerschaft eingehen konnte. Wer wollte schon einen Wolf in seinem Heim?

Bis in die frühen Morgenstunden tobte er durchs Gehölz und erschreckte ein paar nachtaktive Tiere. Er gönnte sich sogar eine kleine Mahlzeit in Form einer unvorsichtigen Maus. Sonst fraß er in seiner Wolfsgestalt nichts. Ihm wurde davon meist nach der Rückwandlung übel. Auch diesmal musste er kotzen, sobald er seine menschliche Gestalt wieder angenommen hatte. Zum Glück landete sein Mageninhalt in einem Busch neben der Terrasse. Soviel Geistesgegenwart besaß er noch. Damit ersparte er es sich zumindest, die Fliesen reinigen zu müssen.

Samstag war Vollmond. Alexis kam gegen ein Uhr morgens aus dem Wäldchen, das an seinen Garten angrenzte. Mit langsamen Schritten näherte er sich der Terrasse. Sonst genoss er die nächtlichen Ausflüge sehr, doch irgendwie hatte Jordan ihm den Spaß daran vermiest. Verdammter Kerl! Wieso schlich sich der Mann in seine Gedanken? Was hatte er in seinem Herzen zu suchen?

Alexis blieb stehen. Das Fell wich glatter Haut, die Krallen verschwanden. Wie immer fühlte es sich an, als würden Ameisen über seinen ganzen Körper krabbeln. In seiner Menschengestalt erhob er sich, ging zur Terrassentür und stockte, als er plötzlich angesprochen wurde.

„Ich glaub’s nicht! Du bist ein Werwolf?“ Jordan trat aus den Schatten und starrte ihn mit großen Augen fasziniert an. „Wie machst du das? Gibt es einen Trick?“

„Was tust du hier?“, fuhr ihn Alexis heftig an. Dass er nackt war, kümmerte ihn nicht. Er war entdeckt worden und das ausgerechnet von Jordan! Wieso rannte der eigentlich nicht schreiend weg?

„Ich konnte nicht schlafen. Also bin ich durch die Gegend gefahren, sah, dass bei dir noch Licht ist und hab geläutet. Ich bin dann hinters Haus gelaufen und hab die offene Terrassentür entdeckt. Hab mir Sorgen gemacht und … Tja, wohl umsonst.“ Sein Blick wanderte immer noch an Alexis rauf und runter. „Okay. Zugegeben: Ich war schon letzte Woche hier. Konnte es einfach nicht glauben. Du bist ein hübscher Wolf. Verwandelst du dich für mich noch mal? Biiitte!“

„Verschwinde, Idiot!“ Alexis stieß die Tür zum Wohnzimmer auf, lief zur Couch und griff nach seinen Klamotten, die er vorhin dort abgelegt hatte.

„Moment!“ Jordan umfing ihn von hinten mit beiden Armen. „Wir sind noch nicht fertig.“

„Ich schon!“ Alexis‘ Herzschlag raste. Er kniff die Augen zu, spürte Lippen an seinem Hals und hätte vor Frust am liebsten aufgeschrien. Jordan spielte mit ihm!

„Wer weiß von deiner zweiten Gestalt?“

„Niemand. Nur mein Großvater, von dem ich die Fähigkeit geerbt habe.“

„Hmm … Wäre doch bestimmt in deinem Sinne, wenn es weiterhin dein Geheimnis bliebe, oder?“

„Was willst du von mir?“, flüsterte Alexis angespannt.

„Dich.“

„Wie jetzt? Als dein Haustier?“, fragte er mit vor Ironie triefender Stimme.

„Ich will mit dir schlafen, dich küssen, im Arm halten.“ Jordan war unglaublich erregt von der Vorstellung, mit einem Wolfsmenschen zu vögeln. Dass es sich dabei um Alexis handelte, machte die Sache um Vieles geiler. Als er am letzten Wochenende aus sicherer Entfernung das erste Mal die Verwandlung gesehen hatte, war er anfangs entsetzt gewesen. Inzwischen begeisterte ihn Alexis‘ Anderssein. Er war wahnsinnig verliebt in den sexy Mann und vielleicht wäre es ganz gut, wenn er das irgendwie andeuten würde. Alexis kühle Haltung brachte ihn jedoch davon ab.

„Sex? Okay, dann fick mich und gut.“ Alexis stieß sich heftig von Jordan ab. Mit wiegenden Hüften tänzelte er um die Couch herum, warf sich rücklings auf das Polster und ließ die Knie lasziv auseinanderfallen.

Kurzschluss! Als nächstes fand sich Jordan nackt auf und in Alexis wieder. Sein Herz wummerte hart gegen die Rippen. Er schnappte nach Alexis‘ Lippen und bewegte gleichzeitig die Hüften im gewohnten Rhythmus. Es fühlte sich jedoch anders an, als er es kannte. Intensiver. Besser. Einfach vollkommen. Jeder Stoß brannte. Im letzten Moment, bevor sein Verstand ganz aussetzte, hielt er inne.

„Wenn ich jetzt pur in dir komme, gehörst du mir“, keuchte er.

Alexis verschränkte die Arme hinter Jordans Hals und wimmerte. War das Zustimmung? Es war nur eine rhetorische Warnung, aber wenn Alexis sich vehement gewehrt hätte, vielleicht hätte er dann die Kraft gefunden und aufgehört. Doch Alexis keuchte und stöhnte stattdessen, dass es in Jordans Ohren klingelte. Er kam. Heftig. Heiß. Lange.

„Lass mich jetzt allein“, bat Alexis, zwar atemlos, jedoch sehr kühl.

Gerade zurück aus der Ekstase, waren diese Worte für Jordan wie ein Kübel Eiswasser über den Kopf. Mühsam stand er auf, starrte auf Alexis runter und sein Herz brach. Er hatte den Sex erzwungen, Alexis gefügig gemacht und das war nun die Quittung. Steif bückte er sich nach seinen Sachen, stolperte, als er in die Shorts steigen wollte. Die antrainierte Selbstbeherrschung bröckelte bei jeder Bewegung. Entschlossen raffte Jordan den Rest Bekleidung hoch, wankte zur Tür und erstickte schier an ungeweinten Tränen.

„Ich hatte gehofft … ich hab mir so sehr gewünscht …“, stammelte er heiser und – verdammt! – da kullerte doch wirklich die erste salzige Perle über seine Wange. „Leb wohl“, krächzte er, griff nach der Klinke und hoffte – hoffte so sehr – dass Alexis etwas sagte, etwas tat. Irgendetwas. Doch es kam nichts.

Im Flur ließ er das Bündel fallen, stieg unbeholfen in die Jeans und zog das Hemd über. Plötzlich erklang ein Laut, eine Art Wehklagen. Von ihm kam es nicht, obwohl er am liebsten laut losgeheult hätte. Jordan horchte. Da! Wieder dieses hilflose Schluchzen. Er wirbelte herum, stieß die Tür auf und war im Nu wieder vor dem Sofa.

