Star Wars™ - Das Erwachen der Macht - Alan Dean Foster - E-Book

Star Wars™ - Das Erwachen der Macht E-Book

Alan Dean Foster

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Beschreibung

Der Roman zum großen Kinofilm »Star Wars™ – Das Erwachen der Macht«.

Vor mehr als 30 Jahren wurde die Galaxis dank des mutigen Eingreifens von Jedi Luke Skywalker, Prinzessin Leia Organa und dem ehemaligen Schmuggler Han Solo von der Tyrannei des Imperiums befreit. Der Imperator und Darth Vader sind tot, und mit ihnen wurde die Dunkle Seite der Macht besiegt. Doch der Kampf um die Galaxis ist noch nicht vorbei! Die brutale Erste Ordnung versucht, das Erbe des Imperators anzutreten – und die Rebellen haben ihr nur wenig enggegenzusetzen. Aber das Schicksal der Galaxis könnte in den Händen der einfachen Schrottsammlerin Rey liegen …


Unverzichtbar für jeden »Star Wars«-Fan: Alle Episodenromane zur großen Kino-Saga sind jetzt in der edlen Silberedition erhältlich.

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Buch

Vor mehr als 30 Jahren, in Die Rückkehr der Jedi-Ritter, wurde die Galaxis dank des mutigen Eingreifens von dem Jedi Luke Skywalker, Prinzessin Leia Organa und dem ehemaligen Schmuggler Han Solo von der Tyrannei des Imperiums befreit. Der Imperator und Darth Vader sind tot, und mit ihnen wurde die Dunkle Seite der Macht besiegt. Seither baut Luke Skywalker zusammen mit Leia und ihrem Mann Han den Orden der Jedi wieder auf – keine einfache Aufgabe, wurden die Jedi doch fast völlig ausgelöscht. Doch die Galaxis braucht sie, denn im Verborgenen finden die Sith zu alter Stärke zurück …

Autor

Alan Dean Fosters Arbeiten sind breit gefächert und reichen von Science Fiction und Fantasy über Horror und Krimis bis zu Western. Er schrieb Star-Wars-Romane und die Romane zu den ersten drei Alien-Filmen sowie Vorlagen für Hörbücher, Radio und die Story des ersten Star-Trek-Films. Zahlreiche seiner Romane erschienen im Wilhelm Heyne Verlag. Alan Dean Foster lebt heute mit seiner Familie in Prescott, Arizona.

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Alan Dean Foster

DAS ERWACHEN DER MACHT

Der Roman zum Film

Deutsch von Michaela Link

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Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Die Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel »Star Wars«: The Force Awakens« bei Del Rey, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC, New York.

Copyright der Originalausgabe © 2015 by Lucasfilm Ltd. & TM where indicated.

All rights reserved.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2016 by Penhaligon in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Rainer Michael Rahn

Covergestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft

Emblem: Melanie Korte

JvN · Herstellung: kw

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-17977-9V004www.penhaligon.de

Es war einmal vor langer Zeitin einer weit, weit entfernten Galaxis …

Erst kommt der Tag,

Dann kommt die Nacht.

Nach Dunkelheit

Scheint durch das Licht.

Es heißt, dass dieser Unterschied

Nur beseitigt wird

Durch die Auflösung des Grau

In verfeinerter Jedi-Sicht.

– Tagebuch der Whills, 7:477

Luke Skywalker ist verschwunden.

In seiner Abwesenheit hat sich

die finstere ERSTE ORDNUNG

aus der Asche des Imperiums

erhoben und wird nicht eher ruhen,

bis Skywalker, der letzte Jedi, vernichtet ist.

Mit Unterstützung der REPUBLIK

führt General Leia Organa

den tapferen WIDERSTAND an.

Sie ist verzweifelt bemüht,

ihren Bruder Luke zu finden

und seine Hilfe zu bekommen,

um Frieden und Recht

in der Galaxis wiederherzustellen.

Leia hat ihren wagemutigsten

Piloten auf eine geheime Mission

nach Jakku geschickt, wo ein alter

Verbündeter einen Hinweis

auf Lukes Verbleib entdeckt hat …

1. Kapitel

Sie brauchte ihn. Und er war nirgends zu finden.

Es gab sonst niemanden, auf den sie sich verlassen konnte. Niemanden wie ihren Bruder. Überhaupt niemanden, jetzt, da die Neue Republik am Rand der Implosion stand, der Zerstörung, des vollkommenen Zusammenbruchs.

Sie hatten gedacht, dass nach dem Sturz des Imperiums alles so einfach sein würde. Alle würden verstehen, dass man Geduld haben musste, Zeit brauchen würde, um wiederaufzubauen, was das Imperium zerstört hatte. Städte, Kommunikation und Handel waren auf dem Wege zur vollen Wiederherstellung. Aber die immateriellen Werte ließen sich in der galaktischen Gesellschaft nur mit Mühe wiederbeleben.

Der Wert der Freiheit zum Beispiel. Der Freiheit, seine Meinung zu sagen, Einspruch zu erheben, zu diskutieren. Sie seufzte. Die Anführer der Rebellion hatten den tiefverwurzelten Drang eines viel zu großen Teils der Bevölkerung unterschätzt, einfach zu tun, was man ihr sagte. Es war viel leichter, Befehle zu befolgen, als selbständig zu denken. Darüber hatten sie argumentiert und debattiert und diskutiert. Bis es zu spät war.

Während sie im Raum auf und ab ging, erhaschte sie einen Blick auf sich selbst in einem Stück polierten Metalls. Sie wusste, dass sie müde aussah. Manchmal wünschte sie, sie wäre als eine aus dem gemeinen Volk geboren worden, eine gewöhnliche Bürgerin, statt zum planetaren Adel zu gehören. Solche Gedanken führten sie unausweichlich zu Erinnerungen an Alderaan. Ihre Heimatwelt, vor vielen Jahren zerstört, zu Asche verbrannt.

Und ihr eigener Vater hatte dabei eine Rolle gespielt. Es war ein Vermächtnis, dem sie nicht entfliehen konnte. Sie durfte so etwas nicht noch einmal geschehen lassen, auf keiner anderen Welt, bei keinem anderen Volk. Es war ihre Verantwortung, und diese Last wog schwer. Zu schwer?

Einfacher wäre es, wenn sie Hilfe hätte. Die Art Hilfe, die ihr nur ihr Bruder geben konnte. Falls er nicht tot war.

Nein. Gewiss nicht. Wo immer er war – wenn er gestorben wäre, hätte sie sein Dahinscheiden gespürt. Dessen war sie sich sicher. Dessen musste sie sich sicher sein.

Sie hatte einen Hinweis bekommen, einen Fingerzeig. Nicht viel, aber besser als jeder Bericht, der seit einiger Zeit den Weg zu ihr gefunden hatte. Sie wäre der Sache selbst nachgegangen, denn wer war besser geeignet, den Hinweisen auf den Verbleib eines verschwundenen Bruders nachzugehen als dessen eigene Schwester? Als sie genau das vorgeschlagen hatte, war der Aufschrei ihrer Kameraden unter den Führern der Rebellion in der halben Galaxis hörbar gewesen. Widerstrebend hatte sie der Vernunft nachgegeben. Irgendjemand anders würde an ihrer Stelle losziehen.

Man hatte einen bestimmten Piloten vorgeschlagen. Seine Akte war nicht weniger als bemerkenswert, und sie konnte kaum abstreiten, dass ein einzelner Pilot auf Erkundungsfahrt weniger Aufmerksamkeit erregen würde als eine reisende Prinzessin. Also hatte sie zugestimmt.

»Letzten Endes sollte es nicht so schwierig sein, einen einzelnen Mann zu finden«, beharrte einer ihrer Kollegen. »Selbst auf allen bekannten Welten gibt es nur eine begrenzte Anzahl von Verstecken.«

»Für einen gewöhnlichen Mann mag das gelten«, hatte sie erwidert. »Aber wir versuchen nicht, einen gewöhnlichen Mann zu finden. Wir suchen Luke Skywalker.«

Es hatte weitere Differenzen gegeben, vor allem mit anderen Anführern, die den ausgewählten Piloten als noch zu jung für seine wichtige Aufgabe ansahen. Aber am Ende hatten sie Einvernehmen erzielt – ein Triumph der Eintracht.

