Talon Band 3: Der ewige Wächter - Marc Thomas - E-Book

Talon Band 3: Der ewige Wächter E-Book

Thomas Marc

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Beschreibung

Nur widerwillig nimmt Talon Shions Platz ein – und damit die Herrschaft über die uralte Tempelanlage. Er kann nicht ahnen, dass der Fremde, der ihm zum Sieg über den schwarzen Löwen verholfen hat, diesen Platz für sich beansprucht und auf dem Weg zum Tempel ist. Eser Kru bringt während des Initiationsrituals den Tempel in seine Gewalt und inhaftiert Talon sowie alle Gefolgsleute Shions. Talon kann schwer verletzt fliehen und wird von Akheem, einem alten Mann in den Bergen, gesund gepflegt. Zur gleichen Zeit muss Eser Kru erleben, dass die Stämme nicht gewillt sind, sich ihm bedingungslos zu unterwerfen – und so nutzt er seine Magie, um die alten, verborgenen Kräfte im Tempel freizusetzen … ___ Dieser Roman wurde bereits 2018 veröffentlicht und vom Autor für die vorliegende Fassung neu bearbeitet.

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Seitenzahl: 133

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TALON BAND 3

Impressum

© Copyright Marc Thomas

© Copyright 2023 der E-Book-Ausgabe bei Verlag Peter Hopf, Minden

www.verlag-peter-hopf.com

ISBN 978-3-86305-327-7

Redaktionelle Betreuung: Wolfgang Kollmann

Covermotiv: Leonardo.ai | Covergestaltung: Thomas Knip

Alle Rechte vorbehalten

Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv.

Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.

Inhaltsverzeichnis
Impressum
Der ewige Wächter
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Epilog

 

 

MARC THOMAS

Der ewige Wächter

Talon Band 3

 

 

Prolog

 

Talon setzte seinen rechten Fuß auf die breite Steintreppe und starrte unentschlossen nach oben.

Warum war er hierher zurückgekehrt?

Weit über ihm erhoben sich aus dem grünen Meer des Dschungels die erdfarbenen Tempelbauten, zu denen die Stufen hinaufführten.

Er zögerte. Nachdem ihn das Rudel zurückgewiesen hatte, war er tagelang durch die Savanne gezogen, ohne wirklich zu wissen, wohin er sich wenden sollte. T’cha hatte es ihm schon vor langer Zeit angekündigt, dass ihn die Löwen eines Tages verstoßen würden. Doch nun war sie selbst es gewesen, die ihn darum gebeten hatte, sie zu verlassen.

Seine Hände waren feucht vor Schweiß. Er atmete mit offenem Mund und kämpfte gegen die aufsteigende Unruhe in ihm an. Die Entscheidung, den Tempel aufzusuchen, war ihm nicht leicht gefallen. So viele Monate lang waren die Löwen sein Halt gewesen.

Er war nicht gewillt, zurück unter Menschen zu gehen. Jede Erinnerung, die er an die Zeit unter ihnen hatte, brach nachts in Albträumen aus ihm hervor und verlosch am nächsten Morgen. Ohne dass er die Bilder oder die Namen greifen konnte. Oder wollte.

Bevor er seine Schritte auf die nächsten Stufen setzen konnte, näherten sich von oben drei Gestalten. Die Treppe reichte so weit empor, dass Talon sie bisher nicht wahrgenommen hatte. Nun aber leuchteten ihre farbenprächtigen Mähnen, die die kahlen Hinterköpfe schmückten, unübersehbar im Licht der Sonne.

Es waren die Wachen Shions.

Krieger, die nicht minder fremd in dieser Welt wirkten als er selbst. Sie waren mit kaum mehr bekleidet als einem knappen Lendenschurz und mehreren bunt verzierten, gefiederten Reifen und Bändern, die Arme und Beine schmückten. Jeder von ihnen trug einen langen Speer mit einer breiten Klinge, wie er in dieser Gegend von keinem der umliegenden Stämme verwendet wurde. Nicht einmal als rituelle Waffen aus alten Zeiten.