„Alexis?“ Entsetzt, dennoch voller Hoffnung, starrte er die bebenden Schultern an. Was nun? Einem Instinkt folgend sackte er auf die Couchkante, strich über die zarte Haut von Alexis‘ Rücken und beugte sich zu dessen Ohr. „Alexis? Bitte, ich tu dir nichts mehr. Ich lass dich in Ruhe und …“

„Verschwinde!“ Alexis drehte den Kopf und fixierte ihn böse trotz der Tränen. „Du hattest, was du wolltest. Wo komme ich da vor? Ach, verpiss dich einfach.“ Er verzog die Lippen zu einem graden Strich. „Bitte!“, fügte er hinzu.

Natürlich hätte Jordan in diesem Augenblick ein Liebesgeständnis stammeln können. Aber ob das etwas an der Situation änderte? Alexis blickte so hasserfüllt, dass jeglicher Mut in ihm verpuffte. Jordan stand auf, schlich aus dem Zimmer und stieg in die restlichen Klamotten. Durch die Vordertür verließ er mit hängendem Kopf das Haus.

~ * ~

Von da an ging Alexis jeden Tag mit der Befürchtung zur Arbeit, dass Jordan ihn verraten würde. Wenn sie sich auf dem Flur trafen, senkte Jordan den Blick und huschte schnell vorbei. Irrte er sich, oder sah der Kollege miserabel aus? Alexis selbst traute sich kaum noch, in den Spiegel zu gucken. Nachts träumte er davon, in Jordans Armen zu liegen und dessen Worte hallten in seinem Schädel wider. Was hatte er damit gemeint, dass er ihm gehören würde? Konnte es sein, dass Jordan auf mehr als nur Sex aus war?

Der Spruch war ganz schön Machohaft gewesen, erregte ihn aber jedes Mal, wenn er daran dachte. Wie Jordan ihn dabei mit den Augen aufgefressen hatte und anschließend abgegangen war! Es hatte sich absolut geil angefühlt und kribbelte selbst in der Erinnerung noch wie verrückt. Wer hatte eigentlich die rote Rose am Montag auf seinen Schreibtisch gelegt? War Jordan das gewesen?

Bis zum Freitag blieb sein Tisch leider blumenfrei. Etwas enttäuscht wühlte Alexis sich durch die Aktenberge. Gegen Mittag rief sein Vater an und bat um ein Mittagessen. Kein gutes Zeichen.

„Ich fürchte, ich muss Jordan noch in der Probezeit entlassen“, eröffnete Arthur Krüger das Gespräch. „Seine Leistungen sind unter aller Sau. Allerdings erst seit Montag. Kannst du dir darauf einen Reim machen?“

Alexis schüttelte den Kopf, den Blick gesenkt auf die Gabel, mit der er ein Salatblatt auf dem Teller hin und her schob.

„Hallo? Erde an Sohn! Hältst du mich eigentlich für komplett unterbelichtet?“

Alexis‘ Augen huschten hoch und blickten in die seines Vaters. Ein liebevolles Lächeln spielte um dessen Mund.

„Junge! Ich weiß, dass du schwul bist, allerdings erst seit kurzem. Und auch, dass du nachts, genau wie mein Vater, als Wolf durch die Gegend rennst.“

„Das hat dir Jordan verraten“, stieß Alexis hervor und Enttäuschung über diese fiese Hinterlist griff mit scharfen Klauen nach seinem Herzen.

„Ach? Mit dem redest du also über derart unwichtige Details deines Lebens.“ Arthur schüttelte in gespielter Empörung den Kopf. „Ich verrate dir jetzt mal was, mein lieber Sohn: Ich habe Augen im Kopf und die Sache mit Opa … Er hat es mir auf dem Sterbebett anvertraut.“ Er beugte sich über den Tisch. „Ehrlich gesagt bin ich ziemlich sauer auf dich, dass du mir so wenig vertraust. Vielleicht sollte ich dich anstatt Jordan entlassen. Doch hier geht es nicht um moralische Aspekte, sondern um … ja, worum eigentlich?“

„Keine Ahnung“, murmelte Alexis, türmte die Gurkenscheiben zu einer Pyramide und formte aus den Tomatenvierteln eine Blüte.

„Alexis!“ Sein Vater schlug so hart mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Gläser hochsprangen und andere Gäste zu ihnen herüber blickten. „Alexis“, sagte er leiser. „Jordan zeigt alle Symptome eines liebeskranken Irren und du … du bist nicht viel besser.“

„Quatsch!“, begehrte er auf, zerstörte die Gurkenpyramide und legte die Gabel weg. „Ich bin ein verdammter Werwolf und Jordan … der will nur meinen A…“ Erschrocken hielt er inne. „Der will nur das Eine“, relativierte er lahm.

„Sohn …“, sagte sein Vater, schob sich eine Gabelvoll Nudeln in den Mund und fuhr fort: „Alsch ich damalsch deine Mutter traf … ich hab nur an dasch Eine denken können. Ischt voll normal, wenn man verliebt ischt.“

„Puh! Bitte nicht. Eltern haben keinen Se… Geschlechtsverkehr.“

„Aha?“ Arthur lachte und betrachtete Alexis‘ Teller. „Junge, iss! Und werde endlich erwachsen. Regle die Sache mit Jordan, sonst kann der sich nächste Woche seine Papiere im Personalbüro abholen.“

„Du erpresst mich?“ Alexis fiel die Kinnlade herunter.

„Pft. Nenn es wie du willst. Anscheinend bist du zu feige, um selbst dein Leben auf die Reihe zu bekommen.“ Voller Appetit schlang Arthur den Rest Nudeln herunter, während Alexis folgsam seinen Salat aufaß.

Was sollte er nun tun?

Zurück im Büro, wanderte er rastlos durch das Zimmer. Immer wieder guckte er zu der Wand, die ihn von Jordan trennte. Hatte sein Vater recht? Hatte er nicht auch den Eindruck gewonnen, dass Jordan litt? Doch wie sollte er herausfinden, ob das stimmte? Einfach rüber stürmen und Jordan fragen? Keine gute Idee. Wenn er falsch lag, wäre er hinterher der Narr.

Alexis setzte sich hin, stierte auf den Monitor und seine Gedanken wanderten in die Ferne. Zu der Lichtung, die er in Wolfsgestalt gern aufsuchte. Dort fühlte er sich frei und für einen Moment eins mit sich. Dort war er mit seinem Schicksal ausgesöhnt. Einer plötzlichen Eingebung folgend, beugte er sich über die Tastatur.

