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Fragt man Kiwis, was denn die neuseeländische Küche auszeichnet, bekam man in der Vergangenheit meist ein Schulterzucken und ein ironisches "Fish and Chips?" als Antwort. Typisches Understatement! Neuseeland hat zwar keine Kochtradition wie etwa Frankreich oder Korea vorzuweisen. Doch dieses kleine Land am anderen Ende der Welt, umgeben von viel, viel Ozean besitzt ganz andere kulinarische Schätze. Auf unserem siebenmonatigen Roadtrip, der uns im kleinen Campervan kreuz und quer über Nord- und Südinsel führte, haben wir leckere, kuriose und zum Teil einzigartige Kiwi-Foods entdeckt und probiert - und brauchten dafür nicht einmal ein üppiges Budget. Wir haben mit einer Maorifamilie Grünlippenmuscheln gesammelt, an jeder "Honesty Box" gehalten und bei einer Wanderung durch einstige Goldgräberfelder die köstliche Ursache des Duftes, der uns um die Nase wehte, entdeckt. Wir haben uns an Possum Pie, Mutton Bird und Whitebait heran gewagt. Und mit detektivischem Spürsinn jene Bäcker aufgespürt, die "real bread" backen. Über unsere kleinen und größeren Abenteuer und die wunderbaren Menschen, die wir kennengelernt haben, haben wir während unserer Reise gebloggt. Aus den besten dieser, noch einmal komplett überarbeiteten, Reportagen und unseren persönlichen Tipps ist dieses Buch entstanden.
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Seitenzahl: 162
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Von Auckland aus führt der State Highway 1 rund 100 Kilometer weit direkt nach Norden, bis er sich gabelt und man sich entscheiden muss: Will man auf der 1 bleiben und die östliche Route über die Bay of Islands nehmen oder auf der 12 einen kleinen Umweg durch die Kauriwälder an der Westküste fahren? Wo die Nordinsel sich zu einer schmalen Landzunge verjüngt, treffen die beiden Highways dann wieder aufeinander und führen als SHW 1 bis zum Cape Reinga, der Nordspitze.
Kurz bevor wir uns an der Highway-Gabelung entscheiden mussten, entdeckten wir nahe der Ortschaft Te Hana ein Schild am Straßenrand: "Hot Hangi Streetfood – 100m" stand darauf. Hangi als Streetfood?!
Eigentlich wird dieses traditionelle Maori-Festmahl in einer Grube im Erdboden gegart, wofür es viele helfende Hände und eine stundenlange Vor- und Zubereitungszeit braucht. Slow Food in seiner ursprünglichsten Form also. Hangi zum Mitnehmen – davon hatten wir noch nie gehört und wollten es uns deshalb zumindest mal anschauen.
Das Schild verwies auf einen kleinen Autoanhänger mit einer massiven Metallbox darauf, vielleicht einen Meter im Quadrat. Davor ein Maori, der mein „Hello“ mit einem freundlich gebrummten „Kia Ora“ erwidert. Was es denn mit der Box und dem Streetfood auf sich habe, fragte ich ihn. Er erklärte mir, dass das ein mobiles Hangi sei: Die Kiste werde mit Gas befeuert und das Essen darin – wie bei der traditionellen Zubereitung auch – geräuchert und dampfgegart.
Man kann sich jetzt natürlich fragen, wie viel das noch mit dem Original zu tun hat. Aber als der Mann mir eine Portion (NZ$12) zur Begutachtung unter die Nase hielt, ließ mir der Duft von Lammfleisch, Kumara, Kürbis und Stuffing (eine Mischung aus gebutterten Brotbröseln und Kräutern) das Wasser im Mund zusammen laufen. Wir wollten eigentlich erst etwas später eine Mittagsrast einlegen, erklärte ich dem Mann. „No worries“, meinte der, und wickelte das in Alufolie verpackte Lunchpaket zusätzlich in einige Lagen Zeitungspapier.
Anderthalb Stunden später hatten wir die Kai Iwi Lakes (> KARTE) erreicht, wo wir am feinsandigen Seeufer mit Blick auf türkis-blaues Wasser picknickten. Unser Essen war immer noch warm, für unseren Geschmack allerdings ein bisschen zu gar: Kürbis und Süßkartoffel waren so weich, dass sogar unser (damals noch backenzahnloses) Baby sie problemlos mampfen konnte. Und das Fleisch bestand zur Hälfte aus einer dicken Schwarte. Geschmacklich war es aber in Ordnung (wenn auch kein Highlight) und die Portion machte gut satt.
