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Job weg, Wohnung unter Wasser, schon Mitte November genug von "Last Christmas" und dann soll Julia auch noch für ihre Schwester Hunderte von Zimtschnecken backen! Wenn es nach Julia ging, konnte man Weihnachten in diesem Jahr getrost ausfallen lassen.
Eigentlich sollte sich Julia so schnell wie möglich um einen neuen Job und ihren nächsten Sprung auf der Karriereleiter kümmern und nicht Tag für Tag mitten in der winterlichen Kleinstadt Punsch und Zimtschnecken verkaufen. Doch dann steht plötzlich der attraktive Lehrer Alex in ihrer Unterkunft und benötigt einen Schlafplatz und da wären ja auch noch der verführerische Geschmack der Zimtschnecken und die zauberhafte Winterlandschaft und das entschleunigte Leben am Land ...
Je länger Julia in ihrer alten Heimat bleibt, desto mehr Zweifel kommen an ihrem bisherigen Lebensstil auf - bis sie sich kurz vor Weihnachten an einer Weggabelung wiederfindet und eine Entscheidung treffen muss.
"Zimtlieben" ist ein entspannender Weihnachtsroman, ein Liebesroman voller Weihnachtsromantik und Kleinstadtfeeling, garniert mit dem Geruch von Punsch und ... nun ja, Zimt. Der vierte Teil der "Landlieben"-Serie verzaubert mit glitzernden Schneeflocken, knisternder Romantik und einer Kleinstadt in Weihnachtsstimmung.
Leichte Lektüre zum Wohlfühlen
Die "Landlieben"-Serie erzählt die Geschichten von vier Frauen zwischen 30 und 40 Jahren, die jede für sich Zufriedenheit im Neubeginn finden - an genau jenem Ort, mit dem sie nicht gerechnet hätten, in genau jenem Moment, in dem sie es nicht erwartet hatten.
Außerdem in dieser Reihe erschienen: "Landlieben" (Teil 1), "Herbstlieben" (Teil 2) und "Naturlieben" (Teil 3)
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Landlieben
Buch 4
Copyright © 2023 by Katharina Sabetzer
Alle Rechte vorbehalten
Die in diesem Buch dargestellten Figuren und Ereignisse sind fiktiv. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder toten realen Personen ist zufällig und nicht von der Autorin beabsichtigt.
Kein Teil dieses Buches darf ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Herausgebers reproduziert oder in einem Abrufsystem gespeichert oder in irgendeiner Form oder auf irgendeine Weise elektronisch, mechanisch, fotokopiert, aufgezeichnet oder auf andere Weise übertragen werden.
Mail: [email protected]
Web: www.katrinaverde.at
Lektorat: Renate Rosner
Covergestaltung: Sibylle Exel-Rauth
Was bisher geschah
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
Epilog
Wie alles begann
Weitere Geschichten von Katrina
Vielen Dank
Über Katrina Verde
Es weihnachtet in der Steiermark! Im vierten Teil der „Landlieben“-Serie kehren wir kurz vor Weihnachten zurück in die fiktive steirische Kleinstadt Frischthal. Vielen Dank, dass Du Dich mit uns auf die Reise machst!
Du musst die ersten drei Teile der Serie nicht gelesen haben, um Dich hier zurecht finden zu können. Damit Du in jedem Fall unkompliziert einsteigen kannst (oder damit Du Dich an die bisherigen Geschichten erinnern kannst, falls Du die ersten drei Teile schon vor Längerem gelesen hast), hier ein kurzer Abriss der wichtigsten Personen und Geschehnisse, die seither aufgetreten sind:
Im ersten Teil der „Landlieben“-Serie steht Irene von einer Sekunde auf die andere vor den Scherben ihres privaten wie beruflichen Lebens und sucht einen dringenden Ausweg. Obwohl sie niemals dorthin zurückkehren wollte, reist sie schließlich Hals über Kopf in ihre frühere Heimat und landet in ihrem alten Zimmer bei Nana. Nana ist eine Freundin von Irenes Mutter, die Irene im Teenageralter bei sich aufgenommen hatte, als Irenes Mutter als Entwicklungshelferin auf Reisen ging. Nach einem Streit zwischen Irene und Nana war Irene für fünfzehn Jahre nicht mehr in die Kleinstadt zurückgekehrt.
Irene freundet sich (unter anderem auf ihren morgendlichen Laufrunden) mit Nanas Nachbar Tom und dessen 15-jähriger Nichte Bobby an. Und so nach und nach kommen sich Irene und Tom näher.
Bobby überwindet ihre Teenager-Probleme mit Irenes Hilfe, aber auch mit einer neuen Freundschaft zu Felix.
Toms bester Freund Hans steht im zweiten Band der Serie, „Herbstlieben“, im Mittelpunkt. Der geschiedene Vater von Felix (und einer Tochter namens Doris) nimmt die in Frischthal im Brautkleid gestrandete Influencerin Lucy in sein Gästehaus auf, wo Lucy nicht nur zur Ruhe findet, sondern auch zu ihrer großen Liebe.
Im dritten Teil der Serie, „Naturlieben“, kämpft der Schriftsteller Luis Kramer mit einer Schreibblockade und wird deshalb von seinem Agenten zur Erholung aufs Land geschickt. Wo er prompt im letzten Schneefall des Winters vor der Eingangstür der lokalen Buchhandlung „Seitenweise“ ausrutscht und vor den Füßen der Inhaberin Amina landet. Mitsamt zart aufblühenden Frühlingsgefühlen.
In allen Büchern spielen auch Bella und Otto eine große Rolle. Otto ist der Bürgermeister von Frischthal und ein ehemaliger Schulkollege von Irene. Seine Partnerin Bella führt das erfolgreiche Café „Kaffeekränzchen“.
Und nun, im vierten Teil der Serie, kehrt Bellas Schwester Julia nach Frischthal zurück, wo sie auf den Lehrer Alex trifft. Beide hatten bisher noch keinen Auftritt in der Serie.
Dieses Buch startet im November, etwa ein halbes Jahr nach dem Epilog aus „Naturlieben“.
Viel Freude beim Lesen!
Katrina Verde | Wien, im Advent 2023
Da waren sie wieder, jene Takte Musik, die Julia jedes Jahr aufs Neue die Haare im Nacken zu Berge stehen ließen. Diese soften 80er-Jahre-Keyboardklänge, die auf der ganzen Welt die gleiche Drohung verlautbarten – ähnlich wie die berühmten Takte, die die Annäherung des weißen Hais begleiteten. Nur dass diese Schneefall symbolisierenden 80er-Jahre-Töne keine körperliche Bedrohung verkündeten, sondern „bloß“ die Ankunft der kaufrauschigsten Zeit des Jahres: Weihnachten.
Und Julia hatte Mitte November schon genug davon.
Es waren noch nicht einmal alle Blätter von den Bäumen gefallen und die Temperaturen ließen ebenso noch nicht wirklich an Winter glauben, aber aus jedem Winkel der Stadt roch es nach Waffeln und Mandeln und Zimt, begleitet von Glockengeläut, fröhlichem Kinderlachen und natürlich dem 80er-Jahre-„Ba bada dam“ und George Michaels „Uuuh ooaah“, bevor wir uns ein weiteres Mal an „Last Christmas“ erinnern mussten.
