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In 'Strahlende Zukunft' betreten wir eine alternative Chronik der Energieumwälzung, die an den Ereignissen von Fukushima anknüpft und nicht in der Weisheit des Nachhineins erzählt, sondern in der Erzählung dessen, was hätte sein können. Anstatt den Atomausstieg zu wählen, stellt sich das Buch die Frage, was wäre, wenn Deutschland sich für eine Neuausrichtung der Atomenergie entschieden hätte? Durch fortschrittliche Wasserstoff-Technologien und Thorium-Reaktoren werden neue Visionen aufgezeigt. Auf einer inspirierenden Reise mit Stationen an autarken Wohnhäusern, Wasserstoff-Zentren und durch ein malerisches Bergdorf erleben die Leser, wie Gemeinschaften durch Innovation und Zusammenhalt transformiert werden. Das Buch schließt mit Reflexionen über die Ereignisse ein Jahrzehnt nach Fukushima und beleuchtet tragische Momente wie das Unglück von Ahrweiler, das auf die neue Thorium-Reaktor-Technologie gesetzt hatte. Mit diesem Buch werden Sie nicht nur eingeladen, alternative Geschichten zu entdecken, sondern auch inspiriert, in der Gegenwart und Zukunft mutig und anders zu denken. Begleiten Sie uns auf eine fesselnde Reise durch eine Welt, die Deutschland durch Innovation, Ethik und Gemeinschaft zurück an die Weltspitze katapultiert hat, und lassen Sie sich herausfordern, über unsere eigenen Entscheidungen in einem neuen Licht nachzudenken.
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Seitenzahl: 330
Veröffentlichungsjahr: 2024
Stan Zucnecker
Strahlende Zukunft
Unbegrenzte Energie nach Fukushima
© 2023 Stan Zucnecker
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany
ISBN
Paperback
ISBN 978-3-384-04503-4
Hardcover
ISBN 978-3-384-04504-1
e-Book
ISBN 978-3-384-04505-8
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Vorwort
1. Fernes Beben, Nahes Echo
Erschütterungen
Zwischen den Katastrophen
Entfesselte Atome
Fernes Beben, Nahes Echo
Der Gedankentrip nach Fukushima
Elenas Widerstand
Zwischen Aktivismus und Realismus
Umdenken
Im Herzen der Industrie
Fernost und das Heimatgefühl
Ein Energiemix für Deutschlands Zukunft
2. Politischer Wendepunkt Die Tage nach Fukushima
11. März 2011, Berlin, Kanzleramt
12. März 2011, Kanzleramt, Berlin
13. März 2011
14. März 2011
15. März 2011 – Das Kanzleramt, Berlin
16. März 2011 – Deutscher Bundestag, Berlin
3. Die Ethikkommision
Im Dienste des Landes
Die Zusammenstellung eines Teams
Ein breites Spektrum an Stimmen
Konstruierende Sitzung
4. Die Experten
Innovation trifft auf Erfahrung
Der Ingenieur im Rampenlicht
Visionär zwischen Wirtschaft und Ethik
Erste Arbeitsstunde
5. Die Vision der Zukunft
6. Netzwerke der Vorbereitung
Die strategische Ausrichtung
Öffentlichen Meinung
Brücken bauen in einer Stadt
7. Offenbarung des Wandels
8. Reaktionen
9. Weg in die strahlende Zukunft
Vorbereitung des Testlaufs
Ankunft am Reaktorstandort
Sicherheitsüberprüfungen
Der Testlauf
Erste Reaktionen
Reflektion und Ausblick
10. Wasserstoff - Der Schlüssel zur Energiezukunft
Der Anfang in Chemnitz
Die Kunst der Wasserstoffherstellung
Die Reise mit dem Wasserstoff-Prototyp
Das Herz der Wasserstoffspeicherung
Das Netzwerk des Fortschritts
Der Weg des Wasserstoffs
Die wirtschaftlichen Aspekte
Wirkungsgrade
Blick in die Zukunft
11. Ethik - Bildung – Diskurs
Die Talkshow
Fokus auf den neuen Thorium Reaktor
Speicherbedarf durch Erneuerbare Energien
Blick in die Zukunft
Bildungskampagne in Schulen
Energie, Kraftwerke und Wasserstoff
Dr. Steinhardts Besuch und Diskussion
Bürgerfeedback – Öffentliche Anhörung
Unabhängige Bewertung
Die ethische Debatte
Überregionale Zeitung: Die Neue Welle
Die Medienkampagne - Konzeptentwicklung
Die Medienkampagne - Produktion
Veröffentlichung und Reaktionen
Wiedersehen und Reflexion
12. Reise ins Wasserstoff-Zeitalter
EcoFly's Innovation
Die Reise beginnt
Druckwasserreaktor im Norden
Hochleistungs-Elektrolyseur
Windenergiepark in der Nordsee
Das autarke Wohnhaus
Das Stahlwerk – Revolution in der Industrie
Besuch am Schachtofen
Wirtschaftliche und ökologische Betrachtung
Solarfarm im sonnigen Süden
In den Bergen – Wasserstoff in der Praxis
Ankunft am Flughafen von EcoFly
13. Ein Jahrzehnt danach 11. März 2021
Hiroshi's Erinnerungen
Die Wirtschaftsweisen
Die ökologische Perspektive
Politischer Rückblick: Der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg
Reaktion auf Fukushima: Sicherheitspriorität
Ökonomie und Ökologie
Thorium- und Wasserstoff
Die grüne Bewegung und ihre Vision
Die Zukunft Baden-Württembergs
Gesellschaftliche Reflexion: Meinungswandel
Bildung und Aufklärung als Schlüssel
Die Kraft der Jugend
Thorium- und Wasserstofftechnologien
Meinungsführer und Prominente
Vom Skandal zur sachlichen Berichterstattung
Eine informierte und engagierte Bürgerschaft
Abschluss: Hiroshi's Gedanken Der Ort des Nachdenkens
Rückblick auf die Reise
Ein ausgewogenes Deutschland
Bewunderung und Hoffnung
Der Abschied
EPILOG
Das Unglück von Ahrweiler
Der Sturm zieht auf
Die erste Herausforderung
Der Reaktor wird getroffen
Ein Wunder der Technik
Reflexion und Bestätigung
Hoffnung inmitten der Tragödie
A: Ursachen der Explosionen und Kernschmelzen in Fukushima
B: Unterschiede zu Deutschen Reaktoren
C: Alternative Reaktortypen
D: Der Atomausstieg
E: Die Ethikkommision
F: Die Hauptcharaktere des Buches
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F: Die Hauptcharaktere des Buches
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Vorwort
"Hätte, hätte, Fahrradkette." Ein Sprichwort, das die Unumkehrbarkeit der Vergangenheit auf humorvolle Weise in Worte fasst. Mit dem Wissen von heute sind viele Entscheidungen von gestern leicht zu bewerten. Aber es geht hier nicht um die Weisheit des Nachhineins.