Unser Tipp: Wer es auf seiner Reise nicht so weit in den Norden schafft, kommt vielleicht statt dessen in Rotorua vorbei. Im dortigen Kiwi Kai, dem ersten Maori Fast Food Imbiss des Landes, bekommt man Rewena (Maoribrot), Hangi To Go, Burger im Rewenabrot, Boil-Up, Pudding und mehr. 1211 Amohau Street, Tel. 07-3472440 (telefonisch vorbestellen und selbst abholen möglich), geöffnet Di-Do 10-19 Uhr, Fr 10-19:30 Uhr, Sa 11-19:30 Uhr. www.facebook.com/KiwiKaiRotorua
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Die Presse hat schon lange ihr Ende ausgerufen, aber es gibt sie immer noch – zum Glück! Honesty Boxes sind für mich typisch neuseeländisch und ich fände es jammerschade, wenn ein paar unehrliche Menschen es für uns andere verderben würden!
Für diejenigen, die nicht wissen, wovon ich spreche: Honesty Boxes sind kleine Verkaufsstände am Straßenrand, die ganz ohne Verkäufer auskommen. Man darf sich einfach bedienen und steckt das passend abgezählte Geld in ein dafür vorgesehenes Behältnis. Während unserer Reise quer durchs Land haben wir ihretwegen schon sehr häufig eine Vollbremsung hingelegt. Denn was in den Honesty Boxen liegt, ist nicht nur frisch geerntet, bio und stammt vom Acker direkt nebenan – hier kauft man auch direkt vom Erzeuger und entsprechend günstig. Oft sind es auch einfach Privatleute, die die Überschüsse aus ihrem Garten für kleines Geld abgeben.
Auf unserer Rundreise sind wir an hunderten solcher Verkaufsstände vorbei gekommen. Die tollste kommerzielle Entdeckung war der Thymianhonig in Central Otago (> zum Kapitel). Die womöglich schönste private (!) Honesty Box des Landes aber steht in Rangiora – direkt an der Straße, ein paar Meter vom Anleger der Autofähre entfernt, die von Rawene über den Hokianga Harbour übersetzt. Eine kleine Garage wurde hier zu einem hübsch dekorierten Verkaufsraum umfunktioniert, die Einfahrt mit Blumen geschmückt und auch das Sortiment begeisterte uns.
Wir waren eigentlich einem Schild am Straßenrand gefolgt, das auf Avocados hinwies, und alleine für die großen, unglaublich aromatischen Früchte lohnte es sich angehalten zu haben, wie wir später feststellen. Dann entdecken wir aber noch viel mehr: Da gibt es verschiedene Gemüsesorten ("spray free"), Eier von glücklichen Hühnern, selbstgemachte Marmeladen und Chutneys, Töpfchen mit frischen Kräutern und ein bisschen Kunsthandwerk. Und das charmanteste von allem: kleine Zettel mit Empfehlungen des Inhabers. Zum Beispiel, dass das Wassermelonen-Konfit (Gläschen NZ$7) gut zu Käse passt.
Entgegen den Unkenrufen der einheimischen Medien sind die Honesty Boxen zum Glück noch nicht von den Straßenrändern verschwunden. Aber die Zeiten haben sich trotzdem geändert. Früher genügte ein Jogurtbecher als Kasse, mittlerweile sieht man nur noch verplombte Metallbüchsen mit Einwurfschlitz für das Geld. Manche Stände werden sogar kameraüberwacht.
In Rangiora gab es keine Kamera, dafür ein kleines Klemmbrett mit Notizzetteln. Wir haben darauf ein Dankeschön hinterlassen – für die überraschende Idee, aus Wassermelone Konfit zu machen, und für die wirklich köstliche Verzehrempfehlung.
Unser Tipp: Das Boatshed Café in Rawene, direkt am Fähranleger (8 Clendon Esplanade). Bevor man auf seiner Fahrt weiter gen Norden die etwa zehnminütige Überfahrt mit der Fähre unternimmt (oder natürlich auch wenn man Richtung Süden fährt: nach dem Übersetzen), kann man hier noch einen Kaffee trinken oder auch etwas essen. Dabei kann man wunderschön auf der Terrasse direkt am Wasser sitzen; zum Café gehört außerdem ein kleines Souvenirlädchen, in dem vor allem von Hand Gemachtes verkauft wird.
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Austern gehören für mich in die Kategorie „Muss man das wirklich essen?“. Aber wie so ziemlich jedes Lebensmittel, dessen Verzehr den einen spontan fragwürdig vorkommt, gibt es immer auch andere, die sofort eine lange „Darum!“-Liste aufzählen können. Typische Totschlagargumente auf solchen Listen: Ich esse es, weil es gesund ist! Weil es jung hält! Weil es ein Aphrodisiakum ist! Und (natürlich unausgesprochen): Weil es so teuer ist, dass es sich nicht jeder leisten kann – aber ich!
