Seewölfe - Piraten der Weltmeere 62 - John Curtis - E-Book

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 62 E-Book

John Curtis

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Beschreibung

Caligu, der Schrecken der Karibik, ging in die Falle, die ihm die Rote Korsarin gestellt hatte. Aber er kämpfte so wild und grausam, wie er es immer getan hatte. Nur gegen das chinesische Feuer war er machtlos, gegen das Feuer und gegen die Seewölfe, die jetzt endgültig und gnadenlos mit dem Piraten abrechneten...

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Impressum© 1976/2014 Pabel-Moewig Verlag KG,Pabel ebook, Rastatt.ISBN: 978-3-95439-379-4Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

Inhalt

Kapitel 1.

Kapitel 2.

Kapitel 3.

Kapitel 4.

Kapitel 5.

Kapitel 6.

Kapitel 7.

1.

„In ein paar Stunden ist die Hölle los“, sagte Ben Brighton nach einem abermaligen Blick in den Himmel.

An Bord der „Isabella VIII.“ gab es keinen Mann, der seine Worte bezweifelte.

Erst ein paar Stunden war es her, daß sie zusammen mit der Roten Korsarin die Schlangen-Insel verlassen hatten – bei strahlend blauem Himmel und ruhiger See. Aber dann hatte sich der Himmel verändert. Das anfängliche Blau war erst einem grünlichen Ton gewichen, später war das Grün mehr und mehr in ein schwefliges Gelb übergegangen, das nun schon gut ein Drittel des Himmels bedeckte und sich von Westen her weiter und weiter ausdehnte.

Auch der Seewolf hatte in den letzten Stunden mehr als einen besorgten Blick zum Himmel emporgeschickt. Er kannte sich mittlerweile in der Karibik aus und wußte, wie schnell sich das Wetter dort ändern konnte.

Ed Carberry, der Profos, trat zu Ben Brighton und Hasard.

„Das wird ein Höllenwetter“, sagte er nur. „Wir sollten zusehen, daß wir irgendwo einen Nothafen finden.“ Er deutete auf die einige Kabellängen voraussegelnde Karavelle der Roten Korsarin. „Der Zweimaster hält das Wetter nicht durch. Ferris hat ihn zwar wieder hervorragend zusammengeflickt, aber das Schiff ist zu klein. Da, Backbord voraus, das müßten die Caicos-Inseln sein. Ich weiß, daß es auf der größten von ihnen eine tiefeingeschnittene Bucht gibt, die Schutz bieten würde. Wenn ihr auf mich hört, dann setzen wir jetzt jeden Fetzen Tuch, den unsere Lady tragen kann, und segeln dem Teufel ein Ohr ab. Vielleicht können wir ihm ein Schnippchen schlagen.“

Ferris Tucker, der Schiffszimmermann der „Isabella VIII.“, ein Hüne von Gestalt, fuhr sich durchs rote Haar. Nachdenklich sah er Carberry an, dann glitt sein Blick zum Himmel hoch, dessen Farbe immer bedrükkender und unheimlicher wurde. Das blaue Wasser der Karibik sah schon fast schwarz aus, hell leuchteten erste Gischtkronen zu ihnen herüber. Ferris Tucker kannte den Profos besser als die meisten anderen an Bord. Er wußte, daß sich dieser Mann vor Tod und Teufel nicht fürchtete. Um so bedenklicher stimmte es ihn, daß ausgerechnet Carberry vorschlug, einen Nothafen anzulaufen. Das war noch nie dagewesen.

„Ich glaube, Ed hat recht“, sagte er in die Stille hinein. „Wir sollten die Rote Korsarin verständigen. Wenn sie klug ist, dann zieht sie mit. Ihr Zweimaster ist ein starkes, gutes Schiff, aber bei einem Hurrikan hilft ihr das auch nicht viel.“

Der Seewolf hatte bisher zu allem geschwiegen, er wußte jedoch, daß er sich schnell entschließen mußte. Die Wetter in der Karibik waren äußerst tückisch, zudem befanden sich die beiden Schiffe in gefährlicher Nachbarschaft von kleineren und größeren Inseln, das allein schon konnte bei einem losbrechenden Hurrikan tödlich werden.

