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Süß wie Schokolade, aufregend wie der Weihnachtsabend und spicy wie Lebkuchen - das sind die Holiday-Brüder! Drei unwiderstehliche Brüder. Drei unglaublich romantische Liebesgeschichten. Drei beliebte Romance-Tropes in einem Buch: Single-Dad, Brother's Best Friend, Second Chance. Einfach der perfekte Lesegenuss für die schönste Zeit des Jahres.
A Single Dad for Christmas
Kurz vor Weihnachten bekommt Nathalie einen Anruf von ihrer Chefin: Ein alleinerziehender Vater sucht dringend eine Nanny. Nathalie nimmt den Job an, was sie gleich wieder bereut. Denn bei dem Single Dad handelt es sich ausgerechnet um Maddox Holiday: DER Footballstar aus ihrer High School, in den sie damals unsterblich verliebt war. Doch Maddox scheint keine Ahnung zu haben, wen er da als Nanny engagiert hat. Und dann entpuppt sich seine Tochter auch noch als kleiner Satansbraten. Nathalies Weihnachtsfest droht in einer Katastrophe zu enden ...
A Secret Crush for Christmas
Seit sie denken kann, ist Stella in Heath Holiday verliebt. Doch der hat in ihr immer nur die kleine Schwester seines besten Freundes gesehen. Als Stella einen vielversprechenden Job in der Baufirma von Heaths Vater erhält, nimmt sie sich fest vor, ihre Gefühle beiseitezuschieben. Was sie nicht ahnt: Auch Heath fühlt sich schon lange zu ihr hingezogen - doch er hat ihrem Bruder versprochen, Stella niemals näherzukommen ...
A Second Chance for Christmas
Eva und Tobias waren auf dem College das Traumpaar. Doch ihre Liebe hatte nie eine echte Chance. Während es Eva in die weite Welt zog, fühlt sich Tobias in seiner kleinen Heimatstadt in Montana noch immer pudelwohl. Als Eva dorthin zurückkehrt, verbringen die beiden eine leidenschaftliche Nacht miteinander - die ihren endgültigen Abschied voneinander besiegeln soll. Doch wenige Wochen später steht Eva mit einem Geheimnis unter ihrem Herzen erneut vor Tobias‘ Tür ...
Versüße dir dein Weihnachtsfest mit diesem Buch - von der Autorin der Besteller-Romane Indigo Ridge, Jupiter Hill und Shield of Sparrows.
eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.
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Seitenzahl: 569
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Inhalt
Titel
Grußwort des Verlags
Über das Buch
Über die Autorin
A Single Dad For Christmas
1
2
3
4
5
6
7
8
9
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11
12
Epilog
A Secret Crush For Christmas
1
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12
Epilog
A Second Change For Christmas
1
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12
Epilog
Danksagung
Feedback
Impressum
Cover
Inhaltsverzeichnis
Titelseite
Inhaltsbeginn
Impressum
Devney Perry
The Holiday Brothers
Übersetzung aus dem amerikanischen Englischvon Angela Koonen
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Süß wie Schokolade, aufregend wie der Weihnachtsabend und spicy wie Lebkuchen - das sind die Holiday-Brüder! Drei unwiderstehliche Brüder. Drei unglaublich romantische Liebesgeschichten. Drei beliebte Romance-Tropes in einem Buch: Single-Dad, Brother's Best Friend, Second Chance. Einfach der perfekte Lesegenuss für die schönste Zeit des Jahres.
A Single Dad for Christmas
Kurz vor Weihnachten bekommt Nathalie einen Anruf von ihrer Chefin: Ein alleinerziehender Vater sucht dringend eine Nanny. Nathalie nimmt den Job an, was sie gleich wieder bereut. Denn bei dem Single Dad handelt es sich ausgerechnet um Maddox Holiday: DER Footballstar aus ihrer High School, in den sie damals unsterblich verliebt war. Doch Maddox scheint keine Ahnung zu haben, wen er da als Nanny engagiert hat. Und dann entpuppt sich seine Tochter auch noch als kleiner Satansbraten. Nathalies Weihnachtsfest droht in einer Katastrophe zu enden ...
A Secret Crush for Christmas
Seit sie denken kann, ist Stella in Heath Holiday verliebt. Doch der hat in ihr immer nur die kleine Schwester seines besten Freundes gesehen. Als Stella einen vielversprechenden Job in der Baufirma von Heaths Vater erhält, nimmt sie sich fest vor, ihre Gefühle beiseitezuschieben. Was sie nicht ahnt: Auch Heath fühlt sich schon lange zu ihr hingezogen - doch er hat ihrem Bruder versprochen, Stella niemals näherzukommen ...
A Second Chance for Christmas
Eva und Tobias waren auf dem College das Traumpaar. Doch ihre Liebe hatte nie eine echte Chance. Während es Eva in die weite Welt zog, fühlt sich Tobias in seiner kleinen Heimatstadt in Montana noch immer pudelwohl. Als Eva dorthin zurückkehrt, verbringen die beiden eine leidenschaftliche Nacht miteinander - die ihren endgültigen Abschied voneinander besiegeln soll. Doch wenige Wochen später steht Eva mit einem Geheimnis unter ihrem Herzen erneut vor Tobias‘ Tür ...
Versüße dir dein Weihnachtsfest mit diesem Buch - von der Autorin der Besteller-Romane Indigo Ridge, Jupiter Hill und Shield of Sparrows.
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Devney Perry ist eine USA TODAY Bestsellerautorin. Sie ist in Montana geboren und aufgewachsen und liebt es, Bücher zu schreiben, die in ihrer Heimat spielen. Nachdem sie fast ein Jahrzehnt lang in der Technologiebranche gearbeitet hat, gab sie Telefonkonferenzen und Projektpläne auf, um zu Hause mit ihrer Familie ein langsameres Tempo einzuschlagen. Dass sie ein Buch schreiben würde, geschweige denn mehrere, hätte sie nie erwartet. Aber jetzt, da sie ihre wahre Leidenschaft für das Schreiben von Liebesromanen entdeckt hat, hat sie nicht vor, jemals damit aufzuhören.
Für Natasha Madison.Für deine Ermutigung. Für dein Lachen.Für deine Liebe zu Weihnachten.
