Sun Tzu für Lehrer*innen - Dirk Stecker - E-Book

Sun Tzu für Lehrer*innen E-Book

Dirk Stecker

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Beschreibung

Lehrer: Traumberuf oder Hölle auf Erden?  Mit erstaunlicher Präzision beschrieb Sun Tzu vor über 2000 Jahren in seinem chinesischen Meisterwerk "Die Kunst des Krieges" völlig ungewollt, warum bei manchen Lehrern die Klassenführung hervorragend funktioniert und bei anderen nicht. An authentischen, wahrheitsgemäßen Beispielen wird aufgezeigt, wie die universelle Weisheit Sun Tzu´s heute im Lehrerberuf praktikabel eingesetzt und den eigenen Bedürfnissen angepasst werden kann, ohne in Belanglosigkeit zu versinken.

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Seitenzahl: 138

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einführung

1. Ein Gleichnis

Mache zum Gegenstand deiner Meditation

2. Beginn

Der kleine Bruder

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

3. Planung

Lehrer gegen Schüler

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

4. Terrain

Iglustudie in Klasse acht

Der Dachdecker

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

5. Taktische Varianten

Spontane Aktion

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

Kategorien scheiternder Lehrer

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

6. Über die Kriegsführung

Wenn Lehrer keine Hilfe suchen

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

7. Das Schwert in der Scheide

Pläne durchkreuzen

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

Die Strafe, die keine ist

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

8. Taktik

Die Wahrheit kommt manchmal schneller als gedacht

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

9. Energie

Der Junge hinterm Vorhang

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

10. Schwache und starke Punkte

Naturwissenschaften sind nichts für Mädchen

Reizen bis zur Wahrheit

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

11. Manöver

Der Preis

Trommeln und Gongs

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

12. Die Armee auf dem Marsch

Verdächtige Offenheit

Zu viele Strafen

Absurde Strafen

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

13. Die neun Situationen

Das falsche Gemeinschaftsgefühl

Mache zum Gegenstand deiner Meditation..

14. Angriff durch Feuer

Verbrannte Erde

Originaltext

Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.

Vorwort

Hauptschule Baden-Württemberg, Englischvertretung, 9. Klasse, Aufgabe: »Schreibt in Gruppenarbeit einen fiktiven Brief an Schüler in England und beschreibt darin den Schulalltag in Deutschland.« Unabhängig voneinander schreiben zwei (von drei) Gruppen fast wortgleich:

»Um 7.50 Uhr beginnt der Unterricht, ab da machen wir Quatsch während der Lehrer versucht Unterricht zu machen. Um 10.00 Uhr ist fünfzehn Minuten Pause, danach machen wir wieder Quatsch, bis die Schule um 13.00 Uhr zu Ende ist. Dann gehen wir nach Hause. Hausaufgaben machen wir sowieso nicht.«

Ich war einigermaßen entsetzt, dass die Schüler selbst den Unterricht als »nicht stattfindend« sehen. Sie bestätigen mir auf Nachfrage, dass ihr Alltag nur wenig mit Schule zu tun hat und sie die Zeit nur absitzen.

»Warum ist das so? Seid ihr damit zufrieden?«, frage ich. - »Keine Ahnung, ist halt so. Nein, zufrieden sind wir damit nicht. Es ist langweilig und laut«, bekomme ich zur Antwort. - »Und warum ändert ihr das dann nicht?« - »Es gibt Lehrer, bei denen arbeiten wir mit - bei anderen gar nicht«, sagten sie weiter. - »Und warum ist das so?« - »Keine Ahnung«

Gleichermaßen habe auch ich keine Idee was wirklich hinter diesem Verhalten steckt und und auch in der Ausbildung zum Lehrer lernte ich lediglich ein paar »Tricks« eine Klasse zu beruhigen, die manchmal funktionierten, manchmal nicht und eher für den Grundschulbereich zu gebrauchen sind, als für heranwachsende Jugendliche.

Eine grundlegende Konzeption wie man eine Klasse motiviert und führt suchte ich vergebens. Lange hatte ich den Eindruck, dass eine Art Vorbestimmung oder ein Naturtalent notwendig ist, ob man eine Gruppe Schüler führen kann und ob man von den Schülern akzeptiert wird oder nicht.

