Systemische Fragetechniken für Führungskräfte, Coaches & Berater: Mit den richtigen Fragen Probleme lösen, Perspektiven erweitern und Ziele erreichen - inkl. Workbook & Praxisbeispielen - Paul Queder - E-Book

Systemische Fragetechniken für Führungskräfte, Coaches & Berater: Mit den richtigen Fragen Probleme lösen, Perspektiven erweitern und Ziele erreichen - inkl. Workbook & Praxisbeispielen E-Book

Paul Queder

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Beschreibung

Sind Sie immer wieder mit scheinbar hoffnungslos festgefahrenen Situationen konfrontiert? Bearbeiten Sie Probleme, deren wirkliche Ursachen Ihnen verborgen bleiben? Sie suchen nach einer Methode, über den Tellerrand zu blicken und ganzheitliche Lösungen zu entwickeln? Dann ist systemisches Fragen genau Ihre Wunderwaffe und dieses Buch zeigt Ihnen, wie Sie diese erfolgreich einsetzen! Ob Konflikte im Arbeitsteam, hartnäckige Schwierigkeiten im Beziehungsleben oder destruktive Verhaltensmuster: Für jedes Problem gibt es meist eine tieferliegende Ursache, die "im System" liegt – also auf vielfältige Weise mit Erlebnissen in der Vergangenheit, interpersonellen Dynamiken oder bestimmenden Umweltfaktoren zusammenhängen. Nur, wenn es gelingt, diese Verbindungen aufzudecken, lassen sich umfassende und langfristige Lösungen erarbeiten, und wie Sie das mit systemischen Fragetechniken erreichen, erfahren Sie praxisnah und alltagstauglich in diesem Buch. Lernen Sie zunächst die Grundlagen systemischer Fragetechniken kennen und machen Sie sich anschließend mit der konkreten Anwendung für Führungskräfte, Coaches oder für die eigene Entwicklung vertraut. Mit zahlreichen Praxisbeispielen, Reflexionsanregungen und Techniken können Sie schnell selbst aktiv werden und in Berufs- und Privatleben gezielt die erwünschten Veränderungen herbeiführen. Als Laie? Keine Sorge! Denn dieses Buch holt interessierte Neueinsteiger genau da ab, wo sie stehen, und führt sie Schritt für Schritt, verständlich und sofort umsetzbar in die hochflexibel anwendbare Methode ein.

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Seitenzahl: 165

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

Auflage 2024

Inhalt

Vorwort

Warum systemische Fragetechniken wichtig sind

Hintergrund und Bedeutung systemischer Fragetechniken

Methodik

Grundlagen systemischer Fragetechniken

Einführung in die Systemtheorie

Grundprinzipien systemischer Fragetechniken

Unterschiedliche Fragetechniken und ihre Anwendung

Geschlossene Fragen

Offene Fragen

Skalierungsfragen

Wunderfragen

Paradoxe Fragen

Indiskrete Fragen

Lösungsorientierte Fragen

Hypothetische Fragen

Begründungsfragen

Fallbeispiele zur Anwendung der Fragetechniken

Systemisches Coaching für Führungskräfte

Rollen und Aufgaben von Führungskräften im systemischen Coaching-Kontext

Systemisches Denken und Handeln als Grundlage für ein erfolgreiches Unternehmen

Anwendung systemischer Fragetechniken für Führungskräfte

Entwicklung einer individuellen Coaching-Strategie für Führungskräfte

Praxisbeispiele für systemisches Coaching von Führungskräften

Systemische Beratung für Coaches und Berater

Unterschiede zwischen Coaching und Beratung im systemischen Kontext

Die Rolle des Beraters im systemischen Beratungsprozess

Einsatz systemischer Fragetechniken in der Beratungspraxis

Erstellung eines Beratungskonzepts unter Berücksichtigung systemischer Prinzipien

Fallbeispiele zur systemischen Beratung im Gegensatz zum systemischen Coaching

Integration von systemischem Denken & Fragetechniken in die eigene Praxis

Reflexion der eigenen Denkmuster, Glaubenssätze und Handlungen

Förderung von systemischem Denken und Handeln im eigenen Arbeitsumfeld

Integration systemischer Fragetechniken in den eigenen Beratungs- und Coaching-Prozess

Erfolgsfaktoren für die Anwendung von systemischem Denken in der Praxis

Ausblick auf zukünftige Entwicklungen im Bereich systemischer Fragetechniken, systemischem Coaching und systemischer Beratung

Workbook: Übungen

Einzelübungen

Partnerübungen

Gruppenübung

Bonus: Test - Sind Sie für die Anwendung systemischer Fragetechniken geeignet?