Julia war kein Weihnachtsmuffel, wie man sie üblicherweise in Filmen oder Büchern fand. Sie mochte die Feiertage, den Geruch nach Tannennadeln und warmer Schokolade, die Stille der Zeit. An manchen Tagen mochte sie sogar auch „Last Christmas“ hören.
Aber es war doch noch November! Es waren noch Wochen bis Weihnachten! Und diese Wochen benötigte Julia auch dringend angesichts der To-do-List, die an ihrem Arbeitsplatz in der Bank Tag für Tag auf sie wartete. Julia war noch überhaupt nicht in Weihnachtsstimmung! Sie hatte keine Zeit für Weihnachtsstimmung!
Julia sah sich in der Buchhandlung, in die sie es gerade noch vor Ladenschluss geschafft hatte, um. Woher nahmen all diese Leute die Zeit für dieses ausdauernde Vorweihnachtsprogramm?
Eine ältere Dame rempelte Julia an und sie konnte nur mit Mühe den Zusammenprall mit dem Krimi-Tisch vermeiden. Irgendein alter Roman von Henning Mankell wackelte bedrohlich und während Julia versuchte, die Krimi-Pyramide nicht zum Einsturz zu bringen, lächelte ihr eine der Buchverkäuferinnen auf der anderen Seite des Büchertisches freundlich zu. Sie trug eine Brille, an deren Rändern Zuckerstangen drapiert waren, und summte leise zum Refrain mit, während sie einen Stapel Bücher, auf deren Titel ein vor Blut triefendes Küchenmesser bedrohlich in Szene gesetzt war, von einem Eck ins nächste schob.
Nun gut, um im Buchhandel arbeiten zu können, musste man wohl besonders dicke Weihnachtshaut aufweisen oder sich einfach zu hundert Prozent auf den Wahnsinn einlassen. Die Filiale der riesigen Kette, in der sich Julia gerade umsah, ging jeden Herbst nahtlos vom Schulanfang in die Vorweihnachtszeit über und auch hier schien es, gemessen an der Geschäftigkeit und Panik der einkaufenden Personen um sie herum, als würde sich die Welt nicht mehr weiterdrehen, wenn man nicht sofort sämtliche Weihnachtsgeschenke der Welt auf einmal besorgte.
Im November!
Julia schüttelte über die anderen Personen im Geschäft den Kopf, aber genauso über sich selbst. Es war fast naiv von ihr gewesen zu glauben, dass sie nach ihrem höllisch anstrengenden Arbeitstag hier, umringt von Büchern und dem Vorweihnachstrubel, Ruhe und Entspannung und einen geistreichen Krimi finden würde.
Ihre Finger kribbelten bereits leicht, wie immer, wenn Julia mit all diesen Reizen völlig überflutet wurde.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte nun auch die Zuckerstangenbrillen-Verkäuferin über die mörderischen Werke zwischen ihnen hinweg.
Ich hasse „Last Christmas“, ich finde es unanständig, vor dem 30. November an einen Adventkalender zu denken und ich frage mich, warum man in einer Buchhandlung angerempelt werden konnte, wo hier doch der einzige Ort der Entschleunigung … –
„Ich fürchte nicht“, antwortete Julia und riss sich selbst aus den zunehmend panischen Gedanken, gerade als sich die zweitschlimmste Tonfolge der Vorweihnachtszeit über das Stimmengewirr der Buchkäufer hinwegsetzte.
Und wie jedes Jahr spätestens im November fing Julias linkes Auge an zu zucken, wenn das berühmte fröhliche Glockengeläut von Maria Careys unverwechselbarer Stimme abgelöst wurde.
Julia seufzte.
„Ich suche nach einem Krimi, nichts Blutrünstiges, eher etwas zum Nachdenken“, begann sie schließlich doch der Zuckerstangenbrillen-Verkäuferin zu erklären, wurde aber vom ganzjährig schlimmsten Geläut – dem ihres Handys – unterbrochen.
Sie entschuldigte sich bei der Verkäuferin und nahm das Gespräch an, ohne aufs Display zu schauen. Sie wusste bereits, wer sich meldete.
„Wo ist dein Report?“, keifte Kalle, der Chef jener Bank, in der Julia arbeitete, in den Hörer.
Julia atmete tief durch.
„Ich habe ihn dir vor zwei Stunden geschickt“, sagte sie.
„Wie bitte?“
„Ich habe ihn … –“
„Wo bist du? Bist du nicht mehr im Büro?“
„Es ist bereits … –“
„Ich kann selbst die Uhr lesen“, keifte Kalle weiter.
Aber deine E-Mails offenbar nicht, dachte Julia, behielt den Gedanken aber für sich.
„Du weißt, dass wir alle unsere Jobs los sind, wenn die Zahlen nicht passen!“, behauptete Kalle und Julia verdrehte die Augen. Die Zuckerstangenbrillen-Verkäuferin grinste ihr verschwörerisch zu, als könnte sie Kalles Geschrei hören und Julias Gedanken lesen.
Julia blendete Kalles Geschimpfe aus, so gut es ging, und drückte sich in ein eher ungestörtes Eck des Geschäfts, wo man Teehäferln und Lesepölster mit aufgedruckten Mäusen und Küken kaufen konnte.
Oder waren das etwa Hamster?
„Wenn du deinen Report heute nicht mehr schickst, brauchst du morgen gar nicht mehr wiederzukommen“, sagte Kalle nun und über Julias Nacken lief eine Gänsehaut, obwohl ihr in diesem überhitzten Buchladen gerade noch der Schweiß auf der Stirn gestanden war.
„Wie bitte?“
„Du hast mich schon verstanden“, brüllte Kalle und legte einfach auf.
Julias gesamter Körper war mittlerweile von Gänsehaut überzogen, während es in ihrem Bauch kochte und brodelte.
Dieser hirnrissige, alte, inkompetente … –
Sie atmete tief durch.
Bewegte langsam ihre Fingerspitzen.
Noch einmal durchatmen.
Sie ließ ihre Schultern fallen.
Dann suchte Julia auf ihrem Telefon nach dem bereits versandten E-Mail. Sie überprüfte den Anhang, tippte Kalles E-Mail-Adresse ins richtige Feld, kontrollierte diese dreimal und sandte dann die E-Mail ab. Danach öffnete sie den Ordner mit den gesendeten E-Mails und wartete, bis das gerade versandte Mail an Kalle darin auftauchte.
Schließlich suchte Julia nach der Zuckerstangenbrillen-Verkäuferin und bemühte sich um ein Lächeln. Sie würde heute fünf Krimis brauchen, um ihr Nervenkostüm wieder halbwegs ins Gleichgewicht zu bringen.
* * *
Ein kalter Wind blies Julia ins Gesicht, als sie aus der U-Bahn-Station hinaus ins Freie trat. Sie zog ihre Haube tiefer in die Stirn und kramte nach ihren Handschuhen, als ihr Telefon in ihrer Tasche aufleuchtete, diesmal mit einer Nachricht.
