Sea and Fall - Svea Dunnabey - E-Book

Sea and Fall E-Book

Svea Dunnabey

0,0
3,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: neobooks
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Der vierte und letzte Teil der Romanserie Sea and Fall. Sarah hat den Kontakt zu Ethan abgebrochen und ist untergetaucht. Wochenlang versteckt sie sich vor der Presse und all den Geschehnissen, die auf sie einwirken und sie belasten. Wird sie alles verarbeiten können und am Ende zu Ethan zurückkehren, oder wird sie ihrer Kinder zuliebe die Beziehung und ihr Glück aufgeben?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 549

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Svea Dunnabey

Sea and Fall

Leid

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XV

Kapitel XVI

Kapitel XVII

Kapitel XVIII

Kapitel XIX

Kapitel XX (Ethan)

Kapitel XXI

Kapitel XXII

Epilog

Impressum neobooks

Kapitel I

Die Landschaft sah von hier oben einfach atemberaubend aus. Die ganzen Pflanzen, Bäume, Wasserfälle und erst die ganzen Geräusche der Tiere. Ich war wirklich in der Natur. Weit, weit weg von der Stadt und am liebsten wollte ich überhaupt nicht mehr zurückkehren. Hier ließen mich alle in Ruhe. Es war einfach angenehm und entspannend. Es wäre perfekt hier, wenn mir nicht meine Kinder und auch Ethan so verdammt fehlen würden.

Ich ging weiter durch den Wald und bahnte mir einen Weg durch ein paar umgestürzte Bäume, da ich querfeldein ging. Es war die richtige Entscheidung gewesen aus Brisbane zu fliehen, bevor die Lawine losgetreten wurde.

Natürlich wurde über Nick berichtet und darüber wie Ethan ihn zusammengeschlagen hatte, aber das hatte Ethan ja schon angedeutet, bevor ich geflüchtet war. Als Nick wieder genügend Kraft gesammelt hatte, hatte er ein Interview über den besagten Abend gegeben, in dem er seine Sicht der Dinge geäußert hatte. Dass ich Sex mit ihm gewollt hätte, so wie damals bei Alex auch, dass ich bloß einen guten Instinkt hätte und ich, sobald ich merkte, dass jemand kam und mich sah, so tat, als würde ich vergewaltigt werden.

Es war einfach nur lächerlich, dennoch wurde ich als untreue Schlampe hingestellt. Alex und auch Ethan mischten sich zwar ein, trotzdem hatten alle Nicks Meinung gelesen, oder gehört.

Etwa zum gleichen Zeitpunkt wurde bekannt, dass meine Mutter gestorben war. Ihr neuer Mann, Mike, wurde daraufhin von ein paar Reportern belagert, bis er sich tränenüberströmt über mich äußerte. Dass ich an allem Schuld sei, dass sie nur zum Alkohol gegriffen hätte, da ich mich einen Dreck um sie gekümmert hätte, als sie es gebraucht hätte. Dass sogar mein Mann sie zusammengeschlagen hätte, weil ich ihn angestiftet hätte und und und. Es war einfach nur widerlich.

Natürlich konnten das meine Brüder nicht auf sich sitzen lassen, vor allem da in den Medien eine richtige Hetzkampagne gegen mich lief. Sie veröffentlichten daraufhin das Bild von mir als zehnjährige und erklärten, wie unsere Mutter wirklich gewesen war und was sie mir angetan hatte. Dass ihr Tod in Wirklichkeit eine Befreiung für uns alle gewesen sei.

Angesprochen auf das Bild versuchte Mike es dann mit den erfundenen Geschichten meiner Mutter zu erklären. Dass ich die Treppe heruntergefallen wäre, mich selbst verletzte um Aufmerksamkeit zu bekommen und mich immer mit den falschen angelegt hätte. Dass ich nie ein richtiges Mädchen gewesen wäre, sondern eher ein vierter Junge, der sich nicht oft genug prügeln konnte. Dass ich eine Mitschuld am Tod meines Vaters tragen würde und ein selbstsüchtiges, verzogenes und hinterhältiges Biest sei. Dass ich es lieben würde, anderen das Leben zur Hölle zu machen und es zu zerstören.

Da meldete sich natürlich auch Jody zu Wort und stimmte ihm vollkommen zu, beschrieb mich ebenfalls als selbstsüchtig, hinterhältig und überheblich. Des Weiteren erzählte sie allen, dass ich ihr Ethan ausgespannt hätte und ich ihre Zukunft, ihre geplante Familie mit ihm zerstört hätte.

Bei diesen Äußerungen hatte dann auch Lydia eingestimmt, die ich bis dahin schon wieder vollkommen vergessen hatte und Jody bekräftigt und so ging es immer weiter und weiter.

Es hörte einfach nicht auf, sodass ich mich nun schon seit knapp vier Wochen hier versteckte und noch kein Ende sah. Würde ich jetzt nach Hause zurückkehren, würde sich die Presse sofort auf mich stürzen, so wie sie es bei Ethan taten.

Sie ließen ihn einfach nicht in Ruhe und lichteten ihn ständig ab. Er hatte einige Kilogramm abgenommen und wirkte ausgemergelt, weswegen ich jeden Tag betete, dass sie ihn endlich in Ruhe lassen würden. Es tat mir weh ihn so leiden zu sehen und nichts dagegen machen zu können.

Ich hatte ihm vor drei Wochen kurz eine Nachricht geschickt, dass es mir gut ginge und er sich wirklich keine Sorgen machen solle, woraufhin er mir nur das Lied „The great escape“ von Pink geschickt hatte. Da mein Akku fast leer gewesen war, konnte ich es nur zwei Mal anhören, bevor es ausging.

Doch seitdem rief ich mir immer wieder den Text ins Gedächtnis. Er hatte Angst, dass ich mir das Leben nehmen könnte, da mir alles zu viel werden würde, dass er das jedoch niemals zulassen würde.

Ich erinnerte mich an den Abend bei Dr. Arnolds, als ich beschrieben hatte, wie ich als siebenjährige versucht hatte mir das Leben zu nehmen, da der Schmerz nach dem Tod meines Vaters, zu groß gewesen war. Zwar hatte ich ihm versprochen, dass das hinter mir liegen würde und ich solche Gedanken nie wieder gehabt hatte, doch ich verstand seine Angst, weswegen ich ihm noch eine Nachricht mit einer Entwarnung schrieb, bevor der Akku den Geist aufgab. Doch nun herrschte seit drei Wochen Funkstille, die es bei uns noch nie gegeben hatte.

Ich seufzte und ging zu meinem Wagen, da ich in ein paar Minuten meine Kinder treffen würde. Julian wollte sie in eine Nachbarstadt bringen, wo ich sie hoffentlich ungestört sehen könnte. Ich betete nur, dass Julian es geschafft hatte, ohne die Paparazzi hier her zu kommen, da auch sie von ihnen belagert wurden, was mir einfach nur Leid für meine Kinder und Julian tat. Diese Hölle hatte ich mir niemals für meine Familie gewünscht, doch nun konnte ich nichts mehr daran ändern.

Und das alles nur, weil ich mit Ethan zusammen war. Hätte ich keine Beziehung mit ihm, einem Mann, der verdammt reich und gutaussehend war, wäre ich der Presse vollkommen egal gewesen, was mich einfach nur wütend machte und mich immer wieder darüber nachdenken ließ, ob ich die Beziehung nicht beenden sollte. Doch darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken, da ich gleich meine Kinder sehen würde und mich schon freute.

Eilig stieg ich in den Wagen ein und fuhr zu unserem Treffpunkt nach Tenterfield. Nach guten zwanzig Minuten sah ich das Schild der Stadt, die mit ihren knapp 3000 Einwohnern recht überschaubar war. Ich suchte noch kurz nach dem Diner, als ich auch schon Julians Auto erkannte und neben ihm parkte. Ein letztes Mal sah ich mich nach Paparazzi um, bevor ich meine Baseballkappe tiefer ins Gesicht zog und das Diner betrat. Julian saß weiter hinten, sodass wir ungestört sein würden, was mich ungemein erleichterte.

Mit jedem Schritt, den ich ihnen näher kam, wurde mein Herz schwerer, da ich endlich wieder meine Kinder sah und ich solch ein schlechtes Gewissen ihnen gegenüber hatte. Nicht nur, dass ich sie seit vier Wochen nicht gesehen hatte, sie mussten wegen mir momentan so viel durchmachen, was mir unendlich Leid tat.

>> Mum!<< rief Ben freudestrahlend und sprang sofort auf, um in meine Arme zu laufen. Auch Emma stand sofort auf und drückte sich an mich. Ich konnte die beiden gar nicht fest genug drücken, während ich immer wieder schluchzte und sie liebevoll auf den Kopf küsste.

