Star Trek - Vanguard 4: Offene Geheimnisse - Dayton Ward - E-Book

Star Trek - Vanguard 4: Offene Geheimnisse E-Book

Dayton Ward

4,3

Beschreibung

Die Taurus-Region ist in Aufruhr. Die Spannungen zwischen der Föderation und dem Klingonischen Imperium steigen, und auf Raumstation Vanguard arbeitet Botschafter Jetanien fieberhaft daran, einen Krieg noch zu verhindern. Commodore Diego Reyes, der ehemalige Kommandant der Station, soll wegen Verrats vor Gericht gestellt werden, und seine Geheimdienstoffizierin T'Prynn kämpft ums nackte Überleben - gefangen in ihrem eigenen, zerstörten Verstand. Trotz der sich verschärfenden Lage beflügeln die in der Taurus-Region gemachten Entdeckungen die Fantasie einer der vielversprechendsten Wissenschaftlerinnen der Föderation: Dr. Carol Marcus glaubt, der Lösung eines Rätsels nahe zu sein, das die Arbeit ihres ganzen Lebens neu definiert. In der Zwischenzeit wirft ein unerwarteter Überläufer neues Licht auf die Untersuchung, und Vanguards Lieutenant Ming Xiong sieht sich mit einem Artefakt konfrontiert, das den Schlüssel zur Dekodierung des Taurus-Meta-Genoms darstellen könnte. Die Operation Vanguard hängt in der Schwebe zwischen ihrem größten Durchbruch und einem Konflikt, der zwei gesamte Quadranten in Mitleidenschaft ziehen könnte. Und ihre Zukunft hängt von dem Mann ab, den die Sternenflotte als Ersatz für Reyes auserkoren hat: Admiral Heihachiro Nogura.

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STAR TREK®

VANGUARD

OFFENE GEHEIMNISSE

DAYTON WARD

Geschichte verfasst vonDayton Ward & Kevin Dilmore

Ins Deutsche übertragen vonChristian Humberg

BASED UPON STAR TREK®CREATED BY GENE RODDENBERRY

Über den Autor

Dayton Ward ist Star Trek-Fan seit Anbeginn der Zeit; seiner, nicht der Zeit generell. Ward diente elf Jahre im U. S. Marine Corps. Seine professionelle Autorenkarriere begann mit Geschichten, die für jede der drei „Star Trek: Strange New Worlds“-Anthologien ausgewählt wurden.

Zusätzlich zu seinen verschiedensten Schreibprojekten mit Kevin Dilmore, ist Dayton der Autor des Star Trek-Romans „In the Name of Honor“ und den Science Fiction-Romanen „The Last World War“ und „The Genesis Protocol“. Er verfasste zahlreiche Kurzgeschichten, die im Magazin „Kansas City Voices“ und der Anthologie „No Limits“ aus der Reihe „Star Trek – New Frontier“ erschienen.

Dayton lebt mit seiner Frau, Michi, in Kansas City.Mehr über ihn unter www.daytonward.com

Die deutsche Ausgabe von STAR TREK – VANGUARD: OFFENE GEHEIMNISSE wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg. Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Christian Humberg; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Gisela Schell und Mirjam Dierkes; redaktionelle Mitarbeit: Julian Wangler; Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik; Cover Artwork: Cliff Nielsen.

Titel der Originalausgabe: STAR TREK – VANGUARD: OPEN SECRETS

German translation copyright © 2009 by Amigo Grafik GbR.

Original English language edition copyright © 2009 by CBS Studios Inc. ™®© 2009 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks and logos are trademarks of CBS Studios Inc. All rights reserved.

This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.

Print ISBN 978-3-941248-08-3 (Juni 2009) · E-Book ISBN 978-3-942649-61-2 (November 2011)

WWW.CROSS-CULT.DE · WWW.STARTREKROMANE.DE

IN ERINNERUNGJoan Winston(19. Juni 1931 – 11. September 2008)

Du wusstest es von Anfang an, Joanie:STAR TREKlebt tatsächlich!

OPERATION VANGUARD

AKTUELLER STATUS

Die Taurus-Region: Weitgehend unerforschtes Gebiet des Weltalls zwischen den Territorien der Föderation, der Klingonen und der Tholianer. Dort entdeckte die Sternenflotte die Reste einer alten, unglaublich mächtigen Zivilisation, der Shedai, die Verbindungen zu den Tholianern, einem ihrer mysteriösesten Gegner, zu haben schienen. Außerdem entdeckte man das Taurus-Meta-Genom, ein komplexer und künstlich erzeugter DNA-Strang, der den Schlüssel zu genetischer Mutation bereithalten könnte – vielleicht sogar zu der Fähigkeit, ganze Welten entstehen zu lassen. Das wissenschaftliche und kriegerische Potenzial dieser Entdeckung wird schnell offenbar, und die Sternenflotte startet eine umfangreiche Forschungsexpedition. Im Laufe der Untersuchungen entdecken die Wissenschaftler der Sternenflotte im Jinoteur-System, der vermuteten Heimat jener längst verstorbenen Rasse, eine unerklärbare Energiewelle. Gemeinsam mit dem Meta-Genom könnte diese Welle der Schlüssel zu den vielen Geheimnissen der Taurus-Region darstellen.

Sternenbasis 47: Eine gigantische, autarke Deep-Space-Station der Föderation in der Taurus-Region. Sie ist der Brennpunkt jeglicher Aktivitäten der Gegend, Basis aller dort stationierten Sternenflottenschiffe und Raststätte für Kolonisten der Föderation. Außerdem ist sie der Deckmantel für die eigentliche, geheime Mission: die Untersuchung der Taurus-Region. Doch die politischen Beziehungen der Föderation mit dem Klingonischen Imperium und der Tholianischen Versammlung verschlechtern sich stetig, und Raumstation 47 könnte sich alsbald mitten in einem interstellaren Konflikt wiederfinden.

Commodore Diego Reyes: Kommandierender Offizier der Sternenbasis 47 und Leiter der Mission zur Aufdeckung der Geheimnisse der Taurus-Region. Als Mann strenger Prinzipien und Überzeugungen, fand sich der gegenüber der Föderation und der Sternenflotte sehr loyale Reyes plötzlich in einer Gewissenskrise wieder. Durch die geheime Natur seiner Mission und ihres Potenzials zur Destabilisierung der Beziehungen zwischen der Föderation und ihren Nachbarn sah er sich zu fragwürdigen und sogar illegalen Taten gezwungen. Politische Erwartungen und Umstände verlangten von ihm, die Wahrheit über die Zerstörung der der Sternenbasis 47 zugeteilten U.S.S. Bombay zu vertuschen. Und um die Shedai im Zaum zu halten, musste Reyes später sogar die gesamte Planetenoberfläche von Gamma Tauri IV in Schutt und Asche legen. Dies führte zum Tod von Tausenden von klingonischen und Föderationskolonisten. Letztlich gestattete Reyes dem Journalisten Tim Pennington die Veröffentlichung eines Tatsachenberichtes über die Bedrohung, welche die Shedai darstellen. Dafür wurde Reyes verhaftet und des Verstoßes gegen die Regeln der Sternenflotte angeklagt. Momentan erwartet er seine Verhandlung.

Lieutenant Commander T’Prynn: Geheimdienstoffizierin von Sternenbasis 47. T’Prynns Aufgabe ist es, Operation Vanguard geheim zu halten, und sie erfüllt diese Aufgabe mit unerschütterlicher und sogar gnadenloser Effizienz. T’Prynn leidet seit Jahrzehnten unbemerkt an einem schweren mentalen Trauma, dem Resultat einer gewaltsam herbeigeführten Gedankenverschmelzung, die ihr während einer nicht zu Ende geführten Hochzeitszeremonie auf ihrem Heimatplaneten Vulkan zugefügt wurde. Seit damals trägt sie das Bewusstsein ihres Verlobten Sten mit sich, den sie in rituellem Kampf tötete. Die Belastung durch den andauernden mentalen Wettstreit sowie das traumatische Erlebnis des Todes ihrer Partnerin Anna Sandesjo wurden irgendwann zu viel für T’Prynn. Sie fiel in ein tiefes Koma. Während die Ärzte der Station ihren Zustand zu ermitteln suchen und nach einer Heilung forschen, geht der Kampf in T’Prynns Geist ungehindert weiter.

