Scheitert Europa am Euro? - Martin Schütte - E-Book

Scheitert Europa am Euro? E-Book

Martin Schütte

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Beschreibung

Die Einführung des Euros im Jahr 2000 wurde getragen von der Vision eines starken vereinigten Europas. 17 Jahre später ist diese Vision zum Alptraum geworden: Die strukturellen Unterschiede der Mitgliedsstaaten konnten nicht beseitigt werden. Die permanente Rettungspolitik macht es unmöglich, die Staatsverschuldung zu beherrschen. Darüber hinaus verfolgen die Mitglieder von Anfang an gegensätzliche Ziele (Stabilitätsunion vs. Transferunion). Verfolgt Europa weiterhin diese Linie, wird daraus eine Belastung für Deutschland entstehen, welche die deutsche Wirtschaftskraft überfordert und somit den wirtschaftlichen Kern der Union zerstört. Dieser Preis für den Euro ist zu hoch. Durch seine nüchterne Analyse von Zahlen und Fakten deckt Autor Martin Schütte die prekäre Situation Europas auf und zeigt mögliche Wege aus der Krise.

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EPUB

Seitenzahl: 511

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Martin Schütte

Scheitert Europa am Euro?

E-Book-Ausgabe 2017Open Publishing Verlagin der Verlagsgruppe Open Publishing Rights GmbH, MünchenAlle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.Umschlaggestaltung: Open Publishing GmbH, München (Mathias Beeh) ISBN 978-3-95912-224-5 books.openpublishing.com

1. SITUATION

2. BESTANDSAUFNAHME DER WÄHRUNGSUNION

2.1. DIE ZIELE DER GEMEINSAMEN WÄHRUNG

2.2. SIND DIE ZIELE ERREICHT WORDEN?

3. DIE STABILITÄT DER STAATSFINANZEN

3.1. DIE ZIELERREICHUNG

3.1.1. DIE GESAMTVERSCHULDUNG

3.1.2. DER SCHULDENSTAND VON MAX. 60% DES BIP

3.1.3. DIE NEUVERSCHULDUNG

3.1.4. DAS ZWISCHENZIEL VON MAX. 0,5% NEUVERSCHULDUNG UND SCHULDENREDUZIERUNG UM EIN ZWANZIGSTEL DES UNTERSCHIEDS ZUM 60%-ZIEL

