1,99 €
Sein Name war Jake Chilly. Das Leben führte ihn auf einem rauen Trail durch manche Hölle. Als Yankee-Colonel hatte er seine Feinde das Fürchten gelehrt, und nun, da er mit einer Horde rauer Wölfe eine blutige Spur durch Colorado zog, fürchteten ihn auch seine Spießgesellen. Es war sein glühender Hass, der ihn voranpeitschte. Seit sein Sohn von den Konföderierten gehenkt worden war, kannte er nur ein Ziel: Rache für seinen Sohn, Rache an John Morgan!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 136
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
Des Colonels späte Rache
Vorschau
Impressum
Des Colonels späte Rache
von E.B. Millett
Sein Name war Jake Chilly. Das Leben führte ihn auf einem rauen Trail durch manche Hölle. Als Yankee-Colonel hatte er seine Feinde das Fürchten gelehrt, und nun, da er mit einer Horde rauer Wölfe eine blutige Spur durch Colorado zog, fürchteten ihn auch seine Spießgesellen.
Es war sein glühender Hass, der ihn voranpeitschte. Seit sein Sohn von den Konföderierten gehenkt worden war, kannte er nur ein Ziel: Rache für seinen Sohn, Rache an John Morgan!
Als die Sonne am höchsten steht, reiten sie in Golden City ein.
Doc Dan Finnegan und Jerry Multing stehen vor dem Eingang des Drugstore.
Old Sam, der Mietstallbesitzer, kratzt sich nervös am Kopf. Seine Kopfhaut beginnt zu jucken. Das hat noch niemals etwas Gutes bedeutet. Wenn Old Sam sich auf etwas verlassen kann, dann auf seinen Juckreiz.
Die Männer sind schmutzig, haben staubverkrustete Gesichter. In den Dreck hinein haben die Schweißtropfen helle Rinnen gezogen. Dass sie einen langen Ritt hinter sich haben, ist auch den Pferden anzusehen. Abgetriebene Gäule, die noch einmal munter werden, als sie das Wasser wittern, das Old Sam gerade frisch in die Tränke vor den Mietstall gefüllt hat.
Drüben, auf der anderen Straßenseite, schauen Doc Finnegan und Multing sich fragend an. Beinahe gleichzeitig zucken sie die Schultern. Sie haben die Männer noch niemals in der Stadt gesehen. Gleichzeitig geht aus den Gesichtern der beiden Bürger von Golden City hervor, dass sie sich nichts Gutes vom Auftauchen dieser Reiter versprechen.
Das haben der Doc und der Storekeeper im Gefühl.
Genau wie Sam, der die Zügel des Schecken auffängt, die ihm Jake Chilly zuwirft.
Jake Chilly ist ein hochaufgeschossener Mann. Er trägt dunkle Kleidung. Besonders auffallend sind die neuen, verzierten Stiefel mit den großen Silbersporen. Er hat ein scharfgeschnittenes, eckiges Gesicht, tiefliegende, dunkle Augen und beinahe schneeweißes Haar. Man kann sein Alter schlecht bestimmen, aber auf den ersten Blick wird deutlich, dass er auch in zwanzig Jahren noch ein gefährlicher Mann ist.
Die beiden anderen Reiter, Johnnie Bourban und Phil Denver, fallen durch nichts aus dem Rahmen. Hagere Gestalten mit nichtssagenden Gesichtern, an die man sich schon Minuten, nachdem man sie zum ersten Mal gesehen hat, nicht mehr erinnern kann.
Alle drei Männer sind nun aus dem Sattel gestiegen. Gemeinsam gehen sie zur Tränke und stecken die Köpfe ins Wasser.
Old Sam hält noch immer die Zügel des Schecken. Kein Wort ist gefallen. Dennoch fühlt Sam sich unbehaglich, als er den Männern zuschaut.
Jake Chilly, der Mann mit den Silbersporen, kommt ihm entgegen. Die großen Zackenräder klirren.
Das einzige Geräusch an diesem heißen Mittag. Man kann glauben, Golden City sei in einen tiefen Schlaf gefallen.
Außer dem Doc und dem Storekeeper auf der anderen Straßenseite kann Old Sam niemand entdecken, als er den Blick in die Runde schweifen lässt.