>> Ich habe euch so vermisst.<<

>> Wir dich auch.<< flüsterte Emma ergriffen, während sie schwer atmete und mich nicht losließ. Wir blieben einige Minuten einfach nur stehen und ließen die Tränen fließen, bevor wir uns wieder sammelten und hinsetzten. Julian zog mich kurz in seinen Arm, als ich neben ihm Platz genommen hatte und wischte mir die Tränen weg, die einfach nicht aufhören wollten.

>> Du siehst vollkommen fertig aus.<< stellte Julian fest und sah mich besorgt an.

>> Die letzten Wochen waren nicht grade angenehm und ich habe keine Kleidung mitnehmen können, deswegen habe ich nur die Sachen aus dem Supermarkt.<<

Er blickte weiterhin nachdenklich an mir herunter, betrachtete wie ich in einem zu großen T-Shirt und weiter Jogginghose aussah, bevor er tief durchatmete und den Kopf schüttelte.

>> Die Kleidung ist es nicht, auch wenn sie vollkommen untypisch für dich ist. Du siehst einfach total müde und ausgelaugt aus. Deine Augen strahlen nicht mehr und...<<

>> Schon ok, ich hab’s verstanden...<< unterbrach ich ihn sanft und versuchte zu lächeln, doch das fiel mir verdammt schwer.

>> Das sollte kein Vorwurf sein Sarah, wir machen uns nur alle Sorgen um dich. Seit vier Wochen versteckst du dich und nach allem, was in der Presse so steht...<<

>> Ich komme schon klar, also mach dir keine Sorgen.<<

>> Es bin nicht nur ich. Jacob ist vollkommen fertig, weil er seit vier Wochen nichts mehr von dir gehört hat, obwohl ihr die besten Freunde und nicht zu trennen seid.<<

Ich konnte mir vorstellen, wie sehr Jacob unter der Situation litt, wo wir doch sonst immer über alles sprachen und uns mindestens jeden zweiten Tag sahen. Aber auch er wurde von der Presse belagert, weswegen ich ihm nicht sagen konnte, wo ich war, da er sonst sofort zu mir fahren würde und die gesamte Meute mitbringen würde. Es tat mir weh, ihn auf Abstand zu halten, doch es musste sein. Jedenfalls noch. Nichtsdestotrotz vermisste ich ihn unheimlich und bekam Magenschmerzen bei dem Gedanken daran, wie er sich fühlte.

>> Hast du mit ihm gesprochen?<<

>> Er hat drei oder vier Mal angerufen, um zu erfahren, ob ich weiß, wie es dir geht.<<

>> Hast du ihn beruhigt?<<

>> Ich hab’s immerhin versucht.<<

>> Danke.<< sagte ich liebevoll und drückte Julians Hand, die in meiner lag und mich beruhigend streichelte.

>> Möchten Sie etwas bestellen?<< fragte auf einmal eine Bedienung, weshalb ich kurz unsicher wurde. Ich hatte Angst, dass sie mich eventuell erkannte und dann gleich einige Fotografen hier wären, weshalb ich schnell nach unten sah.

>> Sie nimmt ein Wasser, danke.<< antwortete Julian für mich und streichelte beruhigend meinen Rücken, während die Bedienung wieder ging.

>> Tut mir Leid, ich glaube ich werde vollkommen paranoid.<<

>> Ist doch nicht schlimm. Wir merken doch selber wie hartnäckig die Journalisten sein können und wie schnell die auf einmal irgendwo auftauchen.<<

>> Ist es wirklich so schlimm bei euch?<<

>> Es wird langsam weniger. Aber am Anfang war es heftig.<<

>> Waren sie auch bei euch so aufdringlich?<< fragte ich vorsichtig an Emma und Ben gerichtet, die daraufhin nur stumm nickten.

>> Tut mir Leid.<< flüsterte ich und atmete tief durch, damit ich nicht wieder sofort anfing zu weinen.

>> Wie Dad schon sagte, es wird weniger und unsere Internate haben die ganz gut abgewehrt. Die durften nicht auf das Gelände. Ben hat also nicht viel mitbekommen und ich nur, wenn ich zum Training das Gelände verlassen habe.<<

>> Was haben die dann gemacht?<< hakte ich nach und spürte, wie ich vor Zorn anfing zu zittern. Ich konnte es einfach nicht verstehen, weshalb die Presse meine Kinder belagerte. Sie waren minderjährig und hatten nichts, wirklich rein gar nichts mit Ethan und mir, oder meiner Kindheit zu tun. Was waren das für widerliche Kreaturen?

>> Sie haben mir immer wieder Fragen zu dir und auch Ethan gestellt, aber ich habe nicht richtig hingehört und nichts gesagt.<<

>> Wie oft haben sie dich belästigt?<<

>> Fast jeden Tag, aber mein Trainer hat mich nach dem ersten Aufeinandertreffen dann immer begleitet, damit er die Reporter abwehren konnte.<<

>> Dann sollte ich ihm wohl danken.<< seufzte ich und beobachtete wie die Frau von eben mein Wasser auf ihr Tablett stellte, bevor sie in unsere Richtung kam und es mir hinstellte.

>> Dann solltest du dich auch bei Ethan bedanken.<< sagte Ben auf einmal. Allein bei seinem Namen schlug mein Herz wieder schneller, was mich wahnsinnig machte. Meine Gefühle für diesen Mann konnte ich einfach nicht leugnen.

>> Wieso bei Ethan?<<

>> Er hat Emma und mir zwei Personenschützer zur Seite gestellt, die die Presse abhalten sollten.<<

>> Wirklich?<<

>> Mhm. Die haben die Typen zurückgehalten und mein Trainer hat mich dann schnell zum Auto gebracht. Sonst hätten wir es wahrscheinlich nicht so leicht geschafft. Die sind wirklich sehr aufdringlich.<<

>> Gut. Dann werde ich Ethan auch noch mal danken.<< versprach ich und drückte Ben an meine Seite, da er wie ein Häufchen Elend aussah. Es tat mir weh zu sehen, wie sehr ihm die Situation zusetzte. Zum einen die Tatsache, dass wir uns seit vier Wochen nicht gesehen hatten und dann die Reporter, die ihn belagerten und die Berichte über seine Mutter, die alles andere als erfreulich waren und ihm sicherlich einige dumme Bemerkungen von Mitschülern einhandelten.

>> Sind denn eure Freunde und Mitschüler wenigstens fair zu euch, oder müsst ihr euch miese Bemerkungen anhören?<<

>> Bei mir waren die eher neugierig, aber vor allem auch verständnisvoll, vor allem nachdem mein Klassenlehrer eine offene Runde gemacht hatte.<<

>> Offene Runde?<< hakte ich nach und sah Emma interessiert an.

>> Er hatte mich vor dem Unterricht zur Seite genommen und mit mir besprochen, wie ich das gerne handhaben würde. Ob ich offen darüber sprechen möchte, oder ob er jegliche Fragen und Bemerkungen darüber unterbinden soll. Da ich mich, meiner Meinung nach, nicht verstecken und schämen muss, habe ich die offene Runde gewählt, wo mir jeder aus der Klasse Fragen darüber stellen konnte. Dann konnte ich entscheiden, ob ich die beantworten möchte, oder nicht und mein Lehrer hat aufgepasst, dass sich jeder an die Regeln hält und respektvoll bleibt.<<

>> Das klingt gut.<<

>> War es auch. Es waren wirklich alle sehr verständnisvoll und hilfsbereit.<<

>> Das freut mich und bei dir Ben?<<

>> Mein Lehrer hat nichts gemacht. Es wurde halt totgeschwiegen.<< murmelte er in sich hinein, weswegen ich ihn irritiert ansah.

>> Hat dich denn jemand dumm angemacht?<<

>> Nur manchmal ne dumme Bemerkung, aber nichts Schlimmes.<<

>> Was...<< wollte ich grade fragen, da ich merkte, dass Ben darunter gelitten hatte, als Julian mich ein wenig von Ben zurückzog und mich beruhigend ansah.

>> Ist schon in Ordnung Sarah, ich habe das schon mit dem Dekan geregelt. Also mach dir um uns keine Sorgen.<< versuchte Julian mich zu besänftigen, da ich innerlich schon auf 180 war und mich um Ben sorgte. Doch bevor ich noch weiter darauf eingehen konnte, brachte Julian mich mit seinem Blick zum Schweigen. Aufgewühlt trank ich einen Schluck und versuchte somit meine Wut hinunterzuspülen.

>> Ich wollte nie, dass ihr das alles erfahrt...<<

>> Aber nun wissen wir es und ich glaube die beiden haben viele Fragen, wenn du die Kraft dazu hast.<<

Ich nickte und hörte mir all ihre Fragen an, beantwortete sie so gut es ging und beruhigte sie ein wenig. Wir redeten wirklich über alles, was in der Presse berichtet wurde, was ziemlich viel war und lange dauerte. Die Situation belastete sie sehr, dennoch hielten sie zu mir und waren stark, was mich ungemein aufbaute. Wieder einmal zeigte sich mir, was für tolle Kinder ich hatte, auf die ich ungemein stolz war.

