Seewölfe - Piraten der Weltmeere 28 - John Curtis - E-Book

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 28 E-Book

John Curtis

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Beschreibung

Die "Golden Hind" jagt Beute - aber die Glückssträhne hält nicht lange an. Spanische Galeonen legen sich in einen Hinterhalt und bringen Kapitän Drake in arge Bedrängnis. Aber wieder eilt die "Isabella" von Hasard zu Hilfe. Nur kommt sie diesmal zu spät. Drake und der verhaßte Doughty werden von den Spaniern an Land gebracht und eingesperrt. Hasard entwickelt einen Plan, um die Gefangenen zu befreien. Denn Drake will er zeigen, wer der bessere Mann ist - aber Doughty will er hängen sehen...

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Impressum© 1976/2013 Pabel-Moewig Verlag GmbH,Pabel ebook, Rastatt.ISBN: 978-3-95439-270-4Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

1.

Thomas Moone knurrte eine Verwünschung und warf gleichzeitig einen Blick auf die schlaff an den Rahen hängenden Segel. Diese verdammte Flaute hielt schon viel zu lange an!

Träge dümpelte die „Golden Hind“ auf der tiefblauen See des Stillen Ozeans. Sie befand sich nur wenige Seemeilen südöstlich von Puntarenas, einer Hafenstadt am Golf von Nicoya.

Nahezu senkrecht stand die Sonne über dem Schiff, denn noch immer segelte die „Golden Hind“ in äquatorialen Breiten. Über den Decks, zwischen den Masten flimmerte die Hitze, trieb den Männern den Schweiß aus den Poren. Und Wasser – Trinkwasser – war knapp.

Nur noch wenige Meilen bis Puntarenas – aber wie, zum Teufel, sollten sie bei dieser Flaute dorthin gelangen? Thomas Moone bemerkte plötzlich einen Mann, der mit mißmutigem Gesicht zum Großmast hinüberschlurfte, dort stehenblieb und sich dann mißtrauisch umblickte, so, als wolle er sich vergewissern, daß ihm niemand zusah. Dann trat er dicht an den Mast, hob die Rechte, und begann mit den Fingernägeln am Großmast zu kratzen.

Thomas Moone konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er kannte diesen alten Aberglauben der Seeleute. Wenn man am Großmast kratzte, dann rief man damit den Wind herbei.

Als der Mann zufällig nach achtern blickte, wandte sich Thomas Moone blitzschnell ab. Auf keinen Fall durfte er zugesehen haben, auf keinen Fall durfte er den Mann am Mast jetzt ansehen oder ansprechen, sonst half das ganze Kratzen nichts. Und als er das dachte, grinste Thomas Moone nicht mehr.

Ein lauter Ruf aus dem Großmars scheuchte ihn aus seinen Gedanken auf. „Wahrschau – Masten achteraus. Zwei Galeonen – laufen direkt auf uns zu ...“ Der laute Ruf des Toppgasten durchdrang die hitzeflimmernde Stille der „Golden Hind“ und scheuchte die herumliegenden Männer blitzartig hoch.

Auch Thomas Moone drehte sich herum, starrte über die Achterreling. Dann sah er es – langsam, aber stetig schoben sich Mastspitzen über den Horizont. Wieder fluchte Thomas Moone – jetzt Bootsmann auf der „Golden Hind“ – lautlos in sich hinein. Erstens bedeutete das, die sich nähernden Galeonen hatten Wind. Zweitens konnte es sich nur um spanische Schiffe handeln, möglicherweise größer und stärker als die „Golden Hind“.

Barry Burraby, der alte Stückmeister Francis Drakes, warf vom Hauptdeck einen Blick zum Achterdeck hinauf. Dann verlor er keine Zeit, sondern enterte kurzerhand in den Großmars auf.

Thomas Moone, der die gleiche Absicht gehabt hatte, wartete, bis Burnaby den Mastkorb erreicht hatte.