Einmal mehr betrachtete sie ihr Spiegelbild. Es war einige Zeit her, dass sie im Laufe solcher Auseinandersetzungen nicht die Oberhand behalten hatte.

Sie sah ein schmales, wissendes Lächeln. Zweifellos beruhte ihre Autorität in solchen Dingen auf ihrem schüchternen, zurückhaltenden Wesen. Das Lächeln verblasste. Keine Zeit jetzt für sarkastische Überlegungen, sagte sie sich. Keine Zeit für ausgedehnte, lange Diskussionen. Dazu war die Lage zu verzweifelt. Die skrupellose Erste Ordnung war auf dem Vormarsch und drohte, das labile Tragwerk der schwachen, zunehmend verletzlichen und immer noch in den Kinderschuhen steckenden Neuen Republik zum Einsturz zu bringen.

Wo war ihr Bruder?

Die Finalizer, ein Sternzerstörer der Resurgent-Klasse, war gewaltig und neu. Sie war in den fernen Orbitalfabriken der Ersten Ordnung geschmiedet und zusammengebaut worden, konstruiert im Geheimen und unberührt von der Rebellion. Unverseucht von dem Virus, den die Neue Republik darstellte, hatten ihre hingebungsvollen und fanatischen Erbauer sie so entworfen, dass sie mächtiger und technologisch fortgeschrittener war als alles zuvor. Gewiss hatte der neue Widerstand nichts in seinem Besitz, das diesem Schiff Paroli bieten könnte.

Verschwindend klein vor dem Hintergrund des gewaltigen Sternzerstörers starteten vier Transportschiffe aus einem Hangartor an der Seite. Für ihre einfache Aufgabe bedurfte es nicht der umfangreichen Neukonstruktionen, derer man ihr Mutterschiff unterzogen hatte. Denn immer noch erfüllten die Transportschiffe ihre vorgesehene Rolle mit brutaler Effizienz.

Während sie ihren alltäglichen Routinedienst versahen, hatten die Bewohner des Planeten Jakku keine Ahnung, dass ihnen der Besuch von vier Eliteeinheiten imperialer Sturmtruppen bevorstand.

An Bord des Quartetts von Transportern bereiteten sich achtzig weiß gepanzerte Sturmtruppler auf die Landung vor – so, wie es Soldaten überall taten. Flachsereien wechselten mit nervösen Spekulationen darüber, was sie vielleicht erwartete. Adrenalinausschüttung führte zu Ellbogenstößen und gelegentlich einem kameradschaftlichen Klaps auf den Arm eines Nachbarn. Sie kannten einander gut, hatten Vertrauen in ihre Truppe und waren davon überzeugt, dass sie mit allem fertig wurden, was die zweitrangige Welt, auf der sie landen würden, ihnen entgegenwerfen konnte.

Gruppenführer blafften Befehle. Waffen wurden geladen, überprüft und noch einmal überprüft. Flammtruppler stellten sicher, dass ihre Spezialwaffen voll aufgeladen waren. Jeder Sturmtruppler inspizierte die Rüstung eines Nachbarn und überzeugte sich davon, dass die Gelenke versiegelt waren und die Platten dicht anlagen.

Das folgende Schweigen wurde überlagert von einem tiefen Rumpeln, als die vier Schiffe in Jakkus Atmosphäre eindrangen. Irgendjemand machte eine besonders unangemessene Bemerkung und wurde unverzüglich von jenen, die um ihn herumsaßen, zum Schweigen gebracht. Danach war das einzige Geräusch in jedem Transportschiff das Brüllen und Donnern, mit dem sie durch die Turbulenzen der dichten Atmosphäre wie über eine Buckelpiste nach unten flogen.

Eine automatisierte, elektronische Stimme wies alle an: »Auf die Landung vorbereiten!« Gepanzerte Körper spannten sich an. Es gab einen einzigen scharfen Ruck, danach Stille – so tief, dass sie einem Schock gleichkam. Die Waffen wurden fester umfasst, Muskeln angespannt, und in der Kabine richteten sich aller Augen auf die Bugklappe des Transportschiffs. Mit einem kaum hörbaren Summen senkte sich die Klappe auf den Grund.

Es gab kleinere Dörfer auf Jakku. Primitivere, ländlichere. Aber niemand, der über Tuanul hinwegflog oder den Ort durchquerte, würde dort ein Geheimnis vermuten. Und selbst wenn, würde niemand einen Grund finden, dort zu verweilen. Die Welten der Galaxis waren voller Geheimnisse – warum sollte es auf Jakku anders sein. Aber dieses spezielle Geheimnis …

Tuanul war wie die meisten kleinen Gemeinschaften auf Wüstenwelten ein friedlicher Ort. Trotz der auf den ersten Blick erkennbaren Trostlosigkeit gab es die charakteristische Vielfalt heimischer Lebensformen. Ungeachtet des scheinbaren Fehlens sichtbarer Vegetation deutete vereinzeltes Muhen, Wiehern und Maunzen darauf hin, dass Leben selbst dort war, wo es nicht ohne Weiteres ins Auge stach. Ein einzelnes Windspiel erklang, wenn sich gelegentlich eine Brise erhob, ein klimpernder Kontrapunkt zu dem Jaulen und Heulen versteckter nachtaktiver Wüstenbewohner.

Eine Kreatur, die weder den Wunsch noch die Möglichkeit hatte, sich hier zu verstecken, und hier definitiv nicht heimisch war, rollte in östlicher Richtung aus dem Dorf. Sie bestand aus einem abgerundeten Kopf, der beweglich einer viel größeren, ebenfalls frei beweglichen Kugel auflag, war von einem stumpfen Weiß mit auffälligen, orangefarbenen Markierungen und hörte auf den Namen BB-8. Der staubige, rostige Droide war im Moment sehr, sehr besorgt.

Wo ein Mensch nur ferne Sterne am Nachthimmel gesehen hätte, sah seine fortschrittlich kalibrierte, synthetische Optik einen beweglichen Lichtpunkt. Als das Licht sich in vier getrennte Punkte auflöste, stieß der Droide ein erregtes Piepen aus. Was er sah, bedeutete vielleicht nichts, nur …

Das Quartett von Lichtern senkte sich auf eine kontrollierte Art und Weise herab, auf einem offensichtlich wohlberechneten Weg, und verminderte rasch seine Geschwindigkeit. Wenn sie so fortfuhren, würden sie kontrolliert landen, und zwar in … BB-8 führte eine rasche Berechnung durch.

Zu nah. Zu nah, um als Zufall durchzugehen. Ein einzelnes derartiges Licht war ein Grund zur Sorge. Vier deuteten auf Möglichkeiten hin, über die man äußerst besorgt sein musste.

Unter Piepen und Pfeifen, das kybernetischer Panik nahekam, wirbelte der Droide herum und raste zurück zum Dorf. Das hieß, sein Kopf wirbelte herum. Der kugelförmige Körper darunter musste sich nicht umdrehen, nur beschleunigen. So schnell es BB-8 möglich war. Er hätte die Schlussfolgerung, zu der er gelangt war, zwar auch senden können, tat es aber nicht – aus Angst, dass seine Nachricht abgefangen werden könnte. Möglicherweise von denjenigen, von denen er befürchtete, sie könnten sich in der Quelle der vier sich herabsenkenden Lichter befinden.

Zusätzlich zu seiner bunt zusammengewürfelten galaktischen Bevölkerung beherbergte Tuanul eine Vielzahl gebrauchter, aber immer noch wertvoller Maschinen. Ein beträchtlicher Anteil der Dorfbevölkerung verdiente sich seinen bescheidenen Lebensunterhalt damit, diese technische Ausrüstung für den Wiederverkauf in größeren Dörfern und Städten zu modifizieren und zu restaurieren. Als der Droide vorbeischoss, schauten gelegentlich menschliche oder nicht humanoide Handwerker von ihrer Arbeit auf, verwundert über die scheinbar unbegründete Eile des Droiden, der durch die Siedlung raste. Um sich dann mit einem Zucken der Achseln oder entsprechender Körperteile wieder ihren Aufgaben zuzuwenden.

