Star Trek - Voyager: Die ermordete Sonne - Christie Golden - E-Book

Star Trek - Voyager: Die ermordete Sonne E-Book

Christie Golden

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Beschreibung

Ist ein Wurmloch die Rettung der Voyager?

Die Sensoren der Voyager orten ein Wurmloch - die Chance, in den Alpha-Quadranten zurückzukehren. Als die Crew beim Wurmloch ankommt, wid sie Zeuge eines Kolonialkrieges: Die Akerianer, technisch der Sternenflotte mindestens ebenbürtig, versklaven die Verunier und zerstören deren Heimatplaneten. Captain Janeway versucht, die Feindseligkeiten zu stoppen. Die Akerianer halten wenig von friedensstiftenden Maßnahmen - und zeigen das auch sehr deutlich: Sie setzen eine Waffe ein, die die Schilde der Voyager auffrisst.

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Die Sensoren der Voyager orten eine Subraum-Anomalie. Viele Indikatoren deuten auf ein Wurmloch hin – Grund genug für Captain Kathryn Janeway, das Phänomen genauer zu untersuchen. Ein Wurmloch würde der Crew die Chance bieten, in den Alpha-Quadranten und zur Föderation zurückzukehren.

Als die Voyager sich dem Phänomen nähert, wird sie Zeuge eines Kolonialkrieges. Die kriegerischen, dem Star Fleet-Raumschiff technisch nahezu ebenbürtigen Akerianer versklaven das Volk der Verunier und zerstören deren Heimatplaneten. Captain Janeway versucht, die Feindseligkeiten zu stoppen.

Die Akerianer allerdings halten wenig von friedensstiftenden Maßnahmen. Und sie machen das auch recht deutlich: indem sie eine Waffe einsetzen, die die Schilde der Voyager

CHRISTIE GOLDEN

DIE ERMORDETE SONNE

Star Trek™

Voyager

Dieses Buch,

mein erster Flug zwischen den Sternen,

widme ich meinem Freund und Kollegen

ROGER MACBRIDE ALLEN.

In der Zeit, die wir uns kennen, hat er mich

oft zum Lachen gebracht und auch nachdenklich gestimmt.

Außerdem gab er mir den Mut zum Fliegen.

Kapitel 1

An Bord des Raumschiffs Voyager herrschte nie völlige Stille. Dafür geschah immer zuviel: die Aktivitäten der Besatzungsmitglieder, sowohl während des Dienstes als auch in ihrer freien Zeit; das leise, ständige Summen von Geräten und Aggregaten, die zuverlässig funktionierten. Janeway war mit diesen Geräuschen vertraut. Immerhin hatte sie viele Jahre lang an Bord von Raumschiffen gearbeitet, Zeit genug, um sich den Rang des Captains und das Kommando über dieses Schiff zu verdienen.

Sie drehte sich unter der dunkelblauen Bettdecke auf die andere Seite und versuchte, das subtile Brummen in den Hintergrund ihrer Aufmerksamkeit zu drängen, sich davon gewissermaßen hypnotisieren zu lassen, um endlich zu schlafen. Doch es wollte ihr nicht gelingen. Sie presste das Gesicht ins Kissen und trachtete danach, sich auch geistig zu entspannen.

Das Chronometer zeigte 02:32 an, doch ihr Bewusstsein wollte einfach nicht zur Ruhe kommen. Immer wieder suchte es nach Dingen, die es ergreifen und an denen es knabbern konnte. Janeway lächelte unwillkürlich bei dieser Vorstellung, fühlte sich dadurch an Molly Malone erinnert. Es war immer wieder geschehen, dass sich der Hund einen von Marks Schuhen schnappte und ihn für ein geeignetes Spielzeug hielt.