Natalie
»Sie ist ein Engel.«
»Sind sie das nicht alle?«, meinte ich trocken.
»Überhaupt nicht«, brummte meine Chefin ins Telefon. »Manche Kinder sind furchtbar.«
Ich kicherte. »Cathy, sag bloß ...«
»Natalie, ich weiß, du hast Urlaub, und du hast ihn dringend nötig, aber du bist als Einzige verfügbar. Du weißt, ich hasse es, einem Kunden abzusagen.«
Ich rümpfte die Nase. Cathy hasste es, einem Kunden abzusagen, und ich hasste es, Cathy abzusagen. Doch das war mein Urlaub, der erste seit einer Ewigkeit, und vor allem hatte ich ihn extra in die Weihnachtswoche gelegt.
Ich wollte einmal mit meiner eigenen Familie Weihnachten genießen, anstatt mich um eine andere zu kümmern.
Heute Morgen war ich in die Innenstadt gefahren, um mir im Main Street Overeasy ein deftiges Frühstück mit Eiern und Pancakes zu gönnen, und danach hatte ich noch auf die Schnelle ein paar Geschenke besorgen und mich an der Weihnachtsdekoration erfreuen wollen.
Goldene, rote und grüne Girlanden waren über die Straße gespannt und funkelten unter dem klaren blauen Himmel. Die Bäume hingen voll mit winzigen Lichtern, und der frisch gefallene Schnee glitzerte wunderschön. In den Schaufenstern wimmelte es von Weihnachtsmännern, Christbaumkugeln lagen zwischen kunstvoll eingepackten Geschenken. Die Sonne war hervorgekommen und kämpfte gegen die Winterkälte an. Das war der perfekte Auftakt für meinen Urlaub.
»Cathy, ich kann nicht.«
»Bitte«, bettelte sie. »Der Vater klang verzweifelt. Er ist nur während der Feiertage hier. Sicher ein Workaholic. Du sollst dich um seine Tochter kümmern, solange er arbeitet. Er hat auch eine Familien-Weihnachtsfeier erwähnt, aber ich sagte ihm, dass du nur tagsüber arbeitest. Seine bisherige Nanny hat ihn wohl gestern im Stich gelassen.«
»Ich dachte, das Mädchen ist ein Engel. Nannys lassen Engel nicht im Stich.«
»Er zahlt das Doppelte.«
Ich stöhnte. War ja klar, dass sie mich mit Geld locken würde. »Ich hätte dir nicht von Magdalena erzählen dürfen.«
Magdalena. Mein geliebter mintgrüner VW-Bus aus dem Jahre 1969. Vor drei Wochen war ihr Getriebe kaputtgegangen. Der Mechaniker hatte bei einem Online-Händler, der auf alte VW-Teile spezialisiert war, ein neues bestellt, aber mit den Frachtkosten kamen für mich über viertausend Dollar zusammen. Ich war Erzieherin, keine Millionärin.
»Und es ist nur für eine Woche?«, fragte ich.
»Ja. Eine Woche.«
»Hör auf zu grinsen. Ich habe bloß gefragt, nicht zugesagt.«
»Woher weißt du, dass ich grinse?«
Ich rollte mit den Augen. »Du grinst immer, wenn du deinen Willen kriegst.«
»Also ist das ein Ja?«
»Ja«, brummte ich. »Ich mach’s.«
»Ausgezeichnet! Danke. Die Woche wird bestimmt ein Kinderspiel.«
Cathys berühmte letzte Worte.
Sie wusste, dass mir langfristige Anstellungen lieber waren. Bei meinen letzten Auftraggebern war ich dreieinhalb Jahre geblieben. Die Scullys hatten sich als die beste Familie von ganz Bozeman erwiesen. Ihre Kinder waren tatsächlich Engel, eigens vom Himmel gesandt, um mich zu belohnen, weil ich nämlich diejenige war, auf die sich Cathy bei solchen Kinderspiel-Jobs verlassen konnte.
Die Jungs waren im vergangenen Jahr vierzehn und sechzehn geworden. Beide waren in der Schule im Football, Basketball und in Leichtathletik aktiv. Da der Ältere jetzt seinen Führerschein gemacht hatte und sie zur selben Schule gingen, wurde ich nicht mehr gebraucht, um sie von A nach B zu kutschieren.
Mein letzter Tag mit ihnen war gestern gewesen, und bei der Abschiedsumarmung hatte ich geweint wie ein Baby. Die Jungs hatten mich wegen meiner Heulerei gnadenlos aufgezogen und versprochen, jede Woche ein Selfie als Lebenszeichen zu posten.
Nach Neujahr sollte ich bei einer neuen Familie anfangen. Die Kinder waren fünf und neun. Wenn die Chemie zwischen uns stimmte, würde ich auf Jahre hinaus deren Nanny sein.
Kurze Jobs wie der, den Cathy mir gerade aufs Auge drückte, waren nicht mehr als bessere Babysitter-Gigs.
Aber für Magdalena war ich bereit, den Babysitter zu spielen.
»Schick mir die Details«, sagte ich.
»Okay. Du wirst um zehn erwartet. Also mach dich auf den Weg.«
»Zehn.« Ich blieb abrupt stehen. »Heute? Ich dachte, du lässt mir wenigstens einen freien Tag. Kann ich nicht morgen anfangen?«
»Äh ...«
»In drei Tagen ist Weihnachten. Ich habe noch nicht alle Geschenke.« Weil ich meine ersten Urlaubstage dafür vorgesehen habe. »Du machst mich fertig, Cath.«
»Die Mall hat bis abends um neun geöffnet.«
»Du weißt, ich hasse die Mall«, murrte ich.
Geschah mir recht, wenn ich das Geschenke-Kaufen erst auf den letzten Drücker erledigte. Jedes Jahr schwor ich mir, es diesmal eher hinzubekommen. Und jedes Jahr schob ich es vor mir her. So kurz vor Heiligabend war die Mall die absolute Hölle.
