Sie kamen aus dem Eis - Norbert Scheurig - E-Book

Sie kamen aus dem Eis E-Book

Norbert Scheurig

4,9

Beschreibung

Einst, in den Zeiten als die Erde zum großen Teil noch mit Eis und Schnee bedeckt war, lebte im Land Antis der Stamm von Ulgar dem Weisen. Ihr bisheriges friedliches, jedoch hartes Leben bestand aus der Jagd nach Yaks und dem Fischen von Watans und Gratans. Ihren Herrn und Gott des Eises nannten sie Elamm, der mit seiner Gemahlin Salei-Tunn und ihren Vorfahren in den weiten Ebenen über Ulgars Stamm wachte. Jedoch der Tag kam, als sich alles änderte…

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Titelbild: Aerial Photo Snowy Fields Windows-Fotoanzeige

Einst, in den Zeiten als die Erde zum großen Teil noch mit Eis und Schnee bedeckt war, lebte im Land Antis der Stamm von Ulgar dem Weisen. Ihr bisheriges friedliches, jedoch hartes Leben bestand aus der Jagd nach Yaks und dem Fischen von Watans und Gratans. Ihren Herrn und Gott des Eises nannten sie Elamm, der mit seiner Gemahlin Salei-Tunn und ihren Vorfahren in den weiten Ebenen über Ulgars Stamm wachte. Jedoch der Tag kam, als sich alles änderte…

Inhaltsverzeichnis

Die Jagd nach Yaks.

Ulgars Dorf.

Rückkehr der Jäger.

Überfall der Fratzen.

Suche und Befreiung.

Der Weg in die neue Heimat.

Die neue Heimat.

Die Jagd nach Yaks.

In den rauen Weiten der Antis stapfen drei einsame Jäger durch Eis und Schnee. Eiskristalle glänzen in ihren Bärten und ihrem struppigen Haar wie Gebilde aus einer anderen Welt. Nebelfetzen steigen empor. Kein Laut dringt von den Lippen der drei Männer. Riesige Schwerter schauen aus ihren Fellumhängen hervor, in ihren Händen halten sie lange, gut ausgewogene Speere. Eisige Kälte nagt gnadenlos an ihren Gesichtern. Unaufhaltsam dringen sie tiefer und tiefer in die vor ihnen liegende Eiswüste vor. Noch niemals hatten Jäger ihrer Sippe dies gewagt. Nagender Hunger treibt sie weiter, weiter und immer weiter. Plötzlich hebt Thul, der Anführer der Jäger seinen Arm. In gebückter Haltung, den Speer bereit zum Wurf folgen die beiden anderen den Blicken Thuls. Dann sehen sie es. Drei prächtige Yaks stehen etwa hundert Schritt entfernt in einer Senke. Auf Yerks und Nohls Lippen spiegelt sich ein kaum erkennbares Lächeln. Seit vier langen, kraftzehrenden Tagen die erste Beute. Wie auf ein unsichtbares Zeichen schleudern sie ihre Speere auf die etwa hundert Schritt entfernten Tiere. Innerhalb weniger Augenblicke sinken die Yaks tödlich getroffen auf den eisigen Boden. Vorsichtig nähern sich die Männer den noch zuckenden Tieren und stillen ihren Hunger mit frischem Yakblut. Gekonnt weiden sie die Tiere aus, zerlegen sie zu transportfähigen Stücken und verstauen diese in mitgebrachten Fellsäcken. Essbare Innereien stopfen sie genüsslich in sich hinein. Danach beladen sie sich mit dem köstlichen Yakfleisch und machen sich auf den Rückweg zu ihrem hungernden Stamm.

Ulgars Dorf.

Zu diesem Zeitpunkt, werden einige Tagesmärsche entfernt, unter den zurückgebliebenen Angehörigen der drei Jäger die letzten Vorräte aufgeteilt. Der im Dorf, das aus mit Fellen ausgelegten Höhlen, bedeckt mit dicken Eisblöcken besteht, anwesende Ulgar verzichtet mit einer herrischen Handbewegung auf seine Ration. Er spricht mit würdiger Stimme, überleben die Kinder, überlebt unser Stamm. Märre, die Gemahlin von Thul beginnt, eintönige Lobeslieder auf ihren Herrn und Gott Elamm zu singen.

Elamm, halte deine schützende Hand und decke alle Sorgen und Nöte unseres Volkes mit dem Fell des weißen Banas, dem großen Bären, zu. Großer Herr des Eises, schicke die Jäger Thul, Sohn des Groom, Yerk, Sohn des Ihlam und Nohl, Sohn des Heelas gesund und mit Nahrung für Ulgars Sippe zurück! Andere Mitglieder des Stammes stimmen in diesen unheimlichen Gesang ein. Einige junge Männer, die sich nach bestandener Prüfung Jäger nennen dürfen, versuchen, in das dicke Eis des blauen Sees Balam ein Loch zu schlagen, um vielleicht mit etwas Glück einen Watan oder einen Gratan zu fangen. Als sie es geschafft haben, die Eisschicht zu durchdringen, jubeln sie lauthals. Sofort beginnt Chal, Sohn des Ulgar, mit einem langen Speer, an deren Spitze ein Wiederhaken befestigt ist, kraftvoll in das freigelegte Wasser zu stechen, und siehe da, nach kurzer Zeit zappelt ein riesiger Gratan an seinem zur Angel umfunktionierten Speer. Ulgar lächelt stolz. Die fehlende Kraft und Stärke Chals wird durch seinen klugen Kopf ersetzt. Fisch um Fisch wird aus dem Eisloch geholt, von den Frauen filetiert, mit einem Salzstein eingerieben und zum Trocknen an Schnüre, die aus den Sehnen gewaltiger Banas hergestellt wurden, aufgehängt.

