Schneeküssen - Katrina Verde - E-Book
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Katrina Verde

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Beschreibung

“Eine unglaublich schöne Liebesgeschichte"
"Witzig, spannend und romantisch"
"Gut zum Abschalten"

Schneeflocken, die auf der Haut schmelzen, Winterzauber über der Wiener Innenstadt, eine magische Begegnung im Museum und Herzkekse zum Valentinstag - "Schneeküssen" ist ein romantischer Städtetrip nach Wien am Tag der Liebe.

Während Valeries Umgebung - ohne sie! - nahtlos vom Weihnachtstrubel in die Valentinstagsromantik rutscht, landet eines ihrer E-Mails zufällig in Tinos Posteingang.

Für Tino hatte das neue Jahr begonnen wie das alte geendet hatte: In seinem Job eilt er von Termin zu Termin, die Heizung streikt, und dann holt ihn auch noch ein Streich aus Studententagen ein. Bald bringt Tino jedoch nicht mehr nur der unerwartete Schneefall in der Stadt ins Schleudern.

Was als Schlagabtausch via E-Mail beginnt, wird schon bald von Schneeflockenzauber und kunstvoller Romantik abgelöst - und dann steht auch noch der Valentinstag vor der Tür ...

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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SCHNEEKÜSSEN

EIN VALENTINSTAGSROMAN

KATRINA VERDE

Copyright © 2021 by Katharina Sabetzer

Alle Rechte vorbehalten

Die in diesem Buch dargestellten Figuren und Ereignisse sind fiktiv. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder toten realen Personen ist zufällig und nicht von der Autorin beabsichtigt.

Kein Teil dieses Buches darf ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Herausgebers reproduziert oder in einem Abrufsystem gespeichert oder in irgendeiner Form oder auf irgendeine Weise elektronisch, mechanisch, fotokopiert, aufgezeichnet oder auf andere Weise übertragen werden.

Mail: [email protected]

Web: www.katrinaverde.at

Lektorat: Renate Rosner

Covergestaltung: Sibylle Exel-Rauth

INHALT

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Epilog

Hinweise und Quellenangaben

Weitere Geschichten von Katrina

Vielen Dank

Über Katrina Verde

KAPITELEINS

VALERIE

„Hättest du gerne ein Herzkeks zu deinem Kaffee dazu?“ Die süßliche Stimme der Barista trug sich über das monotone Murmeln der Gäste im „Americano“, setzte sich in Valeries Gehörgang fest und lähmte alle weiteren Gedanken.

Der Satz, den Valerie gerade erst zur Hälfte niedergeschrieben hatte, blinkte sie halbfertig und fast höhnisch von ihrem Computerbildschirm aus an. Verloren waren die restlichen Worte, gelöscht von der beständig insistierenden Herzkeks-Werbung, die in regelmäßigen Abständen durchs Café schallte.

Seufzend lehnte sich Valerie auf ihrem Sessel zurück und richtete ihre Aufmerksamkeit notgedrungen auf das Gespräch an der Theke des Coffeeshops. Drei Teenager drängten sich um die Vitrine, an eine von ihnen war die Frage nach dem Herzkeks gerichtet gewesen. Aber alle drei erhielten nun eine detaillierte Einschulung der Barista ins Herz- und Glückskekssortiment des Lokals, das jeden einzelnen Gast bereits jetzt schon auf den kommenden Valentinstag einstimmen sollte.

Heute.

Am 18. Jänner.

Während es draußen schneite und stürmte.

Die drei Teenager kicherten und sprachen durcheinander, eine filmte, eine andere fotografierte, die dritte zählte ihr Kleingeld. Aber dennoch hörten sie alle drei auch der Barista und ihren Erklärungen zu, tauschten sich dazu aus und gleichzeitig auch darüber, was sich gerade auf ihren Telefonen abspielte.

Valerie seufzte. Die vielen parallel laufenden Gespräche der Mädchen ließen Valeries Kopf schwirren. Sie war schon damit überfordert, diesen einen Satz vollständig zu Papier zu bringen, der sich gerade noch auf Basis ihrer Notizen und ihrer Erinnerung in ihrem Hinterkopf formiert hatte, während die Barista in ihrem künstlich-freundlichen, marmeladezuckersüßen Tonfall ihre Herzkekse anpries.

Quasi minütlich.

Valerie seufzte noch einmal. Nun war gerade eben erst der Horror der Weihnachtslieder abgeklungen und man war wieder für ein gutes Jahr befreit von den drei beständig gleichen Melodien, aber nur ein gefühltes Augenblinzeln später fing die nächste Nadelstichpolitik der Werbeindustrie an: der Valentinstag.

Ein lautes Tüten riss Valerie aus ihrem Feiertagsfrust und für einen Augenblick sah sie sich verwirrt um.

Es hupte noch einmal.

Leider direkt vor ihrer Nase.