»Danke, Natalie. Auf dich kann ich mich immer verlassen.«
»Ich tue das nur für Magdalena ...«
Sie grinste wieder. Ich hörte geradezu, wie sich ihre Lippen zu den Ohren bewegten. »Du bist die Beste.«
»Dann solltest du mich zur Mitarbeiterin des Jahres küren.«
»Die warst du schon letztes Jahr. Alle werden denken, ich bevorzuge meine Lieblinge.«
»Weil ich eben dein Liebling bin und du mich bevorzugst.«
»Stimmt.«
»Bis dann.« Ich legte auf und sah auf die Uhr. Bis zehn Uhr blieben mir nur noch zwanzig Minuten.
Ich lief zurück zu dem Subaru meines Vaters, den ich auf einem Parkplatz an der Main abgestellt hatte. Er lieh ihn mir, solange Magdalena in der Werkstatt war.
Dad sagte immer, ich sei extrem loyal. Im Moment fand ich mich nur extrem rückgratlos. Wenn meine aktuelle Familie verreist war oder wenn ein Kunde über ein Wochenende zusätzliche Hilfe brauchte, dann war ich für kurze Engagements wie dieses Cathys erste Wahl. Und ich hatte bisher immer Ja gesagt.
Sie hatte meine Aufopferung verdient, weil sie mich im Laufe der Jahre gut behandelt und mir die angenehmsten Familien überlassen hatte – solche wie die Scullys.
Cathy leitete in Bozeman ihre eigene Nanny-Agentur, und da es für Eltern immer mehr Online-Anbieter gab, hielt sie ihr Geschäft am Leben, indem sie sich mit ihren Mitarbeiterinnen von anderen abhob. Wir waren nicht das Kaliber, das man in den Kleinanzeigen fand. Wir genossen einen einzigartigen Ruf und bekamen neue Kunden ausschließlich durch private Empfehlungen. Daher hasste sie es, einem Neukunden abzusagen.
Der Vater, der für seinen »Engel« dringend eine Feiertags-Nanny brauchte, hatte angesichts der Honorarverdoppelung wahrscheinlich nicht mit der Wimper gezuckt.
Magdalena, Schatz, das tue ich nur für dich.
Ich kam bei Dads Wagen an – War er ein Barney? Ein Barley? Was für ein Name würde zu ihm passen? – und sah mein Spiegelbild im Seitenfenster. Daraufhin zog ich mein Handy hervor und rief Cathy an.
»Wenn du einen Rückzieher machen willst, kommst du zu spät«, sagte sie sofort. »Ich habe den Vater schon zurückgerufen und dich angekündigt.«
»Nein, ich habe nur keine Zeit, um nach Hause zu fahren und mich umzuziehen. Gibt es einen Dresscode?«
»Das nicht, aber was hast du an?«
»Blauen Stehkragenpullover, zerrissene Jeans, Winterstiefel.« Ich war auf Shoppen eingestellt gewesen, nicht aufs Arbeiten. Die Scullys hatten mir nie vorgeschrieben, wie ich mich anziehen sollte, aber ich wäre auch nie in Jeans mit ausgefransten Knien bei ihnen aufgekreuzt. »Außerdem habe ich mir die Haare nicht gewaschen.«
»Ich bin mir sicher, das ist in Ordnung. Ich schreibe ihm kurz, dass wir dich aus deinem freien Tag herausgeholt haben. Wenn er besondere Anforderungen stellt, kann er dir das nachher sagen.«
»Okay. Bis dann.« Ich entriegelte den Subaru und stieg ein. Dabei summte Cathys Nachricht mit der Adresse rein. Ich speicherte sie, dann folgte ich dem Navi durch die Stadt.
Meine ganzen neunundzwanzig Jahre lebte ich schon in Bozeman, und für Cathy arbeitete ich seit dem Herbst nach meinem Highschool-Abschluss.
Als eine der schnell wachsenden Städte des County hatte sich Bozeman ständig verändert und sah nicht mehr aus wie zu meiner Schulzeit. Wo früher Ackerland war, standen jetzt Neubausiedlungen. Kaufhäuser verdrängten die kleinen Einzelhändler, und die Anzahl neuer Restaurants war gigantisch.
Das Navi führte mich an den Stadtrand, wo die Häuser mit jedem Kilometer größer wurden. In dieser hügeligen Landschaft waren die Grundstücke weitläufiger, und jede Einfahrt war mit einem Tor gesichert.
»Das Ziel befindet sich hundert Meter entfernt auf der linken Seite«, tönte das Navi über Bluetooth aus den Lautsprechern des Subaru.
Magdalena war zu alt für Bluetooth. Das – und die beheizbaren Ledersitze – würde ich vermissen, wenn Dad seinen Wagen wiederhaben wollte.
Ein Torbogen aus Holz ragte über der Einfahrt auf, das schwarze Metallgitter stand offen. Ich rollte vorsichtig eine schmale Allee entlang. Von dem Haus war kaum etwas zu sehen, bis ich um eine sanfte Kurve bog und da ... Wow!
»Oh Mann, ich hätte mir definitiv die Haare waschen sollen.«
Das war eine Ski-Lodge, kein Einfamilienhaus.
Mit der dunklen Holzverkleidung und den rot umrandeten Fenstern ragte das Haus so stolz und kühn auf wie die Berge dahinter. Die Haustür besaß in Augenhöhe ein buntes Glasfenster. Wo die meisten Veranden eine Standard-Außenlampe hatten, gab es hier zwei tolle Gaslaternen, deren Flammen sogar bei Tag flackerten.
In meinen Jahren als Nanny bei der Elite von Bozeman war ich schon in vielen schicken Häusern gewesen, aber dieses hier war der Gipfel. Es hätte mich nicht überrascht, wenn Kevin Costner aus der Tür gekommen wäre und mir befohlen hätte, von der Dutton Ranch zu verschwinden. Aber ich befand mich nicht in der Yellowstone-Serie, und da die Uhr auf dem Armaturenbrett zehn nach zehn anzeigte, war es höchste Zeit, zur Arbeit anzutreten.
Nachdem ich in der runden Auffahrt geparkt hatte, die vermutlich für Gäste gedacht war, schnappte ich meine Handtasche vom Beifahrersitz und prüfte den Sitz meiner Haare im Rückspiegel. Durch die Wellen, die ich gestern mit dem Lockenstab fabriziert hatte, sah mein Pferdeschwanz noch irgendwie ganz gut aus. Na ja, halbwegs.