3.1.5. EIN AUSGEGLICHENER HAUSHALT

3.2. ZIELE UND MAßNAHMEN DER EU – RETTUNGSPOLITIK

3.3. DIE SCHULDENTRAGFÄHIGKEIT

3.3.1. WAS HEIßT SCHULDENTRAGFÄHIGKEIT?

3.3.2. DIE MAASTRICHT-KRITERIEN

3.3.3. DER PRIMÄRÜBERSCHUSS

3.3.4. IST DAS ZIEL ERREICHT WORDEN?

3.4. DIE FINANZIERUNG ÜBER DEN KAPITALMARKT

4. DIE POLITIK UND MAßNAHMEN DER EZB

4.1. DIE AUFGABEN UND INSTRUMENTE DER ZENTRALBANK

4.2. DIE ZIELE DER EZB

4.3. DIE MAßNAHMEN NACH AUSBRUCH DER FINANZKRISE 2007

4.3.1. DIE REFINANZIERUNG DER BANKEN

4.3.2. DIE WERTPAPIERANKAUFSPROGRAMME DER EZB

4.3.3. SIND DIE ZIELE ERREICHT WORDEN?

4.4. ERGEBNIS

4.5. DAS VERBOT DER STAATSFINANZIERUNG (ART. 104 EUV)

4.6. DAS VERBOT DER HAFTUNG FÜR MITGLIEDER („NO BAILOUT“) (ART. 104B EUV)

5. BEWEGT SICH DIE EZB INNERHALB IHRES MANDATS?

5.1. DIE FACHWELT

5.2. DAS BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG)

5.3. DER EUROPÄISCHE GERICHTSHOF (EUGH)

5.4. WIE GEHT ES WEITER?

6. DIE KONVERGENZ INNERHALB DER GEMEINSCHAFT

6.1. WIRTSCHAFTSLEISTUNG (BIP) UND INDUSTRIEPRODUKTION

6.2. EXPORT UND LEISTUNGSBILANZ

6.3. ARBEITSLOSIGKEIT

6.4. PRODUKTIONS- UND LOHNSTÜCKKOSTEN

6.5. ANGLEICHUNG DER LEBENSVERHÄLTNISSE

6.6. STÄRKUNG DES GEMEINSCHAFTSGEFÜHLS

6.7. ERGEBNIS

7. WARUM WERDEN DIE ZIELE NICHT ERREICHT?

7.1. FALSCHE SCHWERPUNKTBILDUNG

7.2. MANGELNDE BEDARFSANALYSE

7.2.1. UNZUREICHENDE KRITERIEN

7.2.2. ERMITTLUNG DES BEDARFS: WIE HOCH MÜSSTEN DIE ZIELE SEIN?

7.3. UNZUREICHENDE NACHVERFOLGUNG UND ERFOLGSKONTROLLE

7.4. DER FEHLENDE WILLE

7.4.1. DIE FEHLENDE GESCHÄFTSGRUNDLAGE DES MAASTRICHT-VERTRAGES

7.4.2. KEINE BEREITSCHAFT ZUR DISZIPLINIERUNG

7.4.3. WACHSENDER WIDERSTAND

7.4.4. STABILITÄTSPOLITIK ALS DEUTSCHE MAROTTE

7.5. DIE POLITIK DER EZB (QUANTITATIVE EASING) IST GESCHEITERT

7.5.1. GRUNDSÄTZLICHE ZWEIFEL: LIQUIDITÄT LÖST KEINE STRUKTURPROBLEME

7.5.2. DIE BESONDERE LAGE IN DER EUROZONE

7.5.3. ERGEBNISDER EZB-POLITIK

7.6. GESAMTWÜRDIGUNG

8. WARUM WIRD DAS SCHULDENPROBLEM NICHT GELÖST?

8.1. DIE SITUATION

8.2. DIE WACHSTUMSILLUSION

8.3. DIE KONTERKARIERENDE POLITIK DER EZB

8.4. DIE ABLEHNUNG EINER INSOLVENZ

8.4.1. DIE GEMENGELAGE

8.4.2. INSOLVENZ IST DIE NATÜRLICHE LÖSUNG

8.4.3. INHALT EINER INSOLVENZ

8.4.4. DÜRFEN STAATEN PLEITEGEHEN?

8.5. WARUM BRAUCHEN WIR EINE INSOLVENZ?

8.5.1. DIE NO-BAILOUT-BESTIMMUNG

8.5.2. DIE MARKTWIRTSCHAFTLICHE ORDNUNG

8.5.3. DIE VERMEIDUNG VON FEHLANREIZEN („MORAL HAZARD“)

8.5.4. DIE ERFAHRUNGEN AUS DER WELTFINANZKRISE

8.5.5. DAS WOHLVERSTANDENE INTERESSE DES SCHULDNERS

8.6. WELCHE GRÜNDE SPRECHEN GEGEN EINE INSOLVENZ EINES MITGLIEDSTAATES?

8.6.1. DIE REALISIERUNG VON VERLUSTEN

8.6.2. DAS MORAL-HAZARD-PROBLEM

8.6.3. DIE GEFÄHRDUNG DER BANKEN

8.6.4. DIE GEFÄHRDUNG DES EUROS DURCH AUSTRITT EINES LANDES

8.7. FRAGE: ERHALT DES EURO ZUM PREIS EINER TRANSFERUNION?

9. WAS BEDEUTET EINE TRANSFERUNION?

9.1. BEGRIFFSBESTIMMUNG UND INHALT EINER TRANSFERUNION

9.2. DIE ZIELE DER TRANSFERUNION

9.3. SIND DIE ZIELE REALISTISCH?

9.4. ERFAHRUNGEN MIT TRANSFERSYSTEMEN

9.4.1. FINANZAUSGLEICH

9.4.2. DIE ERFAHRUNGEN AUS DER WIEDERVEREINIGUNG

9.5. ERGEBNIS

10. DIE EUROPÄISCHE TRANSFERUNION

10.1. DIREKTE HAFTUNG FÜR STAATSSCHULDEN

10.1.1. EUROBONDS

10.1.2. VOR- UND NACHRANGIGE EUROBONDS („BLUE“ UND „RED“ BONDS)

10.1.3. EUROPEAN SAFE BONDS (ESBIES) UND PROJEKTBONDS

10.1.4. VERSICHERUNGSLÖSUNGEN

10.1.5. ERGEBNIS

10.1.6. DIE RETTUNGSPROGRAMME DER EZB

10.1.7. DIE ERFAHRUNGEN ANDERER LÄNDER: USA UND SCHWEIZ

10.2. DIE BANKENUNION

10.2.1. DIE 3 SÄULEN DER BANKENUNION

10.2.2. DIE HAFTUNGSRISIKEN AUS DER DRITTEN SÄULE EINLAGENSICHERUNG

10.2.3. DIE STRESSTESTS DER EZB

10.2.4. ERGEBNIS

10.3. DIE SOZIALUNION

11. WAS KOSTET EINE TRANSFERUNION?

11.1. VERGEMEINSCHAFTUNG DER STAATSSCHULDEN

11.2. DIE BANKENUNION

11.2.1. DAS RISIKOPOTENZIAL DER BANKEN

11.2.2. DAS HAFTUNGSPOTENZIAL AUS DER EINLAGENSICHERUNG

11.3. DIE SOZIALUNION

11.4. DIE GEMEINSCHAFTSHAFTUNG ÜBER DIE EZB

11.5. DIE RISIKEN FÜR DEUTSCHLAND AUS DER TRANSFERUNION

11.6. BEREITS BESTEHENDE RISIKEN

11.6.1. ZINSERHÖHUNGEN

11.6.2. KOSTEN DER AKTUELLEN KRISEN

11.6.3. DIE KOSTEN DER FLÜCHTLINGSKRISE

11.6.4. INVESTITIONSSTAU

11.6.5. RENTENFINANZIERUNG

11.7. DIE REICHEN DEUTSCHEN

11.8. GESAMTERGEBNIS

12. WELCHE ERFAHRUNGEN GIBT ES MIT GEMEINSAMEN WÄHRUNGEN?

12.1. DIE VOR- UND NACHTEILE EINER GEMEINSAMEN WÄHRUNG

12.2. HISTORISCHE ERFAHRUNGEN MIT GEMEINSAMEN WÄHRUNGEN

12.2.1. BEISPIELE MIT GOLD- BZW. SILBERDECKUNG

12.2.2. DAS SYSTEM VON BRETTON WOODS

12.2.3. BEISPIELE GESCHEITETER WÄHRUNGSVERBÜNDE

12.3. UNSERE EIGENEN ERFAHRUNGEN IN DEUTSCHLAND

12.3.1. MARK UND REICHSMARK

12.3.2. DIE D-MARK

12.4. DAS BEISPIEL USA

12.5. WELCHE LEHREN ZIEHEN WIR AUS DIESEN ERFAHRUNGEN?

12.5.1. DIE VORAUSSETZUNGEN SIND NICHT GEGEBEN

12.5.2. ÜBERFORDERUNG DER LEISTUNGSFÄHIGKEIT DER MITGLIEDSLÄNDER

12.5.3. DAS ZU ERWARTENDE ENDE

13. HAT DEUTSCHLAND VOM EURO BISHER PROFITIERT?

13.1. DIE ARGUMENTE

13.2. DAS WIRTSCHAFTSWACHSTUM

13.3. DIE ARBEITSLOSIGKEIT

13.4. DIE EXPORTÜBERSCHÜSSE

13.5. DIE LEISTUNGSBILANZÜBERSCHÜSSE

13.5.1. DIE ARGUMENTE UND DIE FAKTEN

13.5.2. GRÜNDE UND FOLGEN

13.5.3. DER VORWURF DES LOHNDUMPINGS

13.5.4. DIE IMPORTSCHWÄCHE

13.5.5. DIE BEWERTUNG

13.6. DIE ZINSEN

13.6.1. DIE ARGUMENTE

13.6.2. ZINSGEWINNE DEUTSCHLANDS

13.6.3. ZINSGEWINNE DER GIPSIZ-STAATEN

13.6.4. DIE SITUATION DER PRIVATPERSONEN

13.6.5. ERGEBNIS

13.7. SOUVERÄNITÄT UND HANDLUNGSMACHT

13.8. ROLLE UND GEWICHT DEUTSCHLANDS

13.9. ERGEBNIS

14. DIE NEBENWIRKUNGEN DES EURO UND DER RETTUNGSPOLITIK

14.1. DIE GEFÄHRDUNG DER MARKTWIRTSCHAFTLICHEN GRUNDORDNUNG

14.1.1. DIE BESEITIGUNG DES ZINSES UND ZERSTÖRUNG DER FUNKTION DER KAPITALMÄRKTE

14.1.2. DER AUSSCHLUSS EINER INSOLVENZ

14.1.3. VERZERRUNG DES WETTBEWERBS

14.2. VERSCHÄRFUNG DER BANKENKRISE

14.3. BLASENBILDUNG AN DEN WERTPAPIER- UND IMMOBILIENMÄRKTEN

14.4. ÜBERSCHULDUNGSRISIKO DER PRIVATEN HAUSHALTE

14.5. ENTWERTUNG DES SPARKAPITALS UND GEFÄHRDUNG DER ALTERSVORSORGE

14.5.1. ENTWERTUNG DES SPARKAPITALS

14.5.2. GEFÄHRDUNG DER ALTERSVORSORGE

14.6. DER EINFLUSS DER EZB-POLITIK AUF DIE VERMÖGENSVERTEILUNG

14.6.1. DIE DISKUSSION

14.6.2. DIE ZAHLEN

14.6.3. DIE PENSIONSANSPRÜCHE

14.6.4. EXKURS: DIE UNGLEICHHEIT IN DEUTSCHLAND

14.7. DIE RECHTSORDNUNG UND DAS PRINZIP DER RECHTSSTAATLICHKEIT

14.7.1. PACTA SUNT SERVANDA

14.7.2. MISSACHTUNG VON RECHTSNORMEN

14.8. DIE DEMOKRATISCHE GRUNDORDNUNG

14.8.1. DAS HAUSHALTSRECHT DER PARLAMENTE

14.8.2. DIE ÖFFENTLICHE DISKUSSION

14.9. DAS EUROPÄISCHE GEMEINSCHAFTSGEFÜHL

14.9.1. ÄNDERUNG DES CHARAKTERS DES EINIGUNGSPROZESSES

14.9.2. DIE DEUTSCHEN UND IHRE DM

14.10. ERGEBNIS

WAS LERNEN WIR AUS DER ENTWICKLUNG?

15. DIE GRÜNDE FÜR DIE ENTWICKLUNG

15.1. KEINE GEMEINSAMEN ZIELE

15.1.1. DIE GEGENSÄTZLICHEN ZIELE DER MITGLIEDSLÄNDER

15.1.2. DIE FOLGEN

15.2. DIE FEHLKONSTRUKTION DES EURO

15.2.1. DIE WIRTSCHAFTSSTRUKTUREN

15.2.2. DIE GESELLSCHAFTLICHEN UND POLITISCHEN STRUKTUREN

15.2.3. DIE FOLGEN

15.3. DIE RETTUNGSPOLITIK IST GESCHEITERT

15.4. DAS PROBLEM DER BANKEN IST NICHT GELÖST

15.5. KEINE BEREITSCHAFT ZUM SOUVERÄNITÄTSVERZICHT

15.6. FEHLENDE EUROPÄISCHE IDENTITÄT UND ÖFFENTLICHKEIT

15.7. EUROPA IST EIN ELITEPROJEKT GEWORDEN

15.7.1. VERSELBSTÄNDIGUNG DES EUROPÄISCHEN APPARATES

15.7.2. FEHLENDE KOMMUNIKATION UND IDEOLOGISIERUNG DES EUROPAPROJEKTS

15.7.3. DIE FOLGEN

15.8. TABUISIERUNG VON THEMEN UND LÖSUNGSMÖGLICHKEITEN

15.8.1. DAS MANTRA DER VEREINIGTEN STAATEN VON EUROPA

15.8.3. DAS MANTRA „FÄLLT DER EURO, FÄLLT EUROPA“

15.9. KÖNNEN WIR UNS VOM EURO LÖSEN?

15.9.1. TRENNUNG IM KONSENS

15.9.2. RÜCKBESINNUNG AUF DIE FRÜHEREN ERFOLGE

15.9.3. SUBSIDIARITÄT ALS GRUNDPRINZIP

15.9.4. DIE CHANCE DER KONZENTRATION AUF ANDERE FELDER DER INTEGRATION

15.10. GESAMTWÜRDIGUNG

WAS IST ZU TUN?