Das Lächeln verblasste. Ich vermisse dich, Mark. Jeden Abend, bevor sie zu Bett ging, nahm sie sich vor, auf keinen Fall das von Mark stammende rosarote Satinnachthemd hervorzuholen. Es erinnerte sie viel zu sehr an das, was ihr und der Crew genommen worden war. Sie wollte an ihrer Entschlossenheit festhalten, doch irgend etwas zwang sie, den eigenen Befehl zu missachten und der Melancholie nachzugeben. Dann streifte sie das Nachthemd über, setzte sich vor den Spiegel, kämmte sich das Haar und betrachtete ein Bild, das den lächelnden Mark und einen Irish Setter zeigte, dem die Zunge aus dem Maul hing.

Tagsüber befasste sich Janeway mit Dutzenden von mehr oder weniger wichtigen Dingen, und deshalb ertappte sie sich kaum dabei, dass sie an die Heimat dachte. Es gab genug zu tun, genug Dinge, um die sie sich kümmern musste, die ihr Sorgen bereiteten – immerhin war dies eine der seltsamsten Missionen, die je ein Starfleet-Schiff durchs All geführt hatten. Doch abends und des Nachts … Wenn sie allein unter der Decke lag, in einem zu großen Bett, krochen Sorgen, Wünsche und Sehnsüchte heran, hielten den dringend benötigten Schlaf von ihr fern.

Janeway schnitt eine Grimasse. Eine absurde Situation, dachte sie. Wenn du nicht schlafen kannst, solltest du aufstehen und irgend etwas unternehmen.

Sie setzte sich auf, griff nach einer Bürste und begann damit, Ordnung in ihr rotbraunes Haar zu bringen.

»Computer«, sagte sie, »wie ist der Status von Holodeck eins?«

»Holodeck eins wird derzeit nicht benutzt«, erwiderte die weiblich klingende Sprachprozessorstimme des Computers.

»Reserviere es für mich.« Janeway schwang die Beine aus dem Bett. Normalerweise hätte sie das Gespräch mit dem Computer fortgesetzt und ihn angewiesen, ein spezielles Kostüm für sie zu replizieren. Doch in den Monaten, seit die Voyager vom Beschützer in diesen Quadranten versetzt worden war, hatte Janeway es sich angewöhnt, jene besonderen Kleidungsstücke aufzubewahren – um den Replikator nicht unnötig zu belasten. Entsprechende Anweisungen hatte sie praktisch sofort erteilt. Glücklicherweise musste die Energie fürs Holodeck nicht rationiert werden. Sie gönnte den hart arbeitenden Besatzungsmitgliedern angemessene Kleidung für ihre Streifzüge durch holographische Welten, aber unter den gegenwärtigen Umständen blieb ihnen keine andere Wahl, als bereits vorhandene Kostüme zu verwenden.

Dadurch wird der Platz in den Kleiderschränken ziemlich knapp, dachte Janeway amüsiert, als sie den Blick auf ihre eigene Kostümsammlung richtete.

Ein prächtiges Gewand aus der englischen Régence. Ein Musselinkleid aus der Pionierzeit des amerikanischen Westens. Die knappe, provozierende Tracht einer marillianischen Schmuckverkäuferin. Die würdevolle Kleidung einer britischen Gouvernante.

Janeway schüttelte den Kopf. Nichts davon passte zu ihrer gegenwärtigen Stimmung.

»Ich möchte gegen etwas kämpfen«, verkündete sie.

Die Kommandantin hatte gerade ein geeignetes Kostüm gefunden – solche Sachen hatten orionische Piraten im zweiundzwanzigsten Jahrhundert getragen –, als Tuvoks Stimme aus dem Interkom-Lautsprecher drang.

»Tuvok an Janeway.«

Sie legte das Kostüm in den Schrank zurück. »Hier Janeway.« Ihre Stimme klang energisch. Die vage Niedergeschlagenheit fiel jäh von ihr ab, als ihr Denken und Empfinden zur Pflicht zurückkehrten. »Ich höre, Mr. Tuvok.«

»Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie während Ihrer dienstfreien Zeit störe, Captain, aber wir empfangen Signale, die … recht interessant sind. Vielleicht sollten Sie zur Brücke kommen, um selbst einen Eindruck zu gewinnen.«

Janeway hatte bereits eine Uniform genommen und legte sie nun aufs Bett. Anschließend hob sie ganz automatisch die Hände zum langen, dichten Haar und steckte es zusammen. In ihrem Gesicht zeigte sich nun kein Selbstmitleid mehr. Aufregung funkelte in den Augen, während sie versuchte, nicht zu sehr zu hoffen.