„Heute um Mitternacht im Wald. Ungefähr einen Kilometer hinter meinem Haus befindet sich eine Lichtung mit einem See. Wenn du etwas für mich empfindest, bist du da. A.“

~ * ~

In Wolfsgestalt waren Alexis‘ Gedankengänge anders. Irgendwie befreit von dem ganzen Seelenmüll. Er fühlte animalischer und war absolut triebgesteuert. Zwischen den Bäumen hindurch, absolut geräuschlos, näherte er sich der Lichtung. Das letzte Mondviertel spiegelte sich in dem still daliegenden Weiher. Saftiges Gras fühlte sich kühl unter seine Pfoten an. War Jordan da? Er entdeckte die Silhouette eines Mannes in der Nähe des Ufers. Seine Augen waren in Wolfsgestalt schärfer als sonst. Dort kauerte Jordan und zog sich gerade die Hose aus. Ein Zeichen seiner Unterwerfung?

Langsam schlich Alexis näher auf den Nackten zu und hockte sich in ungefähr einem Meter Abstand hin. Jordan zuckte nicht zurück, zeigte keinerlei Anzeichen von Furcht. Nur in seinem Blick lag eine sehnsüchtige Frage, die Alexis selbst in der aktuellen Gestalt das Herz abschnürte. Ohne Zweifel, der Mann mochte ihn.

„Alexis?“ Ein seichtes Lüftchen trieb das Wort über den See und es lag so viel Gefühl darin, dass jegliche Zurückhaltung flöten ging.

Er stürzte sich auf den Mann, leckte über dessen Gesicht und wurde von starken Armen umfangen. Als Mensch war er rund 10 Zentimeter kleiner als Jordan, als Wolf war er ihm ebenbürtig. Finger kraulten durch sein Fell. Ein fester Körper drängte sich verlangend an seinen. Alexis‘ Glied pochte. Der Trieb übermannte ihn.

Auf allen Vieren ließ Jordan sich besteigen. In Tiergestalt besaß Alexis keinerlei Raffinesse, kannte nur ein Ziel. Er rammelte Jordan durch, bis der Saft aus ihnen herausspritzte. Noch während er kam, verwandelte sein Körper sich fließend schnell zurück. Das war eine neue Erfahrung und absolut geil. Alexis stöhnte die ganze Lichtung zusammen, umklammerte Jordans Mitte und presste sich fest an ihn.

„Alexis? Geht’s dir gut?“ Die raue Stimme an seinem Ohr war wie ein Déjà-vu. Alexis hauchte einen Kuss auf Jordans Wange, drehte ihn zu sich herum und blickte in grüne Augen. Im Mondlicht schimmerten sie dunkel wie tiefe Seen. „Ja“, sagte er heiser und suchte Jordans Lippen mit seinen.

Im weichen Gras fielen sie erneut übereinander her. Unter gemurmelten Entschuldigungen und Liebesworten, eroberte Jordan Alexis‘ Hintern und schlich sich mit seiner zärtlichen Art noch tiefer in dessen Herz. Nur der Mond war Zeuge. Zum Glück hatte der eine Art Schweigegelübde abgelegt. Auf kitschigste Weise gestand Jordan seine Liebe und Alexis schwebte auf Wolken. Niemand – wirklich niemand! – sollte ihm diesen Moment rauben! Er gehörte nur ihm allein.

Epilog

„Bitte! Mach mir den Schmusewolf!“ Jordan strich über Alexis‘ Wange und gucke dabei so treuherzig, dass seinem Liebsten das Herz schmolz.

„Du bist eine Plage“, schimpfte Alexis, streifte dabei seine Kleidung ab und grinste.

Es war Freitagabend. Seit einem halben Jahr waren Jordan und er ein Paar. Die Zeit hatte ihre Liebe mehr und mehr vertieft. Sie hatten den Segen von Alexis‘ Eltern und in der Kanzlei herrschte wieder Ruhe, nachdem sie ihre Beziehung vor fünf Monaten offenbart hatten. Darauf hatte Alexis bestanden, um Jordan seine Zuneigung zu beweisen. Dieser dankte es ihm mit aufrichtiger Liebe. Tief und unerschütterlich.

Das war auch der Grund, weshalb Alexis mit seiner Wolfsgestalt und dem, was er darin anstellte, inzwischen umgehen konnte. Er wusste, dass er über Jordan herfallen würde, sobald die Wandlung vollzogen war. Dass sein Liebster das durchaus genoss, söhnte ihn mit seinem Schicksal aus. Hinzu kam, dass er es durchaus zu schätzen wusste, wenn Jordan ihn kraulte.

„Beeil dich! Ich bin total scharf!“, wisperte Jordan, der sich unterdessen ebenfalls von seinen Klamotten befreit hatte.

„Ich tu dir bestimmt gleich weh“, sagte Alexis, dessen Glied sich angesichts seines sexy Geliebten schon unartig nach vorn bog.

„Vielleicht … könnte der böse Wolf mal vorher mit seiner Zunge …?“ Ein dreckiges Grinsen auf den Lippen, wandte Jordan ihm den Rücken zu, ging auf die Knie und reckte den Arsch empor.

„Boah! Ich werde dich gleich …“, flüsterte Alexis noch, bevor ihm eine Schnauze wuchs und seine Stimme zu einem kehligen Knurren wurde.

Seit Jordan sein Partner war, konnte er auch in Wolfsgestalt seine Gedanken besser kanalisieren. Eifrig machte er sich mit seiner nassen, rauen Zunge über dessen rosa Öffnung her, bis alles schön feucht glänzte. Erst dann nahm er seinen Liebsten und als er kam, überzog wieder dieses beseligende Kribbeln seinen ganzen Körper. Alexis verwandelte sich zurück, fand sich mit den letzten Zuckungen seines Orgasmus als Mensch an Jordan gepresst wieder und hörte einen Schrei, der seine empfindlichen Ohren und wohl auch die einiger Nachbarn zucken ließ. Jordan war noch nie so laut gekommen. Selig drückte er sein Glied noch einmal ganz tief in den Liebsten.

„Jetzt gehörst du mir“, raunte er.

„Ich liebe dich“, erwiderte Jordan wohlig erschöpft. „Du bist so ein geiler Kuschelwolf.“

„Also … was magst du lieber: Mich oder das Tier?“, fragte Alexis mit der Unsicherheit, die sich über lange Jahre in ihm eingebrannt hatte. Jordan drehte sich in seiner Umarmung und sah ihn ernst an.

„Dich. Du kannst reden und bist so unglaublich schlau und sexy und lieb …“ Jordan rollte übertrieben die Augen. Wieso fragte Alexis überhaupt? Für ihn war das sonnenklar. „Das Tier mag ich auch, aber nur, weil du es bist.“

„Würdest du also … wenn ich kein Wolf wäre, würdest du mich dennoch …?“

„Schatz! Süßer! Mein Augenstern! Ich hab mich verknallt, bevor ich das mit dem Wolf wusste“, erinnerte Jordan sanft.

