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Joe Caldwell ist ein skrupelloser Verbrecher, der die Dreckarbeit von seinem Killer-Quartett erledigen lässt: vier raue Burschen, die für Gold und harte Dollars jeden Job erledigen.
Als sein Bruder Larry während einer Pokerpartie von einem Gambler erstochen wird, setzt er die vier auf die Verfolgung des Spielers an. Doch auf dem Rachetrail kommt es zu einer folgenschweren Begegnung mit Männern der Skull-Ranch. Und Joe Caldwell hat mit John Morgan noch eine alte Rechnung zu begleichen.
Es kommt zu einem tödlichen Showdown...
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Seitenzahl: 148
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Killer-Quartett
Vorschau
Impressum
Killer-Quartett
von E.B. Millett
Joe Caldwell ist ein skrupelloser Verbrecher, der die Dreckarbeit von seinem Killer-Quartett erledigen lässt. Vier raue Burschen, die für Gold und harte Dollars jeden Job erledigen. Als sein Bruder Larry während einer Pokerpartie von einem Gambler erstochen wird, setzt er die vier auf die Verfolgung des Spielers an.
Doch auf dem Rachetrail kommt es zu einer folgenschweren Begegnung mit Männern der Skull-Ranch. Und Joe Caldwell hat mit John Morgan noch eine alte Rechnung zu begleichen. Es kommt zu einem tödlichen Showdown...
Um den grünen Tisch herum stehen an die zehn Männer. Seit einer Stunde läuft die Pokerparty. Läuft schlecht für Larry Caldwell, dem die Augen tränen.
Das liegt nicht allein an dem beißenden Tabakqualm, der in dichten Schwaden durch den Saloon wallt. Das liegt vielmehr an dem Geld, das schon über den Tisch gerutscht ist. Aus seinen Taschen heraus auf den Platz vor dem schmächtigen Mann mit den eingefallenen Wangen und den dunklen, weit in den Höhlen liegenden Augen. Nur wenn er hustet, verzieht sich das Gesicht von Larry Caldwells Gegenspieler.
»Ein Schwindsüchtiger mit so viel Glück ist mir in meinem ganzen Leben noch niemals über den Weg gelaufen«, keucht der bullige Caldwell, streicht sich über die langen, dunklen Haare und seine Muskeln spannen sich so sehr an, dass das karierte Hemd in den Nähten kracht.
»Einmal ist immer das erste Mal, Caldwell.«
Die Blondine, die es sagt, sitzt neben dem schwindsüchtigen Spieler, der die Karten durch die Finger tanzen lässt. Er mischt so schnell, so geschickt, dass man den Bewegungen seiner Finger kaum folgen kann. Der Packen klatscht auf den Tisch.
Larry Caldwell, der seinen Gegenspieler nicht für einen Sekundenbruchteil aus den Augen gelassen hat, hebt erst jetzt den Blick vom Kartenhaufen und schaut die Blondine an.
Suzanne Jaquet nimmt die Schultern etwas zurück, so drückt sich ihr Busen gegen das hochgeschlossene, schwarze Kleid. Jeder, der diesen Pokertisch umsteht, kann auf den ersten Blick feststellen, dass die junge Blondine nichts unter dem Kleid trägt. Sie ist die Partnerin des schwindsüchtigen Spielers. Man könnte meinen, er habe sie nur deshalb zur Partnerin genommen, weil sie die Blicke der Männer auf sich zieht, so dass ihm kaum jemand auf die Finger schaut.
»Wollen Sie nicht abheben, Mister?«
Clark Mangolds Stimme klingt genauso hohl, wie seine Backen es sind. Wieder schüttelt ihn ein Hustenanfall. Er presst sich das Taschentuch vor den Mund. Einige Sekunden verstreichen, dann ist er wieder in Ordnung.
Larry Caldwell hat von nun an nur noch Blicke für seinen Gegner am Spieltisch. Die Blondine könnte sich ausziehen und auf dem Tisch tanzen, er würde sie nicht einmal aus den Augenwinkeln heraus betrachten.
