Seewölfe - Piraten der Weltmeere 31 - John Curtis - E-Book

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 31 E-Book

John Curtis

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Beschreibung

Seit achtundvierzig Stunden kämpft sich die "Isabella III" durch einen Sturm, wie ihn die Crew des Seewolfs nicht einmal bei Kap Horn erlebt hatte. Verzweifelt kämpfen die Männer um ihr Schiff, allen voran der hünenhafte Schiffszimmermann Ferris Tucker. Nach Abflauen des Orkans wird das ganze Ausmaß der Katastrophe sichtbar - der Seewolf muß die "Isabella" aufgeben. Das Schiff, das ihnen allen zu einer Art Heimat geworden, das bis obenhin mit Gold, Silber und Juwelen beladen ist. Es bleibt dem Seewolf und seiner Crew nur eine Möglichkeit - sie müssen ihre kostbare Fracht über Land bis zum Golf von Darien transportieren. Durch ein Land, in dem es von Spaniern und feindlichen Indianern nur so wimmelt. Für Hasard und seine Crew beginnt ein Marsch durch die Hölle...

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Impressum© 1976/2013 Pabel-Moewig Verlag GmbH,Pabel ebook, Rastatt.ISBN: 978-3-95439-273-5Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

Inhalt

Kapitel 1.

Kapitel 2.

Kapitel 3.

Kapitel 4.

Kapitel 5.

Kapitel 6.

Kapitel 7.

1.

Um sie herum tobte die Hölle. Eine Hölle aus Finsternis, Brechern, zukkenden Blitzen und salzigem Gischt, der fast das Atmen unmöglich werden ließ. Seit fast achtundvierzig Stunden taumelte, schlingerte, stampfte und rollte die „Isabella III.“ durch das Inferno himmelhoher Kreuzseen, die von allen Seiten zugleich auf das Schiff einhämmerten.

Eine Verständigung war an Bord der „Isabella“ nur noch durch lautes Brüllen möglich. Der Seewolf hatte sich auf dem Achterdeck am Besan angelascht. Am Ruder kämpften Bete Ballie, Ben Brighton und Ed Carberry gegen die Titanenkräfte der über das Schiff hereinbrechenden See. Die Kuhl, das Hauptdeck und die Back wurden seit Stunden schon ständig überflutet. Wo immer sich Windschutz oder Deckung vor den schweren Brechern boten, hockten die Männer der Crew. Naß, halb erfroren, total erschöpft. Keiner von ihnen hatte je ein solches Unwetter erlebt. Nicht einmal damals, als sie mit der „Golden Hind“ vom Sturm nach Kap Horn verschlagen worden waren und monatelang um ihr Leben kämpften.

Zum ersten Mal in seinem Seefahrerleben war der Seewolf soweit, einfach aufzugeben. Die „Isabella“, ein rankes, schlank gebautes Schiff, einer jener Schnellsegler, wie sie die Piraten der Karibik häufig benutzten, normalerweise durch kein Wetter umzubringen, nahm Wasser. Seit Stunden schon. Die schweren Seen hatten einige der dicken Bohlentüren, die die Zugänge ins Innere des Schiffes sicherten, in Stücke geschlagen. Auch Ferris Tucker, dem hünenhaften Schiffszimmermann, war es nicht gelungen, die Niedergänge wieder abzusichern. Immer wieder waren er und seine Männer von überkommenden Seen ins Innere des Schiffes geschleudert oder über die Decks gewaschen worden. Hinzu kam, daß die „Isabella III.“ schwere Ladung fuhr. Bis zum Oberdeck war sie vollgestopft mit Gold, Perlen, Edelsteinen, indianischem Schmuck. Sie lag tief im Wasser und reagierte nur noch träge auf das Ruder und die wenigen Sturmsegel, unter denen sie sich im Schneckentempo durch die Kreuzseen kämpfte.

Ferris Tucker fluchte lauthals, als ihn ein schwerer Roller der „Isabella“ vom Niedergang in den Laderaum schleuderte, noch ehe er es schaffte, das Vierkantholz, daß das neue Schott aufnehmen sollte, zu verbolzen.

Er schlug der Länge nach auf die Planken des Laderaums, seine große überlange Axt wurde ihm aus der Hand geprellt.