Die Gesichtszüge der Männer waren nur durch Nuancen voneinander zu unterscheiden. Talon erkannte den Mann in der Mitte inzwischen. Es war N’kele, der unter den Wachen eine gehobene Stellung einzunehmen schien. Wie die anderen begegnete er Talon mit einer Mischung aus Verachtung und Widerwillen. Keiner von ihnen war bis jetzt bereit zu akzeptieren, dass dieser Weiße ihren Herrn besiegt hatte.

Der Blick war nicht weniger abweisend als zuvor, doch in den Augen des Farbigen erkannte Talon eine unausgesprochene Frage, die ihn zu quälen schien.

»Shion erwartet dich«, setzte der Wächter unvermittelt an.

Er schien sich nicht zu wundern, dass der Weiße wieder zum Tempel gekommen war. Die drei Männer drehten sich wortlos um und stiegen die Treppen empor. Keiner von ihnen achtete darauf, ob Talon ihnen tatsächlich folgte. Er tat es, mit mehreren Stufen Abstand.

Der Anstieg dauerte gut zehn Minuten. Talon ergriff ein seltsames Gefühl, als er höher in die Baumkronen vordrang. Vogelschwärme, Horden von Affen und kleine Reptilien erfüllten die Urwaldriesen mit einem vielfältigen Leben in dem immergrünen Dämmerlicht. Diese kleine Welt fand abrupt ihr Ende, als die Männer die obersten Spitzen der Bäume unter sich zurückließen und die letzten Stufen erklommen. Weit über Talon breitete sich der Himmel in einem verwaschenen Blau aus. Dünne Wolkenfasern unterteilten den Horizont in tiefen Pastelltönen.

Am oberen Ende der Treppe hatten sich weitere Männer versammelt. Talon zählte gut dreißig von ihnen, von denen keiner älter wirkte als er selbst. Während die meisten entlang der Balustrade Stellung bezogen hatten und ihren Blick in die Tiefe des Dschungels richteten, bildete ein Dutzend von ihnen ein Spalier, das zu einem offenen Tor in einem der gedrungenen Bauten führte.

Es war kaum einen Monat her, dass Talon auf diesem Weg den Tempel verlassen hatte. Nun geleitete ihn N’kele zusammen mit den anderen beiden Wachen ins Innere. Sie führten ihn in einen lang gezogenen Saal, der von wuchtigen, grob behauenen Säulen gesäumt war. An dessen Ende erhob sich ein massives Podest, und auf ihm stand Shion.

Hoch aufgerichtet wartete er ab, bis sich Talon ihm näherte. Die glutroten Augen folgten jeder Bewegung des Menschen.

Talon hatte nicht geglaubt, den schwarzen Löwen jemals wieder zu sehen. Er wusste nicht, wie er dieses Wesen, das aus nicht mehr als Schatten und Schlieren zu bestehen schien, anders nennen sollte. Es hatte die Form eines männlichen Löwen, wenngleich er jeden, dem er je begegnet war, deutlich überragte. Umso unwirklicher wirkte es, wenn sich sein Körper unter dem Einfluss von Licht wieder zu verfestigen schien und sich das Fell und die Einzelheiten eines lebenden, atmenden Löwen abzeichneten.

[Du bist zurück], lösten sich die Worte grollend aus dem Schlund. Sie hallten unausgesprochen in Talons Gedanken wider.

»Du hast es gewusst, ja?«, stellte er dem Wesen die Frage, die ihn seit Tagen beschäftigte. »Du hast gewusst, dass sie mich verstoßen würden.«

[Ich habe es geahnt], bestätigte Shion. [Mir ist es nicht anders ergangen, damals, vor langer Zeit.] Der Löwe stieg von dem Podest herab, wobei seine krallenbewehrten Pranken wie Nebel von einem Wind verweht wurden, und verließ den Saal durch einen breiten Ausgang. Talon folgte ihm unaufgefordert. Die Wachen blieben am anderen Ende des Raumes stehen und machten keine Anstalten, einzugreifen oder ihnen zu folgen.

[Ich hatte dich aufgefordert, meinen Platz einzunehmen], fuhr Shion fort, während sie durch die Gänge tiefer in das Innere des Gebäudes vordrangen. [Du hast mich besiegt. Es werden nun nicht nur die Löwen sein, die mich nicht mehr fürchten. Das, was ich seit Äonen bewache, droht damit, ohne Schutz zu sein.]

Talon sah ihn fragend an.

