Talon Band 5: Nayla, die Löwin - Marc Thomas - E-Book

Talon Band 5: Nayla, die Löwin E-Book

Thomas Marc

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Beschreibung

Nachdem er die Gefangenen des Sklavenjägers befreit hat, zieht Talon zurück zum Tempel Shions. Dabei stößt er auf einen jungen Mann, der seine Schwester sucht. Nayla allerdings ist mehr als nur ein Mensch – und Talon überlebt den Kampf gegen sie nur knapp. Nur um in die Hände jener Menschen zu geraten, für die Nayla etwas Besonderes darstellt. Denn sie sind die Hüter des Auges des Ra … Von ihnen erfährt Talon den Hintergrund um die Geschichte Sekhmets und die Aufgabe, der sich diese Menschen bis heute verschworen haben. Und bereit sind, dafür alles zu opfern … ___ Dieser Roman wurde bereits 2018 veröffentlicht und vom Autor für die vorliegende Fassung neu bearbeitet.

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Seitenzahl: 99

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TALON BAND 5

 

 

Impressum

 

© Copyright Marc Thomas

© Copyright 2023 der E-Book-Ausgabe bei Verlag Peter Hopf, Minden

 

www.verlag-peter-hopf.com

 

ISBN 978-3-86305-329-1

 

Redaktionelle Betreuung: Wolfgang Kollmann

Covermotiv: Leonardo.ai | Covergestaltung: Thomas Knip

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv.

Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.

 

Der Nachdruck, auch auszugsweise, die Verarbeitung und die Verbreitung des Werkes in jedweder Form, insbesondere zu Zwecken der Vervielfältigung auf fotomechanischem, digitalem oder sonstigem Weg, sowie die Nutzung im Internet dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages erfolgen.

Inhaltsverzeichnis
Impressum
Nayla, die Löwin
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Epilog

 

 

MARC THOMAS

Nayla, die Löwin

Talon Band 5

 

 

Kapitel 1

 

Zuerst hatte er geglaubt, seinen Augen nicht zu trauen. Vielleicht hatte er auch nur gehofft, dass es nicht mehr war als ein Lichtreflex im Schein der frühen Morgensonne. Licht, das sich auf einer kühlen, taubedeckten Oberfläche brach und in verschiedenen Facetten schillerte.

Doch es war die Oberfläche selbst, die aus sich heraus zu leuchten begann, sobald sie vom Licht der Sonne gestreift wurde und sich bewegte, waberte, beinahe flüssig wirkte. Als würde die Luft vor Hitze flirren und die Umgebung verzerren. Das Leuchten wurde intensiver. Kleine Lichter tanzten wie Sandkörner über den aufgesprengten roten Lack des rostigen Kofferraumdeckels.

Talon legte die Hand auf das kühle Metall – und zuckte zurück. Er blickte sich um. Das Leuchten ging auf ihn über und umgab ihn wie Myriaden von Glühwürmchen. Es wirbelte durch die Luft, als würde es von einem Windstoß mit sich getragen.

Das Atmen fiel ihm mit jedem verstreichenden Augenblick schwerer. Er fühlte sich, als würde etwas tief in ihn eintauchen und an ihm zerren. Als versuche etwas, einen Teil aus ihm herauszureißen. Lange Momente war es Talon unmöglich, sich zu konzentrieren oder zu bewegen. Jeder einzelne unausgesprochene Gedanke schien zu zerfasern und zu verblassen, noch bevor er ihn beenden konnte. Erst allmählich ließ dieses Gefühl der Ohnmacht nach.

Eine Beklemmung überkam ihn. Der Tanz der Lichtfetzen um ihn herum hatte sich verändert. Viele von ihnen sanken zu Boden und erloschen, sobald sie die ausgedorrte Erde berührten. Andere jedoch wirbelten durch die Luft und schienen einer vorgegebenen Richtung zu folgen, die tief im Südosten lag.