16. LÖSEN DER ÜBERSCHULDUNGSPROBLEME

16.1. WIEDERHERSTELLUNG DER TRAGFÄHIGKEIT DER STAATSSCHULDEN

16.2. DIE SANIERUNG DES BANKENSYSTEMS

17. WIEDERHERSTELLUNG DER GESCHÄFTSGRUNDLAGE DER WÄHRUNGSUNION

17.1. DIE KONTRÄREN ERWARTUNGEN KLÄREN

17.1.1. STABILITÄT GEGEN TRANSFERUNION

17.1.2. DER KONFLIKT MUSS GELÖST WERDEN

17.1.3. DIE POSITION DEUTSCHLANDS

17.2. EINIGUNG UND BESTÄTIGUNG DES MAASTRICHT-VERTRAGES

17.2.1. EINHALTEN DER REGELN

17.2.2. INSTITUTIONELLE ABSICHERUNG

17.2.2. INSTITUTIONELLE ABSICHERUNG DURCH EIN INSOLVENZREGIME – VORSCHLAG DER BUNDESBANK

17.2.3. EIN ABWICKLUNGSREGIME FÜR BANKEN

17.2.4. SCHÄRFUNG DES MANDATS DER EZB

17.2.5. RÜCKKEHR ZUR FINANZIERUNG DER STAATEN ÜBER DEN KAPITALMARKT

17.2.6. NOTWENDIGKEIT EINES UMFASSENDEN SCHULDENSCHNITTS

17.3. DIE FEHLENDE FISKALREGIERUNG

17.4. DIE VORTEILE EINER EINIGUNG

17.5. WIRD FRANKREICH DEM ZUSTIMMEN?

17.6. ERGEBNIS

17.7. DIE OPTIONEN UND SZENARIEN

17.7.1. AUSTRITT FRANKREICHS UND SPALTUNG DER EUROZONE

17.7.2. AUSTRITT DEUTSCHLANDS

17.7.3. AUSTRITT DER SÜDLÄNDER

17.8. RÜCKKEHR ZUM STATUS QUO ANTE, D.H. ZU NATIONALEN WÄHRUNGEN

17.8.1. DIE CHANCEN UND RISIKEN

17.8.2. BEGLEITENDE MAßNAHMEN

17.9. ERGEBNIS

18. GENERALÜBERHOLUNG DER UNION

18.1. DAS ZIEL

18.2. DIE VORAUSSETZUNGEN

18.3. WIE KANN DER NEUSTART GESTALTET WERDEN?

18.3.1. DER DISKUSSIONS- UND ENTSCHEIDUNGSPROZESS

18.3.2. EIN REFERENDUM?

18.3.3. WANN SOLLTE DER PROZESS GESTARTET WERDEN

18.4. DEUTSCHLAND muss POSITION BEZIEHEN

18.5. DIE ROLLE VON FRANKREICH UND DEUTSCHLAND

19. DIE LEHREN AUS DEM BREXIT

19.1. DIE GRÜNDE FÜR DEN BREXIT

19.2. DIE REAKTION DER UNION (BESCHLUSS DES EUROPÄISCHEN RATS VOM 19.02.2016)

19.2.1. SOUVERÄNITÄT DER Mitgliedstaaten UND SUBSIDIARITÄT DER EUROPÄISCHEN ORGANE (ABSCHNITT C)

19.2.2. WIRTSCHAFTSPOLITIK UND WETTBEWERBSFÄHIGKEIT (ABSCHNITTE A UND B)

19.2.3. FREIZÜGIGKEIT UND SOZIALLEISTUNGEN (ABSCHNITT D)

19.3. SCHLUSSFOLGERUNGEN

20. ÜBERPRÜFUNG DER FUNDAMENTE DER UNION

20.1. DIE EUROPÄISCHE WERTEORDNUNG

20.1.1. DIE RECHTE DER BÜRGER

20.1.2. DIE DEMOKRATISCHE VERFASSUNG

20.1.3. DAS VERHÄLTNIS DER UNION ZU DEN MITGLIEDSTAATEN

20.1.4. DIE GEFÄHRDUNG DER WERTEORDNUNG

20.2. DAS VERHÄLTNIS ZU DEN BÜRGERN

20.2.1. DER BÜRGER STEHT NICHT IM MITTELPUNKT

20.2.2. DIE GRÜNDE FÜR DIE ABWENDUNG VON EUROPA

20.2.3. DAS RECHT AUF ASYL UND DER SCHUTZ DER MINDERHEITEN

20.2.4. SCHLUSSFOLGERUNGEN

20.3. DIE DEMOKRATISCHE GRUNDORDNUNG

20.3.1. DAS RECHTSSTAATSPRINZIP

20.3.2. DER GRUNDSATZ DER GEWALTENTEILUNG

20.3.3. SCHLUSSFOLGERUNGEN

20.4. DAS VERHÄLTNIS DER UNION ZU DEN MITGLIEDSTAATEN

20.4.1. BILDUNG EINER EUROPÄISCHEN REGIERUNGSINSTANZ

20.4.2. RÜCKKEHR ZUR SUBSIDIARITÄT UND BEGRENZTEN EINZELERMÄCHTIGUNG

20.4.3. EIGENVERANTWORTUNG DER MITGLIEDSLÄNDER

20.4.4. ÜBERWACHUNG DES ORDNUNGSRAHMENS

20.5. BINNENMARKT UND FREIZÜGIGKEIT

20.6. DIE FREIE UND SOZIALE MARKTWIRTSCHAFT

20.6.1. MARKT UND SOZIALE VERANTWORTUNG

20.6.2. SHAREHOLDER VALUE GEGEN STAKEHOLDER VALUE

20.6.3. DIE FOLGEN DES PRINZIPS DER GEWINNMAXIMIERUNG

20.6.4. GLOBALSTEUERUNG ÜBER DIE FINANZMÄRKTE

20.7. DIE AUSWIRKUNGEN DER GLOBALISIERUNG

20.8. BESTIMMUNG DER UNVERZICHTBAREN WERTE

21. KONZENTRATION AUF ANDERE FELDER

21.1. SICHERHEIT UND TERRORISMUS

21.1.1. DIE SICHERUNG DER GRENZEN

21.1.2. DIE INNERE SICHERHEIT

21.2. VERTEIDIGUNG UND MILITÄRISCHE ZUSAMMENARBEIT

21.2.1. DIE BISHERIGE ENTWICKLUNG

21.2.2. DIE NEUE BEDROHUNGSLAGE

21.2.3. HERAUSFORDERUNGEN UND ANFORDERUNGEN

21.2.4. DER NUTZEN EINER VERTEIDIGUNGSGEMEINSCHAFT

21.2.5. ERGEBNIS

21.3. AUßENPOLITIK

21.4. ENERGIEPOLITIK

21.4.1. DIE HERAUSFORDERUNGEN

21.4.2. KONKURRIERENDE ZIELE

21.4.3. NATIONALE EGOISMEN

21.4.4. DAS PROBLEM DER ATOMKRAFT

21.4.5. HANDLUNGSFELDER

21.4.5.1. BEHERRSCHUNG DER NUKLEARRISIKEN

21.4.5. ERGEBNIS

21.5. STEUERPOLITIK

21.5.1. DIE SITUATION

21.5.2. BISHERIGE MAßNAHMEN

21.5.3. DAS PROBLEM: DIE UMSETZUNG

21.5.4. LÖSUNGEN

21.6. TELEKOMMUNIKATIONS- UND INFORMATIONSTECHNOLOGIEN

21.6.1. AUF- UND AUSBAU EINER INDUSTRIELLEN BASIS

21.6.2. EINHEITLICHER DATENSCHUTZ

21.7. KONZENTRATION AUF STRUKTURMAßNAHMEN

21.7.1. WIRKUNGSLOSIGKEIT DER WACHSTUMSPOLITIK ÜBER QUANTITATIVE EASING

21.7.2. SCHÄRFUNG UND AUSWEITUNG DER UNTERSTÜTZUNGSPROGRAMME DER GEMEINSCHAFT

21.7.3. JUGENDARBEITSLOSIGKEIT UND LOKALE ENTWICKLUNGSCHANCEN

21.7.4. BEITRAG DEUTSCHLANDS

21.8. WIEDERBELEBUNG DES EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTSGEFÜHLS

21.9. ERGEBNIS

ZUSAMMENFASSUNG

EXKURS

22. WAS VERSTEHEN WIR UNTER MARKTWIRTSCHAFT?

22.1. DAS KONZEPT DER SOZIALEN MARKTWIRTSCHAFT

22.1.1. DAS KONZEPT DES NEO- ODER ORDO-LIBERALISMUS

22.1.2. DIE SOZIALE VERANTWORTUNG

22.1.3. STAKEHOLDER GEGEN SHAREHOLDER VALUE

22.2. DAS FRANZÖSISCHE MODELL DER PLANIFICATION

22.2.1. DAS ERBE DES MERKANTILISMUS

22.2.2. DAS ERBE ALS ERBLAST

22.3. DAS AMERIKANISCHE MODELL

22.3.1. DER NEO-LIBERALISMUS („THE BUSINESS OF BUSINESS IS BUSINESS“)

22.3.2. DOMINANZ UND ZUSAMMENBRUCH DER FINANZMÄRKTE

22.3.3. DIE STEUERUNG DER WIRTSCHAFT ÜBER DIE FINANZMÄRKTE

22.3.4. DIE SPALTUNG DER GESELLSCHAFT

22.3.5. ERGEBNIS

22.4. VERGLEICH UND SCHLUSSFOLGERUNGEN

23. KAPITALISMUSKRITIK UND MARKTWIRTSCHAFT

23.1. DER NEO-LIBERALE FINANZKAPITALISMUS ALS ADRESSAT

23.2. POLITISCHE EINGRIFFE

23.3. MARKT UND FREIER WETTBEWERB

23.3.1. WETTBEWERBSFÄHIGE STRUKTUREN

23.3.2. DER FEHLENDE ORDNUNGSRAHMEN

23.4. DAS STREBEN NACH GEWINN

23.4.1. DAS PRINZIP DER FAIRNESS

23.4.2. REDUZIERUNG DES GEWINNS AUF RENDITEMAXIMIERUNG

23.5. DAS THEMA UNGLEICHHEIT

23.6. HOMO OECONOMICUS ODER HOMO PSYCHOLOGICUS?

23.6.1. DAS MODELL DES HOMO OECONOMICUS

23.6.2. DER ANSATZ DER VERHALTENSÖKONOMIE

23.7. AUSBLENDEN DER POSITIVEN WIRKUNGEN

23.8. BEWERTUNG

24. DAS MANTRA WIRTSCHAFTSWACHSTUM

24.1. DIE SITUATION

24.2. WOFÜR BRAUCHEN WIR WIRTSCHAFTSWACHSTUM?

24.3. WAS WOLLEN WIR ERREICHEN?

24.4. WELCHES WIRTSCHAFTSWACHSTUM WOLLEN WIR?

24.4.1. QUANTITATIVES ODER QUALITATIVES WACHSTUM?

24.4.2. HABEN WIR MIT DEM BIP DEN RICHTIGEN MAßSTAB?

24.4.3. DIE IDEE DES BRUTTONATIONALGLÜCKS („GROSS NATIONAL HAPPINESS“, GNH)

24.4.4. IST QUANTITATIVES WACHSTUM ÜBERHAUPT NOCH REALISTISCH?

24.4.5. DIE KULTURELLEN ASPEKTE DES WACHSTUMS

24.5. SCHLUSSFOLGERUNGEN

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

LITERATURVERZEICHNIS

ÜBER DEN AUTOR

1. Situation

Die Europäische Union ist in keinem guten Zustand. Der europäische Einigungsprozess ist nicht nur ins Stocken geraten, sondern hat spätestens seit dem Ausbruch der Schuldenkrise nach Einführung des Euros den Rückwärtsgang eingelegt. Die Flüchtlingskrise hat dies nochmals beschleunigt, und wir sind dabei, das gesamte Einigungsprojekt massiv zu gefährden.

Die Schuldenkrise und die daraufhin eingeleiteten Konsolidierungsmaßahmen haben in den Problemländern folgende vielfach beschriebenen Konsequenzen gehabt: drastische Sparmaßnahmen, insbesondere durch Reduzierung der Löhne, Gehälter und Pensionszahlungen; massiver Einbruch der Wirtschaftsleistung; Hochschnellen der Arbeitslosigkeit, vor allem von Jugendlichen; Verschärfung der sozialen Spannungen; politische Radikalisierung und Populismus in den betroffenen Ländern. Die Sparmaßnahmen wurden in den Problemländern als von außen, d.h. von der Union und den Gläubigern unter Führung Deutschlands, aufgezwungen, ungerechtfertigt, unsolidarisch und brutal empfunden. Das führte zu einer Vergiftung des politischen Klimas zwischen den Mitgliedsländern mit massiven gegenseitigen Schuldzuweisungen. Hauptadressaten wurden „Brüssel“ und „Berlin“. Beängstigend ist das Wiederaufleben von Klischees und Feindbildern, die wir für längst vergessen gehalten haben. Deutschland wurde mit seiner Nazi-Vergangenheit konfrontiert und ein entsprechendes Verhalten und Mentalität vorgeworfen. Angela Merkel und Wolfgang Schäuble wurden in Nazi-Uniformen und mit Hitlerbart dargestellt und verunglimpft und die Öffentlichkeit entsprechend aufgeputscht. Griechenland zog Parallelen zu der brutalen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg und stellte offiziell sogar Reparationsforderungen. Der deutsche Boulevard bediente das Klischee vom faulen Griechen, der auf Kosten anderer lebt. Das alles hat zu einem massiven Einbruch des europäischen Gemeinschaftsgefühls und des Ansehens Europas in den Mitgliedsländern geführt.

Gleichzeitig gerät in den meisten Mitgliedsländern die demokratische Mitte unter zunehmenden Druck von Rechtskonservativen und Linkspopulisten. In Ungarn ist unter dem Premier Viktor Orbán der Umbau der demokratischen Strukturen in ein autoritäres Präsidentenregime nach dem erklärten Vorbild Vladimir Putins in vollem Gange. In Polen hat die nationalkonservative und europaskeptische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unter Führung von Jaroslaw Kaczynski die absolute Mehrheit gewonnen, der Orbán als Vorbild sieht und noch konsequenter die Demontage der parlamentarisch-demokratischen Ordnung und der rechtsstaatlichen Strukturen vorantreibt. In Frankreich wächst der Front National unter der Führung von Marine Le Pen und treibt Frankreich weiter nach rechts. Eine Präsidentin Le Pen ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht mehr völlig auszuschließen.

Dabei dient den Populisten Europa als Feindbild, das immer mehr Kompetenzen an sich zieht und die Eigenständigkeit und Lebensart der Bevölkerung in seinen Mitgliedsländern bedroht. Dies Gefühl wird aufgeheizt und hat in England bereits zum Brexit geführt. Der Wahlsieg von Donald Trump beflügelt nochmals die Befürworter einer Renationalisierung und Abkehr von Europa. Sie jubeln in allen Mitgliedsländern. Selbst in Frankreich springen bereits am Tag nach der Wahl die meisten Präsidentschaftskandidaten auf diesen Zug.

Die Flüchtlingskrise hat diesen Erosionsprozess nochmals dramatisch verschärft. Sie hat zu einer ebenfalls nicht für möglich gehaltenen Aufkündigung jeder Solidarität und jeglichen Gefühls für gemeinsame Verantwortung zwischen allen Mitgliedsländern geführt. Es regiert der nackte nationale Egoismus mit Durchreichen der Flüchtlinge in das nächste Nachbarland bis hin zur Schließung der nationalen Grenzen. Wir sind dabei, die nationalen Grenzen wieder einzuführen und damit einen der größten Erfolge und Kernbestandteil der europäischen Einigung aufzugeben: die Freizügigkeit und den freien Personenverkehr zwischen allen Ländern innerhalb des Schengen-Raums. Das Erleben des grenzfreien Reisens in Europa ist eine starke Grundlage für die Akzeptanz Europas und den Aufbau einer europäischen Identität in der Breite der Bevölkerung.

Wenn wir nicht aufpassen, gerät die europäische Einigung ernsthaft unter die Räder und es kommt zu einem Rückfall in die Nationalstaatlichkeit.

Entsprechend besorgt sind die Äußerungen der europäischen Politiker. Kommissions-Präsident Jean-Claude Juncker bei seiner Rede zum Amtsantritt: „Es fehlt an Europa in der Union und an Union in der Union“{1}. Parlamentspräsident Martin Schulz: „Noch ist Europa nicht gescheitert. Aber die Lage ist absolut besorgniserregend“{2}. Und Joschka Fischer ergänzt: „Die Renationalisierung nimmt weiter Fahrt auf. Diese Krise ist die gefährlichste. Sie droht, Europa zu zersetzen und die Seele des europäischen Projekts zu zerstören. Europa gibt ein fürchterliches Bild bei den Bürgerinnen und Bürgern. Die EU gilt heute bei vielen Bürgern nicht mehr als die Lösung der Probleme, sondern als Teil des Problems“{3}.

Jean-Claude Juncker sieht seine Kommission als die „Kommission der letzten Chance“{4}. Das beschreibt zutreffend die Dramatik der Situation, in der sich die Europäische Union befindet. Um diese Entwicklung zu stoppen und „die letzte Chance“ wahrzunehmen, ist eine kritische Bestandsaufnahme der Ziele des europäischen Einigungsprozesses und des bisher Erreichten nötig. Anschließen muss sich eine offene und schonungslose Analyse der jetzigen Situation und der Gründe, die zu diesem Erosionsprozess und der Gefährdung des bisher Erreichten geführt haben.