Schon als der Alte sich einen Augenblick später aus dem Korb beugte, wußte Moone, daß er eine Hiobsbotschaft zu verkünden hatte. Burnaby besaß trotz seines Alters Augen, die fast mit denen Dan O’Flynns konkurrieren konnten. „Zwei Galeonen, Spanier!“ rief er, und seine Baßstimme schallte über das ganze Schiff. „Ein paar hübsche Brocken. Wenn die uns in die Zange nehmen, dann können die uns ganz schön Feuer unter den Ärschen anheizen! Und diese verdammten Hunde haben Wind, ihre Segel stehen voll. Der Teufel soll diese ganzen Dons holen, ich werde mich um meine Geschütze kümmern. Wenn die denken, daß sie die gute alte ‚Golden Hind‘ so mir nichts dir nichts zu den Fischen schicken können, dann haben die Kerle sich verrechnet!“

Damit schwang sich der alte Burnaby aus dem Großmars, sauste die Wanten zum Hauptdeck hinunter und tauchte gleich darauf bei seinen Leuten an den Geschützen auf.

Drake war das Geschrei, das aufgeregte Durcheinanderschnattern der Männer an Deck, in seiner Kammer nicht entgangen. Zufällig trat er an eins der achterlichen Fenster über der Galerie – und auch er erstarrte mitten in der Bewegung. Deutlich sah er, die Mastspitzen, die sich bedrohlich schnell über den Horizont schoben, die Marssegel, die weithin in der Sonne leuchteten.

Sofort eilte er in seine Kammer zurück, griff nach seinem Degen und schob ihn mit einem Ruck in das Gehänge. Dann eilte er an Deck.

Als er die Stufen zum Achterkastell emporjagte, lief er fast Thomas Moone in die Arme, der ihm gerade die Hiobsbotschaft überbringen wollte.

Thomas Moone wich zur Seite, als Drake an ihm vorbeistürmte. Schon an der Eile Drakes erkannte Moone, für wie gefährlich der Kapitän ihre Lage einschätzte.

Drake eilte mit großen Schritten über das Achterkastell bis zur Reling. Dann starrte er die beiden spanischen Galeonen an, deren Rümpfe bereits aus dem Wasser zu wachsen begannen.

Und immer noch standen ihre Segel voll, während sich auf der „Golden Hind“ nichts, auch nicht der leiseste Windhauch, regte.

Nach ein paar Minuten drehte Drake sich langsam um. Über seiner Nasenwurzel standen zwei scharfe, tiefe Falten. Sein Spitzbart zuckte.

„Mr. Moone, lassen Sie gefechtsklar machen!“ befahl er mit leiser Stimme. „Wir haben eine Chance. Entweder laufen die Spanier in wenigen Minuten in dieselbe Flaute, die uns hier festnagelt, oder sie rechnen gar nicht damit, in diesen Gewässern ein anderes Schiff als ein spanisches anzutreffen. Dann ist die Überraschung auf unserer Seite. Stellen Sie jeden entbehrlichen Mann an die Brassen, Mr. Moone. Wir müssen auch den leisesten Windhauch sofort ausnutzen, wir dürfen keine Minute verschenken.“

„Aye, Sir. Werde das sofort veranlassen!“ Thomas Moone verschwand vom Achterkastell. Gleich darauf schallte seine kräftige Stimme über die Decks, scheuchte die Männer auf Stationen.

Drake hatte sich wieder umgewandt und blickte den von achtern heranlaufenden Galeonen entgegen.

Es gab noch eine dritte Möglichkeit – und das war die, auf die er am stärksten hoffte. Die Spanier konnten wie die „Golden Hind“ bis vor kurzem ebenfalls in einer Flaute gelegen haben, und es war plötzlich Wind aufgekommen. Wenn das so war, dann mußte die Brise sie ebenfalls erreichen, und zwar lange, bevor die Galeonen heran waren.

Dennoch – die Lage war kritisch. Die Spanier hatten in diesem Teil der Neuen Welt fast ausschließlich große und stark bewaffnete Schiffe stationiert.

Thomas Moone schickte ein Stoßgebet zum Himmel – im Gegensatz zu Fletcher, dem Bordgeistlichen der „Golden Hind“, der den beiden heranrauschenden Galeonen aus angstgeweiteten Augen entgegenstarrte und die Hosen wie üblich gestrichen voll hatte.

