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Das Heft präsentiert eine Serie von Radierungen des Künstlers Burkhardt Söll sowie Fotografien von Volker Blumenthaler und Anthonie Meijers. Die Bilder zeigen Tannen im Hochgebirge (Montafon).
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 25
Veröffentlichungsjahr: 2022
Vorwort
Tannen im Sanüel
Tannenwald auf Wanderschaft
Ein Tannentratsch
Einzelgänger
Tannenschweigen
Alte Angst und neue Liebe
Für die vorliegende Edition bat ich meine Freunde, Volker Blumenthaler und Anthonie Meijers, mit ihren fotografischen Bildern von den Tannen etwas zu zeigen, was bei mir so nicht zu sehen ist: das Innere des Waldes (Volker) und seine Früchte (Anthonie).
In vielen Schwarz- und Graustufen und mit der alten Pathosformel der Schwarz-weiß-Fotografie zelebriert Volker die Welt unter und in den Tannen. Es erscheint auch etwas aus der unheimlichen Märchenwelt des Waldes. Wer wohnt denn da? Nicht die Hexe, aber die Geister des Waldwebens hört man. Ein Horn vielleicht noch? Oder herrscht völlige Stille?
Eine hermetische Stille herrscht in der vergrößerten Welt der Tannenzapfen bei Anthonie. Man sieht etwas, was die landläufige Betrachtung der Tannenzapfen nicht hergibt: eine blühende Rose, vielleicht türkische Süßigkeiten, kurzum, aus irrationaler Geometrie geborene Formen von Wiederholungen, Zählzauber. Wie gut kann man verstehen, dass diese Tannenfrüchte ein gefundenes Fressen für die Eichhörnchen und Vögel sind, und darüber hinaus eine wundersame Nahrung für unsere Augen!
Meine langjährige Mitbetrachterin der Bergwelt, Manuela du Bois-Reymond, macht aus der aufstrebenden Tannenwand vom Sanüel eine kleine Erzählung, sozusagen eine interaktive Gruppenanimation, die Tannen werden menschliche Bewohner der Berge im Gespräch mit- und gegeneinander, und sie können sogar wandern. Menschlich, allzu Menschliches.
Aus kunsthistorischer Sicht unterhalten sich meine Freunde Lisanne Wepler und Gregor J.M. Weber über meine Tannenradierungen. Das muss nicht immer Bierernst sein.
Burkhardt Söll
Leiden, 2022
»… denn die Natur hat jedem Ding seine Sprache nach seiner Essenz und Gestaltnis gegeben; denn aus der Essenz urständet die Sprache oder der Hall. Und derselben Essenz Fiat formet die Essenz Qualität in dem ausgehenden Hall oder Kraft… Ein jedes Ding hat seinen Mund zur Offenbarung. Und das ist die Natursprache, daraus jedes Ding aus seiner Eigenschaft redet und immer selbst offenbart.«
Jakob Böhme
Es heißt, ein Künstler solle nie aus seiner Werkstatt plaudern – nun geschieht es hier doch einmal. Und, ja ich gebe gleich zu: meine Arbeit mit und über die Tannen/Fichten ist zutiefst melancholisch. Trauer ums verlorene Paradies? Das wäre zu plakativ. Wie auch immer, oft bleibe ich verstört zurück. Meine Mal- und Radierarbeit stockt. Ich bin dann auf Beruhigung aus, würde sie gerne schaffen, wie es die Musik Schuberts oder Bruckners tut. Innerlich wieder und wieder in Teilen und Takten erklingt mir und begleitet mich diese Musik in Form kleinerer oder größerer Ohrwürmer.
Für die versuchten grafischen Beruhigungsformeln auf meinen Radierplatten ist fröhliche Energie, eine Stehaufmännchen-Energie nötig. Die stets wachgerufene Naivität ist keine undurchlässige Größe. Allerorten wird sie unterminiert vom intuitivem Wissen über Verzweiflung, Scheitern, Absturz.