»Glaubst du, du überlebst diese Runde noch, Mangold?«, fragt Caldwell herausfordernd, während er den Kartenhaufen drittelt und die Karten anschließend wieder türmt.
Clark Mangold zuckt zusammen. Die Haut spannt sich wie Pergament über seinen Backenknochen. Die dunklen Augen bekommen einen gefährlichen Glanz.
»Willst du reden, oder spielen, Caldwell?«
Caldwell stößt einen Fluch aus. Er merkt, dass ihm Schweißtropfen über das Gesicht rinnen und wischt sie mit dem Hemdärmel fort.
»Okay, gib endlich. Aber ehrlich, Mangold, sonst holt dich der Teufel!«
Der holt mich so oder so!, schießt es Mangold durch den Kopf, während er die Karten ausgibt. Unter dem Tisch spürt er die Hand der Blondine, die sich beruhigend auf seinen Schenkel legt. Sie hat vollkommen recht!, denkt Mangold. Konzentrier dich auf das Spiel. Nur auf das Spiel! Denk daran, dass du eine lange Reise vor dir hast.
Mangold lächelt, legt die übriggebliebenen Karten beiseite, ordnet die fünf Karten, die er sich selbst gegeben hat und hebt sie langsam auf. Er weiß genau, sein Gegenüber wird diesmal alles riskieren, um seinen Verlust wieder reinzuholen. Es ist nicht sein Geld, mit dem Larry Caldwell spielt. Sein Bruder hat es ihm gegeben, damit er es auf der Bank einzahlt. Stattdessen hat er einen kleinen Abstecher in den Saloon gemacht. Von den viertausend Dollars sind ihm gerade noch eintausend geblieben.
Die vier Männer, die hinter Larry Caldwell stehen, hören plötzlich auf zu atmen. Ihre atemlose Angespanntheit verrät Mangold, dass Caldwell mit den ersten Karten ein ausgezeichnetes Blatt aufgenommen hat. Das signalisieren ihm auch die Augen seines Gegenübers, als Caldwell den Blick hebt und ihn triumphierend anschaut.
Mangold selbst hat zwei Sieben, eine Dame einen König und eine Neun.
Dreihundert schiebt Caldwell in die Mitte des Tisches.
»Eine Karte, Spieler. Die Richtige!«
Mangold setzt dem bulligen Mann ein müdes Lächeln entgegen.
»Willst du sie dir aussuchen, Caldwell, oder spielen wir ehrlich, nach den Regeln?«
Caldwell wird bleich. Für einen Moment sieht es aus, als wolle er sich auf Mangold stürzen, dann beherrscht er sich aber doch.
»Die oberste Karte, Spieler«, sagt er schneidend. »Nach den Regeln.«
Mangold wartet, bis Caldwell eine Karte weggelegt hat. Dann schiebt er ebenfalls dreihundert Dollars in die Tischmitte und legt drei Karten ab.
Caldwell erkennt, dass sein Gegenüber ziemlich schwach mit dem ersten Blatt ist. Sein Grinsen wird breiter. Unruhig tanzt seine Zunge über die trockenen Lippen. Für ihn steht fest, dass das Blatt sich gewendet hat. Genauso musste es kommen. Keinem Menschen lief das Pech eine Stunde lang so ausdauernd nach. Und Mangold spielt ehrlich. Er ist zwar ein berufsmäßiger Gambler, aber spielt ein sauberes Spiel.
Jedenfalls hat ihm bislang niemand das Gegenteil nachweisen können.
Caldwell nimmt seine Karte entgegen. Seine Blicke kleben förmlich auf den Fingern von Mangold, der sich drei neue Karten vom Haufen nimmt, sie unter die verbliebenen zwei mischt und sich sein Blatt noch nicht einmal anschaut.
