Staatshaftungsrecht - Manfred Baldus - E-Book

Staatshaftungsrecht E-Book

Manfred Baldus

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Beschreibung

Das Buch: Das sehr komplexe und nicht einheitlich und umfassend kodifizierte Staatshaftungsrecht hat sowohl in der Praxis, als auch in der Ausbildung stark an Bedeutung gewonnen. Das Werk ermöglicht einen schnellen Einstieg in die im Wesentlichen richterrechtlich geprägte Materie und vermittelt durch klare und anschauliche Darstellung mit vielen Beispielsfällen das erforderliche Rüstzeug zur kompetenten Bearbeitung von Staatshaftungsfällen. Die Autoren haben aus der Vielzahl der gerichtlichen Einzeljudikate die gemeinsame Grundstruktur der Entscheidungen herausgearbeitet und stellen sie für die jeweiligen Haftungsinstitute systematisch und anhand von einprägsamen Leitentscheidungen dar. Dabei folgt die Darstellung einer Systematik, die sich an der Art der Rechtsgüter ausrichtet, deren Beeinträchtigung die Frage nach einer öffentlichen Ersatzleistung hervorruft. Zusätzlich wurden Aufbauschemata der (klausur-) relevantesten Anspruchsgrundlagen in das Buch aufgenommen. Behandelt werden insbesondere auch die in der Praxis immer bedeutsamer werdenden Ansprüche gegen die Europäische Gemeinschaft und internationale Organisationen.

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Staatshaftungsrecht

Das Recht der öffentlichen Ersatzleistungen

 

 

von

Dr. Manfred BaldusProfessor an der Universität ErfurtMitglied des Thüringer Verfassungsgerichtshofs

 

Dr. Bernd Grzeszick, LL.M.Professor an der Universität Heidelberg

 

Dr. Sigrid WienhuesRechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht in Hamburg

 

 

5., neu bearbeitete Auflage

 

www.cfmueller.de

Impressum

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

 

ISBN 978-3-8114-7511-3

 

E-Mail: [email protected]

Telefon: +49 89 2183 7923Telefax: +49 89 2183 7620

 

www.cfmueller.de

 

© 2018 C.F. Müller GmbH, Waldhofer Straße 100, 69123 Heidelberg

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Vorwort

Rechtsprechung und Gesetzgeber haben seit dem Erscheinen der vierten Auflage haftungsrechtliche Fragen geklärt und neue Entwicklungen angestoßen. Um dies aufzunehmen und systematisch aufbereitet präsentieren zu können, ist diese Neuauflage erschienen. Insbesondere die aktuelle Rechtsprechung aus jüngerer Zeit haben wir berücksichtigt, denn die entsprechenden Entscheidungen sind wegen der richterrechtlichen Prägung vieler Ansprüche und Themenkomplexe des Staatshaftungsrechts von besonderer Bedeutung. Die Verweise auf Darstellungen und Fallbearbeitungen in den Ausbildungszeitschriften wurden ebenfalls aktualisiert.

Zudem haben wir auf vielfachen Wunsch der Studierenden die Lösungen der Fälle, die als Klammer der einzelnen Ansprüche dienen, weiter ausgearbeitet und mit einer expliziten Gliederung versehen, um ein prüfungs- und praxisgerechtes Lesen und Lernen zu ermöglichen. Dem Leser soll so die intellektuelle Bewältigung des heterogenen Rechtsgebietes der Staatshaftung weiter erleichtert werden, und der didaktisch Interessierte wird in die Lage versetzt, das dargebotene Wissen auch über die im Werk selbst gebotenen Fälle und Lösungshilfen hinaus mittels aktuellster weiterer Hilfen vertiefen, probeweise anwenden und sich damit auf Prüfungen optimal vorbereiten zu können.

Schließlich möchten wir uns erneut bei den zahlreichen Leserinnen und Lesern bedanken, die sich mit Hinweisen, Anregungen und Verbesserungsvorschlägen an uns gewandt haben.

Bitte schreiben Sie uns, wenn Sie Anregungen oder Verbesserungsvorschläge haben. Unsere E-Mail-Adressen lauten:[email protected]@[email protected]

Hamburg, Heidelberg und Erfurt, im Februar 2018

Sigrid WienhuesBernd GrzeszickManfred Baldus

Vorwort zur ersten Auflage

Dieses Buch führt in das Recht der öffentlichen Ersatzleistungen ein, vorwiegend des nationalen, wohl aber auch des supra- und internationalen Rechtes. Sein Gegenstand ist auch aus diesem Grund mit der Bezeichnung „Staatshaftungsrecht“ nicht ausreichend zum Ausdruck gebracht. Das Recht der öffentlichen Ersatzleistungen erfasst nicht nur Ansprüche gegen den Staat und seine Organe, sondern auch gegen nicht-staatliche Träger hoheitlicher Gewalt wie etwa die Europäische Gemeinschaft oder andere internationale Organisationen.

Das Werk orientiert sich an den Leit- und Grundsatzentscheidungen der Rechtsprechung und setzt sich demzufolge mit dem Schrifttum nur insoweit auseinander, als dieses für das Verständnis der Rechtsprechung hilfreich ist. Denn zum einen ist das Recht der öffentlichen Ersatzleistungen in einem unvergleichlich großen Maße richterrechtlich geprägt. Zum anderen ist die Orientierung an der Rechtsprechung im Hinblick auf die Adressaten geboten, an die sich dieses Buch richtet, nämlich an Studierende, Referendare sowie praktisch arbeitende Juristinnen und Juristen, die sich zügig in dieses Rechtsgebiet einarbeiten wollen, ohne sich dabei in verästelten Detailfragen zu verlieren.

Diesem Buch liegt eine Systematik zugrunde, die sich an der Art der Rechtsgüter ausrichtet, deren Beeinträchtigung die Frage nach einer öffentlichen Ersatzleistung hervorruft. Diese Systematik wird in der Einleitung näher erläutert.

Hamburg, Erlangen und Erfurt im Februar 2005

Sigrid WienhuesBernd GrzeszickManfred Baldus

Inhaltsverzeichnis

 Vorwort

 Vorwort zur ersten Auflage

 Abkürzungsverzeichnis

 Übersicht über die Anspruchsgrundlagen

Teil IEinleitung

Teil IIAbgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen und zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen

Teil IIIErsatzansprüche gegen inländische Personen des öffentlichen Rechts

 § 1Rechtsgüterindifferente Ersatzleistungsansprüche

  A.Ansprüche auf Beseitigung der Folgen rechtswidrigen hoheitlichen Handelns (Folgenbeseitigungsanspruch)

   I.Anspruchsziel

   II.Rechtsgrundlage des Anspruchs

   III.Inhalt des Anspruchs

    1.Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes

    2.Geldleistung nur in Ausnahmefällen

     a)Geldverlust als Eingriffsfolge

     b)Mitverschulden und Unmöglichkeit der Wiederherstellung

     c)Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit der Folgebeseitigung

    3.Wiederherstellung durch Beseitigung nur der unmittelbaren Folgen

    4.Wiederherstellung durch Beseitigung allein der störenden Folgen

   IV.Anspruchsvoraussetzungen

    1.Beeinträchtigung eines subjektiven Rechts?

    2.Beeinträchtigung durch hoheitlichen Eingriff

     a)Hoheitlicher Eingriff

     b)Eingriff durch Unterlassen

      aa)Ausnahme: Nichterfüllung von Leistungsansprüchen

      bb)Ausnahme: Verschlechterung der Rechtslage

      cc)Folgenbeseitigungslast

      dd)Zurechenbarkeit der störenden Folgen

    3.Entstehung eines rechtswidrigen Zustandes

    4.Andauern des rechtswidrigen Zustandes

   V.Ausschließungsgründe

    a)Unmöglichkeit der Folgenbeseitigung

    b)Unzumutbarkeit der Wiederherstellung

    c)Unzulässige Rechtsausübung

    d)Verjährung

   VI.Spezifizierungen und Abgrenzungen

    1.Anspruch auf Widerruf hoheitlicher Äußerungen

     a)Rechtsgrundlage des Anspruchs

     b)Voraussetzungen des Anspruchs

    2.Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch

    3.Immissionsabwehranspruch

    4.Anspruch auf Unterlassung drohender Eingriffe

   VII.Rechtsweg

  B.Ansprüche auf Schadensersatz

   I.Ansprüche wegen Amtspflichtverletzung

    1.Anspruchsziele und Inhalt des Anspruchs

    2.Rechtsgrundlage des Anspruches

    3.Anspruchsvoraussetzungen

     a)In Ausübung eines öffentlichen Amtes handelnd

      aa)Der handelnde Amtswalter

      bb)Ausübung eines öffentlichen Amtes

     b)Verletzung einer Amtspflicht

     c)Drittbezogenheit der Amtspflicht

      aa)Drittschützende Norm

      bb)Drittschutz in personeller Hinsicht

      cc)Drittschutz in sachlicher Hinsicht

     d)Kausalität

     e)Verschulden

     f)Schaden

     g)Anderweitige Ersatzmöglichkeiten

    4.Haftungsausschlüsse und -begrenzungen

     a)„Spruchrichterprivileg“

     b)Unterlassener Rechtsmittelgebrauch

     c)Mitverschulden

     d)Verjährung

    5.Haftende Körperschaft

    6.Rechtsweg

    7.Regress

   II.Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen (einschließlich öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag)

    1.Anspruchsinhalt

    2.Rechtsgrundlage

    3.Anspruchsvoraussetzungen

     a)Öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis

     b)Pflichtverletzung, Leistungsstörungen

     c)Verschulden

     d)Sonderfall: Öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag

    4.Anspruchsumfang

    5.Haftungsbeschränkungen

    6.Gerichtliche Durchsetzung

  C.Ansprüche auf Entschädigung

   I.Polizeigesetzliche Entschädigungsansprüche

    1.Anspruchsinhalt und Rechtsgrundlage

    2.Fallgruppen

     a)Rechtmäßige Maßnahmen

     b)Rechtswidrige Maßnahmen

      aa)Maßnahmen gegen polizeipflichtige Personen

      bb)Sonstige Ansprüche

    3.Durchsetzung

   II.Folgenentschädigungsanspruch

    1.Grundlage

    2.Voraussetzungen

    3.Prozessuales

   III.Entschädigungsansprüche wegen überlanger Dauer von Gerichtsverfahren

  D.Besonderheiten in den neuen Bundesländern

   I.Anspruchsinhalt und Rechtsgrundlage

   II.Anspruchsvoraussetzungen

    1.Schadensersatzanspruch (Brandenburg, Thüringen)

     a)In Ausübung staatlicher Tätigkeit

     b)Mitarbeiter oder Beauftragte staatlicher oder kommunaler Organe

     c)Rechtswidrigkeit

     d)Kausalität

     e)Schaden

     f)Passivlegitimation

   III.Entschädigungsanspruch (Sachsen-Anhalt)

