Sprachkunst - Dietmar Wolfgang Pritzlaff - E-Book

Sprachkunst E-Book

Dietmar Wolfgang Pritzlaff

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Beschreibung

Der Weg des Autors Dietmar Wolfgang Pritzlaff in der schreibenden Kunst von 1985 bis 2016. Der Autor und seine Werke. Seine Vorlieben, seine Ideale und Idole, seine Eingebungen und Inspirationen, seine Kreativität, seine Schöpfungen. Ein künstlerischer Werdegang mit Nennung der veröffentlichten Werke. Theaterstücke, Hörspiele, Drehbücher, Lyrik, Haiku, Kurzgeschichten, Romane, Hörbücher und Liedtexte. Durch Höhen und Tiefen, Erfolge und Missgeschicke, Glück und Enttäuschungen auf dem Weg zum Autor. Das Betätigungsfeld die Sprachkunst.

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Seitenzahl: 229

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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Vorwort
Kapitel 1: Poesiealbumreimklau
Kapitel 2: Schulische Schreibformate
Kapitel 3: Literaturspielchen
Kapitel 4: Mein erstes Gedicht
Kapitel 5: Kinder, Blagen, kleine Kröten
Kapitel 6: Das erste Hörspiel
Kapitel 7: Texte zu Ausstellungen
Kapitel 8: Provinz-Rock in Lüdenscheid
Kapitel 9: Bombenstimmung – Teil 1
Kapitel 10: In der ersten Anthologie
Kapitel 11: Erste Lesung mit Aufregung
Kapitel 12: Lyrik in Gratis-Zeitung
Kapitel 13: Autoren-Hilfe 1
Kapitel 14: Erste Förderung
Kapitel 15: Zweite Förderung
Kapitel 16: Von Anthologie zu Anthologie
Kapitel 17: Gedichte, Lyrik und mehr...
Kapitel 18: Chaos im Blätterwald
Kapitel 19: Handbuch für AutorenInnen
Kapitel 20: Autoren-Hilfe 2
Kapitel 21: Dritte Förderung
Kapitel 22: Einträge zum Erfolg?
Kapitel 23: Bombenstimmung – Teil 2
Kapitel 24: WDR sucht 1001 Märchen
Kapitel 25: Der Autor und die Steuer – Teil 1
Kapitel 26: Rechtschreibreform 1996
Kapitel 27: Die Vatermörder – Teil 1
Kapitel 28: Lyrik und Technomusik
Kapitel 29: Bombenstimmung – Teil 3
Kapitel 30: Krimi-Chaos
Kapitel 31: Beteiligung an hoher Kunst
Kapitel 32: Trümmerfrauen im Verlag
Kapitel 33: Weitere Kritiken zu Stücken
Kapitel 34: Pornos bei Brunos
Kapitel 35: Der 2te Preis
Kapitel 36: Geschichten und Steuer – Teil 2
Kapitel 37: Für nichts und wieder nichts
Kapitel 38: Kritiken für die Redaktion
Kapitel 39: Hörspiel im Radio
Kapitel 40: Noch mehr Geschichten 2016
Kapitel 41: Vierte Förderung in Nenzing
Kapitel 42: Geburtshilfe für Siegfried
Kapitel 43: Jetzt mach ich es mir selbst
Zu guter Letzt:
Abbildungsverzeichnis
Auszeichnungen / Förderungen
Veröffentlichungen
Werbung in eigener Sache

Impressum

Titel:

SPRACHKUNST – Der Autor Dietmar Wolfgang Pritzlaff

 

ISNB:

978-3-9618-9659-2

 

Auflage 1 / v2 / Februar 2018

 

© Foto: Charly, Köln

 

 

Autor:

Dietmar Wolfgang Pritzlaff (Alle Rechte dem Autor vorbehalten.)

geb. in Altena/Westf., schreibt Romane, Kurzgeschichten, Lyrik, Haiku, Songtexte,

Theaterstücke, Hörspiele, Essays und Drehbücher, journalistische Texte

www.diwop.de

www.liesmichnet.de

 

 

Verlag:

© 2018 • dwp –Day Walker Productions

veröffentlicht von: feiyr.com

dwp-feiyr-com-Veröffentlichungen

 

 

© Coverbild: „SPRACHKUNST oder L wie Literallala“ ,

Ausschnitte aus meinem literarischen Schaffen,

Covergestaltung von Dietmar Wolfgang Pritzlaff, Köln

 

 

© Text und Satz: Dietmar Wolfgang Pritzlaff, Köln

 

 

Vorwort

Sprachkunst? In meinen Werken? Also die hohe Schule der Sprachkunst habe ich in meinen Werken wohl nie erreicht. Sprachjonglage in alter oder zukunftsträchtiger Sprache ist nicht so mein Ding. Ich sollte mal die Sprache eines meiner Theaterstücke auf Geheißen des Verlages umarbeiten, damit es wieder aktueller klingen würde. Nein, ich habe es nicht getan. Davon erzähle ich später mehr.

