Statt mit den Großen zu irren - Jakob Anderhandt - E-Book

Statt mit den Großen zu irren E-Book

Jakob Anderhandt

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Beschreibung

… sollte von einer bewußt langsam wachsenden Zahl deutscher Neusiedler – Vertretern möglichst verschiedener Berufsgruppen – zunächst noch ausschließlich Tauschhandel getrieben werden, damit die Insulaner sich dank einer so angebotenen Vielfalt von Kontakten ihre Partner selber aussuchen und das Tempo ihrer 'Zivilisierung' in Grenzen mitbestimmen konnten … Auf seinen frühen Handelsfahrten durch die Südsee und in Auseinandersetzung mit seinem mächtigen politischen Gegner, dem Berliner Bankier Adolph von Hansemann, entwarf der Kaufmann Eduard Hernsheim ein alternatives Kolonialprogramm für die Südsee. Im Mittelpunkt von Hernsheims Vision standen eine Begegnung mit den Inselbewohnern auf Augenhöhe und eine schonende Modernisierung ihrer Lebenswelt. Jakob Anderhandt wurde 1967 in Bonn geboren und lebt als freier Schriftsteller im Großraum Sydney (Australien). Während seiner ersten Weltreise als Überarbeiter auf einem Frachtschiff der Hamburg Südamerikanischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft passierte er auch mehrere Südsee-Inseln. Anderhandts Biographie über den Südseekaufmann Eduard Hernsheim fand in allen einschlägigen Fachzeitschriften positive Resonanz und gilt als Standardwerk. Die Südsee-Bibliothek erzählt wissenschaftlich fundiert vom deutschen Einfluss in Ozeanien ab etwa 1850. Historisch interessierten Lesern bietet sie einen lebendigen Einstieg in das Thema, Akademikern eine solide Material- und Arbeitsgrundlage. Wichtigster Grundsatz der Schriftenreihe ist ihre Treue zu den Quellen.

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Seitenzahl: 34

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Jakob Anderhandt

Statt mit den Großen zu irren

Das praktische Kolonialprogramm Eduard Hernsheims

Inhalt

Cover

Titelblatt

1. Menschenfreundlichkeit konstruieren: Hongkong, September 1873

2. Die Personalfrage Lösen: Westpazifik, 1874–1883

3. Behutsam an den kolonialen Gedanken gewöhnen: Sydney, Mount Victoria und Cooktown, Oktober–Dezember 1879

4. Schimpfen und gleichzeitig verdienen: Hamburg und Matupi, 1886–1911

5. Die Geschichte den Konjunktiv lehren

Belege und Anmerkungen

Urheberrechte

Statt mit den Großen zu irren

Cover

Titelblatt

1. Menschenfreundlichkeit konstruieren: Hongkong, September1873

5. Die Geschichte den Konjunktiv lehren

Urheberrechte

Statt mit den Großen zu irren

Cover

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1. Menschenfreundlichkeit konstruieren: Hongkong, September 1873

Unter dem Titel »Menschenfreundliches Verhalten gegen Schiffbrüchige« erschien am 21. November 1873 in der Straßburger Zeitung ein Beitrag, der in den Wochen zuvor schon in der Norddeutschen Allgemeinen abgedruckt worden war. Berichtet wurde über die selbstlose Rettung von Seeleuten aus dem havarierten Hamburger Schoner R. J. Robertson durch Einwohner der winzigen Insel Typinsan, einem Teil der Liukiu-Kette im Süden Japans. Die Insulaner, vor deren Upubishi-Riff der Dreimaster nach schwerster Beschädigung während eines Taifuns die Anker warf, hatten die Mannschaft in einbaumartigen sabanis vom Wrack geholt, aufs Gastlichste aufgenommen und gut einen Monat lang verpflegt, bevor sich auf einer geschenkten Dschunke von den nördlichen Loochow-Inseln die Gelegenheit zur Weiterreise ergab.1

Eine Fußnote zur Meldung enthielt die entscheidende Wendung. Dem »Herrn Verleger« sei vom Führer des Schoners, Kapitän Eduard Hernsheim, ein »höchst ausführlich« geführtes Tagebuch eingesandt worden, aus dem man demnächst nähere Aufschlüsse über die Lebensweise und Kultur auf der exotischen Insel zu bringen gedächte.

