Sein bester Freund - Jagdgeschichten - Carsten Feddersen - E-Book

Sein bester Freund - Jagdgeschichten E-Book

Carsten Feddersen

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Beschreibung

Carsten Feddersen berichtet über die unvergängliche Freundschaft zwischen dem Jäger und seinem Hund. Der Vierbeiner ist unerlässlich für das Aufspüren der Beute und damit für den Jagderfolg. Wir lesen von der Rettung eines liebestollen Hausschweins und von einem Hirsch, der wieder zum Leben erwacht. Die enge Bindung wird deutlich spürbar, als die Dackeldame Daisy ihre Familie gegen Fremde verteidigt, selbst wenn es sich dabei um den Weihnachtsmann handelt. Der erfahrene Hundeführer bringt uns die Jagd in bewegenden und amüsanten Geschichten näher.

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FürAlice, Anka, Bautz, Daisyund alle, die sie jemals liebten

LESEPROBE zu

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Rosenheimer Verlagshaus erschienenen Originalausgabe 2015

© 2015 Rosenheimer Verlagshaus GmbH & Co. KG, Rosenheim

www.rosenheimer.com

Titelillustration: Katharina Rücker-Weininger, Fuchstal

www.ruecker-art.de

Worum geht es im Buch?

Carsten Feddersen

Sein bester Freund

Jagdgeschichten

Carsten Feddersen berichtet über die unvergängliche Freundschaft zwischen dem Jäger und seinem Hund. Der Vierbeiner ist unerlässlich für das Aufspüren der Beute und damit für den Jagderfolg. Wir lesen von der Rettung eines liebestollen Hausschweins und von einem Hirsch, der wieder zum Leben erwacht. Die enge Bindung wird deutlich spürbar, als die Dackeldame Daisy ihre Familie gegen Fremde verteidigt, selbst wenn es sich dabei um den Weihnachtsmann handelt.

Der erfahrene Hundeführer bringt uns die Jagd in bewegenden und amüsanten Geschichten näher.

Inhalt

Vorwort

Krumme Beine – großes Herz

Nur mal gucken

Jugendliche Eskapaden

Was mein ist, bleibt mein

Auf der Spur

Vermisst

Fit in allen Lebenslagen

Jagdliches Allerlei

Geballte Kraft

Fehler über Fehler

Alles eine Frage der Strategie

Wissen, worauf es ankommt

Mutterfreuden

Abschied

Stokern mit Anka

Eine Lady mit Charme und Esprit

Liebe auf den ersten Blick

Üben, üben und nochmals üben

Alle meine Entchen …

Bewährungsproben

Eine Treibjagd

In allerletzter Minute

Ein Grandseigneur

Servus und Moin, Moin

Im Saufieber

Der Hornissenbock

Bautz ist weg

Die stillen Nachsuchen-Helden

Zum Ausklang

Glossar

Vorwort

Haben Sie sich eigentlich schon einmal gefragt, was wohl aus der Menschheit und ihrer Entwicklung ohne den Hund geworden wäre? Ich zumindest wage mir dieses trostlose Szenario gar nicht vorzustellen. Micky Maus ohne Pluto? Tim ohne Struppi? Paris Hilton ohne Chihuahua? Wim Thoelke ohne Wum? – Ich hoffe, Sie werden mir zustimmen, wenn ich konstatiere: einfach undenkbar.

Doch wenden wir uns ernsthafteren Themen zu. Denken Sie beispielsweise an die Arbeit der Blindenhunde, der Drogenhunde oder der Lawinenhunde.

Kein anderes Haustier unterstützt und schützt uns so konsequent und so uneigennützig wie der Hund. Als treuer Begleiter bringt er Licht und Freude in manch einsame Stunde vieler Menschen, legt selbst dann noch seinen Fang liebevoll auf unser Knie, wenn wir uns von allen anderen enttäuscht und verlassen fühlen. Wen wundert es da noch, dass unser vierbeiniger Freund sich einen so festen, unumstrittenen Platz in unserer Gesellschaft erobert hat.

Das gilt auch und insbesondere für die Jagd. Mit seinen feinen Sinnen und der angewölften Schärfe ist der Hund dem Jäger im Laufe der Jahrtausende zu einem unverzichtbaren Begleiter und Helfer geworden.

Auch ich habe viele glückliche Stunden mit meinen Hunden erleben dürfen. Gleichgültig ob beim Ansitz, der Pirsch oder einer Nachsuche – wie sehr habe ich all das genossen. Daher ist es Zeit, Danke zu sagen für die gemeinsamen Momente, das gemeinsame Jagen. Ich tue das mit einem Buch, das viele persönliche Erinnerungen an meine treuen vierbeinigen Begleiter wieder lebendig werden lässt.

Carsten Feddersen

Krumme Beine – großes Herz

Krumme Beine – großes Herz: Sie fragen sich, ob es so ein Wunderwesen überhaupt geben kann?

Oh ja! Mit seinen kurzen Beinen und dem gedrungenen Körper wandelt oder besser wackelt es immer dicht an der Erdoberfläche, quasi mit stetiger Bodenhaftung. Böse Zungen behaupten auch, das erleichtere ihm das schnelle Abtauchen bei Gefahr oder in brenzligen Situationen. Doch das sind nichts als infame Unterstellungen.

Wenn es wirklich darauf ankommt, stellt es seinen Löwenmut eindrucksvoll unter Beweis und lehrt so manchen das Fürchten.

Wovon ich spreche? – Natürlich vom Teckel, auch Dackel genannt, und ganz im Besonderen von unserer Daisy. Mit ihren kurzen krummen Beinen stapft sie selbstbewusst durch Feld und Flur, durch Stadt und Land.

Wehe dem, der sie unterschätzt! Sie glauben mir nicht? Lesen Sie selbst!

Nur mal gucken

Hätten wir denn auf unserem Hof einen Fahnenmast vorweisen können, dann wäre an diesem trüben, wolkenverhangenen Frühlingstag nur eine Beflaggung auf Halbmast infrage gekommen. Tiefste »Staatstrauer« war angesagt, denn unsere Schäferhündin Fiona, die uns fast vierzehn Jahre treu begleitet hatte, uns und vor allem unseren drei ältesten Töchtern stets aufmerksamer Beschützer und liebevoller Spielgefährte gewesen war, lebte nicht mehr.

Bis zum letzten Tag tollte sie mit den Kindern auf dem großen Hofplatz herum, schenkte insbesondere Anka, der jungen tapsigen Drahthaarhündin, ihre fürsorgliche Aufmerksamkeit. Plötzlich wandte sie sich dann ab von dem ganzen Trubel und legte sich scheinbar gelangweilt unter die große Thujahecke. Sie rollte sich ein, schob ihren Fang unter die Vorderläufe und fiel, so schien es, in einen erholsamen Schlummer. So fanden wir sie wenig später, längst aufgebrochen in eine andere, vielleicht bessere Welt.

Bei uns Menschen flossen die Tränen, und Anka konnte das plötzliche Verschwinden der lieb gewonnenen »Pflegemutter« so gar nicht verstehen. Unruhig und etwas verloren strich sie in Haus und Garten umher, kehrte immer wieder in freudiger Erwartung zum gemeinsamen Schlafplatz zurück, um sich umso frustrierter wieder auf die Suche zu begeben. So stieß sie unweigerlich irgendwann auf die Thujahecke und Fionas letztes, endgültiges Lager. In bester Vorstehermanier verhielt sie vor diesem unheimlichen Ort und sträubte ihre Nackenhaare. Wie Hilfe suchend fand mich ihr Blick.

Langsam trat ich an sie heran und streichelte ihren Kopf. »Der Fiona können wir nicht mehr helfen«, flüsterte ich ihr zu. Zögernd setzte sie sich auf ihre Keulen, während sie die Stelle fast fieberhaft bewindete. Plötzlich reckte sie den Fang in die Höhe und stieß ein wolfähnliches Geheul aus, das mir durch Mark und Bein drang. Mir schossen die Tränen in die Augen, denn ich war mir sicher: Anka hatte die Nähe des Todes wahrgenommen.

Fortan mied sie diese Stelle mit aller Konsequenz. Ihr gesamtes Verhalten veränderte sich auffallend. Im Revier vergaß sie zwar dieses einschneidende Erlebnis, arbeitete freudig die frische Hasenspur oder stand mit elektrisierter Rute dem Fasanenhahn vor. Doch nach Hause zurückgekehrt, verfiel sie schnell wieder in eine Art gedämpfte Melancholie. Für jagdliche Spiele oder für Training war sie nicht mehr zu begeistern, die Gänsefederschwinge an der Reizangel, hinter der sie vordem mit Inbrunst gehetzt hatte, interessierte sie kaum noch. Auch das Futter nahm sie fast widerwillig auf.

So wurden mit der Zeit die Stimmen immer lauter, die für Anka eine neue vierbeinige Gesellschaft forderten. Allen voran unsere zehnjährige Annika, die plötzlich ihr Interesse für die einschlägigen Jagdzeitschriften, und dort insbesondere für den Hundemarkt, entdeckte. Voller Eifer und Enthusiasmus studierte sie die seitenlangen Anzeigen, blätterte und verglich. Parallel wurde intensiv über die infrage kommenden Rassen diskutiert. Während Annika sich etwas Handliches, etwas zum Herzen und Liebhaben wünschte, tendierten meine Gedanken zwangsläufig mehr in Richtung jagdlicher Notwendigkeiten. Neben Anka als zukünftigem Vorstehhund wäre ein verlässlicher Schweißarbeiter das Maß aller Dinge. Sie werden wahrscheinlich schon ahnen, worauf sich die erst etwas ziellose Suche immer mehr konzentrierte: auf einen Rauhhaardackel.

Als ich dann an einem Samstagmorgen nach dem Stalldienst am Frühstückstisch erschien, wurde ich bereits von der übrigen Familie, angeführt von unserer Annika, geradezu mit Überschwang empfangen.