Ich wollte immer meine Themen auf den Punkt bringen und nutzte die Sprache zeitlich nahe der Lebenssituation meiner Figuren. Eher realistisch als fantastisch. Es gibt zwar einige Sprachakrobatiken in meinen Texten, aber lieber nehme ich kein Blatt vor den Mund und beschreibe konkret die Situationen, als drum herum zu werkeln.

 

Dieses E-Book, ein elektronisches oder digitales Buch, ist das Buch zu meinen anderen Büchern. Insbesondere der E-Books NACHTREIGEN mit meinen Gedichten, LEBENSSPLITTER mit meinen Kurzgeschichten und BOMBENSTIMMUNG mit meinen Hörspielen, Theaterstücken und Drehbüchern. Es gibt die Geschichten rund um meine Literatur wieder. Wann war, wo, wie meine Literatur erwählt, ausjuriert, mit schmutzigen Kritiken überzogen oder Preis gekrönt.

 

Warum schreibe ich? Warum schreibt überhaupt jemand? Warum tuen sich Menschen das an? Denn die Zeit des Schreibens ist und bleibt immer eine ziemlich einsame Zeit. Kreativität hin oder her, die einsamste Tätigkeit ist vor einem Computer zu hocken und zu tippen. Geistig niveauvolle Texte und Wortergüsse zu finden und erfinden, erfordert eben eine gewisse Zeit der absoluten Ruhe und Ungestörtheit. Ein Autor sitzt also in seinem Kämmerchen, überlegt und grübelt und schreibt. Meistens ist er in dieser Zeit allein. Thomas Mann soll 4 Stunden täglich morgens bis zum Mittagessen geschrieben haben. In dieser Zeit war es der übrigen Familie strengstens untersagt in sein Büro zu stürmen und ihn abzulenken, ihn zu unterbrechen.

Es gibt nur wenige Ausnahmen. Eine davon ist Rainer Werner Fassbinder, den ich sehr bewundere, dessen Werke mich in höchstem Maße beeindrucken. Er ist der, der am liebsten nie alleine war und seinen harten Kern des Filmteams um sich versammelte, nebenher noch Radio hörte und/oder auch noch den laufenden Fernseher in der Nähe brauchte um dann Theaterstücke, Hörspiele oder Drehbücher verfasste. Nein, das bin ich wirklich nicht. Bei mir muss Stille, Ruhe und Einsamkeit herrschen. Und bitte auch keine Unterbrechungen, sonst bin ich raus aus dem Schreibfluss.

 

Wann habe ich angefangen zu schreiben? Was ist passiert, dass ich unbedingt etwas aufschreiben musste, außer dem schulischen Kram? In der Schule mitschreiben, Hausaufgaben schreiben, Tests schreiben, Diktate und Aufsätze schreiben und dann noch zuhause hinsetzen und für mich schreiben? Ja, genauso.

 

Und doch irgendwie anders. Bei Texteinreichungen zu Wettbewerben antwortete ich meist auf die Frage: „Warum schreiben Sie?“ mit „Weil der Kopf überläuft!“

Das stimmt zwar so, aber das ist es nicht allein. Der Kopf läuft über von Informationen. Gesammelte Werke von Eindrücken und Erlebnissen formen sich neu und um. Und dann entsteht eine Idee zu einem Wort oder gleich zu einer ganzen Geschichte. Und das muss raus. Muss geschrieben werden. Erst mal nur für mich. Wäre ich nicht über Veröffentlichungsmöglichkeiten mehr oder weniger gestolpert, hätte ich vielleicht die Schublade aufgemacht und meine Texte ins ewige Dunkel verbannt.

 

Manchmal kam mir nur ein Wort in den Sinn zum Beispiel BOMBENSTIMMUNG. Daraus wurde ein Theaterstück. Das Wort GOSSENKINDER wurde eine Kurzgeschichte und LEBENSSPLITTER ein Kunstwerk, SEELENTIEFEN eine Ausstellung, TRÜMMERFRAUEN ein Theaterstück und so weiter... und so weiter...

Manchmal ist nur das eine Wort greifbar und im Laufe der Zeit gestaltet sich das Wort zum Thema, zur Überschrift oder als Motto für etwas ganz Anderes, Neues. Manchmal ist eine Geschichte fertig und hat noch keinen Titel. Dann kommt der Titel später hinzu. Oder der Titel verändert sich nach langer Denkpause. Auch das kommt vor.

