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Dass Wörter und zusammengesetzte sprachliche Ausdrücke eine wörtliche Bedeutung haben, ist allen Sprecher:innen einer Sprache mehr oder weniger bewusst. Doch wie lässt sich diese Bedeutung (unabhängig vom kommunikativen Sinn) präzise und genau beschreiben? Und wie ergibt sich die Bedeutung von komplexen Ausdrücken aus den Einzelteilen? Mit genau diesen Fragen beschäftigt sich die linguistische Semantik, in die dieses Buch kompakt einführt. Dabei orientiert es sich nach einer Übersicht über grundlegende Annahmen der Semantik sowie einem Überblick über Bedeutungsrelationen an den für die Sprachdidaktik wichtigen Wortarten und Beschreibungsebenen: Semantische Aspekte von Verben und den Kategorien der Nominalphrase, Adjektiven, sogenannten "Füllwörtern" sowie Appositionen werden anschaulich und ausführlich behandelt. Durch seinen Fokus auf unterrichtsrelevante Kategorien ist dieses Buch insbesondere an den Bedürfnissen von Lehrer:innen und Lehramtsstudierenden ausgerichtet.
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Seitenzahl: 203
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Daniel Gutzmann / Katharina Turgay
Semantik
DOI: https://doi.org/10.24053/9783381114023
© 2025 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen
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Internet: www.narr.deeMail: [email protected]
ISSN 2566-8293
ISBN 978-3-381-11401-6 (Print)
ISBN 978-3-381-11403-0 (ePub)
Die Frage, was Semantik ist, lässt sich augenscheinlich sehr knapp und direkt beantworten:
Semantikist das Teilgebiet der Linguistik, das sich mit der Beschreibung und Analyse von konventioneller Bedeutung befasst.
Wenn Sie diese Antwort zufriedenstellen würde, hätten Sie dieses Buch allerdings kaum vor sich.
☑︎ Semantik ist die Wissenschaft von konventionellen Bedeutungsaspekten.
☑︎ Semantische Bedeutung ist konventionell und weitgehend kontextunabhängig.
☑︎ Die semantische Bedeutung von zusammengesetzten Ausdrücken ist kompositionell: Die Bedeutung ergibt sich aus der Bedeutung der Einzelteile und der Art ihrer Verbindung.
☑︎ Semantik lässt sich in lexikalische Semantik und kompositionelle Semantik einteilen.
☑︎ Die Referenztheorie der Bedeutung sieht die Bedeutung von Ausdrücken in den Dingen, für die diese stehen.
☑︎ Die Bedeutung eines Satzes ist sein Wahrheitswert.
☑︎ Semantik beschäftigt sich nicht damit, was wichtige Ausdrücke wie „Freiheit“ bedeuten sollen.
Es lohnt sich also, der Frage, was Semantik ist und warum wir die Semantik als eigenes Teilgebiet ernst nehmen sollten – nicht nur in der Sprachwissenschaft, sondern auch in der Lehrer*innenausbildung und im schulischen Unterricht – etwas genauer nachzugehen. Betrachten wir zum Einstieg zunächst folgenden Satz, der als einer der berühmtesten Sätze in der Linguistik gelten kann:
(1)
Farblose grüne Ideen schlafen wild.
Der Satz ist von der Form her korrekt und entsprechend den Regeln des Deutschen gebildet. Inhaltlich geht hier aber eigentlich alles schief, was schiefgehen kann: Ideen können (wörtlich genommen) nicht grün sein und auch nicht schlafen. Aber selbst, wenn sie es könnten, dann könnten grüne Ideen nicht farblos sein, und wenn Ideen schlafen könnten, dann wären sie nicht wild.