»Schau mal, Papa, hier werden Dackelwelpen aus jagdlicher Zucht angeboten. Mama sagt, das ist gar nicht weit weg. Wir könnten doch schnell mal hinfahren, nur mal so zum Gucken.«

Ich blickte in erwartungsvolle und gespannte Gesichter. »Das tut mir wirklich leid, Annika, doch in einer knappen Stunde kommt der Hufschmied, ich kann jetzt beim besten Willen nicht vom Hof.«

Das enttäuschte Schweigen und die traurigen Mienen trafen mich tief. Ein wenig ratlos und Hilfe suchend blickte ich meine Frau an.

»Na ja, die Fahrt könnte ich übernehmen. Aber es kommt dann nur Annika mit, denn wir wollen wirklich nur mal gucken. Entschieden wird noch gar nichts.«

Annika stimmte ein begeistertes Indianergeheul an und hüpfte, wild mit den Händen klatschend, wie ein Gummiball durch die Küche.

Nur wenig später fuhren die beiden vom Hof.

Obwohl mich der Hufbeschlag mit seinem Geruch verbrannten Horns beim Anpassen der Eisen etwas ablenkte, verblieb eine gewisse Unruhe. Wie würde wohl die Besichtigungstour meiner Erkundungstruppe verlaufen?

Die Antwort auf alle meine Fragen erhielt ich kurz vor Mittag, als meine Frau Susanne lachend und winkend auf unser Grundstück einbog. Daneben erblickte ich Annika mit verklärtem Gesicht, während ihre Hände ein kleines, eingerolltes Bündel auf ihrem Schoß fest umklammerten. Vorsichtig stieg sie aus dem Auto und streckte mir das Häuflein junges Leben entgegen. »Das ist meine Daisy«, verkündete sie voller Besitzerstolz. »Wir haben uns sofort ineinander verliebt. Sie wollte immer nur von mir gestreichelt werden, und wenn ich aufhörte, fing sie sofort an zu jaulen. Als wir uns dann von dem Förster verabschiedeten, lief sie, so schnell sie konnte, hinter uns her. Wir konnten sie einfach nicht zurücklassen.«

Vorsichtig nahm ich den kleinen Teckel in meine Hände. Er zitterte leicht, und die großen, dunklen Knopfaugen, die mich so eindringlich fixierten, verfehlten ihre Wirkung nicht. Nein, die Daisy hätte auch ich um nichts in der Welt zurückgelassen. Sie gehörte ohne jeden Zweifel zu uns.

Doch was würde Anka zu ihrem Artgenossen im Miniformat sagen? Und würde die Kleine den jagdlichen Ansprüchen gerecht werden können?

Sie können gespannt sein, ich war es auch.

Jugendliche Eskapaden

Das Wort »Respekt«, insbesondere gegenüber dienstälteren Kollegen, schien für Daisy ein Fremdwort zu sein. Ohne eine Spur Scheu marschierte sie schnurstracks auf Anka los, wedelte vorwitzig mit der Rute und platzierte sich demonstrativ auf dem am gemütlichsten aussehenden Kissen der gemeinsamen Lagerstatt in der Küche. Anka, hin und her gerissen zwischen Wahrung ihrer Ansprüche auf Autorität und Freude am neuen Sparringspartner, entschied sich letztendlich für die friedliche Koexistenz. Sie räumte großzügig das Feld.

Damit waren die Besitzverhältnisse geklärt, der Burgfrieden besiegelt und ein festes Fundament für ein harmonisches Miteinander gelegt.

Gemeinsam durchstreiften die beiden unser großes Grundstück und bildeten bald ein unzertrennliches Team. Das bekam insbesondere die recht stattliche Rattenpopulation schmerzhaft zu spüren, denn gegen die ausgeklügelte Jagdstrategie des wendigen Teckels und des antrittsstarken Drahthaars gab es kaum eine Rettung. Während Daisy sich in jede noch so kleine Ritze zwängte, um den Fährten der unliebsamen Untermieter zu folgen, wartete Anka angespannt und hoch konzentriert auf ihren möglichen Einsatz.

Unerbittlich trieb der kampflustige Teckel den unerwünschten Nager in die Enge. Alles Quietschen und Drohen nützte nichts. Mit einem schnellen Biss und abgrundtiefem Grollen beendete Daisy den turbulenten Kampf. Entkam ihr eine Ratte, quasi mit Flucht durch die Hintertür, setzte Anka zum Spurt an. Raketengleich schoss sie auf den feigen Flüchtling zu, packte ihn und schlug ihn sich blitzschnell um die Behänge. Natürlich kämpften die Ratten ums Überleben und wehrten sich tapfer. Daher ging auch für die beiden Hunde das Kampfgetümmel nicht immer ohne Blessuren ab. Doch dies bestärkte sie nur in ihrem Eifer.

Ich selbst war von diesem selbstlosen Einsatz natürlich äußerst begeistert und feuerte die beiden Streiter mit Rufen wie »Such voran«, »Putz sie weg« oder »Fass« an, wann immer ich konnte. Dabei bedachte ich leider nicht, dass Daisy und Anka diese zugegebenermaßen eher allgemein gehaltene Aufforderung auch auf andere Mitbewohner unseres Hofes beziehen könnten.

Erst wildes Gegacker und heftiges Flügelschlagen im Hühnerhagen belehrten mich schon bald eines Besseren. In wahrer Todesangst hetzte eine unserer Legehennen quer über das Grundstück. Daisy folgte – mit Spurlaut, wie ich immerhin mit Befriedigung feststellte – langsam, aber stetig dem Flüchtling. Während das Huhn erste Konditionsschwächen zeigte, behielt die Teckelhündin ihre konstante Geschwindigkeit bei, aus dem Spurlaut wurde eifriger Sichtlaut. Schon prallte unser Eierlieferant gegen den begrenzenden Zaun und flatterte, nach einem Schlupfloch suchend, am Drahtgeflecht entlang. Ohne auch nur einen Moment zu zögern, nutzte Daisy ihre Chancen und stürzte sich auf das Huhn, dass die Federn nur so stoben.

Dieses Ereignis ließ auch mich aus meiner Schockstarre erwachen, und ich griff verärgert in das Geschehen ein. Ich nahm die Beine in die Hand und rief schon von Weitem: »Pfui, Daisy, aus!« Die kleine Kröte jedoch ignorierte die aus weiter Ferne kommenden Befehle und beschäftigte sich weiter mit ihrem Opfer, das mittlerweile jegliche Gegenwehr aufgegeben hatte.

Nun war es aber endgültig genug! Wer nicht hören will, muss fühlen, dachte ich und packte Daisy kräftig am Genick. »Pfui ist das«, begann die Gardinenpredigt, während ich sie zurechtweisend schüttelte.

Die ganze Haltung meiner Hündin drückte zwar tiefstes Unverständnis darüber aus, warum sie sich diese einfältigen Federbündel auf zwei Beinen nicht greifen durfte, doch ließ sie die Hühner zukünftig in Ruhe.

Mir wurde jedoch klar, dass es an der Zeit war, unsere Daisy an ihre wahren jagdlichen Aufgaben heranzuführen.

Ich begann mit ersten, kurzen Futterschleppen. Das heißt, was immer ich am Straßenrand an frischem Fallwild fand, schleifte ich, zunächst nur auf kurze Distanz, über die an unser Grundstück angrenzende Wiese. Zwischendurch legte ich immer mal wieder einen kleinen Appetithappen auf die so entstandene künstliche »Wundfährte«. Am Ende dieser Fährte lag das Stück Fallwild oder zumindest Teile davon, außerdem eine größere Futtermenge als Belohnung für die erfolgreiche Arbeit.

Glücklicherweise verfügte Daisy über ein nie versiegendes Hungergefühl. Als dann die prägende Erkenntnis reifte, dass Fährte und Futter untrennbar miteinander verbunden waren, gab es kein Halten mehr. Obwohl die Stehzeiten der gelegten Schleppen immer länger wurden, die Distanzen sich stetig vergrößerten und auch immer kompliziertere Widergänge zunächst Rätsel aufgaben: Daisy ließ sich nicht vom rechten Weg abbringen. Mit tiefer Nase »pflügte« sie peinlich genau die Wundfährte entlang und fand immer.

Ihr Gesellenstück vollbrachte die Teckelhündin nur wenig später und, wie auf der Jagd so häufig, durch puren Zufall. In einem Maisschlag, der an die Wohldkoppel angrenzt – dieses mein kleines Waldrevier wird der eine oder andere Leser aus meinem Buch »Im Visier des Jägers« kennen –, steckten die Sauen. Schnell wurde eine spontane Drückjagd improvisiert. Als die Rotte, eine Bache mit fünf Frischlingen, flüchtete, wurde auf einen Frischling geschossen, wie man erzählte. Und der sei auch zur Strecke gekommen. Zufrieden mit diesem schnellen Erfolg rückte die gesamte Korona wieder ab.

Kurze Zeit später, noch in Unkenntnis der vorangegangenen Ereignisse, spazierte ich mit Tochter Annika samt Daisy im Schlepptau den Waldweg entlang, meine Kirrungen zu kontrollieren. Plötzlich stoppte Daisy und bewindete wie elektrisiert einige Grashalme am Wegesrand. Weder durch gutes Zureden noch durch heftiges Zerren an der Leine vermochte Annika den jungen Teckel von dieser Stelle fortzubringen. Verärgert beugte sie sich zu ihrem vierbeinigen Begleiter hinunter, der mit lauten Schnarchgeräuschen und zuckender Rute vehement in die angrenzende Buchenanpflanzung zu streben gedachte.

Plötzlich stutzte auch Annika. »Du, Papa, schau mal, hier schimmert es rot. Das sieht doch aus wie Blutspritzer.«

Diese Entdeckung konnte mich natürlich nicht unberührt lassen. Mit einigen schnellen Schritten eilte ich zum potenziellen Tatort. »Tatsächlich, du hast recht, hier liegt Schweiß«, flüsterte ich aufgeregt und verwundert zugleich.