„Blacky, Smoky, Dan!“ brüllte er. „Hierher, verflucht noch mal! Batuti – he, wo steckt dieser Kerl bloß schon wieder?“

Ferris Tucker rappelte sich auf. Mit beiden Händen fuhr er über den Boden des Laderaums, bis er seine Axt entdeckt hatte. Unterdessen hatten sich Blakky, Smoky, Dan und Batuti bei ihm eingefunden. Der riesige Gambia-Neger hielt sich stöhnend den Schädel. Der Roller hatte ihn über das Hauptdeck geschleudert, und er war gegen eine der Geschützlafetten geprallt.

„Verfluchtes Sturm!“ radebrechte er wütend vor sich hin. „Nix fressen, nix saufen – leeres Magen, Sturm, Wasser –, verdammtes Scheiß, Batuti Schnauze voll!“

Ferris Tucker grinste den Schwarzen an und rieb sich ebenfalls den schmerzenden Schädel.

„Ich habe auch die Schnauze voll, Batuti“, sagte er. „Aber das hilft jetzt einen Dreck. Wenn wir diesen verdammten Niedergang nicht endlich dichtkriegen, dann saufen wir ab wie die Ratten, so wahr ich Ferris Tucker heiße. Los, ran, ich habe nicht die geringste Lust, mit diesem Eimer zu den Fischen zu gehen.“ Er torkelte auf den Niedergang zu und packte die schweren Bohlen, die er schon vorbereitet hatte. Aber die wilden Bewegungen des Schiffes warfen ihn immer wieder zurück.

„Verflucht – her mit euch, ihr dreimal kalfaterten Decksaffen! Glaubt ihr, daß ich die Bohlen bei diesem Wetter allein nach oben kriege, he?“

Blacky, Smoky, Dan und Batuti schossen auf den Schiffszimmermann zu. Dan, zum erstenmal in seinem Leben seekrank und völlig grün im Gesicht, keuchte, als er eine der schweren Bohlen packte. Er befand sich in einem Zustand, in dem es ihm völlig gleichgültig war, ob die „Isabella“ absoff oder nicht, wenn dies hier nur ein Ende hatte. Aber zäh, wie Dan war, riß er sich zusammen.

Gemeinsam wuchteten sie eine der Bohlen unter unsäglichen Mühen den Niedergang hoch. Sie hatten es fast geschafft, da stieg der Bug der „Isabella“ steil auf einem heranlaufenden Brecher hoch. Die Männer im Laderaum hörten das Brüllen der See, spürten die wahnwitzigen Bewegungen des Schiffes, und jeder von ihnen krallte sich an den Stufen des Niedergangs fest. Die schwere Bohle ließen sie wie auf Kommando sausen. Sie registrierten noch, wie sie irgendwo auf die Planken des Laderaums krachte. Dann brach das Inferno über sie herein.

Wasser überflutete die Decks der „Isabella“ und erreichte den offenen, immer noch ungeschützten Niedergang. Gurgelnd schoß es auf die Männer zu, staute sich für einen winzigen Moment und brach schließlich mit elementarer Wucht über die Männer auf dem Niedergang herein. Es wusch sie die Stufen hinunter und wirbelte Truhen und andere Behälter durcheinander, in denen Gold, Silber, Perlen und mannigfaltiger Schmuck verstaut waren.

Ferris Tucker ruderte verzweifelt mit den Armen und versuchte sich irgendwo festen Halt zu verschaffen, aber es glückte ihm nicht. Genauso wie seine Kameraden wurde er von den Wassermassen im Laderaum herumgewirbelt, daß ihm Hören und Sehen verging.

Endlich hatte sich das Wasser verlaufen, und Ferris Tucker gelang es, sich wieder festen Stand zu verschaffen. Er rief nach Dan und den anderen, während ihm bei jeder Bewegung des Schiffes das Wasser um die Füße schwappte. Nach und nach meldeten sie sich.

Ferris Tucker fluchte lauthals. Sein ganzer Körper schmerzte. Er wußte nicht mehr, wie oft er sich innerhalb der letzten Stunden den Schädelangeschlagen hatte.

Im Laderaum war es stockfinster. Die letzte Ölfunzel, die noch gebrannt hatte, war jetzt wahrscheinlich ebenfalls zum Teufel.