„Danke. Warum nicht gleich so“, hatte Kalle geschrieben und am Ende jenes Bussi-Emoji gesetzt, das ein Herz auf den Lippen trug.
Julias Gänsehaut – die, die vom kalten Wind ausgelöst worden war – wurde von jener, die sie vor lauter Abscheu vor Kalle regelmäßig über ihren Körper laufen spürte, verstärkt. Von all dem unpassenden Verhalten, das ihr Chef fast minütlich an den Tag legte, waren die Herzbussi-Emojis wirklich die allerschlimmsten.
Julia war so abgelenkt von ihrem Ekel und ihrer Wut auf ihren Chef, dass sie im ersten Moment das Blaulicht vor ihrem Wohnhaus gar nicht bemerkte. Und im zweiten Moment dachte, das Problem musste woanders liegen.
Erst dann sah sie die sperrangelweit geöffneten Fenster jener Wohnung, die direkt über ihrer lag. Und sie bemerkte den verkohlten Geruch, der sich über die gesamte Gasse gelegt hatte. Eine Gruppe Schaulustiger stand mitten auf der Straße und starrte nach oben. Julia erkannte die ältere Pensionistin aus dem ersten Stock unter ihnen und ging langsam auf sie zu.
„Was ist denn passiert?“, fragte sie ohne Umschweife.
„Gar nicht viel“, sagte die Pensionistin, „die Kinder aus dem 4. Stock sind mit dem Schrecken davongekommen.“ Sie lächelte Julia zu. „Wussten Sie, dass Pudding anbrennen kann? Ich wusste das nicht.“ Julia schüttelte den Kopf.
„Wann darf man denn wieder ins Haus?“, fragte Julia, aber die Pensionistin zuckte bloß mit den Schultern und deutete auf ein paar Personen ein Stück weit weg, die Feuerwehr- und Polizei-Uniformen trugen.
„Kann man bereits wieder ins Haus?“, fragte Julia gleich ohne Umschweife, als der erste Feuerwehrmann zu ihr aufblickte. Ihr Telefon begann zu läuten, aber sie drückte Kalle ohne zu zögern weg.
„Selbstverständlich“, lächelte der Feuerwehrmann. „In welches Stockwerk müssen Sie denn?“
Ihr Telefon läutete erneut. Julia entschuldigte sich und drückte Kalle ein weiteres Mal weg.
„In den dritten Stock“, sagte sie abgelenkt. Ihr Handy piepste zweimal hintereinander, einmal der Ton für eine neue E-Mail, einmal der Ton für eine neue Whatsapp-Nachricht.
„Oh …“, sagte der Feuerwehrmann und bat sie, einen Moment zu warten. Er drehte sich nach einem Kollegen um, gerade als Kalle schon wieder anrief.
Konnte er plötzlich keine Attachments mehr öffnen oder was war ihm jetzt schon wieder über die Leber gelaufen?
Julia lehnte den Anruf ein weiteres Mal ab, gleichzeitig piepste ihr Handy mit weiteren Nachrichten.
Der zweite Feuerwehrmann sprach sie mit ihrem Namen an: „Sie können leider fürs Erste nicht in Ihre Wohnung“, sagte er mit ruhiger Stimme. „Es war zwar nur ein kleiner Küchenbrand, aber wir haben mit Löschwasser gearbeitet und das ist von oben nach unten durch … –”
Für einen Moment setzte Julias Gehör aus.
Sie hatte für diesen Abend wirklich nur einen einzigen Wunsch gehabt: Eine Backofen-Lasagne aufzuwärmen, ein Bad einzulassen und – ohne Musik im Hintergrund – ihren neu gekauften Krimi zu lesen.
War das wirklich zu viel verlangt?
Und als hätte ihr Leben ein besonders zynisches Drehbuch vorgesehen, fuhr genau in diesem Moment ein Auto vorbei, aus dem in voller Lautstärke „Last Christmas“ schallte.
Ihr Handy piepste erneut und Julia sah reflexhaft darauf.
Sie hatte zehn Nachrichten und ebenso viele E-Mails erhalten, dazwischen standen die vielen Anrufe von Kalle.
Verwirrt scannte sie über die Nachrichten-Bruchstücke, die sie im ersten Moment erfasste:
„Wir werden diese Kündigung anfechten“, schrieb eine Kollegin.
„Die können das doch nicht ohne uns …“, meinte ein anderer Kollege.
„Das hat uns sicher Kalle eingebrockt“, kam von der Praktikantin.
Julia öffnete ihre E-Mails und scrollte zu einem der neu eingetroffenen Mails, das als Absenderadresse HQ im Namen hatte, wie alle Nachrichten der deutschen Konzernmutter ihrer Bank.
Sie las dreimal über den Text, aber mehr als „nach reiflicher Überlegung“ und „Ihre Abteilung in die Geschäfte der Konzernmutter einzugliedern“, weil man damit „ungeahnte Synergien und Push-Effekte“ erzielen wollte. Dann stand noch eine Anzahl an Urlaubstagen, die gegengerechnet mit der Kündigungsfrist bedeuteten, dass Julia ab kommendem Montag nicht mehr in der Bank erscheinen würde müssen.
„Bitte geben Sie bis Freitagnachmittag, 16:00 Uhr, Ihre Zugangskarten und Ihr Firmentelefon ab. Wenden Sie sich an …“
An wen sich Julia wenden würde müssen, erfuhr sie im Moment nicht, weil sich genau in diesem Moment das Foto ihrer Schwester über dem Handydisplay ausbreitete. Dazu die gespielt säuselnde Stimme von Bella: „Miss Julsey, heben Sie hab! Miss Julsey, heben Sie ab!“
Normalerweise musste Julia darüber (und über das Foto von Bella, auf dem sie gerade mit Hingabe in einen Muffin biss) immer schmunzeln, aber diesmal war sie eher den Tränen nahe.
„Kennst du diese Szenen in Filmen“, begann sie, ohne Bella zu begrüßen, „kennst du diese Szenen, in denen den Helden des Films alles gleichzeitig passiert und sie vor den Scherben ihres gesamten Lebens stehen und sie eigentlich nur mehr hoffen können, dass sich die Erde unter ihnen auftat und sie verschluckte?“
„Also, bei mir ist es gerade so, dass meine eifrigste Bäckerin seit heute ärztlich verordnete Bettruhe hat, weil ihr Kind sonst zu früh auf die Welt kommt, und ich ab dem Wochenende jemanden brauche, der Zimtschnecken wie im Schlaf zubereiten kann, sonst enttäusche ich Otto und die gesamte Stadt. Mama und Papa sind auf Urlaub und Otto hat keine Zeit, mir zu helfen“, erklärte Bella und klang trotzdem fröhlich und zuversichtlich wie immer. „Und bei dir?“
„Nun ja … ähnlich“, sagte Julia. „Fast.“ Sie schluckte. „Meine Wohnung ist voller Löschwasser und ich habe ab Montag keinen Job mehr. Und überall spielt es ‚Last Christmas‘. Ich werde verfolgt von Wham! und Mariah Carey.“ Julia schluchzte leise auf.
„Aber das ist doch hervorragend!“, rief Bella aus. „Das ist sogar perfekt!“
„Nichts ist perfekt an Weihnachtsmusik im November!“, hielt Julia dagegen.
