Seewölfe - Piraten der Weltmeere 166 - John Curtis - E-Book

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 166 E-Book

John Curtis

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Beschreibung

Schon die erste Breitseite der "Isabella" lag voll im Ziel. Der Großmast der "Tobago" wurde über Bord gefegt, ein Teil des Vorderkastells zersplitterte unter den Einschlägen der Kugeln, die Blinde knickte ab. Dann halste die "Isabella", schwang herum und war bereits in Schußposition, bevor der Gegner seine erste Salve abgefeuert hatte. Edwin Carberry, der eiserne Profos, brach in ein höhnisches Gelächter aus. Das wollten Piraten sein - die Kerle auf der "Tobago"! Und schon feuerte die "Isabella" ihre zweite Breitseite auf den Gegner...

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Impressum

© 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,

Pabel ebook, Rastatt.

ISBN: 978-3-95439-503-3

Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

1.

In der „Schildkröte“ auf Tortuga ging es an diesem Spätnachmittag hoch her. Es war wie in den alten Zeiten, als noch Caligu, der gefürchtete Herrscher der Karibik, seine Gelage abgehalten hatte. Caligu lebte nicht mehr, in der Windwardpassage hatte er im Kampf gegen den Seewolf und seine Männer das Leben verloren, und auch Maria-Juanita, seine einstige Geliebte, war ihm längst ins Reich der Toten gefolgt.

Aber Tortuga, die Schildkröteninsel, hatte sich nach einer Weile der Ruhe wieder zu dem gemausert, was sie immer gewesen war: zur Pirateninsel. Ihr neuer Herrscher war Pongo. Schwärzer noch, als es Caligu einst gewesen war und vielleicht sogar noch stärker, noch größer und bestimmt ebenso verschlagen und gerissen wie der einstige Herrscher Tortugas. Man sagte ihm nach, daß er Eisenketten mit der bloßen Kraft seiner Muskeln zu sprengen vermochte und Eisenstangen mit bloßen Händen zur Acht zusammenbog.

Pongo hatte das oft bewiesen, aber immer wieder geschah es, daß seine Fähigkeiten von Neuankömmlingen bezweifelt wurden – ein Leichtsinn, den nur selten einer der Zweifler überlebte.

So auch an diesem späten Nachmittag. Dichter Rauch erfüllte die Schildkröte, jenes in die Felsen der Insel gehauene Gewölbe, daß zugleich Pongos Hauptquartier und Kneipe darstellte, in dem er seine wüsten Gelage abhielt. So wie Caligu und Maria-Juanita und andere lange vor ihm.

Pongo hatte den roh gezimmerten Stuhl, der schon fast einem Thronsessel ähnlich war, zurückgeschoben und starrte den Fremden an. Unter seiner ebenholzschwarzen Haut spielten die Muskeln, seine mächtigen Kiefer mahlten.

„Du nimmst das Maul verdammt voll, Fremdling“, sagte Pongo. Dabei dröhnte seine Stimme durch das Gewölbe, so laut, daß die Stimmen der Männer und das Gekreische oder Gelächter der Piratenbräute schlagartig verstummte. Alle Blicke wandten sich Pongo und dem Fremden zu. Sogar der fette Wirt, ein wahres Gebirge aus Fleisch, Fett und Muskeln, der sich sonst um die Streitereien der Piraten nur kümmerte, wenn sie begannen, ihm seine Kneipe in alle Einzelteile zu zerlegen, beugte sich interessiert vor. Da stand wieder etwas bevor, das spürte der fette Diego sofort.

Der Fremde schwieg. Er stand hochaufgerichtet vor Pongo und starrte ihn aus seinen schwarzen Augen nur an. Schwarzes Haar floß über seine Schultern, sein athletischer brauner Oberkörper war nackt. Seine Hüfte umschlang ein breiter, schwerer Gürtel aus Leder, in dem ein breites Messer steckte. Der Gürtel hielt einen ledernen Lendenschurz. Auf Brust und Armen trug er Tätowierungen, die Schlangen und fremde Schriftzeichen zeigten.

Pongo spürte die Gefahr, die von diesem Fremden ausging. Das war kein gewöhnlicher Gegner, mit dem man im Handumdrehen fertig werden konnte. Pongo ließ seine Blicke über den Fremden wandern. Der Mann war nicht ganz so groß wie er, auch nicht so schwer. Aber sein Körper bestand aus Muskeln und Sehnen, kein Gramm Fett zuviel war da zu sehen. Seine Haltung war locker und irgendwie sprungbereit wie bei einer Raubkatze.