„Einer muß zu Hasard!“ brüllte der Schiffszimmermann. „Die anderen müssen an die Pumpen, ganz gleich, ob sie noch können oder nicht. Pumpen – oder wir saufen innerhalb der nächsten Stunden ab, die ‚Isabella‘ hat ...“

Das Schiff erhielt einen schweren Schlag. So schwer, daß es in seinen ganzen Verbänden erzitterte. Gleich darauf donnerte wieder etwas draußen gegen die Bordwand – und diesmal splitterte Holz. Ganz deutlich hörten es Ferris Tucker und seine drei Gefährten.

Die ‚Isabella‘ holte weit nach Backbord über, und die vier Männer klammerten sich an Truhen und Kisten fest. Das Wasser, das sich im Laderaum befand, brandete um ihre Füße.

Plötzlich ertönten an Deck wilde Schreie, begleitet von einem eigenartigen Donnern und Bersten, von einem Getöse, das Ferris Tucker und seinen Gefährten durch Mark und Bein ging.

Der riesige Schiffszimmermann verlor keine Sekunde. Er stieß sich von der Truhe ab, an der er sich festgeklammert hatte und schoß zum Niedergang. Mit aller Kraft, die noch in ihm war, zog er sich die Stufen hoch und taumelte an Deck.

Wieder holte die „Isabella“ über, diesmal nach Steuerbord. Das Schanzkleid verschwand im Wasser. Gleichzeitig überrannte sie ein schwerer Brecher von achtern. Gurgelnd schoß gischtendes Wasser über die Decks. Ferris Tucker hatte für einen Moment das Gefühl, als würde die Isabella endgültig unter Wasser gedrückt. Aber sie richtete sich wieder auf. Gleichzeitig zuckten an Back- und Steuerbord mehrere grelle Blitze aufs Meer nieder, begleitet von krachendem Donner und sintflutartigem Regen, der vom Orkan über das Schiff gepeitscht wurde und den Männern zusammen mitdem umherfliegenden Gischt den Atem raubte.

Ferris Tucker stand wie erstarrt. Er spürte nicht, wie sich hinter ihm Dan und Batuti aus dem Niedergang schoben. Er sah nur den fremden Mast, den der Brecher ihnen an Bord geworfen hatte und der jetzt mit der einen Seite im Steuerbordschanzkleid zwischen den Geschützen steckte.

Wieder zuckte ein gigantischer Blitz nieder und beleuchtete die makabre Szene. Ferris Tucker stieß sich vom Niedergang, den sein gewaltiger Körper völlig ausfüllte, ab. Gleichzeitig sah er den turmhohen Brecher, der von schräg achtern auf das Steuerbordschanzkleid zurollte. Und wie in einer Vision sah er den Seewolf, der eben über die Schmuckbalustrade in die Kuhl flankte. Ungeachtet des Brechers, ungeachtet der Lebensgefahr, in die er sich damit unweigerlich begab.

Ferris Tucker ahnte, was in den nächsten Sekunden geschehen würde. Verzweifelt blickte er sich nach einem geeigneten Schutz um und sah den Kutscher, der eben die Tür der Kombüse aufriß, irritiert durch das Gebrüll der anderen Männer, die die drohende Gefahr ebenfalls erkannt hatten und nun in wilden Sprüngen, soweit die heftigen Bewegungen der „Isabella“ das zuließen, vom Hauptdeck flüchteten.

Ferris Tucker überlegte nicht – er packte den Kutscher und riß ihn vom Kombüsenaufbau weg mit nach vorn in Richtung Back.

Der Brecher war heran. Er stemmte die „Isabella“ nicht hoch, sondern drückte sie an Steuerbord einfach unter Wasser. Dann schlugen seine Wassermassen über dem Schiff zusammen. Wieder zuckte ein Blitz, dem ein infernalischer Donnerschlag und unmittelbar darauf ein Bersten und Krachen folgten, so daß Ferris Tucker schon glaubte, die „Isabella“ sei auseinandergebrochen.

Männer schrien, aber ihre Stimmen wurden vom Orkan weggefegt. Danach herrschte plötzlich beinahe Stille. Irgendwo riß die tiefhängende Wolkendekke plötzlich auf, das kalte Licht des Mondes überflutete die Decks und entriß bleiche, erschöpfte, total verängstigte Gesichter dem Dunkel.

Ferris Tucker hielt den Kutscher noch immer in seinen Pranken. Ohne sich zu bewegen, starrte er zum Kombüsenaufbau hinüber. Er war verschwunden. Der Mast des fremden Schiffes, den ihnen ein Brecher an Bord gespült hatte, war ebenfalls weg. Aber er hatte den Kombüsenaufbau völlig zertrümmert, eines der Geschütze aus den Laschungen gerissen und an Steuerbord einen Teil des Schanzkleides zermalmt.