Was war zu tun? Für eine ungewisse Nachsuche ins Blaue hinein schien mir Daisy noch zu jung und unerfahren. Ein frustrierender Misserfolg konnte alle bisherigen Ausbildungserfolge zunichtemachen. Andererseits ließ Daisy nicht den Hauch eines Zweifels daran, was sie zu tun gedachte. Vehement zerrte sie an der Führerleine, flinste und jaulte. Immer wieder drehte sie sich zu uns um, die dunklen Knopfaugen flehend auf uns gerichtet. Das gab den Ausschlag. »Such verwundt, mein Hund!«

Mit Feuereifer fiel sie die Fährte an, zwängte sich mit ihren kurzen, krummen Beinen durch kreuz und quer liegendes Altholz. Immer wieder verwies sie kurz einige Schweißtropfen, um mit unverminderter Energie die Suche fortzusetzen. Wir erreichten eine versumpfte Senke, mit mannshohen Brennnesseln bewachsen. Von Daisy selbst war zeitweise nichts mehr zu sehen, nur der straffe Riemen in der Hand wies uns den Weg. Während uns die Brennnesseln um Hände und Gesicht schlugen, arbeitete unser junger Teckel einige Etagen tiefer unerbittlich die Fährte weiter aus.

Endlich erreichten wir den Hochwald, hatten wieder freie Sicht. Doch freuten wir uns zu früh. Ein weitläufiger Brombeerverhau tauchte vor uns auf, den Daisy ohne zu zögern annahm. Wir stolperten hinterher. Zu dem feuerroten Ausschlag durch die Brennnesseln an Händen, Hals und Gesicht gesellten sich Schrammen und Kratzer. Dreißig, fünfzig, achtzig Meter ging die Reise durch das dornige Gestrüpp.

Zu allem Überfluss verfingen sich meine Füße in den endlosen Ranken, und ich schlug der Länge nach hin. Während ich mich noch fluchend aufrappelte, vernahm ich Annikas freudigen Aufschrei und Daisys wildes Geknurre. Hastig stürmte ich hinzu.

Da lag er, Daisys erster Frischling, mit einem Steckschuss im Gescheide, zwar verendet, aber noch warm. Offenbar war bei der Drückjagd nicht nur eine einzige junge Sau getroffen worden.

Während ich den Fünfzigpfünder am Hinterlauf aus dem Dornenwald zerrte, hing unser mutiger, ausdauernder Teckel am Teller der Sau und beutelte sie, dass es eine Freude war. Stolz und Hochgefühl waren dem Hund regelrecht anzusehen. Fast huldvoll und wie selbstverständlich nahm Daisy unser Lob entgegen, ließ dabei ihre Beute jedoch keinen Augenblick aus den Augen. Selbst im Auto platzierte sie sich direkt auf dem Frischling und bewachte ihren ersten großen Fang.

In diesem Moment war mir klar, was für eine kleine Löwin wir in unserer Mitte beherbergten. Auch wurde mir bewusst, dass dieser Hund geprägt sein würde für den Rest seines Lebens.

Was mein ist, bleibt mein

Das letzte Kapitel endete ja mit dem doch sehr gewagten Vergleich unserer Daisy mit einer Löwin. Wenn auch der Größenvergleich gewisse Abweichungen offenbart, lag ich, insbesondere was die Charaktereigenschaften betrifft, damit gar nicht so schlecht. Eine Löwin nämlich verteidigt ihre Beute kompromisslos und unerbittlich. Manche Afrikaexperten behaupten sogar, die große Raubkatze lege sich in den Hinterhalt, um ungebetene Zaungäste rigoros anzugreifen, sieht sie ihren Schmaus in Gefahr. Nun, was Löwen betrifft, kann ich diese These weder bestätigen noch dementieren. Daisy jedoch beherrscht diese Strategie bis zur Perfektion.

Geschossenes Wild landet bei uns, wenn es die Witterung zulässt, erst einmal in der großen, luftigen Scheune, um auszukühlen und auf die weitere Verarbeitung zu warten. Dabei hat sich im Laufe der Jahre so etwas wie ein Ritual entwickelt, das ich sehr schätze: Ich hänge den Bock, die Sau oder das Stück Damwild an den schweren Eisenträger und verweile für einen Moment davor. Dazu stelle ich mir einen Stuhl davor, betrachte eingehend die Beute und lasse das gesamte Jagderlebnis nochmals nachklingen.

Anka und Daisy legten stets größten Wert darauf, diesem besonderen Ereignis beizuwohnen. Nur musste ich peinlich darauf achten, dass die beiden gebührenden Abstand voneinander hielten. Denn so gut sie sich sonst auch verstanden, in diesem speziellen Fall beanspruchte jeder die Beute für sich, und es ging nicht ohne Knurren und Zähnefletschen ab.

War die Totenwacht am gestreckten Wild beendet, strebte alles wieder Richtung Haus. Daisy nutzte dann jeden unbeobachteten Augenblick, um heimlich, still und leise wieder durch die Terrassentür zu verschwinden. Rufen, Pfeifen oder Locken – nichts brachte den Teckel wieder zum Vorschein.

Beim ersten Mal, in Unkenntnis des wahren Sachverhalts, suchten wir bis spät in die Nacht, krempelten buchstäblich Haus und Grundstück um, ohne eine Spur von ihr zu entdecken. Wir machten uns die größten Vorwürfe, fürchteten um ihr Leben und bangten die ganze Nacht.

Am nächsten Tag, im ersten Dämmerlicht, blickte ich hoffnungsvoll nach draußen. Doch die Erwartung trog: Weit und breit keine Daisy, die an der Haustür, vielleicht etwas unterkühlt, sonst aber gesund und munter, Einlass verlangt hätte. Von unserem Teckel fehlte weiterhin jede Spur.

Mit hängenden Schultern marschierte ich Richtung Stall, um die Rinder und Schweine zu füttern, während Anka gut gelaunt neben mir trottete. Ich öffnete die Stalltür, trat in die Diele, warf einen kurzen Blick auf das am Eisenträger hängende Stück Rehwild. Anka ließ ich ebenfalls in das Stallgebäude hineinschlüpfen, da sie prüfen wollte, ob ihr Reh wirklich noch an Ort und Stelle hing.

Da ertönte ein bitterböses Grollen aus dem hinteren Teil der Diele, wo all unser Stroh lagerte. Auch Anka stellte die Nackenhaare hoch und warf sich in Kampfpositur. Langsam dämmerte es mir, wem wir den morgendlichen Schrecken zu verdanken hatten. Energisch, aber auch freudig überrascht marschierte ich auf den Strohhaufen los und entdeckte kurze Zeit später die so typischen schwarzen Knopfaugen unserer Daisy. Viel mehr war von dem ganzen Teckel aber auch nicht zu sehen.

Da hatte doch unsere kleine Löwin die ganze lange Nacht im Hinterhalt gelauert, um auf ihre Beute aufzupassen, und dabei sogar auf ihren heiß geliebten Komfortplatz in der Küche verzichtet.

Diese Strategie verfolgt sie bis zum heutigen Tag, und wehe dem, der sich unberechtigt an das geborgene Wild heranwagt. Ich darf Ihnen im Vertrauen verraten, dass die urplötzlich aus den Strohballen herausschießende Kanonenkugel schon so mancher gut gemeinten Trophäenbeschau ein jähes Ende bereitete. Erfüllt es den Hundeführer und Jäger insgeheim mit Stolz, wenn der vierbeinige Weggefährte sozusagen mit vollem Körpereinsatz das Ergebnis einer gemeinsamen Pirsch oder eines Ansitzes verteidigt, so sind die Folgen, wie zum Beispiel blaue Flecken an den Waden, häufig mehr als peinlich und nachbarlichen Beziehungen nicht gerade förderlich. Doch Daisy ließ sich weder durch gute Worte noch durch angedrohte oder gar vollzogene Sanktionen von ihrer vorgefassten Meinung abbringen: Das Wild gehörte ihr und ihrem Jäger, wehe dem Fremden, der dies ignorierte.

Zu unserem großen Leidwesen bezogen sich diese Besitzansprüche nie nur auf jagdliche Beutestücke, sondern auf das gesamte Grundstück. Jeder, der nicht dem engeren Familienzirkel zuzurechnen war, vom Postboten angefangen bis hin zu Freunden und Bekannten, wurde vehement attackiert. Jeder halbwegs erfahrene Hundeführer wird wahrscheinlich den Kopf schütteln über so viel inkonsequentes Handeln und fehlerhafte Hundeausbildung. Doch ich muss es gestehen, wir konnten es einfach nicht besser.

Zum Schutz von Leib und Leben unserer Gäste sowie vor allen weitergehenden Schadenersatzansprüchen von deren Seite blieb Daisy also angeleint, wenn mit Besuch zu rechnen war. Doch mehr als einmal gelang es ihr, sich unbemerkt aus der Halsung zu winden und ihr Missfallen über den ungebetenen Ankömmling durch eine Attacke aus dem Hinterhalt in aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen.

Abgesehen davon, dass sie gegen Fahrradfahrer, aus welchen Gründen auch immer, einen besonderen Groll hegte, verstärkte sich dieser Beschützerinstinkt vor allem bei einbrechender Dunkelheit. Einmal der einschränkenden Leine entkommen, pirschte Daisy argwöhnisch über das gesamte Grundstück, um uns vor potenziellen Eindringlingen zu schützen.

Eine besonders dramatische Wendung nahm die Angewohnheit ausgerechnet an einem der kürzesten Tage des Jahres, dem Weihnachtsabend.

Gemäß alter Väter Sitte erschien bei uns jedes Jahr zu Einbruch der Dunkelheit der Weihnachtsmann, um die von den Kindern lang ersehnte Bescherung durch die Verteilung der Geschenke einzuleiten. Aus dramaturgischen Gründen läutete er bereits auf der langen Zufahrt zu unserem Hof, einige Zeit vor seinem Erscheinen, eine große Kuhglocke aus Messing, um alle Kinderherzen noch ein wenig höher schlagen zu lassen.

Sie können sich wahrscheinlich vorstellen, dass wir bei sechs Töchtern mit einem Altersunterschied von etwa dreizehn Jahren so einige Besuche des rot gewandeten heiligen Mannes erleben durften. Ich rechne es meinen älteren Töchtern noch heute hoch an, dass sie gegenüber ihren jüngeren Schwestern die Existenz des Weihnachtsmannes nie anzweifelten. Treu nach dem Motto »The Show must go on« trugen sie ihre Gedichte oder Lieder vor und ließen damit ihren Geschwistern die Freude an diesem besonderen Moment.