In diesem Buch möchte ich nicht belehren oder die damaligen Akteure kritisieren. Es ist wichtig zu verstehen, dass jede Entscheidung, die in der Vergangenheit getroffen wurde, auf den damaligen Erkenntnissen und Perspektiven basierte. Doch diese "Was-wäre-wenn"-Erzählung stellt sich die Frage, wie es hätte sein können, wenn andere Wege beschritten worden wären. Sicher sind einige technische Innovationen hier voreilig dargestellt, und die absolute Sicherheit der Kernkraft ist nicht garantiert. Aber das ist der Punkt eines solchen Szenarios: Die Möglichkeiten aufzeigen und die Phantasie anregen.
Betrachten Sie unser heutiges Deutschland: Extremistische Strömungen gewinnen an Einfluss, und Themen wie die Thorium-Reaktor-Debatte werden instrumentalisiert. Eine Abkehr von den MINT-Berufen, steigende Energiepreise trotz oder wegen staatlicher Unterstützung und ein sinkendes Bildungsniveau sind beunruhigende Realitäten. In der globalen Arena verliert Deutschland seinen industriellen Vorsprung, was den Arbeitsplatzverlust hier und das Wachstum in kostengünstigeren Ländern fördert.
Es geht jedoch nicht nur darum, alternative Geschichten zu betrachten, sondern auch darum, aus ihnen zu lernen. Dieses Buch fordert uns auf, bei aktuellen und zukünftigen Entscheidungen tiefer in die technischen Möglichkeiten einzutauchen und vielleicht mutiger, neu und anders zu entscheiden.
Mit diesem Gedanken möchte ich Sie einladen, sich auf eine Reise in eine alternative Vergangenheit zu begeben. Eine, die uns inspiriert, in der Gegenwart und Zukunft anders zu denken und zu handeln.
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Fernes Beben, Nahes Echo
Erschütterungen
Hiroshi hatte das sanfte Schaukeln des Ozeans immer als beruhigend empfunden, ein Erbe aus Kindheitstagen, als er mit seinem Vater zum Fischen hinausfuhr. Er war, seit er denken konnte, mit dem Meer verbunden, liebte es, sich auf den schaukelnden Wellen treiben zu lassen und die salzige Brise auf seiner Haut zu spüren.
Doch an diesem Tag, dem 11. März 2011, sollte seine Verbindung zum Meer auf eine harte Probe gestellt werden. Hiroshi, der für eine maritime Dokumentation an der nordöstlichen Küste Japans filmte, erlebte die ersten Anzeichen des Erdbebens nicht als sanftes Schaukeln, sondern als eine gewaltige, entsetzliche Erschütterung aus den Tiefen des Ozeans. Seine Kamera wackelte, während die Wellen um ihn herum zu wachsen schienen, die Naturgewalten ihr schreckliches Spiel begannen.
Obwohl das Epizentrum des Bebens fast 70 Kilometer vor der Küste lag, reichte seine Macht bis ins Landesinnere, riss Gebäude ein, ließ Straßen aufbrechen und Menschen in Panik geraten. Die Erde unter Hiroshis Füßen bebte und knarrte, die Möwen flüchteten mit schrillen Schreien in den bleiernen Himmel, und etwas Dunkles, Bedrohliches hob sich am Horizont ab.
In Japan, einem Land, das allzu vertraut mit den Gefahren von Erdbeben war, heulten fast sofort nach den ersten Erschütterungen die Sirenen. Tsunami-Warnungen wurden ausgesprochen, SMS-Benachrichtigungen verschickt, Fernseh- und Radiosender unterbrachen ihre regulären Programme, um die Bevölkerung zu alarmieren. Doch trotz der modernen Technologie und den Frühwarnsystemen hatte niemand die wahre Macht und das zerstörerische Potential dieser Welle erahnen können.
Hiroshi, der auf Klippen stand und das raue Meer filmte, spürte in sich eine tiefe, bohrende Angst, als er die Wand aus Wasser auf sich zukommen sah. Ein Monstrum, das alles verschlang, was sich ihm in den Weg stellte. Einige Menschen um ihn herum begannen zu schreien, andere rannten bereits landeinwärts, weg von der unaufhaltsamen Macht des Wassers. Aber Hiroshi blieb stehen, seine Kamera fest in der Hand, fest entschlossen, Zeuge zu sein und zu dokumentieren, was geschehen würde.
Die Welle kam näher, verschlang die Küste, riss Bäume, Häuser, Autos mit sich. Hiroshi spürte das Adrenalin in seinen Adern, die brennende Notwendigkeit, dies der Welt zu zeigen, auch wenn sein Innerstes ihm zurief zu fliehen. Im letzten Moment, als die Welle bereits alles unter sich begrub, drehte er sich um und rannte. Seine Beine bewegten sich fast automatisch, während seine Augen ständig zum Horizont zurückglitten, wo die Welle weiter ihre Zerstörung verbreitete.
Als er in Sicherheit war, sein Herz gegen seine Rippen hämmerte und die Welt um ihn herum in Chaos versank, ließ er sich auf den Boden fallen. Die Kamera, immer noch in seiner Hand, war zu seinem stummen Begleiter geworden, Zeuge der schrecklichen Schönheit der Natur und ihrer unerbittlichen, zerstörerischen Macht.
