Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Das Buch "Teufelskerle - Nah am Abgrund" beschreibt das Leben der Wing-Walker und Schauflieger vorrangig in der Zeit bis zum zweiten Weltkrieg. Insbesondere ihre Zeit als aktive Schauflieger bzw. Wing-Walker wird in diesem Buch thematisiert. Es werden die meisten bekannten und unbekannten Wing-Walker von Beginn des Motorfluges 1903 bis ca. 1945 mit ihren Lebensläufen präsentiert - die meisten aus den USA aber auch einige aus Europa. Auch einen Ausblick in die Neuzeit gibt es, denn bis heute gibt es waghalsige und unerschrockene Menschen, die diesen Job leidenschaftlich ausüben.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 320
Veröffentlichungsjahr: 2023
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Vorwort
Schauflieger vor dem ersten Weltkrieg
Einleitung
Louis Paulhan
Adolphe Pégoud
Lincoln Beachey
Didier Masson
Geschwister Moisant
Katherine und Marjorie Stinson
Ruth und Frederick Law
John Domenjoz
Art Smith
Silvio Petirossi
Gustav Hamel
Gustav Tweer
Weitere Glanzlichter der frühen Fliegerei
Zwischen den großen Kriegen
Wing-Walker in Nordamerika
Ormer Locklear
„Slats“ Rodgers
Clyde Pangborn & Gates Flying Circus
Roscoe Turner
Bessie Coleman
Lillian Boyer
D. Davis & M. Codys fliegende Zirkusse
Charles Lindbergh
13 Black Cats
Weitere Teufelskerle aus Nordamerika
Wing-Walker in und aus Europa
Rolando
Willi Hundertmark
Fritz Schindler
Oskar Dimpfel
Gebrüder Fink
John Tranum
Emilie Sannom
Martin Hearn
Robert Kellner
Max Holtzem
André Vassard
Nach dem zweiten Weltkrieg
Interview mit Kirsten Pobjoy
Danksagung
Quellenverzeichnis
Bildquellen
Personenverzeichnis
Dieses Buch ist all denen gewidmet, die durch unerschrockene Waghalsigkeit in der Fliegerei glänzten. All jenen, die von Beginn der Luftfahrt an sich einen Kehricht darum scherten, was die Allgemeinheit denkt, wie gefährlich ihre Taten sind.
Hier sind die Pioniere des Kunstflugs und des Fallschirmsprungs gemeint, die in den Anfängen der Luftfahrt die Mengen begeisterten.
Und vor allem wird in diesem Buch den Wing-Walkern gefrönt. Diese verrückten Teufelskerle und -frauen haben Sachen gemacht, die bis heute undenkbar sind. Auch heute gibt es noch genug von diesen Leuten, die über die Tragflächen stolzieren und damit die Menschen den Atem anhalten lassen. Aber was früher gemacht wurde, wäre heutzutage verboten.
Viele von ihnen waren Meister in ihren Taten. Aber natürlich gab es auch jene, die übermütig waren. Und unter diesen gab es auch viele, die ihre Taten mit dem Leben bezahlten. Hierbei muss gesagt sein, nicht nur die Übermütigen bezahlten ihre Fliegerei mit dem Leben. Manchmal reichte auch das Pech und einige fehlende Zentimeter, dann kam eine Windböe und Schluss war's...
Diese „Berufsgruppen“ der Kunstflieger, Fallschirmspringer und Wing-Walker sind alle miteinander verwandt, denn sie haben sich zur selben Zeit entwickelt. Und somit sollen sie hier alle Erwähnung finden. Manchen Personen ist ein eigenes Kapitel gewidmet, andere Namen werden wohl nur wenige Male erwähnt. Entweder liegt es daran, dass die Namen einzelner Personen von vor 100 Jahren kaum noch zu recherchieren waren oder daran, dass diesen Personen schon viel Platz in anderen Büchern gewidmet wurde. Der Vollständigkeit halber sollen aber diese nicht vergessen sein.
Ein Buch für alle Leute, die die Fliegerei sehen sollen, wie es bisher noch nicht möglich war.
Viel Spaß beim Lesen!
Welf Fischer
Wir befinden uns in einer Zeit, als grade die ersten Autos fuhren. Ampeln gab es fast noch gar nicht, für die Pferdefuhrwerke was das nicht nötig. Die Industrie entwickelte sich mit riesigen qualmenden Schornsteinen, deutsche Offiziere waren mit einer Pickelhaube unterwegs. Und die ersten Menschen konnten ihre Träume vom Fliegen technisch umsetzen. Grundsätzlich kann man sagen, in den Anfängen der Fliegerei waren alle wagemutig, die sich auch nur trauten sich mit einem Flugzeug in die Luft zu bewegen. Das liegt vor allem daran, dass damals noch niemand wirklich wusste, wie ein Flügelprofil auszusehen hat damit es auch Auftrieb erzeugt. Querruder gab es oftmals noch nicht, stattdessen wurde mit Flügelverwindung gearbeitet. Das heißt, anstatt dem Ausschlag eines Querruders wurde die Flugbewegung durch das In-sich-Verdrehen des Flügels erzeugt. Das Prinzip machte die Flugzeuge schwerer zu steuern und zugleich zerbrechlicher. Das war auch bei den Fluggeräten der Gebrüder Wright der Fall, die sich 1903 in Kitty Hawk das erste Mal in die Luft erhoben.
Ob allerdings sie die Ersten waren, das ist bis heute unklar. Es könnte auch Clement Ader aus Frankreich, ein Neuseeländer namens Richard Pearse, der aus Deutschland in die USA eingewanderte Gustav Weißkopf (Whitehead, wie er in Amerika hieß) oder vielleicht der Hannoveraner Karl Jatho gewesen sein. Allerdings muss man sagen, die Gebrüder Wright gaben ihren Flyer I ans Smithsonian Institut und dieses sorgte ab 1948 dafür, dass Orville und Wilbur Wright in den Geschichtsbüchern als die Ersten genannt werden. Auch haben die beiden Fahrradmechaniker den wohl besten Entwurf geliefert, denn sie berücksichtigten die von Lilienthal und anderen Wissenschaftlern gebrachten Erkenntnisse. Und sie wussten von Beginn an, dass es wichtig ist die Presse mit einzuschalten. Es dauerte zwar noch ca. 5 Jahre bis es soweit war, aber dann hatten sie es geschafft, dass sich die Öffentlichkeit und auch die Militärs für ihre Arbeit interessierten.