Darauf aufbauend sollten wir einen Neustart des Einigungsprozesses versuchen, in dem wir das korrigieren, was die Einigung gefährdet oder zurückgeworfen hat, und uns auf die Felder und Bereiche konzentrieren, in denen der Einigungsprozess weiter vorangetrieben werden kann. Die Felder liegen auf der Hand. Es sind z.B. die Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Die Gefahren für die äußere und innere Sicherheit durch den IS-Terror, die zerfallenden Staaten rund um das Mittelmeer und auch durch die Rückkehr Russlands zu militärischen Aggressionen gegenüber Nachbarstaaten betreffen alle Mitgliedstaaten, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Sie erzwingen ein gemeinsames Vorgehen. Eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ist eine große Chance, wieder zu mehr Einheit zu finden{5}. Sie wird durch den Wahlsieg Donald Trumps zur zwingenden Notwendigkeit werden, wenn er seine isolationistischen Ankündigungen ernst macht, Amerikas Engagement in der Nato zurückzufahren und Europa selbst in die Pflicht zu nehmen. Dasselbe gilt für die Sicherung der Stellung Europas im politischen und wirtschaftlichen globalen Wettbewerb. Hier gibt es genügend Ansatzpunkte für einen Neustart.

Ein Neustart muss mit dem zentralen Projekt der Union, dem Euro, beginnen und die Frage beantworten, wie es mit dem Euro weitergehen soll.

Dafür brauchen wir die angesprochene kritische Bestandsaufnahme zu den Fragen:

Was waren die Ziele der gemeinsamen Währung?

Was haben wir davon erreicht?

Was sind die Erfahrungen und welche Schlussfolgerungen ziehen wir daraus, d.h. was muss geändert, beibehalten oder weiterentwickelt werden?

2. Bestandsaufnahme der Währungsunion

2.1. Die Ziele der gemeinsamen Währung

Grundlage der gemeinsamen Währung ist der Vertrag über die Europäische Union vom 07.02.1992 („Maastricht-Vertrag“), der am 01.11.1993 in Kraft getreten ist. Er änderte und erweiterte den Gründungsvertrag der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) von 1957 („Römische Verträge“), indem er die Wirtschaftsgemeinschaft zu einer umfassenden Europäischen Union erweiterte und auch bewusst den Namen „EWG“ durch „EU“ ersetzte (Art. G, A.1).

Schon vor der Einführung der gemeinsamen Währung, des Euro, stellten sich als zentrale Probleme die öffentliche Verschuldung der Mitgliedstaaten und die dauerhaften Haushaltsdefizite heraus. Das führte zu einer Reihe von Entschließungen und Verordnungen, die als Stabilitäts- und Wachstumspakt bezeichnet werden. Zusätzlich gibt es eine Reihe von Verordnungen, die z.T. die strengen Bestimmungen wieder aufweichen. Zusammengefasst sind die Verträge in den konsolidierten Fassungen des Vertrages über die Europäische Union (EUV) sowie des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AWEU) mit anhängenden Protokollen. Zum Jahresbeginn 2013 wurden die Verträge verschärft durch den Vertrag über die Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion („Fiskalpakt“).

Als zentrale Ziele der Währungsunion bleiben über die Jahre bestehen:

Disziplinierung durch den Markt i.R. der freien, wettbewerbsorientierten Marktwirtschaft mit den beiden Grundprinzipien Ausschluss der gegenseitigen Haftung („no bailout“) sowie Verbot der Staatsfinanzierung durch die EZB;

Verpflichtung der Mitgliedstaaten auf dauerhaft ausgeglichene gesamtstaatliche Haushalte, d.h. die Stabilität der Staatsfinanzen mit Einhaltung der Maastricht-Kriterien maximaler Schuldenstand 60% des BIP und

maximale Neuverschuldung von 3% des BIP, verschärft auf 0,5%, solange der Schuldenstand über 60%/BIP liegt, und Verpflichtung der Mitgliedstaaten auf eine jährliche Reduktion der Verschuldungsquote, solange diese über 60% liegt (1/20 p.a. des Unterschieds zu 60%);

die Überwachung durch die europäischen Institutionen mit der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu Korrekturmaßnahmen und der Verhängung von Sanktionen;

Konvergenz, d.h. Angleichung der Strukturen und Wirtschaftsleistung durch Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der schwächeren Mitgliedstaaten bzw. Regionen;

nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Beschäftigung;

Stärkung des Zusammenhalts und Gemeinschaftsgefühls zwischen den Mitgliedstaaten.

An diesen Zielen müssen wir die Entwicklung und den Zustand der Union messen, vor allem auch den Einfluss der gemeinsamen Währung darauf.

2.2. Sind die Ziele erreicht worden?

Die bisherige Bilanz der Zielerreichung sieht erschreckend aus. Nicht eines der Ziele ist auch nur annähernd erreicht worden, z.T. hat sich die Situation sogar gravierend verschlechtert. Verglichen werden die Zahlen für die Eurozone insgesamt (Euro-19) mit den Zahlen von Deutschland (stellvertretend für die Nordländer), Frankreich (als Sonderfall), für die Problemländer von Italien und Spanien oder auch der Gruppe der GIPSIZ-Staaten (mit zusätzlich Portugal, Griechenland und Irland).

3. Die Stabilität der Staatsfinanzen

Das gilt vor allem für das Kernproblem, der aus dem Ruder gelaufenen Staatsverschuldung in der gesamten Union. Gemeint ist damit die Gesamtverschuldung der öffentlichen Hand in den jeweiligen Staaten. Für Deutschland heißt das die Verschuldung von Bund, Ländern, Gemeinden und öffentlichen Körperschaften insgesamt. Die Stabilität der Staatsfinanzen ist Grundlage und Namensgeber für den Maastricht-Vertrag (Stabilitäts- und Wachstumspakt).

3.1. Die Zielerreichung

Bisher ist keines der genannten Ziele erreicht worden.

3.1.1. Die Gesamtverschuldung

Die Gesamtverschuldung in der Eurozone (Euro-19) ist seit der Einführung des Euro zum Jahreswechsel 2000/2001 bis 2015 um 97% oder 4,7 Billionen (!) auf 9,4 Bio. € angestiegen, und zwar kontinuierlich Jahr für Jahr. Dasselbe galt bis 2014 für alle Mitgliedsländer. Von den Vergleichsländern konnte nur Deutschland in 2015 den Schuldenstand um 1,2% leicht reduzieren. Bei Deutschland und Italien war der Zuwachs unterdurchschnittlich mit +73% bzw. +67%, während er bei Frankreich (+141%) und Spanien (+186%) massiv darüber lag.

Für Griechenland weist Eurostat 2015 ebenfalls eine Reduzierung des Schuldenstands um 8 Mrd. € auf 311 Mrd. € aus. Diese Zahlen müssen aber wegen der undurchsichtigen Lage in Griechenland stark in Zweifel gezogen werden. Selbst Eurostat wies im November 2105 für 2014 noch einen Schuldenstand von 317 Mrd. € aus, der im Juni 2016 auf 320 Mrd. € nach oben korrigiert wurde.

Unberücksichtigt sind dabei noch die überall, auch auf Gemeinschaftsebene, bestehenden öffentlichen Schattenhaushalte. H.-W. Sinn greift das Beispiel des europäischen Investitionsprogramms auf, das über den European Fund for Strategic Investment (EFSI) ein Volumen von 315 Mrd. € hat, immerhin das Doppelte des EU-Haushalts. Die Kommission will ihn bis 2020 bereits auf 500 Mrd. € aufstocken. 2014 waren Projekte in Höhe von 1,3 Bio. € beantragt worden. Diese Volumina werden nicht durch im Haushalt ausgewiesene Mittel dargestellt, sondern durch Garantien und in Verbindung mit dem Wertpapierankaufprogramm der EZB durch Anleihen, die alle im Haftungsverbund der europäischen Steuerzahler verbleiben. Das ist ein Schattenhaushalt entsprechend der den Banken vorgeworfenen Praxis, Risiken in Zweckgesellschaften auszulagern und damit zu verschleiern{6}.

3.1.2. Der Schuldenstand von max. 60% des BIP

Auch das Ziel der Obergrenze für den Schuldenstand von max. 60%/BIP ist nicht annähernd erreicht worden, sondern hat sich seit Einführung des Euro bis 2014 kontinuierlich Jahr für Jahr verschlechtert. Erst in 2015 ergab sich für die Euro-19 und Deutschland eine leichte Reduzierung um 1,3% bzw. 3,5%-Punkte, während für Spanien die Quote gleich geblieben ist.

2015 ergibt sich für die Euro-19 insgesamt eine Verschuldungsquote von 91%/BIP bzw. eine Verschlechterung gegenüber 2000 um 23%-Punkte. Dasselbe trifft zu für Deutschland (71%/BIP bzw. +12%), Frankreich (96%/BIP bzw. +37%), Italien (133%/BIP bzw. +28%) und Spanien (99%/BIP bzw. +41%).

Damit ist das zentrale Ziel der Währungsunion zur Eindämmung und Beherrschung der aus dem Ruder gelaufenen Staatsverschuldung komplett verfehlt worden. Die Situation hat sich nicht verbessert, sondern insgesamt verschlechtert.

3.1.3. Die Neuverschuldung

Besser sieht es vordergründig bei dem Ziel für die jährliche Neuverschuldung aus. Hier haben 2015 die Euro-19 das Ziel mit einer Quote von 2,1% und Italien mit 2,6% erreicht. Deutschland hat mit +0,7% sogar einen Überschuss erzielt, während Frankreich mit 3,5% und Spanien mit 5,1% das Ziel weiterhin verfehlen, genauso wie die übrigen Problemländer. Besorgniserregend bleibt, dass sich die Quote seit der Eurokrise 2008 nur minimal verbessert hat (Euro-19 und Italien um 0,1%, während sie sich bei Frankreich und Spanien weiter verschlechterte).

Die Quote ist allerdings massiv beeinflusst durch die Niedrigzinspolitik der EZB sowie die Ankaufprogramme für Staatsanleihen. Verbunden mit der expliziten Ankaufgarantie beseitigt die EZB die Bildung der Zinsen durch den Kapitalmarkt für die Staatsanleihen und hält die Zinssätze auf einem künstlich niedrigen und völlig unrealistischen Niveau. Damit wird der Aufwand für die hohe und laufend steigende Staatsverschuldung auf ein absolut unrealistisch niedriges Volumen gedrückt{7}.

In Zahlen (Zinssatz für 10-jährige Staatsanleihen) ausgedrückt heißt das z.B. für Deutschland: 1% Zinserhöhung macht für die 2,2 Bio. € Bundesschulden 22 Mrd. € p.a. oder 0,7% des BIP (ca. 3 Bio. €) an höheren Zinszahlungen aus. Der Bund zahlt heute (11/2016) sogar negative Zinsen. In den 20 Jahren vor der Währungsunion (1973-1992) lag die durchschnittliche Umlaufrendite der Bundesanleihen bei 7,9%. Eine Zinserhöhung um 3,5% würde bereits die 3%-Marke/BIP ausfüllen. Einen so niedrigen Zinssatz hat der Bund in keinem einzigen Jahr seit Bestehen der Bundesrepublik gezahlt.

Für Griechenland sind die Zahlen wie folgt: 1% Zinserhöhung entspricht bei der Staatsschuld von ca. 320 Mrd. € (vor dem aktuellen 3. Hilfspaket) ca. 1,5% des BIP von gut 200 Mrd. €. Die Zinssätze für die 10-jährigen Anleihen Griechenlands lagen vor der Diskussion über den Euro bei ca. 25%, nach dem Euro-Beitritt bis 2007 bei ca. 5%. In der Griechenlandkrise 2012 schnellte der Satz auf 40% hoch, um dann wieder auf ca. 16% zu sinken{8}. Durch die Anleihekäufe der EZB und Zinsverzichte der Euro-Gläubiger-Staaten zahlt Griechenland inzwischen im Schnitt nur noch 2,4% Zinsen auf die gesamte Staatsschuld, d.h. sogar weniger als Deutschland{9}. Allein eine Erhöhung auf 10% würde die Maastricht-Marke für Griechenland auf 15%/BIP hochschnellen lassen.