„Signalisiert Siri-Tong, daß sie auf Rufweite heransegeln soll“, sagte er, und die erste Bö, die in diesem Moment durch die Takelage der „Isabella“ fuhr und das Schiff weit nach Backbord überholen ließ, unterstrich seine Worte.

Am westlichen Horizont hatte sich ein winziger schwarzer Fleck gebildet, fast nur ein Punkt und für das bloße Auge gerade noch in dem schwefligen Gelb zu erkennen.

Ferris Tucker flitzte zur Kuhl hinunter und von dort auf das Vorkastell der „Isabella“, das aber genauso wie das Achterkastell wesentlich flacher gehalten war als bei Galeonen ihrer Größe sonst üblich.

Unterwegs griff er sich Will Thorne, den Segelmacher.

„Will, ein paar Fetzen her, mit denen ich der Roten Korsarin signalisieren kann!“ stieß er hervor, und der Segelmacher begriff sofort. Er wußte, daß zwischen ihnen und der Karavelle der Piratin eine ganze Reihe Signale zur Verständigung verabredet worden war, und zwar schon im Hinblick darauf, daß sie Caligu, den Schrecken der Karibik, jagen wollten.

Der Segelmacher tauchte in die Vorpiek, war aber schon Minuten später wieder an Deck. In den Händen hielt er zwei rechteckige, yardgroße Lappen, die er an hölzerne Stiele angeschlagen hatte.

Ferris nahm sie ihm aus der Hand, dann begann er mit beiden Segeltuchstücken kreisende Bewegungen auszuführen.

Der Erfolg zeigte sich sofort, Siri-Tongs scharfen Augen war das Signal nicht entgangen, denn ohnehin warf sie von Zeit zu Zeit einen Blick zu der in ihrem Kielwasser dahinsegelnden „Isabella“ hinüber. Und sooft sie es tat, geriet sie von neuem in inneren Aufruhr, denn sie war weit entfernt davon, mit den Ereignissen auf der Schlangen-Insel – dem verlorenen Kampf um die „Isabella“ und ihrer Errettung aus den Fangarmen des Riesenkraken durch den Seewolf – fertig zu sein, Ihre Gedanken kreisten ständig um diesen Mann und seine Besatzung, Siri-Tong hatte in ihrem ganzen Piratendasein so etwas noch nie zuvor erlebt.

Sie sah die Signale und reagierte sofort.

Die Karavelle fiel ab und schob sich wenig später neben die heransegelnde Galeone.

Der Seewolf legte die Hände trichterförmig an den Mund. Dann brüllte er der Roten Korsarin zu, was er vorhatte.

„Wir laufen die große Caicos-Insel an. Südliche Bucht. Segelt voraus, ihr seid schneller. Wir kriegen einen Hurrikan, der sich gewaschen hat. Der schlägt unsere Schiffe kurz und klein, dann ist es aus mit unserer Jagd auf Caligu!“

Er sah, wie Siri-Tong ihn einen Moment lang anstarrte, dann jedoch nickte. Anschließend gab sie die nötigen Befehle.

Die Karavelle ging sofort hoch an den Wind, ihre roten Lateinersegel blähten sich, während das Schiff weit nach Backbord krängte.

Der Zweimaster der Roten Korsarin zog an der „Isabella“, die bei diesem Wind durch ihre rahgetakelten Masten im Nachteil war, vorbei und drehte dann nach Backbord ab, genau auf die dunkle Silhouette zu, die sich als feiner, gezackter Strich an der Kimm abzeichnete.

Auch auf der „Isabella“ trieb Carberry die Männer jetzt mit seiner Donnerstimme an. Völlig unnötig, denn die Männer hatten den Himmel gesehen und wußten, was ihnen drohte.

Der Himmel bezog sich mehr und mehr, der winzige schwarze Fleck vergrößerte sich. Er stand im Westen wie ein unheimliches Auge, das die beiden Schiffe böse anzustarren schien.

Die Sonne verschwand in dem schwefligen Gelb, das Wasser wirkte nunmehr schwarz. Der Wind nahm zu, vereinzelt jagten Böen über die See und peitschten Gischtkronen auf die Wogen.

„Niedergänge verschalken!“ befahl Hasard, und der Schiffszimmermann nickte nur.