Anfangs brachten die Gebrüder Wright ihre Flugzeuge mit dem „Wing-Warping-System“ (Tragflächen-Verwindungssystem) selber in aller Welt an den Mann, da sie nichts übrig hatten für diese „Zirkusfliegerei“. Wilbur kam mit dem Flyer auch nach Europa und zeigten ihn 1909 stolz der Öffentlichkeit in Frankreich, Italien und Deutschland. In Frankreich räumte er nebenbei auch den Michelin-Preis ab, 20.000 Franc bekam er für das Zurücklegen einer Strecke von 124 Kilometern. Er brauchte für die Etappe von Auvours nach Le Mans zwei Stunden und 20 Minuten. Noch erfolgreicher sollten die Wrights in Deutschland sein, in Berlin eröffneten sie eine Produktionsstätte und eine Flugschule.
Wie jung die motorisierte Luftfahrt noch war zeigt auch, dass Anfang 1908 Henri Farman für das Fliegen eines Kreises von einem Kilometer Länge 50.000 Franc bekam. Ein Ereignis, welches heute keinerlei Aufsehen erregt wurde mit umgerechnet 200.000 Euro belohnt.
Es entwickelte sich alles sehr schnell. 1907 gab es nur vier Piloten, neben den Gebrüdern Wright und Henri Farman war das noch der Brasilianer Alberto Santos-Dumont, der in Frankreich seine fliegerischen Fertigkeiten unter Beweis stellte.
1910 waren es schon 500 Piloten, die auf ca. 30 unterschiedlichen Flugzeugtypen die Luft unsicher machten. Zum Beispiel Louis Bleriot, der hatte sich 1909 den Wright Flyer genauer angeschaut und hatte dieses Wissen genutzt um seinen Eindecker Bleriot XI zu bauen. Er verbesserte das System noch, indem er als erster einen Steuerknüppel verwendete. Vorher waren es Hebel und die Verteilung des Gleichgewichts. Bleriot gelang es mit diesem Vehikel als erster den Ärmelkanal zu überfliegen. Auch heute findet man noch vereinzelte flugfähige Exemplare dieses Typs.
Der Schwede Mikael Carson mit seiner originalen Bleriot XI bei der Sanicole Airshow 2017
Während die Idee des Eindeckers noch etwas länger brauchen soll, um sich im Flugzeugbau zu manifestieren, gelingt dies mit der Einführung des Querruders schneller. Hier darf als Innovator Glenn H. Curtiss genannt werden, der mit kleinen Steuerflächen für den Flug mit seitwärts gerichteter Neigung sorgte, während andere sich noch immer nicht trauten eine Kurve mit Neigung zu fliegen. Dies geschah zumeist nur über das Seitenruder.
Vorteile des neuen Systems sind weniger Kraftaufwand für Steuerdrücke und eine massivere Ausführung in der Flügelbauweise, somit ist eine höhere Belastbarkeit des Fluggeräts möglich. Zusammen mit Alexander Graham Bell, der das Telefon zur Marktreife brachte, entwickelte Curtiss nun Flugzeuge und war der erste Amerikaner mit einer offiziellen Pilotenlizenz. Und er suchte sich auch andere Leute, die bereit waren seine fliegenden Kisten der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es entstand die Glenn H. Curtiss Exhibition Company. Als die Wrights erkannten, welches Potenzial solch eine Truppe birgt, riefen sie die Wright Exhibition Company ins Leben. Als drittes amerikanisches Team dieser Art gab es noch die Moisant International Aviators. Aber nicht nur in Amerika hatte die Luftfahrt Konjunktur, auch Europa hatte seine Pioniere und Schauflieger.
Als erste Person, die öffentlich auf wagemutige Weise ein Flugzeug vorgeflogen hatte, muss wohl Louis Paulhan genannt werden. Vor Publikum stellte er mehrere Höhenrekorde und Dauerflugrekorde auf.
Diese Schauflüge waren eine wichtige Geldquelle für die damaligen Piloten, denn Passagier- oder Frachtflüge gab es noch nicht. Und Wettbewerbe wurden zwar fürstlich entlohnt, aber auch diese waren keine verlässliche Einnahmequelle.
Der Franzose wurde am 19. Juli 1883 in Pézenas geboren. Der frühere Luftschiffkonstrukteur gewann im Jahre 1908 bei einer Ausschreibung für eine Flugzeugkonstruktion einen Rahmen für ein Voisin-Flugzeug. Also ein Flugzeug ohne Motor, Stoffbespannung und Innenleben. 1909 hatte er es geschafft, einen Motor zu verbauen. Erfolgreich nahm er die ersten Flugversuche vor. Das brachte ihm die französische Fluglizenz Nummer 10, die Nummer 1 hatte Louis Bleriot. Dies lag aber allein daran, dass die ersten zehn Lizenzen in Frankreich nach alphanummerischer Reihenfolge vergeben wurden.
Nun ging es auch schon los mit Luftfahrtausstellungen, so zum Beispiel in Douai, Frankreich, wo er einen Höhenrekord von 150 Metern aufstellte. Zugleich stellte er auch einen Dauerflugrekord von 1 Stunde und 7 Minuten auf, zurückgelegte Strecke dabei waren 47 Kilometer.
Danach stieg er auf einen Farman III-Doppeldecker um. Mit diesem überbot er in Lyon seinen eigenen Rekord und setzte den Höhenrekord auf 920 Meter. Zudem stellte er einen Geschwindigkeitsrekord auf, er legte 20 Kilometer in 19 Minuten zurück. Alle guten Dinge sind drei, er stellte auch noch einen Rekord für das größte transportierte Gewicht auf, indem er einen Passagier mit 73 Kilogramm mitnahm.
Im Januar 1910 wurde er dann in die USA eingeladen zum „Los Angeles International Air Meet“. Bei dieser Veranstaltung handelte es sich um ein legendäres Aufeinandertreffen vieler damals wichtiger Personen der Luftfahrt. Glenn Curtiss zeigte sein Können, Lincoln Beachey (zu dem wir später kommen) führte seine Luftschiffe vor und William Boeing (Sohn deutscher Einwanderer, früher Wilhelm Böing; Grundsteinleger der Boeing Company) ließ sich hier inspirieren.
