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Romina ist überglücklich: Sie hat beim Preisausschreiben der Filmzeitschrift ZOOM den Hauptpreis gewonnen - ein Wochenende mit dem glamourösen Filmpaar Miriam und Viktor Valberg in deren prachtvoller Villa. Für die junge Frau, die den charismatischen Viktor heimlich verehrt, scheint ein Traum in Erfüllung zu gehen - sehr zum Entsetzen ihrer traditionsbewussten Familie, die für diese glamouröse "Scheinwelt" kein Verständnis hat. Und tatsächlich beginnt die glitzernde Fassade der Stars schnell zu bröckeln: Miriam und Viktor sind weit entfernt von ihrem makellosen Filmimage, und ihre Auseinandersetzungen ziehen Romina in eine Welt voller Intrigen und Geheimnisse. In diesem Chaos ist es ausgerechnet Justus Spreckelsen, der Chefredakteur von ZOOM, der Romy davor bewahrt, den Halt zu verlieren. Er öffnet ihr die Augen für die Wahrheit hinter dem Schein - und vielleicht auch für die Möglichkeit, sich selbst zu finden ...
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Seitenzahl: 136
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Zu Gast bei Filmstars
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Impressum
Zu Gast bei Filmstars
Als Romina ein Wochenende bei ihrem Lieblingsschauspieler verbringt
Von Marion Alexi
Romina ist überglücklich: Sie hat beim Preisausschreiben der Filmzeitschrift ZOOM den Hauptpreis gewonnen – ein Wochenende mit dem glamourösen Filmpaar Miriam und Viktor Valberg in deren prachtvoller Villa. Für die junge Frau, die den charismatischen Viktor heimlich verehrt, scheint ein Traum in Erfüllung zu gehen – sehr zum Entsetzen ihrer traditionsbewussten Familie, die für diese glamouröse »Scheinwelt« kein Verständnis hat.
Und tatsächlich beginnt die glitzernde Fassade der Stars schnell zu bröckeln:
Miriam und Viktor sind weit entfernt von ihrem makellosen Filmimage, und ihre Auseinandersetzungen ziehen Romina in eine Welt voller Intrigen und Geheimnisse.
In diesem Chaos ist es ausgerechnet Justus Spreckelsen, der Chefredakteur von ZOOM, der Romy davor bewahrt, den Halt zu verlieren. Er öffnet ihr die Augen für die Wahrheit hinter dem Schein – und vielleicht auch für die Möglichkeit, sich selbst zu finden ...
»Ohne Orientierung gibt es keine Maßstäbe – ohne Maßstäbe keine richtigen Antworten auf ... ähm, Schicksalsfragen unserer Gesellschaft ... Haben Sie das, meine Damen und Herren?«
Der Personalchef diktierte allen zweiundzwanzig jungen Bewerbern, die sich bei der Zentralbank für einen Ausbildungsplatz interessierten, einen Geschäftsbrief.
Natürlich keinen einfachen, sondern einen mit Fußangeln, Fallen und Leimgruben, einen hinterhältigen Brief also. Er sollte dazu dienen, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Der Personalchef schlug ein Bein über das andere, zupfte die Bügelfalte mit spitzen Fingern sorgfältig zurecht.
Die zweiundzwanzig jungen Damen und Herren saßen im zweiten Stock des großen, mit grauen Marmorplatten verkleideten Geschäftshauses in der Innenstadt und tippten eifrig in die Tasten eines bereitgestellten Computers, was ihnen der Personalchef mit einer arroganten Stimme diktierte.
Wer diesen Test erfolgreich bestand, durfte sich in den dritten Stock begeben, zum Einzelgespräch mit der Leiterin der Abteilung Ausbildung.
Die junge, auffallend aparte Dame mit den großen veilchenblauen und von dichten Wimpern umkränzten Augen, die in der ersten Reihe saß, lächelte verräterisch seelenvoll, ihr Blick war eindeutig verträumt und wollte somit gar nicht zu dem sachlich-trockenen Text des Diktats passen ...