 

Warum Wettbewerbe mitmachen? Warum sich einer Jury stellen?

Ohne Preis kein richtiger Autor!?. Ich habe Verlagen meine literarischen Werke vorgestellt und meist wurde ich abgelehnt, weil nur Hausautoren veröffentlicht werden oder Autoren mit Literaturpreisen.

Häh? Wat? Wie soll das denn gehen?

Wenn man junger Anfängerautor ist hat man doch noch keine Preise oder Veröffentlichungen vorzuweisen. Aber um in eine Anthologie zu kommen oder bei manchen Wettbewerben teilzunehmen, muss man eigene Bücherveröffentlichungen angeben können, in zig Anthologien abgedruckt worden sein oder eben schon Literaturpreise gewonnen haben. Die spinnen doch alle!

Dabei dürfen es keine Buchveröffentlichungen im Selbstverlag sein. Auch Veröffentlichungen in Druckkostenzuschussverlagen gelten nicht oder sind verpönt. Eigentlich hat nur der, der einmal wenigstens Glück bei der Auswahl einer Veröffentlichung hatte, Chancen auf Wiederveröffentlichung. Ich kenne Autoren die von Stipendium zu Stipendium weitergereicht wurden und durch den Erlös von Literaturpreisen ihr Leben bestreiten können. Bravo!

„Die sind ja auch eben besser. Die haben bessere Texte und kommen an.“ Na ja, das lass ich nicht ganz so stehen. Da gab es einige Texte denen ich keinen einzigen Preis hätte zukommen lassen wollen und diese Texte sind dann hochdekoriert worden. Mit fadenscheinigen Argumenten geben Jurys und Kritiker gerne den Texten einen Begleittext mit auf den Weg. Bei Literaturpreisverleihungen werden Laudationen vorgetragen, bei denen ich mir bei näherem Hinhören selbst die Frage stellte, ob die Laudatio wirklich für den ausgezeichneten Text passte, ihn beschrieb, oder einfach nur Füllzeit des Abends darstellen sollten? Oftmals sind die Laudatoren angesagter und berühmter als die Preisträger. Es geht doch schließlich um die Preisträger und das preiswürdige Stück Literatur und nicht um Rumgeschwafel. Oftmals kam es mir so vor, dass dem Laudator nichts Neues einfallen wollte und er nur die vom Autor selbst gemachten Kurzbeschreibungen seiner eigenen Person verlas. Mehr Langeweile geht dann gar nicht.

 

Ich wollte aber Preise. Ich wollte ausgezeichnet werden. Ich wollte mich nicht mehr anmachen lassen, dass ich keine Veröffentlichungen hatte. Ich wollte veröffentlichen.

Wie wichtig Preise sind, das sieht man immer wieder, wenn ein Schriftsteller plötzlich den Literaturnobelpreis gewinnt. Die ganze Welt wird aufmerksam und die Bücher des Autors werden in andere Sprachen übersetzt und selbstverständlich doppelt und dreifach gekauft. So hoch hinaus wollte ich ja gar nicht. Nur einen kleinen anständigen Preis – bitte – bitte – eine milde Gabe für einen noch-nicht-Autoren.

 

Oftmals gaben Wettbewerbe Stichworte und Thema vor. Bei Ausschreibungen für Anthologien musste der literarische Erguss einem Motto folgen. Auch das waren spannende Aufgaben. Fördert es doch die unerwartete Beschäftigung mit einem Thema, zu dem man sonst nicht geschrieben hätte. Man muss sich zwingen dem Thema gerecht zu werden. Wenn dann noch die Anforderungen einengen, zum Beispiel die Anzahl der Wörter oder Seiten, dann ist das schon eine Herausforderung. So entstand meine preisgekrönte Zug-Geschichte DIE EWIG REISENDE zum Thema UNTERWEGS. Auch die Geschichte DIE MACHT DER GEWOHNHEIT zum Thema DAS MEER-PRINZIP entstand so.

 

Wenn man einmal etwas geschrieben hat und es dann noch veröffentlicht wird, ist das der große Applaus für einen Autor.

Klasse, wenn Autoren gekauft, gelesen und für gut befunden werden. Wenn Autoren von ihrer schreibenden Kunst leben können, noch besser. Allerdings können das die Wenigsten.

Mir war es wichtig veröffentlicht und gelesen zu werden. Und am schönsten ist es ein Feedback, eine Rezension oder einfach nur einen Kommentar zu dem Werk zu erhalten. Das große Geld war nie angestrebt. Auch in meiner Kunst nicht. Ich brachte immer wieder meine Bilder und Objekte nach Ausstellungsende gerne nach Hause zurück.