Maschinen in verschiedenen Stadien der Zerlegung und Unordnung verlangsamten BB-8 nicht; er wich ihnen mühelos aus, flitzte zwischen ihnen hindurch. Die Schwärme von Bloggins, denen der Droide begegnete, ließen sich nicht so leicht umgehen. Denn im Gegensatz zu den Maschinenteilen bewegten sie sich nach eigenem Willen und beanspruchten jedes Stück Land oder Sand, auf dem sie sich zufällig gerade aufhielten, lautstark für sich selbst und versuchten, jeden Eindringling abzuwehren. Jedenfalls hatten die vogelähnlichen Kreaturen Einwände gegen den von dem Droiden gewählten Weg. Ihr Picken ignorierte er, und er hätte mitten durch sie hindurchdonnern können. Aber die domestizierten Schwärme lieferten für eine Anzahl der Dorfbewohner Nahrung, und ihre Besitzer wären nicht erfreut darüber, sie plattgewalzt zu sehen.

Also war BB-8 gezwungen, immer wieder auszuweichen, was er mit Geschick und Geduld tat; er piepte und kreischte die Pseudoflieger an, wenn es nötig war, um sich einen Weg ohne Zerstörungen zu bahnen. Endlich lagen die letzten der aufreizenden Tiere hinter ihm. Sein Ziel war nah, und es gab keine Nanosekunde zu verlieren.

Wie die meisten der Hütten in Tuanul war die, der er sich schnell näherte, eine seltsame Mischung von Modernem und sehr Primitivem. Auf vielen der unbedeutenden Wüstenwelten waren Hütten wie diese in ihrer Bauart ebenso von der Not der Bewohner wie von den dürftigen Mitteln bestimmt, die die Umwelt zur Verfügung stellte. Aber obwohl BB-8s angepeiltes Ziel kaum mehr als eine primitive Hütte zu sein schien, enthielt es Elektronik und etliche verborgene Verbesserungen, die das Leben in diesem harten, trockenen Klima mehr als nur erträglich machten.

Obwohl er müde war, versuchte Poe Dameron, sich dies nicht anmerken zu lassen. So viel schuldete er seinem Gastgeber. Außerdem hatte er einen Ruf zu verlieren. Er hatte einen langen Weg zurückgelegt und Schwierigkeiten und Gefahr getrotzt, um in diesem Moment an diesem Ort zu sein – im Auftrag des Widerstands und speziell auf Befehl von General Organa selbst. Er hatte nicht die Absicht, eine kleine Unannehmlichkeit wie Erschöpfung seinen Abschied besudeln zu lassen.

Sein Gesicht, umrahmt von dunklen, dichten Locken, zeigte ein wenig Stolz auf seine Haltung: etwas, das andere, die ihn nicht kannten, vielleicht irrtümlich für Arroganz halten mochten. Zuversichtlich, was seine Fähigkeiten und seine Mission betraf, legte er manchmal eine Ungeduld an den Tag, die lediglich aus dem Verlangen erwuchs, seine gegenwärtige Aufgabe zu erledigen. Seine abgenutzte rote und sandfarbene Fliegerjacke trug er, seit er sich dem Widerstand angeschlossen hatte und in dessen Rängen aufgestiegen war.

Seit seiner Ankunft war Tuanul ihm wenig bemerkenswert erschienen. Ganz anders als sein Gastgeber. Lor San Tekka schien körperlich durchaus imstande zu sein, diversen nicht denkenden Fleischfressern den Kopf abzureißen, aber sein Verhalten war eher das eines Besänftigers, und zwar eines professionellen. In seiner Gesellschaft entspannte man sich sofort. Natürlich vorausgesetzt, dass man keine feindlichen Absichten gegen ihn erkennen ließ. Obwohl er erst vor Kurzem eingetroffen war, hatte der Pilot kaum Zweifel an seiner Analyse.

Jetzt trat Tekka an ihn heran, legte ihm einen kleinen Lederbeutel in die offene Hand und bedeckte diese dann mit seinen beiden Händen. Dazu lächelte er sanft und nickte.

»In diesen Tagen kann ich nicht allzu viel tun. Ich wünschte, es wäre viel mehr.« Er seufzte tief. »Denn es gibt so vieles, was getan werden muss. Aber … dies ist ein Anfang, um die Dinge in Ordnung zu bringen.«

Als der ältere Mann die Hand zurückzog, schloss Poe die Finger um den Lederbeutel. So klein er war, so wichtig …

»Es heißt, diese Karte sei nicht beschaffbar«, bemerkte Poe. »Wie ist es Euch trotzdem gelungen?«

Der ältere Mann lächelte nur, sichtlich nicht bereit, jetzt schon all seine Geheimnisse preiszugeben.

Poe grinste ihn an und akzeptierte es. »Ich habe Geschichten über Eure Abenteuer gehört, seit ich ein Kind war. Es war mir eine Ehre, Euch kennenzulernen. Wir sind dankbar.«

Tekka zuckte die Achseln – wie alte Männer es tun, langsam und bedeutungsvoll. »Ich bin zu weit gereist und habe zu viel gesehen, um die kollektive Qual zu ignorieren, die die Galaxis in einer Flut dunkler Verzweiflung zu ertränken droht. Es muss etwas geschehen; was immer der Preis ist, was immer die Gefahr ist. Ohne die Jedi kann es kein Gleichgewicht der Macht geben, und alles wird der dunklen Seite anheimfallen.«

Obwohl Poe sich seines Wissens um diese Dinge einigermaßen gewiss war, wusste er ebenfalls, dass er nicht einmal ansatzweise in der Lage war, mit jemandem wie Lor San Tekka tiefschürfende Gespräche darüber zu führen. Statt sich zum Narren zu machen, indem er es versuchte, bereitete er sich auf seinen Abschied vor. Denn er musste seinen Auftrag beenden. Beiläufige philosophische Konversation konnte bis zu einem besseren Zeitpunkt warten.

»Der General sucht schon sehr lange danach«, sagte Poe, um ein Ende zu finden.

Tekka lächelte über einen Gedanken, der ihm unwillkürlich durch den Kopf ging. »›General‹. Für mich ist sie von königlichem Blut.«

»Ja, aber nennt sie nicht Prinzessin«, sagte Poe ihm. »Nicht wenn Ihr ihr gegenübersteht. Sie mag es nicht mehr. Sie mag es wirklich nicht!«

Er wollte gerade näher darauf eingehen, als eine hektische Metallkugel in den Raum gerollt kam und gerade noch rechtzeitig bremste, bevor sie mit den beiden Männern zusammenstieß. Dann gab sie einen Strom elektronischen Geplappers von sich. Die beiden Männer tauschten einen Blick, dann eilten sie zur Tür der Hütte.

Poe hatte seine Quadnocs in den Händen, noch bevor er zum Halt kam. Er richtete sie auf den Bereich des Himmels, den BB-8 bezeichnet hatte, und ließ den integrierten automatischen Tracker mögliche Ziele in der Nähe aufspüren. Das Gerät fand fast sofort vier. Poe ließ es sinken und sprach, ohne sich umzudrehen, den Blick auf den Horizont gerichtet: »Ohne Euch vorgreifen zu wollen … Ihr müsst Euch verstecken.«

Tekka brauchte keine Quadnocs. Er hatte die hereinkommenden Schiffe bereits aufgrund ihrer Fluggeräusche identifiziert, während sie zur Landung ansetzten. »Ohne nur das Offensichtliche aussprechen zu wollen … du musst gehen.«

Trotz der Wichtigkeit seiner Mission war Poe hin und her gerissen. Er respektierte Lor San Tekka nicht nur, er mochte ihn auch. Wie konnte er ihn hier zurücklassen? »Herr, wenn Ihr nichts dagegen habt, würde ich …«

Der ältere Mann fiel ihm ins Wort. »Aber ich habe etwas dagegen, Poe Dameron. Du hast von deinem Auftrag gesprochen.« Sowohl sein Blick als auch sein Ton wurden hart. »Jetzt erfülle ihn. Verglichen mit dem, was sich in der Galaxis zusammenbraut, sind wir beide kaum mehr als Staubflöckchen.«

Trotzdem zögerte Poe. »Bei allem schuldigen Respekt, einige Staubflöckchen sind wichtiger als andere ….«

»Wenn du Schmeicheleien austeilen willst, schmeichele meinem Gedächtnis. Geh. Sofort! Ich muss mich um die Verteidigung des Dorfes kümmern.« Tekka drehte sich um und ging, ohne zurückzuschauen.

