Stuttgarter Bericht zur Arbeitswelt Logistik - Rudolf O. Large - E-Book

Stuttgarter Bericht zur Arbeitswelt Logistik E-Book

Rudolf O. Large

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Beschreibung

Die vorliegende Untersuchung beschreibt die Forschungsergebnisse des Kooperationsprojektes „Fit for Logistics“ und gibt einen Einblick in die Arbeitswelt der Logistik unter besonderer Berücksichtigung demographischer Effekte und deren Wirkung auf Handelnde der Logistik. Diesbezüglich wird die Arbeitssituation von Beschäftigten der Logistik in über 35 verschiedenen Logistikberufen aus Bereichen des Logistikmanagements und der Logistikausführung untersucht. Die Logistikausführung umfasst dabei Handlungen der Intralogistik, der Distribution und Zustellung oder des außerbetrieblichen Transports. Die empirische Untersuchung der Arbeitssituation von Handelnden in der Logistik ermöglicht dann Erkenntnissen zu branchen- und berufsspezifischen Ausprägungen der Arbeitsbelastungen zu gewinnen sowie diese auf die demographisch bedingten Veränderungen der Logistik zu beurteilen. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zeigen dabei einerseits, dass die individuelle Arbeitsbeanspruchung von Handelnden der Logistik in Abhängigkeit des Lebensalters variieren kann. Andererseits zeigen die Ergebnisse ebenfalls, dass die Gesundheit, Leistungs- und Arbeitsfähigkeit eines Beschäftigten der Logistik ebenfalls vom Lebensalter abhängig ist. Dies führt folglich dazu, dass die bereits heute häufig problematischen Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in der Logistik im Zuge des demographischen Wandels zunehmend zu Problemen für die Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen führen können. Der Stuttgarter Bericht beleuchtet diesbezüglich die berufs- und branchenspezifischen Besonderheiten von Handelnden der Logistik.

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Seitenzahl: 76

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Autoren:

Rudolf O. Large, Tobias Breitling

Herausgeber:

Das vorliegende Buch beinhaltet Forschungsergebnisse des Kooperationsprojektes „Fit for Logistics“ und wurde auf Grundlage der Ergebnisse des Forschungsprojektes in vereinfachter Form durch die Kooperationsstelle Arbeitswelt und Wissenschaft der Universität Stuttgart verfasst. Gerne lassen wir ihnen ausführliche Informationen zu den Forschungsmethoden und den einbezogenen Theorien zukommen.

Kontakt:

Kooperationsstelle Arbeitswelt und Wissenschaft Universität Stuttgart

am Lehrstuhl für Allg. BWL, Logistik und Beschaffungsmanagement

Keplerstraße 17, 70174 Stuttgart

Tel.: +49 (0) 711 / 685 – 83422

Fax: +49 (0) 711 / 685 – 83594

E-Mail: [email protected]

http://www.bwi.uni-stuttgart.de/kawus

Inhalt

1. Problemstellung – Arbeitswelt Logistik und der demographische Wandel

2. Methodik – Analyse der Arbeitssituation, alters- und berufsspezifischer Besonderheiten mittels Befragung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen

3. Ergebnisse – Arbeitssituation verschiedener Gruppen von Logistikarbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen

3.2.1 Beschäftigte in der Intralogistik – Lager und innerbetrieblicher Transport

3.2.2 Beschäftigte in Distribution und Zustellung – Kurier-, Express- und Paketzustellung sowie Postdienstleistungen

3.2.3 Beschäftigte im außerbetrieblichen Transport – Straßen- und Schienengüterverkehr

4. Fazit – Bewertung der Arbeitssituation von Logistikarbeitnehmern und -arbeitnehmerinnen vor dem Hintergrund des demographischen Wandels

Abbildungen, Tabellen und Abkürzungen

Abbildungen

Abb. 1 – Zusammenhang von Beanspruchung und Belastungen

Abb. 2 – Zusammenhang von Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit

Tabellen

Tab. 1 – Datensätze nach Tätigkeitsbereichen der handelnden Personen

Tab. 2 – Datensätze nach Lebensalter der handelnden Personen

Abkürzungen

BA

Bundesagentur für Arbeit

BAG

Bundesamt für Güterverkehr

BAuA

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

BIBB

Bundesinstitut für Berufsbildung

BMAS

Bundesamt für Arbeit und Soziales

BME

Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V.