Diese Marke hat damit ihre Aussagekraft für die Beurteilung der Schuldensituation der Euro-Staaten vollkommen verloren. Es bleibt leider bei der Feststellung, dass das Ziel einer Eindämmung der Staatsverschuldung komplett verfehlt worden ist.

Hier tickt eine Zeitbombe, die spätestens dann hochgehen wird, wenn die Zentralbanken ihre Überflutung der Märkte mit Liquidität wie versprochen einstellen und diese den Märkten wieder entziehen, oder die entstandene gigantische Blase platzt. Beides wird dramatischen Folgen für die Haushalte und Verschuldung der Staaten, auch Deutschlands, haben.

3.1.4. Das Zwischenziel von max. 0,5% Neuverschuldung und Schuldenreduzierung um ein Zwanzigstel des Unterschieds zum 60%-Ziel

Diese Ziele wurden im Fiskalpakt zusätzlich formuliert und gelten ab 2013. Das hat nur Deutschland 2015 erreichen können. Bei Griechenland weist Eurostat 2015 eine Reduzierung des Schuldenstands um 8 Mrd. € oder 2,5% auf 311 Mrd. € aus. Diese Zahlen müssen allerdings aus den oben genannten Gründen stark in Zweifel gezogen werden. Auch diese beiden Ziele konnten nicht erreicht werden. Bei der Neuverschuldung hat wenigstens Deutschland für 2014 und 2015 einen jährlichen Haushaltsüberschuss verzeichnen können.

3.1.5. Ein ausgeglichener Haushalt

Dieses Ziel wurde aufgrund der schlechten Erfahrungen bereits 1997, noch vor der Einführung des Euro, im Stabilitäts- und Wachstumspakt als weiteres mittelfristiges Ziel vereinbart. Verbunden wurde das Ziel mit der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einleitung von Korrekturmaßnahmen, sobald der Europäische Rat eine entsprechende Empfehlung ausspricht.

Seit Beginn der Finanzkrise 2008 hat bis auf Deutschland keines der Vergleichsländer (die 3 großen und die Problemländer) oder die Euro-19 insgesamt einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen. In 2007 gelang es neben Deutschland noch Irland, Spanien und Zypern. Damit ist auch dieses Ziel nicht erreicht worden.

Allerdings ist in den letzten Jahren zumindest ein positiver Trend zu erkennen. In den Euro-19 insgesamt ist das Haushaltsdefizit seit dem Höchststand von -6,3% in 2009 kontinuierlich zurückgegangen, beträgt aber immer noch das Dreieinhalbfache des Standes vor der Krise (2007). Das gilt mehr oder weniger auch für alle Vergleichsländer mit Ausnahme von Deutschland.

Auch 2016 konnte Deutschland wieder einen Überschuss erzielen und erwartet das auch für 2017. Die Flüchtlingskrise, die militärischen Bedrohungen und die Ankündigung des künftigen amerikanischen Präsidenten, die Kosten der Nato drastisch zu Lasten der europäischen Partner umzuverteilen, werden allerdings zu erheblichen zusätzlichen Ausgaben führen. Deswegen wird ein ausgeglichener Haushalt auch für alle Länder der Union in weite Ferne rücken. Vielmehr ist zu befürchten, dass sich einige hinter diesen Anforderungen verstecken und die Sanierungsbemühungen einstellen werden. Frankreich geht bereits mit schlechtem Beispiel voran.

Auch das Ziel eines mindestens ausgeglichenen Haushalts wird in absehbarer Zeit nicht erreicht werden.

3.2. Ziele und Maßnahmen der EU – Rettungspolitik

Der Ausbruch der Euro-Krise 2010 führte zu einem z.T. explosionsartigen Anstieg der Zinsen für die Staatsanleihen der Problemländer auf eine Höhe, die von den Schuldnerländern nicht mehr zu bewältigen war. Sie drohte, den Euro zu sprengen. Seitdem versucht die Gemeinschaft, den Zusammenhalt der Euro-Zone zu retten, und wird dabei massiv von der EZB durch deren Krisenmanagement unterstützt.

Hauptziel der Rettungspolitik ist, die Schuldendienstfähigkeit der Problemländer wieder herzustellen, d.h. ihrer Fähigkeit, ihre Schulden bedienen zu können, um damit das Vertrauen der Kapitalmärkte wieder zurückzugewinnen. Das ist nicht nur das Ziel der EU, sondern auch satzungsmäßige Voraussetzung für Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Neben den bisher schon formulierten Zielen, dem Abbau der Haushaltdefizite sowie der öffentlichen Verschuldung, wurden jetzt auch konkrete Handlungsfelder angesprochen. Das sind dringend notwendige Strukturreformen und Institutionenaufbau, d.h. funktionierender staatlicher Grundfunktionen, in den schwächeren Ländern. Das wird als Voraussetzung für eine Steigerung oder Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Problemländer erkannt, die wiederum Voraussetzung für ein höheres Wirtschaftswachstum ist.

Die Gemeinschaft und die EZB haben eine Reihe von Hilfsmaßnahmen und Instrumenten geschaffen, die in ihrem Umfang und ihrer Komplexität für den Laien nicht mehr überschaubar sind.

Auslöser der Eurokrise 2010 war die drohende Zahlungsunfähigkeit Griechenlands. Die EU und der IWF vereinbarten ein Rettungsprogramm, das Kredite des IWF und bilaterale Kredite der EU-Mitgliedsländer an Griechenland in Höhe von insgesamt 110 Mrd. € beinhaltete.

Da sich auch nach dieser Maßnahme die Kreditmärkte nicht beruhigten, beschloss die EU weitere Maßnahmen, die als Rettungsschirm bezeichnet werden. Kern sind die beiden Instrumente European Financial Stability Mechanism (EFSM) und European Financial Stability Facility (EFSF), über die direkt Kredite an gefährdete Länder vergeben werden können. Die Kredite sind an zu vereinbarende Reformmaßnahmen in der Verantwortung der Schuldnerländer gebunden.

Diese Maßnahmen wurden schon zu Beginn von verschiedenen Seiten als unzulässig, da rechtswidrig, kritisiert. Tatsächlich ist die darin enthaltene Kreditgewährung der Gemeinschaft bzw. der Mitgliedsländer an andere Mitgliedsländer ein klarer Verstoß gegen das geltende Verbot der Haftung für Staatsschulden von Mitgliedsländern („no bailout“), und damit einen Grundpfeiler der Währungsunion. Der Europäische Rat als Entscheidungsinstanz setzt sich jeweils darüber hinweg.

Im Oktober 2012 trat der European Stability Mechanism (ESM) als permanenter Rettungsschirm in Kraft. Er hat ein Volumen von 500 Mrd. €.

Ausdrückliche Ziele sind:

die Wahrung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen des empfangenden Mitgliedslandes,

die Wiederherstellung der Fähigkeit, sich selbst am Kapitalmarkt zu refinanzieren,

strenge wirtschaftspolitische Bedingungen,

die Überprüfung der Erfüllung durch die Kommission in regelmäßigen Abständen.

Auch dieses Programm steht rechtlich auf mehr als wackeligen Füßen. Es beruft sich auf die Ausnahmeregel vom Bailout-Verbot des Art. 122, Abs. 2 der AEUV, deren Text auch wiederholt wird. Danach ist ein finanzieller Beistand der Union zulässig, wenn ein Mitgliedstaat „aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht ist“. Das kann eine „ernsthafte Verschlechterung der internationalen Wirtschafts- und Finanzlage sein“. Die wird gesehen und als Begründung angeführt in der „gravierenden Verschlechterung der Kreditkonditionen, die darüber hinausgeht, was sich durch wirtschaftliche Fundamentaldaten erklären lässt“. Diese Begründung ist abenteuerlich, denn die massive Senkung der Kapitalmarktzinsen für die Problemländer nach Einführung des Euro ist auf die anfängliche Euphorie der Märkte zurückzuführen, die durch wirtschaftliche Fundamentaldaten in keiner Weise gerechtfertigt war, außer durch die Erwartung, dass die Gemeinschaft das Bailout-Verbot nicht einhalten und für die Schulden aller Mitgliedsländer haften wird. Als diese Euphorie in der Eurokrise zusammenbrach, schnellten die Zinssätze für die Problemländer wieder nach oben in Richtung der Zinssätze, die vor der Euro-Einführung aufgrund der Fundamentaldaten dieser Länder zu zahlen waren. Das waren die bekannten Schwächen, wie eine fehlende Wettbewerbsfähigkeit aufgrund unzureichender wirtschaftlicher Basis und der bekannten Strukturprobleme, wie mangelnder staatlicher Strukturen, Klientelismus, Korruption u.a. All diese Probleme sind hausgemacht, unterliegen deshalb ausschließlich der Kontrolle der betreffenden Staaten selbst und sind von außen kaum zu beeinflussen. Die gesamten Maßnahmen und Auflagen der Kreditgeber („Troika“) zielen deswegen genau darauf. Die rechtliche Begründung für den ESM widerspricht sogar dem Wortlaut des Gesetzestextes und ist eine erneute faktische Aushebelung des Bailout-Verbots.

3.3. Die Schuldentragfähigkeit

Erklärtes Ziel der als „Rettungsschirm“ bezeichneten Programme ist die Wahrung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen der Mitgliedsländer bzw. die Wiederherstellung von deren Schuldendienstfähigkeit.

3.3.1. Was heißt Schuldentragfähigkeit?

Schuldentragfähigkeit heißt, dass der Kreditnehmer seine Schulden auch bedienen und zurückzahlen kann. Dafür gelten für Staaten dieselben Kriterien wie für Privatpersonen oder Unternehmen. Dies sind die klassischen Fragen, die sich jeder Kreditgeber stellt: Wie viel Kredit kann sich der Kreditnehmer leisten, d.h. kann er den Kredit bedienen und die vereinbarten Zins- und Tilgungsleistungen erbringen? Bei Privatpersonen ist es das verfügbare Einkommen, das nach Abzug der laufenden Ausgaben übrig bleibt zur Bedienung der Kredite. Danach bemisst sich das mögliche Kreditvolumen.

Bei Staaten spricht man vom Primärüberschuss, d.h. ebenfalls von den Einnahmen, die für die Kreditbedienung übrig bleiben, wenn alle anderen Ausgaben getätigt sind. Maßstab dafür ist bei Privatpersonen der ausgeglichene Kontostand am Monatsende, bei Staaten ein ausgeglichener Haushalt. Beeinflussen kann man das mögliche Kreditvolumen durch eine Erhöhung der Einnahmen oder die Senkung der Ausgaben. Dasselbe gilt für Staaten, d.h. Steuerhöhungen oder Ausgabenkürzungen an anderer Stelle.

Eine andere hilfreiche Kennzahl ist die Zinssteuerquote, d.h. der Anteil des Steueraufkommens, der für den Schuldendienst verwendet werden muss und damit für andere wichtige Ausgaben, z.B. den Ausbau der Infrastruktur, fehlt.

Ein wichtiges Beurteilungskriterium ist auch der Kreditzweck, d.h. wofür der Kredit verwendet wird. Finanziere ich damit meinen Konsum oder verwende ich ihn für Investitionen, die mir in Zukunft höhere Einnahmen bringen werden? Bei Privatpersonen kann es die Aus- und Weiterbildung sein, bei Unternehmen Investitionen in Produktion, Dienstleistungen, Markt u.a., die zu zusätzlichen Einnahmen führen, d.h. sich rentieren. Beim Staat sind es ebenfalls Investitionen in Bildung und Forschung, Wirtschaftsförderung oder die Infrastruktur des Landes. Auch hier ist die Bedingung, dass sie zu zusätzlicher Wirtschaftsleistung und Staatseinnahmen führen.