Wieder und wieder glitt Moones Blick zu den Segeln empor. Zum Henker, das gab es doch gar nicht, daß die Spanier unter Vollzeug heranpreschten und daß gleichzeitig auf der „Golden Hind“ nicht das geringste Lüftchen wehte! Und dabei waren die beiden Schiffe höchstens noch ein paar Meilen von der „Golden Hind“ entfernt! Wenn die Kerle geschickt waren, dann nahmen sie sie in die Zange und feuerten mit ihren dicken Geschützen gleichzeitig – über die entsetzliche Wirkung von zwei solchen Breitseiten war sich Thomas Moone wie jeder andere Mann an Bord völlig im klaren.

Der alte Burnaby wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Verdammter Mist!“ stieß er hervor. „Das gibt es doch gar nicht, die müssen mit dem Teufel im Bunde sein!“ Er versuchte die Stückpforten der Gegner zu zählen. Das Ergebnis war geradezu niederschmetternd. Zwölf bei der einen Galeone auf jeder Seite, zehn bei der anderen. Außerdem bemerkte er bei der an Backbord segelnden Galeone einen schweren Mörser auf der Back – jedenfalls konnte es einer sein, die Entfernung war auch für seine scharfen Augen noch zu groß.

Wieder schickte er einen Blick zu den Segeln empor – und dann traute er seinen Augen nicht. Die helleuchtenden Flächen der Marssegel gerieten plötzlich in Bewegung. Gleich darauf bauschten sich auch die Großsegel.

„Wind – wir haben Wind!“ brüllte einer der Männer, die an den Brassen standen.

Wie der Blitz war Thomas Moone zur Stelle. Seine Kommandos hallten über Deck. Die „Golden Hind“ legte sich leicht nach Backbord über, dann nahm sie Fahrt auf.

Gehetzt warfen Thomas Moone und Burnaby einen Blick nach achtern – die beiden Galeonen wuchsen hinter der „Golden Hind“ zu bedrohlicher Größe an, ihre Bugwellen gischteten unter der prall stehenden Blinden hoch am Rumpf empor.

Doch nun zeigte sich der Vorteil, den die kleinere und damit viel beweglichere „Golden Hind“ hatte: Sie nahm schnell Fahrt auf, schneller, als die Spanier heranzusegeln vermochten.

Moone und der alte Burnaby sahen sich an. Die Männer an den Brassen und den Geschützen brüllten vor Begeisterung. Selbst der griesgrämige Mac Pellew, der Schiffskoch der „Golden Hind“, verzog sein Gesicht in diesem Moment zu einem schadenfrohen Grinsen.

„Mr. Moone!“ Die Stimme Drakes übertönte das Geschrei der Männer.

„Aye, Sir?“ Moone eilte zum Achterkastell hinauf.

„Wir segeln auf den Golf von Nicoya zu und nehmen Kurs auf den Hafen von Puntarenas. Wir werden den Harmlosen spielen und die Spanier glauben lassen, daß wir ein spanisches Schiff sind.“

„Aye, Sir, aber ...“

Drake sah seinen Bootsmann an, und seine Brauen zogen sich drohend zusammen.

„Aber was, Mr. Moone?“ fragte er.

„Die Spanier werden sehr schnell herausfinden, daß wir nicht zu ihnen gehören, Sir, dann sitzen wir in der Falle. Der Wind steht achterlich – sie können uns mühelos den Weg verlegen ...“

Drakes Züge verhärteten sich.

„Mr. Moone“, sagte er leise, und seine Stimme hatte dabei einen scharfen Klang, „sehen Sie sich die beiden Galeonen an. Es handelt sich um große Schiffe, dreihundert Tonnen und mehr. Sie werden sich auf Reede legen, ankern. Sie werden Bug und Heckanker werfen und völlig manövrierunfähig sein, wenn wir drehen und wieder auf sie zusegeln. Man wird an Bord dieser beiden Schiffe nicht einmal vermuten, daß wir kein spanisches Schiff sein könnten. Und deshalb wird man auf den beiden Galeonen auch nicht feuerbereit sein, wenn wir feuern.“

Drake wandte sich ab, und Thomas Moone starrte ihn an.

Das war wieder einmal typisch Drake. Das war jener gefürchtete Mann, den die Spanier so respektvoll El Draque – den Drachen – nannten, den sie haßten und fürchteten wie die Pest.

Und doch hatte sich El Draque diesmal verrechnet.