   IV.Haftungsausschlüsse und -begrenzungen

    1.Subsidiarität, § 3 Abs. 3 StHG DDR (Brandenburg, Thüringen)

    2.Schadensabwendungspflicht, § 2 StHG DDR (Brandenburg, Thüringen), § 2 EntschädG LSA (Sachsen-Anhalt)

    3.Verjährung

   V.Anspruchsdurchsetzung

    1.Sonderfall Brandenburg

    2.Zuweisung an die Zivilgerichte

  E.Ansprüche auf effektive Beseitigung des Rechtsverstoßes (Anspruch wegen Verletzung europäischen Unionsrechts)

   I.Systematische Stellung des Anspruchs

   II.Grundlage: Unionsrecht in richterrechtlicher Rechtsfortbildung

   III.Haftungsvoraussetzungen

    1.Staatlicher Verstoß gegen eine Individualschutz bezweckende Unionsrechtsnorm

    2.Hinreichend qualifizierter Verstoß

    3.Unmittelbare Schadensverursachung durch Verstoß

   IV.Haftungsfolgen

    1.Unionsrechtliche Grundlage, nationale Folgenregelung

    2.Verbot der Diskriminierung oder Vereitelung

    3.Art und Umfang der Haftung

    4.Mitverschulden und Verhältnis zu anderen Rechtsschutzmöglichkeiten

    5.Verjährung

    6.Passivlegitimation

    7.Prozessuales

 § 2Rechtsgüterspezifische Ersatzleistungsansprüche

  A.Ansprüche infolge der Beeinträchtigung immaterieller Rechtsgüter (Aufopferungsanspruch)

   I.Anspruchsziel

   II.Rechtsgrundlage des Anspruchs

   III.Anspruchsvoraussetzungen des allgemeinen Aufopferungsanspruchs

    1.Beeinträchtigung eines nicht-vermögenswerten Rechtsgutes

    2.Beeinträchtigung durch hoheitlichen Eingriff

    3.Zurechenbarkeit des Eingriffs

    4.Gemeinwohlbezogenheit des Eingriffs

    5.Sonderopfer

     a)Wille des Gesetzgebers

     b)Realisierung des allgemeinen Lebensrisikos

     c)Rechtswidrigkeit der Maßnahme

   IV.Entschädigungsumfang

   V.Entschädigungsverpflichteter Hoheitsträger

   VI.Zeitliche Geltung

   VII.Rechtsweg

  B.Ansprüche infolge der Beeinträchtigung materieller Rechtsgüter

   I.Ansprüche bei Eigentumsbeeinträchtigungen

    1.Verfassungsrechtliche Eigentumsdogmatik

     a)Begriff des Eigentums

      aa)Sacheigentum

      bb)Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb

      cc)Geistiges Eigentum

      dd)Obligatorische Rechte

      ee)Vermögen als solches

      ff)Subjektive öffentliche Rechte

     b)Allgemeine Dogmatik des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes

      aa)Verfassungsrechtliche Beschränkungsmöglichkeiten

      bb)Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung

      cc)Eigentumsbeschränkungen und finanzieller Ausgleich

    2.Entschädigungsanspruch wegen Enteignung

     a)Voraussetzungen einer Enteignungsentschädigung

      aa)Begriff der Enteignung

      bb)Enteignungsrechtlicher Gesetzesvorbehalt

      cc)Allgemeinwohlerfordernis

      dd)Verhältnismäßigkeit

      ee)Rückgewähranspruch des Eigentümers

      ff)Junktimklausel

     b)Art und Ausmaß der Entschädigung

      aa)Gerechte Abwägung

      bb)Grundsatz der Verkehrswertentschädigung

      cc)Sonst: Inhalt und Grenzen gesetzgeberischer Entschädigungsabwägung

     c)Verjährung

     d)Berechtigter und Verpflichteter

     e)Rechtsweg

    3.Ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung

     a)Grundlage: Art. 14 GG, Übermaßverbot und Gleichheitssatz

     b)Voraussetzungen

      aa)Ausgleich grundsätzlich nur Ausnahme

      bb)Vorrang des Bestandsschutzes

      cc)Gesetzmäßigkeit und Bestimmtheit des Ausgleichsanspruchs

      dd)Verwaltungsverfahrensrechtlicher Schutz

      ee)Umfang des Ausgleichs

     c)Verjährung

     d)Rechtsfolgen

    4.Entschädigungsanspruch wegen rechtswidriger Beeinträchtigung (Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff)

     a)Grundlage des Anspruchs: Richterrechtlicher Aufopferungsgedanke

     b)Anspruchsvoraussetzungen

      aa)Eingriff unmittelbar in Eigentum

      bb)Sonderopfer

     c)Rechtsfolgen

      aa)Art und Umfang der Entschädigung

      bb)Mitverantwortlichkeit

      cc)Berechtigter und Verpflichteter

      dd)Verjährung

      ee)Rechtsweg

    5.Entschädigungsanspruch wegen unzumutbarer Nebenfolgen rechtmäßiger Beeinträchtigung (Anspruch aus enteignendem Eingriff)

     a)Grundlage des Anspruchs: Richterrechtlicher Aufopferungsgedanke

     b)Anspruchsvoraussetzungen

      aa)Eingriff unmittelbar in Eigentum

      bb)Sonderopfer

     c)Rechtsfolgen

      aa)Art und Umfang der Entschädigung

      bb)Mitverantwortlichkeit

      cc)Berechtigter und Verpflichteter

      dd)Verjährung

      ee)Rechtsweg

    6.Fachgesetzliche Entschädigungsansprüche (Planungsrecht)

     a)Anspruchsinhalt und Rechtsgrundlagen

     b)Anspruchsvoraussetzungen der Planentschädigungsansprüche nach dem BauGB

      aa)Aufwendungsersatzanspruch, § 39 BauGB

      bb)Entschädigungsansprüche wegen fremdnütziger Festsetzungen, §§ 40, 41 BauGB

      cc)Entschädigung wegen Änderung oder Aufhebung der bisher zulässigen Nutzung, § 42 BauGB

     c)Passivlegitimation

     d)Anspruchsdurchsetzung

      aa)Fälligkeit

      bb)Verwaltungsverfahren

      cc)Gerichtliche Durchsetzung

     e)Erlöschen des Anspruchs

   II.Ansprüche bei Vermögensbeeinträchtigungen (Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch)

    1.Anspruchsziel und Anspruchsinhalt

    2.Rechtsgrundlage

     a)Allgemeiner öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

     b)Spezialgesetzliche Ausprägung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches

     c)Erstattung gemeinschaftsrechtswidrig erhobener Abgaben

    3.Anspruchsvoraussetzungen

     a)Vermögensverschiebung

     b)Öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung

     c)Rechtsgrundlosigkeit der Vermögensverschiebung

    4.Anspruchsumfang

     a)Herausgabe des Erlangten

     b)Wertersatz

     c)Wegfall der Bereicherung

    5.Ausschlussgründe

     a)Kenntnis der Nichtschuld

     b)Treu und Glauben

     c)Verjährung

    6.Anspruchsdurchsetzung

     a)Ansprüche des Bürgers gegen den Staat

     b)Erstattungsansprüche von Hoheitsträgern

     c)Verwaltungsträger untereinander

 § 3Anspruchskonkurrenzen

  A.Folgenbeseitigungsansprüche und sonstige Ansprüche

   I.Folgenbeseitigungsanspruch und Amtshaftungsanspruch

   II.Folgenbeseitigungsanspruch und Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

   III.Folgenbeseitigungsanspruch und Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach den haftungsrechtlichen Besonderheiten in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen-Anhalt

   IV.Folgenbeseitigungsanspruch und Aufopferungsanspruch

   V.Folgenbeseitigungsanspruch und Ansprüche infolge rechtswidriger Beeinträchtigung des Eigentums

   VI.Folgenbeseitigungsanspruch und öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

  B.Amtshaftungsanspruch und sonstige Ansprüche

   I.Amtshaftung und Aufopferungsanspruch

   II.Amtshaftung und Eigentumsansprüche

   III.Amtshaftung und öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

   IV.Amtshaftung und Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

   V.Amtshaftung und Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach den haftungsrechtlichen Besonderheiten in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen-Anhalt

   VI.Amtshaftung und Entschädigungsansprüche wegen überlanger Dauer von Gerichtsverfahren

  C.Aufopferung und sonstige Ansprüche

   I.Aufopferung und Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

   II.Aufopferungsanspruch und Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche nach den haftungsrechtlichen Besonderheiten in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen-Anhalt

   III.Aufopferungsanspruch und Eigentumsansprüche

   IV.Aufopferungsanspruch und Leistungsansprüche aus öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen

   V.Aufopferungsanspruch und Polizeirecht

  D.Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch und Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen

Teil IVErsatzansprüche gegen juristische Personen ausländischen (fremdstaatlichen) öffentlichen Rechts

 A.Prinzipielle Unanwendbarkeit des deutschen Ersatzleistungsrechts

 B.Ansprüche aufgrund fremdstaatlichen Ersatzleistungsrechts

 C.Völkerrechtliche Anspruchsgrundlagen

  I.Gewohnheitsrechtlich begründete Staatenverantwortlichkeit

  II.Spezielle völkerrechtliche Haftungsregelungen

   1.Haftung aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention

   2.Haftung aufgrund des Rechts der Europäischen Union

    a)Handlungen mitgliedstaatlicher Organe auf eigenem Territorium

    b)Handlungen mitgliedstaatlicher Organe auf Territorium anderer Mitgliedstaaten

   3.Haftung aufgrund bilateraler Vereinbarungen

Teil VErsatzansprüche gegen internationale Organisationen

 § 4Ersatzansprüche gegen juristische Personen des Europäischen Unionsrechts

  A.Ersatzanspruch gegen die Europäische Union

   I.Anspruchsgrundlage

   II.Anspruchsvoraussetzungen

    1.Handlungen von Organen und Bediensteten der Union

     a)Organe und Bedienstete

     b)Amtstätigkeit

     c)Rechtswidrigkeit der Amtstätigkeit

     d)Kein Verschuldenserfordernis

    2.Schaden

    3.Kausalzusammenhang zwischen Amtshandlung und Schaden

   III.Anspruchsfolge

   IV.Zeitliche Geltung

   V.Konkurrenzen

   VI.Rechtsweg

  B.Ansprüche gegen juristische Personen des Unionsrechts

 § 5Ansprüche gegen juristische Personen des sonstigen internationalen Rechts

Teil VIPrüfungsschemata der wichtigsten Ansprüche

 A.Prüfungsschema Folgenbeseitigungsanspruch

 B.Prüfungsschema Amtshaftung

 C.Prüfungsschema zum Anspruch wegen staatlicher Verletzung europäischen Unionsrechts

 D.Prüfungsschema zum allgemeinen Aufopferungsanspruch

 E.System des verfassungsrechtlich zwingenden Eigentumsschutzes

 F.Prüfungsschema zum Entschädigungsanspruch wegen Enteignung

 G.Prüfungsschema zur ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung

 H.Prüfungsschema zum Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff

 I.Prüfungsschema zum Anspruch aus enteignendem Eingriff

 J.Prüfungsschema zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch

 Sachverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

ABl.