Louis Paulhan brachte zwei Bleriot und zwei Farman-Flugzeuge mit und er stellte auch hier wieder Rekorde auf. Er setzte eine Marke für den Dauerflug, er legte mit einem Passagier 177 Kilometer innerhalb 1 Stunde 49 Minuten zurück. Und überbot wieder seinen Höhenweltrekord mit nun 1.269 Metern. Insgesamt dominierte er die anderen Teilnehmer und sicherte sich von den zahlreichen Preisgeldern 19.000 $, Glenn Curtiss konnte sich 6.500 $ in die Tasche stecken.
Die Wright-Brüder waren auch vor Ort, aber nicht um zu fliegen. 1906 sicherten sie sich ein Patent, in dem die Steuerung von Flugzeugen um alle drei Achsen beschrieben ist, auch mit Hilfe von Querrudern, die ja von Curtiss benutzt wurden. Also kamen Wilbur und Orville mit ihren Anwälten, um u.a. Glenn Curtiss und Louis Paulhan vom Fliegen abzuhalten. Louis Paulhan zog davon, aber setzte seine Tour durch die USA fort. Er besuchte zum Beispiel noch Salt Lake City/Utah, New Orleans/Louisiana und führte den ersten historisch festgehaltenen Flug im Bundesstaate Texas durch.
Zu Paulhans Bedauern entschied das Bundesgericht am 17. Februar im Sinne der Gebrüder Wright, Paulhan müsste für jeden vergüteten Vorflug 25.000 $ zahlen. Dies ließ er sich nicht bieten, sein Stolz war verletzt. Er ging nach New York und gab der Bevölkerung unbezahlte Vorflüge. Im März allerdings beschloss das Gericht, Paulhan müsste für jede Woche 6.000 $ zahlen, in der er fliegt.
Paulhan ging zurück nach Europa. Und natürlich flog er hier weiter, gewann weitere Preise. Im April 1910 gewann er das „London to Manchester air race“. Dafür waren 314 Kilometer innerhalb von 24 Stunden zu absolvieren, er schaffte es in zwölf. Gewonnen hat er hiermit 10.000 £.
Zum Jahresende 1910 bekam er noch einmal 10.000 £ für die meisten zurückgelegten Kilometer innerhalb eines Jahres.
Zeitgenössische Postkarte Paulhans mit einem Voisin-Doppeldecker
Louis Paulhan blieb erfolgreich. Er war einer der Ersten, die ein Wasserflugzeug pilotierten und 1912 eröffnete er eine Flugschule für Wasserflugzeuge in Villefranche-sur-Mer. Danach begann er, mit Hilfe von Fotografien die Landschaften zu kartieren.
Im ersten Weltkrieg wurde er als Pilot in Serbien eingesetzt. Dort war er der dienstälteste und erfahrenste Pilot. Er stellte dies unter Beweis, indem er den ersten militärischen Rettungsflug mit einem Flugzeug durchführte (sog. Medevac-Operation).
1927 gründete er mit anderen führenden Luftfahrtexperten die „Société Continentale Parker“, um neue und moderne Techniken in der Oberflächenverarbeitung von Luftfahrzeugen zu entwickeln. Heutzutage ist diese Firma als „Coventya“-Gruppe bekannt, welche führend in der Herstellung von Chemikalien zur Oberflächenveredlung aller Art ist.
Am 10. Februar 1963 starb Louis Paulhan in Saint-Jean-de-Luz/Frankreich und wurde in seinem Geburtsort Pézenas bestattet, wo bis heute ein Denkmal an ihn erinnert.
Ein weiterer Franzose, der auch bis heute noch in Fliegerkreisen und vor allem bei Kunstfliegern bekannt ist.
Célestin Adolphe Pégoud ist am 13. Juni 1889 geboren. 1907 meldete er sich zur Kavallerie und 1911 erhielt er seinen ersten Flugunterricht. Das Pilotenabzeichen bekam er im Februar 1913 quasi bei der Entlassung aus dem Militärdienst.
Weiterhin von der Fliegerei begeistert wird er Testpilot von Louis Bleriot. Am 9. August soll er den Bleriot-Flieger einer breiten Masse inklusive Ministern der Armee und der Marine vorführen. Er machte seinen Job so gut, dass er enthusiastischen Applaus erntete. Zehn Tage später testete er einen Fallschirm, begleitet von Fotografen. Fallschirme waren damals noch neu, Piloten waren zu dieser Zeit nicht einmal angeschnallt. Er wurde der erste Pilot, der es allein während eines Fluges schaffte einen Fallschirm auszulösen. Wobei dieser ihn buchstäblich aus dem Cockpit zog, nicht so wie heut, wo man erst abspringt und dann die Reißleine zieht. Und er hatte auch das „Glück“ - welches er sich mit vielen anderen dieses Sports teilt - er landete in einem Baum.
Am ersten Tag des Folgemonats probierte er etwas Neues und ließ seine Mechaniker seine Maschine mit Gurten modifizieren. Vor dem Abflug gab er spaßeshalber seinem Mechaniker sein Portmonee mit den Worten „Hier ist mein Geldbeutel. Wenn ich nicht wieder runterkomme, ist er deiner.“
Pegoud tourte durch ganz Europa. Dabei konnte man Postkarten seines Könnens erwerben.
Er flog in eine Höhe von 3.000 Fuß und schaltete den Motor aus. Er ging in einen fast vertikalen Sinkflug und in etwa 1.600 Fuß Höhe zog er die Maschine gerade, allerdings mit einer kontinuierlichen Drehung. 500 Yards (ca. 450 Meter) weit flog er so, es war damit der erste Rückenflug der Welt. Am Tag darauf präsentierte er sein neu angeeignetes Können einem begeisterten Publikum und Repräsentanten der Regierung. Pégoud wurde ein
Star, die Leute waren begierig auf sein Autogramm. Er übte dieses Manöver auch, indem er das Flugzeug in ein Gerüst hängte und sich hinein. Er hielt dies für einige Minuten aus, im Flug tat er das aber nie länger als 70 Sekunden. Der 21. September 1913 sollte der Tag werden, in dem er für die nächsten Jahre in die Geschichte einging. In einer französischen Ortschaft namens Buc vertraute er der Maschine soweit, dass er den ‒ so dachte er ‒ ersten Looping der Welt flog.