Der Satz in (1) wurde von Noam Chomsky (1957: 15) angeführt, um zu zeigen, dass wir die Grammatik eines Satzes vollkommen losgelöst von seiner Bedeutung beurteilen können. Denn wenn nicht, dann müssten wir (1) als ungrammatisch bewerten. Doch es gibt keine grammatische Regel des Deutschen, die die Bildung von (1) verhindern würde. Auch wenn die Absicht von Chomskys Beispiel eine andere war, so verdeutlicht sein Beispiel, ebenso wie (1), dass wir nicht nur die Form eines Satzes, sondern auch dessen Bedeutung erfassen und beurteilen können. Dies zeigt sich auch in Sätzen, die zwar ungrammatisch sind, deren Bedeutung wir aber dennoch relativ problemlos erfassen können:
(2)
*Filip gingte in der Kino.
(3)
*Blanka hat drei Apfelsafts bestellen.
* – Sprachliche Beispiele, die ungrammatisch sind, werden durch den vorangestellten Asterisk * markiert.
Bei der Korrektur von Arbeiten von Schüler*innen haben Lehrkräfte vermutlich vergleichsweise wenig Probleme damit, zu erkennen, dass Sätze wie (2) und (3) Grammatikfehler aufweisen und können dies sicher auch relativ klar benennen. Doch welche Fehler liegen in (1) vor? Hier tun sich Lehrkräfte vermutlich schwerer (abseits von vagen Korrekturangaben wie „Wort“ oder eventuell „Logik“), insbesondere dann, wenn es darum geht, den Schüler*innen auch zu erklären, was genau an solchen Sätzen semantisch gesehen problematisch ist. Derartige Schwierigkeiten sind vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Relevanz von semantischen Überlegungen für den Schulunterricht (sowohl von Seiten der Studierenden als auch der Dozierenden) in der universitären Lehrer*innenausbildung unterschätzt wird und die Syntax als „wichtiger“ und relevanter für den Schulunterricht betrachtet wird. Ziel dieses Bandes ist es, aufzuzeigen, dass semantische Überlegungen, wie sie in der sprachwissenschaftlichen Forschung betrieben werden, durchaus wichtige Erkenntnisse und Einsichten für angehende und praktizierende Lehr*innen und den Schulunterricht anbieten können. Dies ist nicht nur, aber auch deshalb wichtig, weil – und das wird in diesem Band immer wieder deutlich werden – viele Lehrwerke und auch etablierte Traditionen, wie grammatische Phänomene eingeführt werden, entsprechendes semantisches Wissen der Lehrpersonen implizit voraussetzen. Die Vertrautheit mit semantischer Terminologie, semantischer Analyse und ein geschulter Umgang mit semantischen Fragestellungen kann also zu einem tieferen Verständnis für grammatische Phänomene führen. Auch dies hoffen wir mit diesem Band zu erreichen.
Die vorangegangene Diskussion zeigt, dass wir die Semantik genauso wie die Syntax als eine eigenständige Beschreibungsebene des Sprachsystems betrachten sollten, und zwar auch wenn es um den schulischen Grammatikunterricht geht. Und traditionellerweise wird die Semantik, ebenso wie die Syntax, zu den sogenannten fünf Kerngebieten der Linguistik gezählt.
Die fünf Kerngebiete der Linguistik:
Phonologie: Laute, Lautsystem, Silben
Morphologie: Wörter und deren Struktur
Syntax: Phrasen (Wortgruppen) und deren Struktur
Semantik: konventionelle Bedeutung
Pragmatik: konversationelle Bedeutung
Während sich die ersten drei Disziplinen vorwiegend mit Form und Struktur von Sprache beschäftigen, wird in der Semantik und Pragmatik der sprachliche Inhalt betrachtet. Sowohl Semantik als auch Pragmatik beschäftigen sich also mit der Bedeutung. Der Unterschied zwischen Semantik und Pragmatik ist, dass sich die Semantik mit der vorwiegend kontextunabhängigen und konventionellen – also wörtlichen – Bedeutung von sprachlichen Ausdrücken befasst, während in der Pragmatik kontextabhängige, konversationelle Bedeutung – also Bedeutung, die im Gespräch entsteht – Gegenstand der Betrachtung ist. Semantische Bedeutung ist demnach eine wörtliche Bedeutung, die konventionell festgelegt ist und an die sprachlichen Ausdrücke gebunden ist. Für lexikalische Ausdrücke gilt dabei, dass die Relation zwischen einem Ausdruck und seiner Bedeutung willkürlich ist (man sagt auch arbiträr dazu). Das heißt, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Laut- oder Schriftgestalt eines Ausdrucks und seiner Bedeutung gibt. Aufgrund dieser Willkürlichkeit bzw. Arbitrarität muss die Bedeutung von lexikalischen Ausdrücken durch sprachliche Konventionen festgelegt sein, da sie nicht aufgrund des sprachlichen Ausdrucks selbst erschließbar ist. Und da diese konventionelle Bedeutung fest mit dem Ausdruck verbunden ist (und es auch möglich sein muss, diese in der Sprechgemeinschaft erlernen zu können), sind für die konventionelle Bedeutung eines Ausdrucks kein oder nur ein sehr enger Kontext und auch keine interpretativen Schlüsse nötig (anders als bei der pragmatischen Bedeutung). Schauen wir uns dies an einem Beispiel an.