Ferris Tucker ließ den Kutscher los. Dann stürmte er auch schon zu dem Geschütz hinüber, das sich eben bei einer Rollbewegung der „Isabella“ in Bewegung setzte.

Ein paar Männer folgten ihm, unter ihnen der Seewolf. Keiner wußte später mehr zu sagen, wie es ihnen gelungen war, die schwere Kanone wieder festzulaschen, aber als die Männer sich endlich schweißtriefend und an allen Gliedern zitternd aufrichteten, alarmierte sie bereits der Schrei, den Dan ausgestoßen hatte.

Seine helle Stimme durchdrang das Heulen des Sturms und das Brausen und Dröhnen der See.

„Wassereinbruch im Vorschiff!“ schrie er. „Wir haben ein Leck an Steuerbord, die ‚Isabella‘ säuft ab ...“

Ferris Tucker und Hasard stürmten los. An den auf den Decks gespannten Strecktauen hangelten sie sich nach vorn und erreichten den immer noch brüllenden Dan.

„Der Mast, Hasard!“ keuchte Ferris Tucker. „Ich habe es im Laderaum vorhin gehört, er hat uns zweimal gerammt. Beim zweiten Mal hat er die „Isabella“ leckgeschlagen. Hol ein paar Leute, rasch – viel Wasser verträgt das Schiff jetzt nicht mehr, nicht bei der Ladung!“

Damit stürzte sich der Schiffszimmermann in den Niedergang unter der Back, dessen Bohlentür dem Wasser bisher standgehalten hatte.

Blacky und Smoky, die inzwischen ebenfalls mitgekriegt hatten, was passiert war, folgten ihm, während Hasard sich ein paar der Männer griff, die eben wieder aus ihren Dekkungen und Zufluchten auftauchten.

Sie erkannten auf den ersten Blick, daß es böse aussah für die „Isabella“. Der Mast, von welchem Schiff auch immer er stammen mochte, hatte die Bordwand der „Isabella“ auf einer Länge von fast zwei Yards eingedrückt. Ein Loch von einem halben Yard Durchmesser klaffte im Rumpf, zum Glück weit oberhalb der Wasserlinie. Nur dann, wenn das Schiff in eine See eintauchte, nach Steuerbord überholte oder von einem Brecher überrannt wurde, schoß gurgelnd Wasser ins Schiff.

Schweigend arbeiteten die Männer. Der Seewolf kniete neben dem Schiffszimmermann, immer wieder zurückgeworfen vom hereinbrechenden Wasser. Aber zusammen mit Blacky, Smoky, Dan und Batuti schafften sie es, das Leck zunächst mit geteertem Segeltuch, das für solche Zwecke, von Will Thornton, dem Segelmacher, bereitgehalten wurde, provisorisch abzudichten. Dann verbolzten Hasard und Ferris Tucker es nach und nach mit starken Bohlen, mit denen sie auch die eingedrückte Stelle der Bordwand verstärkten.

Endlich richteten der Seewolf und Tucker sich auf. Über ihre nackten Oberkörper rann der Schweiß in Strömen. Erst jetzt bemerkten sie, daß die „Isabella“ nicht mehr so schwer arbeitete und nicht mehr ständig von Brechern überflutet wurde.

„Der Sturm läßt nach, Ferris“, sagte Hasard.

Der Schiffszimmermann lauschte einen Moment in das Tosen und Donnern der Seen, in die der Bug der „Isabella“ wieder und wieder hineinstieß. Schließlich nickte er.

„Wurde aber auch Zeit“, sagte er und wischte sich mit der Hand den Schweiß aus dem Gesicht. „Ich weiß nicht, wie lange die ‚Isabella‘ das noch ausgehalten hätte. Unsere Ladung drückt sie zu tief ins Wasser, sie ist bei solchem Wetter zu schwerfällig. Wir haben Glück gehabt, daß uns die Seen nicht zusammengeschlagen oder die ‚Isabella‘ entmastet haben. – Wir müssen zur Küste. Dies hier“, er deutete auf das provisorisch abgedichtete Leck, „muß ich von außen klarieren. Das hält so nicht!“

Hasard nickte. Dann sah er die Männer an.