Dem Mädchen wäre es egal, wie ich aussah, oder? Und der Vater, tja ... Er würde mit der Last-Minute-Natalie zurechtkommen müssen.
Ich stieg aus und eilte zur Haustür. Statt eines Klingeltons hörte ich eine bekannte Melodie.
War das ...?
We Wish You a Merry Christmas.
Ich kräuselte die Lippen. Der dämliche Song würde mir jetzt den ganzen verdammten Tag durch den Kopf dudeln.
Von drinnen näherten sich Schritte, und ich setzte mein schönstes Lächeln auf, um meinen neuen Arbeitgeber zu begrüßen.
Die Tür flog auf und ...
»Hi ... Oh!« Mein. Gott. Oh, mein Gott. Oh, mein Gott.
Ich hatte gerade Hi-oh gesagt wie die singenden Zwerge in Schneewittchen. Und ausgerechnet zu Maddox Holiday.
Dem Maddox Holiday. Aus dem hübschen Jungen, der früher meine Teenager-Fantasien beherrscht hatte, war ein Heilige-Scheiße-ist-der-heiß-Mann geworden.
Maddox Holiday.
Er war an der Bozeman High der beliebteste Junge und jedes Mädchen schamlos in ihn verknallt gewesen. Er war der reiche Dad, der von heute auf morgen eine Nanny brauchte?
Hätte ich mich vor meiner Zusage bloß genauer erkundigt. Und mir die Haare gewaschen.
»Hallo. Kommen Sie von Cathy Carons Agentur?«
»Ja. Hi.« Ich hatte es ohne das Oh geschafft. Schon besser. »Ich bin Natalie Buchanan.«
»Maddox Holiday.« Er bat mich herein und schloss die Tür. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Natalie.«
Moment. Freut mich, Sie kennenzulernen? Im Ernst?
Wir kannten uns längst.
Damals war ich sieben.
Ich ging an ihm vorbei und wünschte, hoffte, betete, in seinen hypnotischen blauen Augen einen Schimmer des Erkennens zu sehen. Nein ... nicht der geringste.
Der Mann hatte keine Ahnung, wer ich war.
Verdammt!
Maddox war drei Jahre älter als ich, sodass sich unsere Cliquen früher nicht mal überschnitten hatten. Aber immerhin waren wir viele Jahre auf derselben Schule gewesen. Sein Zwillingsbrüderpaar war so alt wie ich. Er sollte mich kennen.
Noch immer nichts.
Die Vierzehnjährige in mir war schwer geknickt. Ihr Traum, Maddox Holiday würde eines Tages erkennen, dass sie die Liebe seines Lebens war, zerstob wie Pulverschnee im Wind.
Was tat ich hier? Wann würde ich lernen, zu Cathy auch mal Nein zu sagen? Eine Woche lang würde Maddox Holiday praktisch mein Boss sein. Und der Mann wusste nicht mehr, dass ich damals in seiner Einfahrt vom Skateboard gefallen und mir das Knie aufgeschürft hatte.
»Danke, dass Sie so kurzfristig einspringen«, sagte er.
»Gern.« Ich wünschte, hoffte, betete.
Da tat sich nichts. Nada. Niente.
Computerlogbuch der Enterprise: Zweiundzwanzigster Dezember. Heute ist der niederschmetterndste Tag meines Lebens.
Sollte ich es einfach sagen? Wäre es danach seltsam zwischen uns? Wahrscheinlich.
Magdalena verließ sich darauf, dass ich sie aus der Werkstatt wieder abholte, also straffte ich die Schultern, setzte mein Nanny-Lächeln auf und tat, als stünde ich vor einem beliebigen Vater, der mich für die Betreuung seines Kindes bezahlte.
»Hat Cathy die Situation erklärt?«, fragte er.
»Eingehend.« Sie hatte nur seinen Namen ausgelassen, an den ich mich erinnert hätte. Vermutlich befanden sich alle Details zu dem Auftrag in meinem Posteingang. »Sie brauchen mich für eine Woche, richtig?«
»Eine Woche. Ihre Vorgängerin hat mich gestern sitzen lassen.« Er biss sichtlich gestresst die Zähne zusammen und – Wow! – seine Kinnpartie war wie gemeißelt.
Nur irgendein Vater. Er ist nur irgendein Vater.
Okay, vielleicht war er nicht ganz wie andere Väter. Keiner von denen, für die ich in den letzten Jahren gearbeitet hatte, sah so irre gut aus. Keiner hatte saphirblaue Augen. Keiner hatte diese tiefe, raue Stimme, die einem einen Schauder über den Rücken jagte.
Die Zeit war ganz klar auf seiner Seite gewesen.
Er war noch ein Stück gewachsen und einen halben Kopf größer als ich. Er war glatt rasiert und hatte seine dunkelbraunen Haare locker aus dem Gesicht gekämmt. In der Highschool waren sie kurz gewesen, aber hätte er damals diese Frisur gehabt, hätten manche Mädchen ihre Slips in seinen Spind geschmuggelt.
Hatten sie wahrscheinlich auch so.
Atmen, Natalie. Das ist nur Maddox-Megahot-Holiday. Konzentrier dich auf die Arbeit. Den Job. Das Kind. »Sie haben eine Tochter, richtig?«
»Ja. Violet.« Sein Blick wurde weich. »Sie ist sieben. Wir sind zu den Feiertagen hergekommen, um meine Eltern zu besuchen. Das ist ihr Haus. Daher fürchte ich, dass es keinen Moment lang ruhig sein wird.«
»Oh. Okay.« Die Riesenhütte gehörte Hannah und Keith? Ich wusste selbst nicht, wieso mich das überraschte. Die Holidays gehörten zu den erfolgreichsten Familien von Bozeman.
Hannah war Immobilienmaklerin und ihr Gesicht auf der Hälfte aller Zu-verkaufen-Schilder in der Stadt abgebildet. Ihr Immobilienbüro war das bekannteste und angesehenste im County, auch weil sie die schönsten Häuser anbot, die alle ihr Mann gebaut hatte.
Keith Holiday war der erfolgreichste Architekt der Gegend. Die Leute zahlten für ein Holiday-Haus deutlich mehr als gewöhnlich in der Gegend und wurden nie enttäuscht.