Der Herrscher über Tortuga verspürte Unwillen. Er warf der hübschen Kreolin an seiner Seite einen raschen Blick zu, auch ihre Augen signalisierten Pongo Gefahr.

Der Herrscher Tortugas griff nach seinem schweren Krug und nahm einen gewaltigen Schluck. Dann setzte er den Humpen ruckartig und so hart ab, daß die schwere Bohle, die die Tischplatte darstellte, erdröhnte. Anschließend wandte er sich dem Fremden wieder zu.

„Also – wer bist du, was willst du von mir?“ Unüberhörbares Grollen kündete denen, die den hünenhaften Schwarzen kannten, den bevorstehenden Wutausbruch an. Aber der Fremde blieb auch weiterhin gelassen. Nur die Muskelstränge unter seiner Haut bewegten sich ein paarmal.

„Ich habe gehört, daß du der Beherrscher von Tortuga und stets bereit seist, mit jedem um die Herrschaft über diese Insel zu kämpfen, der mit dir um sie kämpfen will. Ist das so?“

Pongos Augen wurden schmal. Das also war es. Dieser Kerl wollte ihm die Herrschaft über Tortuga streitig machen!

Pongo griff abermals nach seinem Humpen, leerte ihn auf einen Zug und stellte ihn wiederum hart auf die Tischplatte. Dann lehnte er sich noch weiter zurück. Dabei fixierte er seinen Gegner noch schärfer, noch genauer.

„Ja, das stimmt, Fremder. Aber wenn du mit mir um Tortuga kämpfen willst, dann ist das ein Kampf auf Leben und Tod. Wer verliert, stirbt, Gnade wird nicht gegeben. Also, willst du immer noch um Tortuga kämpfen?“

Der Fremde starrte Pongo an.

„Nicht nur um Tortuga, Pongo. Um alles. Um sie“, er deutete auf die bildhübsche Kreolin, „um dein Schiff, um deine Besatzung, um die Schätze, die du angesammelt hast, um deine ganze Flotte, die sich zur Zeit auf See befindet, um das Geleit der Spanier abzufangen, das Silber, Gold und Frauen in die alte Welt bringen soll.“

Wieder warf Pongo der Kreolin einen raschen Blick zu. Er sah, wie sie erbleichte und ihre Hand sich um seinen Unterarm krallte.

Fast böse schüttelte Pongo ihre Hand wieder ab.

„Wer bist du, Fremder, woher kommst du? Wie gelangtest du auf diese Insel, es hat seit Tagen kein Schiff meinen Hafen angelaufen!“

Der Fremde wurde Pongo immer unheimlicher. Er spürte plötzlich, daß dies der schwerste Kampf seines Lebens werden würde. Er würde auch nicht so ablaufen wie sonst und nicht durch Sprengen von Ketten oder Verbiegen von Eisenstangen entschieden werden, nein, dieser Kerl wollte einen richtigen Kampf, einen, bei dem die Waffen entscheiden würden.

Ein spöttisches Lächeln zog sich um die Mundwinkel des Fremden.

„Nicht deinen Hafen, Pongo, wohl aber deine Insel. Wenn du Wachen aufstellst, dann sollten sie ihre Augen offenhalten und nicht betrunken in den Felsen Tortugas liegen, auf der anderen Seite der Insel. Man nennt mich auf Grand Caicos El Diablo, auf der Insel geschieht nichts, was ich nicht will.“

Pongo hatte den Fremden angestarrt, dann war er aufgesprungen. So heftig, daß sein schwerer Stuhl polternd umstürzte.

„El Diablo?“ fragte er. „Das lügst du. Du kannst nicht so heißen. Es gab einmal einen Mann in der Karibik, der sich so nannte. Er lebte auf Little Kaiman und segelte ein pechschwarzes Schiff.“

Die Hand des Fremden war unwillkürlich zum Messer gezuckt, als Pongo aufgesprungen war. Jetzt nahm er sie langsam wieder fort und starrte seinerseits den hünenhaften schwarzen Herrscher Tortugas an. In der Felsenkneipe herrschte atemlose Stille, keiner der Männer und keine der Frauen wagten auch nur, sich zu rühren.