Valerie richtete den Blick auf ihren Computerbildschirm, der ihr wild blinkend Bescheid gab, sich aufgrund von fehlender Stromzufuhr bald in den Ruhemodus zu begeben.

Natürlich.

Hektisch kramte Valerie in ihrer Handtasche, riss ihr Ladekabel und gleichzeitig zwei Kulis, vier Kassenbons und einen Schokoriegel heraus, die sich alle feuerwerksgleich über den Boden rund um ihren Tisch verteilten.

Wo war die Steckdose? Valerie blickte sich eilig um und ignorierte dabei, dass sie mittlerweile ein kleines Publikum gewonnen hatte.

Herzlich willkommen in Vals Kuriositätenkabinett, vulgo: mein Leben! Ich hoffe, Sie finden genügend Stoff zum Lachen – das Leben ist eh trist genug …

Valerie entdeckte eine Steckdose direkt unter dem Tisch, tauchte ohne zu zögern ab und in Windeseile verband sie ihren Computer mit dem dringend nötigen Strom. Für einen Moment blieb sie auf ihren Knien unter dem Tisch sitzen und wartete, bis das erleichternde (und wesentlich freundlichere Piepsen) ihres Computers erklang, das den Start des Ladevorgangs ankündigte.

Dann fiel ihr Blick auf einen grauen Schatten, direkt über der Steckdose.

Valerie beugte sich nach vorn und kniff ihre Augen zusammen. Irgendjemand hatte einen kurzen Text direkt an die Wand geklebt.

STELL MIR DEINE FRAGE! LASS UNS DRÜBER REDEN!, las Valerie und daneben eine E-Mail-Adresse.

Sie tastete nach ihrem Telefon, das auf dem Tisch neben ihrem Computer lag, fischte es herab und schoss schnell ein Foto von dem Sticker. Dann endlich krabbelte sie wieder an die Oberfläche, putzte sich die Knie ab und blickte sich im Café um. Die anderen Gäste hatten mittlerweile das Interesse an ihrer Aufladeakrobatik verloren und widmeten sich wieder ihren eigenen Gesprächen, Büchern und Bildschirmen. Selbst die drei Teenager hatten in der Zwischenzeit eine Entscheidung getroffen, denn die Tür fiel gerade hinter ihnen ins Schloss und das sie begleitende Flirren aus Kichern und Reden verstummte mit dem Klicken der Eingangstür. Als hätte sich plötzlich der Ton während eines Films verabschiedet, den man immer noch sehen konnte.

Valeries Blick folgte den drei wild gestikulierenden Mädchen, bis sie ums nächste Hauseck gebogen und aus ihrem Blickfeld verschwunden waren.

Für einen Moment verwirrte es sie, dass sie noch immer ihr Telefon in der Hand hielt und während sie sich an das soeben gemachte Foto und die eigenartige E-Mail-Adresse erinnerte, schallte es ein weiteres Mal durchs Café: „Hättest du gerne ein Herzkeks zu deinem Kaffee dazu?“

Valerie biss die Zähne zusammen und ohne länger darüber nachzudenken, öffnete sie ein neues E-Mail-Fenster und tippte die abfotografierte E-Mail-Adresse ein.

„Ich habe eine Frage“, schrieb sie in den Betreff.

Dann schob sie den Cursor ins Hauptfenster und begann zu tippen.

KAPITELZWEI

TINO

Tino eilte die drei Stufen der alten Bim hinunter, in Gedanken bei der Uhrzeit und seinem nächsten Termin. Aber plötzlich rutschte für wenige Sekunden die Welt aus den Fugen und sein Magen sank ab, während er mit beiden Beinen unkontrolliert durch den frisch gefallenen Schnee glitt.

Tino ruderte mit seinen Armen und fing sich gerade noch auf, bevor er gänzlich am Boden gelandet wäre.

Sein Herzschlag pulsierte.

Wann hatte es zu schneien begonnen?

„Sie sollten weniger wild sein, junger Mann!“, schalt ihn eine alte Dame, die im Schneckentempo über die hohen Stufen der Straßenbahn herabstieg, auf einen Stock gestützt.

Tino sah sie verwirrt an, aber sie hielt seinen Blick.

„Und richtige Schuhe sollten Sie sich auch besorgen!“, ergänzte sie in jenem hochnäsigen Wiener Tonfall, den man fast nur mehr in der Innenstadt hörte. Dann trottete sie kopfschüttelnd weiter.

Tino konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so pädagogisch adressiert worden war, noch dazu so direkt. Die meisten Leute, mit denen er sich unterhielt, wollten etwas von ihm und passten ihre Formulierungen daran an. Die anderen, die nichts von ihm wollten (außer vielleicht ihren Job behalten), wagten aus anderen Gründen nicht, ihn zu belehren. Vielleicht auch, weil es nicht notwendig war.