Zwischen den Katastrophen
Die Nacht nach dem Tsunami war eine einzige Kakophonie aus Schreien, Sirenen und dem ständigen, drohenden Grollen des Meeres. Hiroshi konnte nicht schlafen. Das Adrenalin und die schockierenden Bilder des Tages ließen ihn ruhelos umhertreiben, während in seinem Inneren ein ständiger, pulsierender Alarmzustand herrschte. Er hatte sich in eine kleine Notunterkunft in einem Schulgebäude ein paar Kilometer landeinwärts geflüchtet, zusammen mit anderen, die ihre Häuser und manche ihre Liebsten an das unbarmherzige Wasser verloren hatten.
Die Menschen um ihn herum wirkten wie Gespenster, ihre Gesichter von Entsetzen und Trauer gezeichnet, ihre Bewegungen mechanisch und ohne Ziel. Hiroshi saß auf einer harten Bank in der Turnhalle, seine Kamera sicher in seinem Schoß, die Aufnahmen des Tages wie eine schwere Last in seinem Kopf. Ein alter Mann saß neben ihm, starrte ins Leere und murmelte immer wieder denselben Satz: "Das Meer nimmt, und das Meer gibt…"
Am frühen Morgen des 12. März, als die ersten schwachen Lichtstrahlen durch die zerbrochenen Fenster der Turnhalle fielen, packte Hiroshi seine Sachen. Er hatte die ganze Nacht das Meer im Ohr gehabt, die wellenförmigen Echos der Zerstörung, die sich unaufhörlich wiederholten. Aber jetzt gab es eine andere, dumpfe Angst, die in seinem Magen gärte. Er dachte an das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi, nur wenige Kilometer entfernt, und an die unsichtbare, lauernde Gefahr, die von dort ausging.
Er packte seine Kamera und einige Verpflegungen in seinen Rucksack und setzte sich wieder in Bewegung, getrieben von der gleichen journalistischen Neugier und dem unerklärlichen Drang, Zeuge der Ereignisse zu sein, die sich um ihn herum entfalteten. Er bewegte sich in Richtung der Küste, dem Ort der größten Verwüstung, doch sein Blick schweifte immer wieder in Richtung Westen, in Richtung des Kraftwerks, das wie eine dunkle Wolke am Horizont seiner Gedanken hing.
Als er die Überreste der Küstenstadt durchquerte, war es, als würde er durch die Kulissen eines Horrorfilms gehen. Überall verstreut lagen persönliche Gegenstände, Spielzeuge, Fotografien, Möbel – stumme Zeugen von Leben, die in einem Augenblick ausgelöscht wurden. Jeder Schritt brachte neue Bilder von Verwüstung in Hiroshis Linse, doch in seinem Kopf wuchs die Furcht vor einer anderen, nicht sichtbaren Zerstörung.
Die Nachrichten, die er über sein batteriebetriebenes Radio hörte, waren widersprüchlich und verwirrend. Es gab Berichte von Problemen im Kraftwerk, von Ausfällen in den Kühlsystemen und der Gefahr eines möglichen Kernschmelzunfalls. Hiroshi fühlte sich zerrissen zwischen der Aufgabe, das Leid und die Zerstörung um ihn herum zu dokumentieren, und der wachsenden Angst und Neugier bezüglich der unsichtbaren Bedrohung, die von Fukushima Daiichi ausging.
Entfesselte Atome
Hiroshi starrte auf die ferne Silhouette des Fukushima Daiichi Kraftwerks, sein Herz schlug wild gegen seine Brust, als wäre es bestrebt, seinen Körper zu verlassen. Seine Finger umklammerten die Kamera, als wäre sie eine Lebensleine, die ihn in dieser unwirklichen, apokalyptischen Landschaft verankerte. Eine steife Brise trug Salz und Bitterkeit von der rauen See zu ihm, vermischte sich mit dem unsichtbaren Hauch der Angst, der in der Luft hing. Das Radio knackte und stotterte in seiner Tasche, die Nachrichten waren fragmentiert und dringlich, Warnungen und Durchsagen überschlugen sich.
Um 15:36 Uhr am 12. März 2011 zerriss eine gewaltige Explosion die relative Stille, die über dem verwüsteten Land lag. Hiroshis Augen weiteten sich entsetzt, als eine gewaltige Rauchwolke aus dem Reaktorgebäude von Block 1 emporschoss, sich wie ein todbringender Pilz in den Himmel streckte. Die Erde unter seinen Füßen schien für einen Moment zu erbeben, und das Dröhnen der Explosion erreichte ihn, ließ den Boden unter seinen Füßen vibrieren. Die Druckwelle schlug ihm entgegen, und instinktiv duckte er sich, schützte Kamera und Kopf mit den Armen, während sein Herz in seiner Brust hämmerte.
Obwohl er kilometerweit entfernt stand, konnte Hiroshi den metallischen, brennenden Geruch in der Luft schmecken, der von der Explosion herüberwehte. Seine Gedanken rasten. War das die Kernschmelze, vor der alle gewarnt hatten? War das der Anfang vom Ende?
Die Nachrichten im Radio wurden immer verzweifelter, Stimmen voller Panik und Unglauben kommentierten die Bilder, die vermutlich in diesem Moment um die Welt gingen. Evakuierungsanweisungen für alle, die sich in der Nähe des Kraftwerks aufhielten, wurden ausgegeben. „Bitte bleiben Sie ruhig und verlassen Sie das Gebiet in geordneter Manier“, drang die Stimme durch das Rauschen des Radios.
Aber Hiroshi blieb, seine Augen fest auf die rauchende, brodelnde Wunde am Horizont geheftet. Seine Hände, stabil trotz des Zitterns seines Körpers, hielten die Kamera fest, während er den Auslöser drückte, wieder und wieder, das Grauen für die Nachwelt festhaltend.
Die Dunkelheit senkte sich über das Land, während Hiroshi, isoliert in seiner stillen Beobachtung, Zeuge wurde, wie die Flammen des explodierten Reaktors in der Ferne gegen den nachtschwarzen Himmel leckten. Als die Dunkelheit ihn umhüllte, setzte er sich in Bewegung, weg von der Küste, weg von dem unsichtbaren Schatten der Radioaktivität, die in dieser schrecklichen Nacht ausgestreut wurde.