„Du kennst El Diablo?“ fragte der Fremde. „Und du kennst jenes schwarze Schiff, von dem man noch heute in allen Gewässern der Karibik spricht? Ich bin El Diablo, aber nicht jener Mann, der dieses schwarze Schiff gesegelt hat, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach einer seiner Söhne. So jedenfalls berichtete es die Frau, die mich geboren hat, und ich habe keinen Grund, an der Wahrheit ihrer Worte zu zweifeln!“

Pongo starrte den Fremden an. Der Schwarze war nicht mehr der jüngste, aber seinem riesigen Körper schienen die Jahre nichts ausgemacht zu haben. Die Haut war straff, sein krauses Haar noch dunkel, die Augen noch scharf.

Er trat noch dichter an den Fremden heran. Lange musterte er ihn. Dann wandte er sich zu seinen Männern um, suchend glitten seine Blikke durch das Gewölbe.

„Tonga – her mit dir!“ forderte er einen Kreolen auf, der fast so groß und so stark war wie er selber. „Du hast Caligu gekannt. Du bist mit Caligu gesegelt. Ich weiß, daß Caligu jenen El Diablo gekannt hat. Hast du jenen El Diablo und sein schwarzes Schiff nicht auch gesehen?“

Tonga erhob sich. Langsam ging er zu Pongo und dem Fremden hinüber. Dann starrte auch er den Fremden an.

„Ja, ich habe El Diablo noch gekannt, Pongo, auch sein Schiff, von dem behauptet wird, jener Nordmann, den sie hier den Wikinger nennen und der bei der Schlacht in der Windward Passage ums Leben gekommen sein soll, habe es mit Hilfe des Teufels aus der Todesbucht von Little Kaiman geholt und sei mit ihm in ein fernes Land gesegelt. Zusammen mit diesem dreimal verfluchten Seewolf. Laß sehen, Fremder, ob du mit El Diablo Ähnlichkeit hast.“

Er trat auf dem Fremden zu, der immer noch hochaufgerichtet vor Pongo stand. Eine ganze Weile starrte er den Fremden an. Dann nickte er.

„Ja, es könnte stimmen, Pongo. Er gleicht El Diablo sehr. Ich weiß, daß El Diablo viele Frauen hatte.“ Ein Grinsen huschte über sein verwüstetes Gesicht. „Und bestimmt auch viele Söhne, vielleicht auch viele Töchter. El Diablo hat sich in der gesamten Karibik herumgetrieben, aber niemand weiß, woher er kam. Er war ein finsterer, schweigsamer Mann. So, wie er lebte, soll er auch gestorben sein. Noch lange nach seinem Tod lag jenes schwarze Schiff in der Todesbucht von Little Kaiman, ich habe es dort selber gesehen. Auch die Skelette, die Jahr um Jahr an Bord des schwarzen Schiffes in der Sonne bleichten. Aber weder Sonne, Regen noch Sturm vermochten dem Schiff etwas anzuhaben, sein Holz war wie Eisen. Es wurde immer härter, mit jedem Jahr, das verging.“

Der Fremde trat auf Tonga, den Kreolen, zu.

„Und warum hat sich niemand diesen Segler geholt, wenn er dort lag?“ fragte er.

Tonga bedachte ihn mit einem Blick, der sogar Pongo, der die beiden nicht aus den Augen ließ, einen eisigen Schauer über den Rücken jagte.

„Du bist noch jung, El Diablo, du wirst noch vieles lernen müssen“, sagte er langsam. „Damals, als jener Segler noch dort lag, und das ist noch nicht einmal ein Jahrzehnt her, wenn ich mich richtig erinnere, wußte jeder, daß dieses Schiff verflucht war, verflucht von allen Göttern und allen Teufeln. Niemand hätte je gewagt, es sich zu holen. Du weißt auch nichts vom Auge der Götter, hoch über jener Bucht, nichts von den heiligen Wächtern, die El Diablo beraubt und dabei einige getötet haben soll, so daß sie ihn verfluchten. Und du weißt nichts von diesem schrecklichen Nordmann, der auch eine ganze Weile in jener Bucht gelebt und das Auge der Götter beschützt haben soll. Vielleicht ist er deshalb damals nach der Schlacht in der Windward Passage aus dem Reich der Toten zurückgekehrt und hat sich den schwarzen Segler geholt …“

El Diablo starrte den Kreolen an. Wie fast alle Piraten der Karibik war er sehr abergläubisch, und die Erzählung des Kreolen hatte ihn tief beeindruckt. Er konnte die richtigen Zusammenhänge zwischen dem schwarzen Segler, dem Wikinger, Siri-Tong und dem Seewolf gar nicht kennen, denn längst hatten sich um diese tollkühnen Korsaren die wüstesten Legenden gerankt. Aber es kam noch wilder, denn der Kreole senkte seine Stimme zu einem kaum wahrnehmbaren Flüstern.