„Oh!“ Alexis‘ Herz wurde ganz weich. Verliebt sah er Jordan in die Augen. „Interesse an einer Runde menschlichen Kuschelsex? Ich will küssen.“

„Alles was du willst, mein Liebster“, murmelte Jordan und strahlte wie ein Kind. „Alles für dich.“

Kurz darauf steckte er bis zum Anschlag in Alexis. „Eben hast du mich mit deiner Sahne vollgepumpt. Gleich mach ich das mit dir. Dann gehörst du mir ganz.“ Boah! Der machohafte Spruch trieb Alexis‘ Lust in die Höhe. Er liebte diesen Anzugträger und das nächste Mal … würde er nicht den Wolf machen, sondern Jordan würde, dann einmal wieder in Nadelstreifen, seinen dicken Schwanz zum Einsatz bringen. Bei diesem Gedanken kam es Alexis sofort.

„Ups?“, stöhnte Jordan, der noch nicht einmal halb den Weg zum Gipfel erstürmt hatte. „Schon da?“

„Mhm“, seufzte Alexis und hielt seinen Liebsten fest umarmt.

„Darf ich denn auch noch …?“

„Aber ja. Küss mich, dann darfst du alles.“

Jordan nahm das wörtlich.

ENDE

Anzugträger besiegt höhere Mächte

Meinhard von Görk hat den Auftrag, die Wohnung des arroganten Aytekin Paker zu renovieren. Für ihn ist es Liebe auf den ersten Blick. Doch wie soll er den Mann von sich überzeugen, wenn er nicht einmal dessen Interesse weckt? Hinzu kommen dieses kleine Geheimnis und ein alter Fluch. Also genug Arbeit für den wackeren Meinhard.

1.

Aytekin sah sich mehrfach nach allen Seiten um, als er der kleinen Grünanlage zustrebte. Es war Mittagspause und viele andere Anzugträger wie er liefen umher, um sich irgendwo den Bauch vollzuschlagen. Er hatte keinen Hunger, ihm dürstete es nach etwas anderem: Sex. Schnellem, anonymen Sex. Einfacher Druckabbau ohne Verpflichtungen.

In einer abgeschiedenen Ecke des Parks lag Das heruntergekommene Klohäuschen verlassen in der Mittagssonne da. Sonst standen immer ein paar Stricher herum. Aytekin fluchte verhalten und starrte auf die schief in den Angeln hängende Tür. Sollte er es wagen einen Blick in das Innere des wenig vertrauenerweckenden Gebäudes zu werfen? Es schüttelte ihn bei der Vorstellung, was er dort entdecken würde. Unruhig wanderte er auf und ab, wobei er den Blick schweifen ließ. Irgendwo musste doch ein williger Kerl stecken! Schließlich hatte er nicht ewig Zeit und verdammten Druck.

Rund zehn Minuten tat sich nichts. Aytekin wurde es immer wärmer in seinem steifen Anzug. Er knöpfte das Jackett auf, lockerte die Krawatte und öffnete den obersten Hemdknopf. Als er sich erneut umschaute, glaubte er zwischen den Bäumen, hinter einem Gebüsch, ein paar Augen zu sehen. Er guckte genauer hin, machte einen Schritt auf den Busch zu und tatsächlich: Ein blaues Augenpaar beobachtete ihn.

„Was glotzt du so? Komm da raus!“, forderte er.

Statt einer Antwort erklang ein tiefes Brummen, wie das eines Tieres. Aytekin war inzwischen so rattig, dass er keinerlei Angst spürte. Im Moment hätte er alles gefickt, sofern es einigermaßen männlich war. Nervös sah er auf seine teure Armbanduhr. Die Pause war gleich um.

„Komm da raus“, bat er etwas freundlicher. „Zeig dich mal.“

Die Augen verschwanden. Kein einziges Geräusch verriet, dass sich jemand hinter dem Gebüsch bewegte. Gleich darauf hörte Aytekin wieder das dunkle Knurren, nur diesmal näher. Er wagte sich weiter in den Schatten der Bäume, ging halb um den Busch herum und erstarrte. Vor ihm hockte ein riesiger Hund. Das Tier saß auf seinen Hinterläufen und sah ihn aus dunkelblauen Augen neugierig an. Noch nie hatte Aytekin ein derart großes Haustier gesehen. Es trug kein Halsband. Gab es hier wilde Hunde?

„Wer bist du denn?“, säuselte er in der Art, wie er mit dummen Tierchen sprach. „Bist du ausgerissen?“

Das Knurren veränderte sich, von wohlwollend zu verärgert. Verstand das Viech ihn etwa?

„Bleib mal ganz lässig“, sagte er beruhigend und hob beide Hände. „Ich tue dir nichts.“

Das Tier grinste. Hallo? Hunde grinsen nicht! Aytekin beschwor seinen gesunden Menschenverstand. Er hatte es hier sicher mit einem Ausreißer zu tun, dessen Herrchen in jedem Moment erscheinen würde. Sein Blick wanderte an dem Monsterhund herunter und verharrte zwischen dessen Beinen. Wow! Ganz schön dickes Ding! Und wenn ihn nicht alles täuschte, war das Tier erigiert. In diesem Augenblick senkte der Hund den Kopf und bog den Rücken, bis er sich über die Eier lecken konnte. Was hätte Aytekin dafür gegeben, mit dem Viech tauschen zu können. Ein paarmal hatte er genau das Kunststück schon probiert und sich dabei fast das Kreuz verrenkt.

„Du hast es gut“, brummelte er neidisch, wobei er ungeniert glotzte.

Der Hund schaute kurz auf, bevor er sich wieder über seine Genitalien hermachte. Aytekin musste schwer schlucken, als das Tier statt der Eier seinen Schwanz leckte. Himmelherrgott nochmal! Wollte das Viech ihn provozieren? Gebannt hing sein Blick an dem dunklen Geschlecht, das nun rhythmisch im Maul des Hundes verschwand. Sein eigenes Glied pochte empört und es fehlte nicht mehr viel, bis Aytekin es hervorholen und massieren würde. Sein Herz raste und Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet.

„Hey, du da!“

Erschrocken sah er über die Schulter zum Klohäuschen. Ein schmächtiger Kerl in enger Jeans und knappem T-Shirt stand dort, die Hände in die Seiten gestemmt.

„Was bist du? Ein Spanner?“ Der Typ grinste.

Ein Zweig knackte und als Aytekin den Blick nach vorn wandte, war an der Stelle, wo eben noch der Hund gehockt hatte, nur noch Luft. Irgendwie bedauerte er die Unterbrechung, auch wenn er nun zu dem ersehnten Fick kommen würde.

Zurück im Büro, recherchierte er im Internet nach exhibitionistischen Haustieren. Als er nichts fand, versuchte er es mit voyeuristischen Hunden. Auch Fehlanzeige. Eine Weile stöberte er unter verschiedenen Hunderassen, ohne ein ähnliches Exemplar wie das aus dem Park zu finden. Schließlich gab er auf. Bevor er sich wieder seiner Arbeit zuwandte, tätigte er schnell noch einen Privatanruf.