»Was sind sie noch wert?«, fragt der Mann mit den Silbersporen. Mit einer knappen Handbewegung deutet er auf die Gäule, die sich kaum noch auf den Beinen halten können.
»Zweihundert!«
Old Sam überlegt nicht lange. Für ihn steht fest, die Leute brauchen frische Pferde, und er kann zweimal verdienen, denn die drei sehen nicht so aus, als wollten sie sich lange in der Stadt aufhalten.
Old Sam kennt solche Männer. Die bleiben niemals lange und die kommen auch selten zweimal an den gleichen Ort zurück.
Also wird es keine Reklamationen geben. Zum anderen haben die gar keine Zeit, sich ein anderes Angebot einzuholen als das, das er ihnen gemacht hat.
»Was kosten drei gute, frische Pferde?«, kommt die nächste Frage von Jake Chilly.
»Fünfhundert«, antwortet Old Sam.
Das Gesicht seines Gegenübers wird noch etwas kantiger.
Old Sam sieht ihm an, dass der Preis ihm nicht gefällt. Er denkt, dass ihm die Pferde noch weniger gefallen werden, die er ihm für achthundert Dollars geben kann.
»Dafür sind es Gäule, die diese Klepper auf drei Meilen zwei hinter sich zurücklassen«, setzt Old Sam nach.
Er will dieses Geschäft machen, würde sich notfalls auch noch um einen Hunderter herunterhandeln lassen.
Doch das versucht niemand.
»Heute Abend reiten wir weiter«, sagt der Weißhaarige mit den Silbersporen.
Er winkt einem der anderen Männer.
»Dreihundert, Phil. Mach das klar!«
Phil Denver stößt sich den Stetson in den Nacken. Unwillen breitet sich auf seinem Gesicht. Der Preis ist viel zu hoch. Er will etwas sagen, doch Jake Chilly winkt ab.
»Zahl ihm dreihundert aus, Phil. Schau dir die Pferde an. Johnnie und ich sind im Saloon.«
Damit ist der Handel perfekt. Es gibt keine Diskussionen mehr.
Sam bekommt die dreihundert und die drei abgetriebenen Pferde, nachdem Phil einen kurzen Blick auf die frischen Pferde geworfen hat. Viel versteht er nicht von Gäulen. Er knurrt einmal, dann wendet er sich schweigend ab und folgt seinen Kumpanen in den Saloon.
Old Sam schaut ihm noch etwas benommen nach. Noch niemals hat der Alte in so kurzer Zeit so viele Dollars verdient. Er kann sich auch nicht erinnern, dass es jemals einen Kunden gegeben hat, der nicht versucht hat, ihn herunterzuhandeln.
Old Sams Kopf beginnt immer heftiger zu jucken.
Zum Teufel damit!, denkt Old Sam. Er tritt in den Schatten des Stalles zurück. Er hat sich um die Pferde zu kümmern, das ist sein Geschäft.
Was die Fremden angeht, so fallen die nicht in sein Ressort.
Wenn überhaupt jemand zuständig für sie ist, dann der Town Marshal George Rockwell. Doch der sucht mit einigen Leuten in den Cochetopa Hills nach einigen Kuhschwänzen und den Kerlen, die sie von einer fremden Weide abgetrieben haben.
Drüben in dem Drugstore trennen sich Doc Finnegan und Jerry Multing.
Jerry geht in den Laden zurück. Der Doc hat noch einen Krankenbesuch auf seinem Stundenplan stehen.
Golden City scheint die friedlichste Stadt in Colorado zu sein.
Doch das täuscht.
Zwei Stunden später kommen die nächsten Reiter in die Stadt. Bei deren Anblick juckt Old Sams Kopf nicht.
Er kommt aus seinem Stall heraus und stellt sich so auf die Straße, dass man ihn schon von weitem sehen kann.
Diesmal sind es Reiter von der Skull-Ranch.
Brazos, der riesenhafte Cowboy und Schmied, der aussieht wie ein gutmütiger Grizzly zu Pferd. Shorty, Brazos Freund, der neben dem Hünen wie ein Zwerg wirkt und Mary-Lou Morgan, die Tochter des Ranchers. Ein Mädchen, das mit ihrer natürlichen Schönheit überall Aufsehen erregt.
Shorty deutet auf Old Sam, der sich mitten auf der Straße aufgebaut hat. Die Hände in die Hüften gestemmt und den Blick starr auf Brazos gerichtet, der sich nun so unruhig auf seinem Sattel bewegt, als habe er eine wilde Hummel in der Hose.