Nach dem Essen gingen Emma und Ben kurz nach draußen, da Julian noch einmal allein mit mir reden wollte, weshalb ich mich fragte, was er auf dem Herzen hatte. Doch zuerst wollte ich noch einmal wegen Ben nachhaken, da es mich immer noch beschäftigte.

>> Geht es Ben wirklich gut?<<

>> Es war hart für ihn, aber er kommt jetzt ganz gut klar.<<

>> Was war denn genau?<<

>> Nichts Schlimmes, aber für ihn halt schlimm. Es wollte keiner mehr mit ihm zusammenarbeiten, sie mieden ihn, außer sein Zimmergenosse. Er zog sich dann vollkommen zurück und ging nicht mehr zum Unterricht, weswegen mich der Dekan anrief und mit Ben und mir sprach. Da hat er dann alles erzählt und dann wurde auch eingegriffen. Das war jetzt vor zwei Wochen und seitdem ist alles wieder in Ordnung.<<

>> Scheiße...<< fluchte ich und sah nach draußen zu meinem Sohn, der grade ausgelassen lachte, was mich ungemein erleichterte.

>> Mach dir bitte wirklich keine Vorwürfe. Es ist alles in Ordnung. Vertrau mir.<<

>> Das tue ich, trotzdem ist es scheiße...<<

>> Ich weiß.<<

Wir schwiegen eine Weile, während wir nach draußen sahen und jeder in seine Gedanken vertieft war. Auch wenn meine Kinder stark waren und wieder lachen konnten, jedenfalls im Moment, überlegte ich, ob ich ihnen das weiterhin antun konnte. So eine Situation wie grade könnte immer wieder passieren, wenn ich mit Ethan zusammen blieb. Würde ich meinen Kindern diesen Schmerz antun? Sollte ich dann nicht so erwachsen sein und den Schmerz einer Trennung aushalten, damit es meinen Kindern gut ging und sie eine unbeschwerte Kindheit erleben konnten? Wäre ich eine gute Mutter, wenn ich egoistisch war und mich nicht von ihm trennen würde?

>> Sarah?<< fragte Julian und riss mich damit aus meinen Gedanken, während er mich nachdenklich ansah.

>> Mhm?<<

>> Kann ich dir noch eine Frage stellen?<<

>> Natürlich.<<

>> Was ist mit Ethan?<< fragte er unverblümt nach und sah mich erwartungsvoll an.

>> Wie meinst du das?<<

>> Seid ihr jetzt noch ein Paar?<<

>> Ich weiß es nicht genau.<< wich ich aus und trank noch einen Schluck, da ich über dieses Thema nicht nachdenken wollte.

>> Sarah, du bist jetzt seit vier Wochen hier, da musst du doch langsam wissen, ob die Beziehung für dich beendet ist, oder nicht.<<

>> So einfach ist das nicht.<<

>> Liebst du ihn, oder nicht?<< fragte er angestrengt, während er langsam die Luft ausatmete.

>> Natürlich liebe ich ihn. Wir sind verheiratet, aber...<<

>> Aber?<< hakte Julian nach und wartete lange auf eine Antwort von mir.

>> Ich weiß es wirklich nicht.<< seufzte ich und klammerte mich an mein Glas, sowohl mit den Händen, als auch mit meinem Blick, um Julian nicht ansehen zu müssen, bevor ich fortfuhr.

>> Es wäre alles so viel einfacher ohne ihn. Die Presse würde mich in Ruhe lassen, Jody würde mich in Ruhe lassen und seine Familie könnte endlich wieder aufatmen. Ich hätte wieder ein geregeltes Leben ohne Komplikationen und Emma und Ben müssten nicht so viel ertragen. Das war bestimmt nicht das letzte Mal, dass sie so im Rampenlicht stehen würden und so ein Fegefeuer aushalten müssten.<<

>> Aber er wäre dann nicht mehr in deinem Leben und würde dich nicht mehr glücklich machen.<< stellte Julian klar und seufzte.

>> Stimmt. Ich muss einfach die Argumente abwägen.<<

Ich konnte in seinem Gesicht ablesen, dass da noch irgendetwas war, was er mir verschwieg, weswegen ich dran blieb.

>> Wieso fragst du überhaupt danach?<<

>> Ich wollte nur wissen, ob du jetzt eine Entscheidung getroffen hast.<<

>> Es ist die gleiche Antwort, die ich dir auch schon letzte Woche am Telefon gegeben habe.<< sagte ich skeptisch und forschte weiter nach.

>> Warum willst du das unbedingt wissen?<<

Julian schwieg und blickte nach draußen zu Emma und Ben, während er immer wieder über seine Kaffeetasse strich.

>> Julian?<<

>> Ethan war vor drei Tagen bei mir.<<

Sofort schlug mein Herz schneller, doch dann überkam mich Panik. Ich hatte Julian schon vor einer Woche gesagt, dass ich mir der Beziehung zwischen Ethan und mir nicht mehr sicher wäre, weswegen ich unbedingt wissen musste, was er ihm gesagt hatte.

>> Was wollte er?<<

>> Er wollte wissen, ob du dich bei mir gemeldet hättest, da er dich nicht erreichen kann und du seine Anrufe ignorieren würdest.<<

>> Mein Telefon ist leer und ich habe kein Ladekabel mitgenommen, deshalb habe ich dich von einem Münztelefon angerufen.<<

>> Ich dachte, du machst es aus Angst, weil man dich sonst orten könnte.<<

>> Nein, ich habe nur keinen Akku mehr.<<

>> Dann gebe ich dir gleich mein Kabel aus dem Auto.<<

Ich nickte, doch die Sache mit Ethan ließ mir einfach keine Ruhe.

>> Was hast du ihm gesagt?<<

>> Dass ich mit dir telefoniert hätte und es dir relativ gut ginge.<<

>> War er sauer?<<

>> Sagen wir mal, dass er nicht grade glücklich darüber war, dass du mich, aber nicht ihn angerufen hattest.<<

>> Hast du es ihm erklärt?<<

>> Natürlich. Ich sagte ihm, dass du Emma und Ben sehen wolltest, bevor wir nach Düsseldorf fliegen würden, da du sie unheimlich vermisst.<<

>> Gut.<< seufzte ich, wobei ich nicht wirklich erleichtert war, da ich wusste, wie wütend Ethan darüber sein würde.

>> Er war unglaublich besorgt Sarah. Er leidet genau wie du unter der Situation.<<

>> Es musste sein.<<

>> Wirklich?<<

>> Julian! Was soll das?<<

>> Ich verstehe, dass du abgehauen bist und dich hier verkriechst. Dass du eine Auszeit brauchtest, aber warum nimmst du ihn nicht mit? Ich dachte immer, dass er dir so viel Stärke und Kraft geben würde. Dass er dich beruhigen könnte und du mit ihm über alles reden könntest.<<

>> Das stimmt auch alles, also worauf willst du hinaus?<<

>> Dass...<<

>> Sag es!<< forderte ich pampig, da ich es hasste, wenn mich jemand so kritisierte und unter Druck setzte.

>> Dass du dich innerlich schon von ihm trennst, denn sonst hättest du schon längst Kontakt zu ihm aufgenommen. Du wirst ihn abservieren, da es dir zu schwierig und kompliziert wird. Du rennst weg und sorgst dafür, dass er dich nicht davon abhalten kann, weil er nicht einmal weiß, wo du bist.<<

>> Ich habe noch keine Entscheidung getroffen.<<

>> Doch, das hast du.<<

>> Das stimmt nicht. Da liegst du völlig falsch.<<

>> Ach, wirklich?<<

>> Ja!<<

>> Das ist nicht nur meine Meinung.<<

Bei dieser Bemerkung sah ich erschrocken auf und blickte auf Ethans Ehering, den er vor mir auf den Tisch legte.

>> Was...<<

>> Ich soll dir von ihm ausrichten, dass er dich gehen lässt, wenn es dein Wunsch ist. Er hat das Gefühl, dass es nicht einfach nur eine Auszeit von dem Stress ist, sondern von ihm und dass du nicht vorhast, zu ihm zurückzukehren. Er hatte es schon an der Tür gewusst, als er dich das letzte Mal geküsst hat.<<

>> Was hat er da gewusst?<<

>> Dass es ein Abschiedskuss war und du nicht vorhattest, um eure Beziehung zu kämpfen. Auch wenn es ihm schwerfällt und es ihn zerreißen würde, würde er für dich in eine Scheidung einwilligen, damit du endlich wieder frei und glücklich sein kannst. Er möchte dir nicht im Weg stehen und nicht der Grund dafür sein, dass du Brisbane und deine Kinder meidest.<<

Ich war viel zu erstarrt und schockiert, um etwas einzuwenden, oder zu sagen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, konnte nichts antworten und sah stattdessen immer wieder nur Ethans Ehering an.