»Du kannst mich mit dem Theater nicht nervös machen, Spieler«, knurrt Caldwell. »Du kannst dir dein Blatt ansehen, oder nicht. Diesmal bist du draußen!«
Drei Damen, zwei Könige. Full House für Caldwell. Ein Blatt wie er es die ganze Zeit über noch niemals gehabt hat. Seine Hände tasten nach den ihm verbliebenen Scheinen. Er zählt fünfhundert Dollars ab, legt sie auf die anderen Banknoten in die Mitte des Tisches.
Mangolds Blick huscht zu den Scheinen, die noch vor Caldwell liegen. Noch dreihundert Dollars. Also bringt er die ersten Fünfhundert und anschließend noch einmal dreihundert Dollar.
Das alles, ohne dass er sich seine Karten angeschaut hat.
Caldwell zuckt wie unter Peitschenhieben zusammen. Mangold lächelt. Ein Lächeln, so überheblich und siegessicher, dass man es in einer Situation wie dieser als glatte Beleidigung auslegen kann.
»Alles oder nichts«, sagt er. »Vielleicht gewinnst du, Caldwell, dann bist du wieder flüssig.«
»Okay, Spieler. Alles oder nichts!«
Mit einer schroffen Bewegung schiebt er die letzten Scheine in die Tischmitte und deckt seine Karten auf.
»Full House mit Damen«, sagt er heiser. »Die Langhaarigen scheinen dir heute kein Glück zu bringen, Spieler. Lass sehen!«
Es ist so still geworden, dass man die berühmte Stecknadel fallen hören kann.
»Lass sehen, verdammt!«
Mangold lehnt sich auf seinem Stuhl zurück. Karte für Karte legt er einzeln um.
Eine Acht, eine Sieben, noch eine Sieben, noch eine Sieben. Die letzte Karte liegt noch verdeckt vor ihm, als Caldwells Muskeln sich wieder anspannen. Dick treten Sehnen und Adern an seinem Hals heraus. Seine Augen sind starr auf die letzte Karte gerichtet. So als wolle er sie hypnotisieren. Als könne er den Wert und die Farbe mit seinen Blicken zu seinen Gunsten verwandeln.
»Dreimal die sieben!« Seine Stimme ist kaum noch zu verstehen. »Was da noch vor dir liegt, Spieler, das ist ein Haufen Dreck. Ganz sicher!«
Mangold weiß es nicht. Mit spitzen Fingern packt er die Karte und dreht sie um.
Kreuz sieben!
Die Zahl verschwimmt vor Caldwells Blicken. Er streicht sich über die Augen, beugt sich nach vorn, starrt die Sieben an wie seinen größten Feind und weiß in diesem Moment genau, dass er erledigt ist. Sein Bruder Joe hat ihm viertausend Dollars gegeben. Er hat alles verspielt.
»So viel Glück kann nicht einmal ein Schwindsüchtiger haben, Spieler!«
Es klingt wie das gefährliche Zischen einer Schlange, kurz bevor sie ihr tödliches Gift verspritzt.
Mangold reagiert nicht. Er sitzt da wie ein Denkmal. Regungslos. Nicht einmal seine Augen bewegen sich.
»Nimm das Geld, Suzanne!«
Die Blondine zuckt zusammen. Sie hat Mangold nicht einmal eine winzige Chance gegeben, dieses Spiel zu gewinnen.
»Pfoten weg!«
Caldwells Stimme überschlägt sich in den Spitzen.
»Pfoten von dem Geld, Baby. Wer das bekommt, wird sich erst noch herausstellen.«
Caldwells Rechte rutscht von der Tischplatte, stößt zum Griff seines Sechsschüssers wie ein Bussard auf seine Beute. Mit einem Ruck reißt er das Eisen aus dem Holster, springt auf und drückt ab, als der Lauf des Sechsschüssers den Weg über die Tischplatte hinweg gefunden hat.
Wie eine Katze hat Clark Mangold sich von seinem Stuhl gleiten lassen. Er kniet neben dem Tisch, als Caldwells Blei herangeflogen kommt und klatschend in die Polsterung des Stuhles einschlägt, auf dem er gerade noch gesessen hat.