In den Tagen und Wochen, die folgen würden, würde Hiroshi durch Landschaften wandern, die sowohl von natürlicher als auch von menschengemachter Katastrophe gezeichnet waren. Er würde Geschichten einfangen, sowohl von Verlust als auch von unbeugsamem Überlebenswillen. Und während die Welt zusah und lernte, würde seine Linse unermüdlich das Leid, die Widerstandsfähigkeit und die unbeantworteten Fragen einer Nation dokumentieren, die im Auge eines unvorstellbaren Sturms stand.
Fernes Beben, Nahes Echo
Andreas Müller, ein in der Mitte seines Lebens stehender Ingenieur, mit dem Fachgebiet der nuklearen Sicherheit, erlebte die Tage des März 2011 in einer Mischung aus professionellem Interesse und tiefer, menschlicher Besorgnis. In seinem behaglichen Büro in einem Atomkraftwerk im Süden Deutschlands umgeben von Monitoren und Sicherheitssystemen, war Andreas stets der Wächter, immer auf der Hut vor Unregelmäßigkeiten, die sich in den zahlreichen Datenströmen und Kontrollleuchten seiner Anlagen abzeichnen könnten.
Der Morgen des 11. März, ein Freitag, begann routiniert, mit dem üblichen Überblick über die Nachtberichte und einem Kaffee in der Hand. Als die Nachrichten über das Erdbeben in Japan hereinbrachen, krampfte sich sein Magen zusammen. Das Unbehagen breitete sich in ihm aus, als die Bilder des Tsunamis über die Fernsehbildschirme flimmerten – ganze Ortschaften, die vor der Gewalt des Meeres flohen, Menschen, die in den Fluten verschwanden.
Es war nicht nur das unmittelbare menschliche Leid, das Andreas bewegte. Es war auch die unmittelbare, zwingende Erinnerung an die zerbrechliche Beziehung zwischen dem Menschen und den atomaren Kräften, die er zu bändigen versuchte. Fukushima war nicht nur ein Kraftwerk. Es war ein Mahnmal, eine Erinnerung an das, was schiefgehen konnte, wenn die Natur sich gegen die Technologie stellte.
Als am folgenden Tag, dem 12. März, die Nachricht von der Explosion im Reaktorblock 1 durch die Medien ging, fühlte Andreas eine tiefe, kalte Schwere in seinem Inneren. Seine Gedanken rasen. Der Schutzraum, der die radioaktiven Materialien umgeben sollte, wurde durch die Explosion zerstört – das war das Szenario, das jeder in seiner Branche fürchtete. Das Szenario, für das sie planten, das sie durchspielen, und das sie zu verhindern schworen. Und doch, dort war es, unerbittlich real, auf seinem Bildschirm.
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, seine Hand unbewusst fest um die Tasse gekrampft, während die Bilder von rauchenden Trümmern über den Bildschirm liefen. Die Nachrichten waren getränkt von einem Ozean aus Unwissen und Spekulationen – „Eine Wasserstoffexplosion…“, „Die Kühlsysteme haben versagt…“, „Möglicher Kernschmelze…“. Es war ein Zwiespalt aus Horror und technischer Analyse, und Andreas fühlte sich in diesem Moment zutiefst isoliert, gefangen zwischen seiner Rolle als Fachmann und seiner Reaktion als Mensch.
Der Gedankentrip nach Fukushima
Andreas stand an einem nebligen Morgen vor dem imposanten Gebilde aus Beton, Stahl und komplexer Technologie, das den Himmel überragte. Sein Blick, durchdrungen von einer Mischung aus Bewunderung und heiligem Respekt, wanderte über die Strukturen, die sich vor ihm erstreckten. Die Anlage war eine Festung der Technik, eine Kathedrale, gewidmet dem Gott der Elektronen und Neutronen.
Für jeden Außenstehenden war es eine gewöhnliche nukleare Anlage, sicher und stabil, auf dem neuesten Stand der Technik. Doch für Andreas, mit jahrelanger Erfahrung in der Branche und Kenntnissen, die nur wenige besitzen, repräsentierte sie weit mehr als das. In seinen Augen war sie ein Denkmal menschlicher Ingenieurskunst – und zugleich eine stete Mahnung an die immensen Kräfte, die hier gezähmt wurden.
Die Nachrichtenbilder aus Japan hatten ihn nicht losgelassen, die verzweifelten Anstrengungen der Ingenieure vor Ort, die Katastrophe zu bewältigen, die traurigen und verängstigten Gesichter der Evakuierten. Die schrecklichen Momente, in denen sich Mensch und Technik einem unbändigen Naturereignis gegenübersahen, hatten in ihm eine tiefe Besorgnis geweckt.
Nun stand er hier, fest entschlossen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass ein ähnliches Schicksal seiner Heimat erspart bliebe. Doch wo sollte er beginnen, wenn er sein Atomkraftwerk in Gedanken nach Fukushima verlegen wollte? Welche Parameter, welche Aspekte mussten bedacht werden, um eine möglichst akkurate, hypothetische Analyse durchzuführen?
Geographische und Umweltbedingungen:
Welche Rolle würde die spezifische Lage des deutschen Kraftwerks spielen? Wie könnten regionale geographische und klimatische Bedingungen - von Erdbeben bis hin zu Flutrisiken - die Anlage beeinflussen?
Reaktortyp und Technische Unterschiede:
Andreas würde die technischen Eigenschaften und Sicherheitssysteme des heimischen Druckwasserreaktors mit denen der Reaktoren in Fukushima vergleichen müssen. Hierbei müssten spezifische Elemente wie Kühlsysteme, Hülle und Sicherheitsbehälter, Redundanzen sowie Notstromversorgungen in Betracht gezogen werden.
Betriebsphilosophie und Sicherheitsprotokolle:
Wie würden die internen Prozesse, Trainingsstandards, Notfallpläne und Entscheidungsfindungsprozesse in Krisenzeiten bei einem vergleichbaren Unfall ablaufen? Welche Schwächen könnten sich zeigen, und wo würden Stärken liegen?
