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Aktiv gegen Atemstillstand im Schlaf
Schnarchen ist nicht nur ein lästiges Übel, sondern kann für die Betroffenen gefährlich werden, wenn die Atmung im Schlaf aussetzt. In diesem Fall spricht man von einer obstruktiven Schlafapnoe, neben der Insomnie die häufigste Schlafstörung. Das Herz- und Kreislaufsystem kann darunter leiden und das Gehirn wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Mögliche Folgen sind Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt, Diabetes oder Demenzerkrankungen. Viele Betroffene bemerken die Atemaussetzer nicht, klagen aber über einen nicht-erholsamen Schlaf, obwohl sie eigentlich ausreichend lang geschlafen haben.
Prof. Dr. Ingo Fietze, der bekannte Experte für Schlafstörungen und Schlafapnoe an der Charité in Berlin,
Gesund und voller Energie durch einen leisen erholsamen Schlaf.
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Seitenzahl: 156
Veröffentlichungsjahr: 2024
Prof. Dr. med. Ingo Fietze
1. Auflage 2024
Liebe Leserin, lieber Leser,wenn es um die eigene Gesundheit geht, darf man nichts dem Zufall überlassen. „Für eine bessere Medizin und mehr Gesundheit im Leben“: So lautet das Qualitätsversprechen der Marke Thieme. Ärztlich Tätige, Pflegekräfte, Physiotherapeuten oder Hebammen – sie alle verlassen sich darauf, dass sie von Thieme, dem führenden Anbieter von medizinischen Fachinformationen und Services, die entscheidenden Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort bekommen. So können sie die Menschen, die sich ihnen anvertrauen, bestmöglich unterstützen. Auch Sie können sich auf die TRIAS Ratgeber mit dem Thieme Qualitätssiegel verlassen! Diese Informationsangebote helfen Ihnen dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen, wenn es um Ihre Gesundheit geht, selbst daran mitzuwirken, gesund zu werden, sich gesund zu erhalten oder das Fortschreiten einer Erkrankung zu vermeiden. Mit einem TRIAS Titel aus dem Hause Thieme überlassen Sie Ihre Gesundheit nicht dem Zufall! Ihr TRIAS Team
Quelle: © shlyapanama/stock.adobe.com – edited and composed by Thieme |
seit nunmehr 33 Jahren bin ich der Schlafmedizin und Schlafforschung im wahrsten Sinne des Wortes verfallen. In meiner gesamten beruflichen und wissenschaftlichen Laufbahn bin ich nicht vom Weg abgekommen und der Schlafmedizin treu geblieben. Diese Disziplin hat sich zwar entwickelt, aber sie hat es weiterhin schwer, sich in der Medizinlandschaft zu behaupten, wo es auch und vor allem um Ressourcen und Geld geht. Die Schere zwischen dem Bedarf an schlafmedizinischer Versorgung und dem, was an Ressourcen und Expertise vorhanden ist, öffnet sich immer weiter. Die obstruktive Schlafapnoe, der dieses Buch gewidmet ist, steht hier beispielhaft auch für die anderen schlafmedizinischen Erkrankungen. Obwohl es heute über 250 Schlaflabore gibt, sind weiterhin nur zirka 15 bis 20 Prozent der potenziell an einer Schlafapnoe Betroffenen erkannt und werden behandelt. Das liegt daran, dass 1. die Bevölkerung noch zu wenig über die Schlafapnoe aufgeklärt ist, 2. in der klinischen Praxis nach einer Schlafapnoe nicht gefragt wird und 3. sich zu wenig Ärztinnen und Ärzte diesem Krankheitsbild widmen. Dabei ist die Schlafapnoe gut zu diagnostizieren und zu behandeln.