Poe zauderte noch einen Moment länger, dann wirbelte er herum und rannte zum gegenüberliegenden Ende des Dorfes. BB-8 folgte ihm mühelos. Bewaffnete Dorfbewohner mit ernsten Mienen kamen ihm entgegen und liefen an ihm vorbei. Er hatte keine Ahnung, wie der Alarm ausgelöst worden war, und er hielt auch nicht inne, um zu fragen, wie oder warum scheinbar einfache Leute in den Besitz so vieler Waffen gekommen waren. Zweifellos würde Lor San Tekka es wissen. Poe beschloss, ihn zu fragen – eines Tages.

Das Raumschiff, das in einiger Entfernung vom Dorf auf ihn wartete, war gut versteckt unter einem hohen Felsvorsprung. Das würde den X-Flügler nicht vor moderner Suchausrüstung verbergen, das wusste Poe. Er musste den Planeten schnellstens verlassen. Er schwang sich ins Cockpit, während BB-8 sich auf die Position des Kopiloten hieven ließ, und aktivierte hastig die Kontrollen. Die Instrumente erwachten zum Leben. In der Ferne konnte man einen Schwarm zweibeiniger Gestalten in glänzenden weißen Rüstungen auf das Dorf zumarschieren sehen. Sturmtruppler.

Diejenigen Dorfbewohner, die sich bewaffnet hatten, versuchten, sich zu verteidigen. In diesem Kampf war Mut ein schlechter Ersatz für sorgfältige Ausbildung und modernere Ausrüstung. Während immer mehr von ihnen fielen, blieb den Verteidigern keine andere Chance, als sich zurückzuziehen.

Aber der Kampf war schon vorbei, noch bevor er richtig angefangen hatte. Als sie die Hoffnungslosigkeit eines weiteren Widerstands erkannten, ergaben sich die Dorfbewohner in kleinen Gruppen. Mehrere der speziell ausgerüsteten Flammtruppler setzten nichtsdestotrotz Gebäude in Brand; in Ställen und Pferchen gerieten die Tiere in Panik und rissen sich los. Poe entrüstete diese scheinbar grundlose Gewalt. Aber er wusste, dass die Verbreitung von Furcht und Schrecken für die Erste Ordnung lediglich Politik mit anderen Mitteln bedeutete.

Seine zornigen Gedanken wurden unterbrochen von einem Strom ängstlicher elektronischer Meldungen von dem Droiden. »Wir starten, Beebee-Acht, wir starten! Gleich ist …« Er drückte auf einen weiteren Schalter.

Landelichter flammten auf, während die Triebwerke heulend zum Leben erwachten. Weg von dem Überhang und dann volle Kraft, sagte er sich.

Eine Sekunde bevor er so weit war, wurde das Schiff getroffen.

Die beiden Sturmtruppler hatten sich ungesehen genähert. Wer immer den Angriff geplant hatte, war zu klug gewesen, um sich auf eine simple Frontalattacke zu verlassen. Vielleicht waren diese beiden Teil eines separat gelandeten Trupps oder hatten ein Fahrzeug benutzt, um aus dem Dorf hierherzukommen. Wenn sie mit einem ihrer Blaster das Cockpit trafen, würde er sich über ihre Herkunft keine Gedanken mehr zu machen brauchen.

Andererseits waren sie entweder sehr ehrgeizig oder übermäßig dumm, denn ihr Weg führte sie direkt vor die Bordwaffen des X-Flüglers. Poe schlug auf den Schalter, der eine drehbare Bordkanone aus dem Bauch seines Jägers ausfahren ließ, und feuerte. Die Explosionen der Treffer machten die Umgebung frei von Feinden wie von jeder anderen lebenden Kreatur, die sich unglücklicherweise in unmittelbarer Nachbarschaft aufgehalten hatte.

Nachdem diese Störung beseitigt war, richtete Poe seine Aufmerksamkeit wieder auf die Instrumente des X-Flüglers. Ein ansteigendes Heulen erklang vom hinteren Teil des Schiffes. Mit einem leichten Beben löste es sich aus dem Schutz des Felsüberhangs. Poe, der sich auf dem Pilotensitz angeschnallt hatte, zuckte bei der unerwarteten Vibration zusammen. Es hätte nichts beben dürfen.

Der X-Flügler verharrte, aber das anschwellende Jaulen ging weiter. Nachdem er die Maschinen wieder gestoppt hatte, um weiteren Schäden vorzubeugen, klappte Poe die Haube auf und kletterte hinaus. Er ging zum Heck des Schiffes und starrte auf die jetzt inaktiven Aggregate. Die beiden Sturmtruppler mochten taktisch nicht sehr versiert gewesen sein, aber sie waren gute Schützen gewesen. Die Triebwerke waren schwer beschädigt.

BB-8 kam neben ihn gerollt. Keiner sagte etwas. Es brauchte nichts gesagt zu werden. Sowohl Mann als auch Droide konnten sehen, dass sie in großen Schwierigkeiten steckten.

Im Dorf ging der Kampf weiter, als eine hartnäckige Gruppe seiner Bewohner, die vielleicht nur allzu gut wussten, was die Repräsentanten der Ersten Ordnung mit ihnen im Falle ihrer Kapitulation vorhatten, sich weigerten, ihre Waffen herzugeben. Der Kampf war zwar alles andere als ausgeglichen, aber auch kein Gemetzel, und beide Seiten mussten Verluste hinnehmen.

Ein direkt getroffener Sturmtruppler ging in einer Masse zerschmetterter Rüstung, zerfetzten Fleisches und Blutes zu Boden. Einer seiner Gefährten eilte ihm sofort zur Seite und kniete sich hin, um ihm zu helfen. Ein zerrissener, blutiger Handschuh wurde dem Möchtegernretter entgegengestreckt. Aus der beschädigten Schutzkleidung ragten schockierend nackte Finger hervor.

Die beiden Männer starrten sich durch die Visiere ihrer Helme an. Schockiert erkannte der eine in dem schwer verwundeten Sturmtruppler, der nun in seiner Rüstung verblutete, seinen altvertrauten Kameraden. Sie hatten zusammen trainiert. Hatten Mahlzeiten geteilt, Geschichten, Erfahrungen. Und jetzt teilten sie den Tod miteinander.

Die Schlacht war ganz und gar nicht so verlaufen, wie der noch unversehrte Sturmtruppler es sich vorgestellt hatte.

Verzweifelt streckte der Sterbende die bloße Hand nach seinem Freund aus und hinterließ blutige Fingerspuren auf dessen Helm und Visier. Dann fielen Hand und Arm, und der Mann regte sich nicht mehr.

Hier war keine Hilfe mehr möglich, begriff der andere Sturmtruppler. Er richtete sich auf und betrachtete die Hölle, in die er geraten war. Die Waffe hing an seiner Seite, unbenutzt. Er stolperte davon, weg von seinem toten Kameraden und dieser blutigen, flehenden Hand.

Während um ihn herum der Wahnsinn tobte, irrte er durch das Dorf und kam sich fast wie der Teilnehmer eines Historiendramas vor. Die entsetzlichen und inzwischen allgegenwärtigen roten Flecken und Lachen auf dem Boden jedoch sprachen dem Hohn. Dies war ganz und gar nicht so wie in seiner Ausbildung, sagte er sich benommen. Anders als in den Simulationen blutete die Realität.

Rauch und Staub erhoben sich von den zerstörten Hütten um ihn herum. Die akustischen Rezeptoren seines Helms fingen die Geräusche ferner Explosionen ebenso auf wie naher Detonationen. Knisternde Flammen stiegen von den Häusern auf, von kleinen Werkstätten und Lagerschuppen.

