Stahlratte wird Rekrut - Harry Harrison - E-Book

Stahlratte wird Rekrut E-Book

Harry Harrison

0,0
5,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

“Du stirbst doch nicht – du kommst nur in die Armee!”

Jim di Griz, die Stahlratte, hat seinen Freund und Lehrmeister Läufer auf dem Sklavenplaneten Spiovente verloren. Er sinnt auf Rache an dem Raumschiffkapitän, der sie verraten hat, und nimmt die Spur seines Gegners auf. Diese führt ihn in die Militärdiktatur eines kleinen Inselstaates namens Nevenkebla – was ihn für die Stahlratte beinahe unerreichbar macht. Jim di Griz wäre allerdings nicht Jim di Griz, wenn ihm nicht doch eine Lösung einfallen würde: Er lässt sich mustern und wird Rekrut …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 425

Veröffentlichungsjahr: 2014

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



HARRY HARRISON

STAHLRATTE WIRD REKRUT

Roman

1

Ich bin zu jung zum Sterben. Gerade achtzehn – und schon so gut wie tot. Mein Griff lockert sich, meine Finger gleiten ab, der Fahrstuhlschacht gähnt einen Kilometer tief unter mir. Ich kann nicht mehr festhalten. Ich stürze ab …

Normalerweise neige ich nicht zur Panik – hier aber war ich nahe am Ausflippen. Von Kopf bis Fuß vor Erschöpfung zitternd, wusste ich, dass mir diesmal kein Ausweg winkte …

Ich schwebte im wahrsten Sinne des Wortes in großer Gefahr, in Todesgefahr, aber diesmal war ich selbst daran schuld. Trotz der guten Ratschläge, die ich mir im Laufe der Jahre selbst gegeben habe, gar nicht zu reden von den noch besseren Tipps des Läufers – war alles vergessen gewesen. Impulsiv in den Wind geschlagen.

Vielleicht hatte ich den Tod verdient. Schon möglich, dass eine Edelstahlratte geboren worden war – doch würde ein sehr eingerostetes Exemplar dieser Gattung nun ins Gras beißen. Der metallene Türrahmen war eingefettet, und ich musste mich mit schmerzenden Fingern festklammern. Meine Zehen fanden auf dem schmalen Vorsprung kaum einen Halt, während die Hacken ungeschützt in die schwarze Leere hinausragten. Ich stand schon zu lange auf Zehenspitzen, so dass nun auch die Füße weh taten – eine Kleinigkeit im Vergleich zu dem Feuer, das durch meine Unterarme züngelte.

Dabei war mir der Plan im Anfang so hübsch logisch, simpel, gut und intelligent vorgekommen.

Inzwischen aber hatte er sich als unausgegoren, zu kompliziert, mies und idiotisch erwiesen.

»Du bist ein Blödmann, Jimmy diGriz«, knurrte ich durch zusammengebissene Zähne und merkte erst jetzt, dass ich sie tief in die Unterlippe geschlagen und mich selbst blutig gebissen hatte. Ich löste die Kaumuskeln und spuckte aus – dabei rutschte meine rechte Hand ab. Die immense Angstwoge, die mich durchschoss, unterdrückte die Erschöpfung und ließ mich in einer Explosion verzweifelter Energie einen neuen Halt finden.

Das Auflodern verebbte aber so schnell, wie es gekommen war, und änderte an meiner Situation prinzipiell gar nichts. Allenfalls war ich noch müder als vorher. Es gab keine Rettung. Ich saß hier fest, bis ich mich nicht mehr festhalten konnte, bis meine Hand sich öffnete und ich in die Tiefe stürzte. Da war es vielleicht am besten, das Unvermeidliche gleich hinter mich zu bringen …

»Nein, Jim, keine Kapitulation!«

Die Stimme klang durch das Pochen des Blutes in meinen Ohren und schien aus weiter Ferne zu kommen; sie klang tiefer als sonst und hörte sich an, als spräche der Läufer zu mir. Der Gedanke war typisch für ihn, warum sollte es nicht die Stimme des Läufers sein? Ich ließ nicht los, doch wusste ich nicht mehr, warum ich noch durchhielt. Überdies beunruhigte mich ein fernes Jaulen.