›In Richtung des Dschungels‹, formte sich die Überlegung nur unwillig in Talons Kopf. ›Dort, wo der Tempel liegt.‹

Das unwirkliche Spiel dauerte noch mehrere Minuten, bis es allmählich verebbte. Zurück blieb ein verlassenes Dorf, das schien, als sei es vor Jahrhunderten aufgegeben worden. Nur die Relikte der modernen Zeit erinnerten Talon daran, dass er sich in der Gegenwart befand.

Doch genau all jene Gegenstände, die darauf hinwiesen, dass dieses Dorf keine archäologische Stätte war, verloren vor seinen Augen zusehends an Substanz.

Talon sah hoch und betrachtete sich das lang gezogene Schild der Tankstelle, die am Ortseingang etwas abseits der anderen Häuser stand. Früher einmal hatte eine ovale Neonröhre die durch Wind und Sand blass gescheuerte Schrift auf dem Schild umrahmt. Doch nun war von der Leuchtstoffröhre kaum mehr als die Hälfte vorhanden, wie von dem Schild selbst, auf dem sich noch schwach das Wort ›Gas‹ entziffern ließ.

Die Röhre sah jedoch nicht so aus, als sei sie beschädigt worden. Es war vielmehr so, als würde sie nach und nach aufgezehrt. Die offenen Enden hingen durchscheinend in der Luft. Selbst das massive Schild wirkte eher wie dünner Stoff, der das Licht passieren ließ. Fast glaubte Talon, den Umriss der dahinter stehenden Bäume durch die emaillierte Oberfläche scheinen zu sehen.

Die letzten Lichtpunkte waren nun verschwunden oder nur noch in der Ferne als stille Reflexe vor dem dunstverhangenen Himmel zu erkennen. Langsam und gleichmäßig atmete Talon durch. Sein Blick klärte sich wieder. Er fühlte sich, als erwache er aus einem Traum, bei dem er die ganze Zeit die Augen offen gehalten hatte.

Ein Teil von ihm ahnte, was hier geschah. Dennoch erschien es ihm viel zu unglaublich, als dass er bereit gewesen wäre, den Gedanken zu akzeptieren. Seit gestern kam es ihm vor, als habe er eine unsichtbare Grenze durchschritten und befinde sich nun in einer Region, die nicht mehr zu dem Land dazugehörte, das es umgab.

Nach seiner Flucht aus Ibn Saids Sklavenlager war er zusammen mit Saimah, der jungen Sudanesin, nach Süden gezogen. Sie hatten sich abseits der Hauptstraßen gehalten, um weder den Milizen noch irgendwelchen versprengten Einheiten in die Hände zu fallen.

Talon hatte versprochen, die junge Frau in ihr Dorf zurückbringen. Über ein Thema hatten sie dabei nie gesprochen. Doch das betont sachliche Verhältnis, das ihm Saimah entgegengebracht hatte, hatte ihm deutlich gezeigt, dass es für sie offensichtlich keinen Grund gab, darauf einzugehen.

Ihre gemeinsame Nacht schien auch für sie eine einmalige Sache gewesen zu sein. Saimah sprach sie auch nicht mehr an. Nichts an ihren Gesten oder Blicken hatte darauf hingedeutet, dass sie etwas von ihm erwartete.

Talon war sich zu Beginn nicht einmal selbst im Klaren darüber gewesen, wie er dazu stand. Ihm war allerdings dadurch bewusst geworden, wie sehr ihm ein Halt fehlte. Er fühlte sich, als habe er endgültig jegliche Bindung verloren und treibe nur noch durch den Tag, ohne zu wissen, wohin ihn sein Weg führte.

Nachdem er den schwarzen Tempel verlassen hatte, war er ziellos durch die Gegend gestreift. Die letzten Jahre über war sein Halt die Zugehörigkeit zu einem Rudel Löwen gewesen. Er hatte es nie infrage gestellt, obwohl er selbst wusste, dass er als Mensch unmöglich zu ihnen gehören konnte.