Lieutenant Ming Xiong: Junger und idealistischer Wissenschaftler, der Sternenbasis 47 zugeteilt wurde. Xiong hat die beneidenswerte Aufgabe, die Wahrheit über das Taurus-Meta-Genom und die Shedai-Zivilisation herauszufinden, welche es erschaffen haben. Doch je mehr er über die wahre Macht der Shedai und deren Potenzial für die Föderation und deren Feinde erfährt, desto mehr wird sein wissenschaftlicher Eifer gebremst. Dennoch hofft er, dass eine Erforschung und letztliche Preisgabe der Mysterien der Taurus-Region neue Bande zwischen den interstellaren Mächten entstehen lässt.

Tim Pennington: Investigativer Journalist des Föderationsnachrichtendienstes, der über die Aktivitäten der Föderation in der Taurus-Region berichten soll. Penningtons Recherchen brachten ihn bei Lieutenant Commander T’Prynn in Misskredit. Sie vernichtete den beruflichen Leumund des Reporters, um die Wahrheit über das Schicksal der U.S.S. Bombay zu vertuschen. Von seinen Arbeitgebern und der Mehrheit der Bewohner der Raumstation geschasst, freundete sich Pennington alsbald mit dem zwielichtigen Händler Cervantes Quinn an. Gemeinsam stolperten beide in mehrere ungewöhnliche Abenteuer, bis das Schicksal den Reporter auf die Wahrheit über die Taurus-Region und die überlegenen Wesen stößt, die diese einst Heimat nannten. Mit diesen verblüffenden Entdeckungen bewaffnet, schreibt der Journalist einen Artikel, der die Mauern der Geheimniskrämerei, die Operation Vanguard umgeben, niederreißt und die Wahrheit über die Bedrohung offenlegt, der sich die Föderation gegenübersieht.

Botschafter Jetanien: Rigelianischer Chelone und diplomatischer Attaché der Föderation auf Sternenbasis 47. Weiser und erfahrener Staatsmann mit festem Glauben an die Prinzipien und Ideale der Föderation. Außerdem wird Jetanien davon angetrieben, seinem Leben und seiner Karriere eine nachhaltige Wirkung verschaffen zu müssen. Die Umstände zwingen den Botschafter zu diversen gewagten diplomatischen Gesprächen mit den Klingonen und Tholianern, doch während sich das politische Klima zwischen der Föderation und dem Klingonischen Imperium stetig verschlechtert, sind es nur noch Ego und Ehrgeiz, die Jetanien weiterhin auf einen Erfolg seiner Bemühungen hoffen lassen.

Die Shedai: Geheimnisvolle Architekten einer alten Macht, die sich einst über die Taurus-Region erstreckte. Zunächst hielt man sie für ausgestorben, da ein Bürgerkrieg die Shedai vernichtete. Doch lagen einige Überlebende der einstmals so starken Zivilisation Jahrtausende im Stasisschlaf und warteten auf eine Gelegenheit, erneut zu herrschen. Durch die Ankunft der Föderation und anderer Neugieriger in ihrem Teil des Alls wurden einige dieser Überlebenden geweckt. In ihren Augen sind die Eindringlinge eine Bedrohung und müssen ausgemerzt werden. Die Wanderin, eine einzelne Shedai, hat mit der systematischen Aufspürung und Zerstörung von Außenposten auf Welten begonnen, die einst unter Shedai-Herrschaft standen. Doch ein zweiter Shedai, der Widersacher, hat sich von dieser Strategie der Gewalt abgewandt und sein Volk verlassen. Zwar ist der Widersacher in der Lage, die übrigen Shedai zu schwächen, doch muss sich erst zeigen, ob diese nicht doch noch einmal zu alter Kraft zurückkehren werden. Die Wanderin hingegen ist als einzige Shedai dazu in der Lage, ohne die Hilfe der verblüffenden Technik ihres Volkes durch das All zu reisen. Sie setzt ihre Mission fort, die Taurus-Region von all jenen zu säubern, welche die Macht der Shedai auszunutzen trachten.

Historische Anmerkung

Die Hauptereignisse finden 2266 (Alter Erdkalender) statt, kurz nachdem das Raumschiff Enterprise der Fesarius begegnete, dem Schiff der Ersten Föderation („Pokerspiele“), und etwa drei Wochen nach dem Verschwinden des Jinoteur-Systems und der Veröffentlichung eines Artikels, welcher viele der sorgsam gehüteten Geheimnisse der Taurus-Region enthüllte (STAR TREK – VANGUARD: „Ernte den Sturm“).

Die Taurus-Region2267

Prolog

„Roter Alarm. Die Station steht unter Rotem Alarm. Alle auf die Gefechtsstationen. Dies ist keine Übung. Ich wiederhole: Dies ist keine Übung.“

Die leblose, weibliche Computerstimme dröhnte über die Alarmsirenen hinweg, die durch die Kommandozentrale der Sternenbasis 47 schallten. Jon Cooper trat aus seinem Büro, ein schneller Blick genügte ihm, um die Szene zu erfassen, die sich um ihn abspielte. Jede Station war besetzt, und ein Blick auf die Hauptdisplays der Zentrale sagte ihm, dass alle Verteidigungssysteme aktiviert waren und momentan mit voller Kapazität arbeiteten. Von Bereitschaftsübungen abgesehen, war dies erst das zweite Mal seit Inbetriebnahme der Station, dass alle ihre Deflektorschilde und Waffen aktiviert worden waren.

Cooper schritt über das Deck, und die Sirenen verstummten, auch wenn die tiefroten Alarmleuchten weiterhin blinkten. Zwei Stufen gleichzeitig nehmend, stieg er die Treppenstufen zum Aufsichtsdeck hoch und registrierte, dass der kommandierende Offizier noch nicht eingetroffen war. „Statusbericht.“

„Die Sensoren erfassen sechs klingonische Schlachtschiffe vom Typ D-7, die sich der Station nähern, Commander“, antwortete Lieutenant Haniff Jackson von seinem Platz an „der Nabe“, dem Konferenztisch der Plattform, in welchen acht Arbeitsstationen integriert waren. Sie alle waren mit den Hauptsystemen der Station verbunden und ermöglichten es, nahezu jeden Betriebsaspekt von Sternenbasis 47 zu kontrollieren. Unter den schweren, dunkelhäutigen Händen des Sicherheitschefs wirkte das Computerinterface nahezu winzig und fragil. Jackson beugte sich weit über die Konsole, sodass sein breiter Oberkörper den roten Stoff seiner Uniform arg dehnte. Cooper schätzte, dass sie reißen würde, sobald er auch nur die Muskeln anspannte. „Ihre Waffen sind scharf und die Deflektoren aktiviert. Unsere Schiffe haben einen Kreis um die Station gebildet und halten die Position.“

Cooper blickte zu Lieutenant Judy Dunbar, die an einer anderen Station der Nabe saß, und sagte: „Ich schätze, sie antworten nicht auf unsere Rufe.“

Die Kommunikationsoffizierin schüttelte den Kopf, sah zu Cooper auf und strich sich eine Locke ihres hellbraunen Haares aus dem Gesicht. „Nein, Commander.“

Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, das wusste Cooper. In den letzten Monaten hatten sich die politischen Beziehungen zu den Klingonen kontinuierlich verschlechtert. Viele Diplomaten der Föderation und Militärexperten der Sternenflotte gingen nun davon aus, dass die steigenden Spannungen zwischen der Föderation und ihren langjährigen Gegnern – und die bisher noch vereinzelten, aber immer häufiger werdenden Konfrontationen – bald in offener Feindseligkeit endeten. Es hatte Cooper nicht überrascht, als die Code-Eins-Meldung vom Flottenkommando eingetroffen war, welche alle Schiffe und Einrichtungen darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass sich die Föderation nun und in jeglicher Hinsicht im Krieg mit dem Klingonischen Imperium befand.