Obwohl ich mich schon mehrfach in der berühmten Feinkostabteilung des Berliner KaDeWe herumgetrieben habe, wo man natürlich auch Austern bekommt, hat mich die Aussicht, etwas Glibbriges und womöglich noch Lebendes zu schlürfen, nicht in Versuchung geführt.
Bisher konnte ich also nicht mitreden – vielleicht sind Austern tatsächlich so köstlich wie Feinschmecker behaupten?
Auf dieser Reise wollte ich die Austern-Challenge nun endlich annehmen! Wir hatten nämlich vor, nach Bluff zu fahren, wo die Saison am 1. März beginnen sollte (> zum Kapitel). Manche behaupten, es seien die besten Austern der Welt, da sie in unglaublich sauberem Wasser vor der Südküste der neuseeländischen Südinsel wachsen. Wenn das kein Grund ist, sie nun auch einmal zu probieren!
Jetzt kam es aber schon früher zum Erstkontakt: In Northland kann man an so ziemlich jedem Strand rock oysters finden. Die sitzen auf den Felsen, die sich meist am Ende einer Bucht befinden. An einem Strand entdeckten wir sogar welche, die auf einzelnen, faustgroßen Steinen ihr Plätzchen gefunden hatte. Die Farbe ihrer Schale scheint sich dem Untergrund anzupassen, so dass man sie oft erst ganz aus der Nähe entdeckt. Und sie sind kleiner als die Austern, die wir in Deutschland kennen: Manche Exemplare, die wir gesehen haben, hatten gerade mal die Größe eines Aprikosenkerns.
Wir sammeln unsere Testexemplare in der wunderschönen Maitai Bay, die ganz oben auf der Karikari Halbinsel liegt: Sie besteht aus einem langen Sandstrand wie aus dem Reiseprospekt, in der Bucht liegen ein paar schmucke Yachten und der zugehörige DoC-Campingplatz hat sich (wir sind zwischen Weihnachten und Neujahr dort) in eine Zelt-und-Campervan-Kleinstadt verwandelt.
Als wir bei Ebbe am Strand entlang spazieren, sehen wir, dass die (nun freiliegenden) Felsen über und über mit Felsenaustern bedeckt sind. Sie sitzen so dicht, dass man kaum erkennen kann, wo die eine aufhört und die nächste beginnt. Ein paar leere Schalen liegen bereits bei den Felsen im Sand und netterweise haben uns unsere Vorgänger auch einen handlichen Stein zurück gelassen, mit dem wir ein paar größere, aus dem Austernteppich hervorstehende Exemplare vom Felsen hauen können. Mit der Hand bekommt man sie nämlich keinesfalls herunter: Sie sitzen nicht nur sehr fest, sondern sind auch scharfkantig.
In diesem Moment also tippen uns Neugierde und Jagdfieber energisch links und rechts auf die Schulter und sagen: „Los jetzt! Das ist die Gelegenheit!“
Es gelingt uns, zwei rock oysters vom Felsen zu lösen, den Rand ihrer Schale (die erstaunlich bröckelig war) vorsichtig abzuklopfen und dann die beiden Hälften mit den Fingern auseinander zu ziehen. Mangels Zitrone schlürfen wir sie einfach pur heraus. Für mich schmecken sie nussig und intensiv nach Meer, während Co-Jäger Johannes meint, das Aroma von Speisepilz auf der Zunge zu haben. Da er schon einmal Austern gegessen hat, kann er auch vergleichen: Weniger glibberig und weniger fischig im Geschmack, beurteilt er die Felsenaustern.
Mein erster Gedanke: Echt lecker! Eine halbe Stunde später, als sich der Geschmack immer noch hartnäckig hinten auf meiner Zunge hält, bin ich mir dessen aber nicht mehr so sicher. Vielleicht wäre ein bisschen Zitrone oder ein Glas kühler Sauvignon Blanc dazu doch gut gewesen.
Unser Tipp: DoC Campground Maitai Bay, Karikari Peninsula. 100 Stellplätze, reservieren nicht möglich; Duschen und WC, $10 pro Person/Nacht (> mehr).
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Auf längeren Reisen verliert man ja leicht den Überblick, welcher Wochentag gerade ist. „Wieviel Uhr haben wir? Und welchen Tag?“, ist eine durchaus normale Frage. Die Wochenenden allerdings behalten wir auf diesem Trip schön im Auge, denn samstags, manchmal auch sonntags, ist in Neuseeland Markttag. Manchmal sind wir on the road und kommen überraschend an einem farmers' market vorbei. Wenn ich allerdings weiß, dass an einem Ort ein besonders schöner sein soll, dann versuchen wir, unsere Route passend zu legen.