IAB

Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung

INQA

Initiative Neue Qualität der Arbeit

KAWUS

Kooperationsstelle Arbeitswelt und Wissenschaft der

Universität Stuttgart

LM

Logistikmanagement

RIRL

Rencontres Internationales de la Recherche en Supply Chain et

Logistique

WAI

Work Ability Index

WSI

Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut

1.Problemstellung – Arbeitswelt Logistik und der demographische Wandel

Die Auswirkungen des demographischen Wandels beschränken sich nicht auf politische oder gesellschaftliche Aufgabenstellungen, sondern stellen auch die Akteure der Arbeitswelt vor neue Herausforderungen. So unterliegt die Bevölkerungsentwicklung einem Wandel sowohl der absoluten Bevölkerungszahl als auch hinsichtlich ihrer Altersstruktur. Gleichlaufende Tendenzen lassen sich auch für die potenziell Erwerbstätigen am Arbeitsmarkt prognostizieren.

Arbeitsaufgaben und Arbeitsplätze im Bereich der Logistik sind, aufgrund ihrer typischen Anforderungen bereits heute häufig für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer problematisch, denn die Arbeitssituation von Logistikausführenden ist häufig durch lange Arbeitszeiten, geringe Entlohnung und ein hohes Ausmaß an körperlicher und psychischer Beanspruchung gekennzeichnet (Large u.a., 2013). In einer Untersuchung entsprechender Arbeitsplätze zeigte sich beispielsweise für den Bereich der Intralogisitk, dass Kommissionier-, Verpack- und Bereitstellungsprozesse aber auch die Handlungen des innerbetrieblichen Transportes häufig durch manuelle Lasthandhabung und Zwangshaltungen, Stress und Monotonie, ein erhebliches erforderliches Maß an Flexibilität, einer vergleichsweise hohen zu verarbeitenden Informationsmenge sowie einer Vielzahl von Umwelteinflüssen geprägt sind (Walch u.a. 2009, Walch/Günther, 2009). Dabei kann davon ausgegangen werden, dass zumindest die körperliche Belastbarkeit mit zunehmendem Lebensalter abnimmt und somit die skizzierten Probleme durch eine alternde Belegschaft zunehmend verstärkt werden (Walch u.a., 2009, Walch/Günther, 2009, Naegele, 2005).

1.1Arbeitssituation in der Logistik

Erwerbspersonen in der Logistik

Die Anzahl der Beschäftigten in der Logistik wird von Kille und Schwemmer in Deutschland auf Basis der Übersicht der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten nach Berufen von Juni 2011 auf 2,8 Millionen Menschen beziffert, wovon 2,3 Millionen direkt in der Logistik beschäftigt und weitere 0,5 Millionen in indirekten Bereichen der Logistik tätig sind (Kille/Schwemmer, 2012). Beschäftigte der Logistik erfüllen dabei logistische Handlungen in Unternehmen der Industrie und des Handels (1,2 Millionen) ebenso wie in Logistikunternehmen (1 Million) und anderen Wirtschaftszweigen (0,6 Millionen) (Kille/Schwemmer, 2012).

Beschäftigte -der Logistik lassen sich zudem in Logistikmanager und Logistikausführende unterscheiden (Large, 2015). Logistikmanager vollziehen dabei zumeist Handlungen der Planung und Steuerung logistischer Aufgaben, wohingegen Logistikausführende überwiegend Handlungen der Ausführung logistischer Aufgaben vollziehen (Large, 2015). Tragen Logistikmanager darüber hinaus Führungsverantwortung gegenüber anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, so sind sie auch Logistikführungskräfte. Dies ist jedoch nicht notwendigerweise der Fall. Logistikmanager ohne Führungsverantwortung sind beispielweise Beschäftige in Logistikstäben oder Transportdisponenten, die lediglich externe Fahrer steuern (Large, 2015).