Sie kannte den Vulkanier Tuvok lange genug, um imstande zu sein, die subtilen Veränderungen in seinem Tonfall zu deuten. Er konnte auf mindestens zehn verschiedene Arten interessant sagen. In diesem Fall deutete seine besondere Ausdrucksweise darauf hin, dass im Kontrollraum der Voyager eine angenehme Überraschung auf Janeway wartete.

Sie versuchte, ihrer Stimme einen ganz normalen Klang zu verleihen, als sie erwiderte: »Ich bin unterwegs.«

Erheiterung glühte in bernsteinfarbenen Augen. Ein grauer Schwanz zuckte kurz, und es roch nach Moschus. Hinzu kam das leise Geräusch von Pfoten im Gras.

Sie kam erneut zu ihm, an diesem Abend. Chakotays Augen bewegten sich unter den geschlossenen Lidern, als er in der Traumwelt aufstand, um ihrem stummen Ruf zu folgen.

Er ließ den Körper auf dem Bett zurück, ermöglichte es dem Leib, auch weiterhin zu ruhen. Wenn sie kam, schien sie seinem physischen Selbst immer erholsamen Schlaf zu schenken.

Chakotay erhob sich, fühlte einen sonnengebräunten muskulösen Körper, der nur den Lendenschurz seiner Vorfahren trug. Voller Respekt und Liebe lächelte er auf den Tiergeist hinab, der ihn erwartete. Es war dunkel in der Traumwelt – nur eine dünne Mondsichel leuchtete über einem dichten Wald –, doch Chakotay kannte diesen Ort gut. Stille Meditationen hatten ihn schon oft hierhergeführt, nicht nur während der Nacht, sondern auch tagsüber. Dieses spezielle Rendezvous fand an einem lauen Sommerabend statt. Chakotay schloss die Augen, atmete tief den Duft von Geißblatt und kühlem Moos ein, nahm auch die Gerüche von vielen unsichtbaren Geschöpfen wahr, die den Traumkosmos mit ihm teilten.

Diese Welt war real, auch wenn sie nur in seinem Geist existierte. Janeway hatte in diesem Zusammenhang nie einen Kommentar abgegeben, aber Chakotay vermutete, dass sie das Konzept der animalischen Schutzgeister und Seelenfreunde nicht ganz verstand. Wer nicht zu Chakotays indianischem Volk gehörte, konnte kaum nachvollziehen, dass Tiergeister zur Wirklichkeit gehörten, obwohl sie individuellen Bewusstseinskernen entstammten. Vermutlich begriff nur Tuvok, dass zwischen diesen beiden Aspekten kein direkter Gegensatz existierte – seit Jahrhunderten erforschten Vulkanier die Geheimnisse des Geistes. Doch Tuvok würde niemals die enorme Freude zugeben, die in einem prickelte, wenn man den Besuch seines derartigen Seelenfreunds empfing.

Verbindungen. Darum ging es in erster Linie. Um Verbindungen mit dem eigenen Selbst, mit seinem Totem, mit dem Volk, mit Freunden, der Welt … dem Universum.

Doch als Chakotay nun fühlte, wie ihm kühler Nachtwind über die Wangen strich, als er feuchtes Gras unter den Füßen spürte und die gelb glühenden Augen der Seelenfreundin sah … Da verdrängte er alle Gedanken an Verbindungen und Konzepte.