»Old Sam meint dich, Brazos!«
Shorty wendet sich Brazos zu und grinst so breit, dass die Mundwinkel beinahe die Ohren berühren.
»Unsinn!« Brazos schüttelt den Kopf. »Der hält nach den ersten Regenwolken Ausschau. Besser, wir reiten schnell an ihm vorbei und stören ihn nicht.«
Mary-Lou Morgan versteht kein einziges Wort.
Woher soll das Mädchen auch wissen, dass Brazos' letzter Besuch in Golden City von wenig Erfolg gekrönt gewesen ist?
Mit zehn Dollars hatte Brazos sich an den Pokertisch gesetzt. Nach einer Stunde hatte Old Sam seinen Mietstall beinahe verloren. Nur zwei alte Klepper waren Old Sam noch geblieben, als Brazos' Pechsträhne begann. Eine Stunde später hatte Old Sam seinen Mietstall zurückgewonnen und wieder eine Stunde später hatte Brazos zwei Monatslöhne an Sam verloren.
Nun steht der Alte auf der Straße, um die erste Zahlung zu kassieren. Brazos hat sie fällig gestellt, sobald er wieder nach Golden City kommt.
»Was soll Old Sam schon von mir wollen?«, fragt Brazos scheinheilig, als Shorty noch immer grinst. »Ich bin mit meinem Gaul zufrieden. Mir kann Old Sam keinen müden Klepper mehr aufschwatzen. Vielleicht hat er es auf deine Rosinante abgesehen, Shorty.«
Shortys Rosinante ist das hässlichste Pferd, das jemals im Westen geboren worden ist. Man sieht ihm die guten Eigenschaften wirklich nicht an, die in ihm stecken. Und da mag kommen, was will, Shorty wird sich niemals von diesem hässlichen Gaul trennen.
Er will Brazos gerade eine passende Antwort geben, als Mary-Lou sich einschaltet.
»Warum fragt ihr ihn nicht, was er will? Ich reite derweil voraus. Wir treffen uns in einer Stunde in der Bank. Pass auf, dass Brazos nichts passiert, Shorty. Old Sam sieht wirklich so aus, als ginge es um höhere Beträge.«
Mary-Lou Morgan reitet voran, während Brazos sein Pferd zurückhält. Er hat es nicht eilig, in Sams Nähe zu kommen. Natürlich muss er seine Spielschulden bezahlen. Aber nicht so bald. Er hofft darauf, dass er Old Sam zu einem neuen Spiel herausfordern kann. Danach soll es Old Sam sein, der ein flaues Gefühl im Magen hat, wenn er in die Nähe der Skull-Ranch kommt.
Jetzt aber lässt es sich nicht umgehen, dass Brazos den Mietstallbesitzer erst einmal vertröstet.
Im Saloon ist Jake Chilly von seinem Platz aufgestanden und ans Fenster getreten. Mit brennenden Augen schaut er hinaus in die Sonnenglut des frühen Nachmittags.
Phil Denver und Johnnie Bourbon folgen seinem Blick. Sie finden nichts, was sich anzusehen lohnt.
Abgesehen von einem hübschen Mädchen, das über die Mainstreet reitet. Wirklich eine Augenweide, doch sie sind nicht nach Golden City gekommen, um sich Mädchen anzuschauen.
Eine ganze Weile bleibt der Mann mit den weißen Haaren regungslos am Fenster stehen. Er hat das Mädchen noch niemals vorher im Leben gesehen, doch Chilly erkennt es auf den ersten Blick.
Jeder Zweifel ist ausgeschlossen!
Dennoch wendet er sich dem Tresen und dem Barmann zu, der vor seinen Flaschen beinahe eingeschlafen ist, obwohl er Gäste hat.
»Wer ist das?«, will Jake Chilly wissen.
»Wer?«, fragt der Barmann ohne Interesse zurück.
»Das Mädchen?«
Der Mann reckt den Hals. »Mary-Lou Morgan«, antwortet er.
Während Jake Chilly keine Miene verzieht, geht ein Ruck durch die beiden anderen Gestalten. Phil Denver und Johnnie Bourban wechseln einen schnellen Blick miteinander. Dann schauen sie den Weißhaarigen an.