Diese Ehre gebührt jedoch einem anderen: Pjotr Nikolajewitsch Nesterow. Der Russe flog schon am 9. September einen Looping. Er war allerdings ein unbekannter Militärpilot und kein schaufliegender Publikumsmagnet. Nesterow bekam wegen Gefährdung des Fluggeräts von seinem Vorgesetzten eine Disziplinarstrafe und musste einige Tage in die Zelle. Die Dokumente über diese Bestrafung sind bis heute erhalten und somit steht fest, dass es nicht Pégoud war. Bis nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Franzose von vielen für den ersten Schleifenflieger gehalten, so wurde der Looping früher genannt.
Nesterows Ende kam abrupt. Im Laufe des grade begonnenen ersten Weltkriegs führte Nesterow am 8. September 1914 ein Rammmanöver gegenüber einem österreichischen Piloten aus, alle Insassen bezahlten mit dem Leben.
Pégoud wiederum genoss den Triumph. Am 25. September 1913 flog er seinen Looping bereits in England vor und ab Oktober ging er auf Europatour. Bei jeder seiner Shows waren Hunderttausende begeisterter Menschen, so etwas hatte niemand vorhergesehen. Er gastierte u.a. in Wien, Berlin, Dresden, Hannover, Gent, Brüssel, Köln, Frankfurt, München und Bukarest.
Postkarte Pegouds für seinen Besuch in Prag am 25. und 26. Dezember 1913
Zwei Tage vor dem Nikolaus führte er das Manöver das erste Mal mit einem Passagier aus. Etwas später an den Weihnachtstagen flog er kopfüber in eine Wolke, fand aus dieser orientierungslos heraus und flog nun so lang, bis ihm der Sprit ausging. Es ging zum Glück ohne Crash aus.
Abenteuerlich sollte es bleiben. Ende Januar flog er in Brünn/Österreich in einen Schneesturm, in Zagreb flog er 52 Loopings in Folge. Zurück in Buc wurde ihm von der französischen Sportakademie der Grand Prix überreicht, dotiert mit einer Summe von 1.200 $. Er war der dritte französische Pilot, der das erreicht hat. Das Geld war dabei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, allein in Deutschland hat Pégoud bis Ende Oktober 1913 180.000 Mark bekommen (heute ca. 850.000 €).
Am 9. Juni 1914 hatte er seinen einzigen Unfall. Während er im Niedrigflug in Warschau unterwegs war, erfasste ihn eine Windböe. Glück im Unglück, er fiel in einen Wald und kam mit dem Schrecken davon.
Als „Anerkennung seiner Arbeiten beim Demonstrieren der großen Kontrollierbarkeit moderner Flugzeuge“ bekam er vom Kriegsminister am 17. Juli den Orden „Ritter der Ehrenlegion“ (Ordre national de la Légion d'honneur). Für ihn war die Fliegerei aber keine Arbeit. Seine eigenen Worte: „In jeder beliebigen Fluglage und für jede beliebige Dauer mit den Elementen der Luft zu spielen, meine Maschine wie einen Korken auf rauher See tanzen zu lassen, allen Tücken der Atmosphäre zu begegnen, sie meinem Willen unterzuordnen und mich selbst elegant, voller Ruhe und Vertrauen, wieder auf den Erdboden zurückzubringen, darin liegt mein ganzes Glück.“
Kurz bevor er zu einer Tour nach Amerika aufbrechen konnte wurde er einberufen, der erste Weltkrieg stand vor der Tür. Im Verlauf des Krieges bekam er noch weitere Orden, den „Croix de Guerre“ für seine Tapferkeit und für seine Luftsiege die „Medaille Militaire“.
Der 31. August sollte der letzte Tag des Krieges für ihn sein. Er wurde das Opfer in einem Luftkampf. Pégoud war das erste Fliegerass der Geschichte, alle verehrten ihn, auch seine Gegner. Am 6. September startete sein Widersacher mit einem Kranz, den er über der Absturzstelle abwarf. Die Inschrift: „A Pégoud, mort en héros. Son adversaire.“ (Für Pégoud, gestorben als Held. Sein Gegner.)
Zur Zeit von Pégouds Tod war Amerika noch nicht in den Krieg eingetreten. Die Menschen konnten sich unbeschwert von einem Landsmann in der Luft unterhalten lassen.
Der Kalifornier Lincoln Beachey war ein geborener Flieger. Wobei in seinem Geburtsjahr 1887 noch kaum ein Mensch realistisch ans Fliegen gedacht hat. Aber anscheinend sogen er und sein Bruder Hillery alles in sich auf, was mit dem Fliegen zu tun hat. 1905 begann Lincoln mit der Entwicklung eines eigenen Luftschiffs. Dies wohl auch deshalb, weil ein Wright Flyer für einen 18jährigen unerschwinglich war. Sein erstes Luftschiff hatte den Namen „Gelantine“ und mit diesem absolvierte er erfolgreich einen internationalen Flug von einer Messe in Portland/USA nach Vancouver/Kanada. Mit solchen Aktionen wurde er schnell überregional bekannt. Das sorgte dafür, dass er 1907 im Bostoner Freizeitpark „Wonderland Park“ eine Saison lang jeden Tag sein Luftschiff starten konnte, was ihm wiederum Einnahmen brachte.
Von der Westküste bis zur Ostküste hatte er es schon geschafft. Zwischendurch heiratete er seine Frau May Beachey im November 1906 in Detroit.
1910 war Lincoln Beachey soweit, dass er Curtiss seine Dienste für die Glenn H. Curtiss Exhibition Company anbot. Sein Bruder Hillery war bereits zur schwerer-als-Luft-Fraktion übergegangen, Lincoln wollte dies auch.