>> Es tut mir Leid Sarah, aber das sollte ich dir ausrichten. Es liegt jetzt an dir.<<

Ich nickte nur, vollkommen unfähig etwas zu tun. Einzelne Tränen liefen mir die Wange herunter, während Julian mich mitleidig ansah.

>> Wenn Ethan falsch liegt, dann musst du das klarstellen Sarah und das sofort, denn sonst war es das mit deiner Ehe.<< beharrte Julian, damit ich verstand, um was es hier ging, was auf dem Spiel stand und nicht einfach nur tatenlos dabei zusah, wie mein Leben den Bach runterging.

>> Ich weiß.<< hauchte ich und nahm vorsichtig den Ehering in meine rechte Hand. Es war wirklich der von Ethan, was ich an der Gravur im Inneren mit dem Datum und meinem Namen nur allzu deutlich erkennen konnte.

>> Was wirst du tun?<<

>> Keine Ahnung.<<

Ich wusste es wirklich nicht. Auch wenn mir die Geste und Ethans Worte einen Stich in mein Herz versetzten, wusste ich einfach nicht, was ich tun sollte. Natürlich liebte ich ihn, doch reichte das aus? Konnte ich diesem ganzen Druck von außen standhalten? Nur der Beziehung willen?

>> Sarah...<< sagte Julian mitleidig und stupste mich kurz an, doch ich war viel zu fertig, um darauf zu reagieren.

>> Danke, dass du mir den Ring gegeben hast.<< sagte ich mechanisch und hielt ihn so fest ich konnte. Ich atmete tief durch, funktionierte und verabschiedete mich wenig später noch von Emma und Ben, wünschte ihnen einen schönen Urlaub in Deutschland und hoffentlich viel Schnee, bevor ich beobachtete, wie sie in Julians Wagen stiegen und wegfuhren.

Immer noch vollkommen unter Schock setzte ich mich in mein Auto und ließ die Tränen fließen. Hatte Ethan Recht? Hatte ich von Anfang an nur eine Trennung im Sinn gehabt? Wollte ich die Beziehung mit ihm beenden, wieder ein einfacheres Leben führen? Eines, wo ich nicht um das Leben meiner Kinder und um mein eigenes fürchten musste? Ein Leben, wo den Leuten egal war, wen ich als Lebenspartner hatte? Wo ich nicht darauf achten musste, wie ich mich in der Öffentlichkeit gab? Wo ich einfach meine Ruhe hatte? So wie damals mit Julian?

Aber dann würde ich nie wieder seine starken Arme um mich spüren, seinen Duft einatmen, seine Berührungen und Liebe spüren. Dieses Glücksgefühl würde ich vermissen, ebenso wie die innere Ruhe, wenn wir zusammen waren. Von außen hätte ich ohne ihn Ruhe, aber in mir drinnen würde dann der Vulkan wüten. Was war mir wichtiger?

>> Miss fahren Sie jetzt, oder nicht?<< brüllte mich ein Mann an, der gegen meine Scheibe geschlagen hatte, da er anscheinend wütend war und den Parkplatz haben wollte. Schnell wischte ich mir meine Tränen weg, legte den Gang ein und fuhr los.

Immer wieder wog ich das Für und Wider unserer Beziehung miteinander ab, doch ich fand einfach keine Lösung. Beide Seiten stellten mich allein nicht zur vollen Zufriedenheit, nur wusste ich einfach nicht, welches das kleinere Übel war.

Als ich grade abbiegen wollte, überholte mich plötzlich ein großer Geländewagen, setzte ebenfalls seinen Blinker und zwang mich auf einmal zur Vollbremsung, da er voll in die Eisen ging und sich quer stellte. Was sollte das? War der Typ vollkommen durchgeknallt? Ich ärgerte mich maßlos und fluchte laut, als sich vor mir plötzlich die Fahrertür öffnete und ein großer Mann ausstieg, um zu mir zu kommen.

Eilig legte ich den Rückwärtsgang ein, da ich Panik bekam, doch der wollte einfach nicht funktionieren. Immer wieder trat ich die verdammte Kupplung und versuchte den Gang einzulegen, doch irgendwas stellte sich quer. Als ich wieder panisch hochsah, schrie ich kurz auf, da der Typ bereits an meinem Auto stand und meine Tür aufriss.

Kapitel II

Erschrocken blickte ich dem Mann ins Gesicht und atmete ein wenig erleichtert auf.

>> Steig aus Sarah!<< brüllte er mich an, was mir nun doch wieder ein wenig Angst bereitete.

>> Was machst du hier?<<

>> Wir müssen reden! Dringend!<< befahl mir Andrej in einem frostigen und vor allem wütenden Ton, der mein Blut gefrieren ließ.

>> Hier?<<

>> Mir ist scheißegal wo, Hauptsache wir reden!<<

Ich zögerte noch ein wenig, doch dann öffnete Andrej meinen Gurt und zerrte mich aus dem Wagen.

>> Du tust mir weh!<< fuhr ich ihn an, als er mich am Handgelenk zum Straßenrand zog.

>> Gut, denn das hast du verdient.<<

>> Was soll das Andrej?<< schrie ich ihn an, riss mich von ihm los und massierte mein schmerzendes Handgelenk.

>> Ist dir Ethan eigentlich scheißegal?<<

>> Nein.<< protestierte ich und sah ihn kampfbereit an.

>> Wirklich? Kommt mir nämlich so vor.<<

>> Was mischst du dich da überhaupt ein?<< fuhr ich ihn an, als Andrej mich böse anfunkelte. Statt mir eine Antwort zu geben, warf er mir angewidert eine Zeitung vor die Füße, die ich eilig aufhob und einen Artikel las.

Ethan Thatcher, holt ihn die Vergangenheit wieder ein?

Nachdem Mr Thatcher am Mittwochabend ein gemeinsames Geschäftsessen verließ und auf einige Fotografen stieß, verlor dieser vollkommen die Kontrolle. Da werden Erinnerungen aus seiner Jugend wach. Schon damals war er für seine starke Rechte bekannt, die ihm schon etliche Anzeigen einheimste.

So auch gestern.

Auf die Nachfrage, ob er schon die Scheidungspapiere eingereicht und seine Frau abserviert hätte, nachdem er ihr wahres Ich gesehen hätte, ihr Innerstes und nicht nur die hübsche äußere Hülle, die ihn wohl geblendet hätte, schlug Mr Thatcher mehrmals auf den Reporter ein. Erst durch die Kraft seines Bodyguards konnte er von weiteren Schlägen abgehalten werden.

Nachdem der Journalist im Krankenhaus wegen einer gebrochenen Nase, mehreren Prellungen und Blutergüssen behandelt wurde, erstattete er eine Anzeige wegen schwerer Körperverletzung. Ob die Anwälte von Mr Thatcher das wieder hinbiegen können, bleibt abzuwarten.

Ob er noch mit Sarah Thatcher liiert ist, oder ob sie sich wirklich in Trennung befinden, blieb von Mr Thatcher unbeantwortet. Fakt ist, dass sie seit vier Wochen nicht mehr an seiner Seite gesichtet wurde und Mr Thatcher keinen Ehering mehr trägt.

>> Das ist dein Verdienst!<< fuhr mich Andrej an, als ich wieder den Kopf gehoben hatte.

>> Wieso meiner?<<

>> Er steht vollkommen neben sich, seitdem du ihn verlassen hast.<<

>> Ich habe ihn doch gar nicht verlassen!<< schrie ich ihn an, da er auch mir gegenüber die Stimme erhoben hatte.

>> Und wie nennst du das hier dann?<< fragte er und deutete auf mich und die Gegend um uns herum.

>> Ich brauchte eine Auszeit!<<

>> Das verstehe ich und er auch. Was wir nicht verstehen ist, warum er dich noch nicht einmal anrufen darf. Wieso darf er nicht wissen, wo du bist? Warum...<<

>> Hör auf Andrej! Mein Akku war leer, deswegen konnte er mich nicht mehr erreichen. Ich habe kein Ladekabel dabei.<<

>> Aber deinen Ex-Mann konntest du anrufen?<< fragte er mit hochgezogenen Brauen, als würde ich ihn für dumm verkaufen.

>> Von einem Münztelefon.<< stellte ich klar, doch das ließ Andrej nur auflachen.

>> Komisch ich dachte, dass Münztelefone jede beschissene Nummer wählen können. Also warum hast du ihn nicht ein einziges, verschissenes Mal angerufen?<<

Ich wusste nicht, was ich Andrej antworten sollte, weswegen ich nur in die Gegend starrte und die angehaltene Luft ausatmete.

>> WARUM SARAH?<< schrie er erneut, was mich wieder einmal zusammenzucken ließ. Andrej hatte in etwa die Statur von Ethan und war ziemlich schlecht auf mich zu sprechen, weswegen ich höllische Angst vor ihm hatte.

>> Weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte.<<

>> Wirklich?<< lachte er hämisch auf, fuhr sich mit den Händen durch die Haare, bevor er wieder ernster wurde und mich erneut anbrüllte.

>> Wie wäre es mit, mir geht’s gut, mach dir keine Sorgen, wie geht es dir, ich liebe dich, ich vermisse dich, ich kann es kaum erwarten, wenn wir uns endlich wiedersehen...<<

Resigniert setzte ich mich auf den staubigen Boden und schloss meine Arme um meine Beine.

>> Gib zu, dass es eine Trennung ist. Dann sag ihm das doch wenigstens klipp und klar ins Gesicht, damit er es verarbeiten kann.<<

>> Es ist aber keine Trennung.<<

>> Was ist es dann? Willst du ihn dir noch warmhalten?<<

>> Ich weiß nicht, ob wir uns trennen, deswegen bin ich doch noch hier.<< verteidigte ich mich, wobei ich langsam ruhiger wurde.

>> Dann solltest du dir schnell darüber klar werden, denn lange hält er das nicht mehr durch und ich sehe mir das nicht mehr länger mit an. Er ist ein Wrack Sarah!<<

Ich ließ mir seine Worte immer wieder durch den Kopf gehen, als er sich plötzlich neben mich setzte und tief durchatmete.

>> Tut mir Leid wegen eben. Ich wollte dir nicht wehtun, aber ich bin so verdammt wütend auf dich.<<

>> Das habe ich wohl verdient.<<

>> Um ehrlich zu sein, ja.<<

>> Erzähl mir von ihm.<< bat ich ihn und sah ihn mit einigen Tränen in den Augen an. Ich wollte einfach nicht der Grund dafür sein, dass Ethan litt, doch das war nun anscheinend zu spät.

>> Er treibt viel Sport zur Zeit, versucht seine überflüssige Energie und Wut dadurch abzubauen.<<

>> Das hat er schon immer.<< wiegelte ich es ab und zuckte mit den Schultern.

Auf einmal stand Andrej auf, zog sich sein Shirt aus und zeigte mir seinen nackten Oberkörper, der übersäht war mit blauen Hämatomen.

>> War er das?<< fragte ich schockiert und sah ihn mir genauer an, wobei mir vor Schock der Mund offenstand.

>> Sein Trainer trainiert nicht mehr mit ihm, weil Ethan zu brutal geworden ist. Also bin ich gestern mit ihm in den Ring gestiegen. Normalerweise sind wir beide auf Augenhöhe, aber gestern...<<

>> Das tut mir Leid Andrej.<<

Er nickte nur und zog sich sein Shirt wieder an, bevor er sich wieder gegenüber von mir hinsetzte.

>> Er ist ein Tier geworden, was das angeht. Das hat dann auch der Reporter erfahren müssen.<<

>> Ist er schwer verletzt?<<

>> Ziemlich. Er musste operiert werden.<<

>> Scheisse.<<

>> Mhm, aber das kriegen seine Anwälte schon hin. Er wird ihm wahrscheinlich eine Menge Schmerzensgeld zahlen und das war’s.<<

Ich nickte nur und betrachtete wieder den Zeitungsartikel. Er hatte einen Reporter zusammengeschlagen, was ich mir nur zu gut vorstellen konnte. Auch er hasste es, wenn sie ihn nicht in Ruhe ließen und nun fragten sie ihn über mich aus, wo er selbst so unsicher war, ob ich noch seine Ehefrau war.

>> Das schlimmste ist jedoch, dass er nicht mehr zu Dr. Anderson geht.<< sagte Andrej und blickte mich dabei scharf an.

>> Was? Wieso nicht?<<

>> Weil er währenddessen lieber auf Sandsäcke einschlägt und in Selbstmitleid badet.<<

>> Aber er muss dahin gehen.<<

>> Das brauchst du mir nicht zu sagen, Sarah. Das weiß ich selber.<<

Ich nickte und überlegte, was das bei Ethan auslösen könnte, wenn er nicht mehr zu ihm ginge.

>> Was sagt Dr. Anderson dazu?<<

>> Das Ethan einen riesigen Fehler macht. Immerhin gibt er sich die Schuld für eure Trennung.<<

>> Aber ich habe mich nicht von ihm getrennt.<<

>> Das sieht er anders. Er denkt, dass das die Rache für Anna ist und er es nicht anders verdient hätte.<<

>> Das ist doch Quatsch.<< stempelte ich es ab und schüttelte resigniert mit dem Kopf. Wie konnte er immer noch an eine Bestrafung denken? Ich dachte, er hätte endlich verstanden, dass es nichts zu bestrafen gäbe, aber das war wohl ein Trugschluss gewesen. Er würde sich sicherlich ein Leben lang dafür bestrafen wollen, was mich traurig stimmte. Würde er jemals über Annas Tod hinwegkommen?

>> Ich weiß das und jeder andere auch, aber für ihn ist das kein Quatsch Sarah. Du hast bei ihm etwas ausgelöst, dass so gewaltig ist, dass...<<

Wieder atmete er tief durch, als er mich schließlich direkt ansah, wobei ich die Verachtung deutlich spürte.

>> Ich habe dir damals schon gesagt, dass er wieder in ein riesiges Loch fallen würde, wenn du dich von ihm abwenden würdest und das ist nun passiert. Er geht nicht mehr zu seinem Therapeuten, treibt etwa acht Stunden am Tag Sport, schläft viel zu wenig und arbeitet viel zu viel, wobei sich das auch bald ändern wird.<<

>> Inwiefern?<<

>> Er verkauft grade sämtliche Firmen.<<

>> Was? Wieso?<<

>> Weil er alle Zelte hinter sich abreißen möchte. Er will weg aus Brisbane, weil ihn hier zu viel an dich erinnert. Er möchte die Stadt frei für dich machen und nach Chile gehen, sich dort zur Ruhe setzen, als Grießgram enden und in Selbstmitleid baden.<<

>> Warum hast du ihn nicht aufgehalten?<<

>> Denkst du, dass hätte ich nicht versucht? Denkst du, ich gebe meinen besten Freund einfach so auf?<< fragte er sichtlich gekränkt, weswegen ich schnell einlenkte.

>> Sorry.<<

Andrej nickte nur, woraufhin wir beide einige Sekunden ein Auto beobachteten, das an uns vorbeifuhr und uns mit lauter Musik ablenkte.

>> Ich komme einfach nicht mehr an ihn heran. Niemand schafft das, außer du vielleicht.<<

>> Meinst du, dass ich wirklich noch an ihn herankomme? Ich meine, er denkt, dass ich mich von ihm getrennt habe. Er hat mir sogar seinen Ehering wiedergegeben.<<

>> Ich weiß. Ehrlich gesagt... Schwer zu sagen. Ich habe keine Ahnung, ob er auf dich hört, aber du bist die letzte, die es versuchen kann. Es ist wirklich erschreckend ihn so zu sehen.<<

>> Aber so war er doch auch nach Anna und da hast du ihn auch wieder aufgebaut.<<

>> Nein, nicht so schlimm. Er war niedergeschlagen und hat sich gehasst, aber dieses Mal gibt er sich die Schuld für jemanden, den er geliebt hat. Das ist wesentlich schlimmer.<<

>> Und was ist, wenn es letztlich doch auf eine Trennung hinausläuft? Ich meine, ich bin mir noch nicht sicher.<<

>> Sarah...<< seufzte Andrej und schüttelte den Kopf, wobei ich sehen konnte, wie er seine Hände zu Fäusten ballte und sich sein Kiefer verspannte. Er schloss für einen kurzen Moment seine Augen, atmete mehrere Male tief durch, bevor er sich so weit im Griff hatte, dass er mir ruhig antworten konnte.

>> Liebst du ihn?<< fragte er sichtlich mitgenommen. Anscheinend waren die letzten Wochen wirklich hart für ihn gewesen. Ich wollte nicht wissen, wie es war Ethans bester Freund zu sein, wenn er wirklich so schwer zu ertragen war wie jetzt.

>> Natürlich.<<

>> Gut. Bist du glücklich mit ihm?<<

>> Das weißt du. Es geht nicht um unsere Beziehung an sich, sondern um das drum herum.<<

>> Die Paparazzi?<<

>> Zum Beispiel.<<

>> Das sind einfach nur lästige Anhängsel, die du einfach ignorieren solltest.<<

>> Das geht aber nicht so einfach.<<

>> Denkst du wirklich, dass das Leben so leicht ist? Das du deinen Märchenprinzen findest, er dich mit seinem Pferd abholt, ihr zu seinem Schloss reitet und alles perfekt läuft? So läuft das Leben nicht Prinzessin. Entschuldige, wenn ich deinen Traum zerplatze, aber so läuft das wirklich nicht.<<

>> Das weiß ich.<< antwortete ich gereizt, da ich mich nicht für dumm verkaufen wollte.

