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Auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden durchlaufen viele Kinder und Jugendliche eine Pubertätskrise, die geprägt ist von Körperveränderungen, Geschlechtsidentitätskrisen und Leistungsdruck. Kommen in dieser Pubertätskrise noch Schicksalsschläge wie Krankheit oder der Tod eines Angehörigen hinzu, steht der junge Mensch schnell vor scheinbar unlösbaren Aufgaben. Oft benötigen Kinder und Jugendliche in solchen Situationen professionelle Hilfe. Tatsächlich wird die Psychotherapie für Kinder und Jugendliche immer gefragter, sodass Wartelisten sich häufig über mehrere Monate erstrecken. Doch kann den Betroffenen nicht immer mit einer herkömmlichen Therapie geholfen werden. Dustin Sattler setzt sich in diesem Buch deshalb für einen interdisziplinären Austausch zwischen Spiritualität und Psychotherapie ein. Sattler versteht Spiritualität als Ressource oder Copingfaktor, den eine Therapie gewinnbringend für ihre Zwecke nutzen kann. TherapeutInnen können durch unterschiedliche Methoden und Übungen auf einer spirituellen Ausrichtung von Kindern und Jugendlichen aufbauen, um den PatientInnen eine bestmögliche Genesung zu ermöglichen. Damit dies auch gelingt, liefert Dustin Sattler in seinem Buch ein breites Hintergrundwissen und gibt Denkanstöße für die Praxis. Aus dem Inhalt: - Psychotherapie; - Spiritualität; - Kinder und Jugendliche; - Copingfaktor; - Sozialpädagogik
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Seitenzahl: 90
Veröffentlichungsjahr: 2018
Impressum:
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Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundbegriffe
2.1 Spiritualität – Zwischen Esoterik und Agnostik?
2.2 Ressource – Der Schlüssel zur Bewältigung?
2.3 Coping – Mehr als eine Ressource?
3 Eine aktuelle Bestandsaufnahme
3.1 Kinder und Jugendliche und ihr Verhältnis zu Spiritualität und Religiosität
3.2 Psychotherapie und Spiritualität – eine erprobte Beziehung?
4 Spiritualität in der Therapie mit Kindern und Jugendlichen
4.1 Spiritualität und die Möglichkeit der passiven und aktiven Ressourcenorientierung
4.2 Aktive Möglichkeiten der Ressourcenorientierung
4.2.1 Achtsamkeitsbasierte Verfahren – Enttäuschung des Alltags?
4.3 Passive Faktoren – Der Zusammenhang zwischen positiven Lebensweisen und Spiritualität
5 Ressourcenorientierung in der Krisenintervention
5.1 Krisenintervention – Kritische Lebensereignisse erfordern besondere Methoden
5.2 Einbeziehung der Ressource in der Krisenintervention
5.3 Spiritualität als „Puffer"?
6 Sprachfähig in Glaubensfragen werden – zuerst als Mensch, dann als Fachkraft
7 Kritik
7.1 Spiritualität und ihre Auswirkungen auf den Menschen
7.2 Spiritualitätsforschung und die Anwendung der Ergebnisse in der Psychotherapie
7.3 Ressourcenorientierung in der Krisenintervention
8 Ausblick und Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung 1 – Schaubild zur Kategorisierung von Ressourcen nach Knecht und Schubert 2012, S. 20-23.
Abbildung 2 – Arten der Stressbewältigung nach Lazarus 1999.
Abbildung 3 – Faktoren einer erfolgreichen Stressbewältigung nach Buchwald und Hobfoll 2004, S. 18.
Abbildung 4 – Ergebnisse der Metastudie zum Zusammenhang zwischen Spiritualität, Religion und Gesundheit. Koenig et al. 2012, S. 601–602. [C=complex, NG= negativ, (NG)=negativer Trend, M=mixed, (P)=positiver Trend, P=positiv, NA= keine Zuordnung möglich]
Abbildung 5 – Möglichkeiten der passiven Stärkung der Gesundheit durch die Ressource Spiritualität nach Koenig et al. 2012, S. 91–93.
Abbildung 6 – Schaubild zur Kategorisierung exemplarischer Krisenanlässe nach Sonneck et al. 2016, S. 17.
Abbildung 7 – Phasen einer akuten Krise nach Sonneck et al. 2016, S. 36.
Abbildung 8 – Schaubild der sechs Kernbereiche die die Selbstwirksamkeit widerherstellen nach Sonneck et al. 2016, S. 99.
Tabelle 1 – Exemplarische Durchführung des AT
Tabelle 2 – Exemplarische Durchführung einer PMR
"Der Therapeut muss danach streben, für jeden Patienten
eine neue Therapie zu kreieren."