Tino zuckte mit den Schultern und sah an sich herab.

Seine Lederschuhe waren angesichts des Wetters tatsächlich nicht die beste Wahl gewesen, aber kein Mensch konnte wissen, dass Wien an diesem Tag zu Tirol werden würde und der angekündigte Schneefall so lang anhalten würde. Normalerweise gab es gefühlt drei Schneeflocken im Jahr, die man gemütlich im Taxi aussitzen konnte, wenn es soweit war.

Taxi! Ein Taxi wäre auch heute sein Plan gewesen, wenn nicht der Verkehr rund um den Ring quasi zum Erliegen gekommen wäre. Hinter Tino baute sich der Stau des Jahrhunderts auf, begleitet von Huptönen in unterschiedlicher Klangfärbung und Dauer, zwischendurch kurz unterbrochen vom Geläute der Straßenbahnen, die sich durch blockierte Kreuzungen schoben. Und auch der Wind heulte.

Was war nur heute los? Seit wann war es richtig Winter in dieser Stadt?

Tino fröstelte leicht, als ein besonders kräftiger Windstoß eine Ladung Schnee auf seinem Mantelkragen ablegte, die sich langsam an der Innenseite hinabbewegte und seinen Nacken auf Gefriertemperatur brachte. Es half nichts, er musste sich in Bewegung versetzen.

Mit behutsamen Schritten überquerte er die kleine Fahrbahn, die zwischen seiner Straßenbahnhaltestelle und dem Burgtheater lag, und er rutschte unauffällig, aber ungefährlich den Gehsteig entlang in Richtung Café Landtmann. Ab diesem Zeitpunkt wagte er es nicht mehr, auf die Uhr zu sehen. Er war bestimmt schon heillos zu spät für seinen Termin.

Im Eingangsbereich des Cafés wuselte es vor Gästen und Bedienungspersonal und Tino zwängte sich durch die Massen bis zur Garderobe. Er schüttelte sich seine Beine und seinen Mantel ab, hinterließ diverse Schneehäufchen im Eingangsbereich, die die Dame an der Garderobe missbilligend begutachtete. Aber Tino hatte seine Aufmerksamkeit ohnehin bereits wieder auf sein Telefon gerichtet, um zu kontrollieren, ob es noch irgendwelche Notfälle zu behandeln gab, bevor er sich nun für eine gute Stunde seinem Termin widmete.

Wie durch ein Wunder war sein Handy-Bildschirm frei von neuen Benachrichtigungen. Einzig ein E-Mail wurde ihm angezeigt. „Ich habe eine Frage“ stand im Betreff, als Absender las Tino etwas, das wie „Your Pal Val“ aussah, aber geschmolzener Schnee tropfte auf sein Display und verzerrte einen Teil der E-Mail-Benachrichtigung.

Das sah nach einem schlecht vorbereiteten Pitch eines Start-ups aus, befand Tino und ließ sein Telefon in einer Tasche seines Sakkos verschwinden. Am liebsten würde er diese sinnlosen Anfragen immer gleich löschen, aber sein Vater bestand darauf, dass die Firma (und somit Tino) auf jede Anfrage reagierte.

Mit konstruktivem Feedback.

Die Anzahl der Investitionsanfragen, denen man bereits am Betreff ablesen konnte, dass sie uninteressant waren, verteilten sich üblicherweise übers Jahr, trafen aber Mitte Jänner grundsätzlich immer in etwas größerer Menge ein. Wenn das Land aus dem Weihnachtsschlaf erwachte, glühten die Mailboxen da wie dort. Sofern man nicht unter Schnee und Eis begraben wurde. Wie heute.

Gedankenverloren nahm Tino sein Garderobenticket entgegen und steckte es neben sein Telefon in die Tasche.

Dann schüttelte sich Tino noch einmal, aber diesmal eher, um seinen Fokus wieder auf die Realität zu richten.

Tief durchatmen und in Bewegung versetzen.

Mit ruhigem Schritt bog er ums Eck in jenen Bereich des Lokals, der in Richtung Ring gelegen war und scannte die Menge. Aber das war gar nicht nötig gewesen. Einer der Kellner hatte ihn bereits erkannt und bat ihn weiter an den reservierten Tisch, auf dem schon diverse Unterlagen ausgebreitet waren.

Tino entschuldigte sich bei seinem Gesprächspartner für seine Verspätung und ging dann in einem Atemzug gleich zur Agenda über.

Sollte es doch schneien. Es brauchte mehr, um ihn aus der Fassung zu bringen.

* * *

Es war kurz nach 21 Uhr als Tino mit einem Pizzakarton in Händen in seine Wohnung stolperte, seine Schuhe unter den Heizkörper feuerte und den Gedanken verdrängte, dass diese den Schneetag wohl nicht überstanden hatten.