Und sie hatten ihn verstoßen, nachdem er Shion, den schattenhaften Löwen, besiegt hatte. Doch auch dessen Tempel bot ihm kein Zuhause. Das Auftauchen von Eser Kru machte ihm klar, wie fremd ihm diese untergegangene Welt war. Wie schwer es war, vieles von dem zu akzeptieren, was innerhalb der gewaltigen Ruinenanlage als selbstverständlich galt.

In diesen Tagen war ihm deutlich geworden, dass er ohne Wurzeln war. Dass er sich nirgendwo mehr zu Hause fühlte.

Talon hatte die Nähe von Menschen in all den Jahren bewusst gemieden. Seine Erinnerungen lagen nach wie vor unter einem dichten Mantel verborgen, der sich nur selten anhob. Und wenn er es tat, dann waren es Bilder voller Schmerzen und Kälte, die ihn empfingen.

Doch die wenigen Stunden, die er bei Saimah verbracht hatte, hatten ihm gezeigt, wie sehr er die Nähe eines einzelnen Menschen vermisste. Wie sehr ihm Berührungen fehlten. Solange er aber nicht wusste, wohin er gehörte und wer er war, war er nicht bereit, die Verantwortung für einen anderen Menschen zu übernehmen.

Sein Leben war die letzten Jahre über ein ständiger Kampf ums Überleben gewesen. Es war seltsam, wie vertraut ihm dieser Zustand erschien. Als sei er es gewohnt gewesen, nicht zur Ruhe zu kommen und ständig auf der Flucht zu sein.

Die Ankunft in Saimahs Dorf war für ihn, als schließe sich ein Kapitel. Der Abschied von ihr war kurz und nüchtern. Es war ihrer Familie deutlich anzumerken, wie unwohl sie sich in dieser Situation fühlte. Keiner von ihnen versuchte, die Erleichterung zu verbergen, als Talon noch am selben Tag aufbrach. Es überraschte ihn jedoch, als sie ihm ein schlichtes, knöchellanges Baumwollhemd mitgaben. Um sie nicht in Verlegenheit zu bringen, streifte er es über. Dabei wurde ihm bewusst, wie belustigt er darauf reagierte, dass die Menschen immer wieder versuchten, ihn, den weißen Wilden, nicht halbnackt herumlaufen zu lassen.

Es erleichterte ihm jedoch tatsächlich die Reise durch den Südsudan. Menschen warfen ihm wegen seines Aussehens ab und zu einen überraschten Blick zu, ließen ihn aber ansonsten unbehelligt.

Ihm war die Anspannung nicht verborgen geblieben, die die Menschen hier beherrschte. Seit Wochen schon trafen täglich Flüchtlinge aus den südlichen Regionen ein, die von unerklärlichen Vorfällen sprachen. Dinge, die sich vor ihren Augen auflösten. Menschen, die spurlos verschwanden oder sich völlig veränderten. Manche von ihnen verwendeten seitdem Sprachen, von denen heutzutage nur noch einige wenige Worte in alten Überlieferungen erhalten geblieben waren.

Viele von ihnen wurden auch von einem fortschreitenden Verlust ihrer Erinnerung gezeichnet. Das Wissen um moderne Einrichtungen oder aktuelle Ereignisse war ihnen verloren gegangen. Talon hatte selbst erlebt, wie manche von ihnen in Panik ausbrachen, wenn ein Lastwagen an ihnen vorbeirumpelte. Das Bild wirkte so irreal, als habe man Menschen aus einer vergangenen Zeit in die Gegenwart geholt.

Eser Kru … – nach dem Sieg über Shions alten Gegner hatte er gedacht, dass dessen Versuch, die Vergangenheit zu neuem Leben zu erwecken, gescheitert sei. Sie hatten kurz darauf noch Auswirkungen in umliegenden Siedlungen festgestellt, doch Talon war davon ausgegangen, dass diese Nachwirkungen längst abgeebbt seien.

