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In »Tagebuch reloaded« räumt die Autorin radikal mit Vorurteilen gegenüber dem Tagebuchschreiben auf und verjagt die Langeweile aus den Zeilen. Ein Tagebuch ist für sie wie eine gute Freundin, wie ein verlässlicher Lebensbegleiter, eine analoge Oase im Ozean digitaler Überforderung. Doch wie anfangen? Und was überhaupt aufschreiben? Wie kann ich wissen, ob es sich für mich lohnt, ein Tagebuch zu führen? Wie finde ich heraus, ob es mein Leben bereichert, ihm neue Seiten abgewinnt und Räume öffnet? Angelika von Aufseß inspiriert mit ihren Schreibimulsen von A bis Z zu dieser neuen Art des Tagebuchschreibens. Jeder Buchstabe ist ein Anstoß, um Erfahrungen mit dem Aufschreiben zu sammeln. Die Vielfalt der Anregungen sowie die anschaulichen Beispiele berühmter und unbekannter Tagebuchschreiber:innen machen Schreiblaune. Sie wecken die Neugier auf das Schreiben an sich selbst.
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Seitenzahl: 113
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Angelika von Aufseß
Schreibimpulse von A bis Z
VANDENHOECK & RUPRECHT
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.
© 2025 Vandenhoeck & Ruprecht, Robert-Bosch-Breite 10, D-37079 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe
(Koninklijke Brill BV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich)
Koninklijke Brill BV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Brill Wageningen Academic, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau und V&R unipress.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.
Umschlagabbildung: Amr Bo Shanab Images/Shutterstock
Satz: SchwabScantechnik, Göttingen
EPUB-Erstellung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com
E-Mail: [email protected]
ISBN 978-3-525-40061-6 (print)
ISBN 978-3-647-99244-0 (digital) | 978-3-666-40061-2 (eLibrary)
EINFÜHRUNG
AUSDAUERND
BANAL
CHAOTISCH
DIALOGISCH
ENTLASTEND
FAKTISCH
GESCHÖNT
HANDSCHRIFTLICH
INTIM
JETZT
KLÄREND
LYRISCH
MAßGESCHNEIDERT
NEUERDINGS
ÖFFENTLICH
PHYSISCH
QUERGEBÜRSTET ODER: QUENEAU LÄSST GRÜßEN
RESSOURCENORIENTIERT
STRUKTURIERT
THEMATISCH
UNMORALISCH
VERSPIELT
WIEDERLESEND
XS
YESTERDAY
ZUKÜNFTIG
QUELLEN
»Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut!«
Karl Valentin
Täte sich ein Mensch dürfen trauen, dann könnte es ihm sicher gefallen, an sich selbst zu schreiben. Er könnte sich daran erfreuen, eines Tages in seinem Leben zu blättern wie in einem Buch, dessen Autor:in das Ich vergangener Zeiten ist. Er könnte Erlebnisse zurückholen, könnte Gefühlen nachspüren, würde seiner Erinnerung auf die Sprünge helfen. Oder einfach Dampf ablassen. Oder spielen. Oder dokumentieren. Oder …
Im Lauf der Zeit würde dieser Mensch sich selbst besser kennenlernen. Er würde überraschende Seiten an sich entdecken, Seiten, die erst vom Licht des Schreibens geweckt wurden. Er wäre befremdet, berührt, begeistert. Dafür jedoch müsste er sich zu dürfen getraut haben.
Als Pippi Langstrumpf von Annika gefragt wird, ob sie Klavier spielen könne, antwortet sie: Ich weiß es nicht, ich habe es noch nie probiert. So ist das mit dem Tagebuchschreiben. Man muss es probieren, um herauszufinden, ob es das Leben bereichert, es verändert, ihm neue Seiten abgewinnt und Räume öffnet.
Nicht jeder Versuch gelingt sofort. Diffuse Ansprüche oder die Angst vor dem leeren Blatt verhindern das Wollen-Dürfen. Und viele Menschen wissen einfach nicht, welche Form des Notierens, Skizzierens, Aufschreibens für sie die passendste ist.
Dafür gibt es jetzt das A bis Z des Tagebuchschreibens! Jeder Buchstabe ein Experiment, eine Anregung, um Erfahrungen mit dem Aufschreiben zu sammeln. Ein Arbeits- und Spielbuch mit der offiziellen Erlaubnis, nach Lust und Laune damit zu experimentieren.