Seine Wohnung war eiskalt und Tino drehte zuerst alle Lichter auf, dann erst die Heizung. Die schrägen Dachfenster, die ihm normalerweise etwas Blick in den Himmel ermöglichten, waren vereist und zu zwei Drittel mit Schnee bedeckt. Sein privates Iglu nannte Tino seine Wohnung immer an den wenigen Tagen im Jahr, an denen es schneite.

Mit schnellen Bissen schlang er zwei Pizzastücke hinunter gegen den ersten Hunger. Dann drehte er den Fernseher auf und zappte sich wahllos durchs Angebot. Seine Heizkörper knacksten vertraut, es würde nicht mehr lange dauern, bis es wärmer werden würde.

In Ermangelung eines zufriedenstellenden Fernsehprogramms hielt er seine Suche bei einem Musiksender an und reduzierte den Ton auf ein Minimum. Etwas langsamer nun widmete er sich dem Rest seiner Pizza und dachte über den zu Ende gehenden Tag nach.

Im Schnelldurchlauf ging er in Gedanken nochmals einzelne Gespräche, E-Mails und Erledigungen durch, für deren Nachbetrachtung im Tagesverlauf keine Zeit geblieben war. Sein Termin im Landtmann am Nachmittag hatte sich noch weiter verzögert, nachdem sein Gesprächspartner ihre bisherige Strategie von Grund auf in Zweifel gezogen hatte.

„Aber wir haben diesen Punkt genau deshalb eingebaut, weil Sie dies damals eingefordert hatten“, hatte Tino sein Gegenüber mit übermenschlicher Geduld in der Stimme erinnert.

„Womöglich“, hatte der Mann geantwortet, „aber Sie hätten mir das von Anfang an ausreden sollen.“

Manchmal hatte er den Verdacht, er hätte es in einem Kindergarten auch nicht schwerer als in seinem jetzigen Alltag. Die „Kinder“, die er jetzt betreute, waren bloß größer. Und wohlhabender.

Am schlimmsten waren aber diese sinnlosen E-Mails. Leere Kontakte, Investitionsanfragen, die gesammelt an alle Firmen dieser Welt ausgeschickt worden sind, Werbung ohne Ende.

Als die Pizza geschluckt war, griff Tino noch einmal zu seinem Telefon, ignorierte die schwere Mahlzeit in seinem Magen und scrollte sich durch seinen Posteingang. Seit Monaten schon las er nicht mehr alle Nachrichten, die er erhielt. Die meisten wurden sogar ungelesen gelöscht, ein Teil wurde unkommentiert an Mitarbeiter der Firma weitergeleitet und maximal zehn bis zwanzig Prozent bedurften seiner tatsächlichen Aufmerksamkeit.

Sein Blick fiel auf jenes E-Mail, das eingetroffen war, während er im Landtmann an der Garderobe gewartet hatte. Bei seinem letzten Mail-Check, kurz bevor er seinen Computer im Büro abgedreht hatte, war ihm die Nachricht nicht aufgefallen. Hier am Telefon leuchtete sie aber wieder auf. Eigenartig.

„Your Pal Val“ prangte ungelesen auf seinem Display. Tino schnaubte verächtlich. Was sollte das nur wieder sein?

Widerwillig klickte er darauf und begann zu lesen:

Lieber unbekannter Pickerlkleber,

ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass Du männlich bist. Warum? Das wüsste ich selbst gerne …

War das ein Scherz?

Tino hob kurz den Kopf, wie um sich zu vergewissern, dass er nicht plötzlich bei „Versteckte Kamera“ gelandet war, dann sah er wieder auf sein Display.

Er wollte das Mail schon als Spam markieren und löschen, da fiel sein Blick auf die E-Mail-Adresse, an die die Nachricht gesandt worden war.

Seine E-Mail-Adresse. Die, die er seit Jahren nicht mehr benutzte und von der er gedacht hatte, dass er sie vor einer Ewigkeit stillgelegt hätte.

Stell mir eine Frage, hatte er damals die halbe Stadt gebeten und dazu diese Mail-Adresse genannt. Seit Jahren hatte niemand mehr drauf reagiert. Tino war sich sicher, dass mittlerweile alle Sticker und Aufschriften an WC-Innentüren bereits entfernt worden waren. Aber offenbar gab es noch irgendwo ein übriggebliebenes Pickerl und es gab eine Person, die sich an ihn gewandt hatte.

Tino lächelte.

Dann begann er erneut zu lesen:

Von: Your Pal Val

An: STELL MIR DEINE FRAGE

Lieber unbekannter Pickerlkleber,

ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass Du männlich bist. Warum? Das wüsste ich selbst gerne. Ich habe etwas Angst, nach DIESER Antwort zu forschen. Aber vielleicht wäre das ein Thema für eine weitere E-Mail-Korrespondenz. Eine weitere Fragerunde.

Falls das hier überhaupt ernst gemeint war. Und nicht irgendeine wirre Werbeaktion ist.