In Auckland gibt es natürlich eine ganze Reihe Märkte, aber der in Otara, einem Stadtteil mit sehr vielen polynesischen und asiatischen Einwanderern, stach uns sofort ins Auge. Auckland hat die größte polynesische Population außerhalb der Inselgruppe, was natürlich auch Einflüsse auf die neuseeländische Küche hat (die ja sowieso ein Potpurri verschiedenster Kulturen ist).
Im Gegensatz zu den meisten farmers' markets im Land beginnt dieser hier schon morgens um sechs – ganz so früh schaffen wir es nicht, zumal wir den Aucklander Verkehr etwas unterschätzt haben. Als wir ankommen, ist schon ordentlich was los und wir müssen auf dem riesigen Parkplatz tatsächlich ein paar Runden drehen und dabei Händlern mit ihren Sackkarren, rangierenden LKW und mit vollen Tüten beladenen Menschen ausweichen.
Kaum steigen wir aus, umgibt uns ein bunter Geräuschteppich. Mitten auf dem Parkplatz steht ein Prediger ohne Publikum, dessen monotone Stimme mit der Zwei-Mann-plus-Synthesizer-Kapelle konkurriert, die am anderen Ende des Marktes inbrünstig amerikanische 50er Jahre Schnulzen in einer uns unbekannten Sprache covert. Von irgendwoher wummern die Bässe eines Soundsystems herüber. Später sehe ich, dass sie zu einem CD-Verkäufer gehören, der goldbehängt und mit schillernder Sonnenbrille an seiner mannshohen Lautsprecherbox lehnt.
Der Otara Market soll der größte Aucklands sein; seine Stände füllen in mehreren Reihen die Hälfte eines riesigen Parkplatzes. Verkauft wird eine bunte Mischung aus Lebensmitteln, Kleidung, Schmuck, Haushaltswaren und jede Menge Schnickschnack – bunt bemalte Armbänder, Leys aus Stoffblumen, lustig bedruckte T-Shirts mit Homer Simpson als Maori-Krieger. Ich sehe Obst und Gemüse, das ich noch in keinem neuseeländischen Supermarkt entdeckt habe: Pomelos zum Beispiel, exotische Kräuter und Bittermelone, die aussieht wie eine extrem runzelige Zucchini. Kein Obst, sondern ein Fleischgewürz, wie mir der asiatische Verkäufer erklärt. Eine Frau mit Blumenkranz auf dem Kopf bietet selbst gemixtes, mit Kräutern versetztes Kokosöl feil, das besonders gut für Neugeborene sein soll. Die Preise sind sensationell günstig.
Am hinteren Ende des Marktes ist eine ganze Reihe Imbissbüdchen aufgebaut. Eine blau-weiße Fahne winkt mir entgegen: Fritz's Wieners, die uns schon auf dem Riccarton Market in Christchurch begegnet sind, dürfen auch hier nicht fehlen ... Daneben jede Menge Frittiertes – Doughnuts, Paua, Whitebait. Ein Vietnamese verkauft Frühlingsrollen und bittet auf einem Schild: „Be vegan – make peace“. Dann, endlich, ein Stand, der etwas verkauft, das ich noch nie gesehen, geschweige denn gegessen habe: große braune und orangefarbene Würfel.
„Das ist Tapioka, also Stärke“, erklärt mir die Verkäuferin, die sich sichtlich über mein Interesse freut, „mit Bananen- oder Karottengeschmack, verfeinert mit Kokosmilch.“ Eine Spezialität der Cook Islands. Probieren darf ich auch. Die Konsistenz ist ulkig: Die braunen Bananenwürfel sind sehr fest und zäh zwischen den Zähnen, die orangefarbenen Karotten-Stärke-Happen hingegen zergehen fast auf der Zunge. Beide haben einen überraschend intensiven und natürlichen Geschmack und sind auch nicht übermäßig süß. Ich kaufe eine Familienportion für NZ$8.
Ein paar Stände weiter kaufe ich bei einem jungen Vietnamesen ein pork bun, eine Art dampfgegarten Kloß, der mit einer süßlichen Hackfleischmischung gefüllt ist (NZ$1,20), und pork dumplings (6 Stk für NZ$3), also Klöße mit Schweinefleisch, die sich dann leider als recht fettig entpuppen. „Das alles hat meine Mutter heute frisch zubereitet“, erzählt mir der Verkäufer stolz.