Amtsblatt

Abs.

Absatz

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

aF

alte Fassung

ALR

Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten

Alt.

Alternative

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

ASOG

Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz

Aufl.

Auflage

BaföG

Berufsausbildungsförderungsgesetz

BauGB

Baugesetzbuch

BauR

Baurecht

BayEG

Bayerisches Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteignung

BayPAG

Bayerisches Polizeiaufgabengesetz

BayVBl

Bayerische Verwaltungsblätter

BbauG

Bundesbaugesetz

BbergG

Bundesberggesetz

BbesG

Beamtenbesoldungsgesetz

BBG

Bundesbeamtengesetz

bbgOBG

Brandenburgisches Ordnungsbehördengesetz

bbgPolG

Brandenburgisches Polizeigesetz

BeamtVG

Beamtenversorgungsgesetz

berlASOG

Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BGSG

Bundesgrenzschutzgesetz

BImSchG

Bundes-Immissionsschutzgesetz

BKAG

Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Bundeskriminalamtes)

BPolG

Gesetz über die Bundespolizei – Bundespolizeigesetz

bremPolG

Bremisches Polizeigesetz

BrPolG

Brandenburgisches Polizeigesetz

BRRG

Beamtenrechtsrahmengesetz

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerfGG

Bundesverfassungsgerichtsgesetz

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

BVG

Bundesversorgungsgesetz

BVwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes

BW

Baden-Württemberg

BwPolG

Baden-Württembergisches Polizeigesetz

Cic

culpa in contrahendo

DDR

Deutsche Demokratische Republik

ders.

derselbe

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

EAGV

Euratom-Vertrag

EG

Europäische Gemeinschaft

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

EGKS

Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

EinlPrALR

Einleitung zum Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten

EMRK

Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten

EntschädG LSA

Entschädigungsgesetz im Land Sachsen-Anhalt

EuG

Gericht erster Instanz der europ. Gemeinschaften

EuGH

Europäischer Gerichtshof

Europol

Europäisches Polizeiamt

EUV

Vertrag über die Europäische Union

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

EV

Einfuhr- und Vorratsstelle

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

f, ff

folgend, folgende

FlurbG

Flurbereinigungsgesetz

Fn

Fußnote

FStrG

Bundesfernstraßengesetz

GASP

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

GG

Grundgesetz

GoA

Geschäftsführung ohne Auftrag

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz

hambSOG

Hamburgisches Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung

hessSOG

Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung

Hrsg.

Herausgeber

idR

in der Regel

IfSG

Infektionsschutzgesetz

iVm

in Verbindung mit

JA

Juristische Arbeitsblätter

JStG

Jahressteuergesetz

Jura

Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

JW

Juristische Wochenzeitschrift

JZ

Juristen-Zeitung

KHG

Krankenhausgesetz

KrW-/AbfG

Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz

LBO-BW

Landesbauordnung Baden-Württemberg

LG

Landgericht

LSA

Land Sachsen-Anhalt

LuftVG

Luftverkehrsgesetz

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

MV

Mecklenburg-Vorpommern

mvSOG

Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern

mwN

mit weiteren Nachweisen

NATO

North Atlantic Treaty Organisation

nF

neue Fassung

NGefAG

Niedersächsisches Gefahrenabwehrgesetz

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NW

Nordrhein-Westfalen

nwOBG

Nordrhein-Westfälisches Ordnungsbehördengesetz

nwPolG

Nordrhein-Westfälisches Polizeigesetz

OLG

Oberlandesgericht

OVG

Oberverwaltungsgericht

PJZS

Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen

pVV

Positive Vertragsverletzung

rhpfPOG

Polizei- und Ordnungsbehördengesetz von Rheinland-Pfalz

Rn/Rdn

Randnummer

Rs.

Rechtssache

saarlPolG

Saarländisches Polizeigesetz

sächsPolG

Sächsisches Polizeigesetz

sahSOG

Gesetz über die Öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt

SGB

Sozialgesetzbuch

SGG

Sozialgerichtsgesetz

shLVwG

Schleswig-Holsteinisches Landesverwaltungsgesetz

Slg.

Sammlung

SOG

Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung

StGB

Strafgesetzbuch

StHG

Staatshaftungsgesetz

StPO

Strafprozessordnung

StVO

Straßenverkehrsordnung

thürOBG

Thüringisches Ordnungsbehördengesetz

thürPAG

Thüringisches Polizeiaufgabengesetz

TierSG

Tierschutzgesetz

Urt.

Urteil

VersR

Versicherungsrecht

VGH

Verwaltungsgerichtshof

VO

Verordnung

Vorb.

Vorbemerkung

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

WHG

Wasserhaushaltsgesetz

WRV

Weimarer Reichsverfassung

Ziff.

Ziffer

zT

zum Teil

Übersicht über die Anspruchsgrundlagen

A.

Ersatzansprüche gegen inländische Personen des öffentlichen Rechts

I.

Rechtsgüterindifferente Ersatzleistungsansprüche

1.

Anspruch auf Beseitigung der Folgen rechtswidrigen hoheitlichen Handelns

Folgenbeseitigungsanspruch (Rn 12 ff)

2.

Ansprüche auf Schadensersatz

Amtshaftungsanspruch (Rn 91 ff)

Anspruch aus öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen (Rn 233 ff)

3.

Ansprüche auf Entschädigung

Polizeigesetzliche Entschädigungsansprüche (Rn 255 ff)

Folgenentschädigungsansprüche (Rn 261 ff)

4.

Ansprüche auf effektive Beseitigung des Rechtsverstoßes

Anspruch wegen Verletzung des europ. Gemeinschaftsrechts (Rn 293 ff)

II.

Rechtsgüterspezifische Ersatzleistungsansprüche

1.

Beeinträchtigung immaterieller Rechtsgüter

Aufopferungsanspruch (Rn 334 ff)

2.

Beeinträchtigung materieller Rechtsgüter

Entschädigungsanspruch wegen Enteignung (Rn 378 ff)

Anspruch infolge ausgleichspflichtiger Inhalts- und Schrankenbestimmung (Rn 426 ff)

Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff (Rn 446 ff)

Anspruch aus enteignendem Eingriff (Rn 478 ff)

Fachgesetzliche Entschädigungsansprüche (Rn 504 ff)

Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch bei Vermögensbeeinträchtigungen (Rn 523 ff)

B.

Ersatzansprüche gegen juristische Personen ausländischen öffentlichen Rechts

Völkergewohnheitsrechtliche Anspruchsgrundlagen (Rn 582 ff)

Ansprüche aufgrund der Europ. Menschenrechtskonv. (Rn 585 ff)

Ansprüche aufgrund des Rechts der Europäischen Union (Rn 588 ff)

Ansprüche aufgrund bilateraler Vereinbarungen (Rn 595 ff)

C.

Ersatzansprüche gegen internationale Organisationen

Ansprüche gegen die Europäische Union (Rn 604 ff)

Ansprüche gegen juristische Personen des Unionsrechts (Rn 623 ff)

Ansprüche gegen juristische Personen des sonstigen internationalen Rechts (Rn 625 ff)

Teil IEinleitung

1

Mit der Bezeichnung „Recht der öffentlichen Ersatzleistungen“ ist die Haftung von Hoheitsträgern infolge ihres hoheitlichen Handelns gemeint. Diese Haftung setzt immer ein Tun oder Unterlassen auf der Grundlage öffentlichen Rechts voraus. Bedienen sich Hoheitsträger hingegen der Rechtsformen des Zivilrechts, so unterliegen sie wie Private den zivilrechtlichen Haftungsfolgen; sie sind mithin wie Private zivilrechtlichen Ansprüchen vertraglicher, deliktischer oder sonstiger Art ausgesetzt.

2

Das an hoheitliches Handeln anknüpfende Recht der öffentlichen Ersatzleistungen steht in engem Zusammenhang mit dem Rechtsschutz gegen öffentlich-rechtliches Handeln. Handeln Hoheitsträger auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts und führt dieses Handeln dazu, dass Rechtsgüter der Bürger beeinträchtigt werden, so garantiert ihnen das Grundgesetz gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG). Diese Garantie eröffnet dem Bürger die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit des beeinträchtigenden Handelns überprüfen zu lassen (primärer Rechtsschutz). Dieser Rechtsschutz steht jedoch nicht alleine. Er wird flankiert durch das Recht der öffentlichen Ersatzleistungen, das zusätzlich zu einer gerichtlichen Überprüfung die Möglichkeit einräumt, Ersatz für die erfolgte Beeinträchtigung der Rechtsgüter zu fordern (sekundärer Rechtsschutz).