Es geht mir bei meinen literarischen Werken also um Beachtung und die Auseinandersetzung mit den Lesenden.

 

Ich hoffe, ich drücke nicht allzu sehr auf die Tränendrüse, wenn ich von negativen Vorfällen meiner Literatur-schreibe-Zeit schreibe. Es gibt Preise, die ich fast in Empfang nehmen durfte, Wettbewerbe bei denen ich fast gewonnen hätte. Es gibt Ausschreibungen bei denen ich vergessen, übergangen, oder nur kritisiert wurde. Ich habe trotzdem weitergemacht, weitergeschrieben, alles versucht um einen Erfolg zu verbuchen. Nach Enttäuschungen ist man ja nun nicht gerade „on-the-Top“. Es braucht immer etwas Zeit darüber hinwegzukommen. Mal war es einfach, weil das nächste Event schon anstand, mal war es hammerschwer, ständige Ablehnung zu erfahren. Aber aus Schaden wird man bekanntlich klug und klug ist ja auch schon mal was. Nach Ablehnung kommt irgendwann auch mal wieder ein Lichtblick. Dann erst recht, habe ich mir gesagt und schon kam die nächste Idee für ein Projekt.

Mein Ex-Partner Xaver hielt nur bedingt etwas von meiner Schreiberei. Er meinte, ich soll nicht immer auf Preise und Auszeichnungen schielen. „Wenn Du die für bekloppt hältst, die deine Werke gut finden, genauso wie Du die für bekloppt hältst, die Deine Werke ablehnen, warum läufst Du ihnen dann nach? Das kann Dir unmöglich guttun“, sagte Xaver immer. Aber der Literaturmarkt fordert ja gerade das. Ohne Preis – tote Hose. Er fand mein Motto „irgendwann steht schon ein Bekloppter morgens auf und findet etwas von mir gut“ – völlig daneben. Auf der anderen Seite ist mir so etwas mehrere Male passiert. Gerade war ein Text von mir noch superschlecht bewertet und abgelehnt worden und eine Woche später wurde gleicher Text in eine Anthologie aufgenommen. Was soll man davon halten? Die Texte werden auch nur subjektiv und kaum objektiv bewertet und dann geschieht so etwas Verwunderliches.

 

Dies ist also das eBook, das Auskunft geben soll über das Erwachen der Schreiblust, über den Weg vom Poesiealbumreimer zum preisgekrönten Schriftsteller, der nie wirklich große Erfolge verbuchen konnte, aber doch immer „am Ball“ blieb und weiter hoffte und weiterschrieb und schreibt.

 

Resignation – oftmals. Kapitulation vor dem Literaturbetrieb – niemals! Also weitermachen!

 

 

 

Kapitel 1: Poesiealbumreimklau

Angefangen hat wohl alles mit der Poesiealbumreimerei aus den 1970er Jahren. Mädchen gaben ihren besten Freundinnen und ausgewählten Klassenkameraden ihr Poesiealbum, um einen Spruch für die Ewigkeit zu erhaschen. Das sollte die treue Freundschaft untermauern.

 

Es gab Zeiten in denen mehrere Alben in meinem Zimmer herumlagen und auf Vers-Erfüllung hofften. Die leeren Seiten starrten mich an und warteten auf Schreibentjungferung. Bei so vielen Alben wollten mir kaum genug sinnvolle Sprüche einfallen. Manchmal schrieb ich aus dem einen Album ab, um dem anderen ein Vers hinzuzufügen und umgekehrt. Manchmal mischte ich ein paar Verse sinnvoll. Zwei Zeilen aus dem einen Gedicht und zwei weitere Zeilen aus einem anderen Gedicht und schon war ein neues Verslein kreiert. War alles nicht sehr erbaulich, aber bei so vielen Hausaufgaben musste das manchmal sein.

 

Lasen die Damen den verfassten Spruch jemals wieder? Es kam keine Rückmeldung oder Beschwerde. Also auf ein Neues – die Wortklauberei in das nächste Album eingetragen.

Nie durfte eine Verschönerung fehlen, dann gab es Beschwerden. Ein Glanzbild musste es sein, am besten mit viel Glitter und Sternchen. Oder man malte selbst etwas hinein. Damals war ich noch nicht von der künstlerischen Muse geküsst worden und ließ Selbstgemaltes Mal lieber sein. Das kam erst viel später.

 

Auf Biegen und Brechen einen neuen Spruch für so ein Album zu finden ist gar nicht so leicht. Sinnvoll, lustig und mit Herz geschrieben sollte der Spruch schon sein. Bei vielen Alben die mir gegeben wurden, die ich aber gar nicht wollte, klaute ich Sprüche von den Alben meiner beiden älteren Schwestern. Natürlich besaßen auch sie solche Alben.