Die Spielregeln systemischer Fragetechniken

Checkliste: Das müssen Sie beachten

Beispiele für systemische Fragen

Zirkuläre Fragen

Skalierungsfragen

Begründungsfragen

Wunderfragen

Indiskrete Fragen

Paradoxe Fragen

Lösungsorientierte Fragen

Hypothetische Fragen

Wie Sie die Informationen, die Sie erhalten, nutzen können

Startschuss für die Anwendung

Quellenangaben

Vorwort

Fühlen Sie sich häufig so, als wäre Ihr Denken und Handeln immer nur einseitig? Vielleicht kennen Sie dieses Gefühl, vor einer Wand zu stehen und nicht über diese hinausgucken zu können. Oder Sie begegnen einem Menschen, der ganz und gar in seiner Denkweise festhängt und sich nicht auf andere Meinungen einlassen möchte. Kommt Ihnen eine dieser Situationen bekannt vor, können systemische Fragetechniken die teilweise verzwickten Situationen lösen.

Dabei ist es teilweise nötig, nur eine einzige Frage zu stellen, die jedoch so formuliert ist, dass Sie sich selbst oder Ihr Gegenüber damit zum Nachdenken anregen können. Mit einer Frage, die sich an der systemischen Technik orientiert, können Sie oftmals nicht nur eine Konversation führen, die mehr in die Tiefe geht, sondern auch neue Lösungsansätze anstoßen. Sie können sich das in etwa so vorstellen, als würden Sie die ganze Zeit versuchen, über einen breiten Fluss zu springen, weil Sie denken, es gäbe keinen anderen Weg, während Sie mithilfe einer systemischen Frage ganz einfach eine Brücke bauen könnten. Mit anderen Worten: Systemische Fragestellungen können Ihnen dabei helfen, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Das führt nicht nur dazu, dass Sie Probleme lösen können, sondern kann bei richtiger Anwendung auch dabei helfen, sich selbst zu finden oder Ihr Gegenüber besser kennenzulernen.

Systemische Fragetechniken finden in vielen Bereichen regelmäßig Verwendung, so zum Beispiel in der Psychotherapie und im Coaching. Doch auch im privaten Bereich können spezielle Fragen dazu führen, dass Sie Ihre Ziele schneller und effektiver erreichen.

In diesem Buch lernen Sie, was systemische Fragetechniken sind und wie sie angewendet werden können. Außerdem erhalten Sie einen Überblick über einige Praxisbeispiele. Sie erfahren, wann und wie Sie systemische Fragen anwenden können. Als Extra liegt diesem Buch ein Workbook bei, in dem Sie praktische Übungen finden.

Warum systemische Fragetechniken wichtig sind

Hintergrund und Bedeutung systemischer Fragetechniken

Was würde ein neutraler Beobachter sagen, wenn er Ihre aktuelle Lebenssituation bewerten müsste?

Dies ist ein gutes Beispiel für eine systemische Frage. Statt immer nur Ihre eigene Perspektive zu sehen und in Ihr Denken einzubeziehen, regt sie Sie dazu an, den Blick einmal von außen auf sich selbst zu wenden. Das kann in manchen Situationen ganz hilfreich sein, zum Beispiel, wenn Sie kurz davor sind, eine wichtige Entscheidung zu treffen. Sei es die Scheidung nach jahrelanger Ehe oder die Überlegung, ein Haus zu kaufen, manchmal ist es sinnvoll, nicht emotional zu handeln, sondern sich eine Frage, wie sie oben angeführt ist, zu stellen.