3

Das Recht der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen ist in wesentlichem Maße richterrechtlich geprägt. Nur in fragmentarischer Weise sind die Anspruchsgrundlagen kodifiziert. Grund und Umfang von Ansprüchen, einzelne Regeln oder dogmatische Figuren des Ersatzleistungsrechts wurden sehr oft aus gerichtlichen Einzelfallentscheidungen heraus entwickelt. Sie sind meist Ergebnis einer richterlichen Abwägung, die zwischen zwei Polen pendelt: Auf der einen Seite steht ein auf Billigkeitserwägungen beruhendes und meist auf die Umstände des Einzelfalles abstellendes Haftungsbedürfnis, auf der anderen Seite die Betrachtung der finanziellen Folgen, die bei der Zuerkennung eines Anspruchs für die öffentlichen Haushalte eintreten würden.

4

Diese richterrechtliche Prägung wird oft als unbefriedigend empfunden. Doch nur einmal hat diese Unzufriedenheit zu dem Versuch geführt, das Recht der öffentlichen Ersatzleistung in Gestalt eines Staatshaftungsgesetzes umfassend zu kodifizieren. Das Bundesverfassungsgericht erklärte aber das damals geschaffene Gesetz aus kompetenzrechtlichen Gründen für verfassungswidrig. Da neue Kodifizierungsversuche nicht zu erwarten sind, wird man sich auch in Zukunft mit der richterrechtlichen Prägung dieses Rechtsgebietes abfinden müssen – einer Prägung, die lediglich in einigen Bundesländern (Berlin, Brandenburg, Thüringen) eine gewisse Relativierung erfährt, da dort noch Teile des Staatshaftungsgesetzes der DDR weitergelten.

5

Aufgrund der richterrechtlichen Prägung sperrt sich dieses Rechtsgebiet gegen Systematisierungsversuche.[1] Gleichwohl soll die disparate Materie hier anhand der folgenden Fragen und Kriterien geordnet werden:

1.

Gegen wen richtet sich der Anspruch, gegen einen nationalen (Rn 11 ff), ausländischen (Rn 576 ff), supranationalen (Rn 604 ff) oder internationalen (Rn 625 ff) Hoheitsträger?

2.

Kann die Ersatzleistung nur bei Eingriffen in spezifische Rechtsgüter geltend gemacht werden (Rn 333 ff) oder kommt es auf die Art des Rechtsgutes gar nicht an, dh ist der Ersatzanspruch rechtsgüterindifferent (Rn 11 ff)?

3.

In welchem Verhältnis stehen die Ersatzleistungsansprüche zueinander? Schließen sie sich aus oder können sie nebeneinander geltend gemacht werden (Rn 554 ff)?

Anmerkungen

[1]

Zur Problematik der Systembildung im Staatshaftungsrecht vgl etwa Sauer, JuS 2012, 695, 695 f; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., 2013, S. 2 ff.

Teil IIAbgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen und zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen

6

Das Recht der öffentlichen Ersatzleistungen knüpft an die Folgen hoheitlichen Handelns an. Es zielt auf die Verantwortlichkeit des Staates, anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts oder sonstiger Hoheitsträger für die Beeinträchtigung von Rechtsgütern infolge der Ausübung öffentlicher Gewalt. Wegen dieser Anknüpfung an hoheitliches Handeln wird das Recht der öffentlichen Ersatzleistungen auch nicht dem Privatrecht, sondern dem öffentlichen Recht zugeordnet[1].

7

Handeln Hoheitsträger dagegen privatrechtlich und führt dieses Handeln zu einer Beeinträchtigung von Rechtsgütern, so können Ersatzleistungsansprüche prinzipiell nur auf zivilrechtliche Grundlagen gestützt werden. Dies ist etwa der Fall bei der Beschaffung von Sachgütern (zB dem Erwerb eines Grundstücks, der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes oder dem Kauf von Büromaterialien), der Einstellung von Personal (Arbeiter und Angestellte), der Betätigung als Wirtschaftsunternehmen (zB kommunale Wohnungsvermittlung, städtische Spielbanken, Landesbanken) oder der Erfüllung öffentlicher Aufgaben der Daseinsvorsorge in den Formen des Privatrechts (zB Wasser- oder Stromversorgung durch eine Aktiengesellschaft, deren Anteile mehrheitlich von einer Kommune gehalten werden).

8

Die damit nötige Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Handeln lässt sich in vielen Fällen nicht mit Eindeutigkeit vornehmen. Zwar gibt es zahlreiche Abgrenzungstheorien. Diese Theorien lassen aber bei ihrer Anwendung häufig noch beträchtliche Reste an Zweifel und Unsicherheit zurück[2].

9

Ein weiterer Punkt kommt hinzu: Selbst dann, wenn das Handeln eines Hoheitsträgers als privatrechtliches Handeln zu qualifizieren sein sollte, kann in Ausnahmefällen dennoch eine öffentlich-rechtliche Ersatzleistung in Betracht kommen[3]. Auf diese Problematik wird bei den einzelnen Ersatzleistungsansprüchen eingegangen.

10

Festzuhalten bleibt:

1.

Das Recht der öffentlichen Ersatzleistungen setzt eine Rechtsgutsbeeinträchtigung durch hoheitliches (öffentlich-rechtliches Handeln) voraus.

2.

Handeln Hoheitsträger privatrechtlich, so kommen grundsätzlich nur zivilrechtliche Ersatzansprüche in Betracht.

3.

Die Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichem und privat-rechtlichem Handeln gelingt in manchen Fällen nicht mit wünschenswerter Klarheit und Eindeutigkeit. Man wird dann Analogien zu Fällen bilden müssen, die von der Rechtsprechung schon entschieden wurden.

Anmerkungen

[1]

BVerfGE 61, 149, 176 – Staatshaftungsgesetz.

[2]

Dazu ausführlicher etwa: Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl., 2017, § 3 Rn 10 ff.

[3]

Liegt etwa ein verwaltungsprivatrechtliches Handeln des Staates vor (dazu etwa Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl., 2017, § 3, Rn 16, § 17), hat er dabei aber eine Monopolstellung inne, so besteht die Möglichkeit eines öffentlich-rechtlichen Amtshaftungsanspruchs – vgl dazu OLG Nürnberg NJW 1994, 2032 – Postdienst.

Teil IIIErsatzansprüche gegen inländische Personen des öffentlichen Rechts

Inhaltsverzeichnis

§ 1Rechtsgüterindifferente Ersatzleistungsansprüche

§ 2Rechtsgüterspezifische Ersatzleistungsansprüche

§ 3Anspruchskonkurrenzen

Teil III Ersatzansprüche gegen inländische Personen des öffentlichen Rechts › § 1 Rechtsgüterindifferente Ersatzleistungsansprüche

§ 1Rechtsgüterindifferente Ersatzleistungsansprüche

Inhaltsverzeichnis

A.Ansprüche auf Beseitigung der Folgen rechtswidrigen hoheitlichen Handelns (Folgenbeseitigungsanspruch)

B.Ansprüche auf Schadensersatz

C.Ansprüche auf Entschädigung

D.Besonderheiten in den neuen Bundesländern

E.Ansprüche auf effektive Beseitigung des Rechtsverstoßes (Anspruch wegen Verletzung europäischen Unionsrechts)

11

Das Recht der öffentlichen Ersatzleistungen kennt Anspruchsgrundlagen, bei denen die Frage ohne Belang ist, ob ein spezifisches Rechtsgut beeinträchtigt wurde. Diese Anspruchsgrundlagen setzen lediglich voraus, dass überhaupt ein Rechtsgut verletzt wurde, gleichgültig welches. Diese rechtsgüterindifferenten Ersatzleistungsansprüche lassen sich indes im Hinblick auf den Inhalt des Anspruchs unterscheiden. So bestehen vier Gruppen rechtsgüterindifferenter Ansprüche: Ansprüche auf Beseitigung von Unrechtsfolgen, auf Schadens- und Aufwendungsersatz, auf Entschädigung sowie auf effektive Beseitigung eines Rechtsverstoßes.

Teil III Ersatzansprüche gegen inländische Personen des öffentlichen Rechts › § 1 Rechtsgüterindifferente Ersatzleistungsansprüche › A. Ansprüche auf Beseitigung der Folgen rechtswidrigen hoheitlichen Handelns (Folgenbeseitigungsanspruch)

A.Ansprüche auf Beseitigung der Folgen rechtswidrigen hoheitlichen Handelns (Folgenbeseitigungsanspruch)

12

Fall 1:

E ist Eigentümer einer frisch renovierten Gründerzeitvilla, für die er einen zahlungskräftigen Mieter sucht. Familie F ist obdachlos. Um diesen Zustand zu beseitigen, weist die zuständige Behörde die Familie durch eine Ordnungsverfügung in die Villa des E ein. Nach einer Klage des E wird die Verfügung als rechtswidrig aufgehoben. Familie F weigert sich jedoch auszuziehen. Sie fühlt sich in der Villa sehr wohl. E verlangt von der Behörde die Räumung des Gebäudes. Außerdem fordert er Renovierungsmaßnahmen, da die Familie F nach ihrer Einweisung 25 Katzen in die Wohnung aufgenommen hatte, wodurch zum Teil ein erheblicher Sachschaden entstanden war. LösungRn 89

I.Anspruchsziel

13

Der Folgenbeseitigungsanspruch dient dem Schutz der vom Grundgesetz verbürgten Grundrechte. Greift öffentliche Gewalt in grundrechtlich geschützte Rechtsgüter wie etwa Freiheit, Leben, Gesundheit, Religion, Beruf oder Eigentum ein, ohne dazu berechtigt zu sein, so kann der Einzelne unmittelbar aus den Grundrechten die Unterlassung der Beeinträchtigung verlangen und damit den Eingriff abwehren (grundrechtlich verbürgter Unterlassungsanspruch).

14

Beispiel:

Ordnet im Fall 1 die Ordnungsbehörde durch Verfügung (= Verwaltungsakt, § 35 VwVfG) die Einweisung der obdachlosen Familie in die Villa an und stellt sich nach einer rechtlichen Prüfung heraus, dass die Behörde dazu mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht ermächtigt war, so kann E die Unterlassung der Einweisung aufgrund seines Grundrechts der Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) verlangen und damit die Befreiung von der Pflicht beanspruchen, den Einzug der Familie F in seine Villa zu dulden.

15

Der Schutz der Grundrechte durch den Anspruch auf Unterlassung ungerechtfertigter Beeinträchtigungen, also durch „Eingriffs-Abwehr“, erweist sich aber dann als unzureichend, wenn durch Eingriffe Folgen herbeigeführt und Fakten geschaffen werden, die allein durch die Geltendmachung des Anspruchs auf Unterlassung der Beeinträchtigung nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind.