Ein Jaulen? Der Fahrstuhlschacht war schwarz wie ein Grab und ebenso still. War der Maglevlift wieder in Betrieb? Mit muskelverkrampfter Langsamkeit neigte ich den Kopf und schaute in die Tiefe. Nichts.

Oder doch: ein schwacher Lichtschimmer.

Der Fahrstuhl kam den Schacht herauf.

Na und? Dieses Regierungsgebäude hatte zweihundertdreiunddreißig Stockwerke. Wie gering war die Chance, dass die Kabine im Stockwerk unter mir hielt, damit ich ihr elegant aufs Dach steigen konnte? Bestimmt astronomisch gering; ich hatte wenig Lust, die Wahrscheinlichkeit genau zu errechnen. Vielleicht hatte der Lift sogar dieses Stockwerk zum Ziel und zermalmte mich im Vorbeifahren wie ein Insekt? Auch eine hübsche Vorstellung. Ich sah das Licht rasch näherkommen, dabei öffneten sich meine Pupillen in dem Maße, wie das Licht heller wurde. Das anschwellende Heulen der Hubräder, ein Lufthauch, der mich explosiv umgab, das Ende war gekommen …

Das Ende der Aufwärtsbewegung. Die Liftkabine stoppte dicht unter mir, so dicht, dass ich das Fauchen hörte, mit dem sich die Tür öffnete, und das anschließende Gespräch von zwei Wächtern.

»Ich gebe dir Deckung. Bleib feuerbereit, solange du den Saal durchsuchst.«

»Du gibst mir Deckung, vielen Dank! Ich kann mich nicht erinnern, mich als Spähtrupp gemeldet zu haben.«

»Das habe ich dir abgenommen. An meinem Ärmel kleben zwei Streifen, an deinem nur einer – das heißt, du schaust dich um.«

Einstreifen murrte und verließ denkbar langsam den Fahrstuhl. Als sein Schatten das aus der offenen Lifttür fallende Licht verdeckte, senkte ich den linken Fuß behutsam auf das Dach der Kabine. Und hoffte, dass der Abgang des Mannes jede Bewegung vertuschte, die mein Umstieg vielleicht auslöste.

Eine Kleinigkeit war das nicht. Mein Bein verkrampfte sich, meine Finger wollten keine Bewegung mehr tun. Langsam ließ ich den zitternden rechten Fuß folgen, bis ich oben auf der Liftkabine stand. Meine verkrampften Finger hatten den Türrahmen noch nicht losgelassen; ich kam mir wie ein Idiot vor.

»Flur ist leer!«, rief eine Stimme aus der Ferne.

»Lies mal den Entfernungsorter ab!«

Von draußen waren Stimmengemurmel und klappernde Geräusche zu hören, während ich die rechte Hand von dem glitschigen Metall losriss und mich beim Abstützen allein auf die widerstrebende Linke verließ.

»Ich selbst zeichne mich ab. Davon abgesehen liegt die letzte Bewegung hier im Korridor bei achtzehn Uhr. Leute, die nach Hause gehen.«

»Dann stehen wir vor einem kleinen Rätsel«, stellte Doppelstreifen fest. »Komm zurück! Nach unserer Messung ist der Lift in dieses Stockwerk gefahren. Von hier haben wir ihn nach unten geholt. Du sagst jetzt, es wäre niemand ausgestiegen. Ein Rätsel.«

»Das ist kein Rätsel, sondern eine schlichte Fehlfunktion. Ein Computerproblem. Wenn niemand an der Tastatur sitzt, gibt sich das Ding selbst was zu tun.«