„Ich lasse jetzt Rum ausgeben. Außerdem werde ich dafür sorgen, daß der Kutscher auf irgendeine Weise etwas zu essen zaubert. Und dann an die Pumpen, wir müssen das Wasser aus dem Schiff kriegen! In diesen Breiten weiß man nie, ob das Abflauen eines Sturms von Dauer ist, oder ob er nur eine Pause eingelegt hat, um nachher um so schlimmer loszubrechen. Nutzen wir unsere Zeit!“

Ferris Tucker blieb mit Dan noch unter Deck im Vorschiff. Der Schiffszimmermann unterzog das abgedichtete Leck noch einmal einer gründlichen Inspektion. Erst als er noch einige Stellen zusätzlich verstärkt hatte, nickte er zufrieden. Danach ging auch er mit Dan an Deck und an die Pumpen.

Das Wetter hatte sich etwas beruhigt, aber die See ging noch immer hoch. Trotzdem — es klarte zusehends auf, und aus Erfahrung wußte Ferris Tucker, daß mit Sonnenaufgang der Sturm endgültig abflauen und ihm ein sonniger, heißer Tag folgen würde — als habe es diese letzten achtundvierzig Stunden nie gegeben. Achtundvierzig Stunden – so höllisch, wie sie bisher noch kein Mann der „Isabella“-Crew erlebt hatte.

Die Prognose von Ferris Tucker hatte sich als richtig erwiesen. Der nächste Morgen brachte einen wolkenlosen, tiefblauen Himmel und strahlenden Sonnenschein. Der Orkan, der seit achtundvierzig Stunden ununterbrochen getobt hatte, war vorbei. Statt dessen wehte eine leichte Brise aus Südost und trieb die „Isabella III.“ vor sich her auf die etwa hundert Meilen entfernte Küste Kolumbiens zu.

Die Männer an Bord der „Isabella“ erholten sich nur nach und nach von den Strapazen der vergangenen achtundvierzig Stunden. Hohlwangig, mit tiefen Ringen unter den Augen, standen sie noch immer an den Pumpen. Die Blicke des Seewolfs wanderten über die Decks seines Schiffes. Die „Isabella“ sah verheerend aus. Erst jetzt, im grellen Licht der südlichen Sonne, waren die Schäden, die der Sturm und der Mast des fremden, möglicherweise gesunkenen Schiffes, hinterlassen hatten, in ihrem vollen Ausmaß zu erkennen.

Der größte Teil des Schanzkleides an Steuerbord war total zertrümmert, die Nagelbank des Großmastes zersplittert. Ein Teil der Crew mühte sich damit ab, Pardunen, Fallen und Brassen zu klarieren. Es war ein Wunder, daß der Großmast, seines Halts beraubt, nicht über Bord gegangen war.

Hasards Blicke wanderten weiter. Der Kombüsenaufbau existierte nur noch als Fragment, die Trümmer, soweit sie nicht von der See über Bord gewaschen worden waren, wurden soeben von ein paar Männern und dem Kutscher beiseite geräumt.

Die Blinde und einen Teil des Bugspriets hatte die See abgerissen. Dadurch war das laufende und stehende Gut des Fockmastes in Unordnung geraten und mußte ebenfalls klariert werden.

Was dem Seewolf jedoch die meiste Sorge bereitete, war das Leck an Steuerbord, das ihnen der Mast geschlagen hatte. Zwar nahm die „Isabella“ kein Wasser, denn Ferris Tukker hatte das Leck abgedichtet, und außerdem befand es sich oberhalb der Wasserlinie. Aber — und das hatte der Schiffszimmermann erst nachträglich, nach Abflauen des Sturmes, herausgefunden – bei der Kollision mit jenem schweren Mastbaum war ein Spant im Vorschiff eingedrückt worden. Ein Schaden, der sich auf See nicht reparieren ließ, dessen Behebung sich auch für einen Mann wie Ferris Tucker als problematisch erwies und durch den die „Isabella“ erheblich an Seetüchtigkeit einbüßte.

Ben Brighton tauchte auf dem Hauptdeck auf. Er blickte nur kurz zum Seewolf hoch, ehe er von der Kuhl aus zum Achterdeck aufenterte. Hasard sah sofort, daß er keine guten Nachrichten brachte, denn seine Züge wirkten verschlossen, eine Seltenheit bei Ben.

Der Seewolf ging ihm entgegen.