Im Laufe der Jahre wechselte aus verschiedenen Gründen die handelnde Hauptperson, sprich der Weihnachtsmann, sodass jeweils eine erneute Einweisung in das übliche Prozedere notwendig wurde.

Auch im betreffenden Jahr hatte ein entsprechender Wachwechsel stattgefunden, und ein guter Freund aus dem Dorf wartete, wahrscheinlich genauso aufgeregt wie wir, auf seinen erstmaligen Einsatz.

Anfangs klappte alles wie am Schnürchen. Alle versammelten sich in der großen Küche und blickten erwartungsvoll auf die Terrasse. Die einen mit wissender Miene, die anderen, jüngeren, mit gespannten Gesichtern, doch alle mit leuchtenden Augen. Es dunkelte immer mehr, und nicht die kleinste Schneeflocke trübte an diesem Weihnachtsabend die klare Sicht.

Da: Ein leises Glockengeläut, fast unwirklich klingend, schallte durch die Stille des Heiligen Abends. »Der Weihnachtsmann kommt, ich habe seine Glocke gehört«, flüsterte Levke, unsere Jüngste, mit belegter Stimme.

Immer dichter und lauter, in rhythmischen Abständen, ertönten die Sphärenklänge. Gleich musste er mit seinem schweren Sack voller Geschenke hinter der Thujahecke erscheinen und auf die Terrasse zusteuern. Die Kinder traten unruhig von einem Bein auf das andere, warteten aufgeregt auf den großen Moment.

Doch nichts geschah. Weder Rentiere noch Schlitten und erst recht kein Weihnachtsmann erschien auf der bereiteten Bühne.

Auch das Geläut war verstummt, setzte jedoch plötzlich wieder ein und steigerte sich in ein wildes Gebimmel, das sich schnell entfernte. Ich stutzte. War nicht zwischen all den hektischen Glockentönen auch ein Hundebellen zu hören gewesen? Ich warf einen schnellen Blick auf die Hundeecke in der Küche. O Gott, Daisy glänzte durch Abwesenheit.

Mir schwante nichts Gutes, und leise verdrückte ich mich durch die Hintertür, um unbemerkt nach dem Rechten zu sehen. Zwischen den Thujen hindurch schlich ich auf unsere Auffahrt, die, ich hatte es befürchtet, von Daisy mit bösartigem Knurren und aufgestelltem Nackenhaar bewacht wurde, während neben ihr der schwere Geschenkesack lag.

Mit schnellem Griff packte ich den Teckel und sperrte ihn erst einmal in den Stall. Dann ging es im Laufschritt zurück, um den geflüchteten Weihnachtsmann zu suchen. Der saß, demoralisiert und mit gehetztem Blick, in seinem Auto, das er unweit von unserer Auffahrt geparkt hatte. »Das Biest hätte mich fast gefressen«, stammelte er immer noch fassungslos.

Nun, zwei große Doppelkorn halfen über den ersten Schrecken hinweg, und nach der ersten Bescherung folgte dann ohne weitere Zwischenfälle die zweite, friedvolle.

Auf der Spur

Spricht man über den jagdlichen Einsatz der Teckel, kommen einem natürlich sofort die Baujagd auf den Fuchs sowie die Arbeit nach dem Schuss in den Sinn. Während sich Daisy bei der Schweißarbeit viele Male bewähren konnte, tendierten die Einsätze im dunklen, muffigen Untergrund eher gegen null. Das lag zum einen an der Struktur meines Waldrevieres. Dort gab es keine überschaubaren Knickkanten, aus denen man den Hund notfalls per Einschlag beziehungsweise Grabung hätte retten können. Stattdessen existierten zwei weitläufige, mehrstöckige Mutterbauten, die tief in das teils felsige Erdreich hineinragten. Hier fühlten sich die Dachse ganz besonders wohl. In großer Anzahl besiedelten sie diese sicheren Burgen und hätten jedem Eindringling einen lebensbedrohlichen Empfang bereitet.

Zum anderen genoss Daisy einen unanfechtbaren Status als allseits beliebter und geliebter Familienhund. Die Vorstellung, sie könne, von ihrem Widersacher verklüftet, einen grausamen Erstickungstod erleiden oder gar, schwer geschlagen, langsam in den verzweigten Gängen des unterirdischen Verlieses verbluten, weckte bei meiner Frau und unseren Töchtern die heftigsten Beschützerinstinkte. Allein die Ankündigung, gemeinsam mit Daisy den einen oder anderen Bau zu revidieren, führte zu heftiger Kritik sowie der Aufzählung wahrer Horrorszenarien, die selbst dem Hartgesottensten das Blut in den Adern gefrieren ließ. Das Ende vom Lied war – Sie werden es schon ahnen: Ich verzichtete auf derartige Übungseinheiten, obwohl ich Daisy damit sicherlich keinen Gefallen tat. Ihre Passion nämlich war gewaltig, und jeder Fuchs- oder Dachsbau, der nach ihrem Dafürhalten befahren war, zog sie magnetisch an. An den von der Familie als ungefährlich eingestuften Fuchsschleppen arbeitete sie leidenschaftlich und fand den abgelegten Fuchs mit hundertprozentiger Sicherheit. Um ihr eine besondere Freude zu bereiten, ließ ich Daisy die letzten Meter vor dem Ziel von der Leine. So schnell sie ihre kurzen krummen Beine nur tragen konnten, stürzte sie sich auf den Gegenstand ihrer Begierde und schüttelte den längst verendeten roten Freibeuter mit aller Kraft und Inbrunst.

Nur ein einziges Mal hatte unser so talentierter Teckel Gelegenheit, einen regulären Zweikampf mit einem Fuchs auszufechten. Wenn diese Episode auch eher in den Bereich der Nachsuchen gepasst hätte, erzähle ich Ihnen, in Ermangelung anderer Highlights in Sachen Fuchs, die Geschichte schon jetzt. Ich bitte um Vergebung.

Alles begann mit der Meldung der Polizei über einen Wildunfall. Ein rotes Tier sei an diesem frühen Samstagmorgen plötzlich vor einem Auto auf die Straße gesprungen, habe dessen Kotflügel touchiert, sich kurz überschlagen und sei dann in der angrenzenden Wohldkoppel, meinem kleinen Waldrevier, im Unterholz verschwunden.

Da die Fahrerin wegen der versicherungstechnisch wichtigen Bestätigung noch vor Ort wartete, fuhr ich, mit Daisy im Gepäck, sogleich zum Ort des Geschehens. Eine genaue Inspektion des Fahrzeuges ergab eine leichte Delle im Kotflügel, einige nicht näher definierbare Haare sowie wenige Tröpfchen Schweiß. Eine Befragung der aufgeregten Fahrerin über die mögliche Wildart führte auch zu keinen neuen Erkenntnissen. »Na, rot eben«, war die etwas hilflose Antwort.

Nach Erhalt der Versicherungsbestätigung über den Wildunfall rückte die Fahrerin sichtlich erleichterter ab, bedauerte noch einmal kurz das arme Tier und überließ mir vertrauensvoll alle weiteren Schritte, um das bemitleidenswerte Opfer vielleicht doch noch einer tierärztlichen Rettung zuführen zu können.

Mir fiel erst einmal nichts Besseres ein, als Daisy an der Leine an die Unfallstelle heranzuführen. Und siehe da, nach intensivem Bewinden des infrage kommenden Stückchens Asphalts hatte sie scheinbar ihre Schlüsse gezogen. Mit geblähten Nasenflügeln und, für mich verwunderlich, gesträubtem Nackenhaar führte sie mich zielstrebig in die junge Mischwaldkultur hinein. Da der Bestand kurz vorher das erste Mal durchforstet worden war, lagen überall kreuz und quer Zweige, Äste und junge Bäumchen umher, die die Arbeit für den kurzläufigen Teckel natürlich erheblich erschwerten. Doch Daisy ließ sich nicht beirren, weder von den Hürden und Hindernissen noch von einem Hasen, der knapp vor uns aus seiner Sasse fuhr und sein Heil in der Flucht suchte. Nur ich hatte meine Schwierigkeiten, die Leine schnell genug zu entwirren, wenn sie sich wieder in dem Geäst verfangen hatte. Ich wollte ja Daisy in ihrer Suche nicht bremsen. So konzentrierte ich mich viel zu sehr auf die vermaledeite Leine, die sich immer wieder verhedderte, anstatt auf das Terrain vor uns zu achten.

Und schon passierte es! Daisy schlüpfte voller Tatendrang in einen aufgeschichteten Gestrüpphaufen hinein. Augenblicklich geriet das Buschwerk in stärkste Bewegung, begleitet von wildem Kampfeslärm und Gekecker. Reflexartig riss ich an der Leine und beförderte meine Hündin wieder ins Freie. Doch damit erschien nicht nur Daisy wieder in meinem Blickfeld, sondern auch ein Jungfuchs, in dessen Drossel sich der Teckel bereits heftig verbissen hatte und die er auf Gedeih und Verderb nicht gedachte loszulassen. Während mein mutiger Kampfdackel den Kontrahenten immer noch fast ekstatisch beutelte, hauchte dieser bereits sein junges Räuberleben aus, zuckte nur noch ein wenig mit Läufen und Lunte. Nach erstem Abliebeln »So, fein, mein Hund, so ist es recht!« folgten einige schärfere Worte, um Daisy dazu zu bewegen, dass sie von ihrer Beute abließ. Endlich konnte ich den Fuchs genauer betrachten.