(Yalom 2009, S. 48)
Kinder und Jugendliche befinden sich heutzutage, mehr denn je, gefangen in einer Gesellschaft, die nach Leistungen bewertet. Dieser Leistungsdruck lastet spürbar auf ihnen. Zusätzlich stellen sie sich Fragen, die jeden jungen Menschen betreffen und die nicht wissenschaftlich zu beantworten sind, wie »Was kommt nach dem Leben? Was ist der Sinn des Lebens? Warum gerade ich?«. Kinder und Jugendliche durchlaufen in ihrer Pubertät eine allgemein existente Pubertätskrise, die geprägt ist von Körperveränderungen, Sexualität, Geschlechtsidentitätskrisen, Übergang zwischen verschiedenen Schulformen usw. Kommen in dieser allgegenwärtigen Pubertätskrise noch Lebenskrisen wie zum Beispiel Krankheit, Tod eines Angehörigen oder Schicksalsschläge hinzu, steht der junge Mensch vor zunächst unlösbaren Aufgaben. Gerade chronisch, schwer oder psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche versuchen eine (Be-)Deutung hinter ihrer Krankheit zu erkennen. Mit den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen und Kompetenzen und der dazugehörigen Copingstrategie müssen sie versuchen, diese Krisensituation zufriedenstellend zu lösen. Viele Kinder und Jugendliche benötigen für diesen Prozess professionelle Hilfe. Solch professionelle Hilfe findet teils in einem pädagogischen Setting, wie zum Beispiel in einem offenen Jugendtreff, durch Angebote von Beratungsstellen oder in einer Wohngruppe statt, teils in einem therapeutischen Setting, wie in einer stationären oder ambulanten Therapie oder in einer therapeutischen Wohngruppe.
Diese Bachelorarbeit soll den Schwerpunkt auf die therapeutische Arbeit mit jungen Menschen legen und zeigen, wie ein interdisziplinärer Austausch zwischen Spiritualität und Psychotherapie stattfinden kann. Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen wird immer gefragter, die Wartelisten erstrecken sich oft über mehrere Monate, der Markt für therapeutische Dienstleistungen wächst weiter.
Spiritualität wird währenddessen fortlaufend zu einem populären Begriff (vgl. Knoblauch 2006, S. 91). Spirituelle Dienstleistungen werden angeboten und von Kund*innen angenommen, die eine spirituelle Dienstleistung wollten, eine esoterische bekommen und etwas Mystisches erwarten. Der Markt für Dienstleistungen unter dem Deckmantel der Spiritualität wächst.
Psychotherapie für Kinder und Jugendliche wird häufig von staatlich anerkannten und akkreditierten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen[1] durchgeführt. Diese haben teilweise einen Kassensitz inne, arbeiten in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung oder rechnen privat ab. In der Psychotherapie existieren zwei große Fachrichtungen: die Tiefenpsychologie und die Verhaltenstherapie. Therapeut*innen spezialisieren sich im Laufe ihrer Ausbildung auf eine der vorher genannten Verfahren und erlangen dadurch die Erlaubnis mit einer gesetzlichen oder privaten Krankenkasse abrechnen zu dürfen. Für die Durchführung der in dieser Arbeit genannten Methoden ist es nicht von Bedeutung, welcher Fachrichtung die Psychotherapie untersteht.
Angemerkt werden muss, dass das pädagogisch-therapeutische Personal durch vorhergehende Einschätzung und Untersuchung selbst abschätzen muss, ob die Einbindung einer spirituellen Komponente in die Therapie indiziert oder kontraindiziert ist. Bei jungen Menschen, die unter wahnhaften Störungen und dem Voll- oder Teilbild einer psychotischen Erkrankung unterliegen, soll an dieser Stelle ausdrücklich davon abgeraten werden, da diese oftmals dazu neigen, ihre Krankheit religiös zu deuten und in ihre Wahnvorstellung miteinzubauen (vgl. Krampen 2013, S. 139).
Wenn in dieser Arbeit von Kindern und Jugendlichen die Rede ist, gilt die Definition des SGB VIII § 7. Nach deutschem Recht ist Kind, wer nicht älter als 13 Jahre alt ist; Jugendliche sind alle ab 14 und unter 18. Zwar definiert die UN-Generalversammlung und die Shell-Jugendstudie »Jugendlichkeit« bis zu einem Alter von 25 Jahren, jedoch beschäftigt sich diese Bachelorarbeit mit der Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen. KJP behandeln in der Regel nur Personen bis zum 18. Lebensjahr, in Einzelfällen bis zum 21. Lebensjahr. Aufgrund dieser Sachlage sind mit Kindern und Jugendlichen in dieser Arbeit alle bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gemeint.
Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, herausfinden ob, und wenn ja wie, Spiritualität eine Ressource und/oder ein Copingfaktor sein kann und wie diese professionell, lösungsorientiert und gewinnbringend für den*die Klient*in oder Patient*in in die Therapie integriert werden kann. Weiter möchte ich der Frage nachgehen, ob KJP weiteres Zusatzwissen benötigen, um Spiritualität als Ressource anwenden zu können und ob sie generell dazu in der Lage sein müssen.
Die Hypothesen die in dieser Bachelorarbeit überprüft werden sollen lauten wie folgt:
1. Spiritualität ist eine Ressource.
2. Eine spirituelle Ausrichtung von Kindern und Jugendlichen kann nach vorheriger Exploration durch unterschiedliche Methoden und Übungen genutzt werden, um den Patient*innen eine bestmögliche Genesung zu ermöglichen.