„Ach, daran gewöhnst du dich auch noch“, lachte Bella ins Telefon. „Aber jetzt muss ich dich gar nicht davon überzeugen, dass du mir mit den Zimtschnecken hilfst. Dabei hatte ich mir sogar fünf Argumente aufgeschrieben!“
„Ich habe doch seit Jahren keine Zimtschnecken mehr gebacken!“
„Das verlernt man doch nicht“, hielt Bella dagegen. Irgendetwas raschelte im Hörer und dann hörte Julia, wie Bella offenkundig ihrem Mann zurief: „Otto, stell dir das vor! Julia hat keine Wohnung und keinen Job mehr und jetzt kann sie mir sofort mit der Weihnachtsbäckerei helfen!“
„Du klingst richtig glücklich, wenn du mein Elend durch die Welt brüllst“, seufzte Julia und Bella lachte fröhlich auf.
„Natürlich!“, rief sie ins Telefon. „Wir verbringen endlich wieder einmal den Advent gemeinsam!“
„Es ist November!“, ereiferte sich Julia. „Warum sind alle schon so früh in Weihnachtsstimmung.“
Einer der Feuerwehrleute vor Julia drehte sich um: „Weil es einfach die schönste Zeit im Jahr ist“, sagte er und zuckte mit den Schultern. „Das kann gar nicht lange genug dauern!“
Und in diesem Moment ging Julia die Luft aus.
„Was mache ich denn jetzt bloß?“, fragte sie die Welt um sich herum, aber Bella antwortete als erste: „Für heute nimmst du dir ein Hotel und in den kommenden Tagen bringst du deine Sachen in Ordnung. Dann steigst du in den Zug und kommst nach Hause.“
Nach Hause.
Julia sah an der Hausfassade nach oben, die sie bisher eigentlich als „Zuhause“ bezeichnet hätte, wenn man sie gefragt hätte.
„Wir freuen uns auf dich“, ergänzte Bella und klang gleichzeitig so zärtlich und fest, wie ihre Umarmungen immer waren.
„Lass sie atmen“, sagte Bellas Mann Otto irgendwo im Hintergrund. Aber Julia nahm den Sauerstoffmangel durch Bellas wiedersehensfreudige Umarmung gerne hin.
Nach zwei Horrornächten im Hotel ums Eck ihrer teilweise zerstörten Wohnung und ähnlich vielen Horrortagen im Büro zwischen heulenden Kolleginnen und einem latent hysterischen Kalle war Julia froh, endlich von vertrauten Menschen mit ausbalancierter Stimmungslage umgeben zu sein. Kalles Gesicht hatte seit Tagen kein gesundes Rot mehr gezeigt und er war einmal sogar so weit gegangen, Julia die Schuld an der sogenannten „Umstrukturierung“, der ihr Job zum Opfer gefallen war, zu geben. „Wenn dieser Report …“
Aber Julia hatte ihn ausgeblendet, so wie sie die Versprechungen der anderen Kollegen ausgeblendet hatte, sich bald zusammenzusetzen und gegen die Kündigungen zu klagen. Sich gegenseitig mit Jobangeboten zu unterstützen. Sich bald mal auf einen Punsch zu treffen.
Julia hatte kein Interesse daran, sich an der kollektiven Empörung zu beteiligen. Die Kündigung war eine Niederlage, natürlich, aber sie war nicht persönlich. Ihre gesamte Abteilung war aufgelassen worden (obwohl Julia alle Reports zeitgerecht eingereicht hatte).
So war das Leben!
Außerdem war sich Julia sicher, dass sie bald ein neues Jobangebot in der Tasche haben würde.
Aber zuerst würde sie Bella mit diesen Zimtschnecken helfen.
Bella führte den erfolgreichsten Coffee Shop in Frischthal, das „Kaffeekränzchen“, das aufgrund seiner räumlichen Position mitten am Hauptplatz nicht nur das Zentrum der Stadt ausmachte, sondern für die Stadtbewohner auch ein beliebter Treffpunkt wie Umschlagplatz für Neuigkeiten war.
Für die diesjährige Vorweihnachtszeit hatte sich Bella überlegt, eine weihnachtliche Außenstelle vor dem Café aufzubauen, über die sie Punsch und Zimtschnecken verkaufen wollte. Ihre Punschhütte hatte sie „Adventkränzchen“ getauft und diese sollte ab der kommenden Woche in erster Linie Zimtduft über den gesamten Hauptplatz verströmen.
Deshalb auch der Zimtschnecken-Notfall.
„Ich sage schon seit Wochen, dass Irene nicht so viel herumstehen sollte“, schimpfte Bella vom Beifahrersitz nach hinten auf die Rückbank, wo sich Julia neben einen riesigen Karton, auf dem ein leerer Heißgetränkespender balancierte, gezwängt hatte.
„Aber Irene wäre ja ohnehin bald in Mutterschutz gegangen“, warf Julia ein, „du hättest ja sowieso bald Ersatz für sie benötigt. Was hättest du denn dann gemacht?“
In einem seltenen Moment schwieg Bella auf diese Frage und Julia riss ihren Blick von der am Autofenster vorbeifliegenden Landschaft weg, um zu sehen, woher das Schweigen kam. Sie sah aber nur, wie Otto vom Fahrersitz aus Bellas Oberschenkel berührte.
Die Geste war so zärtlich und vertraulich, dass Julia für einen Augenblick betreten zu Boden blickte und sich für einen Bruchteil einer Sekunde eingestand, dass sie neben der Verlegenheit, die sie gerade empfand, auch ein wenig Sehnsucht verspürte, etwas Ähnliches erleben zu wollen.
Wo war ihr Otto, der ihr in grüblerischen Momenten, ohne großes Nachfragen seine Unterstützung zum Ausdruck brachte?
Julia seufzte unwillkürlich.
„Ja“, seufzte nun auch Bella, wohl nicht wissend, was Julia gerade durch den Kopf gegangen war, aber dennoch ähnlich nachdenklich. „Ich dachte einfach, ich komme schon über die paar Monate.“
Es würden wohl nicht nur ein paar Monate sein, in denen Irene nicht im „Kaffeekränzchen“ arbeiten würde, aber das behielt Julia im Moment für sich. Dafür klang Bella viel zu aufgewühlt und kleinlaut.
Als sie die Stadteinfahrt passierten, kehrten Bellas Lebensgeister jedoch wieder mit voller Stärke zurück. Detailliert erzählte sie von der Punschhütte, die bereits aufgebaut war, die man aber noch einrichten müsste. Sie erzählte von all den Getränken und Süßspeisen, die sie im „Adventkränzchen“ anbieten wollte.
Julias Magen knurrte leicht im Gedanken an die Köstlichkeiten und sie ignorierte für einen Augenblick, dass wohl sie selbst für einen Großteil der Zubereitung dieser zuständig sein würde.
„Du kannst natürlich die Küche und den Backofen im ‚Kaffeekränzchen‘ verwenden“, erklärte Bella gerade und bestätigte Julias Verdacht sogleich.