Er wollte nur laufen. Und deshalb setzte er sich in Bewegung. Chakotays nackte Füße flogen über Gras, Blätter und Steine, ohne dass sich Besorgnis in ihm regte: Er wusste, dass er sich nicht verletzen konnte. Der Schutzgeist, stumm wie ein Schatten, wurde langsamer, passte seine Geschwindigkeit der des Menschen an. Seite an Seite liefen sie, begleitet von Sternen, die nur am Nachthimmel der Traumwelt glitzerten. Schweiß und Tau glänzten auf Chakotays Haut. Er atmete schneller, aber die Beine pumpten auch weiterhin. Seine Begleiterin lachte leise, hechelte und lief mit ihm, bis sie schließlich eine Wiese erreichten. Dort verharrte Chakotay, schnappte nach Luft und ließ sich ins herrlich kühle Gras sinken.

Er rollte sich auf den Rücken, und sie sprang zu ihm, rollte verspielt hin und her. Chakotay lachte und streckte die Hände nach ihr aus. Im perlmuttenen Schein des Mondes schien ihr Fell von innen heraus zu leuchten, als sie sich in seine Umarmung schmiegte und den Kopf auf Chakotays Brust legte.

Er merkte, dass sie sich nicht völlig entspannte, und nach einigen Sekunden dachte er eine Frage: Was ist los mit dir?

Mit mir ist alles in Ordnung, lautete die Antwort. Allerdings wird es nicht immer Zeit für Heiterkeit und Freude geben, Spielkamerad und Freund.

Wie meinst du das? Chakotay setzte sich auf und kraulte seine Seelenfreundin hinter den Ohren.

Sie richtete einen weisen Blick auf ihn. Du bist ein Lehrer. Und gleichzeitig bist du ein Schüler. Du lehrst die Kultur deines Volkes, und das ist nicht schwer. Weitaus schwieriger dürfte es sein, die Kultur eines dir unbekannten Volkes zu lehren.

Chakotay schüttelte verwirrt den Kopf. Wie soll ich etwas lehren, über das ich nicht Bescheid weiß?

Die Seelenfreundin kniff ihre bernsteinfarbenen Augen zusammen, und Chakotay wusste: Sie lachte. Das ist eine Herausforderung, nicht wahr?

Er öffnete den Mund, um zu antworten, als ein jähes Pfeifen erklang. Es ertönte nicht im Innern seines Kopfes, sondern drang an die Ohren des realen Körpers.

Die Traumwelt verschwand, löste sich auf wie die Sandbilder der Navajo am Ende des traditionellen Gesangs. Chakotay öffnete die Augen und war hellwach.

»An alle Senioroffiziere«, tönte es aus dem Interkom-Lautsprecher. »Bitte kommen Sie sofort zur Brücke.«

Janeways Stimme. Angespannt. Hoffnungsvoll? Antwort auf diese Frage bekam er erst, wenn er den Kontrollraum erreichte. Der Traum und die geheimnisvollen Worte des Schutzgeistes mussten zunächst warten.

Als sich alle Senioroffiziere im nach wie vor nur matt erhellten Kontrollraum eingefunden hatten, erlebte Janeway ein ungutes Déjà-vu-Gefühl.

Die Monitore von Tuvoks Konsole zeigten eine Subraumanomalie, die sich natürlich nur in den Subraumfrequenzen bemerkbar machte. Es gab alle typischen Anzeichen für ein Wurmloch: Verteron-Ausstoß und Tanali-Sekundärpartikel. So etwas hatte der junge und hoffnungsvolle Fähnrich Harry Kim schon einmal geortet – und jener Zwischenfall hatte mit einer bitteren Enttäuschung geendet.

Janeway begegnete Tuvoks Blick, sah Vorsicht und Zurückhaltung in seinen dunklen Augen. Das bot ihr Hinweis genug. Zu Beginn ihrer Odyssee durch einen unbekannten Teil der Milchstraße hatte sie jede Gelegenheit genutzt, um der Crew Hoffnung zu machen. Das hielt sie inzwischen für einen Fehler. Zu große Hoffnungen führten oft zu Enttäuschungen, und das schadete der Moral.