3. KJP müssen sich im Vorhinein mit den vorhandenen Methoden sowohl theoretisch als auch praktisch vertraut machen und positive sowie negative Faktoren individuell abwägen.
Die aufgestellten Hypothesen und die gewählte Fragestellung möchte ich anhand von wissenschaftlicher Literatur überprüfen und validieren. Das Thema hat besondere Relevanz für KJP und Sozialpädagog*innen oder Sozialarbeiter*innen, die in einem therapeutischen Bereich arbeiten.
Für Psychotherapeut*innen existiert in Deutschland kein einheitlicher, bundesländerübergreifender Ethikkodex, weswegen ich den Berufskodex der Psychotherapeut*innen aus Österreich als Grundlage verwenden möchte. Dort ist klar definiert, dass "Psychotherapeutinnen (Psychotherapeuten) sowohl durch das Psychotherapiegesetz als auch den Berufskodex grundsätzlich angehalten sind, wissenschaftlich anerkannte Methoden im Kontext der Psychotherapie anzuwenden, wobei auch nicht jede in anderen Fachkontexten wissenschaftlich anerkannte Methode unter die zur psychotherapeutischen Krankenbehandlung wissenschaftlich anerkannten Methoden gerechnet werden kann"(Bundesministerium für Gesundheit 2014, S. 5). Klar abgrenzen muss sich die Psychotherapie von "Bekehrung, Heilsversprechen, missionarische[n] Ansätze, bzw. religiöse[n] und esoterische[n] Praktiken"(Bundesministerium für Gesundheit 2014, S. 5). Psychotherapie muss sich daher ihrer Methoden bewusst sein und jeder KJP muss im Vorhinein abwägen, ob die Methoden die er/sie anwenden möchte wissenschaftlich evaluiert sind. Dabei müssen spirituelle Methoden denselben wissenschaftlichen Standards unterliegen, wie die der Tiefenpsychologie oder der Verhaltenstherapie.
In dieser Arbeit soll klar unterschieden werden, zwischen wissenschaftlich evaluierten Methoden, die dem Berufskodex gerecht werden und dem, was auf dem spirituellen Markt angeboten wird und teilweise aus Missionierung, Gebeten und Bekehrung besteht. Dennoch sollte Psychotherapie in der Lage sein, diesen gesellschaftlichen Trend und Anspruch unter Einhaltung aller vorher genannten wissenschaftlichen Standards in die weltanschaulich neutrale Psychotherapie zu integrieren, um dem Ziel der Psychotherapie, nämlich "bestehende Symptome zu mildern oder zu beseitigen, psychische Leidenszustände zu heilen oder zu lindern, in Lebenskrisen zu helfen, gestörte Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern oder die persönliche Entwicklung und Gesundheit zu fördern."(Bundesministerium für Gesundheit 2014, S. 2) gerecht zu werden.
Der wissenschaftliche Diskurs in diesem Bereich steht noch in den Anfängen. Diese Arbeit soll einen Beitrag dazu leisten, in diesen wichtigen interdisziplinären Austausch zu treten.
In den folgenden drei Unterkapiteln werden grundlegende Begriff für diese Arbeit definiert, erklärt und in den Kontext dieser Bachelorarbeit eingebettet. Dabei wird auf die Historie und den aktuellen wissenschaftlichen Diskurs verwiesen und – wenn nötig – zwischen Begrifflichkeiten differenziert und abgegrenzt.
"War 40 Jahre zuvor die Religion am Ende, so scheint nun plötzlich die Säkularisierung an ihr Ende gekommen zu sein. Hatte Nietzsche Gott am Ende lebend begraben?“(Knoblauch 2009, S. 15)
Zuerst sei gesagt, dass es keine einheitliche Definition von Spiritualität gibt. Häufig werden die Begriffe Spiritualität, Spiritismus, Religion, Religiosität, Esoterik und Mystik ohne scharfe Trennung synonym füreinander gebraucht (vgl. Bucher 2007, S. 20; Baier 2006, S. 23; Martin 2005, S. 17). Um im weiteren Verlauf dieser Arbeit mit einer Definition von Spiritualität arbeiten zu können, werden zuerst allgemeine und darauffolgend konkrete Aspekte von Spiritualität und der Abgrenzung zu anderen Begriffen gesammelt, um dann abschließend eine eigene Arbeitsdefinition zu verfassen.
Das Wort »Spiritualität« leitet sich aus dem lateinischen Wort »spiritus« Geist, Hauch oder auch »spiro«, zu Deutsch, ich atme, ab. Wörtlich übersetzt ist »Spiritualität« damit eine Art Geistlichkeit oder freier, die geistliche Ausrichtung eines Lebens. Möglich wäre außerdem eine Übersetzung in Richtung »Lebensatem«.
Für gewöhnlich definieren sich Menschen als spirituell, um sich von traditionellen Lehren und dogmatischen Traditionen abzugrenzen (vgl. Fermor 2014, S. 175) oder um zu symbolisieren, dass sie sich sehr wohl für spirituell, aber nicht für religiös halten