Als er um die noch intakte Ecke eines Gebäudes kam, ließ ihn eine Bewegung instinktiv seine Waffe heben. Eingeschüchtert schnappte die unbewaffnete Frau, der er gegenüberstand, nach Luft und erstarrte. Den Ausdruck auf ihrem Gesicht würde der Sturmtruppler niemals vergessen: Es war der Ausdruck einer Person, die noch lebte und doch begriff, dass sie bereits tot war. Für einen Moment verharrten sie so: Raubtier und Beute, ein jeder in dem vollen Bewusstsein seines jeweiligen Status. Als er endlich die Mündung des Blasters senkte, konnte sie es offensichtlich nicht glauben; sie fuhr noch für einen langen Augenblick fort, ihn anzustarren.

Ein ohrenbetäubendes Zischen veranlasste sie, sich voneinander abzuwenden. Als der Sturmtruppler sich in die Richtung drehte, aus der das Geräusch kam, durchbrach seine Bewegung die verängstige Lähmung der Frau. Sie wirbelte herum und floh. Die Raumfähre, die jetzt zur Landung ansetzte, war viel imposanter als diejenigen, mit denen der Sturmtruppler vertraut war; sie hatte an den Seiten lange, jetzt fast vollständig hochgeklappte Flügel, die ihr ein fledermaushaftes Aussehen verliehen. Die Laderampe wurde geöffnet, um eine einzige Person aussteigen zu lassen. Hochgewachsen, dunkel, in einen Umhang gehüllt und mit einem hinter einer Metallmaske verborgenen Gesicht ignorierte die Person das immer noch wogende Chaos der Schlacht und ging schnurstracks und ohne das geringste Zögern auf Lor San Tekka zu.

Verblüfft über die Gleichgültigkeit des Neuankömmlings hinsichtlich der Schlacht um ihn herum, erschrak der Sturmtruppler, als ein scharfer Stoß von hinten ihn vorübergehend das Gleichgewicht kostete. Ein Vorgesetzter sah ihn an. Und war kurz angebunden.

»Zurück zu Ihrer Einheit. Es ist noch nicht vorüber.«

Der Gegenstand seines Zorns nickte zur Bestätigung, eilte davon und fragte sich, was die Ankunft dieser einzelnen Person bedeuten mochte. Obwohl er es nicht wagte, sich danach zu erkundigen.

Für einen gewöhnlichen Sturmtruppler wie ihn war Unwissenheit nicht einfach ein abstrakter Wert. Sie war Vorschrift.

Zumindest für den Augenblick, begriff Poe, war der X-Flügler nicht flugfähig. Wenn er sich gewisse kritische Komponenten zusammenschnorren und entsprechendes Werkzeug auftreiben konnte, dann würde er vielleicht, nur vielleicht … Aber es gab eine weitaus wichtigere Sache, um die er sich kümmern musste.

Er nahm das kleine Artefakt, das Tekka ihm in einem Lederbeutel übergeben hatte, aus seiner Hülle. Nachdem er kurz an BB-8 herumgefingert hatte, schob der Pilot es ins Innere des Droiden. Ein bestätigender Piepton verkündete, dass es sicher verstaut war. Dann wandte Poe sich dem brennenden Dorf zu.

»Entferne dich so weit von hier, wie du kannst«, befahl er seinem mechanischen Gefährten. »Ganz gleich, in welche Richtung.« Als die ängstliche elektronische Antwort des Droiden andeutete, dass dieser zögerte, dem Befehl nachzukommen, legte Poe mehr Nachdruck in seine Stimme.

»Ja, ich werde so viele von diesen Eimerköpfen erledigen, wie ich kann. Beebee-Acht, ich werde wiederkommen und dich holen. Geh! Mach dir keine Sorgen, es wird alles gut werden. Wo immer du schließlich landest, ich werde dich finden.«

BB-8 zögerte immer noch. Aber als der Pilot sich wiederholten Nachfragen gegenüber gleichgültig zeigte, drehte der Droide endlich um und rollte schnell davon, über den Sand und weg von dem Dorf. Er schaute nur ein einziges Mal zu dem X-Flügler und dem Piloten um. Sehr zu BB-8s Bedauern konnte er gegen einen klaren Befehl nur protestieren, ihm aber nicht zuwiderhandeln.

Die hochgewachsene, in einen Kapuzenumhang gehüllte Gestalt, deren Ankunft der unter Schock stehende Sturmtruppler beobachtet hatte, ignorierte auf ihrem Weg zu Lor San Tekka erschrockene Sturmtruppler und bewaffnete Dorfbewohner gleichermaßen. Tekka seinerseits blieb stehen und wartete, sobald er die Gestalt entdeckt hatte. Der Dorfälteste wusste, mit wem er es zu tun bekam – und dass es keinen Sinn hatte wegzulaufen. Er fand sich mit seinem Schicksal ab.

Der Passagier aus dem Shuttle musterte Tekka von Kopf bis Fuß, ganz so, wie man in einem Museum eine Relique betrachten würde. Tekka hielt diesem Blick gelassen stand. Die schwarze Maske mit ihrer geschlitzten Stirn und dem dicken, schnauzenähnlichen Atemapparat bedeckte das Gesicht des Mannes, den er als Kylo Ren kannte. Früher einmal hatte er das Gesicht hinter der Maske gekannt. Früher einmal hatte er den Menschen gekannt. Jetzt war für San Tekka nur die Maske übrig geblieben. Metall statt Mann.

Ren sprach als Erster und ohne zu zögern, als habe er dieses Treffen seit einiger Zeit erwartet. »Der große Glücksritter. Und doch am Ende gefangen.« Obwohl die Stimme aus einer menschlichen Kehle kam, hatte sie – von der Maske verzerrt – einen Übelkeit erregend, körperlosen Klang.

Tekka hatte nichts Geringeres erwartet. »Während dir weitaus Schlimmeres widerfahren ist.«

Worte hatten keinen Einfluss auf die Maske oder das, was dahinter lag, soweit Tekka erkennen konnte. Es gab keine Reaktion, keine Entrüstung, nur Ungeduld.

»Ihr wisst, weshalb ich gekommen bin.«

»Ich weiß, wo du herkommst.« Lor San Tekka hätte nicht unbesorgter wirken können, wäre er auf einem Bergkamm gesessen und hätte vor dem Sonnenuntergang über den Sko’rraq-Bergen meditiert. »Aus einer Zeit, bevor du dich Kylo Ren nanntest.«

Hinter der Maske erklang ein Knurren: wild, aber immer noch menschlich. »Vorsicht. Die Karte, die zu Skywalker führt. Wir hören, dass Ihr sie erworben habt. Und jetzt werdet Ihr sie der Ersten Ordnung übergeben.«

Vom Rand des Dorfes aus, zu dem er zurückgekommen war, konnte Poe jetzt die Auseinandersetzung beobachten. Tekka erkannte er selbst von hinten und bei schlechtem Licht. Der hochgewachsene, maskierte Besucher war ihm unbekannt. Er mühte sich mitzubekommen, wovon sie sprachen, aber ohne sich näher heranzuschleichen und sich umherstreifenden Sturmtrupplern auszusetzen, konnte er nur zuschauen.

»Du gehörst nicht dorthin.« Gelassen, in sachlichem Ton und ohne Furcht, sprach Tekka die Wahrheit aus gegenüber der Lüge, die vor ihm stand. Er wollte Licht in das Dunkel bringen. Eine schwache Hoffnung, aber er musste es versuchen. »Die Erste Ordnung ist eine Frucht der dunklen Seite. Du gehörst nicht dazu.«

Die Ungeduld aufseiten des Besuchers wandelte sich in Verärgerung. »Wie kann ein Gespräch so schnell so ermüdend werden?« Der Mann deutete mit einer schwungvollen Bewegung seines langen Arms auf die Grenzen des Dorfes. »Macht aus einer einfachen Übergabe nicht eine Tragödie für diese Leute.« Jetzt troff die Stimme hinter der Maske vor blankem Sadismus. »Hat Eure Anwesenheit hier sie nicht bereits genug gekostet?«

»Ich habe meinen Frieden mit diesen Leuten und diesem Ort vor langer Zeit geschlossen. Die eigentliche Tragödie ist, dass du dich von deinem wahren Erbe abgewandt hast.«

Ren versteifte sich kaum merklich, als er sich vorbeugte. »Genug des dummen Geplänkels.« Er streckte eine Hand aus. »Alter Mann, gebt es mir.«

Poe konnte aus den Gesten und Bewegungen beider Männer genug erraten, um zu vermuten, worüber gesprochen wurde. Und um sich das endgültige, unausweichliche Ergebnis vorzustellen.