»So ungern ich dir zustimme – du hast recht. Gehen wir wieder Kartenspielen!«

Einstreifen kehrte zurück, die Lifttür glitt zu, und ich ging vorsichtig in die Hocke. So fuhren wir einträchtig zusammen den Fahrstuhlschacht abwärts. Die Wächter stiegen in der Gefängnisetage aus, und ich begnügte mich damit, in der knackenden Stille zu hocken und mir mit zitternden Fingern die Knoten aus den Muskeln zu massieren. Als ich sie einigermaßen wieder unter Kontrolle hatte, öffnete ich das Luk, auf dem ich saß, sprang in die Kabine hinab und schaute vorsichtig hinaus. Die Kartenspieler saßen außer Sichtweite im Wächterzimmer, wohin sie auch gehörten. Mit unendlicher Vorsicht kehrte ich an den Ausgangspunkt meiner fehlgeschlagenen Flucht zurück: schuldbewusst-geduckt – wäre ich ein Hund gewesen, hätte ich den Schwanz eingeklemmt – schlich ich an den Wänden entlang und fummelte mit dem Dietrich an den Korridortüren herum, die ich öffnete und wieder hinter mir schloss – zuletzt meine Zellentür. Dann versteckte ich den Dietrich wieder in meiner Schuhsohle und ließ mich mit einem Seufzen aufs Bett sinken, das auf der ganzen Welt zu hören sein musste. In der Schlafstille des Zellenblocks wagte ich kein lautes Wort zu äußern, doch schrie ich sie innerhalb meines Schädels um so lauter hinaus:

»Jim, du bist der hirnrissigste Idiot, der je auf die Welt gekommen ist. Lass dir so etwas bloß nie wieder einfallen, niemals!«

Grimmig-stumm gab ich mir das Versprechen, das sich mir nun wahrlich dauerhaft in die Medulla Oblongata eingegraben hatte. Um die Wahrheit führte kein Weg herum. In meinem Eifer, aus dem Gefängnis herauszukommen, hatte ich alles falsch gemacht.

Diesem Mangel gedachte ich schnellstmöglich abzuhelfen.

Ich hatte übereilt gehandelt. Jegliche Hast war unangebracht. Nach meiner Verhaftung hatte Captain Varod, Kämpfer der Liga-Marine, keinen Zweifel daran gelassen, dass er von meinem versteckten Dietrich wusste. Doch er hatte auch angedeutet, dass er Gefängnisse nicht mochte. Obwohl er fest an Gesetz und Ordnung glaubte, war er angesichts des Aufruhrs, den ich ausgelöst hatte, nicht der Meinung, dass ich auf meinem Heimatplaneten Bisschen Himmel eingekerkert werden sollte. In diesem Punkt stimmte ich ihm natürlich zu. Da er von dem Dietrich wusste, hätte ich mir Zeit lassen sollen. Vielleicht bis zu dem Augenblick, da man mich von hier an einen anderen Ort verlegte.

Während des Transfers. Im Grunde hatte ich nur meine Zeit abreißen wollen in diesem schwerbewachten und technisch perfekt abgeschirmten Gefängnis im Zentrum des Ligagebäudes in der Mitte des Stützpunkts auf diesem Planeten, von dem ich nur den Namen wusste – Steren-Gwandra. Denn irgendwie hatte ich die Ruhe genossen – und die Mahlzeiten, die nach den kriegerischen Ereignissen und dem Fraß auf Spiovente ein wahres Vergnügen waren. Diesen Vergnügungen hätte ich mich weiter hingeben sollen, in der Hoffnung, mich für die bevorstehende Freiheit zu stärken. Ja, warum hatte ich dann doch ausbrechen wollen?

Ihretwegen, wegen einer Frau, wegen einer Erscheinung, die ich kurz erschaut und sofort wiedererkannt hatte. Ein Blick hatte genügt, mir den Verstand zu rauben, die Emotionen hatten die Oberhand gewonnen und mich zu meinem katastrophalen Fluchtversuch getrieben. Was für ein Dummkopf ich doch war! Grimmig verzog ich das Gesicht, als meine Gedanken an den Anfang des idiotischen Abenteuers zurückkehrten.