Die Ratgeber, die ich bei der Recherche dazu gefunden hatte, waren von Lehrer geschrieben, die ihren eigenen Weg gefunden hatten und dachten, dieser ließe sich eins zu eins auf andere Lehrer und andere Situationen übertragen. Jedoch waren das überwiegend spezielle Dinge, die ich weder selbst einsetzen, noch weitergeben konnte, denn dann wären weder ich oder die ratsuchenden Lehrer authentisch geblieben.

Eines Tages empfahl mir mein Kampfsporttrainer das Buch von Sun Tzu »Die Kunst des Krieges« um meine taktischen Fähigkeiten im Kampfsport ausbauen zu können. Ich las das Buch und mit jeder Zeile die ich las, wurde mir klarer, dass hier nicht nur die Antwort auf meine Fragen zum Kampfsport lagen, sondern auch zur Klassenführung.

Sun Tzu schrieb sein außergewöhnliche Buch vor ungefähr zweieinhalbtausend Jahren in China. Es ist das Standardwerk für Militär- und Geheimdienstmitarbeiter, aber es findet auch immer mehr Anwendungen in Seminaren zu Unternehmensführung, Firmenpolitik und Mitarbeiterführung.

In Schulen, oder gar der Lehrerausbildung, habe ich es bislang nicht erwähnt gefunden und ich hoffe diesen Umstand mit diesem Buch zu ändern.

Da die Problemfelder in den Schulen so vielfältig wie das Leben sind, soll das Buch eine Anleitung, aber auch eine Fundgrube zur eigenen Interpretation sein.

Ich selbst habe viele Jahre an verschiedenen Schulen unterrichtet (Klassenstufe 1 bis 10 Grund-, Haupt- und Realschule), eine Vorbereitungsklasse (Flüchtlinge), Abendhauptschule, Schule für Krankenpflege, an Brennpunktschulen und in verschiedenen sozialpädagogischen Projekten, die vor allem den Übergang zwischen Schule und Beruf ermöglichen oder vereinfachen sollten. Ich habe Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung geleitet (erwachsene Langzeitarbeitslose) und auch mehrere Maßnahmen zur beruflichen Orientierung mit Schwerbehinderten (Jugendlichen und Erwachsenen) durchgeführt.

Aufgrund dieser vielfältigen Tätigkeiten hatte ich, unter anderem, Kontakt zu vielen »problembeladenen Jugendlichen«, aber auch zu verzweifelten und überforderten Schulleitern, Lehrern und Eltern.

Ich musste miterleben, wie junge Kolleginnen unter dem Druck des täglichen Unterrichts zusammenbrachen, stationär oder ambulant psychologisch und psychiatrisch behandelt werden mussten. Im Rahmen der sozialpädagogischen Arbeiten an Schulen beklagten sich Rektoren (hinter vorgehaltener Hand) wie viele Lehrer alkoholkrank sind oder auf andere Drogen zurückgreifen müssen, um den Schulalltag überhaupt durchstehen zu können. Selbst an ländlich geprägten kleinen Hauptschulen waren Lehrer psychisch soweit am Ende, dass sie eigentlich nicht mehr unterrichten konnten. Aber, wie mir ein Schulleiter sagte: »Was soll ich denn machen? Ich brauche jeden Kollegen.«

Schüler beklagten sich über tägliche Kopfschmerzen in oder nach der Schule, über Gewalt in den Pausen oder auch im Unterricht und gestanden mir ihre Drogenexzesse und regelmässige Alkoholeskapaden.

Eltern berichteten mir über die Hilflosigkeit ihre Kinder nicht mehr im Griff zu haben, oder auch, dass sie sich gegen Lehrer und deren Akte der Willkür nich wehren können.

Interessant ist, dass diese ganzen Äußerungen nur im Vertrauen und niemals offen thematisiert wurden. Die Angst als Versager da zu stehen überwiegt bei allen die an der Erziehung der Kinder und Jugendlichen teilhaben.

Leider völlig zu unrecht, denn wie Karl May sagte:

»In dem Augenblick, da der Mensch einen seiner Fehler erkennt, ist er nicht mehr identisch mit ihm; der Fehler ist zum Objekt geworden, und die Verantwortlichkeit des Subjekts beginnt.«

Einführung

Sun Tzus »Die Kunst des Krieges« erlebte die letzten Jahre eine wahre Auferstehung. Vor allem die Universalität und Interpretierbarkeit erlauben die Projektion auf den Schulalltag, da die Lehrer ihre Klassen, letztlich wie Generäle ihre Truppen, führen und kontrollieren müssen.

