Schöner Alltag zwischen 0 und 1 - Konrad Heyde - E-Book

Schöner Alltag zwischen 0 und 1 E-Book

Konrad Heyde

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Beschreibung

Er lehnt es ab, seine Bilder als Kunst zu bezeichnen. Er sei kein Künstler, sagt er, auch kein Bildermacher. Aber das muss er sich gefallen lassen: Er macht interessante Konglomerate – und das gilt gleichermaßen für Bilder und Texte. Er ist ein Konglomerator, ein Zusammensetzer, ein Zusammenballer, ein Zusammenhäufer, ein Zusammenkitter, ein Zusammenkleber, ein Zusammenfüger, ein Zusammenrührer, ein Zusammenbacker, ein Zusammenwürfler, ein Mischer. Also einer, der aus Vorhandenem Neues konglomeriert. E pluribus novum. (Maximilian Lixa)

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Seitenzahl: 57

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Dank:

Niklas Arnegger und Badischer Verlag GmbH & Co. KG (Badische Zeitung)

für die Erlaubnis, einen bereits veröffentlichten Text nachzudrucken (Seite 179);

Kayla Draheim für die Übersetzung eines Textes ins Englische (Seite 194);

Bärbel Lixa-Schöwer für den Hinweis auf einen Text von Maximilian Lixa und die Übersetzung

einer Passage daraus aus dem Portugiesischen für dieses Buch (Einbandrückseite).

Titel des Bildes auf der Einbandvorderseite: Walpurgisnacht;

oder: Der Astrophysiker Freude am Schwarzen Loch.

Titel des Bildes auf der Einbandrückseite: Picknick auf beschattetem Strand.

für Heidrun,

die ich liebe

Inhalt

Vorweg

Landschaft

Freundlich

Unterwegs

Schnauzer, Krähe, Haselmoff

Errungenschaft

Verwandlung, Multiplikation, Miniaturisierung

Abstrakt

Buch und Bibliothek

Symbol, Emblem, Matrix

Egotrip

Texte

Titelfindung

Bilder betiteln und betexten

Authentizität in Lascaux

Serviervorschlag

Rap

Vilém Flusser: Bibliothekswand

Bibliotheksverstromung

Emphase

Die Angst des Bürgermeisters vor der Bibliothek

Naturgrafik

Wappenkunde

Misseringer Atlas

Niklas Arnegger: Vom Runden und vom Eckigen

Matrix-Konglomerat

Zahnlücke

Dear Mr. President

Vorweg

Die Bilder in diesem Buch sind keine Kunst; denn ich bin kein Künstler.

Texte, insbesondere aus dem beruflichen Umfeld, aber auch andere, in gedruckter Form (Zeitschrift, Buch) zu veröffentlichen, ist ohne weiteres möglich. Bilder hingegen publik zu machen, ist schwierig. Ausstellungen zustande zu bringen, ist aufwändig und ihre Wirkung meist beschränkt (lokal, regional, Sammelausstellung, Einzelausstellung). Für Hinweise in gedruckter Form (Plakate) und Begleitmaterial (Kataloge, Faltblätter) als Ausstellungsergänzungen gilt dasselbe: Die Herstellung ist kompliziert, die Wirkung eher bescheiden.

Immer wieder gibt es bei mir Phasen, in denen ich intensiv und über einen längeren Zeitraum Bilder herstelle. Die Produktion von Bildern ist mir ebenso wichtig wie das Schreiben von Texten. Aber während die Texte Resonanz finden, weil sie veröffentlicht werden, füllen die Bilder eine große Truhe oder landen im Keller. Mit diesem Buch mache ich über hundert Bilder öffentlich; es ist so etwas wie eine Ausstellung in Buchform. Der Nachteil: Im Buch müssen die Bilder eher kleinformatig sein. Der Vorteil: Die Wirkung ist nicht lokal, regional und zeitlich begrenzt. Zuerst also das Buch – und dann als repräsentative Ergänzung die Ausstellung. Und nicht wie bisher: primär die Ausstellung und dann das Buch (Katalog) als erläuterndes Beiwerk.

Meine erste Vorstellung vom Buch war die, aus dem Fundus (Keller, Truhe) auszuwählen. Das fürs Auswählen notwendige Auslegen vieler hunderter Bilder auf dem Fußboden der Wohnung hätte das Wohnen für längere Zeit (Wochen, Monate) behindert oder unmöglich gemacht. Deshalb blieb nur, neue Bilder zu produzieren. Sie sind in zweieinhalb Jahren entstanden (Anfang 2017 bis Mitte 2019). Aus früherer Zeit wurden lediglich zwölf Bilder verwendet, weil ich sie in Bücher gedruckt oder gezeichnet hatte, die einfach dem Regal entnommen werden konnten. Aber auch diese Bilder wurden weiter bearbeitet.