[Es gibt so vieles, das ich dir erzählen muss], erklärte ihm das schwarze Wesen. [Dieses Land ist anders als jenes, aus dem du stammst, weit im Norden], es überging Talons Überraschung, [es ist älter, stärker und fremdartiger als ihr Menschen es je verstanden habt. Im Herzen dieser Erde liegt eine Macht, die alles zu verschlingen vermag. So wie sie einst mich verzehrt hat. Sie durchdringt den Boden, das Wasser und die Luft. Sie fließt in jedem Lebewesen, das dieses Land bewohnt. Und alles Leben drängt unbewusst danach, die Macht über diese alles beherrschende Kraft zu erlangen.]

Der Weg führte sie tief nach unten, über verschlungene Pfade, die an monolithischen, schweren Steinmauern vorbeiführten. Je tiefer sie kamen, desto mehr strömte das Bauwerk eine Fremdartigkeit aus, die auch jede Verzierung und jedes Relief erfüllte. Gleichzeitig verschwanden die groben künstlerischen Bearbeitungen. Mehr und mehr zeichnete sich auf den Steinen eine fein strukturierte, kunstfertige Bearbeitung ab. Edelsteine waren in das marmorartige Material eingelassen, teils mit Gold, teils mit anderen Metallen verziert.

Der Boden begann zu vibrieren. Schwingungen erfüllten das Bauwerk, das nun von einer ungreifbaren Art von Leben erfüllt zu sein schien.

[Siehe, allein meiner Neugier habe ich es zu verdanken, dass ich der bin, der ich bin. Ein vorwitziger junger Löwe, gekränkt durch einen verlorenen Kampf um die Vorherrschaft im Rudel, versuchte ich mein Glück im ungeliebten Dschungel.] Shion blickte Talon von der Seite an und spürte, dass er seine Abneigung gegen die erdrückende Wucht der grünen Wälder teilte.

[Damals lebten die Vorfahren jener Männer hier, die mir bis heute treu dienen. Keiner von ihnen wagte es, mich aufzuhalten. Keiner von ihnen konnte verhindern, dass ich hinab stieg in diese Tiefe und mich ungewollt der Macht auslieferte, die dort herrschte.]

»Dort, wohin wir nun gehen, richtig?«

[Ja], folgte die Antwort. [Du musst wissen, was in diesen Mauern lebt. Du wirst meine Nachfolge antreten.]

Talon blieb stehen. Sein Instinkt drängte ihn dazu, umzukehren und den Tempel so schnell wie möglich zu verlassen.

»Du willst, dass ich so werde wie du?«, stieß er aus. Die Antwort erfolgte als etwas, das wie das Lachen eines Löwen klang, falls es so etwas gab. Doch es war ein Lachen voller Leere und Kälte.

[Nein. Das, was ich nun bin … das ist das, was ich für meine Unvorsichtigkeit empfangen habe. Ein junger Löwe, stolz, ungebändigt, übermütig. Ich verstand nicht, was mich erwartete. Wie hätte ich auch …?] Shion hielt inne. [Nein. Das schwarze Licht, das alles beherrscht, wird dich nicht verzehren. Vertraue mir.]

Talon lachte kehlig auf.

Für ihn klangen diese Worte eher wie ›Wirf dein Leben fort‹. Dennoch folgte er dem schattenhaften Wesen weiter den Gang entlang, dessen Wände nun in einem hellroten Licht aus sich selbst heraus leuchteten.

Vor ihnen öffnete sich ein gewaltiges Tor. Seine beiden Flügel schwangen trotz ihres Gewichts voller Leichtigkeit zur Seite und schlossen fugenlos mit den Steinen der Mauern ab. Shion schritt durch den Torbogen und verschwand in der schwarzen Leere, die unendlich tief dahinter lauerte. Talon zögerte. Was er tun sollte, erschien ihm wie Selbstmord.

[Komm], erfüllt die Stimme des schwarzen Löwen voller Ruhe seine Gedanken.

Er atmete tief durch und schritt vorwärts.

Lautlos schloss sich das Tor hinter ihm.

 

 

Kapitel 1

 

Etienne Devereux beschlich ein ungutes Gefühl.