Mit ein paar Mann ging er sofort an die Arbeit. Die schweren Bohlentüren, die ins Schiffsinnere führten, wurden gesichert. Die Eingänge zum Vor- und Achterkastell ebenfalls. Tucker wußte genau, was es bedeutete, wenn die Decks von überkommenden Brechern überflutet wurden und das Wasser die Türen zerschmetterte und sich den Weg ins Schiff bahnte. Auf diese Weise waren schon viele große und durchaus seetüchtige Galeonen gesunken.

Carberry scheuchte die übrigen Männer unterdessen in die Takelage. Sie setzten jeden Fetzen, den die „Isabella VIII.“ zu tragen vermochte, denn der Seewolf und seine Männer waren sich darüber im klaren, daß sie jetzt mit dem Tod um die Wette segelten. Einem Tod, der sie aus dem schwarzen Auge anstarrte, das sich weiter und weiter am Horizont hochschob und dabei ständig größer wurde.

Zur selben Stunde, rund hundertfünfzig Meilen südlich der Caicos-Inseln, bahnten sich ebenfalls schlimme Ereignisse an.

Die „Schildkröte“, eine üble Spelunke, die sich Caligu und seine Spießgesellen in einer der Grotten an der Südseite der Insel eingerichtet hatten, war das Hauptquartier des riesigen Piraten. Dort hielt Caligu zusammen mit Maria Juanita, seiner ihn ständig begleitenden Geliebten, und seinen wüsten Kerlen noch wüstere Gelage ab. In dieser Grotte wurde gesoffen, gehurt und geprügelt. Nicht selten gab es Tote, und die warf man der Einfachheit halber gleich ins Wasser, wo die Haie über sie herfielen. Denn die See zwischen Tortuga und den anderen vorgelagerten Inseln wimmelte nur so von diesen gefährlichen Räubern, und längst hatten die Haie gemerkt, daß es an der Schildkröteninsel oft fette Beute für sie gab, vor allem an der Steilklippe westlich des Hafens, der sogenannten „Totenrutsche“.

An diesem Tag, an dem sich über der Karibik ein Hurrikan zusammenbraute, hielt Caligu, vor dem die ganze Inselwelt der Karibik zitterte, wieder eins seiner Gelage ab. Das Gegröle der Betrunkenen und das Girren und Gekreische der Weiber in der Grotte drang weit über die Insel. Nur ein Unterschied zu seinen sonstigen Gelagen bestand: Caligu war diesmal noch nicht sinnlos betrunken, sondern er befand sich in einem Zustand, in dem ihm jeder, der ihn kannte oder der auch nur von ihm gehört hatte, in weitem Bogen aus dem Wege ging.

Maria Juanita beobachtete ihn aus schmalen Augen. Sie kannte Caligu von allen seinen Kreaturen am besten. Mehr noch – sie verstand es, Caligu um den kleinen Finger zu wikkeln, wenn ihr das notwendig erschien. Sie beeinflußte seine Entscheidungen weit mehr, als es ihm je bewußt wurde, aber sie hütete sich auch, Caligu das merken zu lassen.

Maria Juanita hatte eine harte Zeit hinter sich – und diese Zeit hatte ihre Spuren an ihr hinterlassen. Eine brandrote Messernarbe durchzog ihr Gesicht – eines der Andenken aus ihren gemeinsamen vielen Zusammenstößen mit dem Seewolf, die jedesmal ihr Ende in vernichtenden Niederlagen gefunden hatten. Maria Juanita kannte keinen Menschen, den sie so glühend haßte, wie den Seewolf. Denn er hatte sie um alles gebracht, was sie sich in langen Jahren in der Neuen Welt als spanische Hure zusammen mit den anderen Mädchen erschuftet hatte. Jedenfalls sah Maria Juanita das so.

Bei den Cayman-Inseln war sie auf Caligu gestoßen, und der wilde Pirat hatte sie sich genommen, ob ihr das paßte oder nicht, indem er ihren vorherigen Liebhaber kurzerhand umbrachte.