Die Bilder entstehen in mehreren Schritten. Der letzte Schritt besteht darin, sie zu scannen und am Computer zu bearbeiten. Jedes Bild kann beliebig oft und in jeder beliebigen Größe ausgedruckt werden. Weil sie keine Originale sind, werden sie weder signiert noch datiert.

Wie Bilder übers Internet publik gemacht werden, darüber informiere ich mich jetzt.

Landschaft

Stilles Land 1

Stilles Land 2

Stilles Land 3

Stilles Land 4

Stilles Land 5

Stilles Land 6

Starkstromleitung in binärem Gelände

Stilles Land 7

Stilles Land 8

Archipel 1

Archipel 2

Modder

Küste

Gegend

Freundlich

Entwurf

Freundliches Wesen

Verkehrt herum

Strukturwesen

Vier Götter

Konstrukt

Halbwesen mit introvertierter Stachelbeere

Traumtänzer

Gespenst

Kopffüßler mit Schwertlilie

Unterwegs

Hundespaziergang

Fruits de mer (Noirmoutier)

Im Nebel auf dem Strand bei La Couarde-sur-Mer

Irgendwo im Berry

Ronda

Bomarzo

Schlagschatten auf Salzteiche in den bretonischen Sümpfen

Titelfindung

Der knapp das Bild beschreibende Titel wird spontan akzeptiert. Aha, sagt man sich, in bretonischen Sümpfen gibt es Salzteiche, auf die der Schatten eines Windrads fällt. Und nicht nur »Schatten«, sondern »Schlagschatten« ist klar; denn der Blick des Betrachters geht von ganz weit oben steil nach unten, wodurch sich der Schatten perspektivisch stark verjüngt, gleichsam als Schlag das Gelände trifft. Außerdem weiß jeder, dass die Flügel des Windrads sich mit Wucht wie Schlegel bewegen – wusch, wusch, wusch. Sie werden zwar vom Wind getrieben, aber die Gewalt ihrer Bewegung erweckt uns den Eindruck, sie schlügen unaufhaltsam und stumpfsinnig durch die Luft. Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch unser Wissen, dass von Windrädern alles, was fliegend in ihr Kreisen gerät, zerhackt wird: Hummeln, Fledermäuse, Libellen, Störche, Flussseeschwalben. Die schlagende Bewegung wiederholt sich am Boden im Schlagschatten.

Auch »Salzteiche« wird auf Anhieb verstanden und akzeptiert, man hätte aber auch »Salztümpel« oder »Salinen« sagen können. Aber wenn man sich bewusst macht, wie »Schlagschatten auf Salztümpel« oder gar »Schlagschatten auf Salinen« klingen, dann ist einem der »Schlagschatten auf Salzteiche« akustisch am liebsten. Außerdem gelingt durch »Salzteiche« in Verbindung mit »Schlagschatten« eine grammatikalische Verfremdung, die mit »Salztümpel« oder »Salinen« in Verbindung mit »Schlagschatten« nicht sichtbar wird. Dazu gleich Näheres.

Zunächst zu den »bretonischen Sümpfen«, dem eher rätselhaften Begriff. Wer ihn liest, muss ihn so verstehen, dass es sich eben um Sümpfe in der Bretagne handle. Sicher gibt es in der Bretagne Sümpfe, aber die sind nicht gemeint. Gemeint ist hier eine bestimmte Gegend, die auf Französisch »Marais Breton« heißt, die nicht in der Bretagne liegt, sondern ein ganzes Stück weiter südlich, eine amphibische und derart flache Landschaft, dass es möglich ist, bei Flut über Flussläufe und Kanäle Meerwasser ins Land hinein zu leiten, die Voraussetzung dafür, auch noch weit im Landesinnern Salinen zur Salzgewinnung zu betreiben.

»Marais Breton« ist also ein geographischer Begriff, den man nicht ins Deutsche übersetzen sollte – und wenn schon, dann korrekt als »Bretonischer Sumpf«, im Singular und »Bretonisch« groß geschrieben, damit klar wird, dass es sich um die Bezeichnung für einen bestimmten Landstrich handelt. Wenn hier mit »bretonischen Sümpfen«, also durch falschen Plural und Verleugnung des geographischen Begriffs die korrekte Bezeichnung verbogen wird, dann nur wegen des sprachlichen Klangs. »Sümpfe« klingt einfach schöner als »Sumpf«. Und was soll es. Unter Deutsch sprechenden Menschen gibt es ohnehin kaum jemanden, der vom »Marais Breton« weiß. Aber wenn ein Französisch sprechender Mensch mitbekommt, wie merkwürdig falsch der Begriff ins Deutsche gebracht wurde, empfindet er das vielleicht als befremdliches, aber interessantes Sprachgebaren – und das hat doch was.

Und schließlich ist das Bild ein erfundenes. Es zeigt keine bestimmte Landschaft, sondern eine, mit der »Marais Breton« oder eben auch »bretonische Sümpfe« gemeint sein könnten.