Bezaubernd und von vornehmer Ausstrahlung, so lautete das vorteilhafte Urteil des Personalchefs über sie. Sein Blick ruhte mit Wohlwollen, väterlichem, versteht sich, auf der jungen Dame mit den großen veilchenblauen Augen, der dritten von rechts. Sie würde für das Bankinstitut eine Zierde sein.
Die Junisonne blinzelte durch die mit weißen Jalousien verhängten Fenster des Sitzungssaals, malte lustige Kringel an die gegenüberliegende Wand, die mit schwarzgerahmten und sehr wertvollen Kupferstichen geschmückt waren, und strich mit ihren warmen, goldenen Fingern über die Köpfe der zweiundzwanzig jungen Damen, die mit Andacht und Eifer damit beschäftigt waren, das Diktat des Personalchefs fehlerfrei niederzuschreiben.
Die Atmosphäre war konzentriert und ernst. Niemand lächelte. Bis auf Romina Rakow, die junge Dame mit den großen veilchenblauen Augen. Sie schrieb nicht mehr, sondern hatte das Kinn auf die linke Hand gestützt und schaute sinnend zum Fenster hinaus.
Das anfängliche Herzklopfen war vergessen, die Befangenheit verschwunden. An ihre Stelle war eine heitere Gelassenheit getreten, die Romina Rakow immer dann zu erfüllen pflegte, dachte sie an das Leben, das in seiner ganzen Fülle und Herrlichkeit vor ihr lag.
Sie hatte nämlich ganz bestimmte Vorstellungen von dem Leben, das sie zu führen gedachte. Und es musste gesagt werden, dass sich diese bestimmten Vorstellungen mit einer Banklehre sehr schlecht vereinbaren ließen.
»Schreibst du nicht mit?« Das junge Mädchen neben Romina stieß sie sacht an und warf einen entsetzten Blick auf Rominas Bildschirm. »Du liebe Zeit, du hast ja die Hälfte gar nicht mitbekommen. Willst du von mir abschreiben?«
Romina warf einen eher gelangweilten Blick auf das Diktat ihrer Nachbarin und schüttelte den Kopf: »Lieber nicht. Danke.«
»Habe ich etwa Fehler gemacht?«
Romina nickte gleichmütig. »Marketing schreibt man nicht mit ck, ein k genügt. Und bei Lohnniveau hast du das zweite n vergessen. Ist ja nicht so wichtig, sieh's nicht so eng.«
»Nicht so wichtig?« Die Nachbarin war erschüttert über diese lockere Einstellung. »Mensch, du hast vielleicht Nerven! Hier geht's um Sein oder Nichtsein.«
»Nee, hier bestimmt nicht.« Romina lächelte freundlich. Sie lauschte dem Gesang des Vogels in der Kastanie und machte dann, einem plötzlichen Entschluss folgend, ihren Computer aus.
Der Personalchef hatte sie beobachtet. Jetzt hatte er Mühe, seine Fassungslosigkeit in den Griff zu bekommen.
»Wir sind noch nicht fertig, junge Dame«, sagte er im strengen Ton eines Schulmeisters. »Wenn Sie also wieder Platz nehmen möchten ...«
»Ich möchte lieber gehen«, entgegnete Romina höflich.
Er schluckte. Das war ihm in seiner zwanzigjährigen Laufbahn noch nicht vorgekommen. Und da es für dieses unerhörte Verhalten keine Vorschriften gab, weil vor Romina noch keine junge Dame es gewagt hatte, das Testdiktat eigenhändig abzubrechen, wusste er nicht, was in diesem Fall zu tun war.
Als es ihm einfiel, war es zu spät. Romina hatte ihre Tasche genommen und den Sitzungssaal verlassen.
♥♥♥
»Du bist einfach gegangen, Romina? Aber warum denn?«, rief Elisabeth Rakow mit hoher, ein wenig schriller Stimme, der man gut anhören konnte, wie entsetzt sie über das eigenwillige Benehmen ihrer Tochter war.