Selbst jetzt, ein paar Tage nach Erhalt dieser Meldung, stieg die Anzahl der Scharmützel noch, die sich Schiffe der Sternenflotte und der Klingonen entlang der gesamten Grenze lieferten. In einem der beunruhigenderen Berichte hatte Cooper gelesen, dass klingonische Kreuzer im Kalinora-Sektor ein Hospitalschiff der Sternenflotte attackiert und zerstört hatten – mit der Behauptung, es sei in Wahrheit zur Spionage eingesetzt worden. Außerdem wurde von Anschlägen auf andere Schiffe, Beobachtungsposten, unbemannte Subraum-Kommunikationsrelais und sogar eine Raumstation berichtet. Angesichts ihrer von oft befahrenen Patrouillenrouten der Föderation weit abgelegenen Position und ihrer Nähe zum klingonischen Raum, bot auch Sternenbasis 47 ein verlockendes Ziel; dafür musste man noch nicht einmal das gestiegene Interesse in Betracht ziehen, das das Reich der Taurus-Region entgegenbrachte.

„Sehen wir sie uns an“, sagte Cooper und blickte von der Nabe hinauf zu der Reihe großer, rechteckiger Bildschirme, welche die oberen Bereiche jeder Wand des Kommandozentrums bestimmten. Seinem Befehl entsprechend, gab Jackson einige Anweisungen in seine Station ein, und schon wechselten die Bilder auf mehreren Monitoren. Nun zeigten sie verschiedene Ansichten auf die sich nähernden feindlichen Schiffe.

„Sie treten aus der Formation und positionieren sich in gleichen Abständen um die Station“, meldete Jackson. „Momentaner Abstand liegt bei siebentausend Kilometern.“ Als wollte er seine Aussage unterstreichen, deutete der Sicherheitschef auf einen der Bildschirme, der aktuell eine schematische Darstellung der Station und ihrer Umgebung zeigte. Ein großer blauer Kreis symbolisierte in diesem Bild die Station, vier kleinere Kreise entsprachen den Schiffen der Sternenflotte, welche im Ernstfall die erste Verteidigungslinie darstellen würden, und sechs feuerrote Pfeile bewegten sich in einer Formation um sie herum – die klingonischen Schiffe.

Während Cooper den Ereignissen folgte, spürte er, wie sich seine Eingeweide verknoteten. Und diese Anspannung spiegelte sich in den Gesichtern der Besatzung des Kommandozentrums. Zwar mochten die blinkenden Formen in der schematischen Darstellung trotz klingonischer Überzahl den Eindruck eines Kräftegleichgewichts vermitteln, doch wusste Cooper es besser. Von den vier Schiffen, die der Station zur Verfügung standen, war die U.S.S. Endeavour das größte und stärkste. Sah man von ihr ab, standen die Dinge eher zugunsten der Klingonen. Die Endeavour und die Fregatte Akhiel, ein Schiff der Locknar-Klasse, sowie die Zerstörer Hannibal und Theseus von der Saladin-Klasse waren alles, was die Station im Falle eines bevorstehenden Angriffs an schiffbasierter Feuerkraft noch aufbringen konnte. Die Buenos Aires, ein Schiff der Miranda-Klasse, war unterwegs mit einem Auftrag, und die Sagittarius, das einzige noch verfügbare Schiff der Flotte, hatte den Befehl, in der relativ sicheren Umgebung des Hangardecks zu verbleiben. Der kleine Aufklärer hätte auch keine Chance gegen einen klingonischen Schlachtkreuzer: Er besaß nicht annähernd die Bewaffnung, um in einem vielleicht sogar grausamen Kampf auch nur eine Nebenrolle zu spielen.

„Die Endeavour ruft uns“, berichtete Dunbar und kniff die Augen zusammen, während sie dem lauschte, was sie über den kabellosen Feinberg-Transceiver in ihrem linken Ohr hörte. „Captain Khatami bittet um Anweisungen.“

Cooper atmete tief ein, um seine wachsende Sorge zu unterdrücken. Es war eine ganze Weile her, dass er in einer Schlacht gewesen war. Und in noch keiner Situation hatte er ein großes stationäres Ziel beschützen müssen. Die Verteidigungssysteme der Sternenbasis 47 und der sie umstehenden Schiffe mochten zwar genügen, auch die schlimmste Attacke der Klingonen abzuwehren, aber falls die Dinge übel wurden, hatte er keine Verstärkung.

Du bist aber auch ein ewiger Optimist, oder?

„Versuchen Sie ein letztes Mal, die Klingonen zu rufen“, befahl Cooper und nickte Dunbar zu. Dann hörte er, wie sich hinter ihm die Türen des Turbolifts öffneten. Als er sich umdrehte, sah er, wie der Kommandant der Station, Rear Admiral Heihachiro Nogura, die Zentrale betrat.

Der schlanke Asiat hielt inne. Ruhig und gefasst stand er auf der Hauptebene der Zentrale, inmitten der hektischen Betriebsamkeit, die um ihn herrschte. Cooper wusste, dass der Admiral eine Menge an Krisen gesehen und überstanden hatte, und es schien, als leite ihn diese Erfahrung jetzt, während seine Augen alle Informationen aufnahmen, die auf den verschiedenen Monitoren im Raum präsentiert wurden. Cooper beobachtete Nogura und spürte, wie sich seine eigene Anspannung ein wenig legte.

Die Atempause war nur kurz.

„Wir werden erfasst“, rief Jackson laut. „Alle sechs Kreuzer richten ihre Waffen auf die Station. Unsere Schiffe bewegen sich in Abfangposition.“

Das war es also. Der Krieg hatte Vanguard erreicht.

„Informieren Sie Khatami und die anderen“, befahl Nogura. „Sobald eines der feindlichen Schiffe das Feuer eröffnet, dürfen sie eingreifen.“ Der Admiral stieg zum Aufsichtsdeck hinauf und stellte sich Cooper gegenüber auf die andere Seite der Nabe. Cooper wusste, dass Nogura – dessen Gehör nahezu vulkanisch scharf war – seit Verlassen des Turboliftes vermutlich jedes in der Kommandozentrale gesprochene Wort gehört hatte. „Jackson, lassen Sie den Maschinenraum die Energie aller nichtessentiellen Systeme auf die Schilde umleiten.“ Nogura sprach mit stiller und doch spürbarer Autorität, ohne ein Anzeichen von Aufregung, Unsicherheit oder gar Sorge.

Cooper begab sich an einen freien Platz der Nabe und benutzte das dortige Interface, um einen Statusbericht aller Hauptsysteme der Station aufzurufen. Er spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte und wie seine Atemzüge in Erwartung dessen, was die nächsten Minuten bringen würden, schnell und flach wurden. Hitze durchströmte ihn, und Cooper hob die Hand und zog am Kragen seiner Uniform. Ihm war, als stiege die Temperatur im Kommandozentrum sekündlich an.

Dann zog ein Hitzeschwall über seine Finger. Der plötzliche, unerwartete Schmerz ließ Cooper zusammenzucken, und er zog die Hände von seiner Arbeitsstation weg. Gleichzeitig fiel ihm auf, dass auch sein Sitz immer wärmer wurde. Er stand auf, wie sich auch überall um ihn herum Besatzungsmitglieder erhoben oder von ihren Stationen zurücktraten. Schock lag auf ihren Gesichtern, während sie nach Rat suchend aufs obere Deck – und zu Admiral Nogura – sahen.

„Was geschieht hier?“, fragte Nogura. Auch er hatte sich von der Nabe entfernt und Cooper sah nun, dass die Luft über dem Tisch vor aufsteigender Hitze flirrte.

Jackson schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht, Admiral.“ Er beugte sich näher zu seinen Monitoren und studierte die Statusanzeigen. „Alle Waffensysteme der Station sind außer Betrieb. Gleiches gilt für die unserer Schiffe.“ Stirnrunzelnd fügte er hinzu: „Und die der Klingonen.“ Dann blickte er auf, sein Gesicht ein Bild der Ratlosigkeit. „Was zum Teufel ist hier los?“

Ein schwaches, schrilles Winseln, das durch die ganze Kommandozentrale schallte, erstickte jede Antwort, die Nogura oder irgendein anderer hätte geben können, im Keim. Cooper sah sich nach der Quelle des Geräusches um, fand aber nichts, das ihm außergewöhnlich vorkam. Aus dem Winselgeräusch wurde ein Heulen, mit jeder neuen Sekunde intensivierte sich seine Stärke. Schließlich konnten die Anwesenden nicht anders, als sich die Hände in einem vergeblichen Versuch, sich gegen den schrillen Angriff zu schützen, auf die Ohren zu pressen.

„Woher kommt das?“, rief Dunbar über den Lärm, die Augen fest geschlossen.