Soziopolitische und regulatorische Faktoren:
Wie könnten politische, soziale und regulatorische Rahmenbedingungen die Prävention, Reaktion und Nachbearbeitung eines nuklearen Unfalls beeinflussen? Dazu gehören Aufsichtsbehörden, rechtliche Rahmenbedingungen, Entscheidungsstrukturen und Kommunikationswege nach außen.
Evakuierung und Katastrophenschutz:
Wie sind die Notfallpläne und Evakuierungsstrategien für die umliegenden Gebiete konzipiert? Sind diese für ein katastrophales Ereignis ausreichend dimensioniert und wie schnell könnten sie umgesetzt werden?
Langzeitfolgen und Dekontaminationsstrategien:
Wie sind die Pläne zur Bewältigung der langfristigen Folgen eines ernsthaften Unfalls, einschließlich der Dekontamination von Land und der Versorgung von evakuierten Bewohnern, gestaltet?
Andreas begab sich auf einen gedanklichen Pfad der Analyse, der Selbstreflexion und der ständigen Konfrontation mit „Was wäre wenn“-Szenarien. Sein Bestreben war es, sich und seine Kollegen nie unvorbereitet oder sorglos zu finden, sollte das Undenkbare geschehen. Es war eine Reise, die ihn sowohl in die Tiefen der technischen Dokumentationen und Protokolle führen würde, als auch in philosophische Überlegungen über Risiko, Verantwortung und die Ethik der Kernkraft.
Denn auch wenn die Kühltürme vor ihm standhaft und unerschütterlich wirkten, wusste Andreas, dass sie – wie alle von Menschen geschaffenen Strukturen – nicht unfehlbar waren. Und es war seine, ihre Aufgabe, sicherzustellen, dass sie so sicher wie nur irgend möglich waren.
Unerschütterlich oder doch verletzlich?
Die Konturen des massiven Betongebäudes standen in seiner Vorstellung, und seine Gedanken gingen unweigerlich zu den robusten Mauern und der strukturellen Integrität, die in jedes Detail von seinem Atomkraftwerk eingeflossen waren. Mit einer Hand fuhr er durch seine Haare, als er sich fragte: Hätte es standgehalten? Ein Erdbeben der Stärke 9,0, so unbarmherzig und zerstörerisch?
Andreas griff nach einer spezifischen Blaupause – die der Reaktorhülle. Jedes Detail, jede Verstärkung war darauf abgebildet. Er kannte die Argumente, die während der Planungs- und Bauphase diskutiert worden waren, die Sorgen um Stabilität und die innovativen Lösungen, die deutsche Ingenieurskunst hervorgebracht hatte.
Die unaufhaltbare Wand des Wassers
Doch was war mit dem Wasser? Ein Tsunami, eine wütende, nicht aufzuhaltende Wand aus Wasser, die alles mit sich riss, was sich ihr in den Weg stellte. Die höchsten Sicherheitsstandards, die fein abgestimmten Protokolle – würden sie standhalten, wenn die Natur in all ihrer Wut zuschlug?
Mein Kraftwerk lag weit entfernt von den gewaltigen Ozeanen, die Japan umgaben, aber war es deshalb sicher vor den Launen der Natur?
Ein fehlerfreies System?
Ein Ruck durchzuckte Andreas, als seine Gedanken zum Kühlkreislauf wanderten. In Fukushima war das Kühlungssystem durch den Tsunami lahmgelegt worden. Hier, in seinem Kraftwerk, verließen sie sich auf fortschrittliche, auch passive Kühlsysteme, die auch bei einem kompletten Stromausfall funktionieren sollten. Doch die Fragen blieben: Wie lange? Unter welchen Umständen?
Ein Kampf gegen die Unsicherheit
Das Zittern der Hände, die Unsicherheit in den Augen, all das konnte Andreas sich lebhaft vorstellen, wenn er an die Crew dachte, die in einem solchen Szenario tätig sein müsste. Würden sie entscheiden können, wenn jede Sekunde zählte und jede Fehlentscheidung katastrophale Auswirkungen haben könnte? Wie würde sein Team handeln, wenn sie zwischen dem Unmöglichen und dem Unwahrscheinlichen wählen müssten?
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, die Augen fest geschlossen. Es waren unzählige Variablen, unzählige „Waswäre-wenn“-Szenarien, die durch seinen Kopf wirbelten. Mein Kraftwerk war sicher, ja, aber absolute Sicherheit war eine Illusion. Jeder Ingenieur, der sein Salz wert war, wusste das.
In den Tiefen seiner Gedanken, umgeben von technischen Dokumenten und sicherheitsspezifischen Szenarien, erkannte Andreas, dass es keine Unverwundbarkeit gegenüber der unberechenbaren Kraft der Natur gibt. Es gab nur Vorbereitung, Planung und die ewige Hoffnung, dass es genug sein würde, wenn die Zeit käme.
Und während er so dasaß, in dem gedämpft beleuchteten Raum, umgeben von Plänen und Papieren, fasste er einen Entschluss. Ein Entschluss, der das Fundament für eine sicherere, verantwortungsvollere Zukunft in der Kernenergie sein könnte.
Elenas Widerstand
Elena stand auf dem windgepeitschten Hügel, ihre Augen fixierten das massive Gebäude des Atomkraftwerks in der Ferne. Es war ein kühler Tag, und der stechende Wind ließ die Bäume ringsum in einem ständigen, wilden Tanz schwanken. Ihre Hand umklammerte das verblasste Transparent, auf dem „Atomkraft? Nein Danke!“ stand, ein Erbstück aus vergangenen Zeiten, ein Symbol ihres lebenslangen Kampfes.
Elenas Haare, mittlerweile mehr grau als braun, waren zu einem straffen Zopf zusammengebunden und wehten gleich einer Fahne im Wind. Ihr Gesicht, gezeichnet von Jahren des Aktivismus, blickte unerschütterlich auf das Ziel ihrer Anstrengungen. Sie erinnerte sich an ihre ersten Tage als Aktivistin, an die leidenschaftlichen Debatten, die stürmischen Proteste, und die Hoffnung, dass ihre Stimme gehört werden würde.