Er hielt sich mit beiden Händen am Geländer des Panzerwagens fest, der sich mit ruckartigen Bewegungen seinen Weg entlang des Weißen Nils bahnte. Ein kurzes Tippen auf die Schulter seines Fahrers wies diesen an, anzuhalten. Mit dem rechten Ärmel wischte sich Devereux den Schweiß von der Stirn. Er vermischte sich mit dem Staub auf seinem Gesicht und zeichnete dunkle Linien auf die Haut.

Der Motor des schweren Fahrzeugs röhrte kurz auf. Die Kettenpanzer gruben sich in den trockenen, lehmigen Boden, dann stand der Wagen still. Durch den aufgewirbelten Staub versuchte Devereux etwas zu erkennen. Doch das Gelände lag genauso verlassen vor ihm wie das gesamte Gebiet, das sie in den letzten zwei Tagen passiert hatten.

Unschlüssig sah sich der französische Major der UNO-Blauhelmtruppen um. Die Einheit, die er kommandierte, patrouillierte entlang der Grenzregion zwischen dem Sudan und dem Südsudan, um eine der zahllosen brüchigen Waffenruhen der letzten Jahre zu überwachen.

Offiziell sorgte man für den Schutz der Zivilbevölkerung, hatte inzwischen aber alle Hände voll damit zu tun, illegalen Geschäften und Schmuggelaktionen auf den Grund zu gehen.

Doch dieser Auftrag war anders.

Es war etwa eine Woche her, dass das Militär über Unruhen in diesem Abschnitt der Grenze informiert worden war. Berichten zufolge war es zu Stammesfehden gekommen, die sich ausweiteten. Die Kommentare berichteten von einem Anführer, der die ethnischen Unruhen ausnutzte und damit begann, ein eigenes Machtgebiet aufzubauen. Danach waren die Kontakte abgerissen, und seitdem hatte man aus der Region keine Informationen mehr erhalten.

Devereux schürzte die Lippen. Für solch einen Einsatz hatte seine Einheit weder das nötige Mandat noch die entsprechende Bewaffnung. Sollte sich irgendein Clanführer hier ein Territorium abstecken, in dem er ungehindert herrschen wollte, hatten die Blauhelmtruppen keine Möglichkeit, ihn aufzuhalten. Und das Regime in Juba war bereits zu sehr in innere Unruhen verstrickt, um noch Truppen entsenden zu können.

Das französische Militär hatte sich in einer inoffiziellen Absprache mit seinen NATO-Verbündeten dazu entschlossen, eine Einheit Fallschirmjäger zu den Koordinaten zu schicken. Der Kontakt war jedoch wenige Stunden nach der Landung abgerissen. Auch die anschließende Luftaufklärung hatte keine Hinweise geliefert. Es schien, als sei das ganze Kommando spurlos verschwunden. Deshalb wurden nun die stationierten Blauhelmtruppen unter Devereux hinterhergeschickt.

Der befehlshabende UNO-Brigadier in Khartum war sich sehr wohl bewusst, dass dieser militärische Aufmarsch vor dem Sicherheitsrat für Empörung sorgen würde, sollte er bekannt werden.

Doch sollten die Waffen einer ganzen Einheit in die Hände von Milizen gefallen sein, hatten sie weitaus größere Probleme als eine offizielle Anhörung.

Devereux war inzwischen seit fünf Jahren in diesem Land. Er hatte die meisten Regionen in dieser Zeit bereist und glaubte, langsam ein Gespür für die Menschen hier bekommen zu haben. Damit hatten sich auch seine Vorgesetzten überzeugen lassen. Sie wollten das Risiko von Spannungen so gering wie möglich halten. Niemand wollte ein Ausbreiten des Bürgerkriegs in dieser unsicheren und schwer zugänglichen Region Afrikas riskieren.

Devereux warf einen Blick über die Schulter. Hinter ihm war das gesamte Regiment zur Ruhe gekommen. Eine Kolonne von gut einem Dutzend Transportlastwagen zog sich wie eine strahlend weiße Perlenschnur durch das ockerfarbene Gelände, flankiert von mehreren Panzerwagen, deren Waffenstände mit schweren Maschinengewehren besetzt waren.