Schnell wurde mir klar, warum diese Konfrontation so schnell und einseitig zugunsten des Teckels entschieden worden war. Dem armen Kerl war durch den Zusammenstoß mit dem Auto der gesamte Fang zertrümmert worden, sodass ihm jede Chance zu einer aktiven Gegenwehr von vornherein genommen war. Ein langsamer und schleichender Hungertod wäre unabwendbar sein Schicksal gewesen. Bei dem Anblick kam Bedauern in mir auf, aber auch Genugtuung, ihm diese Quälerei erspart zu haben. Daisy hingegen ließen derartige Gefühlsduseleien erkennbar kalt. Voller Stolz und schier überschwappendem Selbstbewusstsein lief und sprang sie neben mir her. Ich bin mir absolut sicher, aus Daisy wäre ein Bauhund par excellence geworden, hätte ich sie nur gelassen.

Doch nicht nur für die Arbeit im Untergrund, sondern auch für die hohe Jagd des Brackierens hätte sie sich begeistern können, hätte ihr Führer ihr nur die Gelegenheit dazu geboten. Das beweist die folgende kleine Begebenheit.

Für Daisys Teamkollegin, die Drahthaarhündin Anka, stand alsbald die Verbandsjugendsuche auf dem Programm, daher wurde eifrig geübt. Nun stellt bekanntlich die Hasenhetze, im Optimalfall mit Sicht- und Spurlaut, eine der wesentlichen Prüfungsaufgaben dar. Zu unserer großen Freude war Anka mit Feuereifer bei der Sache. Einmal an der Hasensasse angesetzt, folgte sie dem flüchtenden Langohr raketengleich und auf das Eifrigste Laut gebend über die weitläufigen Äcker und Felder bis an den Horizont.

Zwar konnten wir auch in unserer Wohldkoppel mit einem guten Hasenbesatz aufwarten, doch verzichtete ich vorsichtshalber in diesem unübersichtlichen Waldrevier auf etwaige Trainingseinheiten. Zu groß schien mir das Risiko, dass der Hund auf die Fluchtfährte eines anderen Tieres wechseln könnte, ohne dass wir überhaupt etwas davon bemerkten. Verfolgt der Hund in einem derartigen Fall auch noch Rehwild, ist die Wandlung zum jagdlich unbrauchbaren Hetzer und Changierer komplett.

Um dieses Risiko von vornherein auszuschließen, blieb Anka also fein an der Leine, wenn es durch den Wald ging. Daisy indessen, der wir solche Aktionen allein aufgrund ihrer Anatomie nicht im Geringsten zutrauten, trottete dann häufig treu und brav – diesen Eindruck verstand sie jedenfalls glänzend zu vermitteln – nebenher.

Sie ahnen sicherlich schon, was jetzt kommt, kommen muss. Natürlich liefen wir direkt einen sich in seiner Sasse drückenden Hasen an, und natürlich stand dieser nur wenige Meter vor uns auf, um das Hasenpanier zu ergreifen.

Während ich die einspringende Drahthaarhündin mit scharfen Worten und einer ganzen Portion Kraft im letzten Moment an der weiteren Verfolgung des strammen Waldhasens hindern konnte, nutzte Daisy diese verführerische Gelegenheit und startete mit hitzigem Gebell ihre Offensive. Meine Töchter Annika und Freya und selbst ich, der erfahrene Jägersmann, pfiffen und riefen aus Leibeskräften, doch ohne jeden Erfolg. Hilflos und frustriert sahen wir zu, wie sich Jäger und Gejagter immer weiter entfernten und schließlich ganz im Wald verschwanden. Auch der Hetzlaut verklang irgendwann im Rauschen des Blattwerks, und nur das Zwitschern der Meisen unterbrach hin und wieder die aufkommende Stille. In Gedanken verfluchte ich mein inkonsequentes Verhalten bei den vergangenen Gehorsamsübungen, denn, ich gebe es zu, so einem kleinen Teckel lässt man doch leichter etwas durchgehen als einem größeren Hund.

Doch alle Selbstvorwürfe und alle Verärgerung nützten nichts. Daisy war verschwunden, hinterherlaufen war sinnlos. Also hieß es stehen bleiben, abwarten und auf eine baldige Rückkehr hoffen. Auch Annika und Freya bangten um ihre kleine Daisy, das war nur allzu deutlich von ihren Gesichtern abzulesen.

»Du, Papa«, sagte Freya plötzlich leise, »hoffentlich stößt Daisy nichts zu.«

»Ein Teckel weiß sich immer zu helfen«, antwortete ich optimistisch, »was soll ihr denn passieren?«

»Na ja, vielleicht wird sie ja auch von einem Habicht gefressen«, mutmaßte Freya mit belegter Stimme.

Diese Feststellung kam nicht von ungefähr, denn wenige Wochen vorher hatte sich ein Bekannter, übrigens ein überzeugter Greifvogelschützer, für viel Geld einen kleinen Chihuahua-Welpen zugelegt. Mit diesem spazierte er mit Vorliebe durch den Wald, um seine gefiederten Freunde, vor allem die mit krummen Schnäbeln und scharfen Krallen, zu beobachten. Dabei durfte das kleine, vorwitzige Hündchen auch schon mal ohne Leine vorweglaufen, denn was konnte so ein putziger Schoßhund, noch dazu im Kindesalter, schon anrichten? So lief auch an diesem Morgen der abenteuerlustige Chihuahua ein ganzes Stückchen vorweg, um die unbekannte Welt des Waldes zu erkunden, während sein Herrchen mit dem Fernglas auf ornithologischer Entdeckungstour war.

Plötzlich löste sich aus den Ästen einer alten Buche ein großer grauer Schatten, schwenkte zielsicher auf den Waldweg ein und war Sekunden später über dem arglosen Hundewelpen. Kraftvoll schlug der Habicht seine haarnadelspitzen Fänge in den Rücken seines Opfers und trug das noch laut klagende Bündel Hund davon. Mein Bekannter blieb allein geschockt und entsetzt zurück. Unnötig zu sagen, dass sich sein Faible für die so eleganten und majestätischen Greifvögel von diesem Tag an merklich abkühlte.

Ich wollte natürlich die Ängste und Befürchtungen meiner Töchter nicht noch unnötig schüren. »Der Daisy passiert schon nichts«, wiederholte ich energisch, »wir bleiben hier an der Stelle, wo sie ihre Hetze begonnen hat, denn hierher wird sie auch zurückkommen. Seid jetzt leise und horcht, ob ihr sie vielleicht hören könnt.«

Also standen wir bewegungslos am selben Fleck, lauschten in den Wald hinein und hingen unseren Gedanken nach.

Dann ab und zu ein leises Rascheln. War wahrscheinlich nur eine Maus. Da, wieder, schon etwas lauter. Aufmerksam folgten vier Augenpaare den sich nähernden Geräuschen, denn auch Anka war die Annäherung nicht verborgen geblieben.

Und plötzlich war er da, der Mümmelmann, hoppelte zielstrebig in Richtung der Sasse, die er so unfreiwillig hatte verlassen müssen. Immer wieder sicherte er zurück, machte hie und da ein Männchen in die Richtung, aus der er eben gekommen war.

Der Hase nur wenige Meter vor uns überforderte Ankas Nervenkostüm doch zusehends, und sie begann leise zu flinsen. Das wiederum entging dem aufmerksamen Langohr nicht. Unverzüglich setzte er seine eilige Flucht fort. Während wir noch alle Blicke auf den Hasen richteten, raschelte es wieder, und hechelnd, mit tiefer Nase die Spur ausarbeitend, erschien, wir wagten es kaum zu glauben, unsere Daisy. Glücklich und erleichtert stürmten Annika und Freya auf sie zu, nahmen sie auf den Arm, drückten und herzten sie überschwänglich.

Mit Freude und Stolz blickte ich auf das Trio und vor allem auf Daisy. Wenn das keine Brackenarbeit war, dann weiß ich es auch nicht.

Vermisst

Wie viele Emotionen, wie viele Ängste stecken doch in diesem einen Wort. Etwas Vertrautes, Bekanntes, Umsorgtes, ja Geliebtes ist plötzlich verschwunden, ist nicht mehr da, wo es eigentlich sein sollte. Ich spreche dabei nicht von irgendwelchen Gegenständen, die sich unverständlicherweise nicht mehr am gewohnten Platz befinden, sondern von Menschen oder auch Tieren, die einem besonders nahestehen.

Der Atem stockt, das Herz krampft sich zusammen, aufkommende Panik droht den klaren Verstand zu blockieren, wenn zum Beispiel feststeht: Unser Kind ist weg!

Genau das widerfuhr uns an einem herrlichen, sonnigen Frühlingstag im Wonnemonat Mai. Nach einer kühlen, regnerischen Zeit strahlte endlich wieder die Sonne von einem blauen, fast wolkenlosen Himmel. All unsere Töchter zog es magnetisch nach draußen. Sie tollten ausgelassen auf unserem großen Grundstück inmitten der Felder und Äcker herum.

Auf 5000 Quadratmetern verteilt sich natürlich auch eine größere Kinderschar, und nur das ausgelassene Rufen und Lachen verriet den ungefähren Standort unserer spielenden Töchter. Ab und zu ließ sich zwar die eine oder andere sehen, von Hunger oder Durst getrieben, um ebenso schnell wieder, mit Obst oder Süßigkeiten ausgestattet, auf dem überdimensionalen Spielplatz zu verschwinden.

Auch unsere Hunde Anka und Daisy sowie all das andere Getier wie die Kaninchen, Gössel oder Entenküken wurden in das bunte Treiben einbezogen. Kurz gesagt, es herrschte pure Lebensfreude.

Irgendwann neigte sich auch dieser wundervolle Nachmittag dem Ende zu. Das Abendbrot wartete auf die ausgepowerte, hungrige Kinderschar. Also läutete meine Frau die alte Schiffsglocke, die wir speziell für derartige Sammelrufe unter dem Carport angebracht hatten. Diese Form der Kommunikation besaß ihre Vorzüge. Man schonte die eigenen Stimmbänder, das System funktionierte auch bei Stromausfall oder ähnlichen Widrigkeiten, und alle wussten sogleich Bescheid, dass es etwas Nahrhaftes gab.