(4)
A:
Wo ist Filip?
B:
Die U35 ist ausgefallen.
Die wörtliche Bedeutung der Äußerung von B ist, dass die U-Bahn der Linie 35 ausgefallen ist. Der Schluss, den A aus der Äußerung von B ziehen kann, nämlich, dass der Ausfall der U-Bahn verantwortlich für den Verbleib von Filip sein könnte, weil bekannt ist, dass Filip normalerweise die U35 nimmt, ist nicht Teil der wörtlichen Bedeutung der Äußerung von B, sondern ist Teil der pragmatischen Bedeutung, da für diesen Schluss ein Kontext bzw. Welt- oder Hintergrundwissen nötig ist. Außerdem hat die rein konventionelle Bedeutung von (4B) nichts mit dem Verbleib von Filip zu tun. Dieser Bezug entsteht nur im Rahmen des Gesprächs und ist folglich nicht konventionell, sondern konversationell.
Wir sehen in (4) noch eine weitere Eigenschaft der semantischen Bedeutung: die Kompositionalität. Dies bedeutet, dass sich die konventionelle Bedeutung eines komplexen Ausdrucks oder eines Satzes (wie hier 4B) aus der Bedeutung der Teile des komplexen Ausdrucks oder des Satzes und deren Verknüpfung ergibt, in (4B) also aus den Bedeutungen der Ausdrücke, die den Satz bilden. Dies nennt sich das Kompositionalitätsprinzip und es ist ein Ziel von semantischen Theorien, dieses Prinzip zu modellieren.
Kompositionalitätsprinzip
Die Bedeutung eines zusammengesetzten Ausdrucks ergibt sich aus der Bedeutung seiner Teile und der Art und Weise, wie diese zusammengesetzt werden.
Das Prinzip der Kompositionalität bedeutet auch, dass die semantische Bedeutung von komplexen Ausdrücken nicht mehr rein arbiträr ist, da sie sich dann aus der Bedeutung der Teile zusammensetzt, welche wiederum dann auf letztendlich arbiträre Wörter zurückführen. Deswegen widersprechen sich Konventionalität und Kompositionalität als zwei elementare Eigenschaften von semantischer Bedeutung auch nicht.
Kompositionalität zeigt sich übrigens nicht nur bei Phrasen (schulgrammatisch: Wortgruppen) oder Sätzen, sondern auch bei komplexen Wörtern, die aus mehreren bedeutungstragenden Einheiten bestehen, wie die Wortbildungen in (5).
(5)
a.
Apfelsaft, Apfelkuchen
b.
unschön, unklar
Die Bedeutung der komplexen, zusammengesetzten Ausdrücke in (5a) ergibt sich aus der Bedeutung der beiden Bestandteile, also aus Apfel und Saft bzw. Kuchen. Auch die komplexen Ausdrücke in (5b) erhalten die Gesamtbedeutung aus den Einzelbedeutungen der beiden Einheiten un- und schön bzw. klar. Auch wenn un- kein selbständiges Wort ist, so trägt es dennoch eine Bedeutung, die in etwa so viel wie nicht bedeutet.1
Die Beispiele oben und die daran anschließende knappe Diskussion zeigen, dass die Semantik sich zum einen mit Bedeutungen von einzelnen Wörtern, aber auch mit der Bedeutung von komplexeren Ausdrücken befasst, weshalb die Semantik grob in zwei große Bereiche aufgeteilt werden kann: die lexikalische Semantik und die kompositionelle Semantik.
Die lexikalische Semantik beschreibt und analysiert die Bedeutung von einzelnen Wörtern (oder Wortteilen), Wortgruppen oder auch Wortarten, weshalb sie häufig auch Wortsemantik genannt wird.1 Neben der Bedeutung von einzelnen Ausdrücken geht es häufig auch um das Verhältnis zu anderen, verwandten Wörtern derselben Klasse oder um die Bedeutungsfacetten, die ein Wort annehmen kann. Auf diese semantischen Relationen werden wir in Kapitel 2 zu sprechen kommen. Die kompositionelle Semantik hingegen beschreibt, wie der Name vermuten lässt, wie sich die Bedeutung komplexer Ausdrücke systematisch (also: kompositionell) aus den Bedeutungen der einzelnen Teile und der Art der Zusammenfügung berechnen lässt. Da diese komplexen Ausdrücke oft Sätze sind, wird auch häufig von Satzsemantik gesprochen, wenn man die kompositionelle Semantik meint.
Lexikalische Semantik
Kompositionelle Semantik
Untersucht die Bedeutung von Wörtern und Wortteilen
Untersucht die Bedeutung von Phrasen und Sätzen
Bedeutung der Ausdrücke ist konventionell („lexikalisch“)
Bedeutung der Phrasen wird kompositionell aus den Einzelteilen berechnet
Untersucht die semantischen Verhältnisse zwischen Ausdrücken und Ausdrucksklassen
Untersucht die abstrakten Regeln, nach denen die Bedeutungen zusammengesetzt werden
Lexikalische und kompositionelle Semantik
In dem vorliegenden Buch werden beide Bereiche der Semantik besprochen, auch wenn wir uns die eigentlichen kompositionellen Mechanismen nicht im Detail anschauen werden, da diese zu viel formalen Apparat benötigen würden. Zudem sollen das Inventar an Kategorien und Methoden samt Terminologie ebenso wie semantische Aspekte der Wortarten betrachtet werden, da diese für den schulischen Unterricht eine Relevanz zeigen.
Wie wir gerade dargelegt haben, untersucht die Semantik als Teildisziplin der Linguistik die sprachliche Bedeutung von (einfachen und komplexen) Ausdrücken. Nun ist der Ausdruck Bedeutung notorisch mehrdeutig. Wenn außerhalb der Sprachwissenschaft die Frage gestellt wird, was ein bestimmter Ausdruck bedeutet, dann geht es in den anschließenden Diskussionen häufig (aber nicht immer) um tatsächliche Fragen, wie sie in der linguistischen Semantik diskutiert werden. Wenn beispielsweise die Frage „Was ist Freiheit?“ in den Raum geworfen wird, dann geht es darum, dass über das Konzept Freiheit diskutiert wird; also beispielsweise die Bedingungen, die gelten müssen, damit sich eine Person frei fühlt oder wie viel Spielraum in der Gesellschaft gelten muss, damit das Ideal der Freiheit vorliegt. Oder wenn gefragt wird, was es heute im Gegensatz zu „früher“ bedeutet, ein „Mann“ zu sein. Auch dann wird nicht unbedingt eine semantische Diskussion über die Bedeutung Mann geführt, sondern über die Konzepte, Vorstellungen, Stereotypen oder Ideale, die mit dem Ausdruck verbunden sind. Diese mögen mit der Semantik des Ausdrucks zusammenhängen, aber nicht zwangsläufig Teil von der Bedeutung sein.
Darüber hinaus wird der Begriff Bedeutung alltagssprachlich auch für Aspekte verwendet, die über die semantische Bedeutung hinausgehen und somit eher pragmatischer Natur sind (6a) oder es geht um generelle Schlüsse, die eher in außersprachlichen Zusammenhängen liegen als in der Sprache und somit der Semantik selbst (6b).
(6)
a.
Wenn es total schüttet und jemand sagt „Schönes Wetter“, dann bedeutet das, dass die Person das Wetter nicht schön finde.
b.
Wenn eine Person einer anderen immer Blumen schenkt, dann bedeutet das, dass die Person positive Gefühle für die andere Person hat.
Wir können also festhalten: In vielen Debatten, die in einem nicht-linguistischen Kontext über die Bedeutung oder die „Semantik“ von Ausdrücken geführt werden, geht es gar nicht um die Bedeutung eines Ausdrucks bzw. es geht nicht um semantische Bedeutung.
Doch selbst in den Fällen, in denen tatsächlich über die Semantik eines Ausdrucks diskutiert wird, sind diese meist keine Diskussionen wie sie in der linguistischen Semantik als Wissenschaft von Bedeutung geführt werden. Denn die semantischen Debatten außerhalb der Wissenschaft betreffen eher die Frage oder den Streit darüber, was Ausdrücke bedeuten sollen und nicht darüber, was sie tatsächlich in der Sprache bedeuten. Diese Debatten sind also eher definitorischer Art und keine wissenschaftliche Auseinandersetzung. Denn das ist es, was die Semantik als Teildisziplin der Sprach-Wissenschaft ausmacht: Die Thesen über die Bedeutung von sprachlichen Ausdrücken sollten sich im Prinzip durch empirische Daten – beispielsweise durch Korpusanalysen von Sprachdaten oder der Gewinnung von Einsichten durch linguistische Experimente – überprüfen lassen. Dies ist bei den alltäglichen Diskussionen über die Bedeutung, insbesondere von „Kampfbegriffen“ meist nicht der Fall und wird auch gar nicht angestrebt.
Ganz abstrakt gesprochen ist eine Semantik für einen Ausdruck oder für eine ganze Sprache (oder nur Teile davon) eine Abbildung oder eine Funktion, die sprachlichen Ausdrücken eine Bedeutung zuordnet.
(7)
Eine der Kernfragen der Semantik (als die Wissenschaft der Bedeutung) ist folglich auch die Frage danach, worin die Bedeutung von sprachlichen Ausdrücken besteht. Oder salopp gesagt: Was ist Bedeutung eigentlich? Dies ist insofern notwendig, als es sich bei Bedeutung ja zunächst um einen sehr abstrakten Begriff handelt. Dies ist sicher auch ein Grund dafür, warum Semantik, wenn sie nicht wissenschaftlich betrieben wird, oft etwas Nebulöses, um nicht zu sagen „Schwammiges“, an sich hat (wie im vorangegangenen Abschnitt auch kurz angerissen). Umso wichtiger ist es, dass der linguistischen Semantik ein Verständnis von Bedeutung zugrunde liegt, das eine wissenschaftlich präzise Herangehensweise erlaubt und es ermöglicht, wissenschaftliche Vorhersagen zu machen, sodass die Folgen einer bestimmen Analyse auch ermittelt und überprüft werden können. Überprüfbarkeit bedeutet hier, dass die Hypothesen durch empirische Daten getestet werden können, beispielsweise durch empirische Befragungen der Intuitionen von Sprecher*innen der Sprache, durch authentische Sprachdaten (aus sogenannten Korpora, also Sammlungen von Sprachdaten) oder sogar durch psycholinguistische oder neurolinguistische Experimente. Überprüfbarkeit ist deshalb wichtig, weil nur solche Hypothesen, die sich prinzipiell testen lassen, auch wirklich wissenschaftliche Thesen sind. Damit das Ziel der wissenschaftlichen Formulierung einer Bedeutungstheorie – denn die Frage, was Bedeutung ist, ist die Ausgangsfrage der Semantik – erreicht werden kann, muss es eine semantische Theorie zulassen, dass sich präzise und genaue Hypothesen aus der Theorie ableiten lassen können, die dann durch sprachliche Daten gestützt oder falsifiziert werden können.