Cooper war sich schon sicher, dass sein Trommelfell platzte, als das Geräusch plötzlich verschwand. An seiner Statt erschien eine leuchtende Kugel oberhalb des Konferenztisches, die stetig heller und größer wurde. Cooper sah, wie sie sich wand und ausdehnte, bis sie die Konturen einer humanoiden Lebensform angenommen hatte. Binnen Sekunden zerschmolz sie und verfestigte sich, und aus dem Licht entstanden Gesichtszüge, Haare und Kleidung. Als das Gleißen verschwand, blieb etwas zurück, das wie ein männlicher Mensch von vielleicht siebzig Erdjahren aussah, mit tiefen Falten auf der Stirn sowie um Augen und Mund. Graue Strähnen durchzogen seine schwarzen Haare und den Bart, und er trug eine schlichte braune Kutte, an deren Kragen weiße Verzierungen angebracht waren, die sich bis zur Brustmitte hinzogen. Mit Augen, die voller Trauer zu sein schienen, blickte der Mann auf die Besatzung der Kommandozentrale.

Oder voller Resignation, dachte Cooper.

„Sieht aus wie eine Projektion“, sagte Jackson.

Nogura machte einen Schritt nach vorne, um die Erscheinung genauer betrachten zu können. „Aber von wo wird sie projiziert?“

Die Antwort darauf lieferte die Erscheinung selbst.

„Mein Name ist Ayelborne, vom Planeten Organia“, sagte die Gestalt und faltete die Hände vor der Brust. „In diesem Augenblick haben sich die militärischen Streitkräfte eurer Föderation und des Klingonischen Imperiums im Orbit meines Planeten und an anderen Orten des Weltalls einander genähert – bereit, wenn nicht sogar willens, einen Krieg anzuzetteln. Würdet ihr eure Feindseligkeiten allein auf euch beschränken, wären wir gewillt, euch zu gestatten, euch gegenseitig auszulöschen. Doch bedroht euer Konflikt die Leben Millionen Unschuldiger, und dies können wir nicht zulassen. All eure Apparate der Gewalt strahlen momentan eine Temperatur von 177 Grad Celsius ab. Sie sind unbenutzbar. Dieser Zustand herrscht in beiden Flotten gleichermaßen. Es wird keine Schlacht geben.“

„Soll das ein Scherz sein?“, fragte Jackson und wechselte einen ungläubigen Blick mit Cooper.

Ayelborne fuhr fort. „So, wie ich jetzt vor euch stehe, stehe ich auch auf dem Heimatplaneten eurer Föderation und dem des Klingonischen Imperiums. Sofern sich nicht beide Seiten auf eine sofortige Beendigung der Feindseligkeiten einigen, werden all eure bewaffneten Streitkräfte, wo immer sie auch sein mögen, umgehend aus dem Verkehr gezogen.“

Cooper spürte, wie seine Kinnlade herunterfiel, und begriff allmählich, wie gewaltig das, was er da hörte, war. Wer war dieser Ayelborne? Was war Organia für ein Planet, und was musste das für ein Volk sein, das ihn seine Heimat nannte und anderen den eigenen Willen mit solcher Macht und solchem Selbstvertrauen aufzuzwängen verstand? Waren diese rätselhaften Wesen Freunde, Feinde oder selbsternannte Aufpasser?

„Ihr müsst verstehen“, sagte Ayelborne, „dass wir die Einmischung in die Angelegenheiten anderer zutiefst verachten, doch lasst ihr uns keine Wahl. Wir werden euch bald wieder kontaktieren und euch unsere Aufgabe deutlich machen. Außerdem bieten wir euch dann Wege, auf denen wir euch bei der Suche nach einem Frieden zwischen euren Völkern unterstützen können.“ Erstmals seit dem Auftauchen der Erscheinung verhärteten sich Ayelbornes Gesichtszüge von einem nahezu väterlichen Ausdruck des Missfallens hin zu kalter Entschlossenheit. „Die Wahl des Weges obliegt ganz allein euch, wie auch die Konsequenzen eurer Entscheidung allein bei euch liegen werden.“

Weiter sagte er nichts, und einen Moment später verging seine menschliche Form in einer Kugel aus blendender Helligkeit. Abermals bedeckten die Offiziere in der Kommandozentrale ihre Ohren, als das schrille Wimmern erneut ertönte. Das Licht pulsierte, je heller es wurde, und Cooper wandte seine Augen ab, bis das Leuchten und der schmerzhafte Ton verschwanden, als hätte es sie nie gegeben. Niemand auf dem Aufsichtsdeck sagte ein Wort; alle standen stumm da und verarbeiteten die verblüffende Enthüllung, die ihnen soeben offenbart worden war.

Schließlich brach Nogura die Stille. „Nun“, sagte der Admiral und drehte sich zu Cooper, die Hände im Rücken gefaltet und mit jener reserviert wirkenden Körperhaltung, die ihn wie eine Decke zu umgeben schien. „Die Situation ist gerade ein wenig interessanter geworden.“

Ein Jahr zuvor

Kapitel 1

Alles war Stille in der Leere.

Trotz unermüdlicher Anstrengung hörte die Shedai-Wanderin nichts, wie schon seitdem sie auf dem leblosen Mond angekommen war, den sie nun Heimat nannte. Wie lange war sie jetzt dort und lauschte nach Liedern, die ihrer Logik zufolge niemals kommen mochten?

Die Verbindung, welche Teil dieses Mondes war, blieb inaktiv. Sie war tot – wie auch all die anderen in der einstmals von den Shedai regierten Region seit dem Moment tot waren, an dem die Erste Welt diese dimensionale Ebene verlassen hatte. Und die Serrataal mit ihr. Ohne die Energie und Führung, die von der Ersten Welt gekommen waren, konnte die Verbindung der Shedai-Wanderin nichts bieten. Die Technologie und die Ressourcen, die im Kern des Mondes selbst ruhten, waren unerreichbar, geschützt durch Mechanismen, die seit dem Verlust des Kontaktes zur Ersten Welt aktiv waren.

Die Wanderin hatte Glück gehabt, die große Strecke, welche zwischen diesem Mond und dem Herzen des Shedai-Reiches lag, noch zurückgelegt zu haben, bevor sämtliche Energie verschwand. Wäre dies geschehen, als sie noch im Transit war, hätte es sie vermutlich vernichtet – die Kräfte der Raumzeit wären in die schmale Lücke zurückgedrängt worden, welche die Erste Verbindung einige winzige Momente lang erzeugt hatte, und hätten sie zerschmettert. Und obwohl sie der Vernichtung durch den Shedai-Widersacher und die kollabierenden Verbindungen entgangen war, hatte es die Wanderin alle Kraft gekostet, einfach nur zu diesem einsamen Ort zu gelangen. Und nun war sie dort gefangen. Machtlos konnte sie nichts weiter tun, als nach Anzeichen ihres Volkes zu suchen und auf die Rückkehr ihrer Kraft zu warten.

Wo war sie überhaupt?

Sie blickte zu den Sternen und sah den nicht minder leblosen Planeten, um den der Mond kreiste. Es hatte sie einige Zeit gekostet, ihre Erinnerungen nach dem Wissen zu durchforsten, dass dieses Sternensystem zu jenen gehörte, die am weitesten von der Ersten Welt entfernt lagen, am äußersten Rand des großen Gebiets, welches die Shedai einst beherrscht hatten. Die Wanderin entsann sich beiläufig, dass die karge Welt einst Heimat einer aufstrebenden Zivilisation gewesen war. Aus Gründen, die ihr nicht mehr geläufig waren, hatte diese es aber vorgezogen, sich durch einen langwierigen Konflikt selbst auszulöschen. Generationenlange und unaufhörliche Kriege hatten das Volk und den Planeten, dem es entsprungen war, zerstört. Sollte diese Welt einmal von Wert gewesen sein, so war dieser mittlerweile verloren gegangen – ein Opfer der Gewalt zunächst, und dann der Zeit.

Warte …

Etwas berührte das Bewusstsein der Wanderin, zog sie aus ihren Gedanken, und es dauerte einen Augenblick, bis sie erkannte, dass die Verbindung nach ihr gerufen hatte. Nein, befand sie, das war nicht ganz richtig. Erneut wandte sie sich zu der antiken Konstruktion und vergewisserte sich ihrer Inaktivität. Keines der Energiesysteme war aktiv, wenngleich eine nähere Überprüfung ergab, dass die Verbindung tatsächlich eine Art schwachen, unregelmäßigen Energiepuls empfangen hatte. Waren die Serrataal schon zurückgekehrt? Das hielt sie für unwahrscheinlich.