»Nein«, murmelte er leise. »Nein, nein, nein …« Ohne sich weiter zu bemühen, verborgen zu bleiben, und ohne auf seine eigene Sicherheit zu achten, verließ er seine Deckung und ging auf die beiden zu.

»Du kannst es versuchen«, antwortete Tekka mit stillem Trotz, »aber du kannst deine Wahrheit nicht leugnen.«

Kylo Ren schien für ihn zu wachsen. Zorn loderte hinter der Maske auf. Ein Lichtschwert in einer Hand des Maskierten erwachte lodernd zum Leben, ein kaum stabiler, dunkelroter Stab, der bemerkenswert war wegen der beiden kleineren Projektionen am Griff: Die Waffe eines Killers, der Fetisch eines Henkers. »Wie wahr.«

Glänzendes, schneidendes Licht durchbohrte Lor San Tekka.

2. Kapitel

Poe sah, wie das Schwert zum Leben erwachte. Sah, wie es seinen tödlichen Bogen beschrieb. Die Zeit schien sich zu dehnen, während er beobachtete, wie das Schwert sich herabsenkte. Halb wahnsinnige, gänzlich machtlose Gedanken rasten ihm durch den Kopf. Er hörte sich brüllen, spürte, wie er seinen Blaster hob und feuerte. Zu spät, zu langsam, sagte er sich mutlos, noch während er weiterschoss.

Kylo Ren, der die Drohung wahrnahm, reagierte sofort. Er hob scharf einen Arm und zeigte mit der Handfläche auf den unbekannten Angreifer. Die Geste war lediglich die physische Manifestation von etwas unendlich Mächtigerem und gänzlich Unsichtbarem. Sie fing die Entladung der Waffe des Piloten ab, ließ sie mitten in der Luft erstarren wie eine solide Barriere. Hinter der Maske verfolgten Augen von übernatürlicher Intensität den Angriff zu seiner Quelle.

Anfänglich angetrieben von purem Zorn, stellte Poe jetzt fest, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Sein Herz hämmerte, seine Lunge pumpte, aber die übrige Muskulatur gehorchte seinem Kommando nicht mehr. Er war so effektiv gelähmt wie durch den Schuss eines Blasters.

Zwei Sturmtruppler packten ihn und zerrten ihn vorwärts, bis er hilflos vor dem kalten Ren stand. Hätten sie ihn nicht festgehalten, wäre Poe einfach umgefallen. Trotzdem versuchte er, tapfer zu sein. »Wer redet zuerst?«, fragte Poe und ließ seine Stimme unbefangen klingen. »Du oder ich?«

Lor San Tekkas Mörder, der sein Lichtschwert deaktiviert und wieder in seinen Gürtel gesteckt hatte, musterte den Gefangenen lässig. Poes Nerven bebten, als das Gefühl langsam in seine Arme und Beine zurückkehrte. Rens Blick ruhte auf den Details der Kleidung des Piloten.

»So wie es aussieht, ein Pilot des Widerstands.« Er nickte knapp. »Durchsucht ihn. Gründlich.«

Einer der Sturmtruppler, der Poe vorwärtsgezerrt hatte, klopfte ihn auf nicht allzu sanfte Weise ab. Der andere Sturmtruppler zog ein kleines Gerät aus seinem Gürtel und ließ es langsam der Länge nach über den Gefangenen wandern, vom Kopf bis zu den Füßen. Die Untersuchung dauerte nicht lange.

»Nichts«, erklärte der erste Sturmtruppler und nahm Habtachtstellung an.

Poe blinzelte zu dem Sturmtruppler empor, der die Hände benutzt hatte. »Gut gemacht.«

Der solchermaßen angestachelte Sturmtruppler vergaß sich für einen Moment und trat dem Gefangenen die Beine weg. Poe landete hart auf den Knien, immer noch trotzig.

Der andere Sturmtruppler gestikulierte mit dem Instrument in seiner Hand. »Hier ebenso, Sir. Er hat nichts in sich als die zu erwartenden Essensreste.« Er zögerte nicht. »Soll ich ihn auslöschen?«

Kylo Ren ließ sich seine Enttäuschung nicht anmerken. In solchen Zeiten waren vorübergehende Verzögerungen nicht unerwartet. Am Ende würde sich alles auf befriedigende Weise regeln.

»Nein. Nehmt ihn mit.« Eine kurze Pause, dann: »Intakt und funktionsfähig.«

Offensichtlich enttäuscht zerrten die beiden Sturmtruppler Poe davon. Ren beobachtete sie einen Moment lang und erwog Möglichkeiten. Später, sagte er sich. Für den Moment gab es andere Details, um die er sich kümmern musste. Er erlaubte seinen Gedanken, kurz abzuschweifen, und bedauerte es, dass so viel Zeit mit Belanglosigkeiten verschwendet worden war.

Als Kylo Ren sich ihr zuwandte, nahm die Chefin der Spezialeinheiten, eine Frau in schwarzem Cape, das ihren Rang anzeigte und lose an ihr herabfiel, Haltung an. Ihre Rüstung glänzte in dem schwachen Licht wie poliertes Silber.

»Ihre Befehle, Sir?«, murmelte sie.

Kylo Ren betrachtete die lichterloh brennende Umgebung. Er hatte bereits zu viel Zeit hier verbracht, und das Ergebnis war nur teilweise befriedigend. Solche Verzögerungen missfielen ihm. »Töten Sie alle, Hauptmann Phasma, und durchsuchen Sie das Dorf. Jede Hütte, jeden Schuppen und jedes Versteck. Wenn Ihre Truppen es dem Erdboden gleichgemacht haben, durchsuchen Sie den Erdboden. Mit Scannern und Detektoren. Sie wissen, wonach Sie Ausschau halten müssen.«

Ein kurzes Nicken, dann drehte sie sich um. Eine Reihe von Sturmtrupplern stand vor den versammelten überlebenden Dorfbewohnern. »Auf mein Kommando!« Waffen wurden erhoben. Die Reaktionen der Dörfler waren typisch. Einige traten vor, unverschämt bis zum Schluss. Andere fielen auf die Knie. Es gab Gewimmer und Weinen und trotzige Schreie. Nichts davon dauerte sehr lange.

»Feuer!«

Es war kein Massaker. Im Lexikon der Ersten Ordnung war es nicht mehr als die vorgeschriebene Züchtigung. Angemessene Vergeltung dafür, dass sie jemandem, der zur Fahndung ausgeschrieben war, Zuflucht gewährt hatten. Es kam auf den Inhalt der Lektion an, nicht auf die Anzahl der Betroffenen. Es dauerte weniger als eine Minute.

Als es vorüber war, nur noch das gelegentliche Geplauder zwischen den Sturmtrupplern und dann und wann ein scheußliches Kichern zu hören waren, zerstreute sich die Truppe, um ein letztes Mal die Trümmer zu durchsuchen. Ein Sturmtruppler mit einer blutverschmierten Gesichtsmaske, der allein dastand, erschrak, als ihm jemand eine Hand auf die Schulter legte. Obwohl die Hand einem Kameraden gehörte, entspannte sich der erste Sturmtruppler nicht.