16

Beispiel:

Stellt sich erst nach dem Einzug der Familie F in die Villa des E im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens heraus, dass die Einweisungsverfügung rechtswidrig war, ist dem E mit der Aufhebung der Einweisungsverfügung durch das Gericht (vgl § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und der Geltendmachung seines grundrechtlichen Unterlassungsanspruchs nicht geholfen, da die Familie sich ja weiterhin in seiner Villa aufhält.

17

Damit in solchen Konstellationen der grundgesetzlich verbürgte Schutz der Grundrechte Bestand hat, wurde von der Rechtsprechung der Folgenbeseitigungsanspruch eingeführt. Dieser Anspruch liefert ein Instrument, um den Schutz der Grundrechte auch hinsichtlich der Folgen ungerechtfertigter Grundrechtseingriffe zu gewährleisten. Er zielt auf die Herbeiführung eines Zustandes, der dem ursprünglichen entspricht, also dem Zustand, der vor dem Eingriff bestand. Auf welchem Wege dieser Zustand herbeigeführt wird, hängt von der Art des Eingriffs, seinen Folgen sowie vom jeweils betroffenen Grundrecht ab. In Betracht kommen die Einstellung von Lärmimmissionen, der Widerruf einer ehrverletzenden oder geschäftsschädigenden Äußerung oder aber sonstige faktische Maßnahmen, die geeignet sind, den herbeigeführten rechtswidrigen Zustand zu beseitigen und den grundrechtlich garantierten Zustand wiederherzustellen (zB durch den Rückbau einer rechtswidrig über ein privates Grundstück geführten öffentlichen Straße).

II.Rechtsgrundlage des Anspruchs

18

Der Folgenbeseitigungsanspruch findet seinen Rechtsgrund in den Grundrechten. Dies lässt sich aus seiner oben beschriebenen Funktion ableiten: Er dient dem Schutz der Grundrechte, indem er auf die Herbeiführung eines den Gewährleistungen der Grundrechte entsprechenden Zustandes zielt. Diese Funktion wird vom normativen Gehalt der Grundrechte mit umfasst. Die spezielle Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO, wonach das Verwaltungsgericht auch anordnen kann, dass und wie die Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts wieder rückgängig zu machen ist, stellt allein eine einfach-gesetzliche Konkretisierung und prozessrechtliche Absicherung dieses Grundgedankens der grundrechtlichen Verankerung des Folgenbeseitigungsanspruchs dar.

19

Auf die grundrechtliche Wurzel des Folgenbeseitigungsanspruchs wurde von der Rechtsprechung schon mehrfach hingewiesen[1], vor allem ist sie aber von der Literatur offen gelegt worden. Allerdings findet sich im Schrifttum auch eine Vielzahl konkurrierender Begründungsversuche, so der Verweis auf Art. 20 Abs. 3 GG, das Rechtsstaatsprinzip, die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, das Gebot der Gerechtigkeit oder die Bildung einer Analogie zu den zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 1004, 862, 12 BGB. Dieser Begründungsfrage braucht aber keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt zu werden. Die Existenz des Folgenbeseitigungsanspruchs wird inzwischen nicht mehr in Frage gestellt. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass das Bundesverwaltungsgericht den Folgenbeseitigungsanspruch inzwischen als richterrechtlich geprägten, gewohnheitsrechtlichen Anspruch charakterisiert, der nach dem „unumstrittenen Stand der Rechtsprechung“ grundsätzlich anerkannt sei[2].

III.Inhalt des Anspruchs

1.Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes

20

Der Inhalt des Folgenbeseitigungsanspruchs lässt sich durch sein Ziel näher bestimmen und präzisieren, die Folgen ungerechtfertigter Grundrechtseingriffe aus der Welt zu schaffen. Dementsprechend enthält der Folgenbeseitigungsanspruch die Pflicht der öffentlichen Gewalt, die Fortdauer des durch den ungerechtfertigten Eingriff geschaffenen Zustandes zu beenden und jenen Zustand herbeizuführen, der vor dem Eingriff bestand (bzw, da dieser Zustand der Vergangenheit angehört, den Zustand, der dem ursprünglichen, aber vergangenen Zustand gleichwertig ist)[3]. Der Folgenbeseitigungsanspruch richtet sich also auf die Wiederherstellung des früheren Zustandes, auf einen „Ausgleich in natura“[4], grundsätzlich nicht auf die Gewährung eines Geldausgleichs.

21

Insofern unterscheidet sich der Folgenbeseitigungsanspruch prinzipiell ebenso von einem Entschädigungsanspruch, der immer auf Geldleistung zielt, wie von einem Anspruch auf Schadensersatz in Geld (vgl §§ 249 Satz 2, 250 bis 253 BGB). Dagegen unterscheidet er sich nur graduell von einem Anspruch auf Schadensersatz durch Naturalrestitution im Sinne von § 249 Satz 1 BGB. Der Folgenbeseitigungsanspruch verpflichtet nämlich nicht dazu, den Zustand „herzustellen, der bestehen würde“, wenn der Grundrechtseingriff nicht erfolgt wäre. Der Folgenbeseitigungsanspruch verpflichtet nicht zur Herbeiführung eines Zustandes, der bei einer Untätigkeit des Hoheitsträgers aller Wahrscheinlichkeit nach eingetreten wäre, sondern allein dazu, den Zustand wiederherzustellen, der vor dem ungerechtfertigten Eingriff bestand. Die Perspektive des Folgenbeseitigungsanspruchs zielt also auf einen realen, wenn auch der Vergangenheit angehörenden Zustand, nicht auf einen hypothetischen, nur wahrscheinlich eingetretenen Zustand.

22

Beispiel:

Stellt die Polizei ohne gesetzliche Ermächtigung ein Fahrzeug sicher und transportiert es auf einen polizeieigenen Parkplatz, so kann der Eigentümer aufgrund des Folgenbeseitigungsanspruchs die Verbringung des Fahrzeugs an seinen ursprünglichen Ort und seine Herausgabe verlangen. Nicht aber kann der Eigentümer fordern, auch den Gewinn zu ersetzen, der ihm entgangen ist, weil er durch den Abtransport des Fahrzeugs einen viel versprechenden Geschäftstermin nicht wahrnehmen konnte.

2.Geldleistung nur in Ausnahmefällen

23

Nur in Ausnahmefällen liefert der Folgenbeseitigungsanspruch auch eine Grundlage für die Forderung von Geldleistungen.

a)Geldverlust als Eingriffsfolge

24

Zunächst kommt eine Geldleistung dann in Betracht, wenn der ungerechtfertigte Eingriff zu einem Geldverlust geführt hat[5].

25

Beispiel:

Die Behörde verpflichtete den Kläger aufgrund außenwirtschaftsrechtlicher Vorschriften, ein zinsloses Bardepot in Höhe von 10 Millionen Euro anzulegen. Der Kläger konnte die Summe nicht durch eigene Rücklagen aufbringen und nahm daher einen verzinsten Kredit auf. Nachdem gerichtlich festgestellt wurde, dass die Auferlegung der Bardepotpflicht rechtswidrig war, fordert E nun Ersatz der geleisteten Kreditzinsen (zur Problematik, ob nur die unmittelbaren Folgen erfasst sind, siehe unten unter Rn 31 ff).

b)Mitverschulden und Unmöglichkeit der Wiederherstellung

26

Eine weitere Ausnahme gilt dann, wenn derjenige, der aufgrund hoheitlichen Handelns Einbußen an seinen Rechtsgütern hinnehmen musste, an der Entstehung dieses rechtswidrigen Zustandes mitverantwortlich ist, ihm also analog § 254 BGB ein „Mitverschulden“ vorzuwerfen ist, und der frühere Zustand zudem nicht wiederhergestellt werden kann[6].

27

Beispiel:

Bei Straßenbauarbeiten einer Gemeinde kommt es zur Anschüttung von Erdreich an der Einfriedungsmauer auf dem Grundstück des E. Im Laufe der Zeit zeigen sich an der Mauer Druck- und Feuchtigkeitsschäden. Diese Schäden sind auch darauf zurückzuführen, dass E an seinem Grundstück Abgrabungen vorgenommen hat. Eine Reparatur der Mauer ist aus tatsächlichen Gründen nicht möglich.

28

Bei der Begründung dieser ausnahmsweise erfolgenden Zuerkennung einer Geldleistung beruft sich die Rechtsprechung auf einen allgemeinen Rechtsgedanken, der in § 251 Abs. 1 BGB sowie in § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG und § 11 Abs. 5 FStrG zum Ausdruck komme: „Soweit die Herstellung eines Zustandes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist, tritt an die Stelle des hierauf gerichteten Anspruchs vielfach ein Geldanspruch“[7].

c)Unverhältnismäßigkeit und Unzumutbarkeit der Folgebeseitigung

29

Die dritte Ausnahme erfasst den Fall, dass die Beseitigung der Folgen mit unverhältnismäßigen, vernünftigerweise nicht mehr zumutbaren Aufwendungen verbunden wäre[8].

30

Beispiel:

Bei dem kommunalen Bau einer Straße kommt es zu einer Überbauung des Grundstücks des E. Ein acht Zentimeter breiter und vier Meter langer Streifen des Grundstücks ist nun von der Straße bedeckt. Der Wertverlust des Grundstücks beträgt rund 100 Euro, die Kosten der Beseitigung der unzulässigen Überbauung würden sich dagegen auf rund 2000 Euro belaufen.

Begründet wird diese Ausnahme mit dem in § 251 Abs. 2 BGB enthaltenen entsprechenden Rechtsgrundsatz[9].

3.Wiederherstellung durch Beseitigung nur der unmittelbaren Folgen

31

Der Folgenbeseitigungsanspruch erstreckt sich nicht auf sämtliche Folgen, die durch rechtswidriges Verhalten von Hoheitsträgern verursacht werden. Vielmehr sind nur die Folgen erfasst, auf die das Verhalten unmittelbar (final) gerichtet war. Die Beseitigung sonstiger Folgen, auf deren Eintritt das Verhalten nicht unmittelbar zielt, kann jedenfalls dann nicht geltend gemacht werden, wenn diese (mittelbaren) Folgen erst durch ein Verhalten des Betroffenen – oder eines Dritten – verursacht oder mitverursacht worden sind und dieses Verhalten auf deren eigenen Entschlüssen beruht.