Die blitzschnelle Bewegung, die Mangold mit dem Unterarm vollführt, nimmt keiner der staunenden Zuschauer wahr, die sich schon rechts und links neben dem Tisch verteilt haben, um nicht unglücklich die Schussbahn eines der Kontrahenten zu kreuzen. Mit dieser knappen Bewegung wird die Vorrichtung ausgelöst, die ein Messer in Mangolds Hand gleiten lässt. Seine Hand schwingt nach vorn, gleichzeitig lässt er sich zur Seite fallen.
Caldwell hat den Finger ein zweites Mal schneller am Abzug. Sein Blei schrammt über den mit grünem Filz belegten Tisch, streift Mangolds Arm in genau dem Moment, als sich der blanke Stahl in die Brust des Schießers bohrt, und ihm den Lebensfaden abschneidet.
Caldwell bricht über dem Tisch zusammen, als Suzanne Jaquet mit dem Rücken zur Wand steht. Ein zweischüssiger Derringer schmiegt sich wie angegossen in die zierliche Frauenhand, spuckt ein Stück Blei in die Richtung eines Caldwell-Freundes, der die Waffe schon in der Hand hält, und trifft dessen Schulter.
Ein gellender Aufschrei, das schwere Eisen poltert auf den rissigen Dielenboden des Saloons.
»Nur noch ein Schuss«, sagt die Blondine mit ruhiger Stimme. »Die Kugel wird den Mann in den Kopf treffen, der als nächster zur Waffe greift.«
Da ist nicht einer unter Larry Caldwells Männern, der nicht daran glaubt. Sie starren die Blondine an, blinzeln in den Lauf des Derringers, aus dem sich noch der Pulverschmauch kräuselt, und sie halten die Hände still.
Diejenigen die nicht auf Caldwells Seite stehen, greifen ohnehin nicht in das Geschehen ein. Sie halten die Hände weit von den Kolben ihrer Waffen entfernt.
»Jemand soll den Sheriff holen!«
Es ist Clark Mangold, der es sagt. Er hat sich wieder aufgerichtet, lehnt mit der Hüfte am Tisch und sein schmächtiger Körper wird von einem Hustenanfall geschüttelt.
»Das ist nicht mehr nötig.«
Sheriff Dan Walling bahnt sich einen Weg durch die dichte Menschenmauer, die sich um den Tisch gebildet hat. Er schaut auf Caldwell, der halb über dem Tisch liegt, der mit starren Augen zur Decke schaut und in dessen Brust das Messer steckt.
Mangold hebt die schmächtigen Schultern. »Er hat zweimal auf mich geschossen«, sagt er. »Ich trage keinen Revolver.«
Dan Walling schaut auf den zweiten Mann, der am Boden kniet und sich die Linke auf die Wunde in der Schulter presst. Blut sickert durch seine Finger, tropft auf den Boden.
»Er versuchte das nachzuholen, was sein Freund nicht geschafft hat«, erklärt Suzanne Jaquet.
Die unbeteiligten Gäste im Saloon bestätigen die Aussage des Spielers und der jungen blonden Frau, die ihren Derringer wieder in der mit Perlmutt besetzten Handtasche verschwinden lässt.
Es sind mehr als zwanzig Personen, die eindeutig gesehen haben, dass Mangold erst nach zwei Schüssen von Caldwell gehandelt hat.
»Verdammt«, knurrt der Sheriff. »Entweder sind Sie 'n Selbstmörder, Mangold, oder Sie sind sich so sicher, dass Sie einen guten Schutzengel haben. Ich will Ihnen was verraten, Mangold. Morgen Mittag wird Joe Caldwell in die Stadt kommen. Zusammen mit einer wilden Horde. Er wird sich einen Dreck darum scheren, ob Sie aus einer Notwehrsituation heraus gehandelt haben. Er wird Ihnen eine Kugel zwischen die Augen setzen, oder setzen lassen. Da helfen Ihnen keine zehn Schutzengel. Verschwinden Sie aus der Stadt.«
Suzanne Jaquet streicht sich die langen blonden Haare in den Nacken.