Es gibt eigentlich keinen Grund, sich schnarchend, müde und mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko durchs Leben zu quälen. Ein Ausweg aus dieser Misere ist eine bessere Aufklärung der Bevölkerung. Genau dies war auch der Anreiz für mich, dieses Buch für Sie zu schreiben. Und es ist auch eine Art Vermächtnis meiner Tätigkeit auf dem Gebiet der Schlafapnoe, die 1990 in Marburg begonnen hat und seit Ende 1990 in Berlin fortgeführt wird. Prof. Dr. Hermann Peter, der damalige Leiter des Schlafzentrums der Philipps-Universität in Marburg, hat mich auf diesen Weg gebracht, und ihm möchte ich dieses Buch widmen.
Sie erfahren in diesem Buch, was eine Schlafapnoe ist, welche Beschwerden sie macht, welches Risiko sie mit sich bringt, wie man sie diagnostiziert und therapiert. Das Buch kann zur Prävention anregen, soll aber vor allem einen Impuls geben, sich als potenziell Betroffene bzw. Betroffener um diese mögliche Erkrankung zu kümmern und einen ersten diagnostischen Schritt zu gehen. In Zeiten der im Überfluss angebotenen Gesundheits-Apps und Wearables können Sie bereits ohne ärztlichen Beistand das Schnarchen und Sauerstoffschwankungen und die Atmung selbst messen/checken.
Entscheidend ist jedoch der nächste Schritt: der Gang zum Schlafmediziner. Davor müssen Sie keine Scheu haben, denn die Schlafmedizin versucht heute, Sie nur mit dem notwendigsten Aufwand schnell, aber qualitativ hochwertig zu untersuchen und zu behandeln. So müssen heute nicht mehr alle Betroffenen in ein Schlaflabor. Und es gibt weitere gute Nachrichten: Nicht alle Schlafapnoe-Patienten bekommen eine Maske auf die Nase. Es gibt auch gute alternative Therapien.
Wenn Sie schnarchen, tagsüber müde oder gar schläfrig sind, einen vor allem nächtlichen Bluthochdruck haben und nachts oft aufschrecken, dann sind Sie nach der Lektüre dieses Buches ausreichend aufgeklärt und informiert, so dass Sie ohne Bedenken eine schlafmedizinische Praxis aufsuchen und mit den dortigen Spezialistinnen und Spezialisten zusammen einen Behandlungsplan entwickeln können.
Dabei wünsche ich Ihnen viel Erfolg.
Ihr
Ingo Fietze
Titelei
Liebe Leserin, lieber Leser,
Schlafapnoe – was, wer, warum?
Der gesunde Schlaf
Der gestörte Schlaf
Die sechs häufigsten Schlafstörungen
Was führt Patienten in die Schlafsprechstunde?
Wie entstehen eine Schlafapnoe und ihre Formen?
Obstruktive Schlafapnoe (OSA)
Wie lange dauern die Atemaussetzer?
Weitere Apnoeformen
Hypoventilation
Flattening
Häufigkeit der Schlafapnoe
Symptome bei obstruktiver Schlafapnoe
Schnarchen
Zähneknirschen
Wasserlassen
Aufschrecken
Schwitzen
Kopfschmerzen
Potenzprobleme
Langzeitfolgen
Geschlechtsunterschiede
Das Symptom Müdigkeit
Das Symptom Schläfrigkeit
Der nicht erholsame Schlaf
Schlafapnoe in Kombination mit anderen Erkrankungen
OSA und RLS
COMISA
OSA und andere chronische Erkrankungen
Das Risiko der Schlafapnoe
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Sonstige Risiken
Weitere Aspekte
Was die Schlafapnoe die Gesellschaft kostet
Diagnostik und Therapie
Diagnostik der Schlafapnoe
Grundlegende Anamnese
Polysomnografie im Schlaflabor
Sonstige Indikationen für Diagnostik im Schlaflabor
Sonstige Untersuchungen
Therapie der obstruktiven Schlafapnoe – die PAP-Therapie
Nasenmaske: die Standardtherapie
BiLevel-Therapie
Wie erfolgt die Anpassung?
Wie lange dauert die Therapie?