Auch die Kreditsicherheit kann ein Kriterium für die Bemessung der Kredithöhe sein, wenn der Kreditnehmer Sicherheiten stellen kann, die notfalls zur Rückführung des Kredites verwertet werden können. Bei Staaten ist eine zwangsweise Verwertung von Staatsvermögen kaum möglich. Ein Anhaltspunkt kann aber die Wirtschaftsleistung des Staates, z.B. gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) sein. Daran orientiert sich das Maastricht-Kriterium der Verschuldungsgrenze von 60% des BIP.

3.3.2. Die Maastricht-Kriterien

Der Maastricht-Vertrag von 1993 hat als verbindliche Obergrenze für die Neuverschuldung 3% des BIP und für die Staatsverschuldung insgesamt 60% des BIP festgeschrieben. Das gilt als Voraussetzung für den Beitritt zur Währungsunion und für die Mitglieder als Ziel, welches sie erreichen müssen. Diese Zahlen sind seinerzeit von der französischen Verhandlungsdelegation eingebracht worden. Sie sind weder analytisch noch empirisch ermittelt, sondern mehr oder weniger gegriffen. Sie erfordern zudem ein Wirtschaftswachstum von 5% p.a., nur um die beiden Zielmarken zu halten, wenn sie einmal erreicht sein sollten. Diese Wachstumsrate ist völlig unrealistisch. Deswegen sind diese Kriterien für eine zuverlässige Beurteilung der Schuldentragfähigkeit ungeeignet, auch wenn sie als zentrales Kriterium und Ziel nach wie vor verwendet werden.

3.3.3. Der Primärüberschuss

Der einzige zuverlässige und harte Maßstab ist der Primärüberschuss, d.h. die Mittel, die nach Abzug aller andern Ausgaben von den Staatseinnahmen noch übrig bleiben für die Bezahlung der Zinsen und Tilgungsleistungen. Danach müsste sich die Höhe der verkraftbaren Staatsverschuldung richten. Der Primärüberschuss wird von Eurostat nicht regelmäßig berichtet. Er muss ermittelt werden, indem man aus dem Finanzierungssaldo die Zinszahlungen herausrechnet. Tilgungsleistungen werden gar nicht erfasst, da dazu auch nichts zu berichten ist.

3.3.4. Ist das Ziel erreicht worden?

Der Primärüberschuss ist ausreichend hoch, wenn der Haushalt ausgeglichen ist, d.h. alle Zinsen bezahlt worden sind. Vor der Finanzkrise (2007) hat neben Deutschland nur Italien überhaupt einen nennenswerten Primärüberschuss erreicht. Auch 2015 sind es weiterhin nur Deutschland (69 Mrd. €) und Italien (26 Mrd. €). Frankreich z.B. hat einen negativen Saldo von 33 Mrd. € und Spanien von 22 Mrd. €. Das bedeutet, dass sie keinen Euro für die Bezahlung nur der Zinsen übrig hatten. Die Unfähigkeit, nicht einmal die Zinsen bezahlen zu können, ist das klassische Zeichen für eine Insolvenzsituation.

Die Situation hat sich zwar seit Ausbruch der Finanzkrise (2008-2015) verbessert. So konnten die Euro-19 ihr durchschnittliches Primärdefizit von über 80 Mrd. € in einen Überschuss von 36 Mrd. € verwandeln. Der beruht allerdings auf den Überschüssen von Deutschland und Italien und deckt nur 14% der fälligen Zinsen der Eurozone ab.

Frankreich konnte zwar sein durchschnittliches Defizit in diesen Jahren von 47 Mrd. € auf 33 Mrd. € verringern, aber die Entwicklung stagniert seit 3 Jahren und es bleibt immer noch ein erschreckend hohes Defizit. Auch Spanien hat nach wie vor ein Primärdefizit von 22 Mrd. €, d.h. beide Länder können überhaupt keine Zinsen zahlen. Dies trifft für die gesamte Zeit nach der Eurokrise (2007) zu.

Das Ganze gilt dabei in einer Situation, in der die Zinsen für Staatsanleihen durch die EZB auf einem willkürlich festgesetzten, niedrigen Niveau gehalten werden, die weit weg von den Sätzen liegen, die die Märkte ohne die Interventionen der EZB verlangen würden. An Tilgungen ist dabei noch gar nicht gedacht. Selbst Deutschland würde seinen Haushaltsüberschuss von knapp 21 Mrd. € (2015) schon bei einer Zinserhöhung um 1% voll für die erhöhte Zinsbelastung aufbrauchen. Bei einer stärkeren Zinserhöhung würde auch Deutschland der Primärüberschuss nicht mehr ausreichen.

Damit ist auch das zentrale Ziel, die Schuldendienstfähigkeit, nicht erreicht worden, von Konditionen zu Kapitalmarktbedingungen ganz zu schweigen.

Das Ziel stellt sich als völlig unrealistisch heraus.

3.4. Die Finanzierung über den Kapitalmarkt

Ebenfalls ein zentrales Ziel der Union ist, dass sich die Mitgliedsländer über den Kapitalmarkt finanzieren und damit dessen disziplinierender Wirkung unterwerfen müssen. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass sich dieses Ziel ebenfalls erledigt hat. Denn eine Beendigung des Zinsregimes der EZB und eine Wiedereinsetzung des Kapitalmarkts für die Finanzierung der Staaten würde für die meisten Mitgliedsländer die unmittelbare Insolvenz bedeuten. Selbst Deutschland würde bei einer Zinserhöhung auf 4% bereits die Neuverschuldungsgrenze von 3%/BIP überschritten haben. Einen solch niedrigen Zins hat der Bund vor der Eurodiskussion seit Gründung der Bundesrepublik noch nie erreichen können. Der durchschnittliche Zinssatz für Bundesanleihen lag zwischen 7 und 8%.

Ein Abgleich der gesetzten und deklarierten Ziele kommt zu dem ernüchternden und erschreckenden Ergebnis, dass diese bisher rundum verfehlt worden sind und sich als absolut unrealistisch herausgestellt haben.

4. Die Politik und Maßnahmen der EZB

Die EZB spielt eine entscheidende Rolle für die Stabilität und den Zusammenhalt der Eurozone. Das gilt vor allem durch ihre Gestaltung der Finanzierungsbedingungen am Geld- und Kapitalmarkt für die Wirtschaft, die Banken und vor allem auch die Verschuldung der Staaten. Sie ist inzwischen der Garant für den Zusammenhalt der Eurozone geworden und füllt die Lücken aus, die die politischen Instanzen durch Entscheidungsschwäche oder Entscheidungsunwillen offenlassen. Dabei übernimmt sie Aufgaben, die weit über ihr eigentliches Mandat hinausgehen. Deshalb müssen auch ihre Politik und ihre Maßnahmen behandelt werden.

4.1. Die Aufgaben und Instrumente der Zentralbank

Vorrangige Aufgabe des Europäischen Zentralbanksystems und damit auch der EZB ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Das versucht sie mit ihrer Geldpolitik zu erreichen. Dafür stehen ihr die klassischen geldpolitischen Instrumente einer Zentralbank zur Verfügung: die Mindestreserve, die Geschäftsbanken für ihre Kundeneinlagen bei der Zentralbank halten müssen, kurzfristige Einlagen und Kredite der Geschäftsbanken direkt bei der Zentralbank (ständige Fazilitäten) und Offenmarktgeschäfte, d.h. längerfristige, besicherte Kredite der Geschäftsbanken bei der Zentralbank oder direkter Ankauf von Wertpapieren durch die Zentralbank.

Mit diesen Instrumenten beeinflusst eine Zentralbank den Geldmarkt und damit die Liquiditätsversorgung der Banken. Das geschieht über die Festsetzung der Zinsen für die Einlagen und Kredite der Geschäftsbanken bei ihr, die als Leitzinsen die Bestimmungsgröße für den Geldmarktzins sind. Über den direkten An- und Verkauf von Wertpapieren steuert sie ebenfalls die Liquidität der Banken und wirkt auf die längerfristigen Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt.

Bei Einführung des Euro wurde der Leitzins (Hauptrefinanzierung) bei 3% festgesetzt.

Die Preisstabilität definiert die EZB als Anstieg der Verbraucherpreise „nahe, aber unter 2% p.a.“.

4.2. Die Ziele der EZB

Die Ziele und Aufgaben der EZB bestimmt der Art. 2 ihrer Satzung. Diese sind, die Preisstabilität zu gewährleisten und die allgemeine Wirtschaftspolitik der Union zu unterstützen, soweit das Ziel der Preisstabilität nicht beeinträchtigt wird, und dabei im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb zu handeln.

Ausdrücklich untersagt ist ihr, genauso wie den Organen der Union oder den Mitgliedstaaten, eine direkte Staatsfinanzierung und damit Übernahme von Risiken der Mitgliedsländer (no bailout).

Die EZB sieht sich auch berechtigt und verpflichtet, das Wirtschaftswachstum in der Union direkt zu fördern. Dazu verfolgt sie die in den USA entwickelte und inzwischen weltweit vorherrschende Politik des „Quantitative Easing“, d.h. der Flutung der Märkte mit Liquidität. Damit sollen die Zinsen gesenkt und über diesen „Transmissionsriemen“ die Kreditnachfrage und Kreditvergabe und damit Investition und Konsum angekurbelt werden. Außerdem soll eine Mindestinflation von 2% p.a. erreicht werden, um die gefürchtete Deflation zu vermeiden.

Zusätzlich hat sich die EZB zum Ziel gesetzt, den Euro zu erhalten, die Zinsen für Staatsanleihen auf einem verträglichen Niveau und den Wechselkurs des Euro niedrig zu halten.

Inwieweit sie dazu berechtigt ist oder ihr Mandat überschreitet, ist stark umstritten und wird weiter unten diskutiert.

4.3. Die Maßnahmen nach Ausbruch der Finanzkrise 2007

4.3.1. Die Refinanzierung der Banken

Nach Ausbruch der globalen Finanzkrise (Lehman) 2007 brach der Interbankenmarkt weltweit zusammen. Die Banken liehen sich gegenseitig kein Geld mehr, da sie das Vertrauen in die Bonität des jeweiligen Partners komplett verloren hatten. Denn durch die extreme Ausweitung und weltweite Verschachtelung der Risikobestände der Banken war die Transparenz der Märkte vollständig verloren gegangen. Es gab niemanden mehr, weder Börsen, Zentralbanken oder Aufsichtsbehörden, der noch einen Überblick über Volumen, Art und Risikogehalt der weltweit entstandenen Finanzvolumina hatte („schwarzes Loch“){10}. Gleichzeitig schossen die Zinsen für die Problemländer der Eurozone nach oben, sowohl für deren Banken als auch deren Regierungen (Staatsanleihen). Damit wurde eine Finanzierung über den Kapitalmarkt für diese Länder nicht mehr darstellbar. Die Refinanzierung der Banken musste deswegen von den Zentralbanken übernommen und sichergestellt werden.

Zunächst erlaubte die EZB den nationalen Notenbanken, direkt Kredite an die lokalen Banken zu geben. Dazu entwickelte die EZB eine Reihe von speziellen Programmen und Instrumenten, mit denen sie bis heute den Geldmarkt ersetzt und die Liquiditätsversorgung der Banken sicherstellt.