„Ich habe seit Jahren keine Zimtschnecken mehr gebacken“, warf sie deshalb sofort ein, wie schon vor ein paar Tagen am Telefon.
„Das ist doch wie Fahrradfahren, das verlernt man nicht“, winkte Bella ab und Otto kicherte.
„Und dann noch in diesen Mengen!“, gab Julia zurück. „Ich kann nicht an einem Wochenende Tausende Zimtschnecken vorbereiten, nur damit du über fast zwei Monate Vorweihnachtszeit kommst!“
„Dann bleibst du halt länger hier“, sagte Bella, als sei das das normalste der Welt.
Aber Julia blieb nie länger als zwei oder drei Tage in der Stadt. Ihr letzter Besuch, der mehr als drei Tage gedauert hatte, war vermutlich noch länger her als ihr letzter Versuch, Zimtschnecken zu backen.
Gerade als Julia sich ein weiteres Mal gegen Bellas Vereinnahmung wehren wollte, bemerkte sie, dass Otto nicht die Straße zu seiner und Bellas Adresse wählte, sondern eine Abzweigung, die in die andere Richtung führte.
„Wo fahren wir denn hin?“, fragte Julia.
Bella drehte sich ein weiteres Mal auf dem Beifahrersitz um, diesmal euphorisch in die Hände klatschend, und strahlte Julia an.
„Das Gästehaus ist frei!“, jubelte sie und Julia kramte in ihrer Erinnerung, wovon Bella sprach.
„Bei Hans und Lucy“, erklärte Otto mit einem Blick in den Rückspiegel und zwinkerte ihr zu.
Julia war einige Jahre jünger als Bella und kannte somit die Freunde, mit denen Otto in die Schule gegangen war, nur flüchtig. Irene und ihr Ehemann Tom zählten dazu, ebenso Hans, der mit seinem Vater und seinen Kindern in einem riesigen Bauernhof-ähnlichen Gebäude lebte. Julia erinnerte sich daran, dass Bella ihr von einem neu renovierten Gästehaus auf diesem Hof erzählt hatte, wo vor ein paar Jahren Lucy als einer der ersten Gäste untergebracht worden war – woraufhin sie gleich in Frischthal geblieben war, sich in Hans verliebt hatte und kurz darauf zu ihm ins Haupthaus gezogen war.
Das Gästehaus wurde seither immer wieder an Gäste vermietet und erfreute sich großer Beliebtheit.
„Vielleicht verliebst du dich ja auch!“, rief Bella nun aus.
Julia runzelte die Stirn. „Ich werde sicher nicht Lucy den Mann ausspannen!“, schalt Julia ihre Schwester, wohlwissend, dass Bella das nicht gemeint hatte.
Bella verdrehte gleich die Augen.
„Natürlich nicht!“, bestätigte sie. „Aber nachdem nach Lucy auch Luis hier in der Stadt geblieben ist … vielleicht hat dieser Ort eine magische Wirkung für einsame Städter.“ Auch der berühmte Schriftsteller Luis Kramer war vor etwas mehr als einem Jahr für einige Wochen hier eingemietet gewesen, während derer er Amina kennen- (und lieben) gelernt hatte.
„Ich bin nicht einsam“, schmollte Julia, ließ sich aber für einen Moment davon ablenken, dass der Luis Kramer nun ein – wie Bella immer wieder in Telefonaten erzählte – aktives Mitglied der städtischen Community war. Und sich fast täglich auf einen Kaffee mit Otto traf, passenderweise umringt von Büchern, nämlich in der Buchhandlung „Seitenweise“, die Luis’ Partnerin Amina mit Hingabe führte.
Manchmal hatte Julia den Eindruck, Bella führte ein Leben wie aus einem Hallmark Movie. Nur mit mehr Abwechslung in ihren Gesprächen.
Am ersten Morgen im Gästehaus erwachte Julia zu Sonnenstrahlen, die durch den Nebel brachen, und Tränen, die über ihre Wangen liefen.
Die Apfelbäume vor ihrem Fenster trugen nur mehr wenige Blätter, was in dieser sonnig-nebligen Morgenstimmung ein fast mystisches Bild abgab.
Julia wusch sich das Gesicht, schneuzte sich gleich über dem Waschbecken und ignorierte ihre tränenrosigen Wangen, die ihr im Spiegel entgegenleuchteten, so gut es ging. Es war viele Jahre her, seit sie das letzte Mal im Schlaf geweint hatte, und wie schon damals fühlte sie sich deshalb gleichermaßen verlegen wie auch erleichtert. Weniges war so befreiend wie ein kurzes, intensives, tränenreiches Heulen.
Es schien, als begann der Schock der vergangenen Tage endlich nachzulassen, während ihr Kopf und ihr Geist die Tristesse ihrer Situation bearbeiteten. Julia fühlte sich zittrig, aber ganz guter Dinge.
Nach einer stärkenden Dusche zog sie ihre liebsten Jeans an und suchte ihren bequemsten Strickpullover aus ihrem Koffer, schob die große Glastür des Gästehauses zur Seite und trat hinaus in die frische Morgenluft.
Die Sonne hatte sich mittlerweile gegen den Nebel durchgesetzt und nur die leicht feucht riechende Luft erinnerte noch an den trüben Tagesbeginn. Der Himmel war nun strahlend blau und Julia ließ ihren Blick über die hügelige Landschaft hinter dem Apfelbaumgarten streifen.
Die Luft, die Aussicht, der Geruch des verflogenen Nebels, die Temperatur der Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht – all das war Julia so vertraut wie kaum etwas anderes. Auch wenn sie nur mehr selten in die Steiermark reiste, waren die Umgebung, die Sprache, die gesamte Atmosphäre in sie eingraviert.
Sie war aus diesem Holz geschnitzt. Selbst wenn sie die Wurzeln schon lang zuvor gekappt hatte.
Vor dem Gästehaus fand Julia jene E-Vespa, die ihr Lucy am Vorabend bei der Schlüsselübergabe in allen Details beschrieben hatte. Es dauerte nur einige wenige wackelige Meter, bis Julia wieder einfiel, wie man eine Vespa fuhr – und wie viel Spaß ihr das immer gemacht hatte.
In wenigen Minuten landete sie so am noch recht ruhigen Hauptplatz, auf dem die ersten Geschäfte gerade ihre Rollläden hochließen. Der Uhrmacher war bereits da, während die Buchhandlung „Seitenweise“ noch im Wochenendschlaf zu sein schien. In der schläfrigen Samstagvormittagsruhe hörte man die kleine Glocke über der Tür des „Kaffeekränzchen“ über den ganzen Platz schallen.
Bella begrüßte sie erneut mit einer festen Umarmung, mitten im Geschäft. „Du hättest doch ausschlafen können“, sagte Bella und drückte gleich nochmals fest zu.
Julia zuckte mit den Schultern und sah sich um.
Der Coffee Shop ihrer Schwester war gut besucht. Die kleinen Tische waren alle besetzt und an der Theke stand eine Schlange von drei oder vier Personen an, die von Bellas langjähriger Mitarbeiterin Yvonne freundlich betreut wurden.