Es passierte während der nachmittäglichen Leibesertüchtigungen, die ehrlich aufregend waren, auch wenn sie sich darin erschöpften, dass die Gefangenen ihre Zellen verlassen und im weichen Licht der Doppelsonne über den Stahlbeton schlurfen durften. Ich zog die Füße nach wie alle anderen und versuchte meine Gefährten nicht weiter zu beachten. Tiefe Haaransätze, zusammengewachsene Augenbrauen, schlaffe, speichelsabbernde Lippen; eine höchst unbefriedigende Spitzengruppe von Kleinverbrechern, der anzugehören ich mich geradezu schämte. Plötzlich war Bewegung in diese Masse gekommen, ein unerklärliches Ereignis stachelte den schwachen Intellekt dieser Leute an und veranlasste sie, zum Drahtzaun zu eilen und dabei heisere Schreie auszustoßen und vulgäre Worte zu rufen. Abgestumpft durch die Monotonie des Gefängnislebens hatte selbst ich einen Hauch von Neugier verspürt, den Wunsch, mir anzuschauen, was solche unbekannten Emotionen explosionsartig auf den Plan gerufen hatte. Dass ich da noch überlegte! Natürlich Frauen. Frauen und starker Alkohol mit seinen Folgen – das waren die einzigen Dinge, die die behäbigen Synapsen dieser Schrumpfköpfe noch in Schwung bringen konnten.

Drei frisch eingelieferte weibliche Gefangene wurden auf der anderen Seite des Zauns vorbeigeführt. Zwei davon schienen dem gleichen Kaliber anzugehören wie meine Begleiter und äußerten sich mit ähnlich heiserem Geschrei und interessanten Finger- und Handbewegungen. Die dritte Gefangene schritt ernst und wortlos dahin und nahm von ihrer Umgebung keine Notiz. Ihr Gang kam mir irgendwie bekannt vor. Aber wie wäre das möglich? Ich hatte noch nie von diesem Planeten gehört, auf den man mich zwangsweise verfrachtet hatte. Das Rätsel schrie nach einer Lösung. Ich hastete ans Ende des Zauns, bearbeitete dort mit den Knöcheln einen haarigen Nacken, bis der Eigentümer des Halses bewusstlos zu Boden sank, nahm den auf diese Weise entstehenden Platz ein und starrte hinüber.

Knapp einen Meter entfernt schwebte ein mir sehr bekanntes Gesicht vorüber. Ohne Zweifel: ein Gesicht, ein Name, den ich bestens kannte.

Bibs, eine Angehörige der Raumschiffbesatzung von Kapitän Garth!

Sie bildete ein Bindeglied zu Garth, und ich musste mit ihr sprechen, musste feststellen, wo er steckte! Kapitän Garth hatte uns entführt und auf dem abscheulichen Planeten Spiovente ausgesetzt – und war somit für den Tod des Läufers verantwortlich. Was in mir den Wunsch weckte, die Verantwortung für den seinen zu übernehmen.

So war ich törichterweise geflohen – ohne gründliche Planung, getrieben von einer selbstmörderischen und wenig praxisbezogenen Begeisterung. Letztlich hatte mir das Glück des Ahnungslosen beigestanden und mich unbemerkt in meine Zelle zurückkehren lassen. Beschämt errötete ich bei dem Gedanken an die Idiotie meines Plans. Er war unüberlegt und unausgearbeitet und fußte auf der unglaublich dummen Annahme, dass die Sicherheitsmaßnahmen in dem Riesengebäude überall gleich aussehen würden. Bei dem täglichen Spaziergang waren mir an den Türen die sehr einfachen Schlösser aufgefallen und das Fehlen jeglicher Alarmanlagen. Ich war davon ausgegangen, dass das übrige Gebäude ebenso ausgestattet war.