Ein weiterer Ton machte seine Präsenz spürbar, nicht minder zaghaft als sein Vorgänger. Die Wanderin konzentrierte sich auf ihn, streckte ihren Geist aus, um ihn mit ihren Gedanken zu fassen. Doch er entzog sich ihr, verblasste im Nichts. Was immer sie auch spürte, es war viel zu schwach und zusammenhanglos, um von einem Serrataal zu stammen. Dies war etwas anderes.

Eine neue Absicht durchströmte sie, und sie richtete ihre Konzentration neu aus. Abermals streckte sie sich nach den Sternen, suchte die Quelle dieser flüchtigen, rätselhaften Berührung. Ihr Bewusstsein sträubte sich gegen die Leistung, die sie ihren noch immer geringen Kraftreserven abverlangte, doch dann vernahm sie eine weitere Andeutung eines Liedes, das von der Verbindung kam. Und ihr Instinkt sagte ihr, wer für diese erstaunlichen neuen Sinneswahrnehmungen verantwortlich war.

Telinaruul.

Ohne die Führung der Verbindung war die Wanderin nicht in der Lage zu ermessen, woher das schwache Signal stammte. Doch sie war sich sicher, dass es von einer der Welten kam, die nun mit Telinaruul verseucht waren – Wesen, die jenen, die einst den Shedai untergeordnet waren, nur noch wenig ähnelten. Sie und ihr Volk hatten einige Zeit im Schlaf verbracht, und währenddessen war ihr Reich von diesen minderen Wesen befallen worden. Zunächst hatte die Wanderin geglaubt, die Telinaruul mühelos für ihre Dreistigkeit strafen zu können, entweder durch eine Niederlage in der Schlacht oder die totale Vernichtung.

Doch sie hatte sie unterschätzt, und während einer Begegnung mit ihnen hatte dieser Fehler fast zu ihrem eigenen Ende geführt. Auf der kargen, eisbedeckten Welt, welche die Wesen mit ihrer Anwesenheit entehrt und auf der sie die dort errichtete Verbindung zu rauben gedacht hatten, hätten die Telinaruul die Wanderin beinahe vernichtet. Sie besaßen ein Wissen und eine Technologie, die denen, an die sie sich aus der Zeit vor dem Schlaf erinnerte, der die Shedai so lange gefangen gehalten hatte, kaum noch ähnelten. Ihre Fertigkeiten hatten zwar nicht ausgereicht, um die Kraft der Wanderin zu besiegen, doch hatte diese gelernt, dass der Intellekt der Telinaruul nicht unterschätzt werden durfte. Diesen Fehler durfte sie nie wieder begehen. Wenn sie ihnen abermals begegnete, würde sie es mit aller Macht tun, die sie aufbringen konnte und nichts dem Zufall überlassen. Sie schwor sich, dass die Telinaruul zerstört werden würden.

Doch damit es dazu kommen konnte, musste sie diesen leblosen Fels verlassen, der ihr Gefängnis geworden war.

Sie betrachtete ihre Lage und erkannte, dass ihre Kraft bei weitem noch nicht wiederhergestellt war. Die Flucht von der Ersten Welt hatte sie so stark geschwächt wie nichts zuvor. Selbst die Begegnungen mit den Telinaruul auf anderen Shedai-Welten, nach denen sie aus Gründen, die sie noch immer nicht verstand, entkräftet zurückgeblieben war, waren kein Vergleich hierzu. In der Zeit, die seit ihrer Ankunft auf diesem Mond vergangen war, hatte sie nur einen Bruchteil der Energie gesammelt, die nötig war, um wieder von ihm zu verschwinden. Ohne die Hilfe und Leitung der Verbindungen war es schwer, ihren Geist auf die Lieder auszurichten. Jeder Versuch, den Mond zu verlassen – und sei es auch nur bis zum nächstgelegenen Ziel – wäre ein Unterfangen von solcher Größe, dass sein physischer Schaden nur von der psychischen Belastung übertroffen werden würde, die er ihr bereiten würde. Das Risiko war sogar so groß, dass sie durch die Reise wahnsinnig werden konnte. Vorausgesetzt, sie überlebte sie überhaupt.

Doch natürlich war all dies nicht relevant. Ihre Loyalität zu den Serrataal verlangte, dass sie jede Chance ergriff, die sich ihr bot. Die Telinaruul mussten vertrieben werden – von allem, das Shedai war. War dies erreicht, konnten die Benannten zu ihrer einstigen Größe zurückkehren.

Schon der Gedanke allein, der in ihrem Geist brannte wie Feuer, verlieh der Wanderin Kraft. Bald würde sie bereit sein. Sie wusste es.

Kapitel 2

Briana Pham lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und fühlte die Vibrationen, welche die großen Antriebsmaschinen der Bacchus Plateau erzeugten, als das Schiff aus dem Warp- in den Impulsflug wechselte. Sie hallten von jeder Oberfläche der kleinen Brücke wider, ließen lockere Wandtafeln erbeben und ihren Kaffeebecher in der provisorischen Halterung erzittern, die sie sich in der rechten Armlehne ihres Stuhls eingebaut hatte. Pham kam es vor, als stieße das Schiff gerade einen tiefen Seufzer aus, am Ende einer langwierigen Anstrengung. Wie üblich konnte sie es sich nicht verkneifen, ihre Steuerkonsole wohlwollend zu tätscheln.

„Gut gemacht, Großer“, sagte sie in spöttischem Tonfall. Vor sich auf dem Monitor sah sie, wie die Strähnen aus vielfarbigem Licht zu fernen Punkten wurden, die vor dem undurchdringlichen schwarzen Vorhang des Alls hingen.

Ihr Copilot und Erster Offizier Joshua McTravis, der links von ihr saß, lächelte und schüttelte den Kopf. „Eines Tages wird es Sie dafür noch aus dem Stuhl werfen.“

„Mag sein“, sagte Pham und strich sich eine Locke ihres langen schwarzen Haares aus dem Gesicht, die über ihre Augen gefallen war. „Aber nicht heute.“ Sie hatte keinen Zweifel daran, dass das Schiff ihre Besatzung und ihre Fracht dorthin brachte, wo sie sein mussten, pünktlich und in einem Stück. Das Schiff stand schon seit vier Generationen im Dienst ihres Transport-Familienbetriebs und hatte mehr als nur bewiesen, aus welchem Schrot und Korn es war, nicht zuletzt dank der liebevollen Pflege der Mechaniker, von denen momentan zwei Teil ihrer Besatzung waren. Im Vergleich zu einigen der langen Fuhren, welche die Plateau in ihren Dienstjahren schon ertragen hatte, war ein dreimonatiger Warpflug von Rigel X ein sprichwörtlicher Spaziergang im Park.

„Der Warpantrieb ist abgeschaltet“, berichtete McTravis von seinem Stuhl aus und ließ seine Finger über die Konsole fliegen. „Wir sind bei 0,7 und fliegen durch den Orbit des vierten Planeten.“ Er deutete auf die drei Anzeigemonitore, welche die zwischen ihnen befindliche Konsole prägten. „Die Sensoren zeigen keine weitere Schiffsaktivität in diesem System an. Nur etwas, das wie zwei Transportschiffe aussieht. Im Orbit oberhalb der Kolonie.“

Pham nickte zufrieden. „Gut zu hören. Bringen Sie uns in den Standardorbit.“ Dann lehnte sie sich in ihrem Sitz zurück und erlaubte sich ein klein wenig Entspannung. Nach der ereignislosen Reise von Rigel wollte Pham nichts mehr, als dass die Plateau ihre aktuelle Vertragsverpflichtung ebenso ereignislos zu Ende brachte. Nach dem, was Pham über ihren momentanen Aufenthaltsort wusste, war die Kolonie auf Lerais II weniger als einen Monat alt, expandierte allerdings schon in einem größeren Tempo, als ähnliche in der Taurus-Region ansässige Siedlungen. Die Kolonie war noch in den Kinderschuhen, hatte sich aber des Aufruhrs entziehen können, welcher andere Planeten dieser Region des Alls in Atem hielt.