Immer gab es Ärger mit Romina, es war zum Verzweifeln!
»Ich musste gehen, Mama«, erklärte Romina mit freundlicher Gelassenheit, »denn mitten im Diktat wurde mir klar, dass diese Banklehre nichts für mich ist.«
»So«, sagte Elisabeth Rakow. Es klang sehr beleidigt, denn es war ihr Wunsch gewesen, dass Romina zu diesem Einstellungstest ging. In einer Bank, überdies in einer wohlrenommierten wie der Zentralbank, war eine junge Dame aus gutem Hause ihrer Meinung nach vorzüglich aufgehoben.
»Das ist dir also klar geworden. Und was, wenn die Frage gestattet ist, brachte dich zu dieser Einsicht?«
Romina lächelte ihr stilles, verträumtes Lächeln. Nach kurzem Zögern sagte sie mit leiser Stimme: »Es war dieser Vogel, der auf einmal ganz wunderschön vor dem Fenster sang. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie bezaubernd sich das anhörte. Der Vogel sang von dem herrlichen Sonnenschein und den Sommerblumen.«
»Nein!«, fiel Elisabeth Rakow ihrer Tochter böse ins Wort. »Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen. Und ich glaube, ich möchte es auch nicht. Mir scheint, Romina, dir mangelt es an Reife und dem nötigen Ernst, um ... Was sagst du da, Otto?«
»Es dürfte ein Buchfink gewesen sein«, murmelte Rominas Papa und lächelte freundlich.
»Otto«, sagte Elisabeth und seufzte ausdrucksvoll, »das tut doch jetzt nichts zur Sache, nicht wahr? Das Kind hat eine wundervolle Chance verpatzt, obwohl es alle Aussichten gehabt hätte, diese Lehre zu bekommen. Stattdessen träumt sie in den Tag hinein und baut ein Wolkenschloss nach dem anderen.«
Romina hörte nicht mehr zu, sie hing wieder eigenen und offenbar sehr erfreulichen Gedanken nach, denn auf ihrem Gesicht zeigte sich ein sanftes Lächeln.
»Siehst du!« Elisabeth Rakow fauchte ihren Mann gereizt an. »Sie träumt schon wieder.«
»Es ist Frühling, mein Herzblatt. Alle jungen Mädchen träumen im Frühling, das ist sozusagen das Vorrecht der Jugend!«
Sie bedachte ihn mit einem zurechtweisenden Blick. »Ich wäre dir dankbar, Otto, wenn du auch mal etwas Vernünftiges sagen wür ...«
»Mama«, fiel ihr die kleine Marie ins Wort, »darf ich schon mit der Suppe anfangen? Ich mag doch keine kalte Tomatensuppe.«
»Ich möchte auch anfangen«, stellte Rominas zweitjüngste Schwester Karla vorwurfsvoll fest. »Kann ich nachher zu Nikki gehen? Wir wollen zusammen Blockflöte üben.«
»Ich kann Tomatensuppe nicht ausstehen«, verkündete Tochter Nummer drei, die immer mürrisch aussehende Charlotte.
»Tomatensuppe ist sehr gesund«, sagte Karla schadenfroh.
»Und sie ist gut gegen Sommersprossen«, wisperte Marie, die genau wusste, wie sehr Charlotte unter ihren Sommersprossen litt.
»Mama«, rief Charlotte, »sie ärgern mich schon wieder!«
Elisabeth seufzte mit tragischer Miene. Und ihr Blick wanderte nach links zum Vater ihrer vier Töchter, der freundlich lächelnd am Kopf der Mittagstafel saß und sich wie üblich nicht aus der Ruhe bringen ließ.
Was sie, auch wie üblich, zur Weißglut brachte.