Da hatte ich falsch vermutet. Die Kabine des Maglevlifts hatte beim Einschalten sofort die Wächter alarmiert. Als die Tür im oberen Stockwerk aufglitt, waren mir sofort im Korridor die Detektoren aufgefallen. Deshalb hatte ich es am Notluk im Dach versucht, in der Hoffnung, mich durch die Maschinerie am oberen Ende des Liftschachts arbeiten zu können.

Leider hatte es dort keine Maschinerie gegeben – nur eine weitere Tür, die in ein weiteres Stockwerk führte, das im Lift bei den Wahlknöpfen nicht aufgeführt war. Ein geheimer Ort, nur den Behörden bekannt. In der Hoffnung, dieses Geheimnis ergründen zu können, war ich auf die Türschwelle gestiegen und hatte nach einer Möglichkeit gesucht, die Außentür zu öffnen. Woraufhin die Liftkabine hinter mir verschwunden war und mich oben im leeren Schacht hängenließ.

Bei diesem hirnrissigen kleinen Abenteuer hatte ich schließlich noch unverdientes Glück gehabt. Ein zweites Mal würde ich nicht entkommen. Nüchterne Planung war angesagt. Ich verdrängte die Beinahe-Katastrophe in die Tiefen des Vergessens und zermarterte mir das Gehirn nach einer Möglichkeit, mit dem Raumschiffmädchen Kontakt aufzunehmen.

»Versuch's auf dem ehrlichen Weg«, sagte ich und schockierte mit diesen Worten mich selbst am meisten.

Ehrlich? Ich? Die Stahlratte, die in stummer Einsamkeit durch die nächtliche Dunkelheit schleicht und niemanden fürchtet und keine Hilfe benötigt?

Ja. So schmerzlich die Erkenntnis auch war, in diesem einen Fall war Ehrlichkeit wahrlich der beste Weg.

»Achtung, ihr Gefängniswärterpack, Achtung!«, brüllte ich und hämmerte mit den Fäusten gegen die Metallstange meines Käfigs. »Erhebt euch von eurem schweißfeuchten Lager, entsagt euren vulgären erotischen Träumen und bringt mich zu Kapitän Varod! Schnellstens – oder noch schneller!«

Meine Mitgefangenen erwachten und äußerten sich in berechtigtem Zorn, indem sie mir alle möglichen und unmöglichen Züchtigungen androhten. Solche Anwürfe gab ich begeistert zurück, bis schließlich missgelaunt der diensthabende Wächter erschien.

»Hallo!«, rief ich munter. »Wie schön, mal ein freundliches Gesicht zu sehen!«

»Möchtest du den Schädel eingeschlagen haben, Kleiner?«, fragte er. Seine Antwort war etwa so phantasievoll wie das Toben der anderen Gefangenen.

»Nein. Aber ich schlage vor, Sie ersparen sich eine Menge Ärger, indem Sie mich sofort zu Kapitän Varod bringen. Ich besitze Informationen, die militärisch dermaßen wichtig sind, dass man Sie sofort erschießen würde, käme der Verdacht auf, Sie wollten sie vor dem Captain geheim halten.«

Der Mann drohte weiter, doch erschien, als ihm die Bedeutung meiner Worte aufging, ein besorgtes Funkeln in seinen Augen. Auch wenn seine Intelligenz allenfalls ein flackerndes Lichtlein war, schien es ihm am klügsten, die Verantwortung möglichst schnell weiterzugeben. Ich deutete auf das Ende des Korridors, worauf er mit knurrenden Schimpfwörtern reagierte, zog aber schließlich los, um sein Telefon zu benutzen. Und tatsächlich: ich brauchte nicht lange zu warten. Ein Trupp allzu muskulöser und schwergewichtiger Wächter erschien innerhalb weniger Minuten am Ort des Geschehens. Man schloss die Zelle auf, legte mir Handschellen an, zerrte mich in den Maglevlift und beförderte mich einige hundert Stockwerke höher in ein kahles Büro. Dort machte man die Handschellen an einem schweren Stuhl fest und ließ mich allein. Der Lieutenant, der wenige Minuten später eintrat, rieb sich noch den Schlaf aus den Augen und mochte es wahrlich nicht, mitten in der Nacht aus den Federn gescheucht zu werden.