Das Tagebuch hatte bis dahin einen weiten Weg hinter sich. Etwa Mitte November hatte Ruben Jonas Robertson, ein kleinerer Reeder in Altona, zugleich Hernsheims Onkel und Finanzier, das von Hongkong aus zugestellte Dokument dem Hamburger Senat überlassen. Dieser hatte es nach Berlin an Reichskanzler Otto von Bismarck gesandt, der den Ausführungen Hernsheims erste Anregungen entnommen hatte, wie von Staats wegen solch ›braven Insulanern‹ eine Anerkennung zuteil werden könne.

In einem Schreiben an den deutschen Konsul in Hongkong, Johannes F. Cordes, hatte Hernsheim das zwischen den Zeilen bereits angeregt. Die ihm und weiteren sechs Überlebenden zuteil gewordene Behandlung sei in der Inselregion ein Ausnahmefall, »[g]anz verschieden« von derjenigen, welche »so manche andere Bemannungen« von Schiffen erfahren hätten, die an der chinesischen oder der Formosa-Küste gestrandet wären.2 Cordes hatte den Wink verstanden und in einem Begleitschreiben nach Berlin hinzugefügt, ein auf Typinsan zu hinterlassender »Eindruck der Anerkennung« wäre national im Interesse der »Deutschen Schiffahrt«.3 Im günstigsten Fall, das hoffte man insgeheim, würden andere Inselvölker dem belobigten Beispiel folgen.

Wohl ebenso auf Hernsheims Veranlassung erschienen rühmende Berichte über die Rettung in der Hongkonger China Mail, im Schanghaier North China Herald und sogar der (deutschsprachigen) Süd-Australischen Zeitung.4 Am 18. Februar 1874 legte endlich auch der Reichs- und Staatsanzeiger nach, denn inzwischen stand endgültig fest, daß mittels der Aufstellung einer Marmortafel auf Typinsan es tatsächlich zu einem »Ausdruck des Allerhöchsten Dankes« Seiner Majestät des deutschen Kaisers kommen sollte.

Ausschlaggebend dafür waren und blieben aber die Berichte der Straßburger Zeitung. Herausgeber Friedrich Thiel, verschwägert mit Hernsheim über die Ehe mit der älteren Schwester Rosette, druckte ab dem 5. Dezember 1873 nicht nur die angekündigten näheren Aufschlüsse ab, sondern in einer dreizehnteiligen Fortsetzungsserie das gesamte Kapitänstagebuch Eduard Hernsheims. Kronprinz Friedrich, verbunden mit Elsaß-Lothringen seit der Schlacht von Sedan, zählte bekanntermaßen zu den Lesern des Blattes. Ob dies nun der Hintergrund für einen gewieften Plan Hernsheims oder des Schwagers war – Friedrich Wilhelm Nikolaus, so hält Hernsheim in seinen etwa 1907 niedergelegten Lebenserinnerungen fest, erfuhr jedenfalls durch diese Fortsetzungsserie von der Havarie, zeigte sich davon berührt, und auf dieses »Interesse«, meinte Hernsheim im Rückblick, sei es schließlich zurückzuführen gewesen, daß im Januar 1876 SMKanonenboot Cyclop nach Typinsan entsandt wurde, um den Inselbewohnern den Kaiserlichen Dank abzustatten.5

Anders Hernsheim im Privaten. Hier blieb die Havarie, der Verlust von zwei Menschenleben vor der Strandung, stets eine Katastrophe. In die Kajüte seines nächsten Schiffes, des Teakholzschoners Coeran