Gemeinsames Merkmal war, dass die Anforderungen an die Banken für die Inanspruchnahme von Krediten laufend verringert wurden, genauso wie die selbstgesetzten Bonitätsanforderungen für die von der EZB angekauften Wertpapiere. Im Ergebnis haben die Banken und nationalen Zentralbanken unbegrenzten Zugang zur Liquiditätsversorgung der EZB erhalten.

Der Zinssatz für kurzfristige Kredite der Banken (Hauptrefinanzierungssatz) wurde seit 2008 laufend reduziert, im März 2016 sogar auf 0,00% (Nullzinspolitik), d.h. die Banken können sich umsonst bei der EZB refinanzieren. Im Gegenzug wurde die Verzinsung von Einlagen der Banken bei der EZB (Übernachteinlagen) eingestellt, und inzwischen wird ein Strafzins von z.Zt. -0,40% erhoben.

Dasselbe gilt für die ursprünglich mengenmäßige Beschränkung der Zuteilung der Kredite (Tender), die seit 2008 eine Vollzuteilung ist, ebenso wie für die Besicherung dieser Kredite. Nach ihrer Satzung (Art. 18.1) muss die EZB dafür Sicherheiten verlangen, die „ausreichend“ sein müssen und verbindlich in einem einheitlichen Verzeichnis („single list“) aufgeführt werden. Die Anforderungen an diese Sicherheiten sind von der EZB laufend herabgesetzt worden, von gerateten Anleihen über nicht geratete („Ramschanleihen“), normale Bankkredite, verbriefte Kredite (ABS), die als „Massenvernichtungsmaschinen“ Auslöser der Finanzkrise waren, und sogar ungedeckten Bankschuldverschreibungen, z.B. konzerninterne Anleihen, die von der Konzernmutter auf Töchter begeben werden. Damit ist die Anforderung ausreichender Sicherheiten ad absurdum geführt und praktisch aufgehoben worden. Auch die ursprünglich nach Tagen bemessene Laufzeit der Kredite wurde inzwischen auf 4 Jahre ausgedehnt.

Im Ergebnis haben die Zentralbanken der Problemländer den Kapitalmarkt ersetzt und die Refinanzierung der Banken vollständig mit ihrem Zentralbankgeld übernommen. Von den Banken wurden die Mittel wie bisher für Kredite an die Wirtschaft und die Regierungen des Landes zur Finanzierung der Staatsschuld verwendet.

Die Refinanzierung wurde dabei allerdings auf die Gemeinschaft, d.h. die Länder abgewälzt, die nach wie vor freien Zugang zum Kapitalmarkt hatten, in erster Linie Deutschland. Das geschah und geschieht über die berühmten Target-Konten. Dies sind die Verrechnungskonten der nationalen Zentralbanken bei der EZB, über die der Zahlungsverkehr zwischen den Mitgliedsländern abgewickelt wird. Diese Konten und die damit verbundene zusätzliche Verschuldung der Problemländer gegenüber den zahlungskräftigen Mitgliedern war lange Zeit völlig unbekannt und wurde 2011 von Hans-Werner Sinn ans Licht der Öffentlichkeit gebracht. Die negativen Salden der Problemländer beliefen sich in der Spitze (2012) auf 1 Billion €{11} . Gesamtdarstellung im Gutachten Sinn für das Bundesverfassungsgericht 2013. Die Salden haben sich wieder (Juli 2016) auf 731 Mrd. € erhöht und wachsen laufend weiter.{12}

4.3.2. Die Wertpapierankaufsprogramme der EZB

Parallel dazu hat die EZB seit 2009 verschiedene Programme zum direkten Ankauf von Wertpapieren am Sekundärmarkt aufgelegt. Diese Programme sollen die Geldpolitik der EZB des Quantitative Easing unterstützen. Dabei ging und geht die EZB genauso vor wie bei der Refinanzierung der Banken: Die Programme werden laufend erweitert, die Volumina erhöht und die selbst gesetzten oder von der Satzung geforderten Anforderungen an die Qualität der Wertpapiere bis zur Unkenntlichkeit gesenkt, um schließlich komplett fallen gelassen zu werden.

Meilensteine waren der Ankauf auch von Staatsanleihen durch die EZB und schlussendlich die Aufkündigung aller Beschränkungen durch den EZB-Präsidenten Mario Draghi. Als 2010 die Zinsen für griechische Staatsanleihen in die Höhe schossen und Griechenland die Insolvenz drohte, wurde gegen den Widerstand der Bundesbank die Ausweitung der Anleihekäufe der EZB auf Staatsanleihen der Problemländer beschlossen. Am 26.07.2012 folgte die berühmte Erklärung des EZB-Chefs in London, dass die EZB „innerhalb ihres Mandats alles Erforderliche („whatever it takes“) tun werde, um den Euro zu erhalten“. Im August ergänzte er das um die Aussage, auch unkonventionelle Maßnahmen zu ergreifen, und hob im September praktisch jede Grenze auf: „Es gibt praktisch keine Grenze, die geldpolitischen Maßnahmen auszuweiten“. Beides wurde allgemein verstanden als Garantie der EZB, letztlich alle in Euro begebenen Staatsanleihen aufzunehmen und damit den Anlegern das Verlustrisiko abzunehmen. Das beruhigte tatsächlich die Kapitalmärkte und die anhaltenden Turbulenzen.

Die Erklärung ihres Präsidenten setzt die EZB seitdem konsequent um. Es werden inzwischen alle Formen privater und öffentlicher Schuldtitel angekauft, bei den öffentlichen inzwischen auch Titel der regionalen oder lokalen Körperschaften, die Laufzeiten werden verlängert, Höchstgrenzen aufgehoben und die Volumina ins Unermessliche gesteigert. Allein für die Staatsanleihen sind das z.Zt. monatlich 80 Mrd. €.

Die Vielzahl dieser für einen Außenstehenden nicht mehr zu überblickenden und zu verstehenden Programme führt dazu, dass die Transparenz der Tätigkeiten der EZB nicht mehr gegeben ist. Das scheint auch bewusst so gewollt zu sein, wie das bisher streng geheim gehaltene Programm ANFA zeigt, von dem die Öffentlichkeit erst im Dezember 2015 erfuhr, und das den nationalen Zentralbanken erlaubt, nach eigenem Ermessen über die offiziellen Beschlüsse der EZB hinaus Wertpapiere direkt anzukaufen.

Die Ankaufsprogramme sind für die EZB das letzte verbleibende Mittel, da sie mit dem Erreichen des Nullzinses ihr geldpolitisches Pulver verschossen hat.

Damit wird eine weitere, unkontrollierte Tür für unbegrenzte Geldschöpfung und Finanzierung von Staatsdefiziten eröffnet, ein klarer Verstoß gegen das Verbot der Staatsfinanzierung.

Die Auswirkungen dieser Politik sind beängstigend. Im Ergebnis hat die EZB mit den nationalen Zentralbanken den Geld- und Kapitalmarkt in den Problemländern komplett ersetzt und die Finanzierung der nationalen Banken und überschuldeten Regierungen vollständig übernommen. Noch stärker kann man das Verbot der Staatsfinanzierung nicht verletzen. Gleichzeitig hebelt die EZB die Rettungsschirme der Union aus, die von den Empfängerländern strikte Sanierungsprogramme verlangen. Damit verhindert sie das Ergreifen der dringend nötigen Reform- und Sanierungsmaßnahmen. Das ist klassische Konkursverschleppung.

4.3.3. Sind die Ziele erreicht worden?

4.3.3.1. Die Preisstabilität

Die Hauptaufgabe und das zentrale Ziel der EZB ist die Gewährleistung der Preisstabilität. Dabei definiert sie die Preisstabilität als eine jährliche Preissteigerung von nahe 2%.

„Eigentlich“ ist dieses Ziel erreicht, denn die Inflationsrate bewegt sich seit Einführung des Euro in etwa in diesem Rahmen. In den ersten 10 Jahren lag die Inflationsrate im Schnitt bei 1,9%, also genau auf der Zielmarke der EZB. Allerdings sinkt die Inflation seit 2011 kontinuierlich von 2,7% auf z.Zt. (Okt. 2016) nahe der Null-Grenze (0,5%).

Das bedeutet, dass die EZB ihr selbst gestecktes Ziel einer Inflationsrate von nahe 2% p.a. bisher nicht erreichen konnte. Dieses Ziel hat sie sich gesetzt, weil sie bei einer dauerhaft unter dieser Marke liegenden Inflationsrate die Gefahr einer drohenden Deflation mit einem gefährlichen Einbruch der Wirtschaft sieht, wenn die Erwartung weiter sinkender Preise zu einer Zurückhaltung von Konsumenten und Investoren führt und damit eine sich selbst verstärkende Spirale des Rückgangs der Wirtschaftsleistung in Gang setzt. Die von den USA ausgehende globale Depression der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts („Great Depression“) ist das warnende Beispiel. Dieses 2%-Ziel ist auch Zielmarke der US-Notenbank und der meisten anderen Notenbanken weltweit.

Ob die Gefahr einer Depression besteht, ist allerdings stark umstritten und wird auch vom Präsidenten der Bundesbank, Jens Weidmann, in Frage gestellt. Denn die aktuelle niedrige Inflationsrate ist wesentlich beeinflusst durch den extremen Rückgang des Ölpreises. Ohne diesen Effekt ist die Inflationsrate deutlich höher als ausgewiesen.

Dass die 2%-Marke nach wie vor nicht erreicht wurde, ist die Begründung der EZB für die Weiterführung der extrem lockeren Geldpolitik. Jens Weidmann: „Von einer Deflation i.S. einer destabilisierenden, sich selbst verstärkenden Abwärtsbewegung der Preise kann keine Rede sein“. Er empfiehlt „durch diese kurzfristigen Schwankungen der Verbraucherpreise hindurchzuschauen“{13}.

Inzwischen (01/2017) steigt die Inflation in der Eurozone wieder an, was die EZB aber nicht zu einem Umdenken veranlaßt. Jetzt ist der Ölpreis wieder „schuld“, aber mit umgekehrten Vorzeichen. Draghi: „Der jüngste Preisanstieg ist hauptsächlich dem höheren Ölpreis geschuldet“{14}, d.h. er sieht weiterhin keine Inflation, um sein eigentliches Ziel, die Sicherstellung der Staatsfinanzierung der Problemländer weiterverfolgen zu können.

4.3.3.2. Die Förderung des Wirtschaftswachstums

Ein weiteres Ziel der EZB ist die Förderung des Wirtschaftswachstums.

Die Entwicklung der Währungsunion ist durch zwei völlig unterschiedliche Phasen gekennzeichnet: die Jahre nach Einführung des Euro 2001 bis zum Ausbruch der Finanz- und Eurokrise 2008 und die Zeit danach. Mit Einführung bzw. schon mit der verbindlichen Ankündigung der Einführung des Euro sanken in den Ländern der Eurozone die Zinsen, in den Problemländern massiv, und führten zu einer Umlenkung der Kapitalströme von den Nordländern, insbesondere Deutschland, in die Südländer, die heutigen Problemländer. Dort lösten sie einen enormen Wachstumsschub aus. Das Bruttoinlandsprodukt{15} stieg in der ersten Phase (2000-2008) in der Eurozone insgesamt (Euro-19) um 37%, dabei in Deutschland nur um 21% und in den Problemländern Griechenland um 69% und Spanien sogar um 73%. Auch in Frankreich (34%) und Italien (32%) war der Anstieg deutlich stärker als in Deutschland.

Nach Ausbruch der Krise und Beginn der Zinssenkungspolitik der EZB (2008) ging das BIP in der Eurozone zunächst bis zum Start des Rettungsschirms der EU und den ersten Wertpapier-Ankaufsprogrammen der EZB (2010) etwas zurück. Erst mit dem OMT-Programm und dem Garantieversprechen der EZB 2012 stieg das BIP wieder an. In Griechenland brach es um 7,9% weiter ein.

