Spielerisch lernen - Eine Unterrichtsreihe zur Förderung der Kreativität und Selbsttätigkeit beim Rechnen mit Natürlichen Zahlen im Fach Mathematik der Klassenstufe 5 - Matthias Dietz - E-Book

Spielerisch lernen - Eine Unterrichtsreihe zur Förderung der Kreativität und Selbsttätigkeit beim Rechnen mit Natürlichen Zahlen im Fach Mathematik der Klassenstufe 5 E-Book

Matthias Dietz

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Beschreibung

Examensarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Didaktik - Mathematik, Note: 1,7, Friedrich-Schiller-Universität Jena (Studienseminar Erfurt), Sprache: Deutsch, Abstract: Diese Arbeit stellt es sich zum Ziel, einen Weg aufzuzeigen, wie Spiele gewinnbringend im Mathematikunterricht Anwendung finden können und enthält Vorschläge, wie von den Schülern erfundene Spiele im Unterricht ausprobiert und lernförderlich eingesetzt werden können. Auf der Basis der vom Lehrer-Schüler-Tandem konzipierten und in der Arbeit vorgestellten Lehr- und Lernmittel werden Vorschläge unterbreitet, wie der Unterricht in der Sekundarstufe I (und II) zeitgemäß und unterhaltend gestaltet werden kann. Für die praktische Erprobung meiner theoretisch erarbeiteten Thesen und der ausgewählten Spiele ist eine 5. Klasse am Gymnasium ausgewählt worden, die ich seit Schuljahresbeginn 2007/08 bedarfsdeckend unterrichte. Die als weitgehend leistungshomogen einzuschätzende Lerngruppe hat sich aus folgenden Gründen ideal für die Untersuchung geeignet: 1. Der Lehrplan Mathematik für Gymnasien formuliert in seinen allgemeinen Bildungszielen für das Fach Mathematik: - Entwicklung der Bereitschaft und Fähigkeit zu kommunizieren und zu kooperieren - Förderung von Kreativität und Phantasie - Entwicklung eines selbstständigen Problemlöseverhaltens Außerdem ist in den Lerninhalten der Klassenstufen für die Klassenstufe 5 zu finden: - Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, und Kooperationsbereitschaft können vor allem durch Partner- und Gruppenarbeit gestärkt werden. - Zu prüfen, ob diese ausgewählten Bildungsstandards und Ziele für die Klassenstufe 5 durch spielerische Unterrichtsformen in besonderem Maße gefördert werden, gehört zu den Hauptintentionen meiner Arbeit. 2. Der Lehrplan für Gymnasien in Mathematik der Klasse 5 weist ein besonders hohes Maß an bereits bekannten Themen der Grundschule auf, die wiederholend geübt und gefestigt werden sollen: „Nach dem Übergang aus der Grundschule ins Gymnasium geht es in der Klassenstufe 5 darum, gemeinsame Arbeits- und Lernformen zu finden und ein einheitliches Niveau in Bezug auf inhaltliche Anforderungen und Arbeitstempo zu schaffen. In Klassenstufe 5 wird im Kopfrechnen, in der Anwendung schriftlicher Rechenverfahren mit natürlichen Zahlen und Größen Sicherheit erreicht.“ Da speziell die Themenbereiche 5.1 „Rechnen mit natürlichen Zahlen“ und 5.2 „Größen“ Freiräume bei der Wahl der Übungs- und Festigungsformen bieten, und der Lehrplanumfang auch zeitlich nicht zu knapp bemessen ist, können spielerische Elemente leicht in den Mathematikunterricht eingebaut werden.

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Inhaltsverzeichnis
1. Entstehung und Anliegen der Hausarbeit
1.1 Eigene Erfahrungen
1.2 Eingrenzung des Themas
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Spiele und der Lehrplan Mathematik
2.2 Der Spielbegriff im Kontext Schule
2.3 Die Kategorien von Lernspielen
3. Praktische Umsetzung im Unterricht
3.1 Planung und Durchführung der Unterrichtsreihe
4. Evaluation der Unterrichtsreihe
4.2 Aus Lehrersicht
6. Literaturverzeichnis

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Spielerisch lernen - eine Unterrichtsreihe zur Förderung der