Ständig musste man auf der Suche nach neuen Versquellen sein. Einmal saß ich in der Stadtbibliothek und wollte mir neue Bücher ausleihen, da fiel mir ein Buch mit Versen für Poesiealben in die Hände. Flugs hatte ich die schönsten 20 Verse abgeschrieben und war wieder für neue Poesiealben-Angriffe gewappnet.

 

Nicht gerade kreativ, aber immerhin gut durchdacht und brauchbar. Dann brauchte ich mir nicht selbst das Hirn verbiegen und wählte nur sorgfältig ab, welches Gedicht für welches Mädel in Betracht kam. Dann waren die Mädels „befriedigt“ und ich hatte mehr Zeit um draußen in der Natur zu spielen.

 

Zeiten in denen ich stundenlang ohne Unterlass schrieb kamen auch erst viel später.

 

 

 

Kapitel 2: Schulische Schreibformate

Meine ersten Gedichte sind verschollen. Ich maß damals der Reimerei noch keine große Bedeutung zu. Ich versah Geschenkkarten mit eigenen Versen. Nach der Beschenkung war der Spruch aus den Augen - aus dem Sinn. Zahllose kleine Gedichte sind so spurlos verschwunden. Nach Jahren hatte ich mal den Versuch unternommen, ob irgendjemand so ein Gedicht von mir aufgehoben hatte. Ich fragte Tanten und Onkel und bekam meist die Antwort: „Was für ein Gedicht?“ Ah, ja! Sie sind wohl alle in den Papierkorb gewandert. Wie schade, ich meine da waren schon ganz brauchbare Verse dabei gewesen. Nun gut. Auf nimmer Wiedersehen futsch.

 

In der Schule gefielen mir die freien Aufsätze die wir Kinder zur Aufgabe bekamen. Selbst ausgedachte Kurzgeschichten mit Humor und Spannung zu versehen waren genau mein Ding. Meiner Fantasie waren keine Grenzen gesetzt. Einige dieser „Jugendsünden“ mit denen ich gute bis sehr gute Schulnoten einheimsen konnte, sind noch heute lustige kleine Geschichten.

 

Ich schrieb über den Ärger eines Nachbarn mit einem Blumenverkäufer der lautstark seine Waren auf der Straße anpreist und den armen Herrn Schmalzohr aus seinem Schlaf weckt an seinem freien Tag. Herr Schmalzohr revanchiert sich in dem er einen Blumentopf auf den Verkäufer wirft.

 

Eine Geschichte handelt von einem Spuk der eigentlich keiner war. Ein Hund namens Waldi trieb nur sein Unwesen. Kein Geist, kein Spuk nur ein Hund.

 

Eine andere Geschichte handelte von einer verunglückten Floßfahrt. Auf dem Fluss Lenne über die Ruhr in den Rhein und dann in die Nordsee schwamm mein Floß. Ein Wal machte solche Wellen, dass ich vom Floß rutschte. Ich landete auf dem Meeresboden. Ein großer Rochen nahm mich auf seinem Rücken, bis ein Kraken mich packte und auf einen Hammerhai setzte. Der stellte mich Neptun vor. Seine Seepferdchen brachten mich zurück an Land. Dort lag der Wal und sollte verspeist werden. Ich rettete ihn, dafür schenkte mir Neptun einen Zoo mit dem ich wohlhabend wurde.

 

Für eine meiner kürzesten Geschichte erhielt ich eine Eins. Diese Geschichte handelte von meinen Wasserschildkröten Flip und Flap. Einem der beiden ist es eines Tages wirklich gelungen aus dem Terrarium zu klettern und verschwand hinter einer Schrankwand. Die Schildkröte hätte vertrocknen können. Diesem Schrecken musste ich in einer Geschichte Luft machen.

 

Ein Stimmungsbild bekam eine Zwei. „Ein Tag am Strand“ war mein Thema. Meine vielen Metaphern in der Beschreibung waren der Auslöser für die Begeisterung meiner Lehrerin. Eine Sonne, die von einem großen Maul verschluckt wird. Ein Horizont in Flammen der gelöscht werden muss, obwohl es nur ein Sonnenuntergang war.

 

ZWEI STUNDEN BEI WINDSTÄRKE 8 war ein Erlebnisbericht über eine Fischkutterfahrt auf der tosenden Ostsee. Wir hatten eine Klassenfahrt in die Jugendherberge von Eckernförde gemacht. Bei diesem Ausflug mit dem Fischkutter waren nur vier meiner Mitschüler kotzfrei geblieben. An jeder Stelle der Reling waren die Kotzspuren in allen Farben zu sehen. Eklig! Die meisten hatten nicht wirklich viel von diesem Ausflug auf die Ostsee. Aber auch dieser Bericht wurde mit gut benotet.