Daher dauerte es nach dem weit schallenden Signal auch gar nicht lange, bis die ersten ausgezehrten Naturforscherinnen und -entdeckerinnen eintrudelten. Schließlich drängten alle Richtung Küche – mit Ausnahme unserer fast fünfjährigen Inga, die durch Abwesenheit glänzte. Verärgert über die Missachtung des »Bitte kommen«-Signals, brachten wir die sonst so bewährte Glocke abermals zum Einsatz, diesmal noch eine Spur eindringlicher. Vergeblich, keine Inga lugte mit schlechtem Gewissen um die Hausecke.

Allmählich wurden wir doch unruhig, und ich marschierte mit lauten »Inga«-Rufen kreuz und quer über das Grundstück. Auch diese Maßnahme blieb jedoch wirkungslos. Von unserer Kleinen war weder etwas zu sehen noch zu hören.

Zurück in der Küche, blickten mich alle fragend an. Ich schüttelte nur den Kopf, worauf Susanne, meine Frau, augenblicklich die Initiative ergriff: »Wir gehen jetzt alle raus und suchen mit!«, lautete das Kommando.

Nur Augenblicke später schwärmten alle aus, um die fehlende Schwester aufzuspüren. Wir stellten das gesamte Grundstück auf den Kopf, durchstöberten bis in den letzten Winkel das Haus, die Stallungen, die Maschinenhalle, kontrollierten jeden Busch und Strauch, schauten in jede Tonne, in jedes Gewächshaus, durchwühlten Heu und Stroh. Doch alles blieb ohne Erfolg, von Inga fehlte nach wie vor jede Spur.

Langsam kam Angst auf, Angst um die Tochter, um die Schwester. Erste Horrorszenarien begannen in unseren Köpfen herumzuspuken. Was wäre, wenn Inga unbemerkt Richtung Straße gegangen wäre und ein Autofahrer sie …? Unmöglich! Das Tor zur Auffahrt war fest verschlossen, bildete ein unüberwindbares Hindernis für ein fünfjähriges Kind. Oder etwa doch nicht? Könnte es nicht sein, dass …?

Zu allem Überfluss neigte sich die Sonne bereits stark zum westlichen Horizont, und die Zeit, in der die Dämmerung einsetzen würde, war absehbar. Damit stand eines fest: Wir benötigten Hilfe.

Kurze Zeit später fanden sich meine Eltern, die Schwiegereltern und einige Nachbarn ein, um uns bei der weiteren Suche zu unterstützen. Eingedenk der eben beschriebenen Katastrophenvisionen sowie der fortgeschrittenen Tageszeit hielten wir es für besser, auch die Polizei in das weitere Geschehen einzubinden. Der Streifenwagen ließ nicht lange auf sich warten. Die Polizeibeamten nahmen Ingas Personalien auf, baten um ein aktuelles Foto und informierten uns über den weiteren Ablauf der Fahndung. Auch befragten sie uns über mögliche verdächtige Autos mit fremden Kennzeichen, denn im etwa dreißig Kilometer entfernten Bad Segeberg habe ein Mann versucht, kleine Mädchen in seinen Pkw zu locken. Wenn Sie wüssten, wie weich mir die Knie wurden!

Doch dann nahm die Geschichte eine überraschende Wende. Meine Mutter war in der Zwischenzeit langsam unseren Hofweg hinabgewandert, der als Sackgasse direkt in der Feldmark endet. Daran schließt sich eine etwa dreißig Hektar große Ackerfläche an. Sie war in jenem Jahr mit Raps bestellt, der üppig und hoch gewachsen in voller Blüte stand. Der Feldweg nun war vollständig mit Gras bewachsen bis auf ein etwa tennisschlägergroßes Stückchen einer ausgetrockneten Wasserpfütze. In diesem noch feuchten Schlamm zeichnete sich undeutlich der Schuhabdruck eines Kinders und, wer hätte das gedacht, eines kleinen Hundes ab.

Zwar war auch der Suchtrupp bereits einige Male den Weg hoch und runter gelaufen, doch es musste erst meine Mutter mit ihren Adleraugen kommen, um dieses erste wichtige Indiz für Ingas Verbleib zu entdecken. Und der kleine Hund konnte doch nur Daisy gewesen sein. Erst jetzt stellten wir fest, dass auch unser Teckel sich in Luft aufgelöst hatte, nur war das bei dem ganzen Trubel noch keinem aufgefallen.

Diese Erkenntnis führte zwangsläufig zu einer Kette von Gedankengängen, Spekulationen und vagen Vermutungen. Inga weg, Daisy weg – beide Spuren führten einträchtig nebeneinander in das Rapsfeld. Das konnte nach den Gesetzen der Logik nur eines bedeuten: Die beiden hatten in ihrem ungeheuren Forscherdrang diese für sie unbekannten, verlockenden Gefilde angesteuert und steckten jetzt irgendwo in diesem Verhau undurchdringlicher Blütenpracht.

Dieser Erkenntnis konnten auch die beiden engagierten Polizeibeamten einiges abgewinnen. Da ein fährtensicherer Polizeihund zu dieser Zeit im gesamten Kreis Plön nicht verfügbar war, schlug einer der beiden den Einsatz des Megafons vor, um Inga oder Daisy oder am besten gleich beide dazu zu bewegen, ihre gelb blühende Stängelwildnis eilends zu verlassen und flugs an den heimischen Herd zurückzukehren. So recht mochte ich zwar nicht an die Erfolgsaussichten der geplanten Aktion glauben, doch ich mühte mich redlich und rief in allen Tonlagen nach Kind und Hund. Dank der technischen Hilfen schallten meine Bitten um Rückkehr weit über das riesige Rapsfeld.

Dort regte sich nichts, doch da die verstärkten Schallwellen auch unser Dorf erreichten, strömte alsbald ein ganzer Pulk Fahrradfahrer auf unseren Hof. Sie nahmen an einer Rallye teil und waren neugierig geworden, was hier wohl los war. Die Polizei reagierte zum Glück prompt und resolut. Innerhalb kürzester Zeit lichteten sich die Reihen der Schaulustigen, und wir konnten unsere Rettungsaktion ungehindert fortsetzen.

Inzwischen legte sich die Dämmerung immer mehr über das Land. Es musste schleunigst etwas passieren. Allein die Vorstellung, vor allem Inga irgendwo in diesen dreißig Hektar Raps mutterseelenallein nächtigen zu lassen, trieb uns den kalten Angstschweiß auf die Stirn. Nicht nur, dass Kälte und Einsamkeit die kindliche Psyche auf ewig prägen würden. Auch die Bachen pflegten im Raps ihre Kinderstuben einzurichten und reagierten auf Störungen, zum Beispiel durch menschliche Annäherung, überaus gereizt.

Da hatten wir es wieder, das »Was wäre, wenn …«. Wie in aller Welt sollte Inga die mögliche Attacke einer aufgebrachten Bache abwehren können?

Von purer Verzweiflung getrieben, nahmen meine Mutter und ich die nächstmögliche Fahrgasse an, um im günstigsten Fall gebückt, meistens jedoch auf allen Vieren der hypothetischen Spur zu folgen, während Susanne durch das Megafon weiter flehentlich Rückkehrparolen verkündete. Genauso geräuschvoll wie die Beschallung vollzog sich unser Durchmarsch im Kriechgang längs der schmalen Fahrgasse. Es knickte, es knackte, es raschelte, es ruschelte.

Dann erfolgte wie aus heiterem Himmel die Attacke. Ein braunes Etwas stürmte uns entgegen, doch es grunzte nicht, es quiekte nicht, es bellte und knurrte. Das war keine Sau, die uns annahm, um ihre Frischlinge zu verteidigen, sondern Daisy, die erkennbar noch keinen Wind von uns hatte und tapfer die kleine Inga zu verteidigen gedachte.

Wir riefen ihren Namen, pfiffen, klatschten in die Hände, und sie erkannte uns. Angriff und Wut schlugen um in grenzenlose Freude. Endlich nahte die Unterstützung. Schwanzwedelnd und aufjaulend stürmte sie auf uns zu, ließ sich herzen und drücken.

»So, Daisy, wo ist Inga? Such sie! Zeig sie uns!«

Wie selbstverständlich drehte sie um, arbeitete mit tiefer Nase vorweg, wartete, wenn das Stängelgewirr zu dicht wurde und wir nicht schnell genug folgen konnten. Dann stoppte sie, zeigte uns einen von Ingas Schuhen.

O Gott, nur ein Schuh! Wo war bloß das Kind? Daisy sah sich um. Habt ihr sie gefunden?, schien sie zu fragen. Okay, also weiter! Nach wenigen Metern fanden wir den zweiten, festgeklemmt zwischen zwei Stängeln.

»Inga, wo bist du? Sag was! Melde dich doch!«, riefen wir in die Blütenpracht hinein. Doch es war zum Verzweifeln, keine vertraute Kinderstimme gab die erlösende Antwort. Daisy drehte sich aufgeregt im Kreis, jaulte und wollte weiter. Wieder feuerten wir sie an: »Such, Daisy, wo ist die Inga?«

Und dann fanden wir sie. Mit angezogenen Knien hockte sie zwischen den leicht nach Kohl riechenden Stängeln. »Ich konnte doch nicht nach Hause, ich habe doch meine Schuhe verloren«, hörten wir sie noch sagen, bevor wir sie in den Arm nahmen.

Ersparen Sie mir weitere Kommentare. Nur so viel: Es flossen Tränen, Freudentränen, denn wir hatten unsere Inga wieder. Daisy hatte sie gefunden.

Damit ist die Geschichte zu Ende. Doch lassen Sie mich eine weitere anfügen, die zwar so gar nichts mit unseren Töchtern zu tun hat, wohl aber mit der Überschrift des Kapitels. Denn auch hier sorgte Daisy dafür, einen Vermissten wiederzufinden und somit Kummer und Sorge in pure Freude zu verwandeln.

Wenn bei uns das Telefon an einem Sommertag morgens um fünf Uhr klingelt, kann dies in der Regel nur eines bedeuten: Die Polizei bittet um Unterstützung bei einem Wildunfall. Auch dieses Mal bestätigte sich meine Vorahnung.