»Heißt das, Sie können uns nicht schützen, Sheriff?«
Sheriff Dan Walling nickt, ohne auch nur eine Sekunde nachdenken zu müssen.
»Das ist richtig, Lady«, antwortet er mit belegter Stimme. »Joe Caldwell ist ein mächtiger und ein gefährlicher Mann. Nicht nur in dieser Gegend des Landes. Ihr Freund wird mit einer Kugel im Kopf herumliegen. Niemand wird gesehen haben, was wirklich geschehen ist, und wer geschossen hat. Ich mache Ihnen nichts vor, und ich vertreibe Sie auch nicht aus der Stadt. Ich gebe Ihnen nur einen guten Rat, auf den Sie hören sollten, Lady!«
»Caldwell wird dir den Hintern bis zu den Ohren aufreißen, wenn er erfährt, dass du die beiden unbehelligt hast ziehen lassen, nachdem sie seinen Bruder zur Hölle geschickt haben, Walling«, meldet sich einer von Larry Caldwells Freunden.
Sheriff Dan Walling dreht sich auf dem Absatz herum. Seine Faust kommt aus der Hüfte geflogen, senkt sich in den Magen des Mannes, der gerade geredet hat.
»Anders herum wird vielleicht ein Stiefel daraus«, sagt Walling, während der Kerl sich noch am Boden wälzt und verzweifelt nach Luft schnappt. »Joe wird euch verantwortlich dafür machen, dass ihr nicht besser auf seinen kleinen Bruder aufgepasst habt.«
Der Kerl ist wieder auf den Beinen, als Sheriff Walling noch einmal seine Stimme erhebt. Diesmal zu seinen beiden Deputies, die inzwischen ebenfalls in den Saloon gekommen sind.
»Sammelt Larrys Freunde ein und steckt sie ins Jail, bis Joe zurückgekommen ist. Vielleicht reitet mich der Teufel, aber ich will nicht, dass den beiden noch etwas passiert, bevor sie ihre Chance, die Stadt zu verlassen, gehabt haben.«
Caldwells Leute protestieren vergeblich gegen ihre Festnahme.
Während der ganzen Zeit ist von Seiten des Spielerpärchens kein Wort gefallen. Mangold sieht schlecht und angegriffen aus. Eine wandelnde Leiche.
Verdammt!, denkt Sheriff Walling. Du machst es doch nicht mehr lange, Junge! Vielleicht wäre es 'ne Erlösung für dich gewesen, wenn Larry dich getroffen hätte!
»Spätestens morgen Mittag«, wendet Walling sich dann erneut an Suzanne Jaquet und Clark Mangold. »Wenn ihr wollt, bringe ich euch aus der Stadt heraus. Das ist alles, was ich tun kann!«
Sekunden verstreichen. Mangold schaut die Blondine an, und die nickt schließlich.
Nach dem, was sie gerade eben hier erlebt haben, wäre es Selbstmord, zu bleiben und auf Joe Caldwell zu warten. Der wird genauso reagieren, wie der Sheriff es gesagt hat. Aber das ist nicht alles, was Suzanne Jaquet durch den Kopf schießt.
In diesem Moment weiß sie genau: »Joe Caldwell wird ihnen auf den Fersen sein. Er wird seinen Bruder begraben und die Verfolgung aufnehmen.«
»In einer halben Stunde, Sheriff«, sagt die Blondine und nickt dem Sternträger zu. »Vielen Dank.«
Sheriff Dan Walling murmelt etwas Unverständliches, sieht dem ungleichen Pärchen nach und seine Zähne malen knirschend aufeinander.