»Du hast ja gar nicht geschossen. Problem mit dem Blaster?«

Automatisch nickte der andere. Sein Kamerad gestikulierte wissend und schlug ihm auf die Schulter. »Gib ihn ab, wenn wir zum Stützpunkt zurückkommen. Sollen sich die Techniker drum kümmern, und du holst dir einen neuen.«

»Danke, das werde ich tun.«

Kaum war sein hilfsbereiter Kollege davongegangen, um sich wieder seiner eigenen Einheit anzuschließen, erstarrte der Sturmtruppler beim Anblick einer hochgewachsenen, dunkel gewandeten Gestalt, die entschlossen auf den fledermausartigen Shuttle zuschritt. Obwohl er sich selbst den stummen Befehl gab, sich in Bewegung zu setzen und sich abzuwenden, war es ihm unmöglich.

Kylo Ren drehte sich um und blickte den Soldaten an. Der Sturmtruppler sah nur Licht, das von einer Maske reflektiert wurde, und seine eigene Angst.

Er weiß es. Er muss es wissen. Und ich bin … tot.

Aber das war er nicht. Der Blick währte kaum eine Sekunde. Dann setzte Ren sich wieder in Bewegung, tief in Gedanken versunken. Auf dem Rückweg zu seinem Schiff sah er einen Blaster auf dem Boden liegen. Er gehörte dem Piloten des Widerstands, der nahe daran gewesen war, ihn zu töten. Sobald er in seiner Reichweite war, berührte er ihn – aber nicht mit den Händen. Der Blaster hob sich scheinbar aus eigenem Antrieb und flog durch die Luft, krachte gegen ein nahes Gebäude und erschreckte einen müßigen Sturmtruppler, der das Pech hatte, in der Nähe zu stehen, beinah zu Tode.

Die Säuberung des Dorfes erstreckte sich auch auf dessen Umgebung, wo eine Schar Sturmtruppler gerade damit fertig geworden war, den dort zurückgelassenen beschädigten X-Flügler zu durchsuchen. Nachdem sie alles getan hatten, was sie mit der vorhandenen Ausrüstung tun konnten, bereiteten sie sich darauf vor, zu ihren Einheiten zurückzukehren. Mit Spezialgeräten hätten sie den Jäger des Widerstands in seine Einzelteile zerlegen können, aber man hatte ihnen nicht befohlen, so vorzugehen.

»Da ist nichts«, erklärte der letzte des Quartetts, als er aus dem Cockpit des Jägers stieg. »Der übliche Müll des Widerstands; das ist alles. Tiefenscans zeigen nichts im Rumpf oder anderswo.«

Sobald er außer Reichweite war, aktivierten seine Gefährten die beiden schweren Waffen, die sie auf das Versteck gerichtet hatten. Nach zwei Explosionen waren sowohl von dem Schiff als auch von dem Felsvorsprung nur noch Trümmer übrig.

Das Krachen des explodierenden X-Flüglers hallte über die steinigen Einöden und Dünen. Aus großer Entfernung schaute ein einsamer kugelförmiger Droide zurück, während er seine Flucht fortsetzte. Wenn er hätte schneller rollen können, hätte der verängstigte Droide das getan.

Im Gegensatz zu weit verbreiteten Vorurteilen sind Wüstenwelten bei Nacht nicht still. Wenn das Licht schwindet, erwacht eine gänzlich andere Ökologie zum Leben. BB-8, der sich mit größerer Vorsicht bewegte, versuchte, nicht bei jedem Heulen innezuhalten, jedem Fiepen, jedem Scharren krallenbewehrter Füße auf nacktem Fels. Es gab Dinge in den leeren, wilden Regionen unterentwickelter Planeten, die einen einsamen Droiden mit Freuden zerlegt hätten, nur um zu sehen, was ihn ticken oder rollen ließ, das wusste er. Bei dem bloßen Gedanken an eine solche Begegnung lief er Gefahr, dass sein inneres Gyroskop ihn wild umherkullern ließ.

Droiden wie er waren nicht für unbewohnte Orte bestimmt, und er wünschte sich verzweifelt, andere von seiner Art zu finden. Oder, wenn das nicht möglich war, sogar Menschen.

Die Fesseln, die Poe in dem Truppentransporter getragen hatte, wurden ihm abgenommen, sobald er und seine Wärter von Bord gingen. Auf dem Sternzerstörer gab es keinen Grund, den Gefangenen physisch einzuschränken. Anscheinend amüsierten seine Begleiter sich – oder vielleicht waren sie lediglich ungeduldig, aus ihrer Rüstung herauszukommen. Jedenfalls scheuchten sie ihn mit einer, wie er fand, unnötigen Grobheit voran. Nicht dass Sturmtruppler für ihre individuelle Diplomatie bekannt gewesen wären. Wenn man bedachte, wen er zu erschießen versucht hatte, wusste er, dass er sich glücklich schätzen sollte, in einem Stück an Bord gebracht worden zu sein.

Ein physischer Seinszustand, das wusste er, der sich jeden Moment ändern konnte.

Auf der anderen Seite der riesigen und beeindruckenden Landebucht stiegen andere Sturmtruppler aus, dankbar, dass nicht mehr von ihnen bei der Expedition gefallen waren, und voller Vorfreude auf ein wenig Ruhe und eine Mahlzeit. Erpicht, die Schlacht unten noch einmal zu durchleben, achteten sie nicht auf einen der ihren, der zurückfiel. Als er sich davon überzeugt hatte, dass niemand ihn beachtete, drehte der Sturmtruppler sich um und rannte zurück in den noch offenen Transporter. Er nahm seinen Helm ab und übergab sich in den nächsten Müllbehälter. Das Entsetzen in seinen Zügen war mit Händen zu greifen. Glücklicherweise war niemand da, der seine Schande hätte bezeugen können.

Doch war jetzt jemand hinter ihm.

Angst wich kaltem Grauen, als er Hauptmann Phasma erkannte. Wie viel hatte sie gesehen? Wie viel wusste sie? Zu viel, wie sich herausstellte.

Unnahbar und doch befehlend deutete sie auf das Gewehr, das er noch in der Hand trug. »FN-2187. Ich höre, Sie hatten Probleme mit Ihrer Waffe. Seien Sie bitte so nett, sie dem Technikteam Ihrer Division zur Inspektion zu übergeben.«

»Ja, Hauptmann.« Wie es ihm gelang zu antworten, ohne zu stammeln, wusste er nicht. Instinkt statt Ausbildung, beschloss er. Selbsterhaltungstrieb.

»Und wer hat Ihnen die Erlaubnis erteilt, diesen Helm abzunehmen?«

Er schluckte hörbar. »Es tut mir leid, Hauptmann.«

Er spürte ihren Abscheu, während er sich mühte, den Helm wieder aufzusetzen. »Melden Sie sich sofort bei meiner Kompanie«, befahl Phasma.

Wie er leider wusste, verhieß das nichts Gutes.

Es war ein Friedhof der Technik.

Berge von Metall, Haufen aus Plastikderivaten, Ozeane von zerbrochener Keramik bildeten ein gespenstisches Industrieödland, das zu betreten niemand wagte aus Angst, sich zu vergiften, sich zu schneiden oder für immer zu verirren. Niemand bis auf einige wenige, für die Wagemut ebenso ein Sinn war wie der Gesichtssinn oder das Gehör.

Ein solches Individuum klammerte sich insektenartig an eine dunkle Metallwand, die gespickt war mit vorstehenden Sensoren, Manipulatoren und anderen verrottenden Mechanismen. Außer einer leichten Schutzbrille mit grünen Gläsern, Gesichtsmaske, Handschuhen und grauer Wüstenkleidung trug die emsige Gestalt einen geräumigen Rucksack. Der Multifunktionsstab, den sie über den Rücken geschnallt hatte, machte die Arbeit in der beengten und gefährlichen Umgebung nicht einfacher. Mit unterschiedlichen Werkzeugen löste die Sammlerin die kleinen Geräte von der Metallwand ab. Eins nach dem anderen fand seinen Weg in die Tasche, die unter der schlanken Gestalt hing.

Als die Tasche voll war, band die Sammlerin sie zu und machte sich an den gefährlichen Abstieg, vorbei an scharfen Vorsprüngen und klaffenden Lücken in der Wand. Als sie den Fuß des metallischen Canyons erreicht hatte, hob sie ein größeres Teil auf, das sie zuvor dort deponiert hatte, und ging, gekrümmt unter der schweren Last, auf einen fernen Streifen Sonnenlicht zu.