>> Dann solltest du damit auch kein Problem haben. Was ist schon dabei? Sie fragen dich hin und wieder ein paar Sachen, begleiten euch manchmal, aber dann rede halt nicht mit ihnen, dann werdet ihr langweilig und sie lassen euch weitestgehend in Ruhe.<<

>> Aber nicht nur ich leide darunter. Meine Kinder mussten in den letzten Wochen durch die Presse viel zu viel durchmachen...<<

>> Es war aber auch eine besonders außergewöhnliche Situation, aber das ist doch nicht Alltag. Ansonsten sind sie harmlos und lassen deine Kinder weitestgehend in Ruhe.<<

>> Wer garantiert mir, dass so eine Situation nicht wieder passiert?<<

>> Das kann keiner.<<

>> Eben.<<

>> Aber deine Kinder...<< wollte Andrej grade einwenden, als ich ihm dazwischenfuhr.

>> Beantworte mir eine Frage!<<

>>Welche?<<

>> Würdest du es tolerieren, wenn dein Sohn in der Schule von der Presse belagert wird? Wenn sie ihn bedrängen und mit Fragen bombardieren? Wenn er von seinen Mitschülern aufgezogen und ignoriert wird? Wenn keiner mehr mit ihm zusammen arbeiten, oder spielen möchte? Wenn er zum Außenseiter wird deswegen? Wenn er sich zurückzieht und nicht mehr zur Schule gehen möchte?<<

>> Sarah...<<

>> Nein, sag’s mir. Würdest du darüber hinwegsehen und sagen, damit muss er halt klar kommen, oder würdest du dir ihm zuliebe überlegen, die Last auf dich zu nehmen und dich von deiner Partnerin trennen? Auch wenn es dir schwer fallen würde, keine Frage.<<

>> Wenn es so schlimm wäre und dieser Zustand wirklich dauerhaft wäre, was er bei euch aber nicht ist, dann ja. Aber wie gesagt, das ist nur etwas temporäres bei euch. In zwei Wochen seid ihr schon wieder unwichtig und niemand interessiert sich mehr für euch.<<

>> Dein Wort in Gottes Ohren.<<

Andrej seufzte, da er wusste, dass ich Recht hatte und er mich durch seinen eigenen Sohn gut verstehen konnte.

>> Wenn es wirklich nur die Presse ist, die dich von Ethan fernhält...<<

>> Ach Quatsch, das wäre schön, wenn die unser einziges Problem wären.<<

>> Hab ich mir schon gedacht. Lass mich raten. Jody?<<

>> 100 Punkte.<<

>> Die wird euch keine Probleme mehr machen und wenn doch, wendest du dich an mich, verstanden?<<

>> Wieso?<<

>> Vertrau mir und glaube mir, dass sie dich in Ruhe lassen wird. Ich habe das unter Kontrolle und sollte sie nur auch nur einmal eine winzige Kleinigkeit sagen, dann ruf mich an.<<

>> Hat sie ihre Gefühle für Ethan plötzlich abgestellt?<< fragte ich überrascht und sah ihn interessiert an.

>> Ich weiß nicht, ob sie jemals richtige Gefühle für ihn hatte. Ich denke es war eher eine Art Abhängigkeit. Eine Art Wunsch nach Geborgenheit und Zugehörigkeit.<<

Ich sah ihn skeptisch an, doch mehr sagte er zu diesem Thema nicht. Waren sie etwa wieder ein Paar? Oder hatte er etwas gegen sie in der Hand?

>> Was beschäftigt dich noch?<< hakte er nach und sah mich erwartungsvoll an.

>> Eigentlich sind die Paparazzi und Jody die größten Probleme. Seine Familie wäre noch so ein Thema, aber das ist eher nachrangig.<<

>> Mit wem führst du eine Beziehung Sarah?<<

>> Mit Ethan.<< antwortete ich etwas verwirrt, da ich nicht wusste, worauf er hinauswollte.

>> Richtig, dann mach dir doch nicht so viele Gedanken um seine Eltern.<<

>> Ich muss jede Woche mit ihnen essen, da sollte man sich schon so gut es geht verstehen.<<

>> Also gut. Sein Vater ist vollkommen in Ordnung, da brauchst du dir keine Sorgen machen. Er mag dich.<<

>> Woher willst du das wissen?<<

>> Weil ich Ethan ab und an zum Essen bei ihnen begleite, vor allem, wenn seine Frau nicht auffindbar ist.<< sagte er ein wenig bissig, wobei er grinste, weswegen ich mich entspannte.

>> Und da habt ihr über mich geredet?<<

>> Sein Vater wollte etwas Geschäftliches mit mir besprechen, weswegen ich mit ihm in seinem Arbeitszimmer war und anschließend fragte er nach dir, weil auch ihm aufgefallen war, wie Ethan sich verändert hat und das zum Negativen. Er meinte, dass du seinem Sohn gut tun würdest, er viel lockerer und entspannter, sogar glücklicher gewirkt hätte, als eure Beziehung noch in Ordnung war. Dass er großen Respekt vor dir und deiner Arbeit hätte und er es dir hoch anrechnen würde, dass du dich bei Ethans Mutter sehr zurückhalten würdest, wenn sie eine Hexe zu dir ist.<<

>> Hexe hat er wohl kaum gesagt.<< stellte ich klar, wobei dieses Wort sehr treffend war.

>> Stimmt, aber das ist sie. Das weißt du, das weiß ich, das weiß jeder. Also achte nicht auf sie, denn du bist Ethan wichtiger, als seine Mutter und das hat er dir immer wieder gesagt. Er würde den Kontakt zu ihr für dich abbrechen.<<

>> Aber das ist auch keine Lösung.<<

>> Stimmt, aber er würde es tun, wenn er dich dadurch glücklich machen und dich bei sich behalten könnte.<<

Ich seufzte und rieb mir mein Gesicht, da die Sonne unerbittlich auf mich schien und mir den Schweiß auf die Stirn trieb.

>> Bitte denk noch mal über alles nach Sarah. Ich sehe doch wie unglücklich du bist, weil er nicht bei dir ist und ihm geht es genauso. Ich sehe wirklich zwei sture Dummköpfe, die die Wahrheit nicht sehen wollen. Gib dir einen Ruck und rede mit ihm. Gesteh dir endlich deine Liebe zu ihm ein und akzeptiere sie. Das ist doch das wichtigste und der Rest... Mein Gott, den schafft ihr schon, wenn ihr zusammen haltet und deine Kinder sind stärker, als du denkst. Hast du sie mal gefragt, was ihnen lieber ist?<<

>> Inwiefern?<<

>> Ob sie lieber eine traurige und unglückliche Mutter hätten, die ihre Liebe für das Wohlergehen von ihnen opfert, oder eine glückliche Mutter, die das Leben genießt und ihre Kinder so gut es geht vor der Presse beschützt?<<

>> Dafür sind sie noch zu jung, um das zu entscheiden.<<

>> Ich habe nicht gesagt, dass sie das entscheiden müssen, nur das du sie mal fragen solltest. Sie sind keine Kleinkinder mehr, höre ihnen zu und entscheide dann selbst.<<

Bevor ich überhaupt etwas sagen konnte, stand Andrej auf, drückte kurz meine Schulter und ging zu seinem Wagen.

>> Wie hast du mich überhaupt gefunden?<< fragte ich noch schnell, da mich das plötzlich ein wenig stutzig machte.

>> Ich war bei Ethan, der jeden Schritt von dir mit Adleraugen überwacht, aber nichts unternimmt, weil er selbst so stur ist wie du. Also habe ich die Zügel in die Hand genommen und bin hergekommen.<<

>> Aber woher wusste Ethan, wo ich bin?<<

>> Er weiß die ganze Zeit über, wo du bist. Der SUV hat einen Sender.<< antwortete er und deutete auf meinen Wagen.

>> Und warum kommt er dann nicht zu mir?<<

>> Zu stur Süße, viel zu stur. Und wie gesagt, er denkt, dass es die Rache für Anna wäre. Er hat auf dich gewartet, Tage, Wochen, aber da kam nichts, während du lieber deinen Ex angerufen hast. Er akzeptiert seine Bestrafung.<<

Ich schüttelte ungläubig den Kopf, während Andrej einstieg und wieder wegfuhr. Ich sah ihm nach und beobachtete, wie sein Auto immer kleiner wurde, bis es schließlich verschwunden war.

Es stimmte mich so traurig und gleichzeitig so wütend, wie Ethan über uns dachte, doch verübeln konnte ich es ihm nicht. Ich hatte mich seit drei Wochen nicht mehr gemeldet und davor auch nur zwei kleine, mickrige Nachrichten geschickt. Kein Wunder, dass er vom Schlimmsten ausging, wobei dies ja eventuell auch stimmte.

Frustriert stieg ich in den SUV und fuhr endlich zum Boonoo boonoo Nationalpark weiter, wo ich mir schnell meine Sachen zum Joggen anzog und losrannte.