Die grundlegenden Strategien Sun Tzus:

»Gewinnen, ohne zu kämpfen und erreiche so das Ziel, ohne es zu zerstören«

»Der Stärke ausweichen und die Schwäche angreifen«

»Vorbereitung und Geschwindigkeit, sich schnell bewegen«

»Den Feind formen, indem man ihn zur richtigen Zeit und am richtigen Ort trifft«

»Auf Charakter basierende Führung oder Führung anhand von Beispielen«

Im Folgenden sind einzelnen Kapitel Sun Tzus aufgeführt. Jedoch habe ich nur die meines Erachtens relevanten Teile für die Schule bearbeitet.

Die Schwerpunkte der Interpretationen und Erläuterungen liegen auf Auseinandersetzungen mit einzelnen Schülern oder einer ganzen Klasse.

Die »Gefechte«, die manche Lehrer mit Eltern, Vorgesetzten und Kollegen austragen müssen, kann ich nicht hinreichend beleuchten.

Aus diesem Grund ist der Originaltext im zweiten Teil angefügt, so dass sich jeder interessierte Leser ein eigenes Bild über die Worte Sun Tzus machen und seine eigenen Schlüsse, zu seinen individuellen Anliegen, ziehen kann.

Sun Tzus Lehren können uns im Schulalltag die Weisheit geben, die wir brauchen, damit unsere Kinder »in Frieden und Wohlstand« (Sun Tzu) aufwachsen.

1. Ein Gleichnis

Es könnte gut sein, dass die nachfolgende Geschichte sich genauso zugetragen hat. Für Lehrer ist sie natürlich nur als Gleichnis zu sehen und soll einen Einstieg in die Welt und die Lehren Sun Tzus sein.

Leider ist über Sun Tzu selbst nur wenig bekannt. Es ist nicht überliefert, wann er die dreizehn Kapitel niederschrieb. Manche datieren sie auf das Jahr 500 v. Chr., in die Zeit des Königreichs von Wu, manche auch auf etwa 300 v. Chr.

Etwa um 100 v. Chr. schrieb Sima Qian, einer seiner Chronisten, diese Biographie:

Sun Tzu, dessen Vorname Wu war, stammte aus dem Staate Qi. Sein Buch »Die Kunst des Krieges« erregte die Aufmerksamkeit Helus, des Königs von Wu. Helu sagte zu ihm: »Ich habe deine dreizehn Kapitel sorgfältig studiert. Darf ich deine Theorie über die Führung von Soldaten einer kleinen Prüfung unterziehen?«

Sun Tzu erwiderte: »Das dürft Ihr.«

Der König fragte: »Darf sich die Prüfung auch auf Frauen beziehen?«

Wieder stimmte Sun Tzu zu und so wurden Vorbereitungen getroffen, hundertachtzig Damen aus dem Palast zu holen.

Sun Tzu teilte sie in zwei Kompanien und stellte je eine der Lieblingskonkubinen des Königs an die Spitze der Abteilungen.

Dann ließ er sie alle einen Speer in die Hand nehmen und sprach zu ihnen die Worte: »Ich nehme an, dass ihr den Unterschied zwischen vorne und hinten und rechts und links kennt.«

Die Mädchen erwiderten: »Ja.«

Sun Tzu fuhr fort: »Wenn ich sage »Augen geradeaus«, dann müßt ihr nach vorn blicken. Wenn ich sage »links um«, dann müßt ihr euch nach links drehen. Wenn ich sage »rechts um«, dann müßt ihr euch nach rechts drehen. Wenn ich sage »kehrt«, dann müßt ihr euch rechtsherum umdrehen.«

Die Mädchen hatten auch dies verstanden. Als damit die Befehle erklärt waren, ließ er Hellebarden und Streitäxte ausgeben, um den Drill zu beginnen.

Dann gab er zu einem Trommelwirbel den Befehl: »Rechts um«, doch die Mädchen brachen nur in Lachen aus.

Sun Tzu sagte geduldig: »Wenn die Kommandoworte nicht klar und deutlich sind, wenn die Befehle nicht richtig verstanden werden, dann trifft die Schuld den General.« Er machte mit dem Drill weiter und gab diesmal den Befehl »Links um«, worauf die Mädchen abermals Lachkrämpfe bekamen.