Vielleicht ergeht es Ihnen wie dem Kind, das in der Kita die Erzieherin fragt: »Muss ich heute wieder machen, was ich will?« Ja, genau! Zum Glück dürfen Sie mit den Impulsen in diesem Buch nicht nur machen, was Sie wollen, sondern auch herausfinden, welche Art, welcher Stil von Tagebuch zu Ihnen und zur jeweiligen Situation am besten passt. Es liegt ausschließlich in Ihrem Ermessen, ob Sie zwischen den Buchstaben hin und her springen oder von A bis Z alle Schreibimpulse kennenlernen oder Buchstaben überspringen und andere beliebig oft wiederholen. Dieses Buch soll Ihnen Lust machen auf das Aufschreiben, egal, ob es sich um BANALE Tage, GESCHÖNTE Wochen, ZUKÜNFTIGE Stunden, ein YESTERDAY-Jahr zum Erinnern oder INTIME Geständnisse handelt. Sie werden bei jedem Schreibimpuls Querverweise finden, gekennzeichnet durch A bis Z, die ein Thema ergänzen oder mit einem neuen Blick aufgreifen. Das Aufschreiben im Tagebuch ähnelt einem Haus, das stetig Räume hinzugewinnt: einen Wintergarten, ein neues Badezimmer, ein Gäste-WC, eine Dachterrasse, einen Vorratskeller, einen Geräteschuppen oder Durchbrüche und Türen, die nach draußen führen. Dazu kommen vielleicht: ein Gewächshaus, eine schattige Terrasse, ein Morgenbalkon und immer wieder lauschige Gartenplätze oder zarte Räume im Wipfel der Tanne. Und gelegentlich braucht es eine umfassende Renovierung, weil sich die Lebensumstände ändern (siehe auch AUSDAUERND) oder der Bedarf. Weniger metaphorisch kann man sagen, dass sich der Fächer des Aufschreibens weit aufspannt: vom Entlasten über das Reflektieren bis hin zum Spiel oder zur literarischen Fingerübung. Die Grenzen verschwimmen, Übergänge sind fließend. So lässt sich nicht jeder Impuls messerscharf von einem anderen trennen, Ähnlichkeiten und Wiederholungen nicht ausgeschlossen, wenngleich jeder Buchstabe seinen eigenen Fokus hat.
Lassen Sie sich einladen, mit Papier und Stift – wenn nötig auch mit dem digitalen Notizbuch – am Schreiben so viel Vergnügen zu finden, dass Sie gar nicht mehr damit aufhören mögen! Warum? Manfred Krug wird in einem Artikel der »Süddeutschen Zeitung« zitiert mit dem kryptischen Satz: »Was ich heute nicht aufschreibe, werde ich morgen nicht erlebt haben« (SZ vom 5./6. Februar 2022).
Wer überzeugten Diarist:innen zuhört, wird immer wieder auf diese Leidenschaft für das Schreiben an und für sich selbst stoßen. In den vorliegenden 26 Impulsen möchte ich Ihnen mit Beispielen und Übungen Appetit machen, sich von dieser Leidenschaft anstecken zu lassen – in welcher Form auch immer! Haus und Garten in der Tagebuchstraße 1 heißen Sie herzlich willkommen!
»Arg. Heute nichts geschrieben, morgen keine Zeit.«
Franz Kafka
Das Schwierigste zuerst. Der Anspruch hängt hoch. Ausdauernd Tagebuch schreiben klingt nach Routine, Ritual, Regelmäßigkeit. Nach einem Buch oder einem Heft, das man jeden Tag aufschlägt, egal wie ereignislos der Tag und wie trostlos der Text ist, den man weder aufschreiben noch jemals wieder lesen will.
Ausdauernd. Bilder von Marathonläufer:innen tauchen auf. Die ausgemergelte Schreiberin mit von Sorgen zerfurchter Stirn. Sie gibt ihre letzte Tinte, und das Ergebnis? Kann sich nicht einmal sehen lassen, weil zu BANAL und/oder zu INTIM, als dass jemals jemand die Folgen der Ausdauerleistung anerkennend würdigen würde. Posthum vielleicht.
Warum also ausdauernd und in welcher Weise ausdauernd?