Ihre Gedanken schweiften ab zu den Tagen, als sie zum ersten Mal auf diesen Hügel gestiegen war, eine lebhafte, junge Frau mit funkelnden Augen und einer Leidenschaft, die Welt zu verändern. Sie erinnerte sich an die Empörung, die sie empfunden hatte, als sie von Tschernobyl, Three Mile Island und nun auch Fukushima hörte. Die Angst vor dem Unsichtbaren, dem Strahlenden, hatte sie angetrieben, hatte ihre Stimme in den vielen Jahren nie verstummen lassen.
Obwohl die Zeiten sich änderten, die Technologie fortschritt und Versprechungen von sichererer, „sauberer“ nuklearer Energie gemacht wurden, konnte Elena das nagende Gefühl nicht loswerden, dass es immer ein Restrisiko geben würde, ein Risiko, das sie nicht bereit war einzugehen.
Die Atomkatastrophe in Fukushima hatte einen tiefen Eindruck hinterlassen und ihre Überzeugung nur verstärkt, dass der Menschheit die Kontrolle über die Kernkraft fehlte, trotz aller technologischen Fortschritte. Elena hatte sich gefragt, ob die Technokraten, die Entscheidungsträger, je eine Familie verloren hatten durch die unsichtbare, tödliche Bedrohung der Radioaktivität, oder ob sie die Angst gespürt hatten, die mit dem Wissen einhergeht, dass ihre Heimat für immer verloren sein könnte.
Mit festem Griff an ihrem Transparent, ihre Silhouette gegen den düsteren Himmel abgezeichnet, machte Elena sich auf den Weg hinunter zum Protestcamp, wo eine junge Generation von Aktivisten sie bereits erwartete, bereit, den Staffelstab weiterzutragen. Elena wusste, ihre Reise war noch nicht vorbei, der Kampf war noch nicht gewonnen. Doch in den jungen Augen um sie herum sah sie ein Feuer brennen, dasselbe, das einst auch in ihr entflammt war.
Die Frage, die in der Luft hing, während sie dem Wind und der aufgehenden Sonne entgegentrat, war, ob die Vergangenheit und Zukunft jemals in Einklang gebracht werden könnten, ob eine Brücke zwischen dem energiehungrigen Fortschritt und dem Schutz unseres Planeten gebaut werden könnte.
Und während Elena ihren Weg fortsetzte, verband sie Generationen, alte Wunden mit neuen Hoffnungen, und trug die Last und das Licht ihrer Geschichte mit sich, im stetigen Glauben an eine sicherere, nachhaltigere Zukunft.
Zwischen Aktivismus und Realismus
Elena trat in das Protestcamp ein, von angeregten Gesprächen, jugendlicher Energie und dem Duft von frisch gekochtem Essen umgeben. Ein Mädchen mit lebhaften Augen und einem fröhlichen Lächeln trat auf sie zu, umarmte sie fest und nannte sie „Mentorin“. Hier, inmitten der Zelte und handgemalten Banner, spürte sie die flammende Entschlossenheit der nächsten Generation. Ihre eigenen, müden Augen blickten in die lebendigen, hoffnungsvollen Gesichter um sie herum und fanden neuerliche Kraft.
Als die Sonne langsam über dem Horizont aufging, breitete sich ein goldenes Licht über das Camp aus. Elena setzte sich neben ein kleines Lagerfeuer, in dem noch die Reste der nächtlichen Flamme glimmten. Ein junger Mann mit zerzausten Haaren und einer drahtigen Brille setzte sich zu ihr. Lukas, ein aufstrebender Physiker und leidenschaftlicher Umweltschützer, war jemand, den sie bereits kannte. Er hatte in der Bewegung für Aufsehen gesorgt mit seinem starken Engagement für Klimagerechtigkeit, kombiniert mit einer überraschenden Offenheit gegenüber der Atomenergie.
„Ich habe dich lange nicht mehr gesehen, Elena“, begann Lukas mit einem nachdenklichen Tonfall.
„Ich war unterwegs, habe andere Bewegungen besucht, mich ausgetauscht, gelernt…“ Ihre Stimme trug eine Melodie aus Hoffnung und Melancholie mit sich. „Die Jugend hier, sie erinnert mich an damals.“
„Die Flammen der Rebellion sind unersättlich“, antwortete Lukas, seine Augen fixierten die glühenden Kohlen vor ihnen. „Aber sie brauchen auch Nahrung, Orientierung.“
Ein kurzes Schweigen entstand, in dem beide in die Flammen starrten, jeder mit eigenen Gedanken und Erinnerungen.
„Elena“, sagte Lukas schließlich, seine Stimme fest und entschlossen, „Ich respektiere deine Erfahrung und deine Siege. Aber ich fürchte, wir können den Klimawandel nicht bekämpfen, indem wir allein auf erneuerbare Energien setzen. Wir brauchen auch die Kernkraft, insbesondere die neuen, sichereren Technologien.“
Elena wandte sich ihm zu, ihre Augen suchten nach einem Funken Dogmatismus in seinem Blick, fanden jedoch nur aufrichtige Besorgnis.
„Ich habe gesehen, was die Kernenergie anrichten kann, Lukas“, antwortete sie sanft, „Ich habe Freunde verloren…“
„Und ich habe gesehen, was passiert, wenn wir nicht genug Strom haben, um Krankenhäuser zu betreiben, um Häuser zu heizen“, unterbrach er sie sanft. „Kernenergie ist nicht perfekt, aber sie ist ein Werkzeug, das wir benötigen.“ Lukas' Stimme war fest, aber seine Augen zeigten Mitgefühl für Elenas bisherigen Kampf gegen Atomkraft.
Elena blickte in die immer noch glühenden Flammen und dachte nach. Dieser junge Aktivist mit seinem wilden Haar und seiner ernsten Miene hatte recht. Sie hatte das Unbehagen bereits in sich gespürt, als sie Zeugin des massiven Umbruchs der Umweltbewegung wurde. Aber hier, jetzt, mit seinen Worten, war es, als hätte jemand eine leise, unausgesprochene Wahrheit ausgesprochen.