Von der Belebung des Wirtschaftswachstums erhoffen sich alle Beteiligten die Erfüllung der anderen zentralen Ziele: die Förderung der Beschäftigung zum Abbau der Arbeitslosigkeit und die Tragfähigkeit der Staatsschulden. Das entspricht der weltweit vorherrschenden Überzeugung von der Notwendigkeit und Wirksamkeit einer expansiven Geld- und Liquiditätspolitik. Dieses Mantra wird als Ziel und Begründung für alle Maßnahmen verkündet, ohne dass das Ausmaß des notwendigen Wachstums quantifiziert wird. Das würde auch zu völlig unrealistischen und utopischen Werten führen{16}.

Trotz der gigantischen Volumina, mit denen der Geldmarkt von der EZB geflutet wird (allein 1,7 Bio. € aus dem laufenden Wertpapierankaufsprogramm), konnte das Ziel eines spürbaren Wirtschaftswachstums nicht erreicht werden. In den 6 Jahren seit Beginn der Ankaufsprogramme (2010-2015) ist das BIP in der Eurozone (Euro-19) zwar um 9% gestiegen, allerdings ohne an den Strukturunterschieden etwas zu ändern. Diese sind sogar gestiegen. Die Problemländer Spanien und Portugal haben ihr BIP nicht steigern können, Italien um ganze 2%, während Griechenlands BIP um 22% eingebrochen ist. Deutschland hat sich mit 17% abgesetzt, Frankreich hat mit 9% den Durchschnitt erreicht. Der einzige Lichtblick ist, dass die Wachstumsraten nach einem laufenden Rückgang in den ersten 3 Jahren nach Start der EZB-Programme in den folgenden 3 Jahren kontinuierlich gestiegen sind, mit einer durchschnittlichen Rate von 1,6% in den letzten 3 Jahren. Dieses Wachstum ist aber mit Sicherheit nicht auf die Maßnahmen der EZB zurückzuführen, da die Kreditnachfrage nicht gestiegen ist. Der Gesamtbestand an Krediten der Banken (monetäre Finanzinstitute) hat sich von Anfang 2013 bis Ende 2015 praktisch nicht verändert{17}. Dies ist verständlich, da in den Problemländern auch der Privatsektor hoch verschuldet ist und versucht, seine Schulden abzubauen, statt neue Schulden aufzunehmen. Daneben ächzen die Banken unter ihren viel zu hohen Risikobeständen und werden von der Bankenaufsicht zum Abbau gedrängt.

Das trotzdem verzeichnete Wirtschaftswachstum ist noch viel zu gering, um positive Beschäftigungseffekte und damit einen Abbau der Arbeitslosigkeit zu bewirken. Auch auf die Staatsverschuldung hat es keinen positiven Effekt gehabt. Im Gegenteil haben die Maßnahmen der EZB jeden Anreiz zur Reduzierung der Schulden beseitigt.

Es bestehen auch grundsätzliche Zweifel, ob eine expansive Geldpolitik Wachstumsschwächen beseitigen kann, die wie in den Problemländern der Eurozone strukturelle Schwächen sind. Das lebende Beispiel ist Japan.

Als Ergebnis bleibt festzustellen, dass das Ziel, das Wirtschaftswachstum vor allem in den Krisenländern wieder in Gang zu bringen, trotz der massiven Rettungsmaßnahmen und Interventionen nicht erreicht worden ist.

Erreicht wurde dagegen eine massive Ausweitung der Staatsverschuldung. Diese stieg in den letzten 10 Jahren (2005-2015) in allen Ländern um ein Vielfaches schneller als die Wirtschaft (z.B. in Spanien um das 10-Fache, in England um das 5- und in Frankreich und den USA um das 3-Fache). Trotzdem hält die EZB unbeirrt an ihrem Kurs fest.

4.3.3.3. Die Sicherung der Staatsfinanzierung

Eine Finanzierung der öffentlichen Hände ist der EZB ausdrücklich verboten, sowohl im Maastricht-Vertrag (Art. 104) als auch in ihrer gleichlautenden Satzung (Art. 2). Deswegen wird es von der EZB auch nicht so formuliert.

Stattdessen hat sich die EZB mit ihrer Ankaufspolitik zum Ziel gesetzt, die Zinsen für Staatsanleihen der Mitgliedsländer auf ein „marktgerechtes“ und vertretbares Maß zu senken. Eine ausführliche Begründung dafür ist nachzulesen in Mario Draghis Rede vom 27.03.2013 vor der Katholischen Akademie in München{18}. Er begründet das Handeln der EZB mit einem „Marktversagen“. Die Begründung ist scharfsinnig und entspricht seiner Ausbildung auf einem jesuitischen Kolleg in Italien, auf die er in dem Vortrag ausdrücklich hinweist, aber trotzdem abenteuerlich. Das Marktversagen bestehe darin, dass es zu einer „Fragmentierung“ der europäischen Finanzmärkte kam, die so sehr eskalierte, dass „einige Anleger die Zukunft unserer Währung infrage stellten“ und die Befürchtungen eines Auseinanderbrechens der Währungsunion dazu führte, dass die Anleger ihre Gelder aus den südlichen Peripherieländer in den Norden verlagerten. Darin liege ein Marktversagen, das durch die Fundamentaldaten in keiner Weise gerechtfertigt sei, und dazu führte, dass der „Transmissionsriemen“ der Geldpolitik nicht mehr funktionierte, über die Zinssenkungen die Kreditnachfrage und damit das Wirtschaftswachstum zu fördern.

Wie sehen die Fundamentaldaten aus? Die Fundamentaldaten müssen zwangsläufig zu einer starken Fragmentierung der Kapitalmärkte für die einzelnen Mitgliedstaaten führen, da die Risiken für die Anleger in Staatspapiere aufgrund der extremen wirtschaftlichen Ungleichgewichte zwischen den Mitgliedsländern unterschiedlich hoch sind. Die Zinsen für italienische Staatsanleihen waren mehr als doppelt und die für griechische mehr als dreimal so hoch wie die für Bundesanleihen. Das waren die marktgerechten, d.h. risikoentsprechenden Konditionen. So war es bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Märkte fest mit der Einführung des Euro rechneten. Seit diesem Zeitpunkt passten sich die Zinssätze sehr stark an, da die Märkte unterstellten, dass die Gemeinschaft den Euro erhalten und verteidigen werde, falls ein Mitgliedstaat in Schwierigkeiten mit der Bedienung seiner Schulden käme. Das Ausfallrisiko wurde dementsprechend gering eingeschätzt und die Risikoprämien reduziert. Mit jeder Beeinträchtigung dieses Vertrauens bewegten sich die Zinsen wieder auseinander, um in der Griechenlandkrise 2012 zu eskalieren, für griechische Anleihen bis auf 40%, bevor die EZB dann ihr unbegrenztes Garantieversprechen verkündete.

Diese Zinsen entsprechen einer Insolvenzsituation, die auch tatsächlich gegeben war. Bekanntlich wurde die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands dann auch Anfang Juli 2015 offiziell vom Europäischen Rettungsfonds (EFSF) erklärt, nachdem sie schon 2012 eigetreten war und zu dem Schuldenschnitt der privaten Gläubiger in Höhe von 105 Mrd.€ geführt hatte.

Die Märkte haben marktgerecht reagiert und damit ihre Funktion wahrgenommen, entsprechend der Risikolage der Anleger (Fundamentaldaten) die Zinsen zu differenzieren. Die starke Spreizung der Zinsen und damit Fragmentierung der Finanzmärkte ist also der Normalzustand, der nur durch die beschriebenen Eingriffe der EZB beseitigt werden konnte. Hier von einem Marktversagen zu sprechen, ist tatsächlich abenteuerlich, denn die Märkte haben genau ihre Funktion ausgeübt.

Damit hat die EZB ihr Ziel erreicht, die Konditionen für die Staatsanleihen in der Eurozone und insbesondere der Problemländer auf ein unrealistisch niedriges Niveau zu senken. Mit den anderen Maßnahmen stellt sie inzwischen über die nationalen Zentralbanken praktisch die gesamte Finanzierung der Problemstaaten sicher.

4.3.3.4. Der Erhalt der Eurozone

Auch der Erhalt des Euro und der Eurozone ist erklärtes Ziel der EZB. Mario Draghi hat das immer wieder erklärt. Dieses Ziel hat die EZB mit den beschriebenen Maßnahmen auch erreicht. Der Austritt selbst eines Mitgliedslandes wie Griechenland, das mit dem Euro hoffnungslos überfordert ist und dessen Austritt (Grexit) „eigentlich“ schon beschlossene Sache war, konnte nur durch die Weiterfinanzierung Griechenlands durch das Eurosystem (griechische Banken mit der griechischen Notenbank und Rückendeckung der EZB) abgewendet werden. Ohne diese Hilfe wären auch die Rettungsmaßnahmen der politischen Instanzen nicht möglich gewesen.

Allerdings ist dieses Ziel in keiner Weise durch das Mandat der EZB gedeckt. Denn der Erhalt des Euro oder auch die Zusammensetzung der Währungsgemeinschaft sind ausschließlich Entscheidungen der Wirtschaftspolitik, die mit Geldpolitik beim besten Willen nichts zu tun haben. Sie liegen eindeutig außerhalb des Mandats der EZB.

Mit diesem Ziel und ihren Maßnahmen verletzt die EZB wiederum bewusst ihr Mandat und bricht damit das Recht. Sie maßt sich Kompetenzen an, die ausschließlich den politischen Instanzen, d.h. den Regierungen der Mitgliedsländer, zustehen. Clemens Fuest: „Die EZB schwingt sich auf zu einer europäischen Rettungsinstitution wie der IWF“{19}.

4.4. Ergebnis

Die Bilanz der Zielerreichung sieht für die EZB ambivalent aus. Ihre Hauptaufgabe und ihr eigentliches Ziel, die Gewährleistung der Preisstabilität nach ihrer Definition und ihrem Verständnis, hat sie bisher nicht erreichen können. Dasselbe gilt für die Beförderung des Wirtschaftswachstums in der Eurozone über den Transmissionsriemen ihrer Geld- und Zinspolitik. Auch dieses Ziel ist bisher nicht erreicht worden.

Erreicht hat sie dagegen den Erhalt der Eurozone und die Sicherung der Staatsfinanzierung zu „erträglichen“ Konditionen. Allerdings gehören diese Ziele nicht zu ihren Aufgaben und widersprechen ganz offensichtlich ihrem Mandat, das bei ihrer Gründung und der Schaffung einer einheitlichen Währung bewusst eng gefasst worden ist. Dies ist ein so zentraler Punkt, dass er ausführlich dargestellt werden muss (siehe 5.).

Die Maßnahmen der EZB haben zu einer Verfestigung und stetigen Ausweitung der Staatsverschuldung der Problemländer geführt und sind bei den insolventen Mitgliedsländern als bewusste Konkursverschleppung anzusehen.

Der Preis für das Erreichen dieser nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehörenden Ziele ist allerding hoch: eine Verfestigung und stetige Ausweitung der Staatsverschuldung der Problemländer, die Beseitigung jeder Motivation, Maßnahmen zum Abbau der Strukturschwächen zu ergreifen, und das hohe Risiko einer erneuten Blasenbildung mit bekanntem Ausgang. Ein weiterer hoher Preis sind die später unter 14. beschriebenen systemverändernden Nebenwirkungen.

4.5. Das Verbot der Staatsfinanzierung (Art. 104 EUV)