Ich rannte ein wenig schneller und länger, da mich so viel beschäftigte und ich all dies verarbeiten musste. Ich dachte immer wieder an den letzten Satz von Andrej, weswegen ich schnell noch an dem Münztelefon hielt und Julians Nummer wählte.

>> Ja?<<

>> Hi Julian, hier ist Sarah. Sag mal könnte ich noch mal schnell mit Emma und Ben sprechen?<<

>> Natürlich. Warte kurz.<<

Ich hörte, wie es im Hintergrund raschelte, da er wahrscheinlich grade auf die Suche nach den beiden ging. Es dauerte eine Ewigkeit, bis ich sie endlich am Telefon hatte, weswegen ich schon Angst bekam, dass mein Geld nicht reichen würde.

>> Hi Mum.<< begrüßten mich Emma und Ben, als sie endlich das Telefon bekommen hatten und es anscheinend auf laut gestellt hatten.

>> Hi ihr beiden. Sorry, dass ich noch mal störe, aber ich hätte noch eine Frage an euch.<<

>> Welche denn?<<

>> Ich habe heute gesehen, dass euch die letzten Wochen ziemlich mitgenommen und beschäftigt haben, dass es nicht besonders leicht für euch war, deswegen frage ich mich grade, ob es für euch nicht einfacher wäre, wenn ich mich von Ethan trennen würde. Dann würde uns die Presse endlich wieder in Ruhe lassen und ihr könntet wieder so wie vorher leben. In Ruhe zur Schule gehen, euch mit Freunden treffen und raus gehen und...<<

>> Und was machst du dann?<< unterbrach mich Emma, was mich kurz stutzig machte.

>> Wie meinst du das, was mache ich dann?<<

>> Naja, wenn du dich von Ethan trennst, was machst du dann? Du liebst ihn doch.<<

>> Stimmt, aber ihr seid mir wichtiger und wenn ich euch beschützen kann, wenn es euch besser gehen würde, dann...<<

>> dann würde es dir scheiße gehen.<< beendete Emma meinen Satz, was mich langsam zur Weißglut brachte.

>> Emma, bitte. Es geht jetzt nicht um mich, sondern um euch. Wäre es für euch einfacher, wenn die Presse euch in Ruhe lassen würde?<<

>> Ich fand die letzten Wochen nicht besonders schlimm. Ich hatte ja meine Aufpasser und ich möchte, dass du glücklich bist Mum.<<

>> Und was ist mit dir Ben?<< fragte ich nach, da er sich noch überhaupt nicht geäußert hatte.

>> Ich...<< begann er den Satz, brach dann jedoch ab, weswegen ich mich fragte, ob Emma ihn grade beeinflusste.

>> Emma, lass ihn reden.<<

>> Mache ich doch.<<

>> Gut, also, was ist Ben?<<

>> Ich fände es gut, wenn die Presse uns in Ruhe lassen würde und wir denen egal wären, aber du sollst dich nicht von Ethan trennen. Ich mag ihn.<< sagte er kleinlaut, was meine Entscheidung nicht wirklich einfacher machte.

>> Beides geht leider nicht.<<

>> Dann halte ich das aus. Seitdem Dad hier war, ist es ja auch alles wieder ok.<<

>> Bist du dir da sicher?<< hakte ich noch einmal nach und hörte schon das Signal des Telefons im Hintergrund, was bedeutete, dass gleich das Geld alle wäre.

>> Ja.<<

>> Gut. Dann wünsche ich euch jetzt noch mal einen schönen Urlaub und wir sehen uns im neuen Jahr. Ich habe euch lieb.<<

>> Wir dich auch.<< sagten beide noch einmal, als die Verbindung auch schon getrennt wurde und ich den Hörer wieder in die Gabel hing.

Ich seufzte noch mal kurz, bevor ich tief durchatmete und schließlich loslief, um endlich einen freien Kopf zu bekommen. Die ersten Meter dachte ich vor allem an das Telefongespräch von grade nach. Darüber, dass meine Kinder für Ethan plädiert hatten, wobei Ben zugegeben hatte, dass ihm die Entscheidung schwer fiel. Ich wusste, dass er Ethan mochte und deshalb hin und her gerissen war, so wie ich. Letztlich musste ich die Entscheidung treffen und das war, weiß Gott, keine einfache.

Ich rannte meine gewohnte Strecke, die ich in den letzten Wochen jeden Tag gerannt war, während ich über alle Probleme nachgedacht hatte, was ich auch jetzt wieder tat. Meine Gedanken waren immer noch bei Emma und Ben und beim Gespräch, das ich heute Nachmittag mit ihnen geführt hatte. Natürlich litten sie unter den vielen Berichten und dem Foto, da sie bisher nie erfahren hatten, was ich als Kind durchgemacht hatte. Ich würde mit meinen Brüdern noch ein ernstes Wort reden müssen, da sie mich nicht gefragt hatten, bevor sie es veröffentlicht hatten und ich es sicherlich nicht erlaubt hätte.

Ich wollte nicht, das alle mich so sahen. Sahen, wie ich früher misshandelt worden war, wie dreckig und ungepflegt ich gewesen war. Es war mir peinlich und viel zu intim, um es mit Millionen von Menschen zu teilen.

Ich dachte über noch so vieles nach, während ich über umgestürzte Baumstämme im unwegsamen Gelände sprang. Die letzten Tage hatte ich mir endlich mal die Zeit genommen über den Absturz, über Jody als Ethans Freundin, über Nick und auch über meine berufliche Situation nachzudenken und all das zu verarbeiten. Mir darüber Gedanken zu machen, wie ich mit all dem klar kommen könnte, was sehr lange gedauert hatte, da es so viele Baustellen waren.

Am schnellsten hatte ich das mit meinem Job abgehakt, da ich für das nächste Semester bereits wieder einen Vertrag unterschrieben hatte und es somit nur eine Frage der Zeit war, bis ich beruflich wieder Boden unter den Füßen hätte.

Anders sah es da schon beim Absturz aus. Immer wieder hatte ich darüber nachgedacht, warum gerade ich es noch aus dem Flugzeug geschafft hatte, während andere ertrunken waren. Warum ich? Warum nicht Heather? Und wieso hatte überhaupt unser Flugzeug abstürzen müssen? Nach etlichen Tagen mit sehr, sehr vielen Tränen, kam ich zu dem Schluss, dass ich noch eine Aufgabe hatte und deswegen nicht ertrunken wäre, da ich noch meine Kinder aufwachsen sehen müsse. Sie auf ihrem Weg unterstützen müsse, damit es ihnen nicht so erging wie mir. Kinder brauchten einfach beide Eltern. Das war auf jeden Fall ein Grund, den ich akzeptieren konnte.

Die Flugangst war jedoch etwas, dass ich mir auch mit allen rationalen Gründen, die es reichlich gab, nicht ausreden konnte, weswegen ich dieses Problem auf weitere Sitzungen mit Dr. Lloyd verlegte.

Ebenso war Jody ein Thema, dass ich nicht akzeptieren konnte. Immer wieder hatte ich überlegt, wie ich sie dulden und ertragen könnte, doch gerade nach den letzten Tagen und Wochen mit den ganzen Interviews, die sie gegeben hatte, machte sie es mir nicht wirklich leichter.

Doch Ethan hatte schon den Kontakt mit ihr abgebrochen, sodass dieses Thema hoffentlich auch abgehakt wäre. Ich hoffte nur, dass die Rechnung aufgehen würde und sie mich nun wirklich in Ruhe ließ. Wobei ich mich ja an Andrej wenden sollte, falls etwas mit ihr wäre. Hieß das, dass sie mich nun wirklich in Ruhe lassen würde? Ich nichts mehr bei ihr zu befürchten hatte? So zuversichtlich Andrej eben auch gewesen war, ich traute dem Ganzen noch nicht. Dafür war definitiv zu viel vorgefallen.

Das mit Nick war ebenfalls eine Sache, die ich schnell verarbeiten konnte, da ich nichts weiter mit ihm zu tun hatte und Ethan ihn wirklich ziemlich heftig zusammengeschlagen hatte, sodass er die Schmerzen noch lange spüren würde. Es würde zu einer Gerichtsverhandlung kommen, bei der ich ihn noch einmal wiedersehen müsste, aber damit hatte es sich dann auch. Er war nicht wie Jody ein Teil meines, oder Ethans Leben, sodass ich mich nicht mit ihm belasten musste. Außerdem hatte er es nicht geschafft mich zu vergewaltigen, sonst hätte die Situation vollkommen anders ausgesehen.

Ich seufzte und sprang grade über einige Felsen, als mich plötzlich ein Donnergräueln aus den Gedanken riss. Erst jetzt bemerkte ich, dass es schon vollkommen dunkel geworden war und ein Unwetter heraufzog. Blitze jagten über den Himmel, es regnete und Wind zog auf, der die Bäume in die Knie zwang.