War das ernst gemeint, lieber Pickerlkleber?

Ich habe nämlich tatsächlich eine Frage. An dich. An die Welt.

Also. Hier ist sie, meine Frage an Dich:

Warum feiern wir den Valentinstag?

Ach, vergiss das. Ich muss meine Frage anders formulieren. Auf diese Frage kannst Du mir den Link zu Wikipedia schicken und – bei aller neu-digitaler Freundschaft (?!), die wir hier gerade beginnen – wenn ich unter einen Tisch krabbeln kann, um Deine Mail-Adresse zu finden, kann ich wohl auch selbst Valentinstag googeln.

Nein, ich will eine ECHTE Antwort. Ich will ganz ehrlich und ernsthaft und tiefgehend und wirklich ohne Lachen von Dir wissen, was den Reiz des Valentinstags ausmacht. Warum gibt es Herzkekse, kaum dass wir die Weihnachtsdeko verstaut haben? Warum glitzert und blinkt es derzeit überall pink und rot und HERZFÖRMIG!?!?

Mir fehlt hier das entscheidende Stück Information. Irgendwann in den vergangenen Jahren habe ich den Moment verpasst, an dem der Welt erklärt worden ist, was das Besondere am Valentinstag ist.

Sag Du es mir! Bitte.

Klinge ich frustriert? (Das ist eine rhetorische Frage. Bitte nicht antworten.)

Ich freue mich, von dir zu hören!

Mit Grüßen aus dem Schneegestöber

Val

Tino lachte. Dann las er die Nachricht noch einmal.

Das E-Mail war unterzeichnet mit „Val“ und „Your Pal Val“ machte nun umso mehr Sinn. Wieder lachte er.

Dann legte er sein Telefon zur Seite, hakte den kuriosen Tag ab und widmete sich wieder dem Fernsehprogramm.

* * *

Kurz vor Mitternacht hatte Tino noch immer nicht das Gefühl, die Schneekälte des Tages abgeschüttelt zu haben. Er schleppte sich unter die Dusche und ließ minutenlang heißes Wasser über seinen Nacken rinnen. Er gähnte herzhaft, gab der Müdigkeit in seinen Knochen nach.

Plötzlich fiel ihm das E-Mail wieder ein.

Val.

Das konnte alles bedeuten. Valentina. Valentin. Valencia.

Tino schüttelte leicht den Kopf. Das Mail klang, als wäre es von einer Frau geschrieben worden. Daraufhin musste er lächeln. Konnte man wirklich am geschriebenen Tonfall erkennen, ob man mit einer Frau oder einem Mann korrespondierte?

In jedem Fall war ihm der Schreibstil sympathisch.

Valentinstag. Er hatte keine Ahnung, wovon Val gesprochen hatte. Ihm waren weder Herzen noch pinkes Blinken aufgefallen, aber wie hätte er dafür auch Zeit haben sollen?

Als sich Tino in sein Bett legte, fluchte er neuerlich vor sich hin. Was hatte ihn in der Früh bloß geritten, seine Heizung zur Gänze abzudrehen? Auch unabhängig vom überraschend intensiven Wintereinbruch war es einfach ein normaler Jänner-Tag! Das allein hätte schon Anzeichen genug sein müssen, seine Wohnung warm zu halten. Aber er war in Gedanken bereits bei seinen Terminen des anstehenden Tages gewesen und hatte mit einem halben Ohr den Nachrichten gelauscht.

Offenbar nicht dem Wetterbericht.

Tino zog noch einen Sweater über seinen Pyjama, den er normalerweise nur aus dem Kasten holte, wenn er krank war, wickelte sich in seine Daunendecke und hoffte darauf, dass sein Bett sich schneller erwärmte als die Wohnung.

Um sich abzulenken, griff er wieder nach seinem Telefon, scrollte ein paar Minuten gedankenverloren durch Instagram.

Gefühlt jede zweite Werbung in seinem Newsfeed galt dem Valentinstag.

Tino schnaubte amüsiert auf. Natürlich wurde er jetzt vom Thema überschwemmt.

Danke, Val.

Noch immer lächelnd wechselte er in seine Mail-App und begann zu tippen.

KAPITELDREI

VALERIE

Der Morgen war ungewöhnlich still. Als hätte sich eine Decke über … –

Valerie setzte sich abrupt in ihrem Bett auf und blinzelte durch den kleinen Spalt unter ihrer Jalousie aus dem Fenster. Tatsächlich. Die Dächer auf den gegenüberliegenden Häusern waren mit einer dicken Schneeschicht überzogen. Deshalb war es so still in der Stadt!

Valerie liebte Wien im Schnee. Diese Stille! Alles war gedämpfter, langsamer. Als hätte sich eben eine Decke über die Stadt gelegt, die alles etwas ruhiger machte. Die Tage, an denen der Schnee anhielt und liegen blieb, waren mittlerweile so selten geworden und man musste sich beeilen, um zumindest ein bisschen was vom frisch gefallenen Schnee abzubekommen, bevor die Straßen geräumt und die Gehsteige gesalzen waren.