32

Beispiel:

B wird die Pflicht auferlegt, eine Geldsumme als Sicherheit zu hinterlegen. Da er nicht über ausreichendes Eigenkapital verfügt, ist er gehalten, einen verzinsten Kredit aufzunehmen. Nachdem sich die Rechtswidrigkeit der Verpflichtung herausstellt, kann B nicht den Ersatz des Zinsschadens geltend machen. Dieser Schaden ist nur eine mittelbare Folge der Verpflichtung, die auf einem eigenen Willensentschluss des B beruht.

33

Die Rechtsprechung versucht diese Haftungsbeschränkung mit dem Schutzzweck von Art. 20 Abs. 3 GG zu begründen, der dem Folgenbeseitigungsanspruch zugrunde liege: Nur die durch hoheitliches Verhalten unmittelbar veranlassten Folgen, die mit Gesetz und Recht nicht in Einklang stünden, sollen keinen Bestand haben und folglich wieder zu beseitigen sein[10].

34

Eine tragfähige Begründung für den Ausschluss mittelbarer Folgen ist damit freilich nicht gegeben. Denn auch bei diesen Folgen ist eine Verletzung von „Recht und Gesetz“ nicht kategorisch ausgeschlossen. Diese Unklarheit in der Begründung der Rechtsprechung deckt sich mit der Unsicherheit, die angesichts der Frage mittelbarer Grundrechtseingriffe besteht[11]. Diese Unsicherheit ist wohl der Grund dafür, dass die Rechtsprechung noch keine definitive Antwort auf die Frage der Einbeziehung nur mittelbar eingetretener, adäquater Folgen als Gegenstand des Folgenbeseitigungsanspruchs gegeben hat[12]. Möglicherweise kann der Betroffene aber bezüglich dieser mittelbaren Folgen noch Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche aus enteignungsgleichem bzw aufopferungsgleichem Eingriff oder Amtshaftung geltend machen.

4.Wiederherstellung durch Beseitigung allein der störenden Folgen

35

Aus der grundrechtlichen Fundierung des Folgenbeseitigungsanspruchs fließt die Pflicht, den Zustand zu beseitigen, der durch den rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff in die subjektive (grundrechtliche) Rechtsstellung des Betroffenen hervorgerufen wurde. Der Betroffene kann daher nicht genau den Zustand wiederhergestellt verlangen, der vor dem rechtswidrigen Eingriff gegeben war, sondern nur die Beseitigung der störenden, mit den grundrechtlich verbürgten Gewährleistungen nicht zu vereinbarenden Folgen dieses Eingriffs[13]. Diese Beseitigung dürfte regelmäßig zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes führen, sie muss es aber nicht in allen Fällen.

36

Beispiel:

Der Ausbau einer Sackgasse zu einer Durchgangsstraße, durch die das Grundstück des B mit erheblichen Lärmimmissionen belegt wird, erweist sich als rechtswidrig. B kann nicht den Rückbau der Straße in eine Sackgasse verlangen, sondern nur die Beseitigung des Eingriffs, der die Störung durch Lärmimmissionen nach sich gezogen hat. Diese Störung kann aber statt durch einen Rückbau der Straße auch durch Lärmschutzmaßnahmen beseitigt werden.

IV.Anspruchsvoraussetzungen

37

Nach der Rechtsprechung ist ein Folgenbeseitigungsanspruch unter den folgenden Voraussetzungen gegeben:

Es muss ein hoheitlicher Eingriff vorliegen (1), durch den ein subjektives Recht verletzt wurde (2). Dadurch muss für den Betroffenen ein rechtswidriger Zustand entstanden sein (3), der noch andauert (4)[14].

38

Es empfiehlt sich daher, bei der Lösung konkreter Fälle die Voraussetzungen eines Folgenbeseitigungsanspruchs unter folgenden Fragestellungen zu untersuchen:

Wurde ein subjektives Recht beeinträchtigt?

Wurde diese Beeinträchtigung durch einen hoheitlichen Eingriff hervorgerufen?

Wurde durch den Eingriff ein rechtswidriger Zustand geschaffen?

Dauert dieser Zustand noch an?

1.Beeinträchtigung eines subjektiven Rechts?

39

Der Folgenbeseitigungsanspruch verlangt zunächst die Beeinträchtigung eines subjektiv-öffentlichen Rechts. Es ist also der Nachweis zu führen, dass dem Betroffenen gegen einen Träger hoheitlicher Gewalt aufgrund öffentlichen Rechts ein Anspruch auf ein bestimmtes Verhalten zusteht, jener Träger jedoch diesen Anspruch missachtet und unerfüllt lässt. Der Anspruch selbst kann sich aus den Grundrechten oder aus einfachem Gesetzesrecht ergeben, welches die Grundrechte konkretisiert, ausgestaltet oder ihnen in sonstiger Weise entspricht.

40

Beispiel:

Aus dem Grundrecht der Eigentumsfreiheit (Art. 14 GG) fließt der Anspruch des Eigentümers, dass eine öffentliche Straße nicht über das eigene Grundstück verläuft, aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz der Anspruch des Nachbarn, eine emittierende Anlage nur dann zu genehmigen, wenn von dieser keine erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft ausgehen.

2.Beeinträchtigung durch hoheitlichen Eingriff

a)Hoheitlicher Eingriff

41

Die Beeinträchtigung muss auf einen hoheitlichen Eingriff zurückzuführen sein. Ein solcher Eingriff liegt immer dann vor, wenn das Handeln in den Rechtsformen des Verwaltungsrechts geschah, also in Gestalt eines Verwaltungsaktes, eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, einer Rechtsverordnung oder einer Satzung. Darüber hinaus kann ein Eingriff auch durch Realakt erfolgen. In Zweifelsfällen ist auf die Kriterien zur Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Handeln von Hoheitsträgern zurückzugreifen[15].

42

Beispiel:

Das allgemeine, durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht wird durch eine ehrverletzende öffentliche Äußerung eines Bürgermeisters verletzt, das Eigentumsrecht aus Art. 14 GG durch den Überbau einer Bundesstraße.

43

Nur Eingriffe der vollziehenden Gewalt können Auslöser eines Folgenbeseitigungsanspruchs sein. Das Handeln der rechtsprechenden Gewalt scheidet aus. Dies ergibt sich aus dem jeweiligen Prozessrecht, das spezielle Regelungen für Ansprüche infolge rechtswidriger Maßnahmen der Judikative enthält. Maßnahmen der Legislative besitzen zwar regelmäßig Eingriffscharakter. Wegen des Verbots einer Einzelfallregelung (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG) können aber die durch Legislativakte hervorgerufenen belastenden Wirkungen nicht Gegenstand eines Folgenbeseitigungsanspruchs sein, sondern nur der in Vollzug des allgemeinen Gesetzes erfolgende konkrete Eingriff.

b)Eingriff durch Unterlassen

44

Der Rechtsprechung zufolge bezieht sich der Folgenbeseitigungsanspruch auf Folgen, „die durch ein Tun oder Unterlassen der vollziehenden Gewalt eingetreten sind“[16]. Mithin kommt grundsätzlich auch ein Eingriff durch Unterlassen in Betracht.

aa)Ausnahme: Nichterfüllung von Leistungsansprüchen

45

Von dieser Kategorie auszunehmen sind allerdings Konstellationen, in denen Leistungsansprüche gegen Hoheitsträger unerfüllt bleiben. Denn dann kann der Anspruch durch Verpflichtungs- oder Leistungsklage (vgl §§ 42 Abs. 1 Alt. 2, 43 Abs. 2 VwGO) durchgesetzt werden, so dass sekundärer Rechtsschutz (vgl Rn 2) in Gestalt eines Folgenbeseitigungsanspruchs nicht mehr erforderlich ist.

bb)Ausnahme: Verschlechterung der Rechtslage

46

Der Weg über einen Folgenbeseitigungsanspruch ist ebenfalls dann versperrt, wenn ein Leistungsanspruch zunächst in rechtswidriger Weise unerfüllt blieb, die Rechtslage für den Betroffenen sich zwischenzeitlich aber derart verschlechtert hat, dass der Anspruch nach der veränderten Rechtslage nicht mehr erfüllt werden könnte.

47

Beispiel:

Ein 34-Jähriger hatte einen Anspruch auf Einstellung in den öffentlichen Dienst; in der Zwischenzeit wurde aber die Einstellungsaltersgrenze auf 32 Jahre gesenkt. Oder: Der Anspruch bezog sich auf ein bestimmtes Studium; mittlerweile wurden aber die Studienzulassungsvoraussetzungen verschärft.

48

Die Verneinung des Folgenbeseitigungsanspruchs beruht darauf, dass er nur rechtsordnungskonform durchgesetzt werden kann. Hat sich die Rechtsordnung für den Betroffenen in der Zwischenzeit verschlechtert, läge dem Folgenbeseitigungsanspruch ein rechtlich nicht mehr realisierbares Begehren zugrunde[17]. Bei einer solchen Konstellation kommt aber möglicherweise ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung in Betracht.

cc)Folgenbeseitigungslast

49

Stehen Trägern hoheitlicher Gewalt Entscheidungsspielräume zu, so müssen die hervorgerufenen rechtswidrigen Folgen bei der Wahrnehmung dieser Spielräume berücksichtigt und auf diesem Wege die entstandene „Folgenbeseitigungslast“ abgetragen werden.

50

Beispiel:

Eine Baubehörde erteilt eine rechtswidrige Baugenehmigung. Der Nachbar widerspricht dieser Genehmigung. Der Bauherr ignoriert den Suspensiveffekt des Widerspruchs (§ 80 Abs. 1 VwGO) und errichtet den Bau, ohne dass die Baubehörde hindernd einschreitet. Hier hat die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung über den Erlass einer Abbruchverfügung den Folgenbeseitigungsanspruch des Nachbarn in Gestalt einer Folgenbeseitigungslast zu berücksichtigen[18].

dd)Zurechenbarkeit der störenden Folgen

51

Grundsätzlich wird man einen Eingriff durch Unterlassen infolge der grundrechtlichen Fundierung des Folgenbeseitigungsanspruchs immer dann in Erwägung ziehen können, wenn das hoheitliche Verhalten als Grundrechtseingriff gedeutet werden kann. Dies dürfte immer dann der Fall sein, wenn die eingetretenen störenden Folgen dem Hoheitsträger deshalb zurechenbar sind, weil sich in ihnen die Risiken einer vom Hoheitsträger geschaffenen oder unterhaltenen Gefahrenquelle realisiert haben.