Nun musste er erleben, dass sich der Prozess offensichtlich noch immer fortsetzte.

Dass er nie zum Erliegen gekommen war, im Verborgenen weiter gewütet hatte und die Welt um sich herum veränderte, einen Teil davon zurück in die Vergangenheit riss und die Gegenwart nach und nach aufzulösen schien.

Er löste sich aus dem Schatten eines Vordachs und folgte der gewundenen Straße aus festgetretener Erde, die durch das lang gezogene Dorf führte. Viele der Türen an den niedrigen Lehmbauten standen offen. Die Menschen mussten ihre Unterkünfte fluchtartig aufgegeben haben. Kein einziger Laut war zu hören, nicht einmal ein streunendes Tier konnte er entdecken. Es war, als hätte jegliches Leben diesen Ort verlassen.

Die letzten Häuser lagen vor ihm. Dahinter breitete sich der Dschungel in seinen facettenhaften Grüntönen aus. Die Luft nahm förmlich an Dichte zu, so sehr verbreiteten die eng zusammen stehenden Bäume ihre eigene Atmosphäre.

Einen Augenblick lang blieb Talon stehen.

Die letzten Wochen über hatte er sich in der offenen Weite der Savanne bewegt und es genossen, den Blick über den Horizont schweifen zu lassen. Sehen zu können, was einen erwartete. Auch das war einer der Gründe gewesen, den Tempel des schwarzen Löwen zu verlassen; er fühlte sich eingesperrt in der Enge, die ihn dort umgab.

Dennoch schien kein Weg umhin zu führen: er musste dorthin zurückkehren. Alleine Shion konnte wissen, was hier geschehen war. Und alleine dort mochte es eine Möglichkeit geben, diesen Prozess umzukehren. Talon wollte sich keine Vorstellung davon machen, falls das Land weiter in die Vergangenheit gerissen wurde. Wenn sich der Kreis immer weiter ausdehnte und Gebiete mit größeren Städten erreichte.

Er fühlte sich nicht dafür verantwortlich, was geschehen war. Niemand hatte ahnen können, was für einen Wahnsinn Eser Kru versuchen würde. Doch für Shion und seine Wachen endete die Realität an den Mauern des Tempels. Sie hatten keinen Einblick mehr in die Welt, die sie umgab.

Eine Welt, die Talon nach langen Jahren wieder für sich selbst entdeckte.

Ein leises Geräusch unterbrach seine Gedanken. Gleich darauf fiel etwas scheppernd zu Boden. Talons Kopf ruckte nach links. Seine Augen fixierten das Gebäude am Ende der Straße, das bereits halb von den Ausläufern des Dschungels verdeckt wurde.

Er verließ die offene Deckung der Straße und tauchte in den Schatten eines Hauses ein. Vorsichtig spähte er mit dem Kopf um die Ecke. Bis zu der flachen Hütte waren es keine fünfzig Meter.

Talon wartete einige Augenblicke. Ein weiteres dumpfes Geräusch war zu hören, so als ob etwas zu Boden sackte. Es mochte nicht mehr als ein Tier sein, das sich in die Hütte verirrt hatte. Dennoch war er nicht bereit, ein unnötiges Risiko einzugehen.

Zuerst raffte er das lange Gewand hoch, um an die Waffe an seinem Gürtel zu kommen, doch dann fluchte er leise auf und zog das hellblaue Hemd kurzerhand aus. Für schnelle Bewegungen war es mehr als hinderlich. Er zog das Kampfmesser mit der unterarmlangen Klinge aus seinem Schaft, der mit Lederriemen um den kurzen Lendenschurz aus Antilopenfell geschnallt war.

Das altertümliche Ritualmesser, das er von Shion erhalten hatte, hatten ihm Ibn Saids Männer abgenommen. Diese moderne Waffe war allerdings ein mehr als gleichwertiger Ersatz. Sie wog schwer in seiner Hand, dennoch schien er den Umgang damit auf vertraute Weise gewohnt zu sein.