»Otto«, sagte Elisabeth mit hochgezogenen Brauen, »ich finde, du solltest endlich mal ein Machtwort sprechen.«
Das Wort Macht war dem sanften Otto Rakow nicht nur fremd, sondern äußerst zuwider. Deshalb schauten seine himmelblauen Augen Elisabeth so erschrocken an, als habe sie ihn just aufgefordert, seinen Schreibtisch in Brand zu setzen.
»Weshalb sollte ich das wohl tun, mein Engel?«
»Weshalb! Auf mich hört das Mädchen ja leider nicht!«
»Das Mädchen?« Otto Rakow sah seine Frau verwirrt an. »Tut mir leid, mein Herzblatt, doch ich habe soeben an etwas anderes gedacht.«
»Natürlich«, konterte das Herzblatt scharf, »du denkst ja immer an etwas anderes, obwohl es viel wichtiger wäre, dich um deine älteste Tochter zu kümmern, die sich mal wieder unmöglich aufgeführt hat. Aber deine komischen Buchfinken oder so stehen dir offenbar näher als Romina ...«
Die drei jüngeren Töchter kicherten und wechselten belustigte Blicke. Romina jedoch schenkte dem Papa ein zärtliches Lächeln.
Ihr Vater war Ornithologe und eine Seele von Mensch, seinem Beruf bis zur Blindheit allem anderen gegenüber ergeben.
Ihre Mutter hingegen kam aus einer alten Offiziersfamilie und hielt viel von tadellosen Manieren, Haltung und Disziplin in allen Lebenslagen.
Otto und Elisabeth Rakow waren in jeder Beziehung total verschieden, was zwangsläufig zu gewissen Spannungen innerhalb des Rakowschen Familienlebens führte.
Es wäre kühn gewesen, es als harmonisch zu bezeichnen.
Elisabeth Rakow fand die Vorliebe ihres Mannes für seine gefiederten Freunde närrisch, während Otto Rakow sich vor seiner untadeligen pingeligen und überaus vornehmen Frau heimlich zu fürchten schien.
Vergeblich wartete die Hausfrau darauf, dass der Hausherr reden und die unmögliche Tochter maßregeln würde, doch er saß bloß da und starrte mit freundlicher Miene ins Leere.
»Alles muss ich in diesem Haus allein machen«, seufzte Elisabeth missbilligend und hob die Hand, um die tadellos sitzende Brosche unter dem hochgeschlossenen Kragen zurechtzurücken.
Sie empfand das stille bescheidene Leben an der Seite ihres Mannes, eines bekannten und hochgeehrten Professors, als Zumutung. Einziger Trost war das schöne Bewusstsein, aus einer edlen und vornehmen alten Familie zu stammen.
»Mama«, rief Marie aufgebracht und unterbrach jäh die stolzen Erinnerungen ihrer Mutter, »Karla hat von meiner Limonade getrunken! Ich hab's genau gesehen.«
»Gar nicht wahr!«, verteidigte sich Karla mit boshaftem Mienenspiel und versetzte der jüngeren Schwester im Schutze des langen damastenen Tafeltuchs aus glorreicher Vergangenheit einen heftigen Fußtritt. Als Marie aufjaulte, machte Karla ein unschuldiges Gesicht.
Romina kümmerte sich nicht um das Gezank der drei Schwestern, sondern schaute nach wie vor gedankenverloren, ein verträumtes Lächeln in den Mundwinkeln, in die Kompottschüssel.
»Kinder, gebt Ruhe, meine Nerven!«, rief Elisabeth und massierte sich die Schläfen. »Wenn das so weitergeht, bekomme ich augenblicklich meine Migräne. Und ausgerechnet heute kann ich mir das nicht leisten, denn es gibt noch viel zu tun: Onkel Roman hat sich zum kommenden Wochenende angesagt.«
♥♥♥
Es wurde unverzüglich still im Esszimmer. Otto Rakow wurde blass und wischte sich die Stirn mit der großformatigen Serviette.
»Dein Onkel Roman hat sich angesagt?«, fragte er mit unglücklicher Miene und fuhr mit den Händen nervös durch den Rest seiner Haare. »O je, Elisabeth!«, schloss er deprimiert seufzend.