Dank der Subraumnachrichten, die sie während der Reise der Plateau erhielten, wussten Pham und ihre Mannschaft von der Zerstörung von Gamma Tauri IV durch ein Bombardement von Schiffen der Sternenflotte und der Klingonen. Der unfassbaren Story nach zu urteilen, die der Föderationsnachrichtendienst veröffentlicht hatte, war der Befehl zur Zerstörung des Planeten vom Kommandanten der großen Raumstation gekommen, die in der Region errichtet worden war, um vor etwas zu schützen, das als Bedrohung durch ein unbekanntes Volk bezeichnet wurde. Allen Angaben zufolge und laut der jüngsten Berichte des FNDs, war die Bedrohung größer gewesen, als jede andere in der Geschichte der irdischen Raumfahrt – größer noch als der Konflikt zwischen der Erde und den Romulanern vor mehr als einem Jahrhundert.

Und dennoch sind wir hier, dachte Pham, und fliegen mitten rein.

Zusammen mit der Kunde von verstärktem klingonischen Schiffsverkehr in der Region waren nach der Tragödie der Kolonie von Gamma Tauri IV auch andere beunruhigende Enthüllungen ans Licht gekommen. Sie hatten wenig dazu beigetragen, Phams Sorge über die Reise durch ein mögliches Epizentrum eines interstellaren Konflikts beizulegen. Zwar war die Lage schon von Beginn an nicht gerade ruhig gewesen – wie Pham und ihre Leute bei vorherigen Aufträgen zu Kolonien innerhalb der Taurus-Region am eigenen Leib erfahren hatten –, doch waren diese jüngsten Entwicklungen noch etwas anderes. Die vom FND übermittelten Nachrichten und die von anderen Transportschiffen aus der Region eingehenden Botschaften besagten alle das Gleiche: Die Klingonen waren unterwegs, sie breiteten sich aus und festigten ihren Zugriff.

Genau daran hatte Pham denken müssen, als sie mit ihrer Mannschaft die Möglichkeit besprochen hatte, ihren Vertrag zu brechen und den Kurs zu ändern. Diese Alternative war ihr eigentlich zuwider. Pham war zwar auf der Erde geboren worden, hatte aber kaum ein Drittel ihres Lebens in ihrem Heimatland Vietnam verbracht, bevor sie ihrem Vater ins All gefolgt war und schließlich seinen Posten als Leiter der Plateau geerbt hatte. Sauer verdiente Erfahrungen hatten ihr gezeigt, dass Ungewissheit und Gefahr gelegentlich Teil ihres Jobs waren – eines Jobs, den man auch in der Not nicht aufgab. Doch auch wenn sie selbst nicht gewillt war, die Verpflichtungen, die sie angenommen hatte, aufzugeben, wusste sie doch, dass sie ihre Reise nicht hätte fortsetzen können, ohne ihrer Mannschaft Gelegenheit zu geben, eigene Sorgen zu äußern.

Und jede einzelne Person an Bord hatte die Gelegenheit umzukehren sofort abgelehnt. Wie Pham selbst, hatten viele ihrer Schiffsgenossen ihr ganzes Leben in dieser Branche verbracht. Sie traten in die Fußstapfen der Generationen, welche der Föderation einst geholfen hatten, noch die kleinsten Teile der Galaxis zu erkunden. Für sie war die Lage klar: Ein Vertrag war ein Vertrag.

Was aber nicht heißt, dass wir uns dumm anstellen müssen, erinnerte Pham sich selbst. Bringen wir’s hinter uns, und dann nichts wie raus hier.

Als wolle die Plateau ihr zustimmen, leuchtete ein grünes Licht im Zentrum der Navigationsstation auf. Gleichzeitig erklang ein Piepsgeräusch, fest und wiederkehrend. McTravis beugte sich über seine Konsole, betätigte einen Schalter und das Piepen verstummte. Einen Augenblick studierte er die Anzeigen und Auswertungen vor sich, dann räusperte er sich.

„Wir treten in den Standardorbit ein.“ Abermals betätigte er einige Knöpfe. Daraufhin wechselte das Bild auf dem Hauptmonitor und zeigte nun eine üppige grüne Welt. „Da ist er: Lerais II. Verglichen mit einigen der Staubkugeln, die wir hier draußen gesehen haben, kein hässlicher Planet.“

Pham zuckte mit den Achseln. „Soweit ich gelesen habe, ist er einer der vielversprechendsten Kandidaten für groß angelegte Landwirtschaft.“ Sie blickte auf den Monitor und sah die Wolkenschichten, welche Teile der vier großen Kontinente und die Pole des Planeten verbargen. „Sofern die Experten Recht haben, steht dieser Planet in ein paar Jahren im Zentrum eines neuen Landwirtschaftsbooms.“

„Klingt fast, als wären Sie neidisch“, entgegnete McTravis neckend. „Denken Sie darüber nach, sich ein Grundstück zu gönnen?“

Pham rollte mit den Augen und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Diese oder eine ähnliche Unterhaltung kam auf der Brücke immer auf, wenn sie ihr Wissen über oder – Gott bewahre – sogar Interesse für einen der zahlreichen Planeten äußerte, die sie besuchten. McTravis und sie konnten sie mittlerweile auswendig führen, mit der Leidenschaft und der Energie zweier erfahrener Schauspieler.

„Eines Tages überrasche ich Sie noch“, sagte sie, dem erprobten Ende ihres verbalen Schlagabtausches gemäß. Sie wussten beide, dass ein Heim auf einem entlegenen Planeten für Leute ihres Schlages keine Alternative war, genau so wenig wie für den Großteil der restlichen Besatzung der Plateau. Pham nutzte zwar jede Gelegenheit, nach einer langen Reise die frische Luft und grenzenlose Freiheit eines Hafens zu genießen, doch wirklich zu Hause fühlte sie sich nur im All, genau wie ihr langjähriger Freund und Partner.

Ein anständiges, nicht rekonstruiertes Mahl und ein langes, heißes Bad nebst einer Flasche Wein sind aber trotzdem nicht zu unterschätzen und gern gesehen, erinnerte sie sich. Derartiges, und noch viel mehr, erwartete die Mannschaft auf dem Planeten unter ihnen, doch erst, wenn die Arbeit getan war. Zurück zum Job. Pham beugte sich in ihrem Sitz vor, aktivierte das Komm-System und öffnete eine Grußfrequenz.

„New Anchorage Control, hier ist der Frachter Bacchus Plateau. Wir schwenken in Ihren Orbit ein und sind bereit, Ihre Landeinstruktionen zu empfangen.“ Nachdem sie die Grußbotschaft formuliert hatte, berührte Pham ein Kontrollelement an der Wand über ihrem Kopf und übertrug dem Orbital-Aufseher der Kolonie die Identifikationscodes der Plateau sowie ihren Liefervertrag.

Nach einer kurzen Pause dröhnte eine tiefe, maskuline Stimme aus dem Interkom. „Bacchus Plateau, hier ist New Anchorage. Laut unseren Logbüchern seid ihr knapp eine Woche zu früh dran. Ich hoffe, eure Reise war ereignislos.“

„So kann man es auch nennen“, antwortete McTravis und störte sich nicht daran, dass sein Kommentar vom Komm-System aufgenommen und übertragen werden konnte. Er deutete auf eine Anzeige auf der zwischen ihm und Pham befindlichen Konsole. „Wir erhalten die Landeinformationen.“

„Bacchus Plateau“, fuhr die Stimme von New Anchorage fort, „der Orbitalleitstand hat Ihre Landemanöver freigegeben. Sie sind zur Landung an den ausgewiesenen Koordinaten autorisiert.“

„Verstanden, New Anchorage“, sagte Pham. „Wir bereiten die Landesequenz vor.“ Sie beendete die Verbindung, startete einen Sensorscan und verglich die übermittelten Koordinaten mit denen, die sie bei Annahme des Auftrags bekommen hatte. New Anchorage lag weniger als einhundert Kilometer von der nördlichen Küste des Kontinents entfernt, über den der Äquator verlief, in der östlichen Hemisphäre von Lerais II. Binnen Sekunden fand Pham das Ziel der Plateau bestätigt. Die Koordinaten gehörten zu einem Bereich, der später Hauptindustriesektor der Kolonie werden sollte – genauer gesagt, handelte es sich um ein großes Gelände, das als kommerzieller Transportknotenpunkt gedacht war. Momentan war die Anlage noch sehr rudimentär und bestand größtenteils aus der Ausrüstung, die die Siedler mitgebracht und den Gebäuden, die sie seit ihrer Ankunft errichtet hatten. Doch Pham wusste, dass der Planet Schiffen auf der Oberfläche und im Orbit schon in wenigen Jahren eine komplette Landevorrichtung und Wartungsdienste bieten konnte.