Julia grüßte in die Runde, ohne die meisten Gesichter direkt wahrnehmen zu können. Es waren viele bekannte Mienen, sowie einige, bei denen sie ein bisschen in ihrer Erinnerung kramen hätte müssen, damit ihr der dazugehörende Name einfiel.
Wer sie war, war spätestens nach Bellas Umarmung für alle klar und Julia meinte, nicht nur einmal ein gemurmeltes „Ach, ist sie also doch wieder mal da“ aus einer der Ecken des Lokals gehört zu haben.
Julia ließ sich auf einen der Barhocker nieder und wartete, bis Bella und Yvonne die wartenden Gäste bedient hatten.
„Wir haben jetzt auch Porridge“, sagte Bella und platzierte einen Cappuccino vor ihr auf der Theke.
„Ich habe keinen Hunger“, gab Julia zurück und verrührte das Milchschaumherz in ihrer Tasse.
Bella grunzte missbilligend und es dauerte weniger als fünf Minuten, bis eine Schüssel mit Porridge und dazu ein leeres Buttercroissant vor ihr landeten.
„Iss“, sagte Bella streng, lächelte dann aber sogleich die nächsten Gäste an.
Julia beobachtete das Treiben im Coffee Shop. Die meisten Leute unterhielten sich freundlich lächelnd, tranken ihre Kaffees und genossen die dazu bestellten Süßspeisen. Manche stürzten ihren Kaffee recht schnell hinunter und eilten gleich weiter, manche tranken genüsslich Schluck für Schluck aus ihren Tassen.
Jedes Mal, wenn die Tür aufging, hoben einige der Gäste ihre Köpfe und grüßten die Neuankömmlinge. Gelegentlich blieb jemand an einem der Tische stehen, man tauschte sich lachend und scherzend aus, verabredete sich für einen der folgenden Tage oder erkundigte sich nach jemandem, der nicht mit am Tisch saß.
Wieder überfiel Julia dieses lang zurückliegende, vertraute Gefühl. Sie wusste, wie man sich hier miteinander unterhielt. Alles war persönlicher und freundlicher, als es etwa in der Bank gewesen war. Hier war man miteinander bekannt, konnte in keiner anonymen Masse verschwinden. Hier kümmerte man sich umeinander. Häufig zu viel für Julias Geschmack, aber so war das Leben am Land eben.
Weniger Leute bedeuteten auch weniger Anonymität, weniger Rückzug, weniger Verstecke.
Bella blühte in einer Umgebung wie dieser auf. Es war auch kein Zufall, dass ihre Schwester just mit dem Bürgermeister liiert war, obwohl die beiden schon lang vor dem Beginn von Ottos politischer Karriere miteinander ausgegangen waren. Aber beide waren social butterflies, wie sie im Buche standen. Beide schienen aus dem Kontakt mit anderen Personen Energie zu schöpfen, wohingegen Julia … –
Sie unterbrach ihre Gedanken, als sie mit dem Löffel lautstark auf den Boden der Porridge-Schüssel stieß. Julia musste über sich selbst lachen. Sie war so vertieft gewesen in ihre Beobachtungen und Überlegungen, dass sie ohne bewusst darüber nachzudenken die ganze Schüssel ausgegessen hatte.
Sie schob die sinnierenden Gedanken von sich und erhob sich langsam vom Barhocker. Durch die Tür des „Kaffeekränzchen“ sah sie auf der gegenüberliegenden Seite des Hauptplatzes einen Mann, der zwei Sessel und ein Tischchen vor dem Eingang zur Buchhandlung „Seitenweise“ positionierte. Sie konnte ihn nur von hinten sehen, aber wusste sofort, dass dies Luis Kramer sein musste.
„Ich kann immer noch nicht fassen, dass Luis Kramer hier in der Stadt lebt und gerade das alte ‚Seitenweise‘ aufsperrt“, sagte Julia zu Bella, als sie hinter die Theke trat und sich in Richtung Küche bewegte.
„Ach“, Bella klang fast gelangweilt und folgte ihr, „Luis ist ja schon wieder old news.“ Sie kicherte. „Wir sehen ihn hier recht oft, er holt meistens vormittags den Kaffee für Amina und sich. Otto ist auch mindestens einmal am Tag im Geschäft drüben.“
„Tatsächlich?“, fragte Julia und suchte an der Wand neben dem Backofen nach einer Schürze.
Bella nickte eifrig. „Luis hat definitiv frischen Wind in die Stadt gebracht. Und für Otto ist er ein wichtiger Gesprächspartner, weil er die Stadt eben nicht so lange kennt wie wir. Das bringt eine andere Perspektive ein.“
„Das ist interessant“, meinte Julia, während sie sich – mit mittlerweile umgebundener Schürze – die Hände wusch.
„Ja“, fuhr Bella unbeirrt fort. „Und ich finde ihn auch nett. Außerdem passt er zu Amina. Sie sind beide so …“ Bella dachte nach.
„… so nachdenkliche Typen?“, schlug Julia vor und öffnete den Kühlschrank.
„Genau!“, rief Bella aus, dann wechselte sie schlagartig das Thema. Sie holte ein abgegriffenes Schulheft aus einer der Laden in der Küche und schlug es auf einer Seite auf, auf der groß „Adventkränzchen“ als Überschrift geschrieben stand.
Julia überflog die Notizen.
Bella hatte in ihrer fein säuberlichen Handschrift ihre Schätzungen, wie viele Zimtschnecken und Zimtsterne sie für den Punschstand benötigen würden, für jede einzelne Woche bis Weihnachten aufgeschrieben.
Am Ende der Seite fanden sich die jeweiligen Summen.
„Ich habe mir gedacht, dass wir die Zimtschnecken vorbereiten und einfrieren und dann jeden Morgen frisch aufbacken können“, erklärte Bella und deutete auf ihrer akribischen Skizze herum.
Julia nickte. „Die Zimtsterne sollten wohl ein paar Wochen halten“, murmelte sie. „Da müssen wir wahrscheinlich erst zwei, drei Wochen vor Weihnachten wieder frische zubereiten.“
Bella gluckste kurz erfreut, ob wegen der Zimtsterne an sich oder weil Julia davon gesprochen hatte, kurz vor Weihnachten noch einmal zu backen, war ihr nicht ganz klar.
Nur weil sie vorausplante, hieß das ja noch lang nicht, dass Julia die ganze Adventzeit hier in Frischthal bleiben würde. Sie konnte ja zurück nach Wien fahren, sich um einen neuen Job und eine neue Wohnung kümmern und dann kurz vor Weihnachten eben nochmals hierherkommen und die restlichen Backwaren vorbereiten.
„Apfel-Zimt-Muffins haben wir jetzt bereits im Programm“, plauderte Bella unbeirrt weiter. „Und wir öffnen den Punschstand immer erst kurz vor Mittag, das heißt, wir haben ausreichen Zeit zum Aufbacken.“
„Wer öffnet den Punschstand?“, fragte Julia.
„Na, wir!“, antwortete Bella.
„Bella“, sagte Julia ernsthaft, „wie hattest du das denn geplant?“
Bella sah sie mit zusammengekniffenen Augen an, wie immer, wenn sie über ein Thema eigentlich nicht sprechen wollte.