„Weißt du, Elena“, fuhr Lukas fort, „Deutschland hat die Fähigkeiten und die Technologie, um eine sichere und nachhaltige Zukunft zu gestalten. Wir sind technologische Vorreiter in vielen Industriezweigen, haben einige der klügsten Köpfe und eine starke wissenschaftliche Gemeinschaft. Es ist unerlässlich, dass wir unsere Ressourcen, Wissen und Innovationen nutzen, um Lösungen für die globalen Herausforderungen zu finden, vor denen wir alle stehen.“
Elena nickte langsam. „Du hast recht, Lukas. Wir haben eine Verantwortung. Nicht nur gegenüber unserem Land und seinen Bürgern, sondern global, gegenüber all jenen, die auf uns und unsere Technologien blicken.“
Sie saß eine Weile still da und beobachtete die jungen Aktivisten um sie herum, die voller Energie und Entschlossenheit für eine Zukunft kämpften, die sie nur zu gut kannte. Und dann blickte sie wieder zu Lukas.
„Aber vergiss nicht“, sagte sie, ihre Stimme fest, „dass wir auch eine Verantwortung gegenüber den Generationen vor uns haben, die gegen die Gefahren und Unachtsamkeiten der Atomkraft gekämpft haben. Wir müssen sicherstellen, dass wir ihre Lehren und Opfer nicht vergessen, während wir neue Wege beschreiten.“
Lukas nickte, die Worte Elenas sichtlich in ihm nachhallend. „Der Weg nach vorne ist niemals linear oder einfach. Aber ich glaube, dass wir, indem wir auf der Wissenschaft und der Erfahrung aus der Vergangenheit aufbauen, eine Brücke in eine nachhaltige und sichere Zukunft schlagen können.“
Umdenken
Gemeinsam, mit einer verflochtenen Vision von Respekt für die Vergangenheit und einer technologiegetriebenen Hoffnung für die Zukunft, wurden Elena und Lukas zu einem unerwarteten Duo. Ihre Diskussionen und Debatten wurden tiefer, konkreter und fruchtbarer, während sie anfingen, die unterschiedlichen Facetten ihres Kampfes zu erkunden.
Die Energie, die durch ihre kombinierten Kräfte freigesetzt wurde, begann, sich wie ein Funke durch die Bewegung zu verbreiten, ein Funke, der eine flamme der Erneuerung und des Wandels entzündete. Ihre Reise sollte komplex und herausfordernd werden, aber gemeinsam waren sie bereit, den neuen Weg in eine ungewisse Zukunft zu erkunden.
So, im Herzen der Bewegung, wo Vergangenheit und Zukunft sich kreuzten, begann ein neues Kapitel im ewigen Streben nach einer sauberen, sicheren und nachhaltigen Welt. Und dieses Kapitel würde von jenen geschrieben werden, die mutig genug waren, alte Überzeugungen in Frage zu stellen und neue Allianzen im Namen des größeren Guten zu schmieden.
Im Herzen der Industrie
Es war ein sonniger Märzmorgen im Jahr 2011. Die ersten Frühlingsblumen blühten bereits in Karstens Garten, als er sich mit seiner Tasse Kaffee an den Frühstückstisch setzte und den Fernseher einschaltete. Die Schlagzeilen über die Erdbebenkatastrophe in Japan ließen ihn vor Schreck erstarren. Das Ausmaß der Zerstörung war unvorstellbar. Die Bilder von Menschen, die verzweifelt ihre Angehörigen suchten, von eingestürzten Gebäuden und überschwemmten Straßen zogen ihn in ihren Bann.
Doch es war das Fukushima-Kraftwerk, das ihm den Atem raubte. Als jemand, der sich intensiv mit Energieproduktion und -verbrauch beschäftigte, konnte er die potenziellen Auswirkungen dieser Katastrophe auf die weltweite Energiewirtschaft abschätzen. Und er fühlte eine steigende Beklemmung, als er sich die Konsequenzen für Deutschland vorstellte.
Die Nachrichten zeigten wiederholt die Bilder des Atomkraftwerks. Als er die Rauchsäulen aufsteigen sah, schlug ihm das Herz bis zum Hals. „Das könnte das Ende der Kernenergie in Deutschland bedeuten“, dachte er. Und mit diesem Ende könnte ein weiterer Anstieg der Energiekosten einhergehen, der die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in der globalen Industrielandschaft gefährden würde.
Die Fassungslosigkeit über die Katastrophe in Japan wurde durch eine wachsende Sorge über die Zukunft der deutschen Industrie ergänzt. Er dachte an die steigenden Strompreise, die Arbeitsplatzverluste und die Unsicherheit, die viele seiner Kollegen und Mitarbeiter in der Vergangenheit durchlebt hatten. Ein weiterer Anstieg der Energiekosten könnte den Druck auf Unternehmen und Arbeitsplätze noch weiter erhöhen.
Karsten fühlte, dass es an der Zeit war, zu handeln. Nicht nur aus Sorge um seine eigene Branche, sondern auch um die Zukunft Deutschlands als Ganzes. Die Ereignisse in Japan waren eine schmerzhafte Erinnerung daran, wie wichtig es war, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen. Er war entschlossen, einen Beitrag zu leisten, um Deutschland auf einen sicheren und nachhaltigen Weg in der Energieversorgung zu führen.
Fernost und das Heimatgefühl
Die Fernsehbilder aus Japan ließen bei Karsten eine Flut von Erinnerungen hochkommen. Er dachte an die Zeit zurück, als er in Asien war, fern von seiner Heimat, um Produktionsstätten aufzubauen. Er konnte die Hitze spüren, den Geruch der pulsierenden Städte, das ständige Summen der Menschenmassen.
Es war eine Zeit des Aufbruchs und der Möglichkeiten. Die Dynamik und die Begeisterung der Menschen vor Ort waren ansteckend. Er war stolz darauf, ein Teil dieses Wachstums zu sein, und gleichzeitig trug er das Bewusstsein mit sich, dass er hier in Asien etwas schuf, das in Deutschland fehlen würde.