Der Major wollte sich auf kein Abenteuer einlassen. Unruhen dieser Art waren für dieses Land nicht ungewöhnlich. Aber es gab keine aktuellen Berichte von bewaffneten Zwischenfällen. Das machte ihn misstrauisch. Er glaubte nicht an islamistische Übergriffe, auch wenn sie sich im Grenzgebiet zum Sudan befanden.

Devereux konnte sich zudem keinen Reim auf die verlassenen Dörfer machen, die sie seit Tagen passierten. Die Häuser sahen aus, als ob sie die Menschen mitten in der Arbeit fluchtartig verlassen hätten. Zahlreiche Fußspuren führten in die schwer zugänglichen Bergregionen. Es gab allerdings keinerlei Anzeichen für Kampfhandlungen oder Opfer. Und dasselbe Bild bot sich ihm nun hier.

Ujeme war ein kleines Fischerdorf, dessen Häuser sich entlang der Flussbiegung aneinanderreihten. Doch weder an den flachen Booten noch vor den einfachen Hütten waren zu dieser frühen Morgenstunde Menschen auszumachen. Alles lag verlassen vor ihm wie die vergessene Kulisse eines längst fertig gestellten Kinofilms.

Devereux griff zum Mikrofon seines Funkgeräts und befahl einem seiner Leutnants in den Lastern, einen Erkundungstrupp vorzuschicken. Unweit des Dorfes waren die Fallschirmjäger abgesprungen. Wenn es ein Lebenszeichen von ihnen geben musste – oder zumindest irgendwelche Spuren, die auf sie hindeuteten –, dann hier. Er drehte sich um und sah, wie sich vier bewaffnete Soldaten von einer der hinteren Ladeflächen lösten. Eine innere Unruhe erfüllte ihn.

Die Luft schien zu knistern und war trotz der anhaltenden Stille erfüllt von einer Vielzahl undeutbarer Geräusche. Der Offizier griff zu seinem Fernglas und verfolgte die Männer, die sich aufgeteilt hatten und im Schatten der ersten Häuser verschwanden. Unbewusst kaute er auf seiner Unterlippe. Sein Herz schlug spürbar in seiner Brust.

Die Druckwelle erwischte ihn vollkommen unvorbereitet.

Das Metall des Panzerwagens kreischte unter den massiven Stößen. Devereux fluchte und hielt sich nur mit Mühe am Geländer fest. Sein Fernglas schlug auf einer Kante des Fahrzeugs auf und verschwand im Staub des Bodens.

Aus den Augenwinkeln musste er mit ansehen, wie mehrere Lastwagen einfach zur Seite gedrückt und umgeworfen wurden. Die schweren Fahrzeuge rutschten das flache Ufer entlang und blieben im Schlamm des Flusses liegen. Schreie erfüllten die Luft. Er wusste, dass er schnellstens Ordnung in die Reihen bringen musste. Dabei wusste er selbst nicht, was geschehen war.

Er hatte keine Explosion gehört, die solch eine Druckwelle ausgelöst hätte. Devereux griff nach dem Funkgerät, doch aus dem Lautsprecher drang nur Rauschen. Wütend warf er das Mikrofon zur Seite. Sein Fahrer sah ihn mit einem unsicheren Blick an. Was sollte er dem Mann sagen?

Im nächsten Augenblick schleuderte eine zweite Welle den Major nach vorne. Er prallte hart gegen eine Kante und schrie schmerzerfüllt auf. Rote Schlieren tanzten vor seinen Augen, als er den Kopf anhob. Ungläubig sah er, wie mehrere der Fahrzeuge wie von unsichtbaren Kräften emporgehoben und durch die Luft geschleudert wurden. Menschen purzelten wie Puppen aus den Lastwagen. Die meisten von ihnen schlugen auf dem Boden auf und blieben regungslos liegen.

Noch immer hielt er sich an dem Gedanken fest, einen Gegenangriff zu befehlen. Ohne auch nur einen Anhaltspunkt zu haben, gegen wen.

Er blickte auf die Lehmhütten, die durch die Druckwellen völlig zerstört worden waren. Strohfasern und geborstene Holzbalken hoben sich wie ein verworrenes Gespinst vor den wabernden Staubwolken ab, die den Himmel verdeckten. Devereux hustete, als die Schwaden sein Fahrzeug erreichten und ihn einhüllten. Er schützte seine Augen so gut er konnte und versuchte noch etwas zu erkennen.