Bis dahin waren Schiffe wie die Bacchus Plateau auf sich gestellt. Die Bewohner von Lerais II vertrauten darauf, dass sie bei ihren Landungen nicht die Kolonie verwüsteten.

„Okay, Josh“, sagte Pham, beugte sich zu ihrer Konsole und gab Instruktionen, die Koordinaten auf die Steuerung zu übertragen und die automatischen Landeroutinen zu aktivieren. „Los geht’s.“

Ein rotes Warnlicht blinkte auf ihrer Station auf, begleitet von einem schrillen Alarmsignal, das durch die enge Brücke schallte.

McTravis deutete auf eine der Sensoranzeigen. „Sensoralarm. Ein weiteres Schiff kommt rein, und zwar schnell.“ Mit düsterem Blick kauerte er sich über die Konsole. „Es ist gerade aus dem Warp gefallen, noch dazu verflucht nah. Wer immer das ist, ist entweder selbstmordgefährdet oder ein Idiot.“

Was zum Teufel … Als Resultat dieses abrupten Ereignisses zog sich ihr Magen zusammen. Es gab viele Gründe, aus denen Schiffe in der Nähe von Planeten nicht im Warp flogen – zum Beispiel die Gefahr, sonst in besagten Planeten oder ein im Orbit befindliches Schiff zu krachen. „Sensoren“, befahl sie.

„Schon dabei“, sagte McTravis.

Abermals betätigte Pham die Komm-Konsolen. „New Anchorage“, rief sie, „hier ist die Bacchus Plateau. Ziemlicher Verkehr hier oben. Was ist los?“ Unbewusst gab sie mit ihrer rechten Hand den Befehl ein, die Landesequenz abzubrechen. Schon tippten ihre Finger das Kommando, ihr volle Kontrolle über die Steuerung zu geben.

„Plateau, hier ist …“

Statikgeräusche dröhnten aus den Lautsprechern und überlagerten die Stimme des Orbitaltechnikers von New Anchorage. Pham stöhnte, als der Lärm ihre Ohren angriff, und trennte die Verbindung. Einmal mehr zog eine nahezu gnädige Stille in die Brücke ein.

„Wir werden geblockt“, sagte McTravis durch zusammengebissene Zähne. „Wer immer das ist, will verhindern, dass wir weiterrede…“

Pham hörte, wie er scharf einatmete. Schnell wandte sie sich zu ihm um und sah den ungläubigen Ausdruck auf dem Gesicht ihres Freundes. Die Augen von seiner Konsole abwendend, drehte sich McTravis zu ihr um. Pham beobachtete, wie die Farbe aus seinem Gesicht wich und aus dem staunenden Ausdruck blankes Entsetzen wurde.

Als er weitersprach, war seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Es ist ein Schiff der Klingonen.“

An seiner Station in dem winzigen, schwach beleuchteten Raum, der zur Zeit den Orbitalleitstand von New Anchorage beherbergte, starrte Colin Rella entsetzt auf die Sensoranzeige vor sich, wo das Symbol, welches die Bacchus Plateau darstellte, plötzlich verschwand.

„Oh mein Gott.“

Ein zweites Symbol, es stand für das ohne Vorwarnung aufgetauchte neue Schiff, setzte seine Flugbahn fort. Rella sah, wie es sich in einen Standardorbit manövrierte. Er hatte beim Komm-Zentrum bereits einen Sensorscan angefordert und fluchte über das langsame Tempo, welches ihren zivilen Ausrüstungsgegenständen eigen war. Wäre er noch auf dem Wissenschaftsschiff der Sternenflotte, das fünf Jahre lang und bis zu seiner Kündigung zugunsten der Besiedelung von Lerais II seine Heimat gewesen war, hätte er längst bestätigt bekommen, was sein Bauchgefühl ohnehin schon wusste.

„Colin“, rief Gwen Casale durch die offene Tür, die die Komm-Bude von seinem Leitstand trennte. „Es ist ein klingonisches Schiff. D-7-Klasse, der Datenbank zufolge.“

Sicher ist es das! Diese Möglichkeit schwebte ihnen allen bereits vor Augen, seitdem der Föderationsnachrichtendienst von verstärkter Klingonenaktivität innerhalb der Taurus-Region berichtet hatte. Der Vorfall bei Gamma Tauri IV war allen noch frisch in Erinnerung, und viele der Siedler von Lerais II waren besorgt. Einige hatten angeregt, in den Föderationsraum zurückzukehren, und es hieß, die Passagierplätze sämtlicher Transportschiffe seien bereits ausgebucht. Nun wurde sogar der Platz in den Frachtern knapp. Selbst Rella hatte überlegt, einen solchen zu nutzen – doch jetzt schien es, als würde auch das keinen Unterschied mehr machen. Selbst ein einziges klingonisches Schiff reichte aus, um unbewaffnete Frachter zu zerstören, wenn diese wie Jagdvieh im Orbit hingen.

Rella machte sich keine Illusionen über das Schicksal, das jene erwartete, die noch auf dem Planeten waren. Er hatte Berichte gesehen, die beschrieben, was mit der Bevölkerung von durch Klingonen eroberten Welten geschah. Doch wagte das Imperium wirklich, aggressiv gegen eine Welt mit Föderationspräsenz vorzugehen?

Wir sind nicht Teil der Föderation, erinnerte er sich. Zumindest nicht direkt. Der Anführer der Kolonie hatte sich zwar nicht von der Föderation abgewandt, doch wurde der Großteil der Hilfe, welche Kolonisierungsagenturen und die Sternenflotte anboten, stets abgelehnt. Dennoch hatte ein Schiff von Sternenbasis 47 ein Team des Ingenieurkorps gebracht, um die Gründung der Kolonie und die ersten Bauarbeiten zu unterstützen. Als die Verwalter ihn baten, diese Arbeiten den Kolonisten zu überlassen, hatte der Captain jenes Schiffes dem Wunsch entsprochen, allerdings noch eine ganze Frachthangar-Ladung an Werkzeug und anderer Ausrüstung abgeliefert – zusammen mit dem Angebot, jederzeit zurückzukehren und zu helfen, wenn man darum bat.

Ich wünschte, das Schiff wäre jetzt hier, dachte Rella. Und ein Dutzend seiner größeren Brüder und Schwestern.

„Verständigen Sie das Büro des Verwalters“, sagte er und hörte ein Zittern in seiner Stimme. Allmählich begriff er die Bedeutung dessen, was gerade geschah. „Und verbinden Sie mich mit den anderen Frachtern.“ Er gab einige Befehle in seine Konsole ein und veränderte das Bild auf seinen Sensoranzeigen, damit er die anderen Schiffe im Orbit sah. Bisher schienen die Klingonen diese nicht verfolgen zu wollen.

Hinter ihm öffnete sich eine Tür und grelles Sonnenlicht flutete den dunklen Raum. Es fiel auf seine Konsole und raubte ihm die Sicht. Rella kniff die Augen zusammen, drehte sich in seinem Sitz um und hob die Hand. „Was im Namen aller …“

In der Tür stand die gedrungene, korpulente Silhouette Pehlinguls. Der Tellarit war einer der Techniker, die gerade an einem Upgrade der Sensorempfänger auf dem Dach des Gebäudes arbeiteten. Er gestikulierte wild.

„Im Orbit ist etwas geschehen!“, sagte er laut und zu jedem, der ihn hörte. Dann deutete er mit seinem plumpen Daumen über seine Schulter. „Das müssen Sie sich ansehen!“

Rella verließ als Erster seine Station und folgte dem aufgeregten Techniker durch die Tür und hinaus auf den Platz, der das Zentrum der Siedlung New Anchorage darstellte. Der Platz war auf allen vier Seiten von ungleichen Reihen vorgefertigter, einstöckiger Bauten gesäumt. Bald würden diese von dauerhaften Gebäuden verdrängt werden, die gerade etwa einen Kilometer weiter östlich zusammengebaut wurden. Dutzende von Kolonisten waren bereits im Freien. Sie kamen aus den Häusern und starrten in den Himmel. Sobald Pehlingul unter dem Vordach über der Tür herausgetreten war, deutete er nach oben.