Zunächst hatte Maria Juanita auch Caligu gehaßt, glühend gehaßt für all die Demütigungen, die der Pirat ihr vor den Augen der Mädchen zufügte. Aber dann war plötzlich alles anders geworden. Sie hatte erkannt, was in diesem Caligu steckte. Ganz abgesehen davon, daß sie ihm schon nach wenigen Wochen völlig verfallen war, benutzte sie ihn als ihr Werkzeug. Sie suggerierte ihm in all den Nächten, die sie mit dem riesigen Piraten verbrachte, was er unternehmen sollte und was nicht.

Sie hetzte Caligu auf den Seewolf, immer wieder – und sie hatte auch ihren Haß auf diesen Mann niemals vergessen. Als sie dann ihre Jagd nach der letzten, entscheidenden Schlacht in der Windward Passage hatten abbrechen müssen und die „Isabella“ mit ihrer Beute für immer verschwunden war, hatte sich der Haß Juanitas auf den Seewolf nur noch tiefer in ihr Bewußtsein gebrannt. Und irgendwie spürte sie, daß sie dem Seewolf und seinen Männern noch einmal in der Karibik begegnen würden.

Allerdings hatte Caligu die Zeit nach dem endgültigen Verschwinden des Seewolfs und seiner „Isabella“ aus den karibischen Gewässern genutzt. Er hatte Beutezüge unternommen und auch reiche Beute gemacht. Niemals ließ er einen seiner Gefangenen am Leben, alle wurden entweder bestialisch umgebracht oder den Haien in der Karibischen See zum Fraß vorgeworfen.

Auch auf Tortuga, der Schildkröteninsel, hatte sich Caligu zum absoluten Herrscher emporgeschwungen. Er verfügte neben seiner eigenen Galeone – einem Beuteschiff – noch über zwei andere Schiffe. Zwei schnelle Karavellen, die zumeist die Aufgabe hatten, den Gegner aufzuspüren, zu stellen und lahmzuschießen. Und bisher hatte diese Taktik auch immer geklappt.

Caligu hob einen schweren Krug und leerte ihn auf einen Zug. Dann rülpste er laut und vernehmlich und sah Maria Juanita aus schmalen Augen an.

„Du denkst wieder an diesen verfluchten Bastard von Seewolf“, sagte er und langte blitzschnell zu. Seine dunklen Augen hatten sich zu Schlitzen verengt und starrten Maria Juanita an. Wie bei Maria Juanita zog sich auch über seine Wange eine breite Messernarbe. Unter seiner dunklen Haut spielten die Muskeln, seine leicht wulstigen, sinnlichen Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen.

„He, besorg ich es dir nicht gut genug?“ grölte er plötzlich in die Grotte hinein. „Oder warum denkst du ständig an diesen dreimal verfluchten Hurensohn von Seewolf?“

Er zog Maria Juanita zu sich heran und langte ihr unter den Rock, dessen raffinierter Schnitt ihren vollkommenen Körper voll zur Geltung brachte.

Maria Juanita entzog sich geschickt seinen Händen.

„Du weißt genau, warum ich an diesen Dreckskerl denke. Ich habe es dir schon oft genug gesagt. Dieser Hund kehrt in die Karibik zurück, eines Tages taucht er hier wieder auf. Er hat uns alle hereingelegt, oder glaubst du etwa immer noch, daß dieser Kerl und seine Männer all die Schätze, die seine „Isabella“ geladen hatte, nach England gesegelt und dort der Königin brav abgeliefert haben?“

Sie entzog sich Caligu mit einer geschmeidigen Bewegung, als er erneut zupacken wollte.

Caligu lachte dröhnend, und das war der Moment, in dem seine Galgenvögel begannen, zu ihrem Anführer hinüberzusehen. Langsam – weil sie witterten, daß etwas in der Luft lag – rückten sie näher.

„Als ob ich je so ein Dummkopf gewesen wäre, das zu glauben. So dämlich ist niemand, eine solche Beute abzuliefern. Mit dem, was diese verfluchte „Isabella“ an Schätzen in ihrem Rumpf hatte, können der Seewolf und seine Bastarde bis in alle Ewigkeit ein Leben führen, von dem wir nur träumen werden!“

Das Gesicht des Piraten verzerrte sich, denn in diesem Moment tauchten alle jene bitteren Niederlagen vor seiner Erinnerung auf, die der Seewolf ihm damals zugefügt hatte. Und zwar immer dann, wenn Caligu sich bereits am Ziel seiner Wünsche gewähnt, wenn er schon geglaubt hatte, den Seewolf endgültig in der Falle zu haben.