 

Anders erging es einem Erlebnisbericht über die Stadt London. Wir Schüler bekamen die Aufgabe einen Abend in London zu beschreiben. Als Tatsachenbericht oder Zustandsbeschreibung.

Ich war dermaßen von London überwältigt, dass ich ein episches Werk aus dem Bericht machte. Mit fantastischen Gefühlsüberwältigungsbeschreibungen und natürlich Metaphern, weil die Beschreibung eines Bildes mir nie reichte. Ich brauchte mehr und schrieb mehr.

Big Ben der Uhrenturm am Parlamentsgebäude hatte mich gefangen genommen. Sein dröhnender Klang ließ sogar den Straßenbelag vibrieren, so kam es mir vor und das schrieb ich auch voller Enthusiasmus. Wolken, die auf Big Ben zusteuern, reißen auseinander vor Ehrfurcht vor dem Turm und seiner spitzen Spitze. Das Glockenspiel klang fast wie ein Schluchzen aus tiefster Seele. Wie ein Hilferuf: „Ich bin so einsam.“

Ich war von meinen eigenen Gefühlsbeschreibungen überwältigt und gab gerne meine Arbeit bei dem Lehrer ab, wusste ich doch, welch großartigen Bilder und Gefühle ich beschrieben hatte. Jetzt konnte die Eins kommen.

Nichts war es mit einer guten Note. Ich bekam eine meiner schlechtesten Note meiner gesamten Schulzeit. Eine Fünf. Thema verfehlt! Ein Zustandsbericht ist sachlich, klar. Erzählt nicht, sondern beschreibt konkrete Beobachtungen. Punkt!

London sachlich beschreiben? Wie das denn? Für mich war der Lehrer ein ungehobelter unsensibler, nicht zu beeindruckender Korinthenkacker, dem gute Literatur wohl völlig fremd war. Ich war zutiefst geschockt, verärgert und beleidigt.

Der Lehrer hörte aber nicht auf in der Wunde herumzustochern. Vor der gesamten Klasse las er Textzeilen vor. Der Lehrer hatte seinen Spaß und die Schüler lachten mit über einen „so großen Blödsinn“. Es wurde mir heiß, ich lief rot an. Mir war es plötzlich peinlich meinen Gefühlen voller Fantasie freien Lauf gelassen zu haben und wollte keinen Zustandsbericht. Ich wollte den großen Roman. Das dieser Lehrer es gewagt hatte meine Geschichte in den Schmutz zu treten. Ungeheuerlich! Ich begann diesen Lehrer wirklich abgrundtief zu hassen. Noch heute kann ich mich über diesen Lehrer mächtig ereifern. Ich kann ihm diese Tat nicht verzeihen.

Er hätte mir ja „nur“ die Arbeit mit der schlechten Note zurückgeben können, aber nein. Er musste sich ja noch in meiner Verschämtheit, in meiner Peinlichkeit wälzen.

 

Konkretes wurde mir immer unbeliebter. Lieber malte ich Bilder wie... oder als ob... oder weil... Es musste immer mehr herhalten, als das Objekt hergab. Fand ich einfach spannender.

Ich lernte aus dem Sachverhalt eine Menge. Zuerst kommen das Thema und dann der Inhalt. Wenn es denn so sein muss. Das lehrte mich für spätere Zeiten genauer hinzusehen. Als ich über die japanische Gedichtform HAIKU stolperte, las ich erst drei Monate Lektüre zum Thema, dann die dazugehörenden Haiku und dann ging es erst an meine eigenen Werke. Hat der Berichtsvorfall doch noch was bewirkt und ich wurde wirklich konkret, was aber nicht allen Lesern und Kritikern gefiel.

 

In der Schulzeit gab es auch immer mal wieder Texte die mich völlig beeindruckten. Von denen ich mehr lesen wollte. Die ich sogar bis heute fast vollständig auswendig aufsagen kann. Da ist zum einen der Liedtext DER MOND IST AUFGEGANGEN von Matthias Claudius. Von 1779. Ein uraltes Lied, welches meine Mutter mir immer vorsingen musste, weil ich es mir wünschte. Unheimlich schön und tief traurig. Deutsche Romantik und Melancholie verquickt zu wunderschönen Versen. Das dieser Liedtext dann auch in der Schule Thema wurde, freute mich sehr. Wie ich dieses Lied doch liebe. Aber immer wieder eine Qual. Ja, Qual! Wenn ich nur die ersten Zeilen lese, kommen mir schon die Tränen. Vorsingen könnte ich es niemals, dann würden Bäche laufen. Unglaublich diese Anrufung Gottes, dem man sein ganzes Leben in die Hände legt und das Flehen einer solchen Macht uns sanft in den Himmel mitzunehmen. Als Kind schon fand ich es schrecklich, jemanden den man nicht sieht anzuflehen und dann kann er uns noch mit Tod und Sünde strafen. Für eine Kinderseele viel zu viel.