Keith hatte sein Haus sicher selbst entworfen. Zwar hatte ich bisher nur den Eingangsbereich gesehen, aber es war innen genauso beeindruckend und schön wie außen. Hoch über mir hing ein Kronleuchter, der im Tageslicht funkelte. Es gab jede Menge Fenster, durch die die Sonne hereinschien. Die Natursteinplatten unter meinen Stiefeln waren in einem hübschen Graublau gehalten.
Ich brauchte mich nicht zu überwinden, um eine Woche in dem Haus zu arbeiten.
Maddox und seine Brüder hatten früher in der Stadt zwei Blocks von uns entfernt gewohnt.
Heath und Tobias waren mit ihren Rädern auf dem Weg in den Park unseres Viertels an meinem Elternhaus vorbeigefahren.
Moment. Seine Brüder. Maddox mochte sich an mich nicht erinnern, aber Heath und Tobias würden mich sofort erkennen. Würden sie auch da sein?
»Ist alles okay?«, fragte Maddox.
»Hm?«
»Sie sehen besorgt aus.« Mit leicht zusammengekniffenen Augen musterte er mein Gesicht. »Wenn hier noch andere ständig ein- und ausgehen, wird das ein Problem?«
»Nein, gar nicht«, log ich lächelnd.
»Gut. Mir wäre es lieber gewesen, ich hätte die Woche frei gehabt, aber zurzeit laufen wichtige Dinge in meiner Firma. Ich werde hier arbeiten, oben im Büro, für den Fall, dass ich gebraucht werde. Aber bei den ständigen Telefonkonferenzen und E-Mails ...«
»... kann man nicht auch noch für eine Siebenjährige da sein.«
»Genau.« Er nickte. »Da brauche ich etwas Hilfe. Meine Eltern würden normalerweise einspringen und auf sie aufpassen, aber sie organisieren gerade die jährliche Party für Heiligabend. Außerdem arbeiten sie diese Woche auch. Ich möchte nicht, dass Violet von jedem weggeschickt wird und sich alleingelassen fühlt. Sie soll hier ein paar schöne Tage verleben.«
Das war nett von ihm. Andererseits war Maddox schon immer so nett gewesen. Deshalb hatten sich alle Mädchen in ihn verknallt. Sein gutes Aussehen hatte keinen arroganten Playboy aus ihm gemacht wie bei vielen anderen in seinen gesellschaftlichen Kreisen.
»Und Violets Mutter?«, fragte ich. Maddox hatte keine Frau erwähnt und trug keinen Ring an der linken Hand. »Wird sie hier sein?«
»Nein, ich bin geschieden. Sie ist in L. A.«
»Okay.« Alleinerziehender Vater. Der erwachsene Maddox wurde immer attraktiver.
»Violet kann Sie herumführen und Ihnen zeigen, wo was ist. Aber bitte: Fühlen Sie sich bei uns wie zu Hause.« Er sah mich einen Moment lang aufmerksam an, und mein Herz schlug einen Takt schneller.
Erinnerte er sich? Ja? Bitte?
»Violet ist wahrscheinlich in ihrem Zimmer.«
Oje. Dieser Mann verstand es, das Ego einer Frau zu vernichten. Nicht, dass ich ein Ego hatte. Streber, die auf Brettspiele standen und sonntags im Seniorenheim das Bingo leiteten, konnten sich kein Ego leisten.
Während Maddox früher als Quarterback das Football-Feld beherrschte und die schönste Cheerleaderin datete, verbrachte ich meine Freitagabende mit Babysitten in den Nachbarhäusern.
»Nochmals danke, dass Sie gekommen sind.« Er schenkte mir ein kleines Lächeln, das seine Augenwinkel kräuseln ließ.
Auch eine Verbesserung gegenüber dem Teenager von damals. Außer dass er trotz Lächelns und seiner rauen Attraktivität müde wirkte. Ich hatte diese Art Erschöpfung schon bei vielen Eltern gesehen, die eine Nanny engagierten. Meistens bei denen, die fordernde Jobs hatten und begriffen, dass sie nicht alles bewältigen konnten.
Ich war ihre Rettung.
»Gern geschehen. Es wird mir ein Vergnügen sein. Cathy sagt, die Kleine sei ein Engel.«
Kurz schaute er erschrocken. Das war so verräterisch wie die plötzliche Kündigung der vorigen Nanny. »Äh ... schauen wir mal, wo sie ist.«
Ich folgte ihm in den hinteren Teil des Hauses und tat mein Bestes, um nicht auf seinen festen Hintern zu starren, der in der besten Jeans steckte, die ich je gesehen hatte. Seine langen Beine bewegte er mit nonchalantem Selbstbewusstsein, wie die meisten attraktiven Männer. Brachte man ihnen das im College bei?
Maddox drehte mir den Kopf zu.
Ich riss mich sofort von dem Anblick los, vielleicht gerade noch rechtzeitig. Hoffentlich hatte er nicht gesehen, dass ich auf seinen Hintern glotzte. »Das ist ein schönes Haus.«
Geschmeidig, Natalie. Echt geschmeidig.
»Mein Vater hat es entworfen.«
Ich richtete meinen Blick auf die Architektur und weg von dem Mann. »Es ist fantastisch.«
Die Wände waren cremefarben. Die Holzbalken gaben den hohen, offenen Räumen Behaglichkeit. Die Fenster waren eine Attraktion für sich und boten eine herrliche Aussicht über das weitläufige verschneite Grundstück.
Maddox führte mich an einem Wohnzimmer mit mehreren einladenden Ledersofas vorbei. In dem gemauerten Kamin leuchtete die Glut. Dahinter führte eine ausladende Treppe mit einem edel wirkenden Geländer in den ersten Stock.
Als wir die Stufen hochgingen, schaute Maddox über die Schulter zu mir. »Ich gebe Ihnen gleich den Code für das Tor, für den Fall, dass es morgen früh geschlossen sein sollte.«
»Ich habe vor dem Haus geparkt. Ist das okay, oder soll ich mein Auto lieber woanders abstellen?«
»Das ist in Ordnung. Meine Mutter hat für diese Woche einen Koch beauftragt. Sie brauchen also für Violet nicht zu kochen. Wenn Sie eine bestimmte Diät befolgen, sagen Sie es ihm nur.«
»Keine, außer dass ich viel Gemüse esse. Das ist dieses Jahr mein Plätzchenersatz.«
Maddox gluckste, und sein breites Lächeln warf mich fast übers Geländer. Ebenmäßige weiße Zähne, volle Lippen, ein Grübchen. Das Grübchen war mir völlig entfallen.