Valerie sprang aus dem Bett und eilte zum Fenster. Vor dem Fenster offenbarte sich eine wunderschöne Winterlandschaft, vereinzelt sah man die eine oder andere Person, gut verhüllt, durch den Schnee stapfen. Valerie beneidete die Leute draußen. Sie überschlug in ihrem Kopf ihre Aufgaben für den heutigen Tag und beschloss, dass sich ein morgendlicher Spaziergang durchaus ausging.

Valerie durchlief die wichtigsten Stationen ihrer Morgenroutine, zog sich ihr wärmstes Gewand an und eilte nach draußen.

Der Schnee knirschte unter ihren Füßen und sie hob ihre Beine in übertrieben bedächtigen Schritten durch jene Stellen am Gehsteig, an denen der Schnee besonders hoch lag. Es waren nur ein paar Zentimeter, aber dieses seltene Vergnügen bereitete ihr eine Freude, als wäre es ein guter Meter Neuschnee.

Valerie kicherte leise vor sich hin und ignorierte den abschätzigen Blick jener Mutter, die ihr Schneemann-gleiches Kind in aller morgendlicher Eile hinter sich her zog. Das kleine Kind, von Kopf bis Fuß in Daune gepackt, schien ähnlich fasziniert – und entschleunigt! – vom Schnee zu sein wie Valerie, ein Gefühl, von dem die dazugehörende Mutter völlig unberührt zu bleiben schien.

Valerie widmete sich wieder dem federgleichen Gefühl unter ihren Sohlen und tänzelte weiter durch die Straßen. Die wenigen Menschen, die ihr begegneten, lächelten leider nicht zurück, was vermutlich an der frühen Morgenstunde oder aber auch an den grauen Wolken über der Stadt lag. Kurz bevor sie den Karlsplatz erreichte, begann es erneut zu schneien und Valerie konnte ein erfreutes Glucksen nicht ganz unterdrücken.

Was für ein herrlicher Tag!

Valerie hielt vor einem Coffeeshop, in dem ein noch halb verschlafender Verkäufer hinter der Theke döste, und klopfte ihre Schuhe lautstark ab, bevor sie eintrat. Das schien den Verkäufer hinter der Bar aufzuschrecken und er schaffte ein halbseitiges Lächeln und einen gleichermaßen halbfertigen Gruß, bevor er ihre Bestellung entgegennahm.

Während der Barista die Milch für ihren Latte schäumte, kramte Valerie nach ihrem Telefon und rief ihre E-Mails ab. Zwischen all den Newslettern und E-Mails des Tages stach eine Nachricht besonders hervor. „STELL MIR DEINE FRAGE“ stand brüllend im Absender und Valerie erkannte sogleich die E-Mail-Adresse, an die sie am Vortag ihre Frage zum Valentinstag gestellt hatte.

Sie begann, sofort zu lesen:

Von: STELL MIR DEINE FRAGE

An: Your Pal Val

Hallo Val,

was für eine interessante Frage!

Ich muss beim Thema Valentinstag immer an diesen einen Freund von mir denken, der vor einigen Jahren ein riesiges Valentinstags-Dinner für seine Freundin organisiert hatte. Dessen glorreicher Abschluss sollte ein Verlobungsring sein, versteckt in einem Mousse au Chocolat. Seine Freundin hat das jedoch nicht rechtzeitig bemerkt, beißt auf den Ring und verliert dabei einen halben Zahn. Die Stimmung war natürlich dahin, er war Schuld an ihrem Leid, die Verlobungsbemühung wurde nie wieder nachgeholt. Man trennte sich einvernehmlich noch vor Ostern.

Was ich damit sagen will? Zu hohe Erwartungshaltung kann niemals erfüllt werden.

Der Valentinstag ist prädestiniert für Enttäuschungen. Wer auch immer in einer Partnerschaft dafür zuständig ist, genau an diesem Tag für besondere Beziehungsmeilensteine, funkelnde Romantik oder was weiß ich noch zu sorgen, kann in meinen Augen nur scheitern.

Aber Du fragst mich ja, ob Du irgendeine offizielle Nachricht verpasst hast und Du deshalb mit dem Romantik-Irrsinn nicht mithalten kannst.

Nein, hast Du nicht.

Wie so vieles auf dieser Welt dient auch der Valentinstag in erster Linie nur der Unterhaltung während der trüben Wintertage. Es ist kalt, es regnet, es schneit, man kann nichts unternehmen – dann lass uns doch im Kollektiv die Liebe überhöhen und irrationale Erwartungen an alle Personen in Beziehungen setzen.

Ich frage Dich daher zurück: Kennst Du jemanden, der über den Valentinstag etwas Positives zu berichten hat?