 

Dann gab es noch das Gedicht IN DIESER MINUTE von Eva Rechlin. Ein Gedicht zum Zustand „jetzt – auf dieser Welt“. Das faszinierte mich und brachte mich dazu, über die Welt nachzudenken. Vorher war die Welt so klein und winzig. Ich kannte die elterliche Wohnung, Kindergarten und den Wald zum Spielen. Meine kleine Welt. Wieso sollte ich mir Gedanken machen über die Antarktis? Warum über ein Kamel in der Wüste nachdenken? Dieses Gedicht lies mich über die Grenzen schauen und ich machte mir Gedanken über fremde Länder, Menschen und Kontinente. Eine echte Bereicherung. Später schrieb ich ein Theaterstück gleichen Namens und gleichen Themas.

 

Und auch das nächste Gedicht ist von schlagkräftiger Traurigkeit: HERR VON RIBBECK AUF RIBBECK IM HAVELLAND von Theodor Fontane. Ich war zutiefst traurig über den jungen Herrn von Ribbeck. Er ließ keine Kinder mehr an die Früchte des Birnbaums. Der gestorbene Alte traute seinem eigenen Sohn nicht und ließ sich eine Birne ins Grab legen, damit, wenn der Baum groß genug wachsen würde, wieder Kinder von seinen Früchten essen konnte. Herrlich. Ich war geschockt von der Bosheit des Jungen von Ribbeck und erleichtert über die Großherzigkeit des Alten.

 

 

 

Kapitel 3: Literaturspielchen

Ich war und bin ein Gesellschaftsspiele-Fan. In der Familie waren wir immer sehr verspielt. Wenn Freunde und Bekannte sich trafen, gab es immer wieder gesellige Spiele. Mensch-ärgere-Dich-nicht, Tabu oder Nobody’s perfekt gehören ebenso dazu, wie Kartenspiele. Ich fand auch Literatur-Spiele einfach nur genial.

 

Zum Beispiel: Jeder denkt sich ein Wort aus und aus allen gesammelten Wörtern muss man in drei oder fünf Minuten eine kurze Geschichte schreiben, in der alle genannten Wörter vorkommen müssen.

 

Oder auch das alte Schreibspiel „Onkel Otto sitzt in der Badewanne…“: Jemand beginnt einen ganzen und einen halben Satz auf ein Blatt Papier zu schreiben. Jetzt wird das Blatt geknickt, sodass der erste Satz nicht mehr zu lesen ist, nur der halbe Satz ist zu lesen und muss vervollständigt werden. Man muss Bezug auf die schon geschriebenen Wörter nehmen und weiter dichten.

 

Bei einem solchen Literaturspiel entstand folgender Blödsinn:

 

Man nehme ein Pferd und ein Pony

Weil es so schön ist und obszön anturnt

Wenn man den Nösel in die Pfanne steckt

Und damit in die Röhre guckt

 

Was auch immer das bedeuten soll. Ganz bestimmt keine hohe Literatur. Niveau gleich Null, aber herrlich erquickend und einfach nur spaßiger Unsinn.

Leider habe ich diese literarischen Ausflüsse nicht verwahrt. Da waren noch ganz andere dumme Geschichten gesponnen worden. Schade eigentlich!

 

 

 

Kapitel 4: Mein erstes Gedicht

War es Heinz Erhardt, Loriot, Otto Waalkes oder Hape Kerkeling, der mich am meisten lachen ließ? Ich weiß es nicht genau. Eins weiß ich sicher, mit diesen Herren und natürlich weiteren, und ihrem herrlichen Humor, Blödsinn und Ulk wuchs ich auf.

Das Fernsehen gab damals nur drei Programme her. Und die ganze Familie versammelte sich gerne zu Unterhaltungsshows. Die wurden zusammen geschaut und es wurde schallend gelacht.

 

Eine Art Erhardt-Gedicht schwebte mir vor, als ich mit 13 Jahren im Jahr 1976 mein erstes eigenes Gedicht AUF DEM EISE formulierte. Zwischen Schulaufgaben hin gekritzelt und meiner Familie vorgetragen. Ich dachte, es müsste die Familienmitglieder einfach vom Hocker hauen. Bis auf ein müdes Lachen und „das ist ja schön“ war es das dann auch schon mit Lobhudelei.