Er ahnte, was ihm bevorstand: mit dem ganzen unerschöpflichen Talent des geborenen Tyrannen würde Elisabeths schrecklicher Onkel Roman sich in der Wohnung breitmachen, das Familienleben durcheinanderbringen und ihn mit seiner lauten Stimme, die ihn immer an Kommandos auf dem Kasernenhof erinnerte, in Angst und Schrecken versetzen.
»Ich bitte dich, Otto!«, rief Elisabeth empört. »Mach dich nicht lächerlich vor den Kindern. Die paar Unbequemlichkeiten wirst du doch wohl mir zuliebe in Kauf nehmen, oder? Ich weiß gar nicht, was du gegen meinen Onkel Roman hast. Er ist jedenfalls ein Mann der Prinzipien und außerdem ein blendender Unterhalter. Mit dir kann man ja nur über deine sonderbaren Vögel reden ...«
»Und mit ihm kann man nur über Füchse sprechen.«
»Otto!« Wie üblich genügte ein Blick, um ihn zum Schweigen zu bringen. Anschließend wandte sich Elisabeth an ihre Töchter.
»Ich erwarte von euch, dass ihr euch in Onkel Romans Gegenwart tadellos aufführt. Er hasst nichts so sehr wie Unachtsamkeit, Unpünktlichkeit und Unhöflichkeit.«
Allein die bloße Erwähnung des Onkels sorgte für bange Mienen am Mittagstisch und das von Elisabeth so sehr geschätzte vornehme Schweigen.
Rominas drei jüngere Schwestern zogen die Köpfe zwischen die Schultern und verzichteten sogar darauf, sich zu zanken.
Roman von Saltzach war Elisabeths Onkel und somit der Großonkel ihrer vier Töchter. Es handelte sich bei ihm um einen selbstbewussten Gutsherrn alten Schlages, der als junger Mann ein großes Vermögen geerbt und es im schnurgeraden Verlauf seines Lebens noch vermehrt hatte. Von Wichtigkeit war nunmehr die Frage, wem Onkel Roman sein märchenhaftes Vermögen einst hinterlassen würde.
Da er aus unbekannten Gründen unverheiratet geblieben war, besaß er keine direkten Nachkommen. Was ihn zum idealen und vielumschwärmten Erbonkel machte, dem sich überall Türen und Herzen bereitwillig öffneten, dem geschwind, wo immer er sich zeigte, rote Teppiche entrollt wurden – und der das ganz schön ausnutzte, wie Otto Rakow heimlich grollend fand.
Onkel Romans Nichte Elisabeth, die offiziell nichts von Geld hielt, aber inoffiziell ganz versessen darauf war, spekulierte wie der Rest der Verwandtschaft auf das Vermögen und bemühte sich heftig um des Onkels Gunst und Wohlwollen.
Wobei sie ihre vier Kinder in das Bemühen einbezog und auch den sich sträubenden Mann einspannte, das verstand sich von selbst.
Elisabeth Rakow war erstens eine gründliche Frau, zweitens hatte sie Grundsätze und drittens das wohl ehrenvolle, doch sparsam-bescheidene Leben einer Professorenfrau satt.
Elisabeth tat also alles, um sich bei Onkel Roman einzuschmeicheln. So war ihre älteste Tochter nach dem Erbonkel genannt worden. Dies war Elisabeths erste Maßnahme gewesen, um sich die Zuneigung und der Tochter die Protektion des Onkels zu sichern.
Romina fand ihren Vornamen abscheulich. Sehr viel lieber wären ihr romantische Vornamen gewesen, am allerliebsten hätte sie jedoch den Namen ihrer Lieblingsheldin getragen: Scarlett.
»Hörst du mir überhaupt zu, Romina?«, fragte die Mama spitz.
»Wie bitte?« Romina erwachte ungern aus ihrem rosaroten Traum und fand sich nur mühsam in der Wirklichkeit zurecht.