»Volle Beleuchtung«, wies Janeway den Computer an. Sofort wurde es heller auf der Brücke. An Bord eines Raumschiffs gab es natürlich keine echte Nacht. Der Unterschied zwischen Tag und Nacht war rein künstlicher Natur und diente vor allem dazu, den Bedürfnissen des menschlichen Zeitempfindens gerecht zu werden. Die derzeit im Kontrollraum arbeitenden Besatzungsmitglieder gehörten zur dritten Schicht, und ›Tageslicht‹ erhöhte sicher ihre Aufmerksamkeit.

Chakotay und Paris betraten die Brücke gemeinsam – ein Umstand, den Janeway nicht ohne eine gewisse Genugtuung zur Kenntnis nahm. Der große Indianer und der schlanke, freche Navigator kamen seit einiger Zeit recht gut miteinander aus, so wie es bei zwei Senioroffizieren der Fall sein sollte.

Neugier brannte in blauen und braunen Augen, als die beiden Männer zur Kommandantin sahen. Janeway winkte sie näher und deutete dann auf die Projektionsfelder der wissenschaftlichen Station. Sie beobachtete, wie Chakotay und Paris einen wortlosen Blick wechselten; vermutlich gingen ihnen die gleichen Gedanken durch den Kopf wie zuvor auch ihr.

Harry Kim hatte bereits eine Datenverbindung hergestellt, saß an seiner eigenen Station und wertete Informationen aus. Er gab sich alle Mühe, ruhig und unbeteiligt zu wirken. In seinen Zügen war aber auch tatsächlich die Erinnerung an frühere Enttäuschungen erkennbar.

Die Sensoren zeigten ein Sonnensystem, in dem nicht nur die Anomalie existierte, sondern auch mehrere Planeten. Doch die waren für Janeway von zweitrangiger Bedeutung.

»Wie Sie sehen, deutet alles auf ein Wurmloch hin, meine Herren«, sagte sie. »Aber das hier beunruhigt mich«, fügte sie hinzu und zeigte auf ein Diagramm.

Es handelte sich um das grafisch aufbereitete Ergebnis einer vom Computer durchgeführten Analyse. Danach gab es in dem Sonnensystem vor der Voyager starke Gamma- und Röntgenstrahlenaktivität; hinzu kam eine beträchtliche Menge von degenerierter Materie.

Chakotays Gesicht konnte ebenso ausdruckslos sein wie das des Vulkaniers Tuvok, aber diesmal sah Janeway, wie ein Schatten der Sorge auf die Miene des Indianers fiel.

Tom Paris versuchte, intelligent auszusehen und Verwunderung aus seinen Zügen fernzuhalten. Trotzdem gab es einige Hinweise, die Janeway zu dem Schluss gelangen ließen: Der Navigator verstand nicht alle Situationsaspekte. Nun, er leistete Erstaunliches, wenn es darum ging, ein Raumschiff zu steuern. Aber vielleicht hatte er das wissenschaftliche Studium während seiner Ausbildung an der Starfleet-Akademie vernachlässigt.

»Normalerweise gehen solche Strahlungsmuster nicht von einem Wurmloch los, sondern von einem schwarzen Loch«, erklärte Janeway.

»Die Unterschiede zwischen den energetischen Strukturen der beiden genannten Phänomene sind nicht sehr groß«, stellte Tuvok fest. »Über viele Jahrzehnte hinweg glaubte man, dass ein Wurmloch nicht außerhalb eines schwarzen Lochs existieren kann.«

Paris schnaubte leise. »Mit einem Wurmloch im Innern eines schwarzen Lochs lässt sich nichts anfangen. Es könnte uns vielleicht zum Alpha-Quadranten zurückbringen, aber nur in ziemlich zusammengequetschter Form.«