Wirkung der Therapie
Therapieakzeptanz
Therapiealternativen
Protrusionsschiene
Chirurgische Maßnahmen
Hypoglossusnerv-Stimulationstherapie
Zwerchfellschrittmacher
Bariatrische Chirurgie
Lagetherapie
Kombinationstherapien
Begleitende Therapie
Dauerzustand
Therapie von Schnarchen
Die Therapie des schläfrigen OSA-Patienten
Häufigkeit der residualen Tagesschläfrigkeit
Therapietreue und Tagesschläfrigkeit
Mögliche Ursachen der residualen Tagesschläfrigkeit
Ist die Restschläfrigkeit zentralnervös bedingt?
Wie ist das Management einer Restschläfrigkeit?
Medikamentöse Behandlung
Telemedizin
Pflege der Therapiegeräte: CPAP, MAD
OSA auf Reisen
OSA im Krankenhaus
OSA und Beruf
Schlafapnoe und ihre Therapie international
Empfehlungen von Ingo Fietze
Autorenvorstellung
Sachverzeichnis
Impressum/Access Code
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Was ist Schlafapnoe genau, wer sind die Betroffenen und welche Risiken und Symptome verursacht sie?
Die Schlafapnoe gehört zu den häufigen Schlafstörungen. Sehen wir uns aber, bevor wir uns ihr widmen, zunächst einmal an, was im Gegensatz dazu gesunder Schlaf bedeutet.
Definiert wird der gesunde Schlaf anhand der Schlaflänge, der Schlafqualität, durch das Nichtvorhandensein einer Form der Schlafstörung und durch den am Morgen subjektiv beurteilten erholsamen Schlaf und den folgenden fitten Tag. Der gesunde Schläfer sollte zirka 7,5 bis 8,5 Stunden schlafen und die Bettzeit sollte zwischen 22 und 7 Uhr liegen. In dieser Zeit erreicht man die beste Schlafqualität, da hier der zirkadiane Rhythmus und der homöostatische Schlafdruck gemeinsam den Schlaf fördern.
Der zirkadiane Rhythmus ist ein biologischer Taktgeber, der unsere körperlichen, geistigen und Verhaltensabläufe in einem ca. 24 Stunden langen Takt dirigiert. Er ist wie eine innere Uhr, die unseren Schlaf-Wach-Zyklus, die Körpertemperatur, den Hormonspiegel und andere wichtige Funktionen regelt. Der homöostatische Schlafdruck beschreibt das natürliche Verlangen unseres Körpers nach Schlaf zu einer bestimmten Zeit. Während wir wach sind, baut sich im Gehirn eine Art »Schlafdruck« auf, der sich im Laufe des Tages kontinuierlich erhöht.
Das zirkadiane System sorgt dafür, dass verschiedene Körperfunktionen in den Abendstunden in den Schlafmodus schalten. Messbar ist das zum einen anhand der Körperkerntemperatur, die abends abfällt und in der zweiten Nachthälfte wieder ansteigt, anhand von Melatonin, welches abends ansteigt und im Verlauf der Nacht wieder abfällt, und anhand des Stresshormons Cortisol, dessen Konzentration abends abfällt und ab 5 Uhr bei der Mehrzahl der Menschen wieder ansteigt.
Der zirkadiane Rhythmus gibt Körper und Geist den 24-Stunden-Takt vor.
Der homöostatische Schlafdruck wird bestimmt vom abendlichen Anstieg der Schlafhormone und einem damit einhergehenden Abfall der Wachhormone. Als Beispiel für ein Schlafhormon sei wieder Melatonin genannt, dessen Konzentration im Körper zwischen 21 und 24 Uhr ansteigt und in der zweiten Nachthälfte wieder sinkt. Ein anderes Beispiel für die Schlafhomöostase ist die Konzentration des Neurotransmitters Glutamat, chemisch gesehen eine Säure. Je länger man wach bleibt, desto höher steigt die Konzentration von Glutamat im Zentralnervensystem. Dieser Wirkstoff gibt letztendlich auch an, wie lange man wach war. Somit ist er ein guter Biomarker für das Wachsein, der aber praktikabel (noch) nicht messbar ist. Im Schlaf wird Glutamat dann abgebaut.