Wenn du nicht vorher stirbst, Junge, dann wird Joe Caldwell dich erwischen!, denkt Walling, während Suzanne Jaquet und Clark Mangold nebeneinander die breite Treppe zu den Zimmern hinaufgehen.
Eine halbe Minute steht Joe Caldwell stumm und starr vor der aufgebahrten Leiche seines Bruders. Dann läuft ein Ruck durch die kurze, untergesetzte Gestalt des Mannes, der sein Geld mit Raubzügen und Überfällen verdient, die er jedes Mal außerhalb dieses Distrikts begeht, so dass er in dieser Stadt wenigstens nach außen hin noch eine weiße Weste hat. Solange man einem Mann kein Verbrechen nachweisen kann, ist er in diesem Land ein ehrenwerter Mann. Joe Caldwell hat nur tote Zeugen zurückgelassen. Da gibt es niemand, der mit dem Finger auf ihn zeigen kann.
Eine halbe Minute steht er da, dann dreht er sich abrupt um. Er zieht den Kopf zwischen die breiten Schultern, seine Augen versenken sich in denen von Sheriff Dan Walling. Es sieht aus, als würde es zu einem Disput kommen. Walling hat sich darauf eingestellt und seine Deputies entsprechend verteilt, aber Caldwell schüttelt nur den Kopf.
»Vielleicht denkst du, du hast dem Bastard von einem Spieler und seiner blonden Freundin das Leben gerettet, Walling«, sagt er schroff. »Aber du hast ihnen das Leben nur etwas verlängert. Wir werden Larry begraben und den Spieler an anderer Stelle. Er kann mir nicht weglaufen, Dan Walling. Nicht ein schwindsüchtiger Kerl, der eine Blondine hinter sich herzieht und vom Kartenspielen lebt.«
»Okay, Joe.« Walling nickt. »Dann werde ich Larrys Freunde jetzt aus dem Jail lassen.«
»Von mir aus kannst du sie behalten, bis sie vermodern, Sheriff. Was sind das für Freunde, die nicht einmal auf ihn haben aufpassen können, he?«
Walling wendet sich ab. Froh darüber, dass es in dieser Stadt nicht zu dem erwarteten Sturm gekommen ist, geht er zum Office und gibt seinen Deputies einen Wink.
Für Dan Walling ist die Sache abgehakt. Er hat dem Schwindsüchtigen und der Blondine eine Chance gegeben. Jetzt müssen die auf sich allein aufpassen. Hätte ihm jemand eine Wette angeboten, Walling hätte keinen Quarter auf das Leben des Schwindsüchtigen gesetzt.
Drei Monate später
»Hoh, hoh! Lauft ihr verdammten Kuhschwänze!«
Shorty ist in seinem Element. Er peitscht seinen Stetson durch die Luft, um die Herde zu einer schnelleren Gangart anzutreiben, und sieht durch die dichte Staubwolke hindurch schon die ersten Häuser von Clearland City.
»Hoh, hoh, lauft, ihr verdammten Kuhschwänze!«
»Die verstehen dich nicht!«, brüllt Chet Quade ihm entgegen, der zusammen mit John Morgan, dem Boss der Skull-Ranch, zu Shorty aufgeschlossen hat. »Versuch's mal in der Kuhsprache!«
Brazos, der Schmied der Skull, der neben seinem kleinen Freund reitet und ihn durch seine hohe, hünenhafte Gestalt noch winziger erscheinen lässt, verzieht das Gesicht zu einem Grinsen.
»Nicht aufregen, Kleiner«, mahnt er, als Shorty sich auf seiner Rosinante reckt und das Kinn angriffslustig in Chet Quades Richtung streckt. »Noch eine halbe Stunde, dann haben wir es geschafft. Ein freier Tag wie versprochen, und die verdammte Stadt gehört uns!«
»Ein freier Tag.« Chet Quade, der Vormann der Skull-Ranch, nickt. »Selbst wenn euch dann die Stadt wirklich gehört, erwarte ich euch übermorgen wieder zur Arbeit, auf Jeffery Paradas Ranch!«