Boss. Er ist mein Boss, Boss, Boss. Und deshalb starrte ich nur drei Stufen lang auf seinen Hintern und nicht fünf. Zu meiner Verteidigung: Er befand sich fast auf Augenhöhe.
Im ersten Stock war es genauso geschmackvoll wie im Parterre. Oben ging die Treppe in eine Galerie über, von der man das Wohnzimmer überblickte. Ein weicher Teppichboden dämpfte unsere Schritte.
Maddox blieb vor der dritten Tür stehen. »Violet?«
Ihr Zimmer war größer als mein Wohnzimmer. In der Mitte stand ein gemütliches weißes Bett mit einem Himmel aus Baumwollvoile. Die Spielzeugkiste an der Wand stand offen, auf dem Boden lagen überall Bücher und Stofftiere und ... War das eine Nerf-Gun?
Ausgezeichnet. Ich hatte mit Barbies gerechnet, aber Nerf-Guns waren viel besser. Nachdem ich jahrelang mit Jungen gespielt hatte, konnte ich mich als waschechte Scharfschützin bezeichnen.
»Violet«, rief Maddox.
Keine Antwort.
»Sie war eben noch hier.« Er runzelte die Stirn. »Violet, wenn du dich versteckst, komm bitte raus.«
Stille.
»Violet.« Er ging in das angrenzende Bad, kam sofort wieder heraus und spähte unter das Bett. »Vielleicht ist sie in die Küche gegangen.«
Ich folgte ihm auf den Flur. Kurz bevor wir das Wohnzimmer betraten, hallte ein Scheppern durchs Haus.
»Scheiße.« Maddox rannte den nächsten Flur hinunter.
Süßer Vanilleduft stieg mir in die Nase. Kuchen. Oder Plätzchen. Aber ich tippte auf Kuchen. Wenn es um süßes Gebäck ging, bezeichnete ich mich auch als Expertin.
Wir bogen um eine Ecke und standen in einer großen Küche, die manchen Restaurantchef vor Neid erblassen lassen würde. Vor der Kochinsel stand ein Mann im weißen Kittel – mit hochrotem Gesicht. Er wischte sich gerade einen Klumpen Schokoladenteig aus dem Nacken.
Seine Nasenlöcher bebten. Sein Blick war auf eine Siebenjährige gerichtet, die mitten im Raum stand.
Sie trug ein rotes Tutu und gleichfarbige Glitzerpantoffeln. In der einen Hand hielt sie den Holzlöffel, in der anderen ein Fleischmesser.
»Du musst Violet sein«, sagte ich.
Der Engel.
Maddox
»Hey.« Heath kam in mein Büro geschlendert. Ohne anzuklopfen.
Sah er nicht, dass ich telefonierte?
Ich hob den Zeigefinger, und er warf sich in einen Ledersessel in der Sitzecke.
»Melden Sie sich, wenn Sie mit dem Besitzer gesprochen haben«, sagte ich zu meinem Assistenten. »Ich bin bereit, einen Mietvertrag für sieben Jahre zu unterschreiben, aber lieber wären mir fünf. Drängen Sie darauf.«
»Werde ich tun.«
»Danke, John. Und frohe Weihnachten.«
»Ihnen auch, Maddox.«
Ich beendete das Telefonat und kniff mir in die Nasenwurzel. Die Kopfschmerzen hörten nicht auf, auch nicht nach zwei Aspirin und einer Karaffe Wasser. Sie pochten hinter meinen Schläfen, seit ich Violet in der Küche gefunden hatte.
Mit einem gottverdammten Fleischmesser.
Nach endlosen Telefonaten und pausenlosen Meetings hatten sie sich nur verschlimmert. Ich war nur selten in Montana und wollte ganz bestimmt nicht im Urlaub arbeiten. Doch manche Dinge mussten nun mal erledigt werden. Wenn ich tatsächlich herziehen wollte, gab es vorher jede Menge zu erledigen.
Ich war gerade mitten in der Entscheidung, wo und wann sich eine Unternehmensfiliale einrichten ließ. Die Angestellten, die für einen Umzug nach Montana offen gewesen waren, würden einen Platz zum Arbeiten brauchen. Und dann musste noch das Haus für Violet und mich gebaut werden.
Bald würde Montana für uns kein Urlaubsziel mehr sein. Wenn das alles geschafft war, wäre es unser Zuhause.
Und anstatt mich endlos mit Chatnachrichten und Anrufen zu stören, würden mich meine Brüder dann persönlich aus der Arbeit reißen können.
»Was willst du?«, blaffte ich Heath an.
»Hey, wo bleibt die Weihnachtsstimmung?«
Ich schoss ihm einen bösen Blick zu. »Im Ernst. Ich muss bis heute Abend noch tausend Dinge erledigen. Sag, was du willst.«
»Hast du ihn gefragt?« Tobias kam mit einem Stapel Plätzchen in der Hand hereingeschlendert. Auch, ohne anzuklopfen.
»Gib mir eins.«
»Sag bitte.«
»Bitte.« Ich schnippte mit den Fingern. »Sofort.«
»Mann, hast du ’ne Laune.«
Tobias kam zum Schreibtisch und gab mir einen Chocolate Crinkle.
»Ich habe Kopfschmerzen, und der Tag ist eine Katastrophe.« Ich seufzte und biss von dem Plätzchen ab, weil ich hoffte, der Zucker würde mich positiv stimmen. War es zu früh für einen Drink? Ein Uhr war ... na ja ... ein Uhr. Theoretisch hatte ich Urlaub.
»Was ist los?«, fragte Heath.
»Es ist wahnsinnig schwer, Büroräume zu finden, die groß und schön genug sind, und einen Vermieter, der mich nicht ausnehmen will, nachdem er mein Vermögen gegoogelt hat. Als ob ich bereit wäre, in Montana Mieten wie in L. A. zu zahlen.«
Die ersten Anbieter hatte ich noch selbst kontaktiert, die Aufgabe aber an John delegiert, nachdem der dritte einen exorbitanten Preis aufgerufen hatte.