Geht man später oder früher ins Bett als optimal, dann kann man gegebenenfalls immer noch gut schlafen, aber die Qualität wird leiden. Legt sich der Schichtarbeiter morgens nach der Nachtschicht hin, mit erhöhter Körpertemperatur, niedrigem Melatonin, erhöhtem Glutamat und hohem Cortisol, dann wird er wegen des hohen Schlafdrucks einschlafen, aber keine qualitativ guten 7 bis 8 Stunden schlafen können.
Kurz gesagt: Die Kombination aus nächtlicher Schlafenszeit und guter Schlafqualität und -länge macht den oben definierten gesunden Schlaf aus. Legt man sich schlafen, dann schläft man in der Regel innerhalb von maximal 30 Minuten ein. Einer kurzen Übergangsphase, dem Schlafstadium 1, auch oberflächlicher Schlaf genannt, in dem man durch Licht noch erweckbar ist, folgt der mitteltiefe Schlaf und danach der erste Tiefschlaf. Im mitteltiefen Schlaf ist man durch Licht nicht mehr weckbar, wohl aber durch ungewohnte bzw. störende Geräusche. Der erste Tiefschlaf hat normalerweise auch die längste Dauer, im Verlauf der Nacht nimmt die Länge der Tiefschlafphasen ab und die der Traumschlafphasen zu. Dem Tiefschlaf, der seinem Namen alle Ehre macht, weil man in diesem Zustand kaum erweckbar ist und quasi aus dem Bett (im Kindesalter) weggetragen werden kann, folgt der erste kurze Traumschlaf. Im Traumschlaf ist die Weckschwelle schon wieder niedriger und man wird leichter wach durch alle möglichen Störungen. Dieser Schlafzyklus wiederholt sich im Lauf der Nacht vier bis fünfmal.
Die Zykluslänge Oberflächlich-Mitteltief-Tief-Traum beträgt jeweils ca. 90 bis 100 Minuten und wird auch ultradianer Rhythmus genannt. Zirka 10 Prozent der Nacht verbringt man im oberflächlichen Schlaf, 50 Prozent im mitteltiefen, 15 Prozent im Tief- und 25 Prozent im Traumschlaf. Im Schlaf nimmt messbar die Atemfrequenz ab und Puls und Blutdruck sinken (Dipping), ausgenommen im Traumschlaf, in dieser Phase steigen diese Werte wieder an.(1)
Lerchen und Eulen
Die meisten Schläfer sind Normaltypen, es gibt auch die Lerchen, bei denen der Biorhythmus nach vorn (Schlafzeit z. B. 21–5 Uhr), und die Eulen, bei denen er nach hinten verschoben ist (Schlafzeit z. B. 0.00 – 8 Uhr). Das Nachtschlaffenster wird übrigens im Alter immer wichtiger. Nur nachts reinigt sich das Gehirn und mit der notwendigen Menge an nicht unterbrochenem Traumschlaf in der zweiten Nachthälfte kann man das Mortalitätsrisiko senken und dem emotionellen Zustand und dem Gedächtnis etwas Gutes tun.
Bewegungen im Schlaf, wie Körperdrehungen (5 bis 25 pro Nacht) oder auch mal das Aufstehen, um Wasser zu lassen, sind normal, wenn man danach immer gleich wieder einschlafen kann. Die bevorzugte Schlaflage der meisten Menschen ist die Seitenlage, gefolgt von der Rücken- und dann der Bauchlage.
Die vier Schlafphasen wiederholen sich nachts vier- bis fünfmal.