Märre und die anderen Stammesfrauen danken unter ständigen Verbeugungen ihrem Gott Elamm. Auch der Gemahlin ihres Herrn, Salei-Tunn wird mit einem Lied und leichten Bewegungen des Oberkörpers gedankt. Achtungsvoll nickt Ulgar der Frau von Thul zu, spricht leise aber sehr bestimmt.

„Ich, Ulgar, Oberster unseres Stammes und Vertreter des Herrn und Gottes Elamm und seiner Gemahlin Salei-Tunn ernenne dich, Märre, zur Nachfolgerin unserer Schamanin Lechta, die sterbend auf ihrem Lager aus Fellen liegt. Salei-Tunn teilte mir dies am frühen Morgen durch den Vogel Krahh mit.“

Märre senkt dankbar ihr Haupt, beugt sich nieder und sagt:

„Elamm, Elamm, steh uns bei.“

Stolz und glücklich über die Berufung zur höchsten der Frauen ihres Stammes, begibt sie sich zum Lager der Lechta. Zu spät, Lechta ist bereits in die weiten Ebenen des heiligen Landes Leptonium eingegangen.

Rückkehr der Jäger.

Zwei Tagesmärsche entfernt kämpfen sich drei mit Yakfleisch beladene Jäger durch einen furchtbaren Schneesturm. Eisbrocken so groß wie die Eier des Un prasseln mit großer Wucht auf sie hernieder. Die Gesichter der Jäger vom Stamm des Ulgar sind mit einer dicken Schicht aus Eis und Schnee überzogen. Eisige Kälte sticht wie tausend Speere in ihre geschundenen Körper. Riesige Willensstärke treibt sie Schritt um Schritt voran. Stolpernd, fast der Ohnmacht nahe, nähern sich die Jäger ihrem heimatlichen Lager. Kein Laut, keine Begrüßung durch lärmende Kinder, Totenstille!

Alle Behausungen sind leer. Kampfspuren im Schnee, Blut!

„Elamm was für eine Prüfung hast du uns auferlegt?“, klagt Thul.

Eine leise, heisere Stimme, die dem Krächzen des Vogels Krahh ähnelt, ruft.

„Brüder, Brüder.“

Hastig und voller Sorge begeben sie sich in die Richtung, aus der sie die Stimme vernahmen.

Dann sehen sie ihn. Ulgar. Aus vielen Wunden blutend, auf sein riesiges Schwert gestützt steht er da.

„Ulgar was ist geschehen?“

„Gestern ernannte ich Märre zur Nachfolgerin der Schamanin Lechta, die zur Mittagszeit in die weiten Ebenen eingegangen ist.“

Und dann erzählte er ihnen von dem Überfall.

Überfall der Fratzen.

„Am Abend kam das Grauen über uns, Geistwesen oder Dämonen überfielen uns. Grässliche tote Gesichter mit Waffen und Kleidung, wie ich sie noch nie sah.“

Das Sprechen fiel Ulgar immer schwerer, sein Kopf sank auf die Brust. Ulgar der Weise starb stehend, sein Schwert fest umklammert.

Thul sprach mit bebender Stimme.

„Ulgar soll stehend in die weiten Ebenen eingehen und voller Stolz am Tische Elamms und der großen Jäger und Krieger seinen ihm zustehenden Platz erhalten. Richtet Eisblöcke wie einen Turm um ihn auf und verschließt die obere Öffnung.“

Nach einem guten Mahl und einigen Stunden Schlaf begeben sie sich auf den Weg, ihre Sippe zu suchen. Sie wissen noch nicht, dass dies ein langer leidvoller Weg werden sollte.

Fast zur gleichen Zeit werden die anderen SippenMitglieder von ihren Entführern durch die klirrende Kälte des Eistals Warna getrieben. Nein, jene, die ihre Sippe besiegt und gefangen halten, sind keine Geistwesen, auch keine Dämonen.

Es sind unbekannte Krieger mit grell bemalten Gesichtern und einem irren Blick, der dem Wahnsinn gleicht. Irgendwie scheinen ihre Bewegungen gesteuert zu sein. Es scheint, als ob eine unbekannte Macht ihre Seele gefangen hält. Märre betet zu Elamm und bittet um Hilfe.

„Elamm, Elamm hilf uns in dieser schweren Zeit.“