„Maler von Görk“, meldete sich eine dunkle Stimme.

„Paker hier“, sagte Aytekin. „Sie waren gestern bei mir …“

„Ich erinnere mich“, fiel der Mann ihm ins Wort.

Aytekin hasste das. Er redete gern aus und strafte den Kerl daher mit ein paar Sekunden Schweigen.

„Sind Sie noch dran?“, erkundigte sich der Maler deutlich amüsiert.

„Ja, bin ich. Ich wollte Ihnen nachher den Schlüssel vorbeibringen, damit Sie morgen anfangen können.“

„Ich bin gleich außer Haus und komme vor zehn Uhr nicht wieder her. Werfen Sie den Schlüssel einfach in den Briefkasten.“

Das sollte Aytekin nur recht sein. Männer in blauen Latzhosen interessierten ihn nicht, schon gar nicht, wenn sie dazu noch lange Haare hatten. Er mochte es obenherum kurz, unten dick und lang. Ein einfaches Prinzip.

„Wunderbar“, erwiderte er. „Ich bin morgen ab acht weg. Dann haben Sie freie Bahn.“

Er legte auf, ohne sich die Mühe zu machen, den Maler zu verabschieden. Der Kerl bekam Geld für seine Arbeit, das musste reichen. Aytekin hatte genug andere Dinge zu tun, als zu uninteressanten Männern nett zu sein. Zum Beispiel an diesen komischen Hund denken. Was war das bloß für eine Rasse? Aufgerichtet auf den Hinterpfoten, musste das Tier annähernd so groß sein wie er selbst. Eine Kreuzung zwischen Pony und … Labrador? Nein, das Fell war braun und zottig gewesen, nicht weiß mit schwarzen Punkten. Und blaue Augen bei einem Hund? Mensch, Aytekin! Krieg dich ein! Die Arbeit ruft!

Seufzend wandte er sich dem Monitor zu. Kurz darauf war der Hund vergessen.

2.

Aytekin saß im Bademantel in der Küche, in der Hand einen Becher Kaffee und vor sich die Tageszeitung, als die Wohnungstür aufgeschlossen wurde. Ein Kerl in Latzhose, eine Leiter über der Schulter, ging durch den Flur und lächelte ihm kurz zu.

„Morgen“, sagte der Mann leise und verschwand irgendwo in der Wohnung.

Aytekin starrte mit offenem Mund. Als nächstes schritt von Görk vorbei, stoppte und grüßte freundlich: „Guten Morgen.“ Bevor er etwas erwidern konnte, war auch der Maler verschwunden. Was – zum Henker! – ging hier vor? Es war gerade mal halb acht! Aytekin sprang auf, kippte sich dabei Kaffee über den blütenweißen Frottee und fluchte ausgiebig.

„Kruzitürken! Ja, Scheiße nochmal! Hallo?“ Er lief los und fand die beiden Männer in einem der leerstehenden Räume. „Was, bitteschön, ist hier los?“, fauchte er und stemmte die Hände in die Seiten.

Dass dabei sein Morgenmantel aufklaffte und alles den Blicken der beiden Kerle preisgab, störte ihn herzlich wenig.

„Wir sollen hier renovieren“, sagte von Görk ruhig.

„Schon klar! Es ist aber erst halb! Ich sagte, dass Sie ab acht über die Wohnung frei verfügen können“, protestierte Aytekin, schlang nun doch den Stoff um seinen Körper und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Das stimmt. Sie sagten aber nichts davon, dass wir vorher nicht beginnen dürfen.“ Der Maler legte den Kopf schief und runzelte die Stirn. „Oder … hab ich mich verhört.“

„Nun fangen Sie nicht an, Erbsen zu zählen“, höhnte Aytekin.

Von Görk hatte die wilde Mähne im Nacken mit einem Zopfgummi gebändigt. Die Farbe ähnelte der des Hundes aus dem Park. Also: Die der Mähne. Zudem erinnerten die blauen Augen an das Tier. Ach, was dachte er hier?

„Okay. Ich hab mich falsch ausgedrückt“, gab er nach, als stille Sekunden verstrichen waren. Schließlich zahlte er die Männer pro Stunde, dann sollten sie nicht stehen und glotzen, sondern arbeiten. „Aber morgen bitte erst nach acht“, bat er annähernd versöhnlich und stolzierte aus dem Raum.

Während er im Schlafzimmer in seine Klamotten schlüpfte, gingen ihm von Görks Augen nicht mehr aus dem Sinn. Blau. Wahnsinnig blau und dazu noch von weibisch langen und dunklen Wimpern umrahmt. Der Kerl war gar nicht sein Typ, aber für diese Augen hätte er morden können. Doch was wollte er mit den nackten Augäpfeln? Sie in Alkohol einlegen und ins Regal stellen? Aytekin war kein irrer Mörder. Das Sammeln von Körperteilen stand auf seiner Hobbyliste ganz weit unten.

Bevor er die Wohnung verließ, ging er noch einmal zu den Malern. „Kaffee ist in der Küche, Mineralwasser im Kühlschrank. Bedienen Sie sich“, gab er sich großzügig und begutachtete den Arbeitsfortschritt. Die Wände waren schon zur Hälfte von den alten Tapeten befreit. Offensichtlich verstand von Görk sein Handwerk. Er lächelte dem Mann sogar kurz zu, was dieser mit einem Schmunzeln erwiderte.

Aytekin joggte die Treppe runter und trat durch die Tür vors Haus. Verflixt! Wo hatte er bloß gestern sein Auto abgestellt? Geschlagene fünf Minuten brauchte er, um die Karre zu finden. Damit war seine Laune erneut im Eimer.

Das war auch der Grund, weshalb er mittags wieder die Klappe im Park aufsuchte. Er musste Dampf ablassen und irgendwie ging ihm der Köter nicht aus dem Sinn. Vielleicht trieb sich das Tier erneut zwischen den Bäumen herum.

Es befanden sich lediglich zwei Jünglinge vor dem Klohäuschen, von dem Riesenhund fehlte jede Spur. Dennoch suchte Aytekin sogar dann noch das Gebüsch mit den Augen ab, als einer der Stricher vor ihm kniete. Erst beim Höhepunkt ließ seine Aufmerksamkeit für Sekunden nach. Sein Körper war zufrieden, sein Geist auf merkwürdige Weise nicht. Er hätte zu gern den Hund erneut beobachtet, wie dieser an sich selbst herumnuckelte. Ob er zum Voyeur mutierte? Ein zoophiler Voyeur? Gab es das?