„Da. Sehen Sie!“

Es war ein schöner, frühlingshafter Nachmittag, und hinter den gelegentlich auftretenden dünnen Wolken konnte Rella nur mit Mühe die schwachen Lichtblitze ausmachen, die von einem zentralen Punkt ausgehend über den blauen Himmel glitten. An den Spitzen der Blitze waren Feuerbälle, Überbleibsel der aus dem Orbit fallenden Bacchus Plateau.

Rella hörte den Schreck und den Unglauben in den Stimmen der ihn umstehenden Kolonisten. Die meisten von ihnen wussten noch nicht, was sich über ihnen abspielte.

„Was ist passiert?“, fragte jemand hinter ihm.

Ein anderer antwortete. „Eines der Frachtschiffe. Geht nicht anders. Vielleicht ist sein Warpkern explodiert.“

Rella sagte nichts. Die Wahrheit zog an seinen Eingeweiden, wie auch die Erwartung dessen, was nun folgen würde.

Er zuckte zusammen, als ihn eine Hand an der Schulter berührte. Als er sich umwandte, sah er Gwen Casale. Sie starrte ihn an, ihr Gesicht eine Maske aus Sorge und wachsendem Schrecken.

„Colin.“

Was immer sie noch sagen wollte, erstarb in ihrem Hals. Rella sah, wie sich ihr Gesichtsausdruck wandelte – und danach sah er die Säule aus rötlich schimmernder Energie, die auf dem Platz erschienen war. Binnen Sekunden verfestigte sie sich zu einer humanoiden Gestalt. Sobald der Körper des Neuankömmlings komplett war und der Transportereffekt verschwand, erklangen überraschte und erschrockene Schreie auf dem Gelände.

„Großer Gott“, hörte Rella Casale flüstern.

Seiner Schätzung nach war der Klingone fast zwei Meter groß. Es gab keinen Zweifel an der kriegerischen Ausrichtung seiner Montur: einer dunklen Toga unter einer silbernen Weste, welche, wie Rella wusste, aus einer Art leichtgewichtigem und dehnbarem Kettenhemd bestand. Eine dunkle, gemusterte Hose steckte in blank polierten Lederstiefeln, welche dem Klingonen bis zu den Oberschenkeln gingen. Er hatte breite Schultern und war muskulös, langes schwarzes Haar fiel über seine Schultern, und auf seinem Kopf befanden sich höckerhafte Erhebungen. Eine große Waffe, eine Disruptorpistole, hing rechts an seiner Hüfte, und seine linke Hand ruhte auf dem Knauf eines langen, ummantelten Schwertes.

Ohne nachzudenken, zog Rella Casale zu sich. Sie wehrte sich nicht und schlang ihre Arme um seine Taille.

„Erdlinge und zugehörige Schoßhündchen“, sagte der Klingone. Sein tiefer Bariton fiel als Echo von den Wänden aus Thermozement zurück. „Mein Name ist Komoraq, Kommandant des imperialen Schiffes M’ahtagh. Dieser Planet wurde schon vor einiger Zeit vom Klingonischen Imperium beansprucht. Demnach befindet ihr euch unrechtmäßig auf fremdem Gebiet.“ Er streckte die Hände aus und zuckte mit den Achseln. „Bedauerlicherweise machte euer Schiff vor seinem Landemanöver eure Anwesenheit in diesem System nicht deutlich. Die Sensoren meines Schiffes hatten zudem eine Fehlfunktion und erkannten euren Frachter als einen die Waffen aktivierenden Gegner, zweifellos ein unglückliches Versehen. Im Interesse des schwachen Friedens, welche unsere Regierungen und ihre politischen Marionetten so schätzen, biete ich euch eine Wahl: Verschwindet, oder werdet vernichtet.“

Die wachsende Menge reagierte mit ungläubigen und ablehnenden Rufen. Rella glaubte nicht, dass Komoraq durch diese Proteste eingeschüchtert oder auch nur beeindruckt werden konnte. Der Klingone zeigte nicht einmal Anzeichen davon, dass er sie überhaupt wahrnahm. Es war offensichtlich, dass er mit Widerstand gerechnet hatte, vielleicht sogar mit Aggression.

„Ihr heult wie Straßenköter, Erdlinge“, fuhr er fort. „Ich kann die Furcht riechen, die ihr zu verbergen sucht. Einige von euch denken vielleicht daran, eine Waffe zu ziehen und mich aus den Schatten heraus anzugreifen. Seid versichert, dass meine Mannschaft in diesem Fall nicht ruhen wird, bis jedes Leben auf diesem Planeten vernichtet und jede Spur eurer Kolonie von seinem Antlitz gewischt wurde.“

„Die Föderation wird das nicht hinnehmen!“, rief jemand aus der Menge.

„Das ist eine kriegerische Handlung!“

Komoraq schien diesen und anderen Kommentaren Gehör zu schenken. Er nickte sogar bestätigend und ließ die Tiraden eine Weile fortfahren, dann hob er die rechte Hand. Ohne dass er darum bitten musste, verstummten die versammelten Kolonisten umgehend.

„Es wäre weise, wenn ihr die Energie, die ihr in eure Wut und Furcht investiert, für das Packen eurer Habseligkeiten und den Aufbruch verwendet.“ Er verharrte und ließ ein Lächeln sehen, das unebene, zerklüftete Reihen gelber Zähne offenbarte, bevor er in einer dramatisch wirkenden Geste mit der Hand wedelte. „Sobald ich auf mein Schiff zurückgekehrt bin, bleibt euch ein Standardtag, um diese Welt zu verlassen. Wer danach noch auf der Planetenoberfläche ist, wird sterben. Die Entscheidung liegt bei euch. Wählt weise.“

Der Klingone zog ein kleines Gerät aus seinem Gürtel, das Rella für einen Kommunikator hielt. Ein hörbares Zirpen erfüllte die Luft, dann murmelte Komoraq etwas Unverständliches.

„M’ahtagh. HIjol!“

Einen Augenblick später umfing ihn ein feuerroter Transporterstrahl, und er verschwand. Einzig seine Stiefelabdrücke auf der weichen Erde des Platzes erinnerten noch daran, dass er inmitten der Kolonisten gestanden hatte. Die Siedler sahen sich an, Furcht und Sorge hüllten sie ein wie eine erstickende Decke. Ein gedämpftes Gemurmel erfüllte den Platz.

Rella hörte, wie Pehlingul hinter ihm sagte: „Das kann er nicht ernst meinen.“

„Erzählen Sie das der Besatzung des Frachters, den er eben abgeschossen hat“, schnappte Casale.

Es erstaunte Rella, wie ungehemmt dreist der klingonische Captain aufgetreten war. Die Sternenflotte würde von der Zerstörung der Bacchus Plateau erfahren – und von dem, was auch immer hier in den kommenden Tagen noch geschehen mochte. Würde sie zulassen, dass das Imperium die Kontrolle über den Planeten an sich riss? Rella wusste, dass die entscheidende Frage jedoch eine andere war: War Lerais II wichtig genug für die Föderation, um einen interstellaren Krieg zu beginnen?

Darauf würde ich nicht wetten.

„Und das war’s dann?“, drängte der Tellarit weiter. „Wir geben einfach auf und rennen, wie verängstigte Kinder?“

Rella hob den Kopf und blickte einmal mehr auf die Trümmerstücke am Himmel, die einzigen Überbleibsel des unglückseligen Frachters. Dann schüttelte er resignierend den Kopf. „Besser verängstigt als tot.“

Kapitel 3

Commander Jon Cooper saß hinter dem Tisch, der noch vor drei Wochen Commodore Diego Reyes gehört hatte, und blätterte sich durch den sechsundzwanzigsten der vierzig Anträge, die ihn von verschiedenen Besatzungsmitgliedern der Station erreicht hatten: Bitten um eine Versetzung, Beförderungsempfehlungen und Belobigungen, Anfragen zwecks verlängerten Urlaubs und anderes administratives Geschwafel. Diesen folgten Statusberichte, einer für jeden der fünfzehn Abteilungsleiter der Station, auf welche wiederum fünf Memoranden mit Geheimdienstinformationen folgten.

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