Janeway trat zum Kommandosessel, setzte sich und schlug die Beine übereinander. »Lieutenant Paris hat recht mit seinem Einwand. Wir sind Singularitäten bereits näher gewesen, als uns lieb war. Mr. Kim, wie weit kämen wir von unserem gegenwärtigen Kurs ab, wenn wir beschlössen, uns der Anomalie zu nähern?«

Kim sah auf die Anzeigen. »Nicht sehr weit, Captain. Wir fliegen fast geradewegs darauf zu.«

Janeway traf eine Entscheidung. »In dem Fall sehen wir uns die Sache aus der Nähe an. Mr. Paris, nehmen Sie alle notwendigen Kurskorrekturen vor.«

Paris saß bereits, und seine Finger huschten mit geübtem Geschick über die Navigationskontrollen. »Kurs korrigiert, Captain.«

Janeway unterdrückte ein Gähnen. »Wir sollten nichts überstürzen. Warp zwei. Mr. Kim, behalten Sie die Indikatoren im Auge. Ich möchte die Anomalie aus sicherer Entfernung sehen.«

»Ja, Ma'am … Captain«, verbesserte sich Kim rasch.

Janeway brauchte keinen Blick in Richtung des Einsatzoffiziers zu werfen, um zu wissen, dass er errötete. Er wusste genau, dass sie es nicht mochte, ›Ma'am‹ genannt zu werden.

Sie lehnte sich zurück und wartete. Nach einer Weile musste sie sich erneut bemühen, nicht zu gähnen. Die erste Aufregung war verschwunden, und nun spürte sie das Resultat einer langen schlaflosen Nacht. Sie spielte mit dem Gedanken, Chakotay das Kommando zu übergeben und den Bereitschaftsraum aufzusuchen, um dort eine Tasse Kaffee zu trinken, als Kims Stimme ertönte.

»Captain, die Sensoren erfassen … Wrackteile.«

»Auf Impulsgeschwindigkeit gehen. Visuelle Anzeige.«

Der Hauptschirm zeigte zunächst nichts anderes als schwarzes All und glühende Sterne.

»Vergrößerung.«

Jetzt gerieten sie in Sicht: die geborstenen Reste von Raumschiffen. Janeway beugte sich vor.

»Das gefällt mir nicht. Nein, ganz und gar nicht.« Sie klopfte auf ihren Insignienkommunikator. »Janeway an Neelix.« Sie wartete einige Sekunden lang, bekam jedoch keine Antwort. »Bitte melden Sie sich, Neelix.«

»Captain …« Normalerweise klang der Talaxianer immer recht munter, aber diesmal sprach er eher undeutlich – Janeway hatte ihn offenbar gerade aus dem Schlaf gerissen. »Haben Sie eine Ahnung, wie spät es ist?«

Die Kommandantin hörte, wie Tom Paris leise lachte. Sie sah sich außerstande, seine Erheiterung zu teilen. »Es wird Zeit für Sie, zur Brücke zu kommen und einige Fragen zu beantworten«, entgegnete sie und hörte, wie Ärger in ihren Worten vibrierte.

Im Hintergrund vernahm Janeway leises Murmeln – Kes, die Neelix aufforderte, sich zu beeilen.

»Na schön«, brummte der Talaxianer. »Ich bin gleich bei Ihnen.«

Janeway erhob sich, stützte die Hände an den Hüften ab und schob das Kinn vor, nahm damit eine trotzige, herausfordernde Haltung ein. Sie trat dem Hauptschirm entgegen, beobachtete nach wie vor die Wracks und Trümmer von Raumschiffen, deren Piloten und Besatzungsmitglieder längst nicht mehr lebten. In der kalten Stille des Alls schwebten sie an der Voyager vorbei. Manche kamen dem Starfleet-Schiff so nahe, dass die Schilde reagierten und sie mit sanftem Nachdruck fortstießen.

»Analyse, Mr. Tuvok«, sagte Janeway, ohne den Blick vom großen Projektionsfeld abzuwenden.