„Hast du denn nie davon gehört, daß der Wikinger damals bei der Schlacht in der Windward Passage mit seinem Schiff, das Blitze schleuderte und das nach einem fremden Gott benannt war, der weit im Norden dieser Welt lebt, plötzlich gerade zu dem Zeitpunkt aus der See aufgetaucht ist, als der Seewolf und seine Männer bereits verloren und dem Tode und ihrer Vernichtung nahe waren? Er hat sie gerettet, und anschließend verschwand er mit seinem Schiff wieder unter Donner und Blitz und unter vollen Segeln in der See! So war das, Maria-Juanita, die meine Geliebte war nach Caligus Tod, hat es bezeugt, und andere haben es auch gesehen, noch während sie flohen!“

Um die drei Männer hatte sich längst ein Ring von Neugierigen gebildet. Alle hatten atemlos vor Spannung dem Kreolen zugehört. Oft war in dieser Felsengrotte von Caligu und jener erbarmungslosen Schlacht in der Windward Passage gesprochen worden, es gab auch noch immer Männer, die an dieser Schlacht teilgenommen hatten. Nur befanden sich die meisten zur Zeit auf See, um das spanische Geleit zu überfallen.

Daß Pongo sich auf Tortuga aufhielt, hatte einen besonderen Grund. Er war mit seinem Schiff zu spät zurückgekehrt, um seiner eigenen Flotte noch nachsegeln zu können, nachdem sie von einem ihrer Spione die Nachricht über jenes Geleit und seine wertvolle Beute erhalten hatten.

Besonders die Frauen, die sich an Bord der Schiffe befinden sollten, hatten es den Piraten angetan. Denn Frauen waren auf Tortuga immer noch – genau wie zu Caligus Zeiten – rar. Aber wie dem auch war, wenn über jene Zeiten geredet wurde, dann lauschte jeder Mann voller Spannung. Und jetzt war sogar ein leibhaftiger Sohn jenes El Diablo nach Tortuga gesegelt, um mit Pongo zu kämpfen!

Die Männer drängten sich noch dichter zusammen, um sich ja nichts von dem, was sich nun unweigerlich ereignen mußte, entgehen zu lassen.

Aber sie erlebten eine riesige Enttäuschung.

Auch Pongo war zutiefst beeindruckt von dem, was sein Unterführer Tonga berichtet hatte. Gleichzeitig witterte er jedoch eine Chance, diesem bevorstehenden mörderischen Kampf zu entgehen. Denn der Ausgang war dieses Mal keineswegs sicher, das hatte Pongo ganz klar erkannt. Dieser Sohn des El Diablo – gleich ob das nun stimmte oder nicht – würde ein Gegner sein, vor dem er sich höllisch in acht nehmen mußte. Denn erstens war El Diablo wesentlich jünger als er, zweitens verstand er sich bestimmt darauf, zu kämpfen, drittens aber irritierten Pongo die Augen dieses Kerls, denen nichts, aber auch gar nichts, zu entgehen schien, die immer voller Wachsamkeit die Umgebung im Blick behielten.

Und Pongo hatte nicht die geringste Absicht, seine Herrschaft über die Schildkröteninsel an diesen El Diablo zu verlieren. Was der an Jugend und vielleicht sogar an Kraft mehr hatte, das mußten seine Gerissenheit und seine Erfahrung ausgleichen. Außerdem konnte ihm dieser El Diablo noch sehr nützlich sein, denn in Pongo reifte in diesen wenigen Sekunden, die ihm zum Überlegen blieben, ein Plan heran, ein Plan, den er allein nie gefaßt haben würde.

Aus halb geschlossenen Augen beobachtete er El Diablo. Doch, der würde den Köder annehmen und nach dem Brocken schnappen, den er ihm jetzt vorwerfen würde.