52

Beispiel:

Der von der Gemeinde errichtete Turm des Rathauses wurde baufällig. Eine Sanierung unterbleibt. Durch herabfallende Steine werden die Dächer der Nachbarhäuser beschädigt.

3.Entstehung eines rechtswidrigen Zustandes

53

Durch den hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht muss ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden sein. In der Regel lässt sich die Rechtswidrigkeit des eingetretenen Zustandes aus der Rechtswidrigkeit des erfolgten Eingriffs herleiten. Dennoch gilt, dass die Rechtswidrigkeit des vorausgehenden Eingriffs nicht maßgeblich ist. Vielmehr ist allein der durch den Eingriff verursachte Zustand auf seine Rechtswidrigkeit hin zu beurteilen, so dass eine Folgenbeseitigung auch dann beansprucht werden kann, wenn der ursprüngliche Eingriff rechtmäßig war, der herbeigeführte Zustand aber mittlerweile rechtswidrig geworden ist. Auch dies ergibt sich aus der grundrechtlichen Fundierung des Anspruchs, zielt er doch auf die Beseitigung eines Zustandes, der sich gegenüber den grundrechtlichen Gewährleistungen nicht mehr rechtfertigen lässt und mithin als rechtswidrig zu qualifizieren ist. Gleichgültig ist dabei, ob er auf rechtmäßiges oder rechtswidriges Handeln zurückführbar ist. Der Umstand, dass das ursprüngliche Verhalten des Hoheitsträgers rechtmäßig war, ist irrelevant angesichts der eingetretenen und von den Grundrechtsgewährleistungen nicht mehr gedeckten Lage.

54

Beispiel:

Die Sicherstellung eines Fahrzeugs war ursprünglich rechtmäßig, wurde aber später gemäß § 49 VwVfG widerrufen. Würde die Behörde sich dennoch weigern, das Fahrzeug herauszugeben, so wäre ein rechtswidriger Zustand eingetreten, dessen Beseitigung mit Hilfe des Folgenbeseitigungsanspruchs geltend gemacht werden könnte.

55

Regelmäßig lässt sich zwar die Rechtswidrigkeit des herbeigeführten Zustandes aus der Rechtswidrigkeit des ihn bewirkenden Eingriffs herleiten. Anders ist dies allerdings im Falle eines rechtswidrigen, aber bestandskräftigen Verwaltungsaktes[19]. Hier genügt der Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des eingreifenden Verwaltungsakts als Begründung für die Rechtswidrigkeit des herbeigeführten Zustandes nicht, denn anderenfalls könnten durch die Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder vorgesehenen Regelungen über die Bestandskraft rechtswidriger Verwaltungsakte unterlaufen werden. Ein Folgenbeseitigungsanspruch würde dann aber in dem Augenblick aufleben, in dem der rechtswidrige und bestandskräftige Verwaltungsakt gemäß § 48 VwVfG zurückgenommen oder er sich in sonstiger Weise erledigt haben würde.

4.Andauern des rechtswidrigen Zustandes

56

Der durch den hoheitlichen Eingriff herbeigeführte Zustand muss auch noch in dem Augenblick rechtswidrig sein, in dem die Folgenbeseitigung verlangt wird. Der Anspruch scheidet also etwa dann aus, wenn der rechtswidrige Zustand im Nachhinein legalisiert wird, die für Wegnahme einer Sache erforderliche Sicherstellungsverfügung beispielsweise nachträglich erlassen wird.

V.Ausschließungsgründe

57

Allein die Bejahung der Anspruchsvoraussetzungen führt noch nicht zur Begründetheit des Anspruchs. Denn der Folgenbeseitigungsanspruch „besitzt voneinander zu trennende allgemeine tatbestandliche Voraussetzungen und im Einzelfall gegebene ‚rechtsvernichtende‘ Ausschlussgründe“[20].

a)Unmöglichkeit der Folgenbeseitigung

58

Der Anspruch ist einmal dann ausgeschlossen, wenn die Folgenbeseitigung unmöglich ist. Dies kann aus tatsächlichen Gründen der Fall sein, wenn etwa die zu Unrecht sichergestellte Sache vor ihrer Rückgabe untergeht. Der Anspruch kann aber auch aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen sein (Beispiele in Rn 47). Dies ist der Fall, wenn der verpflichtete Rechtsträger nicht die Rechtsmacht besitzt, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, weil der erstrebte Zustand beispielsweise nach der gegenwärtigen Rechtsordnung unzulässig wäre[21]. Diese Konstellation tritt etwa dann ein, wenn zur Erfüllung eines Folgenbeseitigungsanspruchs ein Eingriff in Rechte Dritter notwendig ist, für diesen Eingriff aber keine entsprechende gesetzliche Ermächtigung zur Verfügung steht.

59

Eine solche Ermächtigung ist dem Folgenbeseitigungsanspruch – wie dies gelegentlich vertreten wird – keineswegs immanent. Vielmehr fordert die Lehre von den grundrechtlichen Gesetzesvorbehalten, zu denen auch das Bestimmtheitsgebot gehört, eine spezifische gesetzliche Eingriffsgrundlage. In der Regel hält das Polizei- und Ordnungsrecht solche Ermächtigungen bereit. Soweit sie Ermessen einräumen, besitzt der verpflichtete Hoheitsträger zwar einen Entscheidungsspielraum; jedoch kann bei dessen Wahrnehmung der bestehende Folgenbeseitigungsanspruch unter Umständen zu einer so weitgehenden Beschränkung des Entscheidungsspielraums („Ermessensreduzierung auf Null“) führen, dass der Eingriff zum Zwecke der Erfüllung des Anspruchs erfolgen muss[22].

60

Beispiel:

Kann der Anspruch des Grundstückseigentümers nur erfüllt werden durch den Abbruch des Schwarzbaus auf dem Nachbargrundstück, so bedarf es dazu einer entsprechenden Abbruchverfügung und damit eines Eingriffs in die Rechte des schwarzbauenden Nachbarn. Die erforderliche Eingriffsermächtigung ist in der jeweiligen Landesbauordnung enthalten (zB: § 65 Satz 1 LBO-BW: „Der teilweise oder vollständige Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, kann angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können“). Bei der Wahrnehmung des durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessens ist der Folgenbeseitigungsanspruch des Grundstückseigentümers zu berücksichtigen, so dass es uU für die Baubehörde keine Alternative zum Erlass einer Abbruchverfügung geben kann.

61

Sollte eine Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe in Rechte Dritter fehlen, die zur Erfüllung des Anspruchs notwendig sind, so steht der Anspruchsberechtigte nicht völlig rechtlos. Er kann unter Umständen Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung oder Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Anspruch geltend machen. Dies gilt gewiss auch dann, wenn der verpflichtete Hoheitsträger durch eine Ermessensnorm zu einem Eingriff ermächtigt, die Ausübung aber dennoch zu Lasten des Anspruchsberechtigten zulässig wäre.

b)Unzumutbarkeit der Wiederherstellung

62

Ein Anspruch ist auch dann ausgeschlossen, wenn die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes für den verpflichteten Hoheitsträger unzumutbar wäre. Eine solche Unzumutbarkeit kann dann vorliegen, wenn mit der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes für den Verpflichteten ein unverhältnismäßig hoher Aufwand verbunden wäre, der zu dem erreichbaren Erfolg bei allem Respekt für das Verlangen nach rechtmäßigen Zuständen in keinem vernünftigen Verhältnis stünde[23].

63

Beispiel:

Der rechtswidrige Bau einer Straße über das Grundstück des Eigentümers hat zu einem Wertverlust des Grundstücks in Höhe von 250 Euro geführt. Wenn sich die Kosten für den Rückbau der Straße zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes auf 10 000 Euro belaufen würden, wäre der Anspruch wegen Unzumutbarkeit ausgeschlossen[24].

64

Bei Unzumutbarkeit der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes kann sich der Anspruch dann allerdings in einen „Folgenentschädigungsanspruch“ wandeln[25] (dazu noch unten unter Rn 266 ff).

c)Unzulässige Rechtsausübung

65

Ein Anspruch ist ebenfalls dann ausgeschlossen, wenn sich seine Geltendmachung als unzulässige Rechtsausübung erweist, die dann vorliegt, wenn die Legalisierung des als rechtswidrig erkannten und andauernden Zustandes zeitlich unmittelbar bevorsteht[26]. Es wäre nämlich widersinnig, einen Anspruch auf Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes auch dann zuzuerkennen, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Kürze die Rechtswidrigkeit des Zustandes behoben würde.

d)Verjährung

66

Schließlich kann ein Anspruch dann ausgeschlossen sein, wenn er verjährt ist. Nach altem Schuldrecht betrüge die Verjährungsfrist dreißig Jahre[27]. Nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform wird man aber wohl §§ 195, 199 Abs. 1, 4 und 5 BGB anwenden müssen[28].

VI.Spezifizierungen und Abgrenzungen

1.Anspruch auf Widerruf hoheitlicher Äußerungen

67

Als praktisch bedeutsame Variante des Folgenbeseitigungsanspruchs stellt sich der Anspruch auf Abwehr hoheitlicher Äußerungen dar. Warnt etwa die Bundesregierung vor jugendgefährdenden Sekten, informiert das Verbraucherschutzministerium die Öffentlichkeit vor vergifteten Lebensmitteln oder verdächtigt ein Behördenleiter einen Mitarbeiter öffentlich der Korruption, so kann ein Anspruch auf Widerruf dieser Äußerungen begründet sein.

a)Rechtsgrundlage des Anspruchs

68

Ein solcher Anspruch wurzelt in den Grundrechten[29]. Manche Gerichte ziehen zur Begründung des Anspruchs gelegentlich auch § 1004 BGB analog heran[30]. Die Warnung vor Jugendsekten greift in das Grundrecht der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG), die Information über vergiftete Lebensmittel in das der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1) und die Verdächtigung in das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG) ein. Sind diese Eingriffe nicht gerechtfertigt, so fordern diese Grundrechte Maßnahmen, die den durch den Eingriff bewirkten Zustand beseitigen.

b)Voraussetzungen des Anspruchs

69

Ein Widerrufsanspruch ist unter den folgenden Voraussetzungen begründet.