 

AUF DEM EISE

Zwei Jungen rutschen auf dem Eise

Der eine hat ne kleine Meise

Rutscht auf dem Hosenboden lang

Da ruft der Andere bang

„Den Abhang fällst du gleich hinunter

dort fangen dich die Mädchen auf

und ziehen dir die Hosen runter.

Dann stehst Du da mit nacktem Popo

Da schreien die Mädchen O-ho!“

 

Nicht gerade Weltliteratur. Aber das erste Gedicht, das ich verwahrte. So schlecht war es nicht, weggeworfen zu werden. Es sollte der Beginn meiner Schreiberei werden. Das ahnte ich nur noch nicht damals.

 

Es gab eine ganze Reihe von kleinen humorvollen Gedichten. Später entdeckte ich, dass noch jemand mit niveauvollem Blödsinn bekannt geworden war: Christian Morgenstern. Ich will jetzt nicht meine mit seinen Werken vergleichen. Oder doch? Es ging jedenfalls in diese Richtung. Ich sammelte diese, aber sie blieben irgendwie nicht in meinem Besitz. Schade eigentlich. Habe ich sie doch nicht für so gut befunden und weggeworfen? Erst viel später schrieb ich in der Morgenstern-Art wieder ein paar Gedichte.

 

Erst mit 23 Jahren erhielt ich die Möglichkeit zu einer Veröffentlichung einiger meiner literarischen „Ergüsse“. Vorher hatte ich keine Gelegenheit zur Veröffentlichung entdecken können.

Kapitel 5: Kinder, Blagen, kleine Kröten

Meine Lieblingscousine Rebecca wohnte nicht weit entfernt. Wir trafen uns gerne nachmittags nach der Schule und schlugen gemeinsam unsere Zeit tot. Wir waren beide 13 Jahre. Meine Mutter arbeitete zu dieser Zeit als Kindergartenhelferin im Katholischen Kindergarten Breitenhagen in Altena. Unsere Familie war zwar nicht katholisch, dennoch erhielt meine Mutter den Job.

 

War es meine Mutter, die auf den Gedanken kam? War ich es? Ich weiß es nicht mehr. Meine Cousine und ich planten ein Kasperle Theater im Kindergarten aufzuführen, damit die Blagen mal was zu lachen hatten.

Der Kindergarten war einfach nur unsere Straße runter, am Ende der Straße. Eines schönen nachmittags zogen wir also in den Kindergarten ein. Wir bauten das Kasperle Theater auf zwei Stühlen auf. Wir waren ja schon groß und man hätte uns sonst gesehen. Eine Decke über den Stühlen bis auf den Boden verbarg unsere Bewegungen hinter dem Theater-Gestell.

Wir hatten uns eine kleine Geschichte ausgedacht und wollten den Ablauf auch einhalten, aber wie es so kommt, wurde noch hier und da improvisiert und schon ging das Stück in eine ganze andere Ecke. Aber immer spannend und lustig. Natürlich mit den Hauptfiguren eines Kasperle Theaters: dem Kasperl, Gretchen, Krokodil, Polizist, Oma und dem Teufel.

 

Die Kinder hatten Spaß und meine Mutter Ruhe um andere Dinge in dieser Zeit erledigen zu können. Und meine Cousine und ich wurden mit Applaus bedacht. Toll gemacht!

 

Meine Mutter meinte, dass wir solche Theaternachmittage öfters machen könnten, dann wären die Kinder beschäftigt und würden nicht ständig rumrennen. Tatsächlich waren die kleinen Kröten von unserem Theaterspiel völlig paralysiert, in den Bann gezogen und fieberten richtig mit.

 

Natürlich gab es auch Ausnahmen. Hyperaktive Kinder konnten nicht stillsitzen und rannten ständig hinter das Kasperle-Theater, um uns bei der Arbeit zuzusehen. „Der Teufel kommt auch noch“, schrie ein Dreikäsehoch. Na klasse, die Überraschung war dann nicht mehr so dolle. Andere wurden ganz still und waren wie gelähmt beim Zusehen.

 

Meine Cousine und ich hatten daran Gefallen gefunden und einige Male Kasperle-Theater für die Kindergartenkinder. Immer eine andere Geschichte, sonst würde es ja langweilig. Wir nahmen uns Themen vor, für die wir uns selbst interessierten, wie zum Beispiel Langeweile, Lügen und Völlerei. Ein Thema kam auch vor Gewalt. Frei Schnauze entwickelten wir spontan aus dem Stehgreif die Geschichte und meist war sie auch spannend und unterhaltsam, mit fröhlichem Zwischenton.