Ein beeindruckendes Modell für Ausdauer (und Veränderung!) ist Sigrid M. Zum Zeitpunkt unseres Gespräches über das Tagebuchschreiben ist sie 93. Mit Mitte vierzig beginnt sie, die Ereignisse eines Tages, die Begegnungen und Besonderheiten zu notieren und ihnen eine sprachlich appetitliche Form zu geben. Sie führte über viele Jahre eine Chronik täglicher Ereignisse in Kalenderform (ein Tag pro Seite), siehe auch FAKTISCHES Schreiben. Zum Lesen, Schreiben, zu Sprache im Allgemeinen hat sie schon immer ein inniges Verhältnis. Als ihr Ehemann pflegebedürftig wird, ändert sich die Funktion ihres Tagebuchrituals. Es wird ihr zur Insel im Meer der Fremdbestimmung, ihre Oase, ihr Ort für kostbare Zeit nur für sich selbst und ihre Gedanken und Gefühle. Die Fakten werden zwar weiterhin notiert, um dem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, doch zunehmend wird das Tagebuch zum Ort für Reflexion, zur Klagemauer, zu einem geduldigen Gegenüber. Spätestens nach dem Tod ihres Ehemanns wandelt sich ihr Tagebuch noch mehr. Die Kalender haben ausgedient. Farbige und ästhetisch ansprechende Bücher beherbergen jetzt ihre Gedanken und Gefühle. Als Neunzigjährige, deren Hände nicht mehr so wollen, diktiert sie ihrem iPad, was sie zu sagen hat, und feilt an jedem Text, ehe sie ihn ausdruckt und abheftet. Seit Kurzem klebt sie Fotos und Bilder in ihr ausgedrucktes Tagebuch. Inzwischen hat sie sich längst vom pflichtbewussten Tageseintrag verabschiedet. Sie schreibt aus Freude und aus Lust am Ausdruck, aus dem Bedürfnis nach Mitteilung, nach Entlastung und Reflexion. Manchmal blättert sie in den Seiten, manchmal fragt sie sich, was nach ihrem Tod mit den Tagebüchern passieren soll (siehe auch INTIM). Immer jedoch hat sie auch mit 93 Jahren den Drang, weiterzuschreiben, einfach ausdauernd weiterzuschreiben.
Ähnlich formuliert es Martin S., der vor 53 Jahren begonnen hat, seine Gedanken dem Tagebuch anzuvertrauen. Dem Heranwachsenden half damals das Schreiben im Tagebuch dabei, sich in der Welt zu verorten. Er setzte sich schreibend mit seinem katholischen Glauben auseinander und suchte nach seinem persönlichen moralischen Kompass. Was ist richtig? Was ist falsch? Was sind meine Werte? Welche dürfen bleiben und welche müssen von Bord gehen? Ein halbes Jahrhundert später – er ist inzwischen im Ruhestand – durchforstet er sein aufgeschriebenes Leben (siehe auch WIEDERLESEND) und nutzt sein Logbuch (siehe auch FAKTISCH) – so nennt er es selbst – für ein schriftstellerisches Projekt.
Die Ernte von Ausdauer ist zum Zeitpunkt des Säens und Pflanzens schwer einzuschätzen. Wird sie reichhaltig ausfallen oder mager? Sind die Früchte faul und fallen ab, ehe sie süß und saftig sind? Die Ernte wird einfahren, wer das Gespräch mit sich im Tagebuch nicht abreißen lässt, wer die Frühlingsgefühle, das Sommerhoch, die Herbstmelancholie und die Müdigkeit im Winter seinem Tagebuch anvertraut hat.
Ein paar Tage überspringen, über längere Perioden karg kommunizieren, in besonders fleißigen oder besonders glücklichen Zeiten nur flüchtige Sätze oder lose Stichworte eintragen, all das tut der Beziehung zum Tagebuch keinen Abbruch. Ein Tagebuch ist eine großzügige Geliebte. Sie versteht und verzeiht, solange sie einen festen Platz im Leben des Tagebuchhalters einnimmt, solange der Wille zur Beziehung vorhanden ist.
Wenn jedoch der Kontaktfaden dauerhaft reißt, zieht sich das Tagebuch zurück, leer und vertrocknet und so tief verletzt, dass die Wiederbelebung der einst leidenschaftlich begonnenen Liaison viel Energie verlangt. Ihm klebt die Enttäuschung zwischen den Seiten. Vielleicht lassen Sie es in Frieden ruhen und beginnen einen Neuanfang mit neuen Vorzeichen und einem neuen Heft.
Wer also erneut einen Versuch wagen will, auch wer zum ersten Mal die Beziehung zu einem Tagebuch aufnimmt, ist gut beraten, seine:n Lebensbegleiter:in und damit sich selbst ernst zu nehmen und den Kontaktfaden zu halten, in guten wie in schlechten Zeiten, im Elend und im Glück. Und wenn es nur der schmallippige Eintrag zum Tagesende ist (siehe auch XS) oder der Verweis auf ein paar ausführlichere Zeilen am Wochenende. Es reichen Stichworte. Vielleicht eine Skizze. Lose Gedanken nach dem Aufwachen, ein Lesetipp für den Urlaub, das Rezept für Mürbeteig, die Telefonnummer einer neuen Bekanntschaft. Aufzeichnungen, die der eigenen Laune und dem eigenen persönlichen Stil entsprechen. Der Tod jeder Liebe ist die Erstarrung in der Form (siehe auch CHAOTISCH). Das Ausdauernde im Führen eines Tagebuchs ist also nichts anderes als ein Spiegeln des eigenen gelebten Lebens so, wie es ist – und nicht, wie es sein sollte.