»Ich habe Varod verlangt«, sagte ich. »Mit drittrangigen Untergebenen spreche ich nicht.«

»Maul halten, diGriz, ehe Sie Ihre Lage noch verschlimmern! Der Captain befindet sich irgendwo im Tiefraum und ist unerreichbar. Ich arbeite in seiner Abteilung und fordere Sie dringend auf, den Mund aufzumachen, sonst fliegen sie hier achtkantig wieder raus!«

Das klang nicht unvernünftig. Außerdem blieb mir kaum eine andere Wahl.

»Haben Sie schon mal von einem raumfahrenden venianischen Schwein namens Garth gehört – Kapitän Garth?«

»Weiter!«, forderte er mit gelangweilter Stimme und gähnte, um sein Argument zu unterstreichen. »Ich habe an Ihrem Fall mitgewirkt, Sie können also offen sprechen. Was haben Sie uns bisher verschwiegen?«

»Ich besitze Informationen über unseren waffenschmuggelnden Freund. Sie haben ihn doch hier hinter Gittern, oder?«

»DiGriz – Sie geben uns Informationen, so läuft das hier, nicht anders herum.« Dies waren seine Worte, doch verkündete das Gesicht eine andere Botschaft. Ein vager Ausdruck der Sorge huschte darüber. Wenn ich diese Regung richtig deutete, war Garth diesen Leuten entwischt.

»Ich habe heute ein Mädchen gesehen, eine neue Gefangene. Sie heißt Bibs.«

»Haben Sie mich aus dem Bett geholt, um mir irgendein schmutziges sexuelles Geheimnis anzuvertrauen?«

»Nein. Ich finde nur, Sie sollten wissen, dass Bibs zu Garths Besatzung gehört hat.«

Dies machte ihn sofort munter, und da er nicht so erfahren war wie sein befehlshabender Offizier, vermochte er sein Interesse nicht ganz zu verhehlen.

»Das wissen Sie bestimmt?«

»Überprüfen Sie’s doch! Die Informationen über die heutigen Neuzugänge müssten verfügbar sein.«

Darin irrte ich nicht: er setzte sich hinter den Stahlschreibtisch und begann auf der Tastatur des Terminals herumzuhämmern. Schaute schließlich auf den Bildschirm und blickte mich stirnrunzelnd an.

»Drei weibliche Neuzugänge. Keine mit dem Namen Bibs.«

»Wie ungewöhnlich!«, sagte ich verächtlich. »Könnte es sein, dass Verbrecher sich neuerdings falsche Namen zulegen?«

Anstelle einer Antwort bediente er wieder das Terminal. Das Fax summte und spuckte drei Blätter aus. Farbaufnahmen. Zwei ließ ich auf den Boden fallen, die dritte reichte ich über den Tisch.

»Bibs.«

Er tippte weitere Informationen ein, ließ sich zurücksinken, rieb sich das Kinn und betrachtete den Bildschirm.