~ * ~

Meinhard von Görk schickte seinen Gesellen gegen vier Uhr nach Hause. Er selbst räumte noch ein wenig auf, um danach die anderen Räume zu begutachten. Das hatte er zwar schon in Aytekin Pakers Begleitung getan, doch in dessen Gegenwart war er gehemmt. Oder eher gesagt wollte er nicht allzu auffällig herumschnüffeln, wenn der Wohnungseigner dabei zuguckte. Schnüffeln im Sinne von riechen. Meinhard hob die Nase in die Luft, während er langsam über den Flur lief. Zum Glück hatten sie heute nur ein wenig tapeziert, sonst hätte scharfer Farbgeruch ihn betäubt. Wenn er alle Sinne aufs Riechen konzentrierte, nahm er jede noch so schwache Nuance wahr.

Aytekin – er nannte den Mann heimlich beim Vornamen – roch gut. Meinhard schloss die Augen, um den Duft noch besser aufnehmen zu können. Dabei lief er weiter und …

„Mist!“ Er war gegen einen Türrahmen gestoßen. Vorsichtshalber ließ er beim Weitergehen die Augen offen. Im Wohnzimmer war das Aroma nicht besonders stark. Meinhard wanderte ins Bad, wo leider Seifengeruch und Desinfektionsmittel dominierten. Im Schlafzimmer wurde es richtig gut. Er schnüffelte am Bettzeug, aus dem ihm die volle Ladung Mannesduft entgegenschlug. Moschus! Gerade noch konnte er sich davon abhalten, übers Laken zu kriechen und nach Spermaspuren zu suchen. Immerhin konnte Aytekin jeden Moment kommen. Wie er dann seinen Aufenthalt auf dessen Bett rechtfertigen sollte, wusste Meinhard echt nicht.

Schon als sie sich am Montagabend zu einer Wohnungsbegehung getroffen hatten, war er dem attraktiven Mann verfallen. Aytekin hatte die typisch dunklen Locken und Augen vieler Osmanen. Die Gesichtszüge waren wie gemeißelt, die Lippen voll und schienen stets spöttisch zu grinsen. Er war ein Tick kleiner als Meinhard, dafür jedoch etwas kräftiger. Heute Morgen, als der Mann mit aufklaffendem Bademantel dastand, hatte er sich davon überzeugen können. Also, von den Muskeln. Okay, er hatte auch auf den Schwanz gestarrt. Aber nur kurz. Gerade nur so lange, um festzustellen, dass das Glied recht ordentlich proportioniert war und die Schambehaarung gestutzt. Von dort lief ein schmaler Streifen über den Nabel höher, um sich von dort aus über die ganze Brust auszubreiten. Meinhard mochte das. Was gab es schöneres, als die Nase in den feinen Löckchen zu vergraben und tief einzuatmen?

Er wollte diesen Mann mehr, als je einen anderen zuvor. Dass Aytekin kein Interesse hatte, war deutlich geworden. Doch vielleicht gab es einen Weg das zu ändern. Gestern, als er Aytekin in den Park gefolgt und in Wolfsgestalt bei der Klappe aufgetaucht war, hatte wenigstens Neugier in seinen Augen aufgeblitzt. Leider hatte Meinhard heute während der Mittagspause keine Gelegenheit gehabt, für eine Stunde zu verschwinden. Sein Geselle sollte nicht allein in der Wohnung bleiben, das hätte ihm ein schlechtes Gefühl vermittelt. Joachim war zwar nicht schwul, aber neugierig.

Meinhard ging in die Küche, versicherte sich, dass alles ordentlich war und holte anschließend seine Tasche aus dem nach Kleister riechenden Raum. Es gab keinen Grund sich länger aufzuhalten. Leider. Bedauernd verließ er die Wohnung.

Wie verlangt, schlug er am nächsten Tag erst um acht wieder bei Aytekin auf. Die Wohnung war leer. In der Küche lag ein Zettel auf dem Tisch.

„Bedienen Sie sich an Kaffee und Wasser“, stand da in schnörkeligen Lettern.

Meinhard steckte die Notiz instinktiv in die Tasche seiner Latzhose. Was er damit wollte wusste er nicht. Es gefiel ihm einfach, etwas von Aytekin bei sich zu haben. Der Geselle läutete zehn Minuten später und sie fingen an zu arbeiten.

Gegen Mittag fragte Joachim, ob er zwei Stunden Pause machen könne. Seine Freundin war schwanger und brauchte Zuwendung. Meinhard kam das sehr entgegen. Um punkt zwölf verließ der Geselle die Wohnung, er kurz darauf.

Bis zu der Kanzlei, in der Aytekin arbeitete, waren es nur fünfzehn Minuten Fahrtzeit. Die Adresse kannte Meinhard von der Visitenkarte, die der Mann ihm beim ersten Treffen ausgehändigt hatte. Offenbar besaß Aytekin keine anderen Karten, denn er hatte auf die Rückseite seine Privatadresse geschrieben. Eigentlich ein sympathischer Wesenszug. Meinhard hasste Leute, die sich für so wichtig hielten, dass sie ihre Daten gedruckt sehen wollten. Er parkte den Wagen in einer kostenpflichtigen Tiefgarage und postierte sich danach vor dem Eingang des Gebäudes.

Ungefähr zehn Minuten später trat Aytekin aus der Tür. Schnell verbarg Meinhard sich hinter einer der imposanten Säulen, die den Eingang säumten. Mit weit ausholenden Schritten strebte Aytekin in Richtung Park, wobei er total unauffällig immer wieder Blicke nach links und rechts warf. Insgeheim musste Meinhard darüber den Kopf schütteln. Nichts war aufsehenerregender als Aytekins Versuch, nicht gesehen zu werden.

An der Stelle, von wo ein schmaler Trampelpfad zwischen den Bäumen hindurch zum Toilettenhaus führte, blieb Aytekin stehen und guckte sich erneut um. Meinhard hatte das geahnt und sich vorsorglich hinter einem dicken Eichenstamm versteckt. Aytekin verschwand aus seinem Blickfeld.

Warum es ihn schon wieder zur Klappe trieb wusste Aytekin nicht. Eigentlich ging er höchstens einmal die Woche dorthin. Langsam wanderte er über den Pfad, wobei er das Gestrüpp zur linken und rechten mit Argusaugen beobachtete. Vielleicht war der Hund hier irgendwo. Plötzlich hörte er ein Rascheln hinter sich und gleich darauf brach das Tier aus dem Dickicht hervor. Für einen Moment schlug Aytekins Herz angsterfüllt, da der Auftritt schon etwas Furchteinflößendes hatte. Als der Hund sich aber hinhockte und mit wachsamen Augen zu ihm aufschaute, schwand das Gefühl.

„Da bist du ja“, säuselte Aytekin. „Ich hab was Feines für dich.“ Er holte eine Handvoll Trockenfutter aus der Hosentasche. Zu seiner Schande musste er gestehen, dass er ein Schachtel davon gekauft hatte. Der Hund schnüffelte und es schien fast, als würde er die Nase rümpfen. „Ach? Magst du das nicht?“, murmelte Aytekin verärgert und warf das Zeug achtlos ins Gebüsch.