Lincoln Beachey auf einem Luftschiff im Jahre 1904 in St. Louis
Curtiss tourte grade mit den damals besten Piloten durch Kalifornien, um seine Flugzeuge möglichst gut einer breiten Masse zu präsentieren und natürlich damit Kunden zu fangen. Er gab dem jungen Beachey die Chance sich zu beweisen. Als die anderen Piloten Beachey Tipps geben wollten, was zu beachten sei bei der fabrikneuen Maschine, lehnte er nur ab. Mit zweifelhaftem Erfolg, er machte gleich zweimal nacheinander Bruch. Doch Curtiss behielt ihn vorerst in der Truppe, mit Recht wie sich später herausstellen sollte.
Das Flugzeug, mit welchem er bekannt wurde, war die Curtiss Modell D. Das Flugzeug war anfangs noch mit Höhenleitwerk vor und hinterm Rumpf versehen, ähnlich dem Wright Flyer. Beachey erkannte schnell ‒ nach einem Bruch in einen Zaun ‒ dass der vordere Ausleger nicht von Nöten ist. Von nun an gab es das Modell D „headed“ mit Frontausleger und „headless“ ohne Frontausleger, wie sie von Beachey geflogen wurde.
Beachey auf seinem Curtiss Pusher
Einen seiner bekanntesten Stunts machte er am 27. Juni 1911. Mit seinem Curtiss-Flugzeug startete er von einem kleinen Baseballfeld und flog über die Niagara-Fälle. Er flog in ca. 600 Meter Höhe über die Kante der Horseshoe Falls (Teil der Niagara-Fälle), von dort aus schwenkt er steil nach unten. In 10 Metern Höhe fängt er die Maschine in der Gischt des Wasserfalls ab. Beachey ‒ genauso durchnässt wie das Flugzeug ‒ unterfliegt nun noch die Upper Steel-Bridge, zieht knapp über die Klippe auf der kanadischen Seite und landet dort. 150.000 Menschen sahen damals das haarsträubende Spektakel, welches auch heute noch den Leuten den Atem rauben würde. Spätestens dadurch nahm man ihn in der internationalen Presse wahr. „Es war der aufregendste Ausflug meines Lebens“ sagte Beachey nach der Landung.
Replica einer Curtiss Modell D „Headless”. Der Frontausleger wäre noch vor dem Pilotensitz angebracht.
Im August 1911 auf dem Chicago International Aviation Meet sorgte er für Aufsehen, indem er einen neuen Höhenweltrekord aufstellte. Als er zuvor mit den Ingenieuren von Curtiss über dieses Thema sprach berechneten diese, es sei unmöglich den bestehenden Rekord von 3190 Metern zu brechen. Sein Tankinhalt von nur 26,5 Litern würde ihn zu früh zum Zurückkehren zwingen. Er ließ sich davon nicht beeindrucken, startete und stellte einen Weltrekord auf mit einem Höhenflug von 3548 Metern. Er stieg bis zum letzten Tropfen Sprit auf, stellte somit den Rekord auf und kehrte mit stehendem Propeller im Segelflug wieder zur Erde zurück. Er beeindruckte an diesem Tag eine halbe Million Menschen mit einem Vehikel, welches die Meisten heutzutage kaum als Flugzeug erkennen würden, ausgestattet mit einem Druckpropeller.
Lincoln Beachey wurde auch dafür bekannt, dass er in rasanter Geschwindigkeit in niedrigsten Höhen vor seinem Publikum flog. So konnten alle seine elegante Kleidung sehen, meistens der Nadelstreifen-Anzug eines Geschäftsmanns mit Weste und Krawatte, in Verbindung mit seiner Mütze, die er während des Fluges falsch herum aufsetzte.
Doch zu Beginn des Jahres 1912 saß ihm der Schalk im Nacken. Im Januar gab er eine Annonce auf, „Miss Blanche Stuart Scott of Rochester“ wäre in Los Angeles im Flug zu sehen. Es war die erste Frau, die 1910 allein ein Flugzeug führte. Bei dieser Airshow wurde dann das Publikum von einer Frau im Flug überwältigt, kaum geahnte Sachen wurden geboten. Bis Beachey vor der Tribüne stand und seine Perücke abzog hatten sie es alle geglaubt.
Lincoln Beachey durchfliegt die Niagara Fälle
Etwas später, es war der 24. Februar und er war in Oakland beim örtlichen „Aviation meet“. Zu Gast war die damals bekannte Fliegerin Mademoiselle Cozette de Truise aus Pau/Frankreich. Beachey überraschte sie und alle anderen ‒ heute flog er mit Seidenrock, auf seinem Kopf festgemacht ein gefiederter Hut ausgestattet mit pinken Chiffon-Schleier. Und um den ganzen die Krone aufzusetzen, präsentierte er während des Fluges noch seine mit Pailletten verzierten Slipper. Es sind auch noch weitere Auftritte in Damenkleidung bekannt.
Den Tag darauf, am 25. Februar, sollte er sterben. Zumindest dachte dies die Menge. Beachey flog steil hinab hinter eine Reihe von Hütten und Bäumen und war außerhalb der Sicht des Publikums. Die Männer sprangen auf ihre Füße, um mehr zu sehen und die Frauen hielten sich die Hände vor das Gesicht. Doch Beachey hatte sie gelinkt, es gab keinen Aufprall. Er hatte nur das in ihnen geweckt, was er allen später noch vorwerfen sollte, einen Hang zum Morbiden.
Im Oktober fügte er noch etwas auf die Liste der Flugsportarten dazu: Entenschießen. Er flog mit Armee-Leutnant Brereton über den Potomac-Fluss, als dieser seinen Revolver zog und diese „Sportart“ entwickelt wurde.
Von den Vorstellungen und Erwartungen des Publikums erdrückt wurde er offensichtlich etwas depressiv. Er ließ dies an seiner Frau May aus, hat oft mit ihr gestritten und demütigte sie vor gemeinsamen Freunden. Er war ihr gegenüber mürrisch, untreu und die letzten fünf Monate ihrer Ehe hatte er sie größtenteils allein gelassen. May Beachey wurde infolgedessen selber depressiv und ließ sich im Januar 1913 von Lincoln scheiden.