Da sagte er: »Wenn die Kommandos nicht klar und deutlich sind, wenn die Befehle nicht richtig verstanden werden, dann trifft die Schuld den General. Doch wenn seine Befehle klar sind und die Soldaten dennoch nicht gehorchen, dann ist es die Schuld der Offiziere.« Darauf gab er den Befehl, die Anführerinnen der beiden Kompanien zu enthaupten.

Der König von Wu beobachtete das Geschehen vom Dach eines Pavillons aus, und als er sah, dass seine Lieblingskonkubinen enthauptet werden sollten, erschrak er sehr und schickte eilig die folgende Botschaft hinunter: »Wir sind zufrieden mit der Fähigkeit unseres Generals, die Truppen zu führen. Wenn wir dieser beiden Konkubinen beraubt werden, wird unser Essen und Trinken den Geschmack verlieren. Wir wünschen nicht, dass sie enthauptet werden.« Sun Tzu erwiderte noch geduldiger: »Nachdem ich einmal die Ernennung Eurer Majestät zum General der Streitkräfte erhalten habe, gibt es gewisse Befehle Eurer Majestät, die ich, wenn ich als solcher handle, nicht akzeptieren kann.«

Und seinen Worten getreu ließ er die beiden Anführerinnen sofort enthaupten und setzte die nächsten beiden als Anführerinnen an ihre Stelle. Daraufhin wurde wieder die Trommel zum Drill geschlagen. Die Mädchen machten alle Schritte, drehten sich nach rechts oder nach links, marschierten geradeaus oder machten kehrt, knieten oder standen, und alles mit höchster Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit, und keine wagte, einen Laut von sich zu geben.

Dann schickte Sun Tzu einen Boten zum König und ließ ihm ausrichten: »Herr, Eure Soldaten sind jetzt richtig ausgebildet, sie halten Disziplin und sind bereit für die Inspektion durch Eure Majestät. Sie können zu jedem Zweck eingesetzt werden, den ihr Herrscher im Sinn haben mag. Fordert sie auf, durch Feuer und Wasser zu gehen, und sie werden sich nicht weigern.«

Doch der König erwiderte: »Der General soll den Drill einstellen und ins Lager zurückkehren. Wir haben nicht den Wunsch, hinunterzugehen und die Truppen zu inspizieren.«

Darauf erwiderte Sun Tzu ruhig: »Der König schätzt schöne Worte, doch er vermag sie nicht in Taten umzusetzen.«

Da sah der König von Wu, dass Sun Tzu ein Mann war, der ein Heer zu führen wußte, und ernannte ihn in aller Form zum General. Sun Tzu unterwarf im Westen den Staat Chu und drang bis nach Ying, der Hauptstadt, vor; im Norden versetzte er die Staaten Qi und Qin in Angst und Schrecken, und sein Ruhm breitete sich unter den Lehnsfürsten aus. Und Sun Tzu hatte Teil an der Macht des Königreiches.

So wurde Sun Tzu ein General des Königs von Wu. Beinahe zwei Jahrzehnte lang blieben die Armeen von Wu siegreich über ihre Erbfeinde, die Königreiche von Yue und Chu.

Irgendwann in dieser Periode starb Sun Tzu, und sein Herr, der König von Wu, fiel im Kampf. Einige Jahre lang gehorchten seine Nachfolger den Anweisungen Sun Tzus und blieben siegreich. Und dann vergaßen sie sie.

Im Jahre 473 v. Chr. wurden die Armeen von Wu geschlagen und das Königreich wurde ausgelöscht.

Mache zum Gegenstand deiner Meditation

Sind deine Anweisungen so klar, dass die Schüler sie verstehen?

Welche Schüler sind in deiner Klasse Offiziere? Wie kannst du diese Schüler dazu bringen deinen Anweisungen zu folgen? (Sollte dir jetzt nichts dazu einfallen, dann folgen mögliche Ansätze im Text)

Bist du mit deinen Handlungen so selbstbewusst wie es Sun Tzu mit seinen war, als er sich gegen den König stellte und die zwei Konkubinen köpfen ließ?

Welche Aufgabe ist dir als Lehrer übertragen worden und wie führst du diese Aufgabe aus?