Capitan Calixto Ramos Navarro blickte zu der kleinen Galeone, die soeben Kurs auf die Reede von Puntarenas genommen hatte, hinüber. Im Gegensatz zu den meisten seiner Landsleute war er ein Hüne von Gestalt, ein schwerer Mann mit eisenharten Muskeln. Er hatte schon so manche Seeschlacht hinter sich, außerdem einen hellwachen Verstand und sehr scharfe Augen. Die Männer fürchteten Navarro, denn ihm entging nichts, was an Bord seines Schiffes geschah. Unnachgiebig hielt er auf Disziplin und bestrafte selbst kleine Verstöße schon sehr hart.

„Leutnant Garcia!“ Capitan Navarro rief seinen Ersten Offizier zu sich, ohne die „Golden Hind“ aus den Augen zu lassen. „Geben Sie mir das Spektiv, Leutnant, ich werde mir diese Galeone dort einmal genauer ansehen. Mit den Kerlen stimmt etwas nicht, ich kann keine Flagge entdecken, die Aufschluß über die Nationalität des Schiffes gibt.“

Der Leutnant reichte dem Capitan das Spektiv, ein teures und sehr sorgfältig gefertigtes Instrument niederländischer Bauart. Der Capitan hob es an die Augen und blickte hindurch, und zwar in dem Moment, in dem die „Golden Hind“ anluvte und für einen Moment auch die Steuerbordseite zeigte.

Capitan Navarro beobachtete das fremde Schiff angespannt. Mit den geschulten Augen des Seemanns erkannte er sofort, daß es sich seit vielen Monaten auf See befinden und es von weit her herangesegelt sein mußte. Wind und Wetter hatten alle Farbe längst von den Flanken des Rumpfes gewaschen und die Verzierungen am Heck zum Teil zerschlagen. Auch die Takelage wies unübersehbare Sturmschäden auf, die mit Bordmitteln behoben worden waren. Gerade, als die „Golden Hind“ abdrehte, erwischte Navarro noch einen Blick auf die einst goldene und inzwischen in Wind und Wetter völlig verblichene Hirschkuh am Steven.

Ruckartig setzte er das Spektiv ab. Seine Züge hatten sich verfinstert, und dem Leutnant, der neben ihm stand, war das nicht entgangen. Aber Garcia kam nicht dazu, etwas zu fragen, denn der Capitan hielt ihm das Spektiv hin.

„Sehen Sie sich das Schiff an, Leutnant“, sagte der Capitan. „Und dann will ich Ihre Meinung darüber hören!“

Garcia starrte den Capitan fassungslos an. Es war noch nie vorgekommen, daß der Capitan ihn um seine Meinung gefragt hatte. Aber ihm blieb keine Zeit, darüber weiter nachzudenken, denn der drohende Blick, den ihm Navarro zuwarf, ließ ihn schleunigst das Spektiv ans Auge setzen.

Die „Golden Hind“ kehrte der spanischen Galeone inzwischen wieder das Heck zu, aber gerade dieser Umstand war es, der dem Leutnant eine Entdekkung bereitete, die ihm glatt für Sekunden den Atem verschlug.

Im Blickfeld des Spektivs befand sich Drake, der von der Heckreling des Achterkastells aus die beiden spanischen Galeonen beobachtete. Und Garcia erkannte Drake sofort.

Noch einmal vergewisserte er sich, aber es war kein Zweifel mehr möglich. Seine Züge verzerrten sich, als er das Spektiv schließlich absetzte, alles Blut war aus seinem Gesicht gewichen.

„El Draque“, stieß er mit heiserer Stimme hervor. Dann deutete er mit vor Erregung zitternder Hand zur „Golden Hind“ hinüber. „Señor Capitan, das ist El Draque“ stieß er abermals hervor.

Capitan Navarro fuhr herum.

„Was sagen Sie da, Leutnant?“ fauchte er den immer noch fassungslosen Ersten Offizier der „Sevilla“ an. „El Draque? Leutnant – Sie reden irre!“

Gleichzeitig riß er das Spektiv ans Auge und fixierte den untersetzten Mann, der auf der fremden Galeone stand und ihn ebenfalls zu beobachten schien. Er erkannte sein braunes Haar, seinen Spitzbart, seinen teuren Degen, der an der rechten Seite seiner Pumphose in einem kostbaren Gehänge steckte. Er sah die scharfen Augen, die ihn zu fixieren schienen, und er meinte das spöttische Lächeln zu sehen, das die Lippen dieses verhaßten und gefürchteten Gegners umspielte.