Kurze Zeit später startete ich Richtung Wohldkoppel. Da nicht klar war, ob das angefahrene Stück Rehwild bereits verendet im Straßengraben lag oder noch in den angrenzenden Wald flüchten konnte, nahm ich Daisy vorsichtshalber mit.

Den Ort des Geschehens fand ich mühelos, denn der Mercedes S-Klasse stand am Straßenrand, und ein älteres Ehepaar lief aufgeregt auf dem Fahrradweg auf und ab. Mit Erleichterung wurde ich begrüßt und sah auch sogleich die übel zugerichtete Ricke mausetot auf dem Grünstreifen liegen.

Das wird zum Glück ein kurzer Einsatz, dachte ich bei mir, als die grau melierte Dame in ihrem schnittigen Kollektionskleid mit verheultem Gesicht auf mich zustürmte. »Sie müssen uns helfen!«, rief sie mir zu und ergriff flehend meine Hand.

»Sind Sie verletzt? Soll ich vielleicht einen Krankenwagen alarmieren?«, fragte ich besorgt, als ich in das bleiche Gesicht blickte.

»Nein, nein, uns geht es gut, aber Poldi ist weg.«

Verdutzt schaute ich sie an. »Wer ist denn Poldi?«

»Na, unser kleiner Zwergpudel. Er ist ja so sensibel. Als wir nach dem Unfall die Wagentüren öffneten, um auszusteigen, sprang Poldi von meinem Schoß und lief voller Panik in den Wald. Wir haben schon alles versucht, er kommt aber einfach nicht zurück. Hoffentlich ist meinem kleinen Liebling nichts zugestoßen, das könnte ich mir nie verzeihen. Bitte, bitte, so helfen sie uns doch!«, sprudelte es aus ihr heraus.

Voller Bedenken schüttelte ich den Kopf. »Wenn ihr Hund nicht von selbst zurückkehrt, können wir nur hoffen, dass Spaziergänger ihn entdecken oder er sich an eines der umliegenden Häuser herantraut.«

Schluchzend schlug sie ihre Hände vors Gesicht. »Dafür ist Poldi viel zu ängstlich. Dann ist er verloren. Sie müssen ihn einfach retten, Sie sind doch ein Jäger.«

Ich fühlte mich an meiner Ehre gepackt und setzte dabei meine ganze Hoffnung in Daisy, mit der ich die ungewöhnliche Suche zu starten gedachte. Doch schon als ich die Heckklappe meines Wagens öffnete, um Daisy herauszulassen, bekam diese Wind von der verendeten Ricke und strebte unverzüglich auf die leichte Beute zu. Für sie war die Suche quasi beendet, denn das Wild war doch geborgen.

Nur mit vielen guten Worten brachte ich sie dazu, den Straßenrand abzusuchen, um den vermeintlichen Fluchtweg des so schmerzlich vermissten Pudels zu finden. Und tatsächlich, ich wagte meinen Augen nicht zu trauen, verhielt sie an einer Stelle und zog langsam in den Bestand hinein.

Nun konnte es sich natürlich auch um den Auswechsel der Ricke gehandelt haben, doch da ich auf keinerlei Pirschzeichen hoffen durfte, fiel mir nichts Besseres ein, als ihr zu folgen. Immer wieder verhielt sie und blickte sich zu mir um, als wolle sie fragen, ob dies denn wirklich die Fährte sei, die sie arbeiten sollte. Aufmunternd klopfte sie.

»So ist es recht, Daisy, such verloren.« Etwa hundert Meter legten wir eher zögerlich als zielstrebig in dem Buschwerk zurück, als Daisy plötzlich stockte und regelrecht vorstand. Da sah ich auch schon einen schwarzen Klumpen Haare aus einem Haufen toter Äste und Zweige hervorschimmern. Vorsichtig schob ich das Totholz beiseite und entdeckte wirklich den kleinen Pudel, der sich zitternd auf den Waldboden drückte. Ein daumendicker Ast hatte sich unter das mit Pailletten besetzte Halsband geschoben und so seinen panischen Lauf jäh gestoppt.

Ich liebelte Daisy gehörig ab und nahm den furchtsamen Pudel dann auf den Arm, während ich beruhigend auf ihn einredete. Eifersüchtig knurrte mein Teckel von unten herauf. Pudel Poldi schmiegte sich angstvoll an mich, um ja nicht an Daisy zu geraten.

Für das ältere Ehepaar waren wir die Helden des Tages. Ich fühlte Befriedigung in mir aufsteigen. Doch Daisys Verhalten war mir ein Rätsel und ist es bis heute geblieben: Was kann den Teckel wohl dazu animiert haben, der Spur eines Artgenossen zu folgen und dafür die eigentliche Beute zu verlassen?

Fit in allen Lebenslagen

Teckeln sagt man, wie ich meine zu Recht, gewisse grundlegende Charaktereigenschaften nach, die sie von anderen Hunderassen gravierend unterscheiden. Dazu zählen eine gewisse Eigenwilligkeit bis hin zur Sturheit sowie die Fähigkeit, auch brenzlige Situationen mit einer gehörigen Portion Flexibilität und Erfindungsgeist heil zu überstehen.

Lassen Sie uns zunächst bei der Eigenwilligkeit verweilen. Viele behaupten ja, es handle sich dabei weniger um eine genetische Vorprägung, sondern vielmehr schlichtweg um mangelnde Konsequenz des Führers bei der Durchsetzung des Gehorsams. Nun ja, an dieser These mag schon etwas Wahres dran sein. Auch mir fällt es ehrlich gesagt schwerer, einen kleinen Teckel beispielsweise in die Downlage zu zwingen, als etwa einen Deutsch-Drahthaar. Der Zwangsapport verbietet sich fast von selbst, denn was, bitte schön, soll ein Teckel später in der jagdlichen Praxis apportieren?

Zudem benötigt gerade diese Hunderasse ein Quäntchen an Eigenwilligkeit und Eigenständigkeit, um bei der Baujagd erfolgreich zu sein. Denn unter der Erde ist der kleine Hund auf sich gestellt, kann sich nicht rückversichern, sondern muss das Duell unter Tage allein ausfechten. Da nützt ihm bedingungsloser Gehorsam gar nichts, nur sein eigener Mut, sein eigener Wille helfen ihm wirklich weiter.

Dabei darf diese Eigenwilligkeit natürlich nicht ausarten und sich gegen seinen Herrn oder die Familie richten. Ich kann mich noch gut an den Langhaardackel einer verstorbenen Tante erinnern, der regelmäßig seinen sogenannten Rappel bekam. Wenn zur Mittagszeit alle am Tisch saßen, um das gemeinschaftliche Mahl einzunehmen, raste die wild gewordene Furie wie ein Berserker unter die festlich gedeckte Tafel und verbiss sich in jeden Fuß und jede Wade, die ihm in die Quere kam. Erst als alle mit noch knurrendem Magen auf den Stühlen standen, verzog sich das krummbeinige Ungetüm zufrieden in sein heimeliges Körbchen und mutierte wieder zum sittsamen Dackel.

Zur Ehrenrettung unserer kleinen Jagdbegleiter sei gesagt, dass auch andere Rassen durchaus eine Schreckensherrschaft errichten können, wenn nicht wirklich klar ist, wer im Rudel das Sagen hat.

Die Drahthaarhündin eines Bekannten zum Beispiel hatte sich als abendlichen Ruhesitz das Wohnzimmersofa auserkoren. Sie war auch nicht bereit, diesen geruhsamen Ort mit ihrem Herrn – wenn wir ihn denn so nennen können – zu teilen. Im Gegenteil, jedwede Annäherung an das begehrte Möbelstück wurde vonseiten des Hundes mit furchterregendem Geknurre und gefletschten Zähnen quittiert. – Sie sind entrüstet? Ich war es auch. – Sie wollen wissen, welche Schritte zur endgültigen Klärung der Situation unternommen wurden? Sie werden es nicht glauben, es ist jedoch wahr. Es stehen nun zwei Sofas im Wohnzimmer. Gelobt seien Toleranz und pädagogische Kenntnisse.

Derartige Entgleisungen hätte sich unsere Daisy selbstverständlich nie erlaubt, ich ihr im Übrigen auch nicht. Doch auch sie besitzt so ihre bevorzugten Plätze zum Relaxen und Chillen. Achtung, diese Begriffe entstammen nicht dem jagdlichen Vokabular, sondern dem Wortschatz meiner Kinder. Sie sind also meinerseits ein Zugeständnis an die Jugend.

Bei einem dieser Plätze handelt es sich um den Kamin, der in unserer großen Wohnküche steht und bei schlechtem Wetter den Raum mit wohliger Wärme erfüllt. Die Kinder schieben sich dann mit Vorliebe einen großen Sessel davor, genießen die angenehmen Temperaturen und das prasselnde Feuer. Auch Daisy kann dem viel abgewinnen und versucht stets, mit List und Tücke einen Platz an der Sonne, respektive dem Kamin, zu ergattern. Dabei wendet sie regelmäßig die allen Hundepsychologen wohl bestens bekannte Betteltechnik an – zumindest ich habe diese Taktik so getauft.

Es beginnt mit schmachtenden Blicken vom etwa zwei Meter entfernten Hundeplatz aus. Erste tiefe Seufzer leiten die weiteren Schritte ein. Es folgt ein fast schleichender Rundgang um die Sessel. Hängen nackte Extremitäten wie Hände oder Füße weit genug hinab, werden diese liebevoll beleckt oder leicht angestupst. Verfehlen diese Maßnahmen ihre beabsichtigte Wirkung, nimmt Daisy direkt vor dem Sessel Platz und legt den Fang auf die Sitzfläche. Dabei richtet sie ihre ausdrucksvollen dunklen Knopfaugen wie hypnotisierend auf das Kindergesicht, dabei leise flinsend. Schon wird sie emporgehoben und auf dem Schoß platziert. Dort verfällt sie augenblicklich in eine Art Totenstarre, streckt alle viere weit von sich, um möglichst viele Körperpartien der wohltuenden Wärme auszusetzen – Aktion erfolgreich beendet!