Kreativität und Selbsttätigkeit beim Rechnen mit

Natürlichen Zahlen im Fach Mathematik der Klassenstufe 5

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Einleitung

Es ist der 27. August 2007. Geraden eben hat Europas größte Spielemesse, dieGames Conventionin Leipzig, ihre Pforten geschlossen. Wie jedes Jahr wurde eine Vielzahl neuer Trends im Sektor Video- und Computerspiele vorgestellt. Tausende Journalisten berichteten live aus Leipzig in die ganze Welt, während die Joysticks und Gamepads der Besucher glühten. Wieder einmal wurde ein neuer Besucherrekord aufgestellt. Weit über 150 000 Gäste haben in den vier Tagen seit dem 24. August 2007 die Leipziger Messehallen gesäumt, unzählige Staus in der Leipziger Innenstadt verursacht und Warteschlangen vor Monitoren, Leinwänden und Konsolen erzeugt. Alle diese spielebegeisterten Menschen von Jung bis Alt hatten nur eines im Sinn: Ihre Neugier und ihren Spieltrieb stillen, Neuentwicklungen ausprobieren und sich über Neuheiten im Spielesektor zu informieren. Mittlerweile stößt die Games Convention aber an ihre Kapazitätsgrenze. Weil nervende Warterei und Gedrängel in den Messehallen Leipzigs in den letzten Jahren zunahmen und den Spaß am Spielen rauben, ist ein Umzug der Spielemesse in größere Ausstellungsräume mit mehr Platz längst beschlossene Sache. Außerdem haben sich Aussteller und Veranstalter des Erfolgsproduktes Games Convention ein großes Ziel gesetzt: Sie wollen ihr Kundenklientel erweitern. Neben den traditionellen Zielgruppen Kinder, Jugendliche und Männer sollen nun auch Frauen und Kleinkinder angesprochen werden. Dies will man mit einer teilweisen Umorientierung des Spielemarktes erreichen. Neben den traditionellen Simulationen, Fantasy- und Adventure - Games, Egoshootern und Rollenspielen sollten 2007 auch erstmals Gesellschafts- und Lernspiele für Familien und die ganz Kleinen in die Messe integriert werden. Man darf gespannt sein, ob das Konzept aufgeht. Statistiken belegen zumindest, dass Kinder in ihren ersten vier Lebensjahren über zehntausend Stunden spielen. Indem sie noch unbewusst handeln, beginnen sie bereits in dieser ersten Phase ihres Lebens damit, sich auf spielerische Art und Weise die Realität anzueignen, bevor sie später bewusster handeln und sich damit einen Entwicklungsraum für Phantasie und Kreativität schaffen.1

Mit fortschreitendem Alter sollte für die Kinder und Jugendlichen dann die Möglichkeit geschaffen werden, soziales (und emanzipatorisches) Handeln auszubilden. Die Heranwachsenden beginnen, ihr eigenes Tun zu analysieren, zu reflektieren und in Phasen

1Bücken, Hajo (1990): Das ganze Leben ist ein Spiel. S.13

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von Kooperation und Kommunikation Spiele entschiedener zu bewältigen.2Schon zu Zeiten der Aufklärung erkannte der richtungweisende Spielpädagoge Fröbel, welch immense Bedeutung Spielen für die geistige Entwicklung von Kindern zukam: „Spiel ist die früheste Form der geistigen Bildung. Durch das Spiel wird die Welt entdeckt und erobert.“3

Szenenwechsel. Es ist der 19.12.2007 in Erfurt. Es ist 7.15 Uhr, fünfzehn Minuten vor Beginn des Mathematikunterrichts in der Klasse 5a des Gutenberg-Gymnasiums. Ungewohnt viele Schüler sind bereits im Klassenraum und schauen neugierig von Platz zu Platz. Spiele türmen sich auf den Bänken. Das reichhaltige Angebot reicht von Brettspielen über Quiz - Spiele bis hin zu Mathe-Jepoardy und Rechen - Domino. Wo sich sonst die Jungs um Alexanders Gameboy drängeln, um ihm beim Meistern immer höherer Level von virtuellen Jump´n Run -Spielen zu beobachten und die Mädchen der Klasse verschlafen vor sich hin träumen oder das Gespräch mit ihresgleichen suchen, herrscht heute helle Aufregung. Ein bisschen erinnert das bunte Treiben an eine kleinere Version der Games Convention im Klassenzimmer. Jeder Schüler und jede Schülerin sollten bis heute ein eigenes Spiel erfinden, es gestalten, sich Spielregeln dafür überlegen. Wichtigste Bedingung war aber, dass das Spiel für den Mathematikunterricht genutzt werden kann. Mit Begeisterung hatte sich ein jeder in den letzten Tagen ans Werk gemacht, getüftelt, gebastelt und oft beim Lehrer noch einmal vergewissert, ob das Spiel wirklich so, wie man es sich gedacht hat, entworfen werden kann. Und heute nun werden die Ergebnisse präsentiert. Jeder darf sein eigenes Spiel vorstellen und die Schüler lauschen aufmerksam einander. Erstaunen, Bewunderung oder ein Schmunzeln über die Spielidee sind die häufigsten Reaktionen auf die Präsentationen der Mitschüler. Artig zollt ein jeder dem Mitschüler in Form eines kleinen Applauses seinen Respekt für die Leistung. Am Ende melden sich ausnahmslos alle Schüler und Schülerinnen auf die Frage des Lehrers, wer die Spiele im Unterricht selbst einmal ausprobieren wolle. Diese kleine Version der Games Convention neigt sich um 8.15 Uhr mit dem Pausenklingeln dem Ende, zuvor haben die Schüler noch ihre Erfahrungen der letzten Wochen mit Spielen im Mathematikunterricht reflektiert. Ingesamt zeigt sich bei den Schülern eine ausnahmslos positive Resonanz, verbunden mit der Bitte, auch in Zukunft noch hin und wieder spielen zu dürfen.