Und was ist nun die Ernte? Wer könnte es besser ausdrücken als Franz Kafka: »Das Tagebuch durchgeblättert. Eine Art Ahnung der Organisation eines solchen Lebens bekommen« (15. Oktober 1914).
Eine Art Ahnung davon, wer ich in diesem Jahr, in diesem Jahrzehnt, in diesem meinem Leben war, was ich getan, gefühlt, gedacht, geschafft und gelassen habe. Dann ist es Zeit, die gefüllten Hefte zu betrachten und ihnen zuzuzwinkern, denn wir haben eine lange Wegstrecke gemeinsam zurückgelegt. Man könnte sagen, wir kennen uns gut.
»Besuche bey Voigts u Seidlers.
Spaziergang um den Graben.
Mittags zu hause.
Abends auf dem Ball, wo ich 6 Tänze getanzt habe.«
Christiane von Goetheam 13. Januar 1816
Keine Angst vor Banalität und Durchschnittlichkeit! Wer dem Tagebuch mit Angst vor dem Rotstift begegnet (Thema verfehlt! Klischee! Wiederholung!), wird die Lust am Aufschreiben schnell verlieren. Wo kämen wir denn hin, wenn wir jede Alltäglichkeit im Tagebuch verewigten? Berechtigte Frage: Wo kommen wir eigentlich hin, wenn wir Notizen in schnöder Alltäglichkeit verfassen?
Wir kommen in den glücklichen Zustand des freien inneren Kindes, dem die kleinen Dinge Vergnügen bereiten: dass die Sonne scheint, dass die Vögel zwitschern, dass man sechs Tänze getanzt und die Frau an der Supermarktkasse gelächelt hat. Selbst Bertolt Brecht gönnte sich um 1954 mit seinem Gedicht »Vergnügungen« einen Ausflug in das Unspektakuläre und reiht aneinander, was alles dazugehört, sich alltäglich zu vergnügen.
»Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen
Das wiedergefundene alte Buch
Begeisterte Gesichter
Schnee, der Wechsel der Jahreszeiten
Die Zeitung
Der Hund
Die Dialektik
Duschen, Schwimmen
Alte Musik
Bequeme Schuhe
Begreifen
Neue Musik
Schreiben, Pflanzen
Reisen
Singen
Freundlich sein.«
(Bertolt Brecht)
Wir könnten es halten wie er oder Christiane von Goethe oder wie der Schriftsteller Feridun Zaimoglu. In seinem Logbuch »Weiter im Text« (2011) notiert er ein ganzes Jahr lang Beobachtungen aus seinem Alltag:
»Male im Malzimmer. Stilleben. Rumpelkammer. Fahrrad. Mäntel und Jacken auf Stühlen. Bilder in Regalen bis zur Decke. Eine mittlere Spur bis zur Staffelei frei gekämpft. Frühlingserwachen, die Lust sprengt mich. Müsste Fenster putzen. Mische lieber Farben. Pfeif was auf den Notstand. Kaufe einen kniehohen Fliegenpilz aus kopiertem Glas. Stelle 3 grinsende groteske Tonzwerge darunter. German Kitsch. Gefällt mir, hebt die Laune. Putze Bad und Küche, spüle und trockne ab, stelle das Geschirr in die Hängeschränke. Hake am Telefon die Formalie zu den kommenden Terminen ab. Rauche in der Küche stehend und fast reglos eine ganze Mentholzigarette. Kraft, Bestimmung. Gewaltmarsch in die Stadt.«
Auf der Lesung anlässlich der Verleihung des Preises der Literaturhäuser erzählt Feridun Zaimoglu, dass er kein Tagebuchschreiber sei und sich erst bei Freunden erkundigen musste, wie sie Tagebücher führen. So nennt er sein Werk auch lieber Logbuch, wenngleich der offizielle Titel lautet: »Weiter im Text: ein Tagebuch mit Bildern«. Das mit Zeichnungen des Autors und Künstlers versehene Werk ist sehr persönlich aufgemacht: Skizzen, Schreibmaschinenschrift mit handschriftlichen Verbesserungen und Kommentaren, Gartenzwergfotos aus eigener Sammlung. Die Texte wirken wie ein Film: schnelle Schnitte, alltägliche Szenen und Begebenheiten, skurrile Figuren, besorgte Beschäftigung mit schmerzenden Zehen, mit schwer verträglichen Nahrungsmitteln und ihrer Wirkung auf den Körper.
Auf dem Weg zu einem Vortrag in Hamburg steht er morgens um sieben Uhr im Raucherfeld mit einer Frau, die Pfeife raucht, und er notiert in schönstem Banalisch: