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In diesem Buch möchte ich Anregungen und persönliche Erkenntnisse zu den Themen "Dissoziative Identitätsstörung", "Rituelle Gewalt und "Sexueller Missbrauch" weiter geben. Dabei geht es um Informationen und Hilfestellungen im Umgang mit Symptomen und zur Hilfesuche. Die Erkenntnisse beruhen auf langjährigen Selbsterfahrungen und den Erfahrungen, die ich in medizinischen und psychologischen Kontexten mit angesehen habe. Da DIS und rituelle Gewalt von nicht informierten Personen z.T. immer noch angezweifelt werden - "offiziell" ist die Diagnose längst anerkannt und es lassen sich durchaus Belege für akute rituelle Gewalt finden - beschäftige ich mich auch ausführlich mit dem Thema "Falsche Erinnerung" und beleuchte aus möglichst wissenschaftlicher Sicht, was darunter zu verstehen ist und welche schwerwiegenden Folgen die Zweifel an der Glaubwürdigkeit für die Betroffenen haben. Ziel soll dabei sein, Überlebende im Umgang mit "Leugnern" zu stärken, sich selbst zu vertrauen und den eigenen Weg unberührt von dieser Debatte weiter zu gehen. Das Buch richtet sich an Betroffene, ich freue mich aber auch, wenn ich den ein oder anderen "Professionellen" oder Interessierten mit dem Buch zum Nachdenken bringe.
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Seitenzahl: 176
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Ich habe 14 Semester Psychologie studiert, konnte das Studium leider aber krankheitsbedingt nicht komplett abschließen. Ich bin selbst multipel und habe zusätzlich eine autistische Störung (Asperger – Syndrom). Im Rahmen meines Studiums entwickelte ich immer mehr den Wunsch, in die Forschung zu gehen und Bücher zum Thema Missbrauch/Gewalt und DIS zu schreiben und Informationen zu diesen Themen zu veröffentlichen. Zwar konnte ich nicht in der Forschung arbeiten aber zum Glück meinem Ziel treu bleiben, zur Veröffentlichung der Thematik in der Öffentlichkeit beizutragen. Dieses Buch ist ein erster Schritt dahin und soll Betroffenen und Interessierten sinnvolle Informationen liefern, vor Allem aber soll es Mut machen, sich mit der Diagnose DIS aktiv und bewusst auseinander zu setzen.
Für alle, die selbst nicht sprechen können
Vorwort
1. Diagnose DIS – Wie geht es weiter?
2. Was ist DIS?
3. Das Leben besteht nicht nur aus der Krankheit
4. Depression und Selbstmord
4.1 Kognition
4.2 Ich kann mich/etwas nicht ändern
4.3 Ungerechtigkeit
4.4 Verantwortung für sich selbst
4.5 Schuldgefühle
4.6 Selbstverletzung/Sucht/Destruktive Persönlichkeiten
4.7 Ohne Weiterleben geht es nicht
4.7.1 Programme
4.7.2 Dringlicher Hinweis an die Fachwelt
4.8 Kleine Veränderungen
5. Angst
5.1 Erinnerungen und Flashbacks
5.2 Generalisiere Angstzustände/Panikattacken
5.3 Ängste, die eindeutige Auslöser haben
Nur keine Angst!
Exkurs: Krieg
6. Andere Menschen
6.1 Einsamkeit
6.2 Freunde/Freundinnen
6.3 Partner/Partnerinnen
6.4. Grenzen
6.5 Kontakt zur Familie
6.6 Schutz vor Tätern
6.7 Wenn all diese Maßnahmen nicht ausreichen
6.8 Konfrontation
7. Therapie
7.1 Ambulante Therapie
7.1.1 Anmerkungen zur Therapie
7.2 Psychiatrien
7.3 Medikamente
7.4 Kurzdiagnosen in Psychiatrien
7.5 Abgrenzung zur Schizophrenie
7.6 Klinikkonzepte
7.7 Selbsthilfeforen im Internet
7.8 Ungläubige Therapeuten
7.9 Psychiater, Psychologen und Psychotherapeuten
7.10 Therapieverfahren
7.11 Selbsthilfegruppen
7.12 Multiple Therapeuten
7.13 Entmündigung
7.14 Gesundes Hilfeverhalten
8. Heilung
8.1 Das Multipel sein aufgeben
8.2 Alltag/Arbeit
8.3 Intuition
8.4 Kommunikation
8.4.1 Entspannung und Autosuggestion
8.4.2 Tagebuch
8.4.3 Spielen, Malen Schreiben und Kreativität
8.4.4 Konzentration und Aufmerksamkeit
8.4.5 Struktur
9 Schlusskapitel des ersten Teils
10. Wahre und falsche Erinnerungen
10.1 Gedächtnisforschung – Abwehr psychischer Traumata
10.2 Evidenz für wahre Erinnerungen
10.3 Evidenz für falsche Erinnerungen
10.4 Begründungen für Amnesien nach traumatischen Erfahrungen
10.5 Erklärungen für falsche Erinnerungen
10.6 Implizites Gedächtnis
11. Diskussion
12. Schlussfolgerungen
Warum beschäftige ich mich mit dem Thema „False Memories“?
13. Schlusswort
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Die Sekte
Danksagung
Anhang
Literaturverzeichnis
Informationen und Hilfeeinrichtungen
Ich stehe im Wind und sehe den Vögeln nach, die in den Süden ziehen. Ich lebe, weil ich leben muss; ein anderer hat mir verboten es nicht zu tun. Ich kann mich nicht wehren. Ich muss tun was er sagt. Er weiß es. Ich weiß es nicht.
Ich will MEINE Zeit!
Jetzt!
Er und ich
Er weiß nicht wer ich bin – ohne mich. Ohne ihn kann ich nicht leben – ohne mich. Er ohne uns ist nur ein Stück ohne Namen. Ich ohne ihn kann nicht wissen, welche ihm die Namen gaben. Er ohne mich, ist nur ein Teil, der nichts von unserem Dasein weiß. Ich ohne uns kann nicht sehen, wer uns die Wahrheit heißt. Wer heißt uns unsere Namen ohne unser Wort?
Wer lebt an unserer Stelle ohne unseren Ort? Wer kann uns den Namen sagen, Den wir ihm irgendwann • selbst gaben?
Für den anderen
Er lebte, wo immer ich lebte. Ich konnte ihn nur nicht erkennen. Als ich ihn erkannte, war die Zeit schon fast vorbei. Vorbei die alte Zeit, das Leid, der Schmerz und die Qual. Vorbei mein altes Leid zu neuem Sinn, Als wäre ich neu geboren.
Ich gebe schon zu: Mir war seine Existenz nicht klar. Lange habe ich auf ihn gewartet, Lange ihn nicht gesehen, Meinen Partner, Meinen Reichtum, Meine Freude, Mein Leben, Und das was ich immer wollte,
In unserem gemeinsamen Leben.
Er kam zu mir, bevor ich ihn überhaupt darum gebeten hatte. Ich wusste kaum e das vonstatten ging. Ich wusste nur, dass es so nicht weitergehen konnte.
Und plötzlich war er da, An meiner Seite, So verlogen wie ich, Kaum weiser als ich, Und doch weiser als wir alle zusammen.
Wirkte ohne mich, In meinem Leben, Um mir das Leben zu gestalten, Um es uns einfacher zu machen, Um uns zu zeigen, wie man die Welt liebt.
Noch vorher waren wir nicht geboren,
Er ohne mich, Ich ohne ihn,
Ich wusste nichts von seinem Namen, Ich konnte nicht sagen welche ihm die Namen gaben,
Nur ich allein.
Dieses Buch ist kein Fachbuch. Der zweite Teil des Buches umfasst den Teil einer studentischen Hausarbeit, die ich verfasst habe und beruht z. T. auf den im Anhang angegebenen Quellen. Der erste Teil umfasst Gedanken zur persönlichen Selbsthilfe, die ich aufgrund von Erfahrungen und allgemeinem Wissenserwerb für sinnvoll halte.
Das Buch ist vom Stil her eher nüchtern und sachlich verfasst. Dies ist aus zwei Gründen der Fall:
Zum einen soll es gut lesbar sein und nicht allzu sehr triggernd sein. Im gesamten Buch werden keine Triggerwarnungen gegeben. Deshalb sollte jede/r, die/der das Buch liest, vorsichtig mit sich umgehen und gut auf sich achten, ob eine bestimmte Thematik gerade angemessen ist.
Zum anderen wird auf eine allzu emotionale Darstellung verzichtet, weil Selbsthilfebüchern leider zu häufig der Vorwurf gemacht wird, suggestiv zu sein und falsche Erinnerungen an sexuellen Missbrauch zu induzieren. Dieses Buch sollte von einem breiten Publikum, auch dem wissenschaftlichen und therapeutischen Leser, als ausreichend objektiv angesehen werden, um im Rahmen der „False Memories“ Debatte ernst genommen zu werden. Aus diesem Grunde verzichte ich mit einzelnen Ausnahmen auch auf eine direkte Ansprache aller multiplen Betroffenen in Du – Form, ebenfalls um zu vermeiden, dass alle benannten Aspekte im Buch übernommen werden, da es keine Einheitslösung für alle multiplen Menschen gibt. Vielmehr sollte jede/r für sich immer wieder entscheiden, ob eine benannte Hilfestellung für die Heilung eine gute Idee sein könnte oder keine. Das Buch basiert auf den im Anhang angegebenen Quellen und persönlichen Erfahrungen.
Zur Frage, die sich häufig stellen mag, ob die Autorin selbst über alle Lösungen verfügt, die hier als Anregung gegeben werden: Selbstverständlich nicht. Aber natürlich halte ich es für sinnvoller über Lösungen für Probleme zu schreiben, als über Probleme allein. Wie benannt handelt es sich in großen Teilen lediglich um persönliche Meinungen, die man sich ansehen kann aber nicht teilen muss.
Da dieses Buch natürlich vorrangig für multiple und missbrauchte Menschen geschrieben ist, ist die eher wissenschaftliche Darstellung in manchen Teilen begrenzt, in manchen auch ganz begrenzt.
Das Buch legt einen Schwerpunkt auf das Thema DIS, weil speziell zu DIS und ritueller Gewalt bisher am wenigsten publiziert wurde und dieses Thema in der Öffentlichkeit auch am wenigsten zur Sprache kommt. Natürlich sind aber alle anderen Betroffenen von Gewalt und Missbrauch mit gemeint, auch diejenigen, die keine DIS- Diagnose haben. DIS ist ja nur das extremste Ausmaß einer posttraumatischen Störung. Dissoziation ist Phänomen, auf das jeder hin und wieder zurück greift, erst in einer extrem ausgeprägten Form als Traumafolge wird es zum Problem. Es gibt auch viele Menschen, die für traumatische Erfahrungen in der Kindheit amnestisch sind aber keine DIS entwickeln und natürlich gibt es auch Menschen, die sexuellen Missbrauch erlebt haben und keine Amnesien entwickelt haben.
Obwohl es die Diagnose im DSM 4 und im ICD10 offiziell „gibt“ und sie damit auch offiziell anerkannt ist, wird sie regelmäßig in Frage gestellt. Den wissenschaftlichen Beweis, dass es diese Diagnose gibt, müssen die Betroffenen erbringen, sogar Multiple, die immer noch in akuten Gewaltsituationen stecken und dies ggf. sogar selbst wissen. Welcher Hohn muss es für die Betroffenen sein, regelmäßig missbraucht zu werden oder andere Straftaten mitzuerleben, während sie an öffentlichen Stellen regelmäßig selbst beweisen müssen, dass es sie – und die Gewalt – gibt… Multiple, die nicht alles komplett wissen und denen nicht bewusst ist, dass sie noch in einer Gewaltsituation stecken, werden durch dieses Vorgehen in ihren Selbstzweifeln bestärkt und haben große Probleme aus der Gewaltsituation jemals auszubrechen.
Im zweiten Teil des Buches wird die Problematik von „wahren“ und „falschen“ Erinnerungen ausführlich diskutiert. (Die Textinhalte, die von anderen Autoren stammen, sind markiert und in den Fußnoten und im Literaturverzeichnis benannt. Alle anderen Passagen stammen von mir.) Grundsätzlich sollten aber nicht die Betroffenen diejenigen sein, die ihre Aussagen beweisen müssen, sondern es sollte die Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden sein, angemessene Ermittlungen vorzunehmen, um die Existenz der Gewalt nachzuweisen. Die Therapie sollte kein Ort sein, an dem wissenschaftliche Diskussionen über „wahre“ und „falsche“ Erinnerungen geführt werden, es sei denn der/die Multiple möchte selbst darüber sprechen. Ansonsten gehört diese Debatte nicht in das direkte Helfersystem, das mit dem/der Betroffenen umgeht. Der/die Betroffene hat im Rahmen der Menschenrechte und der Verfassung ein Anrecht auf angemessene Hilfe und Schutz!
Mit irgendwelchen Verschwörungstheorien, die leider auch kursieren und wirklich Betroffenen massiv schaden, haben die hier benannten Aussagen zu realer ritueller und anderer Gewalt nichts zu tun! Daneben gibt es Betroffene, die für sich selbst Diagnose und Therapie in Anspruch nehmen, aber leugnen, dass es rituelle Gewalt in satanischen Kontexten gibt. Sie sprechen also anderen Betroffenen aus satanischen Kontexten die Glaubwürdigkeit ab. Weil diese Theorie zum Glück nicht so weit verbreitet ist die die FMS- Theorie soll sie hier auch keinen Raum finden. Warum es dazu kommt habe ich bisher noch nicht verstanden. Möglicherweise müssen diese Betroffenen einen Teil ihrer Geschichte, in dem Fall einen satanistischen Hintergrund verleugnen oder sind so täteridentifiziert, dass sie bewusst oder unbewusst Tätern mit diesem Hintergrund zuarbeiten.
Während ich dieses Buch fertig gestellt habe, hat der Krieg in der Ukraine begonnen. Entsetzen, Mitgefühl, Fassungslosigkeit, Hilflosigkeit, Schuldgefühl, Wut, Traurigkeit... Angesichts des Grauens, das dort geschieht, ändert sich der Blick auf das Leben noch mal grundlegend.
Ich habe mich gefragt, ob es gerade überhaupt gut ist, ein Buch über noch mehr Gewaltthemen raus zu bringen und ob die Menschen das überhaupt noch lesen wollen. Und kann ich mit dem Buch überhaupt noch Mut machen?
Ich habe beschlossen, es trotzdem raus zu bringen. Gerade jetzt braucht es vor allem Hoffnung, dass sich das Leben – so schrecklich es auch gerade ist - immer wieder zum Guten ändern kann. Die Hoffnung, dass das Gute das Böse besiegen wird, darf nie aufhören und wir dürfen nie aufhören für das Gute und die Freiheit aller Menschen zu kämpfen. Deshalb ist dieses Buch auch allen Überlebenden aus und in der Ukraine und anderen Kriegsregionen gewidmet.
Zu bemerken, dass man multipel sein könnte oder die Diagnose DIS zu bekommen, ist eine belastende Erfahrung, die möglicherweise zunächst in eine tiefe Verzweiflung stürzen kann. Aber DIS bedeutet nicht nur, ein qualvolles Leben zwischen dem Auftauchen verschiedener Persönlichkeitszustände zu führen. Genauso kann man als Multiple/r eine nicht alltägliche Vielfalt des menschlichen Daseins erleben. Multiple werden häufig nicht verstanden, in Schemata gepresst oder direkt angegriffen. Und trotzdem können Multiple möglicherweise Dinge erfassen, die niemandem sonst zugänglich werden, z.B. Weite und eine innere Freiheit durch das Bewusstsein mehrerer Personen. Im Alltag ist eine rigide starre Langeweile unmöglich. Vielleicht ist sogar zu spüren, welche Begabungen und Fähigkeiten nur in einem selbst vorhanden sind.
Menschen, denen es augenscheinlich gut geht, leiden vielleicht genau so unter Einsamkeit und haben nur nach außen ein anscheinend perfektes Leben. Der Wunsch, ein unbeeinträchtigtes Leben zu führen, ist vielleicht groß und Gefühle des Neides über die Dinge, die andere haben, sind normal und verständlich. Aber Multiple sind nicht nur benachteiligte Menschen; sie haben auch Dinge, die andere nicht haben.
Was sind das für Dinge?
Dennoch ist das Wahrnehmen des „multipel Seins“ und / oder die Bestätigung durch einen Arzt / eine Ärztin oder Psychologen / eine Psychologin eine Erfahrung, die schockierend ist und am liebsten auch nicht wahrgenommen wird. Dies ist zur Heilung auch nicht zwangsläufig notwendig, denn Heilung WIRD geschehen – so oder so. Es gibt keinen bestimmten Druck, sich in einer bestimmten Zeit mit der Vergangenheit und den gegenwärtigen Problemen auseinander zu setzen. Es geschieht sowieso, auf ganz individuelle wundervolle Art und Weise mit der Begabung, wodurch das multipel Sein überhaupt entstehen konnte. Es erfordert keine Anstrengung zu heilen, sondern nur, sich voll und ganz zu akzeptieren.
Eine Diagnose ändert an den Fakten nichts. Sie sollte nicht die Macht haben, eine hoffnungslose Gestörtheit zu prognostizieren. Jeder kann selbst entscheiden, ob der Name die eigene Freiheit nimmt, zu sein wie und was man selbst ist. Es gibt nur einen Namen für die Dinge unter denen man leidet. Nicht mehr und nicht weniger. Er sagt etwas über den Leidensdruck aus, aber er sagt nichts aus über das Leben und die eigene Entwicklung. Es gibt eine Zukunft. Trotz DIS. Auch wenn man multipel ist, kann man sie selbst lenken. Nehmt Euch die guten Erfahrungen, nicht die Schlechten.
Der Begriff Dissoziative Identitätsstörung (DIS) bedeutet dasselbe, wie der ältere Begriff Multiple Persönlichkeitsstörung (MPS). Es handelt sich um ein und dieselbe Störung.
Der Begriff wird hier nicht allein anhand der offiziellen Kriterien des DSM 4 und des ICD10 definiert, sondern zur besseren Verdeutlichung der Problematik von mir nach meinem Gefühl beschrieben. Somit liegt eine subjektive Beschreibung vor.
Multipel ist ein Mensch, der seine Persönlichkeit aufgrund schwerwiegender Traumata, die vor dem fünften Lebensjahr begonnen haben, in mehrere Persönlichkeitsanteile auf gespalten hat. Das Ausmaß dieser Spaltung ist dabei größer, als das Erleben unterschiedlicher Persönlichkeitszüge, die jeder Mensch kennt.
Die Persönlichkeitsanteile führen ein subjektives Eigenleben, und oftmals weiß die eine Persönlichkeit nichts von der Existenz der anderen. Das bedeutet konkret, dass zu unterschiedlichen Zeiten z.B. Persönlichkeit B die Organisation einer Tätigkeit übernimmt, z.B. von 8.00 Uhr vormittags bis 11.00 Uhr vormittags und dann um 11.00 Uhr nach einem Persönlichkeitswechsel (Switch) Person A dominiert. A weiß dann nicht mehr, was B getan hat und die Erinnerung an die vorhergehenden drei Stunden sind verloren (Amnesie). Für Multiple ist dieses Erleben erschreckend, und die Amnesien stören die Organisation des Alltags und das Wohlbefinden in hohem Ausmaß.
Häufig haben Multiple mehr als zwei Persönlichkeiten in sich. Theoretisch ist die Anzahl der möglichen Persönlichkeitsanteile unbegrenzt. Je schwerer und langwieriger die zugrunde liegenden Traumata, desto mehr Persönlichkeiten entwickeln sich häufig.
Die Amnesien verursachen ein großes Schwanken der Leistungsfähigkeit, weshalb multiple Kinder häufig sehr schwankende Schulleistungen erbringen und Noten von 1 bis 6 schreiben. Multiple Menschen sind oft überdurchschnittlich intelligent und kreativ. Deshalb sind auch herausragende Leistungen von Multiplen möglich. Dies kann dazu führen, dass DIS als eine der harmloseren Störungen angesehen wird, weil das Ausmaß einer Störung häufig an der allgemeinen Leistungsfähigkeit gemessen wird. De facto ist DIS aber eine sehr schwere psychische Erkrankung, die zahlreiche persönliche und soziale Auswirkungen hat und einen sehr großen Leidensdruck bei den Betroffenen verursacht.
Bisher gibt es kaum Anlaufstellen speziell für multiple Menschen, und die Diagnose wird häufig nicht erkannt. Bei einer falschen Therapie verschlechtert sich die Lage für multiple Menschen stetig, da immer wieder neue Abspaltungen entstehen. Trotz der Schwere der Erkrankung ist DIS eine sehr gut psychotherapeutisch behandelbare Störung. Die Behandlung umfasst allerdings lange Jahre Geduld von Seiten des Therapeuten / der Therapeutin und des Klienten / der Klientin. Ziel der therapeutischen Bemühungen ist oft eine Integration der einzelnen Persönlichkeiten zu einer einzigen. Dies ist in der Praxis jedoch nicht immer möglich und auch nicht immer notwendig.
Im Alltag werden multiple Menschen durch Amnesien beeinträchtigt. Manche haben wenige Kontakte oder Kontakte, die ihnen nicht gut tun. Depressionen und Angstzustände sind häufig, ebenfalls ein häufiges Wiedererleben der Traumata (Flashback). Manchmal sind einzelne Persönlichkeitsanteile süchtig (Alkohol, Tabletten, Drogen), Selbstverletzungen sind häufig. Die Selbstmordgefahr ist in Anbetracht möglicher Programme von besonderer Bedeutung. Deshalb ist auch jede Intervention dementsprechend auszurichten. Dies heißt aber nicht, dass alle Selbstmordgedanken auf Programmen beruhen.
Für die Diagnostik bedeutsam ist das hohe Ausmaß an Dissoziation und Amnesie, verbunden mit deutlichen Änderungen in Ausdruck, Sprache, Gestik und Mimik. Dabei müssen aber auch nicht gemäß den Vorstellungen von „ Jekyll und Hyde “ Personen vom Ausmaß „ Nett bis Monster “, permanente Kleidungsstilwechsel oder permanente Fugue – Zustände (Reisen von Rom nach Mexiko) auftauchen, wie manchmal angenommen wird. Dennoch sind alle Persönlichkeiten von immenser Unterschiedlichkeit in den Gedanken, in der Wahrnehmung und im Verhalten. Häufig sind in einem multiplen Menschen einige Kinder, Jugendliche, Beschützer (Personen, die die Kontrolle übernehmen, wenn das System geschützt werden muss), Zerstörer (Personen, die destruktive Muster erinnern), Wissensträger (Personen, die eine gute Erinnerung an die Traumata haben, sich davon aber nicht beeinträchtigt fühlen) und Beobachter (Personen, die ein System innen koordinieren und Informationen von einem zum nächsten geben), männliche und weibliche Personen vorhanden. Viele Innenpersonen und oft auch die „Alltagspersonen“ denken zunächst, dass sie ein ganz eigenes Leben führen und wissen nichts von den anderen. Nach Beendigung der Traumata und Therapiefortschritten kommt es häufig zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Persönlichkeitsanteilen. Diese lernen sich dann gegenseitig besser kennen, und die Infos werden deutlicher von einer Person zur nächsten gegeben.
Multipel zu sein bedeutet, einem sehr hohen Leidensdruck zu unterliegen. Ein sehr hoher Leidensdruck, möglicherweise ohne aktuelle Therapie und eine schlechte Lebenssituation machen es zeitweise unmöglich, ALLE Dimensionen des Lebens wahrzunehmen. Eine erweiterte Sichtweise, die Einordnung der Persönlichkeit in einen größeren Sinnzusammenhang, als den der Erkrankung allein, kann vielleicht helfen, sich dem Multipel sein nicht allzu ausgeliefert zu fühlen. Vielleicht gibt es einen erfüllenden Beruf, oder ein Hobby, das Lebensfreude bringt. Vielleicht ist es eine spannende Entdeckungsreise, die anderen Persönlichkeiten kennen zu lernen und zu entdecken, welche Vorlieben und Fähigkeiten sie haben, welche Kreativität und Begabung hinter dem Multipel sein liegt. Jede einzelne Persönlichkeit darf heute da sein und ihr Potential entfalten, die Destruktiven dürfen sich einen Boxsack kaufen und ihn immer wieder schlagen, die Kinder dürfen malen, spielen, Wünsche äußern. Jeder Anteil darf auf seine Bedürfnisse achten, sie ernst nehmen und die eigenen Wünsche erfüllen. Wenn kein Täterkontakt mehr besteht, kann das Leben völlig ungehindert so eingerichtet werden, wie es jedem beliebt. Es ist nicht mehr notwendig, den Regeln zu folgen, denen in der Kindheit gefolgt werden musste. Dazu gehört auch, sich JETZT nicht mehr der Krankheit ausgeliefert zu fühlen, sondern auch, wahrzunehmen, wie viel Schönheit ein einziger Baum ausstrahlen kann, ein Sonnenuntergang, ein Kaninchen.
Das Erleben von depressiven Zuständen hängt häufig mit negativen Kognitionen zusammen. Negative Gedankengänge können sich auf die Gefühlswelt auswirken und dadurch auch negative Emotionen auslösen. Die wichtigsten Aspekte, durch die Depressionen ausgelöst werden können, sind das Erleben von Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Extremistisches Denken. Im Folgenden werden diese Aspekte erläutert.
Auch wenn ein Mensch möglicherweise extremer Gewalt ausgeliefert war und deshalb multipel geworden ist, ist er dennoch nicht unfähig, die eigenen Emotionen, die eigene Wahrnehmung und das eigene Erleben zu beeinflussen. Die emotionale Verfassung wird AUCH von anderen Komponenten beeinflusst, z.B. vom Ausmaß der körperlichen Aktivität und von Kognitionen. Scheinbar hoffnungslose und ausweglose Situationen können – aus einer veränderten Perspektive betrachtet - lösbar werden. Oft ist es einfacher, eine veränderte Perspektive einzunehmen, wenn man sich vorstellt, jemand anderen zu betrachten und diesem anderen in derselben Lage zu raten.
Ursache für ein Gefühl der Ausweglosigkeit ist meistens nicht die tatsächliche Ausweglosigkeit einer Situation, sondern eine begrenzte Wahrnehmung. Lösungsmöglichkeiten wird eine ähnliche Ausweglosigkeit zugeschrieben, entsprechend der Wahrnehmung des aktuellen Zustandes. Ein negativer emotionaler Zustand weitet sich aus auf die Gedanken, die Wahrnehmung einer Situation und verursacht bestimmte Denkmuster, die ihrerseits den negativen emotionalen Zustand wieder verstärken.
Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit und extremistisches Denken
Eine der größten Schwierigkeiten innerhalb des Heilungsprozesses liegt darin, sich nicht mehr als hilflos zu empfinden. Auch im Erwachsenenalter treten immer wieder Situationen auf, z.B. beim Umgang mit Ärzten / Ärztinnen oder Behörden, in denen eine Machtstruktur vorgefunden werden kann. Gerade deshalb ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass andere Handlungsmöglichkeiten vorhanden sind, wenn man erwachsen ist. Nur das Empfinden ähnelt möglicherweise noch häufig dem der Kindheit. Das Gefühl, hilflos zu sein, bedeutet also nicht automatisch, dass man es in einer gegebenen Situation auch ist. Auch in einer ausweglos erscheinenden Situation gibt es Lösungsmöglichkeiten, die möglicherweise zu einem aktuellen Zeitpunkt nicht sofort gesehen werden. Deshalb sollte man gerade dann, wenn der Versuch Lösungen zu finden zunächst gescheitert ist, nicht aufgeben.
Bestimmte Gedanken fördern häufig das Erleben von Hilflosigkeit und Depression:
1. Es wird NIEMALS etwas besser.
2. Das Leben ist NUR negativ.
3. ALLE Menschen sind schlecht.
4. IMMER versage ich ÜBERALL.
5. Ich kann mich nicht ändern.
6. Es gibt keine Lösung.
7. Es gibt keinen anderen Ausweg als den Tod.
8. Andere Menschen können meine Probleme lösen.
9. Andere verfügen über mich.
10. Ich bin der Situation ausgeliefert.
Etc..
All diesen Sätzen ist gemein, dass sie eine Hoffnungslosigkeit für