Der Träger hoheitlicher Gewalt muss eine Tatsache behaupten (1).

Diese Behauptung muss als Grundrechtseingriff zu qualifizieren sein (2),

für die keine Ermächtigungsgrundlage nachweisbar ist (3).

70

(1) Nach Auffassung der Rechtsprechung kann ein Widerrufsanspruch nur durch eine Tatsachenbehauptung ausgelöst werden; ein Widerruf von Werturteilen soll nicht möglich sein[31]. Bei der schwierigen Abgrenzung von Tatsachenbehauptung und Werturteil kann auf die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden. Für Werturteile ist danach „die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage kennzeichnend“, für Tatsachenbehauptungen „die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit“[32]. Hilfreich dürfte bei diesem Abgrenzungsproblem auch der Ansatz des Bundesgerichtshofs sein, die Beweisbarkeit als Kriterium für Tatsachenbehauptungen anzusehen[33]. Gleichwohl mag es auch Fälle geben, die wegen einer untrennbaren Verquickung der beiden Äußerungsformen auch mit diesen Kriterien nicht lösbar sind. Dann ist es ratsam darauf abzustellen, welches Element in der jeweiligen Äußerung überwiegt.

71

(2) Durch die Tatsachenbehauptung muss ein Eingriff in das Grundrecht des Betroffenen erfolgen. Wegen der inzwischen erreichten Weite des Eingriffsbegriffs dürfte dies regelmäßig gegeben sein, insbesondere aber dann, wenn bei der Äußerung hoheitliche Autorität in Anspruch genommen wurde, die herbeigeführten Folgen beabsichtigt oder in Kauf genommen wurden[34].

72

(3) Die eingreifende Äußerung muss rechtswidrig, dh erfolgt sein, ohne dass sie in ausreichendem Maße durch eine Ermächtigungsgrundlage gerechtfertigt war. Durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) kann ein Träger hoheitlicher Gewalt auf keinen Fall ermächtigt sein, steht dieses Recht doch – wie die anderen Grundrechte auch – als Abwehrrecht dem Bürger gegen den Staat und nicht dem Staat gegen den Bürger zu. Auch auf den strafrechtlichen Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) dürfte sich der Amtsträger nicht berufen können, da die strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe als Individualrechte konzipiert sind. Demgegenüber kann der Rechtsprechung zufolge das im Grundgesetz (Art. 65 Satz  2 GG) verankerte Recht der Regierung zur Öffentlichkeitsarbeit eine Ermächtigung liefern[35]. Bei Äußerungen eines Abgeordneten kann zudem Art. 46 Abs. 1 GG als Ermächtigungsgrundlage Bedeutung erlangen, der parlamentarische Äußerungen des Abgeordneten straffrei stellt. Als einfach-gesetzliche Ermächtigungen kommen etwa Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (§ 32 „Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Aufstellung von Abfallwirtschaftsplänen, Unterrichtung der Öffentlichkeit“) oder des Produktsicherheitsgesetzes (§ 6 Abs. 2 „Zusätzliche Anforderungen an die Bereitstellung von Verbraucherprodukten auf dem Markt“) in Betracht.

2.Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch

73

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch kann nicht als Unterfall des Folgenbeseitigungsanspruchs charakterisiert werden. Er zielt nämlich nicht auf die Beseitigung rechtswidriger Zustände, die durch Grundrechtseingriffe verursacht wurden, sondern auf den Ausgleich von Schäden, die ein Sozialversicherter oder Sozialleistungsberechtigter aufgrund falscher behördlicher Auskunft oder sonstiger Fehlbetreuung erleidet. Anknüpfungspunkt ist also nicht der grundrechtliche Unterlassungs-, sondern der sozialrechtliche Leistungsanspruch.

74

Beispiel:

Ein Wohngeldberechtigter wird durch eine falsche Auskunft davon abgehalten, fristgerecht eine Verlängerung des ihm zustehenden Wohngeldes zu beantragen[36].

75

Der Herstellungsanspruch findet seine Rechtsgrundlage mithin nicht in den Grundrechten, sondern in einer richterrechtlichen Rechtsfortbildung.

76

Der Inhalt des Anspruchs ist auf Naturalrestitution in Gestalt der Vornahme einer Rechtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte; der Anspruch ermöglicht keine verkappte Verurteilung in Geld[37].

77

Der Anspruch hat folgende Voraussetzungen:

Nachteil oder Schaden beim Leistungsberechtigten

Verhalten (Tun oder Unterlassen) eines Sozialleistungsträgers

Pflichtwidrigkeit dieses Verhaltens

Ursächlichkeit dieses Verhaltens für den Schaden

Möglichkeit und rechtliche Erlaubtheit der Herstellung des Zustandes, der ohne pflichtwidriges Verhalten eingetreten wäre[38].

78

Der Anspruch ist also ausgeschlossen, wenn die zur Herstellung erforderliche Amtshandlung gesetzlich unzulässig wäre, darüber hinaus aber auch dann, wenn der Gesetzgeber selbst die Rechtsfolgen einer Verletzung von Nebenpflichten des Sozialleistungsträgers geregelt hat[39]. Dies kann der Fall sein, wenn der Gesetzgeber etwa selbst Regelungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand getroffen hat.

3.Immissionsabwehranspruch

79

Ebenso wie der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auch der Immissionsabwehranspruch nicht als Variante des Folgenbeseitigungsanspruchs einzuordnen. Richtet sich das Begehren gegen Geräusche, die von einem öffentlichen Sportplatz, gegen Gerüche, die von einem städtischen Abfallcontainer, gegen Lichtstrahlen, die von einer Straßenlaterne ausgehen, so geht es unmittelbar um die Abwehr eines dauernden Eingriffs durch Immissionen, nicht um die Beseitigung von Folgen, die durch diesen Eingriff hervorgerufen wurden. Da er auf die Abwehr ungerechtfertigter Grundrechtseingriffe durch Immissionen abzielt, kann er als Spielart des grundrechtlichen Unterlassungsanspruchs charakterisiert werden. Mithin geben die Grundrechte selbst die Rechtsgrundlage dieses Anspruchs ab, auch wenn von der Rechtsprechung immer wieder die analog anzuwendenden §§ 1004 und 906 BGB herangezogen werden[40].

80

Die Immissionen können dann abgewehrt werden, wenn der von ihnen ausgehende Grundrechtseingriff nicht gerechtfertigt, er also nicht in dem gebotenen Maße durch eine Ermächtigungsgrundlage abgesichert ist. Als Eingriffsermächtigungen kommen insbesondere Vorschriften aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz in Betracht bzw. Normen, die aufgrund dieses Gesetzes (Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften) erlassen wurden. Zudem hält die Rechtsprechung eine Ermächtigung durch analoge Anwendung von § 906 BGB für möglich[41], wobei es dann allerdings entscheidend auf die „Wesentlichkeit“ der Immission und die „Ortsüblichkeit“ der Benutzung ankommt.

81

Muss der Betroffene die Immission dulden, da der Hoheitsträger zu ihr ermächtigt wurde, können aber unter Umständen noch Ansprüche auf Geldleistungen für Lärmschutzmaßnahmen aus enteignendem Eingriff bestehen[42].

4.Anspruch auf Unterlassung drohender Eingriffe

82

Dieser Anspruch ist auf zu erwartende Grundrechtseingriffe ausgerichtet. Er hat also nicht – wie der Immissionsabwehranspruch – den erfolgten und andauernden Eingriff – oder – wie der Folgenbeseitigungsanspruch – die durch den Eingriff herbeigeführten Folgen zum Gegenstand.

83

Beispiel:

Eine Landeszentrale für politische Bildung beabsichtigt eine Broschüre über „neureligiöse Bewegungen“ an den Schulen des Landes zu verteilen. Diese Broschüre enthält sachlich unbegründete und diffamierende Äußerungen über die Bewegung „Heil und Erlösung“. Die Bewegung wird erreichen, dass der drohende Eingriff in ihr Grundrecht der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 GG) unterbleibt.

84

Seine Grundlage findet dieser Anspruch in den grundrechtlichen Unterlassungsansprüchen. Der aus den Grundrechten als Abwehrrechte fließende Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigten Eingriffen wäre unzureichend, wenn er sich nur auf geschehene Eingriffe beschränkte und sich nicht auch auf zu erwartende grundrechtsverletzende Maßnahmen erstreckte. Denn effektiven Schutz entfalten die Grundrechte nur dann, wenn der in ihnen verankerte Unterlassungsanspruch auch den Fall drohender, nicht gerechtfertigter Eingriffe erfasst: Grundgesetzlicher Grundrechtsschutz bedeutet also auch Schutz vor Grundrechtsgefährdungen[43].

85

Als problemträchtig erweist sich dabei die Frage, unter welchen Voraussetzungen dieser Unterlassungsanspruch gegenüber drohenden Eingriffen ausgelöst wird, wann also anzunehmen ist, dass ein nicht zu rechtfertigender Grundrechtseingriff schon droht. Es bietet sich an, dabei auf den Gefahrbegriff des Polizei- und Ordnungsrechts zurückzugreifen, so dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen verletzenden Grundrechtseingriff vorliegen muss. Erfolgten in der Vergangenheit schon Verletzungen, so kann dies dafür sprechen, dass der Hoheitsträger auch in Zukunft so verfahren wird. In einem solchen Fall ist eine Wiederholungsgefahr zu bejahen, so dass ein Anspruch auf Unterlassung des drohenden Eingriffs begründet sein kann.

86

Prozessual durchsetzbar soll der Anspruch aber nur bei Vorliegen eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses sein[44]. Dieses Bedürfnis besteht etwa im Falle der konkreten Gefahr, dass ohne Abwehr des beabsichtigten Verwaltungsaktes vollendete, nicht ohne weiteres rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen würden[45].

VII.Rechtsweg

87

Der Folgenbeseitigungsanspruch ist vor den Verwaltungsgerichten einzuklagen. Dieser Anspruch ist als „öffentlich-rechtliche Streitigkeit“ im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu qualifizieren, da er auf die Beseitigung der Folgen öffentlich-rechtlichen Verhaltens zielt.

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