Doch dann kamen die schwierigen Entscheidungen. Die Notwendigkeit, Kosten zu senken und wettbewerbsfähig zu bleiben, zwang ihn dazu, Produktionslinien ins Ausland zu verlagern. Er erinnerte sich an die schweren Treffen in Deutschland, in denen er seinen Mitarbeitern in die Augen blicken und ihnen mitteilen musste, dass ihre Arbeitsplätze in Gefahr waren. Diese Momente waren zermürbend. Das Gefühl von Hilflosigkeit und die Last der Verantwortung wogen schwer.
Es waren die Gesichter seiner Mitarbeiter, die ihm am meisten im Gedächtnis blieben. Gesichter, die Enttäuschung, Angst und Unsicherheit zeigten. Jeder Blick war wie ein Dolchstoß ins Herz. Er dachte an Klaus, den erfahrenen Meister, der seit über 30 Jahren im Unternehmen war, an junge Auszubildende wie Tim, die gerade erst begonnen hatten. Es waren Menschen, die auf ihre Arbeit stolz waren, Menschen mit Familien, Träumen und Hoffnungen.
Während Karsten die Nachrichten aus Japan verfolgte, vermischten sich die Bilder der Katastrophe mit den Erinnerungen an seine Zeit in Asien und die Sorgen um die Arbeitsplätze in Deutschland. Die Verflechtung dieser Welten, die Furcht vor den globalen Auswirkungen der Katastrophe und die drängende Notwendigkeit, für eine bessere Zukunft in seiner Heimat zu kämpfen, wurden zu einem zentralen Antrieb für ihn. Es war an der Zeit, einen Unterschied zu machen. Es war an der Zeit, für Veränderung zu sorgen. Es war an der Zeit, Heimat und Herz in Einklang zu bringen.
Ein Energiemix für Deutschlands Zukunft
Sobald sich der erste Schock der Nachrichten aus Japan gelegt hatte, begann Karsten, seinen analytischen Verstand einzusetzen. Er schloss die Tür zu seinem Büro, schaltete sein Telefon auf stumm und breitete mehrere Diagramme und Berichte über seinen Schreibtisch aus. Er war entschlossen, eine Vision für die Energiezukunft Deutschlands zu entwickeln, die nicht nur sicher und nachhaltig, sondern auch wirtschaftlich war.
Zunächst konzentrierte er sich auf die bestehenden Atomkraftwerke. Es war klar, dass nicht alle von ihnen den aktuellen Sicherheitsanforderungen entsprachen, aber es gab auch viele, die modern und sicher waren. Diese könnten noch für einige Jahre weiterlaufen und eine zuverlässige Grundlast an Strom liefern.
Gleichzeitig sah er großes Potenzial in erneuerbaren Energien. Dezentrale Energiequellen wie Solar- und Windkraft könnten direkt vor Ort genutzt werden, was den Bedarf an teuren Stromnetzausbauten reduzierte. Große Windparks, insbesondere in Norddeutschland, könnten zusätzliche Energie liefern und so die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren.
Doch der wirklich innovative Teil seiner Vision waren die kleinen Thorium-Reaktoren. Er hatte in den letzten Jahren viel über diese Technologie gelesen und war beeindruckt von ihrer Sicherheit und Effizienz. Diese Reaktoren könnten in industriellen Ballungsräumen eingesetzt werden, wo der Bedarf an Strom hoch und die Möglichkeiten für erneuerbare Energien begrenzt waren. Sie würden nicht nur eine stabile Energiequelle bieten, sondern auch helfen, die CO2-Emissionen erheblich zu reduzieren.
Während die Stunden verstrichen, wuchs Karstens Entschlossenheit. Er skizzierte einen Plan, der die Energieinfrastruktur Deutschlands revolutionieren könnte. Er sah eine Zukunft, in der Deutschland nicht nur seine CO2-Ziele erreichen, sondern auch eine wettbewerbsfähige und sichere Energiequelle haben würde. Eine Zukunft, in der Arbeitsplätze geschützt und neue geschaffen werden würden. Eine Zukunft, in der Deutschland wieder ein Vorreiter in der globalen Energielandschaft sein könnte.
Karsten wusste, dass der Weg dorthin nicht einfach sein würde. Es würde politische und gesellschaftliche Herausforderungen geben. Aber er war bereit, für seine Vision zu kämpfen. Denn er glaubte an eine bessere Zukunft für Deutschland. Eine Zukunft, die auf einem klugen Energiemix basierte. Eine Zukunft, die sowohl den Planeten als auch die Menschen in den Mittelpunkt stellte.
2
Politischer Wendepunkt Die Tage nach Fukushima
11. März 2011, Berlin, Kanzleramt
Julia Hartwig startete ihren Tag wie üblich mit einem kurzen Briefing durch ihre engsten Berater. Doch dieser Morgen sollte sich von allen anderen unterscheiden. Während sie in den Berichten blätterte, wurde sie abrupt von ihrem Sicherheitsberater unterbrochen: „Frau Bundeskanzlerin, es gibt dringende Nachrichten aus Japan.“
Ein Beamer wurde eingeschaltet, und die ersten Live-Bilder aus Japan flackerten über die Leinwand. Verwüstete Städte, überschwemmte Straßen, Menschen, die vor den Fluten flohen. Das Ausmaß des Erdbebens und des darauffolgenden Tsunamis wurde mit jeder Minute deutlicher.
Hartwig saß regungslos da, das Gesicht angespannt. Jeder im Raum spürte die Schwere des Moments. „Haben wir Informationen über das Atomkraftwerk in Fukushima?“, fragte sie. Ein Berater nickte: „Noch ist alles stabil, aber die Situation ist unklar.“
Die Bundeskanzlerin wusste, dass sie als Repräsentantin Deutschlands reagieren musste. Aber sie wollte auch sicherstellen, dass sie über alle notwendigen Informationen verfügte, bevor sie an die Öffentlichkeit trat. Stundenlang saß sie mit ihrem Team zusammen, um sich ein umfassendes Bild der Lage zu machen.