Am 12. Mai diesen Jahres hatte er für das Erste genug. Er gab bekannt, dass er nicht mehr fliegen wolle. Häufig wurde ihm vorgeworfen, er wäre Schuld am Tod anderer Piloten weil sie so fliegen wollten wie er. Außerdem sagte er, die Menschen hätten eine morbide Sehnsucht danach, dass etwas passiert. „Sie bezahlen um mich sterben zu sehen. Sie wetten, und die Quoten sind immer gegen mein Leben.“
Es tat ihm leid, dass viele Piloten seine Manöver nachmachen wollten und dafür ihr Leben gaben. Als er dann hörte, wie einige Piloten darüber sprachen, wie sie seine Flugmanöver imitieren könnten, bekam er es mit der Angst zu tun. Mit der Angst um das Überleben seiner Mitstreiter, er wollte nicht weiter dafür verantwortlich sein, sie sterben zu sehen. Am 7. September 1913 wurde ein Artikel von ihm veröffentlicht, in dem er dieses alles näher beschrieb.
In diesem Artikel beschrieb er auch, ihn quäle die Sehnsucht nach dem „Loop the loop“. Ironischerweise tat Nesterow dies zwei Tage später und Pégoud brauchte noch 14 Tage. Als das bekannt wurde, war es der Zeitpunkt für seine Rückkehr. Am 25. November macht er seinen ersten Looping, gleich einen doppelten. Bereits zwei Tage später war es schon ein dreifacher Looping und am 25. Dezember, Weihnachten, brach er den Rekord mit einem fünffachen Looping vor den Augen von 12.000 Bewohnern San Franciscos. Im Laufe seiner Karriere sollte er noch über 1.000 Mal den Looping fliegen, es wurde zu einem seiner Standardstunts.
Am Neujahrstag 1914 wagte „der Mann, dem der Himmel gehört“ ein Novum. In San Francisco wurde für die Panama-Pacific Exposition die riesige Machinery Hall errichtet. Die Halle hatte grade seine Wände und das Dach bekommen. Das war der perfekte Augenblick für Beachey, den ersten Flug durch ein Gebäude weltweit durchzuführen.
Ab Mai ging Beachey auf Amerika-Tour. Er überlegte sich etwas Neues, womit er die Mengen begeistern konnte. Für seine Shows lackierte er in großen Lettern BEACHEY auf die Oberseite der Tragflächen. Dies war also nur zu lesen, wenn er „upside-down“ oder einen Looping flog. Da sich diese Manöver in größeren Höhen abspielten, gab es viele nicht zahlende Zuschauer außerhalb der Gelände. Um dieses zu verhindern wurde ein hoher Zaun errichtet und innerhalb dieses Zaunes bot er der Masse etwas, was sie noch nicht gesehen hatten. Tag für Tag lieferte er sich Rennen auf einem Rundparcours gegen den damals allseits bekannten Autorennfahrer Barney Oldfield, insgesamt 35 Mal. Dabei flog er so tief, dass er von außerhalb des Geländes kaum zu sehen war.
Die Einnahmen der Vorführungen waren für Beachey wichtig, denn unter Curtiss wurde er daran beteiligt. Die Piloten der Konkurrenz beim Wright Exhibition Team bekamen pro Woche 20 $ und jeden Tag, an dem sie flogen noch einmal 50 $. Beachey bekam 1914 für jeden Tag einer Vorstellung 1.000 $. Für eine Europatour wurden ihm 100.000 $ geboten. Beachey war in einer wohlsituierten Position.
Auf seiner Tour von Mai bis Silvester des Jahres 1914 besuchte er 126 Städte mit einer ungefähren Zuschauerzahl von rekordverdächtigen 17 Millionen. Dies war zu einer Zeit in der die gesamten USA eine Einwohnerzahl von 100 Millionen hatten. Durchschnittlich haben ihn also pro Stadt
135.000 Menschen gesehen. Zum Vergleich und um eine gewisse Vorstellung für die Menge der Zuschauer zu bekommen: das mittlerweile weltbekannte Musik-Festival „Rock am Ring“ hat eine maximale Publikumsmenge von 85.000.
Das Genie der Luftfahrt war aber nicht nur darauf aus, sich selbst zu vermarkten und zu präsentieren. Er betonte immer wieder, welchen Zukunftswert die Fliegerei hat. Er sagte, in „10 bis 20 Jahren wird der Himmel eine universelle Autobahn und Flugzeuge werden so normal wie Automobile es jetzt sind“. Deshalb wollte er auch demonstrieren, dass die Fliegerei nunmehr eine sichere Sache ist. „Wir erproben einfach das Flugzeug als ein sicheres Fahrzeug“ und „eine praktische Demonstration ist das Einzige, um den Samen [für die Zukunft] richtig zu säen.“
Auch wollte er der Regierung sagen, wo der Weg langgeht. Er machte sich Gedanken über junge Piloten, denn er hatte genug Menschen sterben sehen. Er war der Auffassung, ein Flieger sollte ein Jahr lang trainieren und dann mit einem geflogenen Looping eine Pilotenlizenz erlangen, welche damals nicht zwingend erforderlich war. Damit zeigte er sich durchaus auf dem richtigen Weg, bis auf den Looping...
Er betonte immer wieder, dass die Fliegerei der Armee unsicher ist. Als zwei Leutnants der Tod ereilte sagte er, dies „illustriert die radikalen Fehler in der Luftfahrtpolitik der Regierung.“
Wenige Monate später starb wieder ein Flieger der Armee, Beachey zweifelte weiter an den veralteten Flugapparaten der Regierung. „Innerhalb einer Woche wird die alte Maschine vermutlich geflickt mit ein paar neuen Drähten und etwas Stoff und ein anderer Flieger wird damit rausgeschickt.“
Dass die USA wirklich nicht viel auf die Luftfahrt gaben, ist auch an den puren Zahlen ersichtlich. Während Russland im Jahre 1914 schon beachtliche 1.500 Flugzeuge hatte, Deutschland und Frankreich immerhin mit jeweils 1.000 aufwarten konnten und selbst Mexiko 400 Flugzeuge besaß, konnten die glorreichen Vereinigten Staaten von Amerika ihr gesamtes Land mit sage und schreibe 23 Flugzeugen verteidigen.