Es grüßt zurück!

Dein

Pickerlkleber

Valerie schnaufte empört auf und warf dem Barista einen verärgerten Blick zu, während sie ihren Kaffee entgegennahm. Seine Verwirrung riss sie aus ihren Gedanken an das überraschend negative E-Mail, das sie als Antwort erhalten hatte. Valerie schenkte dem Verkäufer ein bemüht freundliches Lächeln und ein üppiges Trinkgeld, dann machte sie sich wieder auf den Weg nach draußen.

Aber auch die immer dichter fallenden Schneeflocken konnten es nicht verhindern, dass ihre Gedanken immer wieder zum unfreundlichen E-Mail vom Pickerlkleber zurückkehrten. Was sollte diese ganze Aktion, wenn am anderen Ende ja nur ein frustrierter, pseudo-intellektueller Grantscherm saß?!

In den wenigen Minuten, die Valerie benötigte, um sich durch den Schnee in ihre Wohnung zurückzukämpfen, hatte sich ihr Ärger noch weiter verstärkt. Und kaum, dass sie sich wieder in ihren eigenen vier Wänden befand und sich trockene Kleidung angezogen hatte, öffnete sie ihren Laptop und begann zu tippen:

Von: Your Pal Val

An: STELL MIR DEINE FRAGE

Lieber Pickerkleber,

wow! Ich hätte nicht gedacht, dass ich unter dieser Mail-Adresse auf jemanden treffen könnte, der den Valentinstag noch irritierender findet als ich.

Vielleicht war diese Korrespondenz doch keine gute Idee. Nun ja, die Überlegung, dass diese Aufforderung, Dir zu mailen, eine Werbeaktion gewesen sein könnte, kann ich nun zumindest ausschließen.

Die Geschichte mit dem Zahn ist natürlich hart. Auch wenn ich irgendwie das Gefühl habe, das ist Dir passiert und nicht Deinem „Freund“. Die kuriosen Trennungsgeschichten passieren ja immer nur den „Freunden“, wie wir alle wissen …

In jedem Fall war es „interessant“, von Dir zu hören. Etwas ärgerlich vielleicht, weil Du mich nicht ernst genommen hast, aber was kann ich auch erwarten von einer fremden E-Mail-Adresse, die unter einem Tisch im Kaffeehaus pickt. Höflichkeit? Vielleicht nicht in dieser Stadt …

Ich wünsche Dir einen gemütlichen Jänner, lieber Pickerlkleber. Und sei ein bisschen freundlicher, wenn Dir wieder mal jemand schreibt.

Mit Grüßen

Val

Valerie war zufrieden mit ihrer Antwort und nachdem sie den Text noch einmal durchgelesen hatte, sendete sie das E-Mail und hakte die Geschichte ab.

Vor dem Fenster fiel weiterhin Schnee und das war das Wichtigste an diesem Tag.

KAPITELVIER

TINO

„Findest du, ich bin unhöflich?“, fragte Tino und wäre beinahe über das Wort „unhöflich“ gestolpert. „Findest du, die Wiener sind unhöflich?“ Die zweite Frage rollte ihm etwas leichter von der Zunge, aber immer noch etwas beschwerlich.

Vielleicht hätten sie die zweite Flasche Wein doch nicht bestellen sollen.

Max sah ihn verwirrt an. „Ich erzähle dir grad vom besten Steak, das ich je gegessen habe, und du fragst mich, ob du unhöflich bist? Ja! Bist du! Du hast mich gerade mitten im Satz unterbrochen!“ Wie immer blitzte der Schalk aus Max’ Augen, bevor er lauthals zu lachen begann.

„Hättest schon ein bisschen spannender erzählen können“, entgegnete Tino so ernsthaft wie möglich. Max lachte erneut auf und richtete damit die Aufmerksamkeit des halben Lokals auf sie beide.

Es hätte ein kurzes Abendessen werden sollen in einem ihrer liebsten Lokale entlang des Naschmarkts, aber aus der ersten Stunde wurden zwei, nach der zweiten Stunde kam auch die zweite Flasche Wein dazu und schließlich wurde es ein Abend wie eh immer: lautes Lachen und sinnloses Philosophieren mit seinem ältesten Freund, wahrscheinlich auch sein bester Freund, aber Tino wehrte sich gegen solche Maßstäbe.

„Worum geht’s?“, fragte Max nach. „Wer sagt, dass du unhöflich bist?“

„Ach, eigentlich niemand“, antwortete Tino ausweichend. Irgendwie wollte er die Mail-Korrespondenz mit Val für sich behalten. Irgendwie wollte er auch für sich behalten, dass es ihn gestört hatte, dass sie ihm Unhöflichkeit unterstellt hatte.

Und warum hast du dann das Thema darauf gelenkt?