»Die Nanny aus L. A. hat beschlossen zu kündigen und sich eine schöne Urlaubswoche zu gönnen, nachdem ich sie in meinem Flugzeug mitgenommen hatte. Ach, und heute Morgen fand ich meine Tochter in der Küche mit einem Fleischmesser in der Hand.«
»Deshalb sind wir hier.« Tobias fläzte sich neben Heath in den anderen Ledersessel.
Bei dem Blick, den die beiden wechselten, richtete ich mich auf.
»Was?«
»Wann hast du Natalie Buchanan angeheuert?«
Ich sah ihn groß an. »Die Nanny?«
»Ich sag doch, er hat sie nicht erkannt.« Heath klaute sich von Tobias ein Ingwerplätzchen und stopfte es sich in den Mund. »Natalie Buchanan. Sie war in unserer Klasse. Nett, aber irgendwie nerdy.«
Sie war mir vage bekannt vorgekommen – mit ihren faszinierend blauen Augen. Aber ich war zu sehr auf ihre langen, schlanken Beine konzentriert gewesen, um ihr Gesicht einzuordnen.
»Jetzt ist sie definitiv nicht mehr nerdy«, meinte Tobias. »Ich habe sie eine Ewigkeit nicht gesehen. Sie sieht gut aus.«
Gut konnte man es nennen. Schön wäre treffender. Doch sie war bei mir angestellt, und deshalb verbot es sich, das laut zu sagen.
»Lasst sie in Ruhe«, befahl ich. »Sie ist hier, um auf Violet aufzupassen. Mir bleibt keine andere Möglichkeit. Wenn ihr eure Nichte also nicht selbst bespaßen wollt, dann lasst Natalie ungestört ihre Arbeit tun.«
»Auf Violet aufpassen? Um Gottes willen.« Heath schoss aus seinem Sessel und verschwand so plötzlich, wie er gekommen war.
»Was sollte das denn heißen?«
Tobias sah auf den Boden. Dann machte auch er sich hastig aus dem Staub.
Violet war nicht einfach zu handhaben. Sie war auch kein typisches Mädchen, das mit einem Puppenhaus und Barbies spielte und Make-up ausprobierte. Falls Siebenjährige das schon taten. Ich hatte keine Erfahrung mit anderen Kindern.
Daher die Nannys.
Und wir hatten schon verdammt viele gehabt.
Nicht mal gelernte Erzieherinnen waren mit meiner Tochter fertiggeworden. Wenn Natalie die ganze Woche durchhielt, wäre ich schwer beeindruckt.
Im vergangenen Jahr waren es zweiunddreißig Nannys gewesen. Eine hielt es sogar sieben Wochen lang bei uns aus, wahrscheinlich weil ich ihre Aufgaben erheblich reduziert hatte. Sie musste Violet lediglich zur Schule fahren, sie am Nachmittag abholen und dann drei Stunden mit ihr verbringen, bis ich um sechs nach Hause kam. Offenbar waren drei Stunden zu viel gewesen, denn als sie gekündigt hatte, hatte sie mir zwanzig Minuten lang aufgezählt, was mit meiner Tochter nicht stimmte.
Verzogen, renitent, bösartig ...
Von zweiunddreißig Erzieherinnen hatte keine einzige Freude daran gehabt, meine Tochter zu betreuen. Das war wie ein Stoß ins Herz gewesen. Mit dem gottverdammten Fleischmesser.
Violet war ... schwierig. Die Scheidung machte ihr zu schaffen. Sie probierte sich ständig aus, ging über sämtliche Grenzen und benahm sich selten mal normal. Ich war nicht blind für ihre Eskapaden. Ich wusste nur nicht, wie ich sie davon abbringen sollte.
Hoffentlich würde sich der Umzug nach Montana positiv auswirken.
Aber noch wohnten wir hier nicht. Und im Moment wollte ich einfach nur Weihnachten unbeschadet überstehen. Mit etwas Glück würde Natalie es mit Violet aushalten, wenigstens bis die Heiligabend-Party vorbei war. Danach hätte Mom mehr Zeit und könnte einspringen. Wenn Natalie nur bis heute Abend durchhielt, wäre ich auch schon froh.
Wahrscheinlich würde sie kündigen.
Natalie Buchanan.
Ha. Aus dem Zusammenhang gerissen war ihr Name wie jeder andere für mich gewesen. Sie war die Nanny der Agentur, mehr nicht. Ich wandte mich lieber an solch eine Vermittlung, weil sie die nötigen Backgroundchecks durchführten und die Betreuerinnen durchleuchteten, bevor sie in mein Haus kamen, und nach zweiunddreißig Nannys klang ein Name wie der andere.
Doch nun, da Heath und Tobias mir gesagt hatten, wer sie war, kam ich mir blöd vor, weil ich nicht geschaltet hatte. Warum hatte sie nichts gesagt?
Ich löste mich vom Schreibtisch, obwohl ich keine Zeit für etwas anderes hatte, und nahm mir zwei Minuten. Mom bewahrte alle Jahrbücher in diesem Arbeitszimmer auf. Sie standen in Reih und Glied auf dem untersten Regalbrett. Ich zog das von meiner Abschlussklasse heraus und nahm es zum Schreibtisch mit.
Der Buchrücken knackte, als ich es aufschlug. Die Seiten brachten mir den Geruch von Footballfeldern und Poolpartys und die Vorfreude auf die Zukunft zurück. Während ich sie überflog, erlaubte ich mir, wieder achtzehn zu sein. Ich vergaß die Bürde des alleinerziehenden Vaters und verschwand in die Zeit, als meine größte Sorge das wöchentliche Spiel und die nächste Matheprüfung war.
Die Seiten klebten aneinander wie magnetisiert und ließen sich nicht gut umblättern. Mein dümmliches Lächeln wurde breiter, je länger ich die Gruppenfotos und Clubaktivitäten betrachtete.
Und da war sie. Stand in der hintersten Reihe der zehnköpfigen Schwimmmannschaft. Natalie Buchanan.