»Es passt, es passt«, murmelte er. »Marianney Guiffrida, fünfundzwanzig, als Beruf ist Elektrotechnikerin mit Tiefraumerfahrung angegeben. Verhaftet wegen Besitz von Rauschgift aufgrund eines anonymen Hinweises. Sie behauptet, sie sei hereingelegt worden. Weitere Einzelheiten nicht bekannt.«

»Fragen Sie sie nach Garth! Üben Sie Druck aus! Bringen Sie sie zum Reden!«

»Unser Dank für die Unterstützung ist Ihnen gewiss, diGriz. Das wird in Ihrer Akte vermerkt.« Er tippte eine Nummer ins Telefon. »Aber Sie haben zu viele Filme gesehen. Wir haben keine Möglichkeit, Leute zu Aussagen zu zwingen. Wir können höchstens verhören und beobachten und Schlussfolgerungen ziehen. Man bringt Sie nun wieder in Ihre Zelle.«

»O Mann, schönen Dank für den Dank. Danke für gar nichts! Können Sie mir nicht zumindest den Gefallen tun und mir sagen, wie lange ich noch hierbleiben soll?«

»Das dürfte nicht schwer zu ermitteln sein.« Ein schneller Durchlauf am Terminal und ein weises Nicken, während sich hinter mir bereits die Tür öffnete. »Sie werden uns übermorgen verlassen. Ein Raumer wird auf dem interessant klingenden Planeten Bisschen Himmel zwischenlanden, wo Ihnen offenkundig einige Strafverfahren drohen.«

»Schuldig bis zum Schuldspruch, so ist es wohl«, sagte ich verächtlich und versuchte die Begeisterung zu unterdrücken, die mich durchfuhr. Sobald ich hier heraus war, winkte mir die Freiheit. Ich ignorierte die zupackenden Hände und geknurrten Verwünschungen der Wächter und ließ mich friedlich wieder in die Zelle führen. Von nun an würde ich brav sein, sehr, sehr brav – bis übermorgen.

Hinterher lag ich noch lange wach und starrte in die Dunkelheit. Ich legte mir zurecht, wie ich die benötigten Informationen aus Raumfahrerin Bibs herausholen sollte.

2

»Unterschreiben Sie hier!«

Ich unterschrieb. Der Graubart auf der anderen Seite des Tisches reichte mir den Plastikbeutel mit meinem weltlichen Besitz, der mir bei der Einlieferung abgenommen worden war. Ich griff danach, aber der dicke Wächter war schneller.

»Noch nicht, Gefangener«, sagte er und zog die Tüte unter meinen zupackenden Fingern weg. »Das bekommen die Strafverfolgungsbehörden.«

»Die Sachen gehören mir!«

»Regeln Sie das am Ziel. Alles bereit, Rasco?«

»Ich heiße nicht Rasco.«

»Aber ich. Maul halten!«, sagte der andere Wächter, ein muskulöses, unangenehmes Individuum, das mit einer schimmernden Handschelle an mich gefesselt war rechtes Handgelenk an linkem Arm. Der Mann zerrte energisch an dieser Verbindung, dass ich in seine Richtung stolperte. »Sie tun, was ich sage, und kein dummes Gerede oder sonstige Kunststückchen!«

»Jawohl, Sir. Tut mir leid.«

Schüchtern senkte ich den Blick, und er lächelte in eingebildeter Überlegenheit. Hätte er nur geahnt, dass ich die Gelegenheit benutzte, mir die Handschellen genauer anzusehen! Bulldog-Brecher, in der ganzen bekannten Galaxis erhältlich, garantiert narrensicher. Vielleicht sicher gegen Narren, ich aber konnte sie in knapp zwei Sekunden knacken. Es sollte ein angenehmer Tag werden.

Dickwanst marschierte rechts, der angekettete Rasco links. Ich hielt im Gleichschritt mit, wünschte ich mir doch nichts sehnlicher, als das Gefängnis zu verlassen und die Welt außerhalb des Ligagebäudes in Augenschein zu nehmen. Ich war in einem geschlossenen Wagen eingeliefert worden und hatte bisher nichts davon gesehen. Eine angenehme Vorahnung erfüllte mich bei dem Gedanken, nun bald einen ersten Blick auf meine neue Heimat zu werfen; Gedanken an meine zwangsweise Verbringung von diesem Planeten, wie sie meine Wächter beschäftigen mochten, waren mir in diesem Moment denkbar fremd.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!