Lincoln Beachey bei einem Rennen gegen Oldfield
Der Chef der Marineluftfahrt teilte Beacheys Ansicht, und als der „Master Birdman“ 1914 auf Tour war, lotste er den 31jährigen Profi in die Hauptstadt Washington D.C.. Hier sollte Beachey zeigen, dass der Mensch nun die komplette Kontrolle in der Luft hat. Ende September war es soweit, Beachey flog über das Capitol und zeigte sein ganzes Können. Loopings, Rollen, Todesstürze, sein ganzes Programm. Aber zum Nachdenken hat er die Kongressabgeordneten wohl nicht damit gebracht. Präsident Woodrow Wilson kommentierte, es war „wundervoll, aber erschreckend waghalsig“.
Am 14. März 1915 trat er bei der Panama-Pacific Exposition in San Francisco auf. Er hatte dort seinen neuen Eindecker in der Bauart einer Rumpler Taube mitgebracht. Bei seinem ersten Auftritt ging alles glatt, das neue Flugzeug machte alles mit. Doch bei seinem zweiten Auftritt an diesem Tag nahm das Unheil seinen Lauf. Er begann aus 3.000 Fuß seinen „Dip of Death“. Es war ein „Todessturz“ - er stieg, bis der Auftrieb versagte und stürzte dann steil hinab, bis er knapp über dem Boden erst wieder abfing. Mit diesem Stunt ist Lincoln Beachey einst berühmt geworden.
Doch der Eindecker hielt die Last nicht aus, diesmal war es sein Ende. Bei ca. 320 km/h brachen die Tragflächen nach hinten und der wohl damals größte Flieger der Welt stürzte in die San Francisco Bucht. Und dies vor den Augen seines Bruders Hillery und 50.000 anderen Zuschauern. Drei Tage später wurde er begraben, es war eine der größten Beerdigungen seitdem es San Francisco gab.
Der große Rivale von Adolphe Pégoud ist vor insgesamt 20 Millionen Menschen geflogen und hat ihnen die Fliegerei näher gebracht.
Der Erfinder der Glühlampe Thomas Alva Edison sagte über eine Vorführung Beacheys: „Ich konnte meinen eigenen Augen nicht trauen und meine Nerven waren für viele Minuten am Kribbeln.“
Und Orville Wright schwärmte: „Ich sah ihm mit meiner Brille genau zu, und er machte nie einen Fehler oder zögerte. Ein Flugzeug in den Händen von Lincoln Beachey ist Poesie. ... Beachey ist der wundervollste Flieger, den die Welt bisher gesehen hat, in der Tat der Wundervollste von allen.“
Als Louis Paulham 1910 zum „Los Angeles International Air Meet“ eingeladen wurde, gehörte Didier Masson zu seinem Gefolge. Während Paulham später wieder in seine Heimat zurückkehrte, blieb Masson auf dem amerikanischen Kontinent.
Didier Masson an Bord seines Flugzeugs
Sein Leben begann am 23. Februar 1886 in Asnières / Frankreich. Mit 17 begann er eine Lehre zum Juwelier, doch nach kurzer Zeit merkte er, dass dies nichts für ihn war. Didier ging zum Militär
und diente dort für drei Jahre. Danach arbeitete er bei einem Hersteller für Magnet-Anlasser. Dies ebnete seinen Weg ins Gefolge von Louis Paulham, welcher ihn als Mechaniker anstellte. Nebenbei lernte er dort das Fliegen, 1909 machte er seinen ersten Solo-Flug.
Nach dem LA-Air Meet bekam er eine Anstellung bei der Glenn H. Curtiss Exhibition Company, für welche er nun Schauflüge ausführte. Dabei führte sein Weg auch durch das benachbarte Kanada. Ab 1912 wurde er von Ivan Gates engagiert, für den er nun das Geld verdiente. Nach einigen Flugshows ging er 1913 als Söldner nach Südamerika. Dort fand die mexikanische Revolution statt und er flog für die Militärs der Nationalisten. Bekannt wurde er für die ersten Bombardements von Schiffen, welche geschichtlich dokumentiert sind. Doch nachdem er einen Monat lang seinen Sold nicht bekam, flog er zurück in die USA. Es dauerte nicht mehr lange, dann brach der erste Weltkrieg aus. Er wurde Mitglied in der legendären Lafayette-Staffel, eine Staffel amerikanischer Söldner, die auf Seiten der Franzosen kämpften. Eine starke Grippe ereilte ihn und er musste den Rest des Krieges auf dem Boden verbringen. Er wurde zum Organisationstalent des dortigen Kasinos, er sorgte für gutes Essen, Zusatzrationen und für flüssigen Nachschub, damit die Offiziere für ein paar Stunden den Krieg vergessen konnten.
Nach dem Ende des Krieges verschlug es ihn nach Mexiko. Er traf dort eine junge Dame und ehelichte sie. Mit ihr ging es nach British Honduras. Dort eröffnete er ein unerfolgreiches Import-Export-Geschäft, anschließend arbeitete er im französischen Konsulat. Auch als Manager für PanAm arbeitete er, doch nur solange, bis die Fluglinie den Dienst nach Honduras einstellte. Während des zweiten Weltkriegs verschlug es ihn wieder nach Mexiko. Dort verstarb er am 2. Juni 1950 in Merida, Halbinsel Yucatan. Ein spektakulärer Mann mit einem unspektakulären Ende.
Eingangs wurden schon die Moisant International Aviators erwähnt. Die Moisant's waren Geschwister, John Bevins war der älteste, dann wären da noch Alfred und Matilde zu nennen.
John B. Moisant lernte von Louis Bleriot in Frankreich das Handwerk der Fliegerkunst. Wie es zu dieser Zeit üblich war, machte man Rekorde. John war 1910 der Erste, der erfolgreich einen internationalen Passagierflug von Paris nach London gemacht hatte. Unbekümmert, wie die Leute waren, sagte er: „Das ist erst mein sechster Flug in einem Flugzeug. ... Mein Mechaniker, welcher 182 Pfund wiegt [82,5 Kilogramm], war nie vorher in einem Flugzeug und wusste nicht, wo ich ihn hinbringe, als wir Paris verließen.“
Des Weiteren gewann er im Herbst den Gordon-Bennet Preis. Noch berühmter wurde John, als er das Rennen um die Freiheitsstatue gewann. Durch Unstimmigkeiten wurde ihm der Preis später abgenommen (er sei zu spät gestartet), aber die Sympathien der Öffentlichkeit waren bei ihm.