Ein weiterer heiß geliebter Ruhe- und Rastplatz befindet sich im sogenannten Bügelzimmer. Hier wird zweckmäßigerweise nicht nur gebügelt, sondern auch alles gelagert, was Kleidung und Wäsche betrifft. Entsprechend entsteigen diesem Raum angenehmste Düfte nach frischer, fluffiger Wäsche, die auch Daisys feiner Nase nicht entgingen. Während im oberen Bereich Anzüge, Hemden, Kleider und Ähnliches hängen, lagern unten, wohl aufgestapelt und in strahlendem Weiß, die Bettwäsche und gleich daneben die aus feinstem Leinen hergestellten Tischdecken für die große Festtafel.

Das alles stellte für einen die Sauberkeit und Gemütlichkeit liebenden Dackel zweifellos eine verlockende Perspektive dar. Ich muss gestehen, aus Daisys Hundesicht konnte ich gewisse Gelüste, den nächtlichen Aufenthaltsort dorthin zu verlegen, durchaus nachvollziehen. Trotzdem und aus gutem Grund war dieser Raum für Unbefugte absolut tabu, und diese Restriktion der aufmerksamen Hausherrin wurde normalerweise peinlich genau beachtet. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag Ende Oktober.

Bereits den ganzen Tag fegten dunkelgraue Wolken am Himmel dahin. Der Sturm rüttelte mit Macht und Gewalt an Fenstern und Türen. Ein Regenschauer nach dem anderen peitschte über die abgeernteten Felder und unseren Hof. Ein typischer Tag also, um nach dem Grundsatz »Binnen is beter als buten« zu leben, wobei ich der festen Überzeugung bin, dass auch die Nicht-Plattdeutschen diesen Spruch richtig zu interpretieren wissen.

Der Abend nahte, und eines stand fest: Die Hunde warteten auf ihren abendlichen Spaziergang, um am nächsten Morgen keine übel riechenden Überraschungen präsentieren zu müssen. Wieder peitschte der Regen mit voller Wucht an die Fenster, dass es nur so prasselte, während in der Küche der bereits bekannte Kamin wohlig flackerte. Wer würde wohl nach draußen müssen? Alle guckten sich an und hofften inständig, dass dieser Kelch an ihnen vorübergehen würde. Ich weiß nicht mehr, wer die zündende Idee hatte: »Wir lassen die Hunde einfach raus. Ihre Geschäfte können sie auch alleine machen, da brauchen sie uns doch nicht dazu. Bei diesem Sauwetter sind Anka und Daisy doch auch gleich wieder zurück, da müssen wir uns keine Sorgen machen.«

In der Tat, ein verlockender Gedanke, der dort vorgetragen wurde und flugs eifrige Anhänger fand. Also wurde kurzerhand die Tür geöffnet und die beiden auf die Reise geschickt. Es dauerte auch nicht lange, da stand Anka schon vor der Terrassentür und gebärdete sich wie unbändig, um wieder Einlass in Geborgenheit und vor allem Wärme zu finden. Von Daisy indes war nichts zu hören oder zu sehen.

Schnell ließ Annika die pudelnasse Drahthaarhündin herein, während ihr der Regen ins Gesicht klatschte. Anka zwängte sich blitzschnell durch den Türspalt, um sich zu aller Entsetzen erst einmal ausgiebig das Wasser aus dem Fell zu schütteln. Nachdem dieses ungebührliche Verhalten lautstark moniert worden war, galt unser aller Sorge natürlich der armen Daisy, die allem Anschein nach den Weg zurück ins traute Heim nicht fand und nun den Unbilden des Wetters schutzlos ausgeliefert war.

Stunde um Stunde verging, doch Daisy blieb verschwunden. Kein hilfloses Jaulen vor der Tür, kein eifriges Kratzen oder Hochspringen an den Scheiben der Terrassentür. Das alles ließ mir keine Ruhe. Ich beschloss kurzerhand, mich auf die Suche zu begeben. Also ging ich durch den Wirtschaftsraum zum rückwärtigen Ausgang, um die Kummer gewohnte Wachsjacke überzuziehen und mich dem Sturm und dem Regen zu stellen.

Doch was war das? Die Tür war gar nicht ganz verschlossen und klapperte leicht im Windzug hin und her. Anscheinend hatte eines der Kinder sie nicht richtig verriegelt und der Sturm hatte sie aufgedrückt. Und noch etwas war nicht zu übersehen. Abdrücke matschiger Hundepfoten führten quer durch den Raum Richtung Bügelzimmer.

Mir schwante nichts Gutes, und mit scharfer Stimme rief ich nach Daisy. Keine Reaktion, doch da die Dreckspur eindeutig Einbahnstraßencharakter aufwies, hatte ich keinerlei Zweifel über den Verbleib unseres pfiffigen Dackels. Mit schnellen Schritten folgte ich der verräterischen Fährte und riss die nur angelehnten Schranktüren eine nach der anderen auf.

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Glossar

abfährten

– 

nach Fährten absuchen

Absehen

Zielmarkierung am Zielfernrohr der Waffe (Fadenkreuz, Zielstachel etc.)

Alea iacta est

(lat.) Der Würfel ist gefallen.

angewölft

angeboren (beim Hund und hundeartigen Tieren)

befahren

In der Jägersprache heißt ein »bewohnter« Fuchsbau »befahren«.

Behänge

(hängende) Ohren eines Hundes

bewinden

beschnüffeln

Bockdoppelflinte

Jagdwaffe, bei der zwei Läufe (für Schrot und für Kugeln) übereinander angeordnet sind

Brackieren

eine Art des Jagens, bei der der Hund das Wild (Fuchs oder Hase) mit → Spurlaut auf den Jäger zutreibt

Brenneke-Patronen

Flintenlaufgeschosse; im Gegensatz zur Schrotmunition sind sie Einzelgeschosse

Bruch

Abgebrochene grüne Zweige in bestimmten Konstellationen waren früher ein wichtiges Verständigungsmittel der Jäger untereinander; heute werden sie z. B. zur Kennzeichnung des Anschusses verwendet und sind Teil des jagdlichen Brauchtums.

Buschieren

Jagdform, bei der der Hund unübersichtliches Gelände in geringem Abstand vor dem Jäger nach Wild absucht

Damspießer

Ein Spießer ist ein (junger) Hirsch, dessen Geweih noch die Form von Spießen (nicht Schaufeln) hat.

Drossel

Luftröhre des Wildes

Drückjagdbock

ein speziell für eine Treibjagd angebrachter Hochsitz

einbögeln

Ein Jagdhund versucht eine Fährte (wieder) zu finden, indem er Bögen schlägt.

Fallwild

Wild, das tot aufgefunden wird, ohne dass es erlegt wurde

Forkelverletzung

Verletzung, die beim Forkeln (Zweikampf mit dem Geweih) entstanden ist

frischen

Junge gebären (bei Wildschweinen)

Fuchsschleppe, Futterschleppe

→ Schleppe

Gänge

Schritte

Gebräch

von Wildschweinen durchwühlter Boden

Gebrech

Maul (bei Wildschweinen)

geflügelt

in der Jägersprache auch: flügellahm geschossen

Geheck

der Nachwuchs von Raubtieren

Gössel

Gänseküken

Grasbulten

mit Gras bewachsene Bodenerhebungen (in moorigem Gelände)

Hegebeitrag

finanzieller Beitrag zur Wildhege in einem bestimmten Revier, auch als Schadensausgleich

Hüftgelenksdysplasie

eine Verformung der Hüftgelenke, die die Beweglichkeit eines Hundes beeinträchtigt

innehaben

trächtig sein

Kirrung

Lockfutter

Knick

Hecke als Einfriedung

Kopfhund

der Rudelfüher in einer Hundemeute

Laufschuss

Schuss, der das Wild am Lauf trifft

Lungenschweiß

→ Schweiß

Mutterbau

ein Fuchs- oder Dachsbau, der bereits über Generationen → befahren ist und wo u. a. Jungtiere zur Welt kommen und aufgezogen werden

nomen est omen

(lat.) Der Name ist ein Vorzeichen. Bedeutung: Der Name sagt es.

ramentern

rumoren, lärmen

Reizangel

ein Gerät, um den Hund zu trainieren und seinen Beutetrieb anzuregen: An einem Stock mit einer Schnur hängt etwas, was den Hund durch seinen Geruch, sein Aussehen oder einfach durch seine Bewegung reizt.

Riemenarbeit

Der Hund folgt an der Leine einer Fährte.

Sachsband

Band zum Zusammenhalten von Strohballen u. Ä.

scheibenbreit

Der Ausdruck besagt, dass sich das Wild dem Jäger »wie eine Zielscheibe« präsentiert.

Schleppe

Eine zwecks Trainings eines Jagdhundes für die → Schweißarbeit künstlich angelegte Wundfährte, an deren Ende ein totes Stück Wild (oder ein Teil davon) liegt. Zu Belohnungszwecken wird sie oft mit Futterbrocken »garniert«.

Schmaltier

(bei Damwild/Rotwild) weibliches Tier im zweiten Lebensjahr, das noch keine Jungen hat

Schof

Familienverband von Enten oder Gänsen

Schweiß

in der Jägersprache das Blut eines verletzten Stückes Wild

Schweißarbeit

Suche auf der Fährte eines blutenden (»schweißenden«) Stückes Wild

Sichtlaut

Lautäußerung (hohes, jaulendes Bellen) des Hundes, während er dem Wild mit Sichtkontakt folgt

Spinne

Euter

Spurlaut

Lautäußerung (hohes, jaulendes Bellen) des Hundes, während er der Spur des Wildes ohne Sichtkontakt folgt

Standlaut

Verbellen des gestellten Wildes durch den Jagdhund

Stokern

→ Buschieren

Stubendressur

die ersten Abrichtungsschritte mit dem Hund im Alltag

Teller

Ohr (bei Wildschweinen)

Träger

Hals

Troll

eine Gangart des Wildes, entspricht dem Trab beim Pferd

Überläufer

Wildschwein im zweiten Lebensjahr

umschlagen

um ein unwegsames Gebiet herumgehen und die hinein- und herausführenden Fährten prüfen

Verbandsjugendprüfung