Michelle, die Klassensprecherin der 5a, kommt nach dem Unterricht noch auf mich zu und meint: „Herr Dietz, die vielen Spiele haben sehr viel Spaß gemacht und unter uns gesagt, mache ich im Moment viel lieber Mathematik als Englisch oder Deutsch.“ Mit einem Lächeln

2Bücken, Hajo (1990): S. 14

3Thiele, Rüdiger (1990): Spielend denken. Denkend spielen. S.58

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verlässt sie den Raum und hinterlässt einen zufriedenen und klein wenig stolzen Mathematik - Lehramtsanwärter.

1. Entstehung und Anliegen der Hausarbeit

1.1 Eigene Erfahrungen

„Das Spiel bindet und löst. Es fesselt, es bannt, es bezaubert.“4Spiele finden in jedem Lebensalter Anklang. Während Kleinkinder spielend die Welt entdecken, ist für den Heranwachsenden der Besitz eines Gameboys schon ein Statussymbol. Im kleinen oder großen Kreis treffen sich generationsübergreifend Familien und Freunde, um gemeinsam ihrer Leidenschaft zu fröhnen und fernab vom Alltag zu entspannen. Traditionelle Skatabende, familiäre Romée-Runden und inszenierte Pokerduelle erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Die traditionellen Spieleklassiker wie „Mensch ärgere dich nicht“ oder „Monopoly“ dürfen auch in keinem Haushalt fehlen. Der Spieleboom hält an. Ständig flimmern Spielshows wie „Wer wird Milionär?“, „Quiz-Taxi“, „Deal or no deal“ oder „Wetten dass“ über die Mattscheibe, sorgen für Rekordeinschaltquoten, indem sie den Spielgedanken geschickt in ein ansprechendes Unterhaltungsformat einbinden und mit großen Sach- oder Geldpreisen locken. „Spiele machen Spaß, sie sind spannend und entspannend zugleich. Sie erlauben, für eine gewisse Zeit aus der Realität in eine fiktive Welt abzutauchen.“5Sie regen die Kreativität und Phantasie an und erlauben, für einen Moment lang dem stressigen oder ernüchternden Alltag zu entfliehen: Ein berühmtes Zitat Mark Twains unterscheidet Spiel und Alltag treffend: „Arbeit ist das, was man tun muss, und Spiel ist das, was man nicht tun muss.“6Eigen und Winkler resümieren über die Bedeutung von Spielen: „Der Mensch ist Teilnehmer an einem großen Spiel, dessen Ausgang für ihn offen ist. Er muss seine Fähigkeiten voll entfalten, um sich als Spieler zu behaupten und nicht Spielball zu werden.“7

Ein wenig erinnert dieses Zitat auch an den Alltag in der Schule. Jeder, der die Bedeutung guter schulischer Leistungen erkannt hat, lernt und müht sich nach Kräften, um mit einem guten Abschluss den gewünschten Ausbildungsplatz oder den Studienplatz vor der Haustür zu

4Huizinga, Johan (1994): Homo ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. S.5