Chilly nickt mit ausdruckslosem Gesicht.
»Wohnt Morgan hier in der Stadt?«, fragt der Barmann.
»Draußen, im Bluegrass Valley«, antwortet der bereitwillig. »Morgan gehört die Skull-Ranch. Die beiden Männer, die sich drüben am Mietstall aufhalten, gehören zu seiner Mannschaft. Die werden zur Bank wollen. Vielleicht braucht Morgan Geld, um ein paar Zuchtbullen zu kaufen. Er hat viel Land in seinem Besitz und kann noch eine Menge Tiere auf seinen Weiden unterbringen. Kennen Sie Mr. Morgan?«
Chilly verneint, bevor die beiden anderen einen Fehler begehen können.
John Morgan!
Der Name brennt wie ein höllisches Feuer in ihm, seit er ihn zum ersten Mal gehört hat.
Das ist Jahre her, doch er hat ihn niemals vergessen. Und Morgans Gesicht hat sich unauslöschlich in ihm eingeprägt.
Deshalb hat er das Mädchen auch sofort erkannt. Die Ähnlichkeit zwischen Mary-Lou und ihrem Vater ist in der Tat frappierend.
»Ein reicher Mann?«, fragt Jake Chilly so arglos, dass der Barmann keinen Verdacht schöpft.
Bereitwillig erteilt er dem Fremden Auskunft.
Demnach ist Morgan in den letzten Jahren in der Tat wohlhabend geworden. Und er hat sich einen Besitz geschaffen, der in der Gegend noch eine ganze Weile seinesgleichen suchen muss.
Die drei Männer bestellen noch einen Drink. Niemand redet mehr über Jim Morgan, so dass der Barmann die Fragen bald wieder vergessen hat.
Dann nehmen die Männer eine Flasche und setzen sich an einen Tisch.
»Verdammt«, sagt Jake Chilly. »Damit habe ich wirklich nicht gerechnet.«
»Vergiss es«, antwortet Phil Denver.
Der Weißhaarige wird bleich. Phil zieht den Kopf schuldbewusst zwischen die Schultern.
»Wir dürfen keine Zeit verlieren«, mahnt Johnnie Bourban. »Wir haben einen Plan, und den sollten wir wegen Morgan nicht über den Haufen werfen, Jake!«
Die Brauen des Weißhaarigen zucken ärgerlich nach oben. Er schickt einen vernichtenden Blick auf die Reise. Phil Denver, der noch etwas sagen will, schluckt alles herunter, was in ihm aufsteigt.
»Etwas dagegen, dass ich hier die Entscheidungen treffe, Johnnie?«, fragt der weißhaarige Chilly mit eisiger Stimme. »Du kannst es sagen, Johnnie. Du kannst aber auch verschwinden, ohne es gesagt zu haben. Niemand hat etwas dagegen, wenn dein Anteil frei wird. Niemand wird versuchen, dich zurückzuhalten. Nur musst du dich schnell entscheiden. Verstanden?«
Sekundenlang herrscht betretenes Schweigen. Dann hebt Johnnie Bourban die Hand und zuckt gleichgültig mit den Schultern.
»Du bist der Boss, Jake«, kommt genau die Antwort, die Chilly erwartet hat. »Sollen wir den anderen Bescheid geben, dass sich etwas geändert hat?«
»Nichts hat sich geändert«, antwortet Jake. »Es ist nur eine neue Aufgabe hinzugekommen. Wir verschwinden nicht ohne das Mädchen. Sie zu schnappen ist deine Aufgabe, wenn du die Lust an diesem Job noch nicht verloren hast.«
Johnnie beeilt sich mit einer zustimmenden Antwort. Er kennt Jake lange genug, und er kennt dessen Unbeherrschtheit, wenn jemand es wagt, seine Entscheidungen anzuzweifeln. Bislang, das muss Johnnie zugeben, sind sie immer gut damit gefahren, das zu machen, was Jake anordnet. Im Moment sieht es nicht danach aus, als würde sich daran etwas ändern.