„Es war doch sicher nicht gedacht, dass die schwangere Irene den halben Winter draußen in der Punschhütte Dienst schiebt“, sprach Julia weiter und Bella sah verlegen zur Seite.
„Natürlich nicht“, behauptete sie und nestelte an einem Seiteneck ihres Notizhefts herum.
„Bella“, wiederholte Julia, „warum hast du keinen ernstzunehmenden Ersatz für Irene organisiert?“
„Ich …“, begann Bella und seufzte dann auf.
„Du hast sicher nicht damit gerechnet, dass ich alles stehen und liegen lassen kann, um nach Hause zu eilen und deine Zimtschnecken zu backen“, sagte Julia. „Unter anderen Umständen hätte ich gar nicht kommen können.“
„Ich weiß!“, rief Bella aus und warf ihre Hände in die Luft. „Deswegen hatte ich ja auch fünf supertolle Argumente vorbereitet, um dich zu überzeugen!“
Julia grinste für einen Moment über Bellas Theatralik, dann wurde sie wieder ernst. „Es ist so untypisch für dich, dass du in diesem Moment nicht vorbereitet bist. Was ist passiert?“
Auf einmal ließ Bella ihre Schultern fallen.
„Ich weiß es doch auch nicht“, murmelte sie und klang fast ein wenig traurig. „Es lief immer alles so gut. Wir hatten hier so viel Geschäft und Irene kam vor ein paar Jahren genau zum richtigen Zeitpunkt nach Hause. Sie ist so natürlich hier ins Café hineingewachsen, wir haben alles gemeinsam gemacht und jetzt … jetzt …“
Bella klang mittlerweile verlegen und traurig gleichermaßen.
„Jetzt fehlt sie dir?“, fragte Julia leise.
Bella nickte.
„Ich weiß, dass es leichtsinnig war, diese Entscheidung vor mir her zu schieben, aber ich will sie einfach nicht ersetzen!“, gab Bella zu. „Sie ist meine beste Freundin, sie ist meine beste Mitarbeiterin und meine beste Kritikerin. Manchmal ist sie auch meine beste Chefin, wenn es sein muss.“
Julia legte den Arm um Bellas Schultern.
„Du musst jemanden suchen, der hier aushilft. Jemanden, der backen und ebenso im Verkaufsraum stehen kann, wenn es nötig ist. Und bis dahin musst du die Öffnungszeiten im ‚Adventkränzchen‘ anpassen“, sagte Julia streng.
„Könntest nicht du …?“, begann Bella, aber Julia schüttelte bereits den Kopf.
„Ich bemühe mich jetzt mal darum, einen Wochenvorrat Zimtschnecken vorzubereiten. Ich hoffe, du hast Platz in deinem Tiefkühlschrank“, sagte Julia bestimmt und drehte das kleine Küchenradio auf. Irgendein 80er-Jahre-Popsong schallte durch die Küche, in den Bella ohne zu zögern nahtlos und vollkommen textsicher einstieg.
Julia lachte auf.
„Du alte Discokugel“, sagte sie zärtlich zu Bella und ließ ihre Hüften aneinander stoßen, „geh zu deinem Computer und gib eine Stellenanzeige auf. Und dann überleg dir, wann wir der Mama verraten, dass du Hilfe brauchst.“
„Untersteh dich!“, rief Bella aus. „Du weißt, dass sie dann helfen will. Und du weißt, wie das dann endet.“
„Mit der doppelten Arbeit für uns, ich weiß“, seufzte Julia und lächelte beim Gedanken an ihre Mutter, die – wenn es um irgendeine Form der Nahrungszubereitung ging – völlig talentfrei war. „Sie sind beide groß und stark geworden und bewegen sich in einer Küche, als wäre es ihre natürliche Umgebung“, behauptete die Mutter stets, wenn sie jemand mit ihren eigenen mangelnden Koch- und Backkenntnisse konfrontierte. „Von irgendwem müssen sie es ja haben.“
„Von mir“, sagte ihr Vater daraufhin immer trocken, worüber die meisten jedes Mal lachten.
* * *
Julia kramte durch die Zutatenregale in der Küche des „Kaffeekränzchen“. Irgendwo musste es ja auch Vanilleextrakt geben!
Die ersten Zimtschnecken buken gerade im Ofen, quasi als Testlauf, bevor sie in die Massenproduktion startete. Sie wollte einen Teil der frischen Zimtschnecken ohne Glasur, einen Teil mit klassischer Frischkäse-Glasur und ein paar wenige auch mit Vanille-Frosting ausprobieren. Aber dafür fehlte ihr die entscheidende Zutat: Vanille!
Gerade als der Ofen-Timer piepste, sprang ihr endlich das passende Fläschchen ins Auge. Ihr war es tatsächlich relativ leicht gefallen, sich an das Zimtschnecken-Rezept, nach dem sie früher immer gebacken hatte, zu erinnern und so buk sie konzentriert und in Ruhe vor sich hin.
Bella war in der Zwischenzeit wieder draußen im Verkaufsraum gelandet und ließ sich von ihren Kunden davon abhalten, eine Stellenanzeige auszuschreiben. Julia nahm sich vor, am Sonntag vor ihrer Abreise zumindest einen Zettel in die Auslage zu hängen. In einem so kommunikativen Umfeld wie es der Hauptplatz von Frischthal war, würde es sich wohl schnell herumsprechen, dass Bella vorübergehend eine Aushilfe suchte.
Frisch aus dem Ofen rochen die dampfenden Zimtschnecken jetzt schon verführerisch und während Julia die vorbereitete Glasur ein weiteres Mal durchrührte, wechselte die Musik im Radio zu Taylor Swift. Julia kannte den Song, auch wenn ihr der Text nicht sonderlich geläufig war und sie summte leise mit.
Julia bestrich die zweite Hälfte der Zimtschnecken mit der Vanilleglasur und Taylor ging ins Finale über:
„I've found time can heal most anything
And you just might find who you're supposed to be
I didn't know who I was supposed to be
At fifteen“
Ach du meine Güte, welche Träume Julia im Alter von fünfzehn Jahren gehabt hatte! Sie wollte die Welt erobern. Wortwörtlich! Sie wollte berühmt werden, Geld verdienen, sie wollte, dass der große Blonde aus der Parallelklasse sie küsste.
Wie hieß er doch gleich?
Sie wollte ein eigenes Moped haben, sie wollte, dass ihr Mathelehrer sie weniger oft aufrief, sie wollte …
Wenn ihr Mathelehrer von damals zu hören bekam, dass sie mittlerweile in einer Branche, die auf Zahlen aufgebaut war, Karriere gemacht hatte, würde er wohl glauben, ihm bände jemand einen Bären auf.
Julias Magen zog sich kurz und schmerzhaft zusammen. Selbst das war eine Erinnerung an ihr 15-jähriges Ich, eine Erinnerung an die Übelkeit vor allem dienstags und donnerstags, wenn Mathematik bereits in der ersten Stunde auf dem Stundenplan gestanden hatte. Damals hatte das ebenso mit den Tränen im Schlaf angefangen.