Er guckte dem Tier in die Augen und für eine Weile spielten sie Blickduell. Es war am Ende Aytekin, der die Lider senkte und dabei unwillkürlich zwischen die Hinterläufe schielte. Ein stattliches dunkles Glied reckte sich aus der nackten Mitte nach oben.

„Mann-Mann-Mann!“ Er leckte sich unbewusst über die Lippen. „Wusste gar nicht, dass Hunde so riesige Dödel haben.“

Der Hund knurrte, beugte sich runter und fuhr – wenn Aytekin sich nicht täuschte –provozierend mit der langen Zunge über das steilaufragende Geschlecht. Herr im Himmel! Was sollte das? Und kam es ihm nur so vor, oder linste das Tier zu seiner Mitte? In seiner Hose wurde es verdammt eng. Schweißtropfen sammelten sich auf seiner Stirn. Der Wunsch, sich vor dem Viech zu entblößen, wurde übermächtig. Ach, Scheiß drauf! Hier sah ihn ja keiner.

Aytekin öffnete den Gürtel, den Knopf und zog den Reißverschluss herunter. Blaue Hundeaugen folgten dem Vorgang wie gebannt. Er schob Hose mitsamt Shorts über den Hintern und holte seinen steifen Schwanz hervor. Seine Haut kribbelte aufgeregt, als hätte er sich in einen Ameisenhaufen gelegt. Ein leichtes Lüftchen fuhr kühlend über die nackten Stellen und verstärkte die Erregung noch. Der Riesenköter winselte, wedelte mit der Rute und rutschte näher heran.

Es fühlte sich so prickelnd an wie damals, als er und Heiner auf einer Klassenfahrt in einem kalten November im Wald gewesen waren, um einen Schwanzvergleich zu machen. Aytekin atmete ganz flach, der Kopf der Töle kam Zentimeterweise näher. Damals war aus dem Vergleich der erste Blowjob geworden. Oh Mann! Er machte sich fast in die Hose, so sehr törnte die surreale Situation ihn an. Gleich würde ein Hund ihn lecken!

Die rosa Zunge schnellte vor, fuhr rau über die lila angeschwollene Eichel. Aytekin fiel fast in Ohnmacht. Plötzlich knackte Reisig, eilige Schritte kamen aus Richtung der Klappe auf sie zu. Mit einem Satz war der Hund zwischen den Bäumen verschwunden, während Aytekin in Rekordtempo seinen Schwanz verstaute. Er nestelte noch am Gürtel, als ein Mann in Sichtweite geriet, an ihm vorbeilief und dabei nicht aufschaute. Fuck! Wieso musste der Kerl ausgerechnet jetzt hier herumrennen?

Frustriert blieb Aytekin eine Weile stehen in der Hoffnung, dass das Tier zurückkehrte. Natürlich geschah das nicht. Nach einer Viertelstunde trottete er über den schmalen Pfad zurück zum öffentlichen Gehweg. Er war so in Gedanken versunken, dass er sich nicht mal umschaute, als er aus dem Wald trat.

„Sissi! Komm von dem Mann weg!“, ließ eine keifende Stimme ihn zusammenzucken.

Ein Schnüffeln an seinen Hosenbeinen lenkte die Aufmerksamkeit nach unten. Er sah in braune Hundeaugen, die viel zu groß für den winzigen Rehpinscherkopf waren. Das Viech kläffte und wurde daraufhin mit einem Ruck an der Leine förmlich von ihm fortgerissen.

„Sissi! Der Mann ist abäh!“, belehrte die alte Schachtel das Tier. „Wer weiß, wo der sich gerade rumgetrieben hat.“ Nach einem abfälligen Blick in seine Richtung, watschelte die Matrone davon, das Hündchen hinter sich herziehend. „Schwuchteln“, hörte er die Alte noch brummeln, bevor sie außer Hörweite geriet.

Seine Laune sackte auf einen absoluten Tiefpunkt. Erst fast zum Sodomit geworden, wurde er auch noch beschimpft. Niedergeschlagen ging er zurück zur Kanzlei. Der Tag war gelaufen.

Unterdessen schlüpfte Meinhard in seine Klamotten. Anschließend huschte er zwischen den Bäumen hindurch, in Menschengestalt fast so lautlos wie als Wolf. Hinter einem Lindenstamm verborgen, sah er eine alte Frau vorbeilatschen, die ein winziges Hundchen hinter sich herzerrte. Er wechselte einen mitleidigen Blick mit dem Kleinen. Unter seinesgleichen verstand er sich wortlos, auch wenn viele Hunde dümmer waren als er. Als die Alte verschwunden war, kam als nächstes Aytekin vorbei. Den Kopf gesenkt und die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Wow! Er hatte gerade eben dessen Schwanzspitze geleckt! Meinhard schmeckte immer noch den salzigen Tropfen und stöhnte wollüstig. Was dachte Aytekin sich nur dabei, ein wildes Tier an das gute Stück ranzulassen? Genauso gut hätte er ein bissiges Exemplar seiner Gattung sein können und damit wäre Aytekins Schwanz Geschichte!

Meinhard wartete ein paar Minuten, bevor er sich aus dem Schutz der Bäume wagte. Während er zurück zu seinem Wagen lief, dachte er nach. Es kam nicht länger infrage, Aytekin vor der Klappe aufzulauern. Zu gefährlich! Was wäre, wenn sie entdeckt würden? Oder – noch schlimmer! – es wirklich zu einem sexuellen Akt käme und Aytekin sich anschließend umbrachte, da er glaubte, mit einem Tier intim geworden zu sein? Die wenigsten Menschen konnten damit umgehen, Sex mit einem Wolf zu haben. Eher gesagt wusste Meinhard keinen einzigen. Er selbst würde es auch nicht wollen. Allerdings kannte er – außer seinem Vater – keine anderen Werwölfe. Das Rudel war weit versprengt und pflegte kaum Kontakte. Ihm war auch gar nicht danach. Seine eigene pelzige Fresse reichte ihm, wenn er bei seltenen Gelegenheiten mal in eine Pfütze guckte und sich darin spiegeln konnte.

Als er, nach drei Runden um den Block, einen Parkplatz in der Nähe von Aytekins Wohnung gefunden hatte, stand sein Entschluss fest: Er würde sich auf herkömmliche Weise dem Mann nähern. Es war ein absoluter Glücksfall, dass das Objekt seiner Begierde am gleichen Ufer fischte. Als er das vor zwei Tagen herausgefunden hatte, war die Freude groß gewesen. Nun hieß es nur noch, dessen Herz zu gewinnen. Am besten fing er mal mit flirten an. Nur … wie ging das noch?