Am 31. Dezember machte er nahe New Orleans einen Probeflug für den Michelin-Cup. Als er Landen wollte, streifte seine Bleriot-Maschine den Boden und er wurde hinausgeschleudert. Kurz danach starb er. Seinem Sohn hinterließ er 125.000 $. Zu seinem Ehren hieß der New Orleans International Airport bis 2001 Moisant Field, danach wurde er Louis Armstrong umgewidmet.
Matilde Moisant in ihrer Fliegerkluft
Am 1. April 1911 wurde dann von seinem Bruder Alfred die Moisant Aviation School in Hempstead, einem Stadtteil von New York, gegründet. Mit dieser Schule entwickelten sich dann auch die Moisant International Aviators, eins der drei bekannten Schauflieger-Teams (s.o.). Zu ihrer Truppe gehörten z.B. Roland Garros, der im ersten Weltkrieg ein Jägerass werden sollte; Harriet Quimby, die erste Frau mit einer Pilotenlizenz in den USA und Matilde Moisant, Schwester von John und Alfred und nach Harriet die zweite Frau mit einer Pilotenlizenz in den USA.
Alfred war auch der Präsident der Hempstead Plain Aviation Company. Sein Bruder John experimentierte schon 1909 mit einem Ganzmetall-Aluminium-Flugzeug und Alfred setzte den Flugzeugbau fort, wenn auch nur mit mäßigem Erfolg.
Mitglieder der Moisant International Aviators zeigten ihr Können in den Bundesstaaten Amerikas, in Mexiko und auch in Guatemala. Matilde entkam einmal nur knapp dem Gefängnis, weil sie an einem Sonntag ihr Flugzeug von einem Flugtreffen in das nahe private Flugfeld bewegen wollte. Der örtliche Sheriff hatte für diesen Tag ein Flugverbot verhängt. Die Sheriffs konnten ihr allerdings nicht in der Luft folgen, und auf dem privaten Flugfeld floh sie dann erneut, indem sie schnell vom Flieger sprang und in einem Auto entkam. Doch die Polizei holte sie ein, allerdings immer noch auf dem privaten Flugfeld. Ein drittes Mal entkam sie, weil die aufgebrachten 300 Menschen auf dem Flugfeld die Sheriffs zurückdrängten, bis diese gegangen waren. Einer der Flugschüler war selber Deputy Sheriff und begab sich während des Konflikts zu einem Richter, der ihm bescheinigte, dass Frau Moisant nichts Unrechtes getan hatte. Somit war sie dem Gefängnis entgangen.
Am 14. April 1912, der Tag an dem die Titanic unterging, hatte Matilde einen Flugunfall bei dem sie nur knapp vor den Augen ihrer Schwester Louise den Flamen entging. Danach verkündete sie, sie werde bald mit dem Fliegen aufhören. Dies tat sie für ihre Familie, die zu „nervösen Wracks“ wurden. Alfred kam 1929 ums Leben, Matilde starb 1964 in Glendale, Kalifornien und wurde mit ihrem Bruder John im Ehrengrab Portal of the Folded Wings Shrine to Aviation beigesetzt. Aber die Moisants blieben weiter eine Familie von Fliegern, auch Stanley Moisant trat 1917 in die University of California aviation school ein.
Eine weitere Familie, die ihr Leben zu großen Teilen der Fliegerei widmete, war die Stinson-Familie. Am bekanntesten waren Katherine und Marjorie, doch ihre Brüder Eddie und Jack waren ebenso aktiv in der Luftfahrt.
Katherine, die älteste der vier, ließ sich im Alter von 20 Jahren bei einer Ballonfahrt 1911 von der Fliegerei begeistern. Von nun an wollte sie Pilotin werden. Am Anfang allerdings, um sich ein Musikstudium zu finanzieren. Ihre Eltern schienen die Geschwister stets zu unterstützen, die 500 $ für die Flugschule wurden von dem verkauften Familien-Klavier bezahlt. Katherine hatte bald so viel Spaß am Fliegen, dass sich die Geschichte mit der Musik erledigt hatte.
1912 fing sie aktiv mit den Flugstunden an, erst in St. Louis/Missouri, danach in Chicago/Ohio. Dort musste sie erst mal ihrem Fluglehrer in einer Probestunde zeigen, dass auch eine Frau ein Flugzeug pilotieren kann. Nach vier Stunden Unterricht flog sie bereits allein und ihre Lizenz erstand sie am 16. Juli 1912 als vierte weibliche Pilotin der USA.
Ab sofort begann sie vor Publikum zu fliegen und auf kleinen Strecken Luftpost zu überbringen. Für Auftritte bekam sie bis zu 2.000 Dollar, damals eine Menge Geld. Die Stinsons kamen viel rum, so waren sie 1913 in Hot Springs/Arkansas und gründeten dort die Stinson Aviation Company zum Bau, Verkauf und zur Vermietung von Flugzeugen.
Marjorie wurde 1914 18 Jahre alt und beeindruckt von ihrer Schwester nahm sie sogleich in Dayton/Ohio Flugstunden. Am 12. August, knapp ein Monat nach ihrem Geburtstag, bekam sie als neunte Frau der vereinigten Staaten die Fluglizenz und war nun die jüngste Frau am Steuer eines Flugzeugs. Auch sie stellte von nun an ihr Können vor Zuschauern unter Beweis.
Mit Hilfe ihrer Mutter Emma gründeten die Stinsons 1915 in San Antonio/Texas die erste von Frauen geführte Flugschule. Emma wurde Geschäftsführerin, Katherine und Marjorie fungierten als Fluglehrerinnen und Bruder Edward war Chefmechaniker. Ab 1916 ließ das Royal Canadian Flying Corps dort seine Flugschüler ausbilden, was den guten Ruf der Flugschule zeigt. Man muss sich bewusst machen, dass Frauen zu dieser Zeit in einer Männerwelt absolut nicht gleichberechtigt waren. Doch in diesem Unternehmen waren die Damen die Chefs. Alleine Marjorie bildete während des ersten Weltkriegs über 100 Flugschüler aus, sie wurde als „Flying schoolmarm“ (=Fliegende Schullehrerin) bezeichnet.