Der systemische Ansatz wird in vielen Bereichen, seien sie nun im privaten oder beruflichen Umfeld, als eine besonders zielführende Methode angesehen, um Situationen oder Phänomene genau zu analysieren. Gerade weil er dem Fragesteller und/oder dem Befragten neue Perspektiven eröffnet, wird er gerne genutzt, um festgefahrene Denkweisen und Ansätze zu lösen und so zu einer Lösung zu kommen, die vor der Fragestellung vielleicht gar nicht denkbar gewesen wäre.

Systemische Fragetechniken sind genau zu diesem Zweck da. Es handelt sich dabei um ganz speziell formulierte Fragen, die zum Nachdenken anregen und die befragte Person dazu provozieren sollen, das eigene Denken und Handeln zu hinterfragen und unter Umständen sogar eine neue Sichtweise anzunehmen. Auch Denkblockaden können mithilfe systemischer Fragen gelöst werden, beispielsweise, wenn es sich um ein wissenschaftliches Problem handelt, das Sie bisher einfach noch nicht durchschauen konnten.

Damit das möglich ist, müssen die Fragen und Probleme als Teil eines Systems, also eines großen Ganzen, verstanden werden. Diese Systeme gibt es in allen Lebensbereichen und bilden eine Gemeinschaft aus vielen Zusammenhängen, die alle beachtet werden sollten. Schließlich beeinflussen sich die einzelnen Faktoren eines Systems alle gegenseitig und sind somit auch voneinander abhängig. Stellen Sie sich als Beispiel eine Blume vor. Wenn die Blume das gesamte System ist, sind die einzelnen Bestandteile die Faktoren, die im System zusammenhängen. Fehlen beispielsweise die Blätter oder die Blüte, so kann die Blume sich nicht fortpflanzen oder gar nicht erst überleben. Dasselbe gilt, wenn einer der Bestandteile seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann. Auch ein Problem und die gesuchte Lösung beruhen meist auf mehreren Faktoren, die berücksichtigt werden müssen.

Es ist also immer wichtig, dass es ein Zusammenspiel zwischen den einzelnen Faktoren gibt, damit ein System funktioniert. Die systemischen Fragen helfen dabei, herauszufinden, welche Faktoren beachtet werden müssen, und zu verstehen, wie sie zur Lösung eines Problems beitragen können. Auch wenn diese Zusammenhänge teilweise sehr komplex sind, können sie mithilfe der richtigen Fragen leicht aufgeschlüsselt werden.

Vielleicht haben Sie schon einmal von dem Kausalitätsprinzip gehört. Es geht davon aus, dass jede Wirkung mit einer Ursache verbunden ist.

Ein Beispiel:

Sie bedienen ein Feuerzeug (Ursache), weshalb eine Flamme entsteht (Wirkung). Dieses Prinzip gilt für so ziemlich alles, denn jede Wirkung hat ihre Ursache.

Wenn Sie also beispielsweise unter einer psychischen Krankheit leiden, wird es für diese eine Ursache geben, die meist in der Vergangenheit liegt. Wenn Sie nun von Ihrem Psychologen eine systemische Frage zu dieser Ursache gestellt bekommen, kann es, wenn die Frage gut gewählt wurde, dazu kommen, dass Sie die Ursache erkennen und selbst einen Weg finden, um gegen Ihre Krankheit anzugehen.

Doch nicht nur in der Psychotherapie sind systemische Fragetechniken besonders beliebt. Sie finden auch häufig in sozialen Arbeitsbereichen und im Coaching Verwendung. Vielleicht haben Sie ja schon einmal ein Werbevideo von einem Coach in den sozialen Netzwerken gesehen. Wenn Sie einmal darauf achten, wird Ihnen auffallen, dass diese Coaches ganz besondere Fragen stellen. Dabei spielt es keine Rolle, für welchen Bereich dieser Coach zuständig ist, denn die systemischen Fragen können in allen Bereichen zielführend sein.