Er sprang auf und riß sein langes Entermesser heraus.

„Wo immer mir dieser Hundesohn begegnet“, brüllte er in die plötzliche Stille hinein, „werde ich ihn niedermachen und abstechen wie einen tollen Hund!“

Unwillkürlich zogen sich die Männer einige Schritte zurück. Sie kannten Caligu, und sie wußten, daß man sich besser von ihm fernhielt, wenn er in dieser Stimmung war. Nur einer, ein Mann, der noch nicht lange zu seiner Crew zu gehören schien, begriff das offenbar nicht. Er trat einen Schritt auf Caligu zu.

„Du nimmst das Maul ziemlich voll, nach allem, was ich über die Sache gehört habe“, sagte er. „Wenn das so einfach gewesen wäre, wie du heute tust, dann hätte dir dieser Seewolf niemals entwischen dürfen.“

Caligu fuhr herum. Seine kohlschwarzen Augen begannen zu glühen. Seine leicht wulstigen Lippen verzerrten sich, und die Flügel seiner geraden, schmalen Nase begannen zu beben.

Langsam ging er auf den Neuling zu.

„Ich nehme also mein Maul zu voll?“ fragte er gefährlich leise. „Und du lausige Ratte wagst es, mir das ins Gesicht zu sagen? Wo warst du verfluchter Dreckskerl denn, als wir in der Windward Passage gegen den Seewolf kämpften? Und wir hätten ihn auch erwischt, wenn nicht dieser Verrückte mit seinem riesigen Schiff aufgetaucht wäre, dieser verdammte Wikinger! Der Seewolf saß in der Falle, und er wußte es auch. Aber dieser tollwütige Bursche, der hat dann alles verdorben. Der Teufel mag wissen warum, denn er selbst ist dabei mit Mann und Maus in die Luft geflogen!“

Der Neuling begriff noch immer nicht, daß Caligu ihm eine allerletzte Chance gab, zu verschwinden und sich nie wieder blicken zu lassen.

Er sah ihn an – ein Riese von Gestalt, unter dessen gelbbrauner Haut die Muskelstränge spielten.

„Du warst längst aus dem Gefecht, als das passierte. Dein Schiff hatte der Seewolf in Brand geschossen. Du hättest diesen Burschen also auf gar keinen Fall erwischt.“

Caligu stand wie erstarrt. Zum erstenmal sah er diesen Mann mit vollem Bewußtsein, und tausend Gedanken schossen durch seinen Kopf. Wer war dieser Kerl? Was gab ihm die Dreistigkeit, ihm, Caligu, hier vor seinen Männern solche Dinge zu sagen?

Caligus Rechte mit dem Messer zuckte hoch, aber noch einmal beherrschte er sich.

Caligu trat noch näher an den ihm inzwischen unheimlichen Fremden heran.

„Wer bist du?“ fragte er, und wieder klang seine Stimme gefährlich leise. „Gehörst du zu meinen Männern? Wie kommst du hierher?“

Der Hüne mit der gelbbraunen Haut blickte den Piraten gelassen an.

„Ich gehöre noch nicht zu euch, doch vielleicht habe ich Lust, in deine Crew einzutreten, Caligu“, erwiderte er. „Aber erst wollte ich mich mal umsehen auf Tortuga, und was ich gesehen habe, gefällt mir ganz gut. Auch von dir habe ich schon eine Menge gehört, vielleicht bist du der richtige Mann für das, was ich zu bieten habe!“

Caligu ließ unwillkürlich das Messer sinken, und auch Maria Juanita trat einen Schritt näher.

„Zu bieten? Mir? Los, ’raus mit der Sprache, oder du verläßt die Grotte nicht mehr lebend!“

Der Fremde grinste geringschätzig.

„Du nimmst das Maul schon wieder zu voll, Caligu – paß mal auf!“

Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte er dem völlig überraschten Piraten das Entermesser entrissen und es ihm mit der Spitze an den Hals gesetzt.