5Vernay, Rüdiger (1996): Mathematik lehren - Sammelband Spiele. S.1

6Thiele, Rüdiger (1990): S.56

7Thiele, Rüdiger (1990): S.58

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erhalten. Und doch ist Schule eine Zwangsveranstaltung. Es besteht die gesetzlich verankerte Pflicht, die Schule zu besuchen. Dabei drängt sich leicht der Gedanke auf, die Pflichtveranstaltung Schule mit spielerischen Elementen aufzulockern und für alle Beteiligten erträglicher zu gestalten: „Der Gedanke, den Eifer, mit dem sich Kinder ihren Spielen hingeben, pädagogisch zu nutzen, ist so alt wie die Pädagogik selbst.“8

Leider sieht der Alltag in den meisten Schulen anders aus. Während meiner Hospitationen sowohl in den studienbegleitenden Praktika als auch in meinem Referendariat musste ich feststellen, dass Spiele im Mathematikunterricht nur spärlichen Einsatz finden. Triftige Gründe dafür werden von den betreffenden Lehrern nur wenige genannt: Dass in der Sekundarstufe II der zeitlich eng bemessene Lehrplan bis hin zum Abitur den Einsatz von Lernspielen verhindert, mag einzusehen sein, aber dass die Lehrer Angst als Grund angeben, die Schüler könnten aus dem Alter heraus sein, in dem Spiele für sie bedeutsam seien, erscheint mehr als fraglich. Der Aufgabe, eine angemessene Auswahl altersgemäßer Spiele (auch für Schüler der Thüringer Oberstufe) zu treffen, muss sich ein Lehrer in der heutigen Zeit stellen.

Oftmals finden Spiele nur in Überbrückungsphasen wie Vertretungsstunden, im Rahmen von Projektwochen oder in den letzten Stunden vor längeren Ferienzeiten Anwendung. Gründe dafür sind nach Aussagen erfahrener Lehrerkollegen die Tatsache, dass bei Lehrern und Schülern gleichermaßen die Motivation für den zu vermittelnden Lehrplanstoff in solchen “Nischenstunden“ gegen den Wert Null strebt und die Sorge um die wachsenden disziplinarischen Verstöße von Schülern, für die Stunden geöffneten und offenen Unterrichts besonders gefährdet scheinen. Ulrich Baer beschreibt diese Ängste von Mathematiklehrern so: ,,Besteht nicht auch die Gefahr, dass uns die Schülergruppe ausflippt und wir sie nur schwer wieder in den Griff bekommen? Lernen im Spiel mag ja manchmal wirksamer sein, stellt sich aber doch oft als langwieriger heraus.“9Dabei stellt er die Vorzüge des Einsatzes von Spielen den Hemmnissen direkt gegenüber: „Beim Spiel findet Lernen lustvoll, intrinsisch motiviert, unsystematisch und oftmals unmerklich statt.“10Leider hält auch einige Lehrer der vermeintlich größere Aufwand davon ab, Spiele in ihren Unterricht einzubinden. Die zeitaufwendige Vorbereitung des Spielmaterials, der Entwurf dafür nötiger Fragen und der organisatorische Aufwand, eine geeignete Spielatmosphäre durch eine Veränderung der

8Scheuerl, H. (1968): Das Spiel. Untersuchungen über sein Wesen, seine pädagogischen Möglichkeiten und

Grenzen. S.194

9Baer, Ulrich (1994): Ins Thema spielen. Motivierende Spiele zum Unterrichtseinstieg. S.18

10Baer, Ulrich (1994): S.18

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Sitzarrangements in den Klassenräumen zu schaffen bzw. den Transport der Spielbretter,figuren und sonstigen Utensilien an den Spielort zu realisieren, schreckt weitere Lehrer ab, geeignete Spiele im Unterricht einzusetzen.

Dabei hat der Einsatz von Spielen im Unterricht auch eine unschätzbar große Bedeutung für das im Zuge von PISA und TIMSS so dringend geforderte erfolgreiche Lernen. Ein Ergebnis der jüngeren Hirnforschung ist nämlich „die positive emotionale Tönung von Lernsituationen.“11Darauf, dass Spielen in seinen ganz unterschiedlichen Formen „eine attraktive und effektive Lernform der Sekundarstufe I“ sein kann und „viele Spielformen zu einer Lern-Intensivierung beitragen können“, wiesen Paradies und Meyer schon 1994 hin.12Warum Spiele aber, wenn überhaupt, vorwiegend in der Sekundarstufe I eingesetzt werden, bleibt auch zu ergründen. Vermutlich, so der Pädagoge und Spielerfinder Ulrich Baer, fällt es vielen Lehrern schwer, die traditionell gewohnte stark lenkende und anleitende Rolle des Lehrers mit der des moderierenden Spielleiters oder Animateurs (zumindest zeitweise) zu tauschen, um damit das Heft des Handelns vermehrt in die Hände der Schüler zu geben: „Gerade das Medium Spiel verlangt Flexibilität und Lockerheit statt des Beharrens auf einer vorgeplanten oder systematischen Vorgehensweise.”13