»Einige Trümmer befinden sich seit ziemlich langer Zeit dort draußen«, erwiderte der Vulkanier. Sein rationales, von emotionalem Ballast befreites Bewusstsein analysierte fast so schnell wie der Computer. »Je mehr wir uns der Anomalie nähern, desto jünger werden jene Reste. Die Flugbahnen lassen den Schluss zu, dass diese Schiffe in Sektion 4039 vernichtet wurden.«

»Und genau dorthin sind wir unterwegs«, sagte Chakotay leise.

»Ja.« Tuvok wirkte so gelassen, als hätte er gerade eine längere Meditation hinter sich.

Janeway beneidete ihn um seine Fassung. Sie atmete tief durch. »Was ist mit dem technischen Niveau der fremden Schiffe? Und wodurch könnten sie zerstört worden sein?«

»Wenn Sie wissen möchten, ob die Voyager den Vorteil der technologischen Überlegenheit hat, so lautet die Antwort: ja. Derzeit bin ich leider nicht in der Lage, Aussagen über Ursachen und Methode der Vernichtung zu treffen. Uns fehlen konkrete Daten.«

»Wir empfangen Kom-Signale, Captain«, meldete Kim. »Sie stammen von einem Objekt, das etwa zwanzigtausend Kilometer von uns entfernt ist.«

»Auf den Schirm.«

Wenige Sekunden später zeigte das zentrale Projektionsfeld eine rautenförmige Bake, die aus nicht glänzendem grauen Material bestand.

»Meine Güte, wo steckt Neelix, wenn man ihn braucht? Ah, da ist er ja!«

Der Talaxianer sah so aus, als sei er gerade erst aufgewacht. Das lange, vor allem aus dem Hinterkopf wachsende Haar, war zerzaust, der Backenbart – Neelix' großer Stolz – nicht gekämmt. Wenigstens trug er angemessene Kleidung.

Neelix blinzelte schläfrig.

»Ja, ja«, grummelte er und wankte zur Kommandantin. »Hier bin ich, stets zu Diensten … Ach du liebe Zeit!«

Er erstarrte förmlich, als er sah, was der Hauptschirm zeigte. Aus einem Reflex heraus riss er die gelben Augen auf, und gleichzeitig klappte die Kinnlade nach unten.

»Öffnen Sie die Grußfrequenzen, Mr. Kim«, sagte Janeway. Hinter ihrer Stirn schrillten ganz persönliche Alarmsirenen. »Hören wir, was uns die Bake mitzuteilen hat.«

Harry kam der Aufforderung sofort nach. Einige Sekunden lang blieb es still, während der Translator eine bisher unbekannte Sprache entschlüsselte. Mit Hilfe komplexer linguistischer Elaborationen erstellte er ein Bezugssystem, das Bedeutungsverknüpfungen weitaus schneller herstellte, als es ein menschliches Gehirn vermochte.

Trotzdem: Die Phase der Stille erschien Janeway ungewöhnlich lange. Sie wartete ungeduldig, und schließlich konnte der Translator eine verständliche Übersetzung liefern.

Worte drangen aus den Lautsprechern der externen Kommunikation. Der Computer gab ihnen einen neutralen Klang, obgleich sich die fremde Stimme aggressiv anhörte; diese hatte mehr Ähnlichkeit mit dem drohenden Knurren eines Tiers als mit den Lauten, die aus einer menschlichen Kehle kamen, und untermalte die übersetzte Mitteilung mit einem rauen Zischen, das der Phantasie freie Bahn ließ. Janeway stellte sich ein Geschöpf vor, das am liebsten fauchte und brüllte, nicht daran gewöhnt war, Worte ruhig zu sprechen.