Johnnie steht von seinem Platz auf. »Okay«, sagt er. »Ich erwarte euch dann am Treffpunkt.«
»Okay, Brazos«, stöhnt Old Sam, nachdem der Hüne von der Skull-Ranch ihm lange genug etwas über die schlechten Zeiten vorgejammert hat. »Du bekommst deine Revanche, sobald du die Hälfte deiner Schulden bezahlt hast. Versuch nicht, mich übers Ohr zu hauen, sonst könnte ich auf die Idee kommen, John Morgan darum zu bitten, dir die beiden Monatsgehälter vorzulegen!«
Old Sam sagt es so, wie ein bissiger Köter nach einem Hosenbein schnappt. Man kann von ihm nicht gerade behaupten, dass er wie der Teufel hinter der Seele hinter dem Geld her ist, aber er lässt sich nicht gerne hinters Licht führen. Und dass Brazos ein ausgekochtes Schlitzohr ist, das ist überall bekannt.
»Keine Sorge, Sam«, verspricht der Hüne von der Skull-Ranch.
Noch einmal knurrt der Alte drohend. »Geht ihr in den Saloon?«, fragt er dann.
Shorty reibt sich den Schweiß aus der Stirn. »Direkt und ohne Umweg«, nickt er zustimmend. »Die Bank öffnet erst in einer Stunde. Vorher wird sich auch Mary-Lou nicht sehen lassen. Die geht zu Isabella Wagner, ihrer neuen Freundin, um sich von der eine alte Weisheit bestätigen zu lassen.«
Brazos spitzt die Ohren. Mary-Lou hat ihm nichts davon gesagt. Es interessiert ihn brennend.
»Welche Weisheit?«, fragt er Shorty.
»Dass kleine Menschen mehr Verstand als Riesen haben«, antwortete Shorty.
Old Sam grient und Brazos kratzt sich am Mundwinkel. »Nicht möglich«, sagt er dann.
»Doch möglich«, versichert Shorty. »Wenn ein kleiner Mann beinahe einen ganzen Mietstall beim Pokern gewonnen hat, dann will er nicht auch noch die letzten beiden Klepper, sondern legt die Karten aus der Hand, bevor das Blatt sich zu seinen Ungunsten wandelt und er auch noch zwei Monatslöhne verliert.«
»Er hat recht, Brazos!«, freut sich Old Sam. »Aber lassen wir das. Wenn ihr in den Saloon geht, schaut euch die drei Kerle etwas genauer an, die sich dort aufhalten. Fremde, die ich noch niemals in der Stadt gesehen habe. Sie geben drei abgetriebene Gäule in Zahlung und noch dreihundert Dollar für drei frische Pferde hinzu. Mit denen kann etwas nicht stimmen.«
Shorty tippt sich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn.
»Vielleicht die Sonne«, sagt er.
»Vielleicht«, antwortet Old Sam zweifelnd. »Vielleicht aber auch nicht die Sonne. Auf jeden Fall haltet die Augen offen!«
Das versprechen die beiden Cowboys von der Skull-Ranch, bevor sie zum Saloon herüberreiten, aus den Sätteln steigen und die Pferde an den Holmen anbinden.
»Hast du das eben vielleicht ernst gemeint, dass mit dem wenigen Verstand, den ich angeblich habe, du krummbeinige Kröte?«, will Brazos wissen.
Bevor Shorty antworten kann, kommt einer der Männer aus dem Saloon heraus.
Johnnie Bourban bleibt einen Moment stehen, mustert die Reiter von der Skull-Ranch und springt dann vom Sidewalk auf die Straße hinab. Der Staub wallt unter seinen Füßen auf, als er mit eiligen Schritten auf die andere Straßenseite zum Mietstall geht.
Brazos will in den Saloon. Sein Hals ist ausgetrocknet, er selbst auch. Er weiß, mit zwei Litern Bier lässt sich dieses lausige Gefühl schnell wieder beheben. Shorty aber hält ihn zurück.
»Warte einen Moment.«
»Nur wenn du zurücknimmst, was du eben über meinen Verstand gesagt hast!«
»Das ist schon zurückgenommen!«
Einige Minuten verstreichen. Dann kommt der Fremde mit einem frischen Pferd aus dem Mietstall heraus, schwingt sich in den Sattel und reitet die Mainstreet in der Richtung, die auch Mary-Lou Morgan eingeschlagen hat.
Shorty und Brazos schauen dem Reiter nach. Old Sam hat die beiden mit seinen Andeutungen misstrauisch gemacht. Aber sie entdecken an dem Fremden rein gar nichts, was ihn als Bösewicht ausweist.