Ich bin mir trotz dieser ernüchternden Erfahrungen mit dem Medium Spiel in der Schulpraxis sicher, dass es in Zukunft für viele Lehrer darauf ankommen wird, Spiele als effektives und in hohem Maße motivierendes Unterrichtswerkzeug schätzen zu lernen. Nur durch das Auseinandersetzen mit den Potentialen und Chancen spielerischer Unterrichtsformen und durch das Aufbringen des Mutes, Spiele im Unterricht zu testen, kann ein Lehrer langfristig den Ansprüchen, die an ihn gestellt werden, gerecht werden. Im Zuge einer wachsenden Schülerorientierung darf der Lehrer nicht den Fehler machen, die Verantwortung für den Erfolg des Lernprozesses des Schülers und die Selbstbestimmung dessen selbst zu verwalten, sondern muss zunehmend bereit sein, diese in Schülerhände abzugeben. Nur dadurch können langfristig die heute nötigen Schlüsselqualifikationen wie Selbstorganisation, Teamwork, Konsensfindung etc. ausgebildet werden. Diese Arbeit stellt es sich daher auch zum Ziel, einen Weg aufzuzeigen, wie Spiele gewinnbringend im Unterricht Anwendung finden können und in Zusammenarbeit mit den Teilnehmern der Lerneinheit, den Schülern selbst, kritisch zu reflektieren, was im Lernprozess als positiv empfunden wurde und damit verstärkt werden muss und welche Defizite abgestellt werden müssen.

11Gudjons, Herbert (1999): Pädagogisches Grundwissen. S.225

12Paradies/Meyer (1994): Alles nur Spielerei? Ansprüche an eine Spieldidaktik in der Sekundarstufe I. S.10-16

13Baer, Ulrich (1995) Spielpraxis. Eine Einführung in die Spielpädagogik. S.184

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1.2 Eingrenzung des Themas

Freilich kann diese Arbeit nur einen kleinen Beitrag dazu leisten, aufzuzeigen, wie sinnvoll und gewinnbringend der Einsatz vielfältiger Spielformen im Unterricht sein kann, und einen Weg skizzieren, wie ganz konkret ausgewählte Spiele Anwendung finden können. Andererseits können viele Aspekte nur kurz angerissen werden, so dass auf das umfassende Literaturangebot im Anhang verwiesen werden muss.

Spiele sollen in meiner Arbeit im Hinblick auf deren fördernde Funktion beim fachspezifischen Lernen untersucht werden. Das bedeutet, dass die betrachteten Spiele zweckgebunden und zielgerichtet sein sollen. Damit soll ausgeschlossen sein, dass Spiele betrachtet werden, die dem Selbstzweck verfallen. Da räumliche und zeitliche Faktoren die praktische Umsetzung dieser Arbeit eingeschränkt haben, müssen auch weiterführende Analysen der Thematik ´Spiele im Mathematikunterricht` im Hinblick auf deren optimierten Einsatz in Vertretungsstunden oder ein mögliches „Projekt Spiele“ mit interessierten Schülern außen vor bleiben. Hauptgegenstand der Betrachtung sollen ausschließlich Lernspiele für das Fach Mathematik sein, so dass bestimmte, später noch thematisierte Spieltypen wie Rollenspiele, Symbolspiele, Planspiele, Musik-, Theater- oder Sportspiele keine Behandlung finden werden. Bei den von mir eingesetzten Spielen wird es sich vielmehr um sogenannte „Regelspiele“ handeln. Darauf wird in Kapitel 2 noch genauer eingegangen.

Für die praktische Erprobung meiner theoretisch erarbeiteten Thesen und der ausgewählten Spiele ist eine 5. Klasse am Gutenberg-Gymnasium ausgewählt worden, die ich seit Schuljahresbeginn 2007/08 bedarfsdeckend unterrichte. Die als weitgehend leistungshomogen einzuschätzende Lerngruppe hat sich aus folgenden Gründen ideal für die Untersuchung geeignet:

1. Der Lehrplan Mathematik für Gymnasien formuliert in seinen allgemeinen Bildungszielen für das Fach Mathematik:

14Thüringer Kultusministerium (1999): Lehrplan für das Gymnasium: Mathematik. S.6