Meinhard war ewig nicht auf der Pirsch gewesen. Normalerweise fielen ihm die Kerle so zu. Immerhin war er nicht hässlich, groß und hatte ansehnliche Muskeln. Sein Bauch war flach, der Schwanz gutes Mittelmaß. Manche Männer hatten seine Augen gelobt oder sich in seine Mähne verguckt. Allerdings ließ er keinen der Typen zu nah heran, und das seit mittlerweile 36 Jahren. Zum einen hatte keiner ihm so gut gefallen, dass er sein Herz verloren hatte. Zum anderen war da noch diese Sache, die ihm Angst bereitete: Sein Vater hatte ihn gewarnt, dass er sich beim Sexualakt wandeln würde, sofern sein Herz involviert war. Es sollte Werwölfe geben, bei denen es andersherum war. Die wechselten in Menschengestalt, wenn sie als Tier abspritzten. Meinhard wünschte, bei ihm wäre es auch so. Es war ja eher unwahrscheinlich, dass er je in Wolfsgestalt vögeln würde. Oder?

Joachim lungerte schon vor der Tür herum, als er im zweiten Stock ankam.

„Und? Wie geht es der Knutschkugel?“, erkundigte Meinhard sich interessiert. Er mochte seinen Gesellen und dessen Freundin. Beide waren unkompliziert und stießen sich nicht an seiner Vorliebe für Männer.

„Sie isst Erdbeeren auf gebuttertem Toast, dazu saure Gurken“, klagte Joachim grinsend. „Mir wird schon vom Zusehen schlecht.“

„Mir beim Zuhören“, brummelte Meinhard, schloss die Tür auf und ließ ihn hinein. „Sag mal …“, murmelte er, während sie durch den Flur gingen. „Wie flirtet man eigentlich?“

„Hä?“ Joachim stoppte abrupt. „Nun sag bloß, du hast keine Ahnung.“ Er lachte kurz auf, schlug Meinhard auf die Schulter und setzte den Weg fort. „Lad ihn zum Essen ein. Sag ihm, dass er schöne Augen hat. Mach Komplimente und schenk ihm Blumen. Herrgott! Ist doch ganz einfach.“

„Ach?“ Meinhard stellte seine Tasche in eine Ecke und griff nach einem Stuckelement. „Und so hast du Sonja überzeugt?“

Joachim schüttelte grinsend den Kopf. „Nö. Ehrlich gesagt war sie der treibende Part. Ich hätte es niemals hinbekommen.“

„Na super!“, stöhnte Meinhard, kletterte eine Leiter hoch und guckte stirnrunzelnd an die Decke. „Wie ich Stuck hasse“, knurrte er, passte das Stück kurz an und zog dort mit einem Bleistift einen Strich, wo er kürzen musste. „Stell dir vor, du würdest dich beim Sex in eine Frau verwandeln. Meinst du, Sonja käme damit klar?“ Er warf einen Blick runter auf seinen Gesellen, der mit offenem Mund zu ihm hoch glotzte. „Vergiss es“, nuschelte er, stieg die Stufen runter und guckte Joachim dabei nicht an.

„Mann! Du bist echt ein Freak! Erst schwul und nun auch noch …“, sagte Joachim mit nicht zu überhörender Bewunderung in der Stimme.

„Hallo? Ich verwandele mich nicht in eine Frau, das war rein hypothetisch!“

„Mag sein. Aber allein die Idee …“

„Vergiss es“, bat Meinhard, griff nach einer Säge und hielt das Gipselement so fest, dass der Scheißstuck zerbröselte. „Kacke!“, schimpfte er, griff nach einem neuen Stück und wischte sich gleichzeitig die verdammten Strähnen aus der Stirn.

„Ich mach das schon, Chef“, beruhigte Joachim, nahm ihm das Stuckelement weg und stieg selbst auf die Leiter. „Binde dir die Haare zusammen. Du siehst gerade aus wie ein verwirrter Bär. Oder wie ein Hund oder so.“

Hund? Meinhard fiel der Fütterungsversuch wieder ein. Er musste kichern, während er an Aytekins herrlich verlegene Miene dachte, als dieser ihm das Trockenfutter angeboten hatte. Nur schade, dass er ausschließlich frisches Fleisch aß. Wohlgemerkt: Kein Menschenfleisch! Daran leckte er nur. Oh nein! Kein Kopfkino! Die dunkel angelaufene Eichel tauchte in seiner Erinnerung auf und die Latzhose beulte sich aus.

„Öhm. Du kommst klar?“, fragte er, schon auf dem Weg zum Bad, über die Schulter.

„Klaro! Ich lüüübe Stuck“, trällerte Joachim.

Meinhard musste damit leben, dass sein Geselle ihn für den Rest des Tages immer wieder mit dieser in-Frau-verwandel-Sache aufzog. Joachim machte sich einen Spaß daraus, alle möglichen Szenarien durchzukauen.

„Nun stell dir vor, dein Sexpartner ist ein heimlicher Hetero! Hey! Der wird wohl schier aus den Latschen kippen, wenn er statt deiner bärtigen Fresse ein liebliches Antlitz erblickt.“

„Mein Antlitz ist lieblich“, brummte Meinhard amüsiert.

„Ehrlich? Wenn ich neben dir aufwachen würde, könntest du mich schreiend weglaufen sehen“, erwiderte Joachim, klopfte den Gipsstaub von seinen Fingern und guckte zufrieden an die Decke. „Sieht geil aus. Ich finde, der Paker hat Geschmack.“

„Das macht mir Hoffnung“, antwortete Meinhard unbedacht.

Stille. Er senkte den Blick, griff nach seinem Zopf und zwirbelte ihn zwischen den Fingern, wie immer, wenn er verlegen war.

„Schockschwerenot!“, sagte Joachim schließlich. „Ausgerechnet der?“

„Mhm.“ Meinhard nickte, schaute hoch und ließ seine Haare los. „Wenn schon in die Scheiße greifen, dann richtig.“

„Puh!“ Sein Geselle machte sich daran, die verbliebenen Stuckteile in einen Karton zu stapeln. „Ich bin echt nicht neidisch, obwohl Weiber ganz schön zicken können. Dieser Paker … ein harter Brocken.“ Er guckte über die Schulter. „Um auf den Scherz zurückzukommen: Dem wäre es bestimmt lieber, neben sich einen Bären als eine Frau vorzufinden. Also, hinterher, meine ich.“

„Ja. Ein Bär“, murmelte Meinhard unglücklich.

„Oder einen Hund. Ha!“ Joachim drehte sich um. „Oder einen Wolf. Das hat doch was. Glaubst du an Werwölfe?“

„Auf keinen Fall“, sagte Meinhard. „Das ist reine Fiktion.“

„Wahrscheinlich. Genau wie schwangere Frauen, die normal essen können.“ Joachim verdrehte die Augen. „Okay, Chef. Lass uns in den nächsten Raum umziehen.“