Aus arbeitswissenschaftlicher Perspektive können diese Teilgruppen auch anhand des Anteils informatorischer und energetischer Arbeit differenziert werden (Large, 2015). Die genannten Arbeitsformen treten dabei in der Realität als Mischformen auf, wobei der relative Anteil sich zwischen den beiden Gruppen unterscheidet. Handlungen der Logistikausführung sind eher als mechanische, motorische und reaktive Arbeit zu beschreiben, wohingegen Handlungen des Logistikmanagements eher reaktive, kombinatorische und kreative Arbeit erfordern (Large, 2015).

Logistische Berufe und Ausbildungen

Logistische Handlungen sind dabei vielfältig, was sich auch an der Vielzahl logistischer Berufe und Ausbildungen in der Logistik zeigt (Large, 2015). Hinsichtlich der Berufe der Logistikausführung finden sich diesbezüglich auch in der Klassifikation der Berufe 2010 der Bundesagentur für Arbeit vielfältige Berufsbezeichnungen entsprechend dem Spektrum der logistischen Funktionen des Transports und der Lagerung sowie der Herstellung von Transport- und Lagerfähigkeit (Large, 2015, Large, 2012, Bundesagentur für Arbeit, 2010). Auch die im Bereich der Logistik anerkannten Ausbildungsberufe bilden ein breites Spektrum über alle logistischen Teilfunktionen ab. Desgleichen lassen sich die Berufe des Logistikmanagements nochmals differenziert betrachten. So finden sich in der Klassifikation der Berufe 2010 der Bundesagentur für Arbeit Berufsbezeichnungen auf der Ebene von Meistern, Kaufleuten, Leitern, Disponenten sowie Managern. Der Meisterberuf in der Logistik bildet dabei einen wesentlichen Karriereschritt vieler Beschäftigter auf der Ebene der Facharbeiter und berechtigt zur Ausübung einer Meisterfunktion. Die Gruppe der Kaufleute innerhalb der Logistik stellt ebenfalls eine wesentliche Gruppe innerhalb der Logistikmanager dar. Hierbei handelt es sich neben Hochschulabsolventen häufig um Personen, welche eine kaufmännische Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf abgeschlossen haben.

Arbeitsbedingungen in der Logistik

Eine Analyse der Arbeitssituation mit denen sich Handelnde in der Logistik konfrontiert sehen ermöglicht das arbeitswissenschaftliche Belastungs-Beanspruchungs-Konzept nach Rohmert (Rohmert, 1984). Unter dem Begriff der Belastung werden die äußeren Einwirkungen auf die handelnden Personen zusammengefasst, wohingegen unter Beanspruchung die innere Auswirkung für diese Person verstanden wird (Large, 2015). Die Arbeitsbelastung wird definiert als die „Gesamtheit der äußeren Bedingungen und Anforderungen im Arbeitssystem, die auf den physiologischen und/oder psychologischen Zustand einer Person einwirken“ (DIN EN ISO 6385, S.6). Dabei sind die Höhe sowie die Dauer der Belastung von Bedeutung (Rohmert, 1984, Schlick u.a., 2010). Die Arbeitsbeanspruchung hingegen ist definiert als „die innere Reaktion des Arbeitenden auf die Arbeitsbelastung, der er ausgesetzt ist“ (DIN EN ISO 6385, S.5). Grundlegende Idee des Belastungs-Beanspruchungs-Konzeptes ist somit die Unterscheidung zwischen Belastungen und Folgen dieser Belastungen (Large, 2015). Dieser Wirkungszusammenhang wird dabei von einer Vielzahl Faktoren beeinflusst. So wird argumentiert, dass bspw. die Eigenschaften, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kompetenzen oder Bedürfnisse der handelnden Personen die Wirkung der Belastung auf die Beanspruchung moderieren (Large, 2015). Einen Überblick über diesen Zusammenhang gibt nachfolgende Darstellung (Vgl. Abb. 1).

