Täter, Opfer, Fakten - Jakob Anderhandt - E-Book

Täter, Opfer, Fakten E-Book

Jakob Anderhandt

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Beschreibung

Der Südseekaufmann Eduard Hernsheim (1847–1917) hätte es eine Räubergeschichte genannt. Erzählt wird sie in der Streitschrift "Das Prachtboot", einem Kolonialgeschichte-Bestseller des Berliner Journalisten und Politikwissenschaftlers Götz Aly. Hernsheim steht im Mittelpunkt. Beim Boot handelt es sich um das letzte Auslegerkanu der Hermit-Insel Luf im Bismarckarchipel, der zu jener Zeit, mit der Aly sich beschäftigt, ein Teil des Kaiserlichen Schutzgebiets Deutsch-Neuguinea war. … Neben lobenden Besprechungen in der Tagespresse erntete "Das Prachtboot" in der Fachliteratur überwiegend Kritik. Jakob Anderhandts Essay "Täter, Opfer, Fakten" zeigt, wie Aly seinen Bestseller konzipiert hat und warum seine These vom Raub des Luf-Boots durch Eduard Hernsheim nicht stimmen kann. Jakob Anderhandt wurde 1967 in Bonn geboren und lebt als freier Schriftsteller im Großraum Sydney (Australien). Während seiner ersten Weltreise als Überarbeiter auf einem Frachtschiff der Hamburg Südamerikanischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft passierte er auch mehrere Südsee-Inseln. Anderhandts Biographie über den Südseekaufmann Eduard Hernsheim fand in allen einschlägigen Fachzeitschriften positive Resonanz und gilt als Standardwerk. Die Südsee-Bibliothek erzählt wissenschaftlich fundiert vom deutschen Einfluss in Ozeanien ab etwa 1850. Historisch interessierten Lesern bietet sie einen lebendigen Einstieg in das Thema, Akademikern eine solide Material- und Arbeitsgrundlage. Wichtigster Grundsatz der Schriftenreihe ist ihre Treue zu den Quellen.

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Seitenzahl: 28

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Kapitel 1

Belege und Anmerkungen

Literatur und andere Medien

Urheberrechte

Täter, Opfer, Fakten

Cover

Urheberrechte

Kapitel 1

Literatur und andere Medien

Täter, Opfer, Fakten

Cover

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Jakob Anderhandt

Täter, Opfer, Fakten

Zur Debatte über das Luf-Boot im Humboldt Forum

Der Südseekaufmann Eduard Hernsheim (1847–1917) hätte es eine Räubergeschichte genannt.1 Erzählt wird sie in der Streitschrift Das Prachtboot, einem Kolonialgeschichte-Bestseller des Berliner Journalisten und Politikwissenschaftlers Götz Aly.2 Hernsheim steht im Mittelpunkt. Beim Boot handelt es sich um das letzte Auslegerkanu der Hermit-Insel Luf im Bismarckarchipel, der zu jener Zeit, mit der Aly sich beschäftigt, ein Teil des Kaiserlichen Schutzgebiets Deutsch-Neuguinea war. Das etwa 15 Meter lange Großboot kam 1904 nach Berlin und war dort eine Zeitlang im Museum für Völkerkunde ausgestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bildete es ein wichtiges Schaustück der Südsee-Dauerausstellung im Ethologischen Museum in Berlin-Dahlem. Jüngst ist es ein Aufmerksamkeitsmagnet im Entree des neuen Humboldt Forums.

Stephan Karkowsky von Deutschlandfunk Kultur, der nach dem Erscheinen des Prachtboots im Mai 2021 ein Interview mit Götz Aly führte, beschreibt die Hauptlinie von dessen Streitschrift so: »Da ist also diese Insel Luf im heutigen Papua-Neuguinea; deutsche Händler stoßen auf Widerstand bei den vierhundert Inselbewohnern, die Kaiserliche Kriegsmarine hilft aus mit zwei ›Strafexpeditionen‹, zerstört die Lebensgrundlage der Bewohner, die Häuser, die Kanus, rottet quasi die Bewohner aus, ohne jeden einzelnen ermorden zu müssen, und dann nimmt sich ein Händler, Eduard Hernsheim, was übrig bleibt, darunter das Prachtboot, und verkauft es an das Berliner Museum.« – Etwas unsicher, ob es wirklich so einfach gewesen sein kann, hakt Karkowsky nach: »So in etwa?« fragt er Aly. Der gibt uneingeschränkt grünes Licht: »Ja, genau so war es.«3

Und damit gleich zur Pointe: Jene »Strafexpeditionen«, die Karkowsky anführt, hat Eduard Hernsheim selbst veranlaßt. Eine zentrale These Götz Alys in diesem Zusammenhang ist es, daß Hernsheim mit einer Eingabe nach Berlin, derentwegen es zu den militärischen Operationen auf Luf kam, wissentlich und aus niederen Motiven die Zerstörung derjenigen Kultur herbeigeführt hat, aus der jenes letzte Großboot hervorgegangen ist, das durch ihn selbst schließlich nach Berlin kam.4

Natürlich, im Buch argumentiert Aly differenzierter. Doch auch hier bemerkt die Ethnologin Brigitta Hauser-Schäublin eine Konzentration auf »zielgerichtet gesuchte und effektvoll zusammengestellte, gewaltvolle Episoden«,5 ein Narrativ also, das Hernsheims Verständnis von einer Räubergeschichte ziemlich gut treffen kann. Verallgemeinernd nennt man ein solches Verfahren cherry picking und meint damit eine Darstellungstechnik, die ausschließlich Beispiele oder Belege zur Unterstützung der eigenen Thesen aufführt, dagegen anderes, was gegen sie sprechen würde, vorsätzlich ausläßt. Nach einer ›Am Anfang steht das Ergebnis‹-Methode werden Quellen nicht gewichtet oder kritisch diskutiert, sondern lediglich durchgesiebt auf das, was ›paßt‹ und was ›nicht paßt‹.

Daß dieses Verfahren beim Prachtboot Pate gestanden hat, erzählt Aly an anderer Stelle selbst. Vor einem Kreis von Journalisten, so der Prachtboot-Autor in einem nächsten Interview mit Peter Vögeli vom Schweizer Radio und Fernsehen, habe der Generalintendant des Humboldt Forums