Vor der Metallhöhle schob die Sammlerin die Brille auf die Stirn und blinzelte im hellen Wüstenlicht. Sie war fast zwanzig, hatte dunkles Haar, noch dunklere Augen und einen Anflug von etwas Tieferem im Inneren. Sie hatte eine Frische an sich, die die harsche Landschaft um sie herum nicht hatte eliminieren können. Jeder, der sie anschaute, hätte sie für weich gehalten – eine ernsthafte Fehleinschätzung.

Es war ein respektables Tagewerk gewesen, genug um sicherzustellen, dass sie heute Abend zu essen hatte. Sie löste eine Feldflasche von ihrem Gürtel, wischte sich den Schweiß vom Gesicht und trank.

Nachdem die Flasche nichts mehr hergab, hängte sie sie wieder an den Gürtel. Ihre Tasche und das einzelne größere Stück Elektroschrott lag inzwischen auf einem Blech, das sie wie einen Schlitten vor sich den Hang einer Düne hinabgleiten ließ. Hinter sich ließ sie das riesige Triebwerk eines havarierten Sternzerstörers alter Bauart zurück. Zu groß, um ihn zu zerschneiden, seine Technologie obsolet, hatte man ihn einfach hier in der Wüste zurückgelassen. In dem extrem trockenen Klima würde er noch in Jahrtausenden so daliegen. Eine willkommene Beute für Schrottsammler wie Rey, die sich auf das Ausschlachten solcher Riesen spezialisiert hatte.

Ein zweites Blech diente dem Mädchen selbst als Schlitten, um den Erträgen ihres Tagewerks hangabwärts zu folgen. Sie beherrschte diese Art der Fortbewegung gut genug, um weder von dem Blech zu fallen noch mit den Trümmern zusammenzustoßen, die den Hang übersäten.

Am Fuß der Düne stand sie auf und klopfte sich ab. Ihre sandfarbene Kleidung war in der Wüste unabdingbar; sie musste sie vor der Sonne schützen und ihre Körperfeuchtigkeit bewahren. Außerdem war sie billig und leicht zu flicken. Dasselbe ließ sich über den klobigen, zerbeulten Speeder sagen, den sie in der Nähe geparkt hatte. Wenn irgendetwas für das geschundene, verrostete Gefährt sprach, dann das zweistöckige Zwillingstriebwerk. Da die eine oder andere der Maschinen dazu neigte, jederzeit auszufallen, war ihre Verdoppelung vor allem der Redundanz wegen nützlich und weniger, weil sie etwa höheres Tempo oder mehr Agilität verschafft hätte.

Nachdem sie ihre Neuerwerbungen an dem Speeder befestigt hatte, schwang sie sich auf den Fahrersitz. Einen ängstlichen Moment lang schien es, als würde keiner der beiden Motoren anspringen. Dann nahm einer und schließlich der andere brüllend seinen Dienst auf. Das war ihr Leben, sinnierte Rey, eine Abfolge ängstlicher Momente, unterbrochen nur von gelegentlicher Panik. Das war der Preis für den Versuch, in einer provinziellen Welt zu überleben, die so hart und unversöhnlich war wie Jakku.

Während sie durch die Wüste raste, ließ sie sich von den Sensoren des Speeders zwischen endlosen Reihen und Haufen zerstörter Sternenschiffe hindurchleiten, zwischen obsoleter oder unwiderruflich beschädigter Militärausrüstung, zivilen Gerätschaften, die ihr Verfallsdatum weit überschritten hatten, und sogar vor langer Zeit abgewrackten imperialen Schiffen.

Die Instrumente blinkten. Barriere voraus: zu viele Trümmer, als dass sie sich hindurchmanövrieren könnte. Sie kannte die Stelle. Obwohl es mehr Kraft kosten würde, war an dieser Kreuzung ein weiter und potenziell gefährlicher Umweg die einzige Alternative. Zumindest würde in der Höhe die Luft kühler sein.

Der Speeder erhob sich über das verrottete Metall und stieg so weit auf, wie es notwendig war. Nur zum Spaß flog sie eine Rolle, ein kleiner Augenblick des Rausches in einer ansonsten stumpfsinnigen Existenz. Als sie herauskam, war der Vorposten Niima deutlich sichtbar. Niima: Zentrum der Galaxis, Schmelztiegel mannigfaltiger Kulturen, der seinen ungezählten Bewohnern eine nie endende Abfolge von Unterhaltung, Bildung und vergnüglichen Ablenkungen bot.

Ihr Lächeln war Hohn. Niima war eine funktionierende Achselhöhle von einer Stadt und mehr nicht. Ein Ort, an dem niemand Fragen stellte und an dem alle still und leise ihren eigenen Angelegenheiten nachgingen. Niima war einfach groß und weit genug entwickelt, dass es, wenn man auf der Straße tot umfiel, eine fünfzigprozentige Chance gab, dass sich jemand die Mühe machte, den Leichnam aufzusammeln und an einen einheimischen Proteinrecycler weiterzugeben oder an einen Einäscherer oder einen Beerdigungstechniker, falls einer von Letzteren Teil der persönlichen Philosophie des Opfers war, es dies auf seiner Identitätskarte vermerkt hatte und ein Vermögen greifbar war, um für die bevorzugte Art der Entsorgung aufzukommen.

Anderenfalls würden die Wüsten von Jakku sich zu gegebener Zeit um die Überreste kümmern, und zwar ohne Ansehen der Tugenden des Verblichenen.

Solange sie arbeiten konnte, hatte Rey nicht die Absicht, ein solches Schicksal zu erleiden. Natürlich hatte niemand diese Absicht. Aber wenn der Tod irgendetwas zeigte, dann die Vielzahl seiner Methoden, die oft überraschend und manchmal erheiternd waren. Sie parkte ihren Speeder, dann lud sie ihre Beute ab und schleppte sie in das Gemeinschaftsgebäude, das für diesen Zweck errichtet worden war und allen offenstand. Niemand bot ihr an, ihr bei der schweren Last zu helfen. In Niima waren Jugend und Geschlecht keine Barriere für nachbarschaftliche Gleichgültigkeit.

Sobald sie das mit Planen bedeckte, schattige Gebäude erreicht hatte, packte sie die Ergebnisse ihres Tagewerks aus, lehnte ihren Stab an den Arbeitstisch und begann ihre Beute zu putzen. Beim Verkauf war der äußere Schein wichtig. Die Bergung verlangte so große Anstrengungen, dass ein wenig Polieren und Wienern demgegenüber kaum ins Gewicht fiel. An anderen Tischen taten andere Schrottsammler es ihr gleich. Menschen und Nichtmenschen kommunizierten frei, machten Bemerkungen über die Funde anderer und tauschten Klatsch und Tratsch, größtenteils im einheimischen Dialekt. Wenn sie nicht freundlich miteinander plauderten, mühten sie sich herauszufinden, wo ihre Konkurrenten die beste Beute fanden.

Außerdem waren sie nicht darüber erhaben, einander zu bestehlen, wenn die Gelegenheit sich bot. Rey behielt ihre Waren genau im Auge.

Als sie von ihrer Arbeit aufschaute, fiel ihr Blick zufällig nach draußen. Die Zweibeinerin, deren Bewegungen ihre Aufmerksamkeit erregt hatten, war menschlich. Eine Frau, gekleidet in Tücher aus tiefem Braun, das beinahe in Purpur überging, mit einem Band aus türkisfarbenen Ornamenten über den Augen und Fingerspitzen. Auf der offenen Rampe eines Schiffes stehend betrachtete sie ihre Umgebung. Einen Moment später erschien ein ähnlich gekleideter und geschminkter Junge und gesellte sich zu ihr. Ein vertrauliches Gespräch entspann sich zwischen den beiden, und währenddessen strich die Erwachsene dem Kind durchs Haar. Als Rey sich wieder ihrer Arbeit zuwandte, merkte sie selbst nicht, dass die Bürste, mit der sie ein schmales Stück Elektronik bearbeitete, praktisch die liebkosenden Handbewegungen der Frau draußen imitierten.