»Achtung, fremdes Schiff. Sie sind in akerianisches Hoheitsgebiet vorgestoßen. Ziehen Sie sich unverzüglich zurück. Wir nehmen unbefugtes Eindringen in unseren Raumbereich nicht tatenlos hin und werden Sie vernichten. Achtung, fremdes Schiff. Sie sind in akerianisches Hoheitsgebiet vorgestoßen. Ziehen Sie sich unverzüglich zurück …«

»Schalten Sie ab, Mr. Kim«, sagte Janeway. »Wir haben genug gehört.«

Die unangenehme Stimme verklang, und Janeway richtete einen durchdringenden Blick auf den Talaxianer. Neelix wich ein wenig vor ihr zurück. »Ich nehme an, Sie kennen diese … Leute.«

»Nun, äh …« Die Farbe wich aus den fleckigen Wangen des Talaxianers. »Ich hatte nicht das zweifelhafte Vergnügen, einem Akerianer persönlich zu begegnen – wenn Sie das meinen.«

Eine Ader pulsierte in Janeways Schläfe, begleitet von dumpfem Schmerz. Sie bedauerte nun, nicht doch den Bereitschaftsraum aufgesucht und dort einen Kaffee getrunken zu haben, um die Müdigkeit zu vertreiben. Die Kommandantin hörte die Gereiztheit in ihrer Stimme, unternahm jedoch nichts dagegen. »Was wissen Sie über die Fremden? Das Ding da draußen scheint Ihnen bekannt zu sein.« Sie deutete auf das metallene Objekt, das sich langsam in der Dunkelheit des Alls drehte und sicher auch weiterhin seine arrogante Warnung sendete.

»Äh, ja, ja, das stimmt. Solche Kom-Bojen gibt es an den Grenzen des akerianischen Reiches. Captain, ich schlage vor, Sie nehmen die Warnung ernst und verlassen diesen Raumsektor.« Der Talaxianer zögerte kurz. »So schnell wie möglich, wenn's geht.«

»Wir glauben, dass es hier ein Wurmloch gibt«, warf Chakotay ein. »Wir müssen mehr über die Akerianer erfahren, bevor wir den Flug fortsetzen.« Er sah kurz zu Janeway, mit einer stummen Frage auf den Lippen: Bin ich zu weit gegangen?

Janeway räumte seine Zweifel mit einem knappen Nicken aus. »Commander Chakotay hat recht.«

Neelix seufzte und nahm im Sessel links von Janeway Platz. Seine Füße erreichten nicht einmal den Boden. »Nun, wie ich schon sagte: Die Akerianer herrschen über ein Sternenreich. Ihre Technik lässt sich mit der unsrigen vergleichen. Allerdings möchte ich noch einmal betonen, dass die Voyager das beste Schiff weit und breit ist.«

»Fahren Sie fort«, sagte Janeway kühl. Schmeicheleien prallten jetzt wirkungslos an ihr ab.

Neelix öffnete den Mund und schloss ihn gleich wieder.

»Lassen Sie es mich so ausdrücken«, brachte er schließlich hervor. »Bei den Akerianern handelt es sich um Leute, die man nicht verärgern sollte. Jene Warnung, die wir eben hörten … Es ist keine leere Drohung. Sie würden nicht zögern, alle Besatzungsmitglieder der Voyager zu töten, um ihre Interessen zu schützen. Und vielleicht glauben sie, dass eine Kaperung dieses Schiffes in ihrem Interesse läge.«

Kapitel 2

Janeway hatte kaum auf die Notwendigkeit einer Besprechung hingewiesen, als die Senioroffiziere auch schon zum Konferenzzimmer eilten. Chakotay ließ sich in einen Sessel sinken und beobachtete, wie seine Kollegen hereinkamen.

Er musterte sie nacheinander, so wie auch Janeway. Jeder Captain, der etwas taugte, interessierte sich für die Stimmungslage seiner Offiziere. Chakotay und Janeway waren die Anführer von zwei Gruppen, die nun eine Crew bildeten. Der Indianer und Maquisard verfügte über eigene Methoden, soweit es den Umgang mit seinen Leuten betraf, und das galt auch für Janeway. Er nutzte praktisch jede Gelegenheit, um ihren Führungsstil besser kennenzulernen, und vermutlich brachte sie ihm ähnliches Interesse entgegen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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