2. Beginn

Sun Tzu beginnt mit den Worten:

»Die Kunst des Krieges ist für den Staat von entscheidender Bedeutung. Sie ist eine Angelegenheit von Leben und Tod, eine Straße, die zur Sicherheit oder in den Untergang fuhrt. Deshalb darf sie unter keinen Umständen vernachlässigt werden.«

An anderer Stelle schreibt er: »... denn das wahre Ziel des Kriegs ist der Frieden.«

»Die Kunst des Krieges« zeigt, wie man die Initiative ergreift und den Feind bekämpft, die eigenen Truppen zusammenhält und dazu bringt alles für ihren General zu tun. Nicht umsonst wird das Werk Sun Tzus als »bedeutsamer Schritt hin zur Erstarkung von Chinas sanfter Kraft« gesehen. Ziel ist also nicht der Krieg (auch nicht im Klassenzimmer), sondern der Friede.

Sun Tzu schreibt:

»Wenn du den Feind und dich selbst kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten«

Dieser zentrale Satz seines Werkes sollte auch für den Lehrer maßgebend sein.

Der kleine Bruder

An einer Brennpunktschule, Klasse sieben, bekomme ich eines Tages einen neuen Schüler.

Er macht auf mich einen fast schon hinterhältigen, gefährlichen Eindruck und ich habe das Gefühl, ich muss auf ihn besonders gut aufpassen, damit er die gut funktionierende Klasse nicht durcheinander bringt.

Einige Tage später: Er kommt mit einem blauen Auge zur Schule. Meine Annahme scheint sich also zu bestätigen - ein Schlägertyp!

Um sicher zu gehen frage ich ihn in einer ruhigen Minute im Werkunterricht scheinbar nebenbei: »Woher hast du das blaue Auge?«

Er erzählt lachend: »Mein kleiner Bruder ist vier Jahre alt. Wir haben uns gestern herrlich gerauft und dabei hat er mir aus Versehen das blaue Auge geschlagen.«

Ich bin baff. Die liebevolle Art, mit der er über seinen kleinen Bruder erzählt, hat meine Ansichten über den Jugendlichen völlig verworfen und ich begreife, dass ich voller Vorurteile über ihn war und ihn zu Unrecht als »Feind« eingestuft hatte.

Eine »Schlacht« ist von ihm aus nicht zu befürchten. Ich habe einen »Feind« kennengelernt und ihn dadurch als Feind verloren.

Mache zum Gegenstand deiner Meditation

Wie sehr kennst du deine Schüler wirklich und hast du Vorurteile gegenüber deinen Schülern?

Wie sehr kennst du dich?

(Im weiteren Verlauf des Buches werden beide Fragen vertieft)

Sun Tzu sagt:«

3. Planung

Die Kunst des Krieges wird von fünf konstanten Faktoren bestimmt, die alle berücksichtigt werden müssen. Es sind dies:

das Gesetz

der Moral

Himmel

Erde

der Befehlshaber

Methode und Disziplin

Das Gesetz der Moral veranlaßt die Menschen, mit ihrem Herrscher völlig übereinzustimmen, so dass sie ihm ohne Rücksicht auf ihr Leben folgen und sich durch keine Gefahr erschrecken lassen.

Himmel bedeutet Nacht und Tag, Kalte und Hitze, Tageszeit und Jahreszeit.

Erde umfaßt große und kleine Entfernungen, Gefahr und Sicherheit, offenes Gelände und schmale Passe, die Unwägbarkeit von Leben und Tod.

Der Befehlshaber steht für die Tugenden der Weisheit, der Aufrichtigkeit, des Wohlwollens, des Mutes und der Strenge.

Methode und Disziplin müssen verstanden werden als die Gliederung der Armee in die richtigen Untereinheiten, die Rangordnung unter den Offizieren, die Behauptung der Straßen, auf denen der Nachschub zur Armee kommt und die Kontrolle der militärischen Ausgaben.

Diese fünf Faktoren sollten jedem General vertraut sein. Wer sie kennt, wird siegreich sein; wer sie nicht kennt, wird scheitern. (...)

Wenn du also die militärischen Bedingungen bestimmen willst, dann treffe deine Entscheidungen auf Grund von Vergleichen in folgender Weise:

Welcher der beiden Herrscher handelt im Einklang mit dem Gesetz der Moral?