Und wieder aufgehört, als … –
„Es riecht so köstlich!“, Bella platzte strahlend in die Küche, bremste aber abrupt ab. „Warum siehst du aus, als hättest du in eine Zitrone gebissen?“
„Taylor Swifts Philosophien über Fünfzehnjährige“, murmelte Julia und Bella stieß einen frustrierten Laut aus.
„Fünfzehn ist doch wirklich das schrecklichste Alter, durch das man durchmuss, oder?“, seufzte sie und näherte sich den Zimtschnecken. „Zum Glück hast du damals zum Backen gefunden“, setzte Bella weiter fort und Julia lächelte.
Das Backen war ein gemeinsames Wochenendritual mit ihrem Vater gewesen. Samstags wurden Bella und sie immer in die Küche gerufen und zu dritt probierten sie neue Rezepte aus. Irgendwann fühlte sich Bella zu alt (und zu cool), um weiter mitzumachen, und so Julia blieb allein mit ihrem Vater in der samstäglichen Tradition hängen. Es war eine dieser Phasen und Erlebnisse, die man als Teenager mühsam über sich ergehen ließ, aber als Erwachsene unheimlich zu schätzen lernte. Diese stillen Stunden mit dem Vater, ihre routinierten Handgriffe, das unausgesprochene Verstehen des jeweils anderen. An manchen Tagen sprachen sie tatsächlich nur das Notwendigste miteinander und an manchen Samstagen versanken sie in tiefgründigen philosophischen Gesprächen.
Kein Wunder, dass sich Julia plötzlich so roh und nachdenklich fühlte. Seit ihrer Ankunft wurde sie ständig mit längst vergessen geglaubten Gewohnheiten und Erinnerungen konfrontiert. An jedem Eck der Stadt wartete ein Geruch, eine Stimme, eine Person, ein Blick in die Vergangenheit.
Julia schüttelte sich leicht, konzentrierte sich wieder auf die Zimtschnecken vor ihr und brach eine mit Vanilleglasur in zwei Hälften. Der Teig sprang noch leicht dampfend auf und Julia riss sich ein mundgerechtes Stück ab, reichte Bella die andere Hälfte. Die Vanilleglasur klebte an Julias Fingern, war aber köstlich und ganz exakt ausbalanciert, während sie in ihrem Mund zerschmolz. Der Teig war warm und weich und schmeckte so, wie Julia es sich vorgestellt hatte.
Ja, in diesem einen Fall musste sie Bella tatsächlich recht geben.
„S’ischt wie Fahrradfahren“, sagte Julia mit vollem Mund und grinste ein zufriedenes Zimtschneckenlächeln.
Am Sonntagnachmittag hingen die Wolken tief über der Landschaft und die ohnehin schon früh einsetzende Dunkelheit legte sich noch früher über den Tag. Julia hatte alle Lichter in der Küche des „Kaffeekränzchen“ aufgedreht und bereitete die letzte Tranche an Zimtschnecken für die nächste Woche vor.
In Bellas Notizheft hatte sie einige Anweisungen zum Auftauen und Aufbacken der Süßspeisen notiert, ebenso das Rezept für die Vanilleglasur. Bella selbst hatte sie rund um die Mittagszeit nach Hause geschickt. Ihre Schwester hatte in den vergangenen Tagen noch deutlicher zu spüren bekommen, wie viel Arbeitskraft durch Irenes plötzliche Abwesenheit wegfiel. Arbeit, die auch Julia nicht einfach übernehmen konnte, da sie ja zusätzliche Dinge für die Punschhütte zu erledigen hatte. Julia war mittlerweile noch mehr der Überzeugung, dass Bella und Irene – selbst bei hundertprozentiger Fitness – irgendeine Form von Hilfe benötigt hätten, um das „Adventkränzchen“ zu betreiben.
Julia wunderte sich weiterhin, wie ihre sonst so akribisch planende Schwester die ganze Sache mit der Punschhütte und auch Irenes Schwangerschaft so sehr auf die leichte Schulter nehmen hatte können. Aber nun war es so und sie kamen ja doch halbwegs zurecht.
Nur Bella war zuvor beinahe im Stehen eingeschlafen und als sie begann, Kakaopulver statt Kaffee in den Siebträger der Kaffeemaschine zu füllen, hatte Julia sie nach Hause geschickt.
Julia selbst wollte den Nachmittag in Ruhe nutzen, um weiter zu backen. Nach dem erfolgreichen Start am Vortag hatte sie das gesamte restliche Wochenende genutzt, um zahlreiche Zimtschnecken vorzubereiten und im Tiefkühlschrank zu verstauen, die man ab nun täglich frisch aufbacken und glasieren konnte.
Außerdem hatte Julia so viele Zimtsterne gebacken, dass sie mitten in der Nacht mit einem brüllenden Ohrwurm von Coldplays „Sky full of stars“ aufgewacht war, worüber sie lachen musste. Dennoch war sie an diesem Sonntagmorgen wieder tränenüberströmt im Bett gelegen, als das Tageslicht durch die großen Glasscheiben des Gästehauses gebrochen war und den neuen Tag angekündigt hatte.
Das Backen hatte Julia jedoch beruhigt. Die anfangs fast irritierende Erinnerung an das gemeinsame Backen mit ihrem Vater schlug relativ bald in die gewohnte Ruhe um, die sie schon als Teenager immer überkommen hatte, wenn sie sich aus den vielen Rezepten für ein Dessert entschieden hatte und nur kurze Zeit später das ganze Haus mit warmem Zucker- und Vanille- und Schokoladeduft durchzogen gewesen war.
Julia fotografierte die letzten Zimtschnecken, bevor sie diese verstaute, und stellte das Foto in den Familienchat. Bella reagierte binnen Sekunden mit Herzen in allen Farben.
„Geh schlafen!“, schrieb Julia darunter.
„Hab schon“, antwortete Bella.
Wenige Augenblicke später blinkte ein weiteres Foto im Chat auf, diesmal eines, das ihre Mutter gesandt hatte. Darauf war ihr Vater zu sehen, wie er verlegen vor einer üppigen Weihnachtsdeko Pose stehen musste.
Julia überschlug in Gedanken den Reiseplan ihrer Eltern. Sie mussten gerade in Brüssel sein, wenn sie sich nicht irrte. Seit Jahren, wenn nicht sogar Jahrzehnten, sprach ihr Vater davon, einmal bis Schottland mit dem Zug reisen zu wollen. Ihre Eltern planten daher seit Langem, wie sie den Weg absolvieren und gleichzeitig unterwegs möglichst viel vom restlichen Europa sehen konnten. Was nun dazu geführt hatte, dass sie nicht auf dem kürzest möglichen Weg nach Schottland fuhren, sondern auf der beinahe umständlichsten Route. In der vergangenen Woche hatten sie in Deutschland und Holland Halt gemacht. Nun waren sie gerade in der belgischen Hauptstadt und peilten Paris als nächste Station an. Dort würden sie einige Tage lang bleiben, bevor es unter dem Ärmelkanal durch weiter bis nach London ging
Die Backfreude ihres Vaters hätten Bella und Julia dieses Wochenende über gut gebrauchen können, aber sie hatten es ohne die Hilfe der Eltern geschafft und Julia fühlte sich eigenartig stolz.