Entschlossen trat er auf El Diablo zu.

„Du willst mit mir um Tortuga kämpfen? Was hättest du von dieser Insel, wenn du der Herr über die Caicos-Inseln bist? Wenn wir das täten, dann wären wir beide die größten Dummköpfe, die je über die Wasser der Karibik gesegelt sind.“

El Diablo fuhr zurück, und wieder zuckte seine Rechte zum Messer an seiner Seite.

„Bist du zu feige, mit mir zu kämpfen, Pongo?“ fragte er drohend. Aber Pongo lachte nur dröhnend. Blitzschnell hatte er sein Messer herausgerissen, und ebensoschnell saß es El Diablo an der Kehle.

„Sag so etwas nie wieder, El Diablo! Niemand darf Pongo, den Herrscher über Tortuga einen Feigling nennen. Wärst du nicht der Sohn El Diablos, bei allen Meergeistern, du wärst bereits tot.“

Mit einem Ruck entriß Pongo El Diablo das Messer. Dann trat er einen Schritt zurück. Er starrte den hochgewachsenen Mann an und warf ihm plötzlich sein Messer wieder zu. El Diablo fing es auf und wich blitzartig einen Schritt zurück.

„Halt, El Diablo“, sagte Pongo. „Hör mich erst an. Wenn du dann noch darauf bestehst, mit mir zu kämpfen, dann sollst du deinen Kampf haben. Du bist jung und stark, ich werde mich hüten, dich zu unterschätzen. Aber wir beide, du und ich, sind noch zu etwas anderem gut, als uns gegenseitig die Bäuche aufzuschlitzen. Setz dich! Bis wir miteinander gesprochen haben, soll Friede zwischen uns herrschen, einverstanden?“

Er streckte El Diablo die Rechte hin, nachdem er sein Entermesser wieder in den Gürtel gesteckt hatte.

Einen Moment noch blickte El Diablo den Schwarzen an. Seine Augen schienen Pongo zu durchbohren, aber dann steckte auch er sein Messer fort.

„Gut, es sei. Was also hast du mir vorzuschlagen?“

Wieder schloß sich der Kreis der Piraten um Pongo, Tonga und El Diablo.

„Wein!“ brüllte Pongo ins Gewölbe hinein. „Diego, du verdammter Fettwanst, bringe drei Krüge Wein, oder wir werfen dich den Haien zum Fraß vor!“

Diego, der der ganzen Unterredung gefolgt war, watschelte heran. Aber seine Fettmassen täuschten. Er wußte ganz genau, daß auch Pongo es niemals wagen würde, Hand an ihn zu legen. Wer auf Tortuga lebte und eine Kneipe hatte, der zugleich Magazin für alles war, was Schiffe brauchten, der mußte gewisse Vorkehrungen in dieser Hinsicht treffen. Genau das hatte der fette Diego getan. Zumal auch schon zu Caligus Zeiten der Seewolf und der Wikinger genauso zu seinen Freunden gezählt hatten wie Siri-Tong, die Rote Korsarin.

Diego brachte den Wein. Vier Krüge, denn auch er setzte sich an den langen Tisch, dessen Tischplatte eine schwere Bohle bildete. Bereitwillig machten ihm die Piraten Platz.

Pongo warf ihm zwar einen finsteren Blick zu, aber er sagte nichts. Nach einem Schluck aus dem Krug wandte er sich El Diablo zu.

„Willst du das Schiff deines Vaters zurückerobern?“ fragte er, und für einen Moment nahmen seine Blicke einen lauernden Ausdruck an.

El Diablo zuckte zusammen, kaum merklich zwar, aber Pongo entging es trotzdem nicht.

„Den schwarzen Segler? Ich denke, dieser Wikinger …“

„Ja, er hat es. Und er haust auf einer Insel, die Caligu immer die Schlangen-Insel nannte. Ich sage dir, El Diablo, auf dieser Insel sind, Schätze verborgen, wie weder du noch ich noch sonst irgendeiner unserer Männer sie sich vorstellen können. Auf der Schlangen-Insel hat der Seewolf seine Schätze, lagern die des Wikingers und auch die Siri-Tongs, die wir die Rote Korsarin nennen.“

El Diablo griff zum Krug. Seine Züge hatten sich verzerrt.