Auch in der Wissenschaft können die besonderen Fragestellungen mehr als hilfreich sein. Ein Wissenschaftler, der immer nur in eine Richtung denkt, wird vielleicht nie auf eine Lösung stoßen. Wenn er stattdessen jedoch das systemische Frageprinzip anwendet, ist die Lösung vielleicht nur noch wenige Experimente entfernt.

In der Soziologie helfen systemische Fragen dabei, zu verstehen, wie eine Gesellschaft aufgebaut ist und nach welchem Muster sie interagiert und kommuniziert. Die Fragen basieren dabei auf dem Verständnis einer zusammenhängenden und voneinander abhängigen Gesellschaft. So können Gefüge wie Organisationen und Gemeinschaften analysiert und besser durchschaut werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass systemische Fragestellungen helfen können, komplexe Probleme zu analysieren und eine passende Lösung zu finden. Sie helfen Ihnen und Ihren Mitmenschen, eine neue Perspektive anzunehmen und sich von alten Denkmustern zu lösen, in denen Sie sich festgefahren haben. Die Fragetechniken beinhalten dabei den Blick auf ein ganzes Gefüge und die Zusammenhänge sowie Abhängigkeiten in diesem, statt nur auf einzelne Bestandteile, und ermöglichen so allumfassende Lösungswege und Ansätze.

Sie sollten jedoch bedenken, dass nicht alle Probleme mit systemischen Fragetechniken gelöst werden können und eine allumfassende Lösung nicht immer möglich ist. Manche Systeme sind einfach zu komplex und unvorhersehbar, um sie mit einer einfachen Frage zu lösen. Manchmal fließen auch neue Faktoren ein, die gar nicht eingeplant werden können. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, alle Ansätze, die Sie mit einer systemischen Frage entwickeln, genauestens zu prüfen und zu hinterfragen.

Eine effektive Anwendung systemischer Fragestellungen ist nur möglich, wenn Sie genau wissen, wie solche Fragen aufgebaut sein müssen und mit welcher Methode Sie bestmöglich an Ihr Ziel kommen. Diese Informationen finden Sie, gemeinsam mit weiteren Definitionen sowie vielen Praxisbeispielen und Lösungen, in diesem Buch.

Methodik

Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen und Ansätze, mit denen Sie eine Frage nach dem systemischen Prinzip stellen können. Die Möglichkeiten hierzu sind sehr vielfältig, was auch der Grund dafür ist, dass systemische Fragen in so vielen Bereichen des Lebens zum Einsatz kommen können.

Sind Sie beispielsweise Lehrer und möchten Ihre Schüler dazu animieren, über ihre berufliche Zukunft nachzudenken, müssen Sie eine Frage finden, die über ein einfaches „Was möchtest du einmal werden?” hinausgeht, wenn Sie eine wirklich ernsthafte und gut durchdachte Antwort bekommen möchten. Auch in anderen Bereichen ist dies selbstverständlich der Fall. Im Fokus steht immer die geschickte Formulierung einer Frage, die das Gegenüber zum Nachdenken anregt. Das ist natürlich nicht immer leicht und erfordert einiges an Übung, öffnet aber, wenn es einmal gelernt wurde, viele Türen zu Welten, die Ihnen und Ihrem Gegenüber vielleicht noch verborgen liegen.

Im Gegensatz zu normalen W-Fragen gehen systemische Fragen dabei deutlich mehr in die Tiefe, was zu der bereits erwähnten Eröffnung neuer Perspektiven und Ansätze führt. Während W-Fragen wichtig sind, um ein Problem oder einen Sachverhalt zu verstehen und auf eine Fragestellung zu stoßen, sind systemische Fragestellungen dafür da, dieses Problem oder den Sachverhalt besser zu durchschauen und so auf eine Lösung zu kommen.

W-Fragen

Systemische Fragen

Definition

Frage nach Informationen

Frage nach Beziehungen, Mustern, Bedeutungen, Lösungswegen

Ziel

Informationen sammeln

Selbstreflexion, neue Denkweisen und Lösungsansätze entdecken

Antwort

kurz und präzise

ausführlich, weiterführend

Beispiele

Wer hat das Problem verursacht?