(Quelle: Meißner C. Das Ernährungs-Programm für gesunde Gefäße. 1. Aufl. Stuttgart: TRIAS 2023)
Geschlafen werden sollte ohne Licht und lärmgeschützt bei einer Raumtemperatur zwischen 17 und 22 Grad und mit einem bequemen Schlafkomfort. Mit Schlafkomfort ist ein Bettsystem gemeint, welches den Schlaf durch Unbequemlichkeit, Härte, mangelnde Größe etc. nicht stört. Steht man morgens erholt auf, dann ist man nach 8 Stunden Schlaf für 16 Stunden wach und nicht schläfrig. Das Gefühl der Müdigkeit nach einer nur kurzen Nacht kann sich tagsüber alle 3 bis 4 Stunden ergeben, da in diesem Rhythmus die Wachheit automatisch kurz nachlässt. Wenn man um 6 Uhr aufsteht, ist das erste Müdigkeitsfenster zwischen 9 und 10, das zweite zwischen 12 und 14 und das dritte zwischen 16 und 18 Uhr. Müdigkeit nach dem Mittagessen kann also noch normal sein. Unfreiwilliges Einschlafen, also Tagesschläfrigkeit, ist es nicht und ein Alarmsignal für einen zu kurzen und/oder qualitativ schlechten Schlaf.
Viele Menschen leiden unter Schlafstörungen. Welche Störungsbilder es gibt und wie sie sich äußern, erfahren Sie hier.
Der Schlaf kann gestört sein, wenn man morgens nicht erholt aufwacht, nachts zu oft wach wird, die Schlafdauer zu kurz oder die Schlafqualität zu schlecht ist und wenn äußere oder innere Faktoren den Schlaf stören.
Zu den äußeren Faktoren gehören Temperatur, Lärm, Licht, Luftfeuchte und Schlafkomfort. Beispiele dafür sind der Flughafen in nächster Nachbarschaft, der schnarchende Partner oder die Hitzemonate im Sommer.
Innere Faktoren sind Symptome bzw. Erkrankungen wie Tinnitus, Juckreiz, Schmerzen, z. B. Kopfschmerzen, Muskelschmerzen etc., Herzrhythmusstörungen, psychische Störungen oder eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion). Zusätzlich können diverse Medikamente oder der Gebrauch von Alkohol, Koffein oder Drogen (inklusive Cannabis) den Schlaf negativ beeinflussen.
Neben dem selbst verursachten Schlafdefizit sind Schlafstörungen die häufigste Ursache für einen nichterholsamen Schlaf.
Die internationale Klassifikation für Schlafstörungen (International Classification of Sleep Disorders – ICSD-3) führt 88 verschiedene Schlafstörungen auf. Die neue internationale Klassifikation aller Erkrankungen (ICD-11)(2) wird in einem eigenen Kapitel (Kapitel 7) 74 Schlafstörungen auflisten.
Die wesentlichen Gruppen der Schlaf-Wach-Störungen sind:
Insomnische Störungen
Hypersomnien
Schlafbezogene Atmungsstörungen
Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen
Schlafbezogene Bewegungsstörungen
Parasomnien
Zur Insomniegehören die Ein- und/oder Durchschlafstörung und das frühmorgendliche Erwachen.
Zu den Hypersomnien zählen im Wesentlichen die Narkolepsie, bei der die Betroffenen unter unerwarteten »Schlafattacken« leiden, mit und ohne Kataplexie (plötzliche Muskelschwäche oder -lähmung), und die idiopathische Hypersomnie (übermäßige Tagesschläfrigkeit).
Zu den Schlafbezogenen Atmungsstörungen gehören die verschiedenen Formen der Schlafapnoe (obstruktiv, zentral, gemischt), mit denen wir uns in diesem Buch beschäftigen, aber z. B. auch das zentral-alveoläre Hypoventilationssyndrom (Minderbelüftung der Lunge im Schlaf).
Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen sind das Jetlag-Syndrom, Schichtarbeit und der verschobene Schlaf-Wach-Rhythmus.