Hastig lief ich weiter und sprang über den kleinen Bach. Es regnete immer heftiger, doch das merkte ich schon überhaupt nicht mehr, da ich eh bis auf die Knochen durchnässt war.

Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass es schon fast zehn Uhr abends war und ich somit drei Stunden hier draußen gewesen sein musste. Die Zeit verging hier einfach wesentlich schneller, vor allem wenn man über so vieles nachdachte, wie ich es tat.

Ich lief gerade aus dem Wald heraus zum Kiosk, da ich mir noch schnell eine Flasche Wasser kaufen wollte, als mich schon der Besitzer begrüßte. Peter war schon älter, an die 70 schätzte ich, aber überaus freundlich und hilfsbereit. Er hatte natürlich sofort gesehen, wer ich war, aber das war auch nicht weiter schwer gewesen, da ich auf sämtlichen Zeitschriften in seinem Kiosk abgebildet war.

>> Guten Abend.<< begrüßte ich ihn, als ich in den Kiosk trat und ihn anlächelte.

>> Ah, guten Abend!<<

Ich nickte und durchsuchte einige Tageszeitungen, bei denen ich nur noch auf den hinteren Seiten zu sehen war, während die Klatschblätter mich noch nach vorne packten.

>> Lassen die Sie immer noch nicht in Ruhe?<<

>> Wie es scheint nicht.<<

>> Sollte einer von diesen Aßgeiern hier auftauchen, werde ich ihn mit dieser hier verscheuchen.<<

Ich blickte zu ihm herüber und sah seine Schrotflinte, die er demonstrativ hochhielt.

>> Meinen Sie, die schrecken solche Leute ab?<<

>> Die werden schon merken, wie gut ich zielen kann.<<

Bei dieser Bemerkung musste ich schmunzeln, was in letzter Zeit nur selten der Fall gewesen war.

>> Haben Sie gedient?<< fragte ich ihn und ging weiter zu ihm, um mich besser mit ihm unterhalten zu können.

>> In der Australien Imperial Force.<< sagte er stolz und fing sofort an mir seine Geschichte zu erzählen. Ich fand es angenehm ihm zuzuhören, da es mich von dem Chaos in meinem Kopf ablenkte und er gut erzählen konnte. Außerdem hätte ich es unhöflich gefunden, ihn abzuweisen, da er schon älter war und sicher gerne von alten Zeiten berichtete.

Wir tranken einen Kaffee zusammen, während er mir von seiner Zeit bei der Armee berichtete, was wirklich interessant war.

>>... aber dann habe ich 1980 diesen Kiosk übernommen und seitdem bin ich hier.<<

>> Und auch das machen Sie mit voller Überzeugung und mit viel Talent.<<

>> Danke. Trotzdem habe ich nicht verlernt zu schießen und zu treffen. Ich bin jede Woche auf dem Schießstand.<<

>> Ich werde es mir merken.<<

Ich stand vom Stuhl auf, den er mir zwischendurch hingeschoben hatte und ging zu einer Zeitschrift, die mein Interesse geweckt hatte.

>> Wie gesagt, machen Sie sich keine Sorgen.<<

Ich nickte und lächelte matt, das mir sofort erstarb, als ich auf einem der Klatschblätter Ethan sah, der seine Faust in das Gesicht eines Reporters rammte. Wieder dachte ich an die Unterhaltung mit Andrej und verspürte sofort den Drang Ethan anzurufen, um das zwischen uns zu klären und um ihn verständlich zu machen, weshalb ich noch Zeit brauchte.

>> Ich nehme heute nur eine Flasche Wasser.<<

>> Das ist alles?<<

>> Ja, von den Zeitschriften habe ich so langsam genug.<<

>> Kann ich verstehen.<<

Ich lächelte ihn müde an, bezahlte das Wasser und verabschiedete mich noch von ihm. Traurig und niedergeschlagen schlug ich den Rückweg ein. Das Wetter passte gerade perfekt zu meiner Verfassung, weswegen ich kurz stehenblieb und das kühle Nass genoss.

Es war mir egal, dass ich vollkommen nass wurde, mir war so langsam einfach alles egal. Die Presse und Menschen wie Mike, Nick und Jody waren der Grund dafür, dass ich nicht mit meinem Ehemann zusammen sein konnte, weil sie uns nicht in Ruhe lassen konnten und wollten. Der einzige Mensch neben meinen Kindern, der mich glücklich machen konnte, wurde mir weggerissen. Sollte ich mir das gefallen lassen, oder sie wirklich ignorieren, so wie Andrej es mir geraten hatte? Ging es wirklich so einfach?

Nach einem kleinen Sprint erreichte ich schließlich meine kleine Hütte, doch dann blieb ich abrupt stehen. Erneut vergewisserte ich mich, dass es wirklich meine Hütte war und nicht die eines anderen, aber so viel ich auch nachdachte und kontrollierte. Es war meine Hütte.

Im Inneren brannte Licht und ich wusste, dass ich das nicht angemacht hatte. Mein Herz schlug wie wild, als ob es mir aus der Brust hüpfen wollte. Wer war in meinem Haus? Hatten Menschen Schutz vor dem Unwetter gesucht? Oder hatten die Paparazzi mich gefunden? War es vielleicht Nick?

Als ich gerade in den Wald zurückrennen wollte, um Peter und seine Schrotflinte zu holen, öffnete sich die Tür, in deren Rahmen ein bulliger, großer Mann zu erkennen war. Er blickte sich draußen um, als suche er etwas, oder besser gesagt jemanden, aber wen? Durch das Licht im Raum, konnte ich schließlich sein Gesicht erkennen, woraufhin mein Herzklopfen auf einmal noch heftiger wurde und ich eine Angst verspürte, die ich bis dahin noch nicht gekannt hatte.

Kapitel III

Am liebsten wollte ich zu Ethan rennen und in seine Arme springen, doch eine innere Stimme hielt mich davon ab. Langsam ging ich ein wenig weiter zum Haus, blieb jedoch mit genügend Abstand vor ihm stehen und sah ihn einfach nur an, da er sich bisher nicht gerührt hatte.

>> Hi.<< sagte ich zaghaft, um irgendwie die Stille zwischen uns zu brechen, wobei ich seine Laune nicht einschätzen konnte.

>> Hi.<< antwortete er kühl und verschränkte die Arme vor der Brust. Da war sie, die Kampfansage, die Distanziertheit, auf die ich mich gefasst machen musste.

>> Was machst du hier?<< sprudelte es aus mir heraus, weswegen ich mir auf die Lippe biss und mich selbst für diese Frage ohrfeigte. Hätte ich ihn nicht etwas anderes, etwas liebevolleres fragen können, anstatt einer so abwehrenden Frage?

>> Wie ich hörte, hast du Andrej heute getroffen?<<

>> Richtig. Er hat mir den Weg mit dem Auto abgeschnitten und mich zum Bremsen gezwungen.<<

>> Es tut mir Leid, dass er dich belästigt hat, das wird nicht wieder vorkommen.<<

Entgeistert starrte ich ihn an, weil das einfach nicht der Mann war, den ich so abgöttisch liebte. Er war vollkommen kalt und distanziert und zeigte keinerlei Gefühle. Wo war er hin? Was hatte ich getan? Und wie konnte ich das rückgängig machen?

>> Das war schon in Ordnung.<<

Wieder sah er mich einfach nur an, während ich immer nasser wurde, da ich im Gegensatz zu ihm im strömenden Regen stand. So langsam bezweifelte ich immer mehr, dass ich irgendwie zu ihm durchdringen könnte, die letzte Hoffnung wäre, wie Andrej es formuliert hatte. Ich bezweifelte, dass überhaupt irgendjemand auch nur ansatzweise zu ihm durchdringen könnte.

>> Ich habe dir drinnen ein paar Papiere auf den Tisch gelegt, die du dir mal in Ruhe ansehen solltest.<<

>> Du machst mir Angst Ethan.<<

Skeptisch hob er eine Augenbraue, lehnte sich gegen eine Holzsäule und sah mich fragend an.

>> Was sind das für Papiere?<<

>> Welche, die all deine Wünsche erfüllen.<< umschrieb er es, wobei ich wusste, dass es Scheidungspapiere sein mussten.

>> Die kannst du direkt wieder mitnehmen!<<

>> Warum? Weil du altmodisch bist? Dich niemals scheiden lassen würdest, wenn es keinen triftigen Grund gäbe?<< spuckte er mir förmlich entgegen, weswegen ich kurz zusammenzuckte. Ich erinnerte mich an die Unterhaltung am Anfang unserer Beziehung, wo noch alles so einfach zwischen uns gewesen war.

>> Hör auf damit.<<

>> Wenn du unbedingt einen Grund brauchst, damit du frei sein kannst, dann werde ich dir auch den geben. Jody wäre sicher sofort dabei.<<