Wie ist das passiert?

Welche Möglichkeiten gibt es, das Problem zu lösen?

Was war Ihrer Meinung nach der Auslöser für dieses Problem?

Wie Sie sehen, sind einfache W-Fragen deutlich oberflächlicher und verlangen entsprechend auch keine besonders tiefgehende Antwort. Es ist jedoch zu vermeiden, einfach W-Fragen mit W-Fragewörtern zu nutzen, jedoch können in systemischen Fragen sehr wohl die Fragewörter Wer, Was, Wo, Wann usw. auftauchen. Der Unterschied liegt also nicht in der Verwendung der Wörter, sondern darin, wie detailreich die Frage formuliert wird.

Grundlagen systemischer Fragetechniken

Bevor Sie sich der praktischen Anwendung systemischer Fragetechniken in den verschiedensten Bereichen widmen, sollten Sie sich zunächst damit befassen, was Sie da in Zukunft überhaupt anwenden möchten. Es ist immer sinnvoll, zu wissen, wo der Ursprung der Techniken, die man anwendet, liegt und was sie von anderen unterscheidet.

In diesem Kapitel erfahren Sie alles, was Sie über systemische Fragetechniken erfahren müssen. Das beinhaltet nicht nur das Wissen über die Entstehung und den Hintergrund dieser, sondern auch über verschiedene Fragearten, die mal mehr, mal weniger im systemischen Zusammenhang geeignet sind. Am Ende finden Sie einige Praxisbeispiele, die der Veranschaulichung des Themas dienen sollen.

Einführung in die Systemtheorie

Wie Sie bereits in der Einleitung erfahren haben, beruhen die systemischen Fragetechniken auf der Vorstellung eines Systems als eine Einheit mehrerer einzelner Bestandteile, die alle zusammenhängen. Die Systemtheorie beschäftigt sich mit ebendiesen Zusammenhängen und versucht, sie zu erklären.

Dabei ist das Ziel der Systemtheorie, herauszufinden, auf welchen Grundlagen eine Gesellschaft basiert und unter welchen Prinzipien sie funktioniert. Es geht darum, mehrere einzelne Systeme zu analysieren und daraus Gemeinsamkeiten zu erforschen. So soll es möglich gemacht werden, Vorhersagen über das Verhalten und die Entwicklung eines Systems zu machen. Das gilt zum Beispiel bei der Beobachtung biologischer Zellen.

In der Soziologie wird die Systemtheorie angewandt, um Beziehungen zwischen den Menschen, seien es nun Familienmitglieder, Freunde, Mitarbeiter einer Firma oder Paare, zu analysieren. Das Prinzip der Theorie hilft dabei, zu verstehen, wie Beziehungen entstehen und unter welchen Bedingungen sie am besten funktionieren. Wenn es um Mitarbeiter geht, so kann erforscht werden, wie diese zueinander stehen sollten, um bei der Arbeit den bestmöglichen Beitrag zu leisten.

Für die Systemtheorie gibt es unterschiedliche Ansätze, die sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt haben. Unter dem Begriff „Kybernetik” wurde bereits 1948 der erste Ansatz geschaffen, und zwar von Norbert Wiener (1894–1964), der den Fokus für seine Theorie auf die Steuerung und Regelung der Kommunikation setzte. Diese stark von technischen und mathematischen Begriffen geprägte Theorie beruht in der Kommunikation auf Ist- und Soll-Werten. Je näher die Ist-Werte an den Soll-Werten liegen, desto besser läuft die Kommunikation.

Bei der Kybernetik handelt es sich um eine Wissenschaft, die sich mit der Analyse, Kommunikation und Steuerung eines Systems befasst. Sie untersucht die Informationsverarbeitung in lebenden Organismen, aber auch in sozialen Strukturen oder technischen Systemen. Die Kybernetik soll dazu beitragen, die untersuchten Systeme zu analysieren und unter Umständen eine Steuerung oder Verbesserung zu bewirken.