Bewegungsstörungen im Schlaf sind das Restless-Legs-Syndrom (Kribbeln, Ziehen, Zucken, Brennen oder Jucken der Beine, verbunden mit dem Drang, die Beine zu bewegen), periodische Beinbewegungen im Schlaf und das Body Rocking (Kopf- oder Körperrollen im Schlaf).
Zur Parasomniegehören u. a. Alpträume, Schlafwandeln, Pavor nocturnus (nächtliches Schreien) und die Traumschlaf-Verhaltensstörung.
Am häufigsten sind die Schlafbezogenen Atmungsstörungen, gefolgt von der chronischen Insomnie und dem Restless-Legs-Syndrom (RLS). Zirka ein Drittel der Erwachsenen schläft schlecht und mehr als 10 Prozent haben eine chronische behandlungsbedürftige Insomnie. Das Restless-Legs-Syndrom hat eine Häufigkeit von 5 Prozent mit einer Zunahme auf 10 Prozent bei den Älteren.
Eine Schlafstörung kann einzeln auftreten, aber auch Kombinationen sind möglich und nicht selten. Dazu gehören die Kombination von Schlafbezogener Atmungsstörung und Insomnie (COMISA) oder RLS und Insomnie oder Schlafbezogener Atmungsstörung und Hypersomnie.
Die meisten Schlafstörungen gehören zu den chronischen Erkrankungen. Einige Ausnahmen sind:
die akute Insomnie,
die schwangerschaftsbedingte Schlafapnoe,
das Schlafwandeln.
Und es gibt die Schlaferkrankungen, die getriggert werden und nach Beseitigung des Triggers wieder verschwinden, wie zum Beispiel:
Schnarchen und Schlafapnoe durch vergrößerte Mandeln,
Insomnie durch Migräne, Schmerzen oder Tinnitus,
schichtarbeitsbedingte Insomnie, die an freien Tagen und im Urlaub verschwindet,
medikamentös bedingte Atmungsstörungen oder unruhige Beine.
Die Schlafapnoe ist eine Form der Schlafbezogenen Atmungsstörungen, die Betroffene insbesondere zu Beginn des Auftretens nicht unmittelbar in die Arztpraxis führt. Erstens, weil sie keine Beschwerden machen muss, und zweitens, weil es weltweit vonseiten der Ärzteschaft kein Screening, keine Routineuntersuchung dafür gibt wie für den Blutdruck oder Blutzucker.
Daher muss es andere Trigger geben, die die Betroffenen in eine schlafmedizinische oder hausärztliche Praxis führen. Als Erstes seien die spezifischen Beschwerden genannt. Dazu gehören an erster Stelle Schnarchen, unfreiwilliges Einschlafen am Tage oder nächtliches Aufschrecken mit Luftnot. An zweiter Stelle stehen die Partnerin oder der Partner, die/der nächtliche Atmungsstörungen bzw. Atmungsaussetzer feststellt.
Vor allem Schnarchen führt Patienten in spezialisierte Praxen. Es schnarchen übrigens deutlich mehr Männer. Nur sehr selten sehe ich, dass sich ein Mann über das Schnarchen seiner Frau aufregt und ihn dieser Umstand aus dem gemeinsamen Schlafzimmer vertreibt. Der Grund für diese geschlechterspezifischen Unterschiede ist (noch) nicht bekannt.
Fazit
Häufige Gründe für eine Vorstellung mit Verdacht auf Schlafapnoe sind: Schnarchen, von anderen festgestellte Atmungsstillstände, nächtliches Aufschrecken mit Atemnot, Tagesmüdigkeit, unfreiwilliges Einschlafen am Tage, nächtliche Herz-Kreislauf-Beschwerden.
Nächster Motivationsfaktor, sich in einem Schlafzentrum vorzustellen, ist eine peinliche oder gefährliche Situation – das Einschlafen bei einem Konzert oder einer wichtigen Besprechung oder aber am Steurer (der sogenannte Sekundenschlaf) mit der Gefahr eines Unfalls. Und ein letzter Trigger sind Verwandte, Bekannte oder Arbeitskollegen/-innen, die sich bereits selbst in schlafmedizinischer Betreuung befinden, gut diagnostiziert und betreut wurden und ihre Erfahrungen weitergeben.