Er nahm das Spektiv vom Auge. Drohend richtete sich der Blick des Capitans auf seinen Untergebenen.

„Leutnant – Sie behaupten, dieser Mann dort drüben wäre El Draque? Jener Teufel, den die Engländer Francis Drake nennen und der Spanien beim Blackwater so übel mitgespielt hat? Und nicht nur dort! Leutnant, ich verlange augenblicklich eine stichhaltige Erklärung von Ihnen, was Sie zu einer solch kühnen Behauptung veranlaßt hat!“

Unwillkürlich nahm Leutnant Garcia Haltung an.

„Señor Capitan – ich war beim Blackwater dabei. Ich war Decksoffizier auf der Galeone ‚Cortez‘, die von den Engländern schließlich in die Luft gesprengt wurde. Aber bevor das geschah, hatten wir jenen El Draque bei uns an Bord. Er war unser Gefangener, bis so ein schwarzhaariger Teufel mit seinen Männern über uns herfiel und den ‚Drachen‘ befreite. Den weiteren Verlauf kennen Sie sicher selber, Señor Capitan. Blackwater ist für alle Spanier immer noch eine Schmach, die getilgt werden muß. Ich schäme mich heute noch, damals am Blackwater dabei gewesen zu sein!“

Leutnant Garcia knirschte vor Wut mit den Zähnen, als er daran dachte, wie der Seewolf und Drake sie damals auf jener Landzunge, auf die sie sich unter dem Trümmerregen ihres in die Luft gesprengten Schiffes mit Mühe gerettet hatten, wiederum zu Paaren getrieben hatten. Und wie Drake und dieser Killigrew schließlich trotz der enormen Übermacht der Spanier und Iren dennoch entwischt waren.

Capitan Navarro spürte, wie ihm das Blut zu Kopf stieg. Ja, er kannte die damalige Niederlage am Blackwater und alle jene schmachvollen Begleitumstände, die zu ihr geführt hatten, nur zu gut. Sein Bruder war damals der Kommandant jener Galeone „Cortez“ gewesen, man hatte ihn später tot am Ufer des Blackwater gefunden, unweit der Barriere, die die Iren und Spanier unter seiner Leitung errichtet hatten, um die Engländer auf diese Weise in eine tödliche Falle zu locken.

Capitan Navarro zögerte nicht länger.

„Leutnant, geben Sie den Befehl ‚Klar Schiff zum Gefecht‘!“ Lassen Sie auch der ‚Don Fernando‘ signalisieren, teilen Sie dem Capitan mit, mit wem wir es zu tun haben. Wir nehmen diesen verfluchten El Draque jetzt in die Zange, daß ihm Hören und Sehen vergeht. Unsere Geschütze werden seine Nußschale zu Kleinholz verarbeiten. Diesmal entkommt dieser Kerl uns nicht, das schwöre ich beim Tode meines Bruders!“

Der Capitan warf einen Blick in die Takelage empor – und dann stieß er eine ellenlange Verwünschung aus. Denn genau in diesem Moment erschlafften die bis dahin prall stehenden Segel. Die „Sevilla“ verlor an Fahrt, die eben noch gischtende Bugwelle brach in sich zusammen. Die beiden Spanier waren in eine Flaute gelaufen.

Drake hatte natürlich von den Ereignissen an Bord der „Sevilla“ nicht die geringste Ahnung. Er beobachtete lediglich, wie plötzlich die Männer der einen Galeone über die Decks zu hasten begannen, wie sich kurz darauf die Stückpforten des schwerbewaffneten Schiffes öffneten. Dann sah er, wie diese Galeone eine Botschaft an die andere, etwas weiter zurückliegende, absetzte.

Unwillkürlich griff Drake ebenfalls nach dem Spektiv, das er seit kurzem bei sich führte. Er zog das Instrument auseinander und blickte zu der kleineren der beiden Kriegsgaleonen hinüber.