Ungefähr zur selben Zeit, in der auch der Begriff der „Kybernetik” geprägt wurde, entwickelte Ludwig von Bertalanffy (1901–1973) seine Systemlehre, da die Ansätze seines Vorgängers Wiener ihm zu ungenau waren. Er war der Meinung, dass es mehr brauchte, um nicht nur die Kommunikation, sondern auch das Leben zu analysieren. Bertalanffy sah sein Umfeld als eine Art offenes System. Im Gegensatz zu Wiener beachtet seine Theorie auch den Austausch eines Systems mit anderen Systemen, beispielsweise der Umwelt.

Weiter ausgeführt wurde die Systemlehre nach Bertalanffy von W. Ross Ashby (1903–1972). Das sogenannte „Ashbysche Gesetz” geht davon aus, dass ein System eine große Varietät aufweisen muss, um die Varietät seiner Umwelt zu steuern und so zu vermindern. Im Zusammenhang mit diesem Gesetz war auch das erste Mal von der Selbstorganisation der Systeme die Rede. Dieser Begriff bezeichnet die Möglichkeit eines Systems, sich selbst zu gestalten, zu entwickeln und zu beschränken, statt nur von der Umwelt abhängig zu sein.

Wenn sich ein System von selbst erschafft und entwickelt, spricht man von Autopoiesis. Dieser Begriff ist sozusagen die Vereinigung der Kybernetik mit der Systemlehre nach Bertalanffy. Entwickelt wurde er von den Biologen Francisco Varela (1946–2001) und Humberto Maturana (1928–2021). Sie erklären ihre Theorie mit der Metapher eines Systems als lebendige Maschine, die geschlossen agiert. In der Biologie galt diese Entdeckung als bahnbrechend, da biologische Systeme von diesem Moment an nicht mehr über einzelne Merkmale definiert wurden, sondern über den gesamten Prozess ihrer Entwicklung. So wurde es deutlich einfacher, das Verhalten dieser Systeme nachzuvollziehen. Doch nicht nur in der Biologie, sondern beispielsweise auch in der Soziologie konnte diese Theorie neue Erkenntnisse bringen.

Alfred Radcliffe-Brown (1881–1955) dachte die Autopoiesis weiter und entwickelte darauf basierend seinen Strukturfunktionalismus. Er hat untersucht, inwiefern festgelegte Strukturen und Hierarchien einen Einfluss auf das Verhalten von einzelnen Personen in einer Gesellschaft haben. Dabei kam er auf das Ergebnis, dass diese Strukturen nur mit äußeren Faktoren verändert werden können.

Talcott Parsons (1902–1979) war einer derjenigen, die sich gegen den Strukturfunktionalismus wehrten und stellte als Widerspruch seine handlungstheoretische Systemtheorie auf. Für ihn ist die Gesellschaft ein System, also eine zusammenhängende Gemeinschaft, die auf einer Struktur basiert, die durch das zwischenmenschliche Verhalten der Individuen bestimmt wird. In einer Gesellschaft gibt es also mehrere Strukturen, die voneinander abhängig sind. Diese Abhängigkeit wird Interdependenz genannt. Eine Gesellschaft wird dabei auf Grundlage verschiedener Verhaltensregeln gebildet. Das sind einerseits Gesetze, andererseits aber auch Erwartungshaltungen gegenüber anderen und festgelegte Rollen für jedes Individuum.

Parson unterscheidet in seiner Theorie zwischen vier Funktionen, die alle gemeinsam nötig sind, um ein System zu erhalten. Dazu zählen die Adaption, also die Fähigkeit, sich an das System anzupassen und seine „Rolle” zu spielen, das Goal Attainment, also das Erreichen von Zielen, was vor allem im persönlichen Bereich besonders ist, die Strukturerhaltung, beispielsweise durch Kultur, sowie die Integration.