Abb. 1 – Zusammenhang von Beanspruchung und Belastungen (Eigene Darstellung nach Rohmert, 1984)

Belastungen für Menschen in der Logistik ergeben sich grundsätzlich aufgrund verschiedenster Faktoren und treten dabei in Abhängigkeit der Arbeitsform in unterschiedlichem Ausmaß auf.

Belastungen aus den Arbeitsaufgaben: physische und psychische Belastung

Zunächst können Belastungen aus den Arbeitsaufgaben der Logistik entstehen, wobei psychische und physische Belastungen unterschieden werden können. Im Bereich der Lagerung, Kommissionierung oder Materialhandhabung entstehen beispielsweise physische Belastungen durch Handlungen des Tragens, Hebens oder Umsetzens von schweren Lasten (Large, 2015, Backhaus u.a., 2010, Bruder/Rademacher, 2009, Jäger u.a., 2002, Braam u.a., 1996). Daneben kann insbesondere bei der Kommissionierung die statische Belastung durch langes Stehen an einer Stelle problematisch sein. Ebenso kann eine lange sitzende Tätigkeit, wie bspw. bei Gabelstaplerfahrern, Schienenfahrzeugführern oder Berufskraftfahrern belastend auf Menschen in der Logistik wirken. Physische Belastungen beschränken sich jedoch nicht auf ausführende Tätigkeiten. Wenngleich Logistikmanager nicht in gleiche Maße durch physische Belastungen beeinflusst sein dürften, können entsprechende Belastungen bspw. durch Bildschirmarbeit oder durch langes Sitzen entstehen (Large, 2015).

Psychische Belastungen werden definiert als „Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf- ihn wirken“ (DIN EN ISO 10075-1. S.3). Psychische Belastungen treten in der Logistik insbesondere dadurch auf, dass z.B. knappe Zeitvorgaben, eine hohes Arbeitsaufkommen oder generell unzureichende Arbeitsbedingungen vorliegen (Kemp u.a., 2013). Berufskraftfahrer sind z.B. verschiedensten belastenden Arbeitsbedingungen, wie langen Arbeitszeiten, ständigem Zeit- und Termindruck oder sozialer Isolation ausgesetzt und erfahren häufig nur geringe Anerkennung durch das Management und die Gesellschaft (Shattell u.a., 2010). Insbesondere Logistikmanager unterliegen zunehmend starken psychischen Belastungen, beispielsweise aufgrund von Unsicherheit sowie Zeit- und Erfolgsdruck. Demgemäß sehen sich viele Kaufleute der Logistik zunehmend belastet durch Termin- und Leistungsdruck sowie eine andauernde Verfügbarkeit mittel Kommunikationsmedien (Bundesamt für Güterverkehr, 2013).

Belastung aufgrund eingeschränkter Handlungs- und Kontrollspielräume

Belastungen insbesondere für Logistikausführende aber auch für Logistikmanager entstehen zudem häufig aufgrund mangelnder Handlungs- und Kontrollspielräume. Monotone Arbeitsabläufe, wie sie im Bereich der Kommissionierung häufig anzutreffen sind belasten beispielsweise die hier tätigen Personen. Nach einer Befragung des Bundesinstitutes für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sind zwei Drittel aller Beschäftigten in Verkehrs- und Lagerberufen häufig mit ständig wiederkehrenden Arbeitsvorgängen konfrontiert (BMAS/BAuA, 2011). Belastungen aufgrund eingeschränkter Entscheidungsspielräume können für Logistikausführende aber auch Logistikmanager beispielsweise dadurch entstehen, dass die Arbeit und Arbeitsabläufe nicht selbst gesteuert und geregelt, Pausenzeiten nicht individuell festgelegt oder beeinflusst werden können sowie kein Einfluss auf die Arbeitsmenge besteht.

Belastungen aufgrund der Arbeitszeit