»Sie hat wieder mit offenen Augen geträumt. Wie so'n Hase!«, johlte Karla. »Hast du an deinen geliebten Viktor gedacht?«
»O Viktor!«, flötete Charlotte und verdrehte die Augen.
»Viktor?«, erkundigte sich Elisabeth alarmiert. »Wer ist denn das nun wieder, Romina?«
Romina kam nicht dazu, ihrer Mutter eine Auskunft zu geben.
Ihre jüngere Schwester Marie krähte begeistert: »Du weißt nicht, wer Viktor Valberg ist, Mama? Solltest du etwa den größten und wundervollsten Filmstar aller Zeiten nicht kennen?«
»Ach so, der«, sagte Elisabeth sehr erleichtert.
»Sprich nicht so von ihm, Mama«, bat Romina gekränkt. »Viktor ist wirklich ein begnadeter Schauspieler und ein großartiger Mensch dazu. Du hättest ihn mal in ›Liebe unter fremden Sternen‹ sehen sollen, da spielte er einen Fremdenlegionär, der ...«
Als die Schwestern prusteten und kicherten, brach sie ab.
»Sie liebt ihn, Mama«, verkündete Marie wichtigtuerisch.
»Sie hat überall Fotos von ihm, Mama«, petzte Karla mit bösartigem Grienen. »Sogar in ihrem Wäscheschrank hängt eins.«
Charlotte schrie begeistert: »Und sie hat an einem Preisausschreiben teilgenommen, Mama.«
Romina warf ihrer Schwester einen mörderischen Blick zu.
Von Elisabeths Nacken stieg es rot auf und überflutete ihr Gesicht. »Du hast an einem Preisausschreiben teilgenommen?«, wandte sie sich inquisitorisch an Romina.
»Die Zeitschrift ZOOM hat das Preisausschreiben veranstaltet, Mama!«, trompetete Marie.
»Und der erste Preis ist ein Wochenende bei Viktor Valberg.«
Elisabeth erstarrte. Sie sah aus, als traute sie ihren Ohren nicht.
»Bei Viktor Valberg und seiner Frau Miriam«, verbesserte Romina hastig und sah sehr kleinlaut aus.
Elisabeth schüttelte den Kopf und runzelte die Brauen.
»Ich gewinne bestimmt nicht«, fügte Romina hinzu.
»Ja, das ist wahr«, stand Otto Rakow seiner Lieblingstochter tapfer, aber leider wenig überzeugend bei. »Es ist eher unwahrscheinlich, dass sie den ersten Preis gewinnt, mein Herzblatt.«
Elisabeth reckte sich hochmütig. »Das will ich hoffen«, sagte sie mit kalter Stimme. »Noch nie hat ein Mitglied meiner Familie an einem Preisausschreiben teilgenommen.« Ihr Gesicht war finster und furchteinflößend.
Unbedachterweise fühlte sich Romina bemüßigt, ihr Idol zu verteidigen. »Mama«, sagte sie mit bebender Stimme, »ich weiß nicht, was du gegen Viktor Valberg hast. Es gibt bestimmt keinen brillanteren und amüsanteren und charmanteren Schauspieler als ihn. Zurzeit dreht er wieder einen Film, der Arbeitstitel lautet ›Das Herz eines Korsaren‹, und Viktor spielt die Hauptrolle ...«
»Das will ich gar nicht wissen, mein liebes Kind«, sagte Elisabeth verschnupft. »Ein seriöser Schauspieler kann dieser Herr jedenfalls nicht sein, wäre er sonst beim Film gelandet?«
»O Mama«, sagte Romina, kam aber nicht weiter, weil es an die Tür des Esszimmers klopfte.
So geräuschvoll konnte nur Hanne klopfen, die barocke Perle des Rakowschen Haushalts, die jetzt das Esszimmer betrat und sich grollend räusperte, was sich anhörte, als rücke jemand Möbel.