Die Systemtheorie von Parson wurde letztendlich von Niklas Luhmann (1927–1998) erweitert und somit auf den Stand gebracht, auf dem der Begriff heute ist. Luhmann nennt die sogenannten „Operationen” als Grundlage jedes Systems. Als Operation sieht er dabei die Kommunikation in einem System. Das System beobachtet sich selbst und führt vergangene Kommunikationen fort oder baut darauf auf. Dabei sind mit Kommunikation nicht nur die Worte gemeint, die ausgetauscht werden, sondern auch sogenannte „symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien”, zu denen beispielsweise Macht, Liebe und Geld zählen. Das Individuum rückt dabei in den Hintergrund und spielt keine große Rolle, während das Gesamtsystem in den Fokus gerückt wird.

Aus der Kommunikation können laut Luhmann drei unterschiedliche Systeme entstehen: Die Interaktionssysteme, die Organisationssysteme und die Gesellschaftssysteme, wobei jedes seinen Fokus auf eine andere Art der Kommunikation legt. Übrigens spielen die bloßen Handlungen der Menschen in dieser Theorie keine Rolle, da sie nicht als Teil der Kommunikation gelten.

Die Systemtheorie ist also ein wichtiger Bestandteil der systemischen Fragetechniken, da sie dabei hilft, die Zusammenhänge zu verstehen und Lösungsansätze zu bilden. Dass sich die Theorien meist auf unterschiedliche Bereiche beziehen lassen, spricht für die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten systemischer Fragetechniken.

Grundprinzipien systemischer Fragetechniken

Wenn Sie systemische Fragetechniken anwenden möchten, sollten Sie das nicht einfach so tun. Das Prinzip dieser Techniken ist nämlich zum Teil recht komplex und sollte auf keinen Fall falsch angewendet werden, wenn Sie sich eine ehrliche und zielführende Antwort wünschen. Wenden Sie die Fragetechniken falsch an, kann das Gespräch schnell zum Stillstand kommen und schlimmstenfalls kann auch das Vertrauen Ihres Gegenübers zu Ihnen brechen. Um das zu verhindern, sollten Sie einige Grundprinzipien befolgen:

Bevor Sie eine systemische Frage stellen, muss Ihnen bewusst sein, dass Sie eine gewisse Verantwortung tragen. Mit dem Stellen dieser Fragen machen Sie sich zum Gesprächsführer und sind somit in der Pflicht, das Gespräch so zu führen, dass es nicht nur für Sie, sondern auch für Ihr Gegenüber möglichst angenehm ist.

Die systemischen Fragetechniken gehen sehr in die Tiefe und sollten deswegen nur mit Bedacht verwendet werden. Sie sollten keinesfalls der Manipulation des Gegenübers dienen und auch nicht genutzt werden, um den Gesprächspartner zu erniedrigen.

Zu dieser Verantwortung zählt auch, dass Sie die Fragen lösungsorientiert stellen. Die systemischen Fragestellungen sind, wie bereits erwähnt, nicht dazu da, sich selbst zu profilieren und über den Gesprächspartner zu stellen, sondern mit ihm gemeinsam auf neue Perspektiven und Lösungswege zu stoßen oder einfach nur das Gespräch auf angenehme Weise zu vertiefen.

Dazu kommt, dass systemische Fragen auf keinen Fall mit Smalltalk verwechselt werden sollten. Sie sind nicht dazu da, mit Fremden zu kommunizieren, sondern sollten auf einer Vertrauensgrundlage basieren, die es ermöglicht, sich dem Gegenüber zu öffnen. Ohne Vertrauen führen systemische Fragen im privaten oder therapeutischen Bereich niemals zum Ziel. Anders sieht es hingegen in der beruflichen Verwendung aus. Wenn Sie zum Beispiel auf der Suche nach einer Antwort auf eine biologische Frage sind und mit Ihren Kollegen an möglichen Lösungswegen arbeiten, können Sie dort auch ohne Vertrauensverhältnis systemische Fragen stellen.

In Bezug auf das Vertrauensverhältnis ist es besonders wichtig, Fragen, die sich auf persönliche Dinge des Gegenübers beziehen, mit Klarheit zu formulieren. Systemische Fragen sind nicht immer einfach zu beantworten und auch die Formulierung der Fragen ist nicht immer einfach.