Tino hatte Vals Antwort auf der Rückbank des Taxis, das ihn im Schneckentempo durch den Schnee und das damit einhergehende Verkehrschaos in der Stadt ins Büro gebracht hatte, gelesen. Für einen Moment schien sich die Scham siedend heiß durch seinen gesamten Körper zu ziehen, so überrascht war er von ihrer Reaktion. Er hatte doch etwas Lustiges zurückgeschrieben? Oder?

Oder?

Nach einigem hysterischen Scrollen fand er sein Antwort-E-Mail und musste zugeben, dass er sich für eine Person, die ihn nicht kannte, womöglich tatsächlich etwas … miesepetrig klingen könnte. Aber noch bevor er sich entschuldigen und seine Antwort etwas entschärfen konnte, hatte ihn der Taxler aus seinen Gedanken gerissen und ihn darauf hingewiesen, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Und kaum war er in seinem Büro eingetroffen, wurde er von den Aufgaben und Telefonaten des Tages überrollt, die sich zum Teil unerwartet in die Länge zogen, abgebremst vom dichten Schneefall, der die Stadt weiterhin fest im Griff hatte.

Dennoch nagte dieses eigenartige Gefühl den ganzen Tag lang an ihm. Unhöflich und unfreundlich? Die Wörter drehten sich beständig durch seinen Hinterkopf, bis sie sich in den Ehrgeiz verwandelten, Val vom Gegenteil überzeugen zu wollen. Und nun – bestärkt von mehreren Gläsern Wein – hatten diese Überlegungen sein gesamtes Hirn übernommen, sodass er das Gespräch darauf gelenkt hatte. Ohne es gewollt zu haben.

Max wurde plötzlich ernst. „Du bist nicht unhöflich“, sagte er ruhig und schenkte ihnen beiden nach, „etwas schnippisch manchmal. Aber das ist eigentlich recht unterhaltsam.“ Max kicherte, hob sein Glas, nahm zwei kräftige Schlucke und erklärte dann umständlich, dass er sofort das WC aufsuchen sollte.

Tino winkte ihm lachend hinterher und griff, kaum allein am Tisch, ohne zu zögern nach seinem Telefon. Er ignorierte alle Nachrichten-Alerts und E-Mails, die im Laufe des Abends eingetroffen sind, und suchte noch einmal die Korrespondenz mit Val heraus. Er las beide E-Mails zweimal durch, da der Alkohol seine Auffassungsgabe bereits erheblich reduziert hatte, und klickte dann auf „Antworten“, weil es natürlich eine gute Idee war, betrunken E-Mails zu schreiben.

Von: STELL MIR DEINE FRAGE

An: Your Pal Val

Val,

ich habe Dich zutiefst ernst genommen und ich wollte Dich keinesfalls verärgern. Die Liebe und die Steuer sind die einzigen Dinge … Nein, das ging anders. Der Tod und die Steuer sind unausweichlich. Passt auch gar nicht zur Liebe.

Wie auch immer, ich sollte diese Nachricht nicht absenden.

Ti

„Arbeitest du?“ Max’ ungläubige Stimme riss ihn aus der Konzentration auf sein Telefon und Tino hob verwirrt den Kopf, sah noch einmal auf sein Telefon, ob er das E-Mail nun versandt hatte.

Welches E-Mail eigentlich?

Max stürzte sich bereits wieder in den nächsten Bericht eines seiner Abenteuer und Tinos weingetränktes Gehirn vergaß innerhalb von Sekunden, warum er überhaupt gerade sein Telefon in der Hand hielt.

Es war an der Zeit, nach Hause zu gehen, dachte Tino und nippte ein paar Mal an seinem frisch gefüllten Weinglas.

* * *

Von: Your Pal Val

An: STELL MIR DEINE FRAGE

Bist Du betrunken?

V.

Mit einem Ächzen, das den Schmerzen in seinem Kopf nicht gerecht wurde, fuhr sich Tino mehrmals mit der Handfläche über sein Gesicht. Er war verkatert und beschämt. Es war irgendwann nach Mitternacht gewesen, als er in seine Wohnung gestolpert war, sein Kopf schwirrend vom Wein und Max’ beständiger Plauderei.

Und jetzt war es noch viel zu früh und viel zu finster für den Kater, der ihm heute im Nacken saß. Seine Wohnung lag weiterhin unter einer Schneedecke, die schrägen Dachfenster mit einer noch dichteren Schicht Schnee bedeckt. Tino verfluchte das Wetter, die Kälte und sich selbst.

Während sein Kaffee in die Tasse lief, antwortete er auf Vals E-Mail, das gestern Nacht noch eingetroffen war.

Von: Your Pal Val

An: STELL MIR DEINE FRAGE

Bist Du betrunken?

V.

* * *

Von: STELL MIR DEINE FRAGE

An: Your Pal Val

Jetzt nicht mehr so sehr.

---ENDE DER LESEPROBE---