Da die Schlafapnoe – durch die Humanmedizin-Lehre oder durch Fortbildungen – zunehmend auch in der Ärzteschaft bekannt wird, schicken glücklicherweise zunehmend immer mehr haus- und fachärztliche Praxen potenziell Betroffene in eine Schlafambulanz. Sie wissen um das Risiko einer Schlafapnoe und empfehlen die Vorstellung in der Schlafmedizin bei Patienten mit einem Herz-Kreislauf-Risiko, Diabetes, einer Tumorerkrankung oder Übergewicht. Kardiologen schicken zum Beispiel Patienten mit fehlendem nächtlichem Blutdruckabfall, nächtlichem Vorhofflimmern oder einer Herzschwäche. Neurologen oder Psychiater schicken eher selten Schlafapnoiker, dafür mehr Patientinnen und Patienten mit anderen Schlaferkrankungen wie Bewegungsstörungen im Schlaf oder einer Hypersomnie, der pathologischen Schläfrigkeit.
Da die Angst vor einer demenziellen Erkrankung groß ist und da dieses Risiko auch im Zusammenhang mit einer Schlafapnoe steht, gibt es auch immer mehr Betroffene, die den Zusammenhang zwischen nächtlichem Sauerstoffmangel und Demenz kennen bzw. erahnen und daher selbst aktiv werden. Eher noch selten stellen sich in der Sprechstunde Berufskraftfahrer, Piloten oder Zugführer vor. Dabei sollte gerade bei diesem Personenkreis das Vorhandensein einer Schlafapnoe regelmäßig abgeklärt werden. Leider ist dies aber bisher keine Routine, auch nicht in der Betriebsmedizin und Arbeitsmedizin. Die genannten Berufsgruppen sind besonders gefordert, ein Augenmerk auf den Schlaf und mögliche Störungen zu legen. Da es in der medizinischen Grundversorgung kein Schlafapnoe-Screening gibt und die Erkrankung von Betroffenen auch nicht zwingend zu merkbaren Symptomen führen muss, ist die breite Aufklärung, zum Beispiel mit diesem Buch, ein Weg, diese Erkrankung selbst besser zu erkennen und sich ggf. einer weiterführenden Diagnostik und Therapie zuzuführen.
Was ist Schlafapnoe eigentlich genau und wie entsteht sie? Erfahren Sie in diesem Kapitel mehr über die verschiedenen Formen.
Die obstruktive Schlafapnoe ist eine Art Nervenerkrankung und beruht auf dem Nachlassen der Aktivität derjenigen Nerven, welche die Muskulatur im Rachen aktivieren. Dies führt zu einer Minderung des Tonus (Spannung) der Rachenmuskulatur. Dieses Erschlaffen der Muskulatur, vor allem der Zungenmuskulatur und der Muskulatur des weichen Gaumens, macht den Rachen eng bis hin zu einem kompletten Verschluss, Apnoe genannt. Zusätzliche Einflussgröße für das Ausmaß der Atmungsstörung ist die Atmungsantwort auf einen Sauerstoffmangel (Hypoxie) bzw. einen Kohlendioxid-Anstieg im Blut (Hyperkapnie).
Die obstruktive Schlafapnoe ist eine chronische Erkrankung. Wenn man einmal anfängt zu schnarchen, ob jung oder alt, ist das ein klarer Hinweis, dass der Rachen die Tendenz hat, im Schlaf zu eng zu werden. Das kann anfangs nach einer Alkoholsause sein, nach einer Gewichtszunahme von vielleicht nur 3 bis 5 Kilogramm oder nach einer Nacht, in der man die ganze Zeit auf dem Rücken liegen musste, weil man einen Gips trägt oder Schmerzen hat, die nach der Rückenlage verlangen.