Ja, ich hätte sie definitiv erkennen müssen. Sie war jetzt eine erwachsene Frau, aber ihre blonden Haare sahen noch genauso aus – und auch ihre Augen. Das schöne Blau stach aus den Fotos heraus wie die winzige Lichterkette in dem Mini-Christbaum in meinem Schlafzimmer.
In jedem Raum stand so einer, alle verschieden geschmückt und beleuchtet. Mom würde einen Monat brauchen, um den ganzen Weihnachtskram wieder wegzupacken. Jedes Jahr fluchte sie und schwor sich, nächstes Mal keinen solchen Aufwand zu betreiben, aber immer nach Thanksgiving schickte sie mir nach und nach Fotos von ihren Bäumen, sobald wieder einer fertig war.
Wenn ich heute Abend im Bett lag, würde ich bei den blauen Lichtern in dem Bäumchen unweigerlich an Natalie denken.
Dabei war sie die Letzte, an die ich im Bett denken sollte.
Natalie Buchanan.
Verdammt, sie sah wirklich gut aus. Als Teenager war sie niedlich gewesen. Und jetzt war sie eine Klassefrau. Ich sah mir ihr Lächeln noch mal auf dem Mannschaftsfoto an, dann blätterte ich zu den Zehntklässlern und fand ihr Porträt.
Sie trug einen schwarzen Rollkragenpulli, also das genaue Gegenteil von dem, was die Mädchen angezogen hatten, die ich damals datete. Die hatten allesamt die Grenzen der Kleidungsvorschriften ausgereizt, bis sie ins Direktorenzimmer zitiert worden waren.
Auf diesem Foto hatte Natalie eine andere Frisur als bei der Mannschaftsaufnahme. Ihr Pony hing bis über die Augenbrauen und war schnurgerade. Sie lächelte unsicher und kniff die Augen zusammen.
Diese Schulfotografen! Sie hatten wirklich das Talent, die ganze Unsicherheit eines Teenagers sichtbar zu machen.
Mein Telefon klingelte und zog mich von dem Jahrbuch weg. Ich legte es beiseite, steckte mir die Ohrhörer rein und vertiefte mich wieder in die Arbeit.
Die nächsten Stunden rief ich nacheinander meine Mitarbeiter an und bombardierte sie mit Anweisungen, weil ich hoffte, in dieser Woche einen Tag freinehmen zu können, wenn ich nur genug delegierte. Oder wenigstens nicht die Abende mit E-Mails verbringen zu müssen.
Meine Mutter würde mich mit der blauen Lichterkette fesseln und zum Abendessen abführen, wenn ich nicht von selbst kam. Nicht nur, weil Violet ein schwieriger Esser war, sondern weil ich meine Eltern in den letzten sieben Jahren zu selten gesehen hatte. Wenn wir erst mal hier wohnten, würden wir die verlorene Zeit nachholen.
Für uns alle. Meine Eltern und meine Brüder hatten mir gefehlt. Und ich wünschte mir ein innigeres Verhältnis zwischen ihnen und meiner Tochter.
Doch zuerst musste ich für einen Platz zum Leben sorgen.
Gestern hatte ich für ein Grundstück außerhalb der Stadt ein Angebot abgegeben. Es war fünfzig Morgen groß, was mir viel Abstand zu den Nachbarn und Violet viel Raum zum Herumstreifen schenkte. Zu dem Grundstück gehörte ein Teich, und man gelangte von dort zu einem einsamen Wanderweg, der in die Berge führte.
Obwohl es tief verschneit gewesen war, hatte es mich sofort begeistert.
Dad und ich waren gestern lange aufgeblieben und hatten die Raumaufteilung erörtert. Sobald das Grundstück mir gehörte, würde er ein paar Strippen ziehen und jemanden mit der Erschließung beauftragen.
»Was haben sie gesagt?«, fragte ich meine Immobilienmaklerin. Das war heute unser zweites Telefonat.
»Sie wollen im Preis nicht runtergehen.«
»Natürlich nicht«, brummte ich.
Wahrscheinlich blinkten bei denen die Dollarzeichen in den Augen, sobald sie meinen Namen hörten. Aber ich war nicht Milliardär geworden, um mir von anderen unfaire Preise diktieren zu lassen. »Dann schärfen Sie dem Makler ein, dass das ein Barzahlungsangebot ist, das nur kurze Zeit gilt. Wenn sie wegen irgendetwas kleinlich werden, ist es vom Tisch. Es gibt viele freie Grundstücke im Gallantin Valley.«
Auch wenn ich auf genau dieses scharf war.
»In Ordnung«, sagte sie. »Das ist ein geschickter Schachzug, Maddox. Wirklich brillant.«
Ich rollte die Augen. Sie arbeitete für Moms Firma und schleimte sich ständig bei mir ein. Aber sie war engagiert, und daher ließ ich ihr die übertriebenen Komplimente durchgehen. Wenn der süßliche Ton nicht wäre, hätte mich das Kompliment wahrscheinlich nicht gestört. Daran war ich gewöhnt.
Cece hatte diese Art im Laufe der Jahre perfektioniert. Sie würde noch in dem süßen Ton mit mir reden, wenn sie eine Handgranate auf meinen Schoß warf.
»Mailen Sie mir eine Liste mit anderen Grundstücken, nur für alle Fälle.«
»Natürlich.«
»Danke.« Ich legte auf und nahm die Ohrhörer raus.
Mir knurrte der Magen, und die Plätzchen lockten.
Zeit für eine Pause. Ich fasste mir in den Nacken und versuchte, die Verhärtung auszustreichen, die sich dort festzusetzen schien, dann nahm ich das Jahrbuch und stellte es ins Regal zurück. Doch ehe ich hinausging, siegte meine Neugier. Ich zog das Abschlussjahrbuch meiner Brüder heraus und blätterte darin herum.
Und da war sie wieder auf einem Foto der Schwimmmannschaft.
Natalies Pony war irgendwann zwischen der neunten Klasse und dem Abschlussjahr verschwunden. Sie stand wieder in der letzten Reihe und zwischen den Jungs. Mir war schon vorher aufgefallen, dass sie die anderen Mädchen überragte.
Ich war eins einundneunzig groß, und die meisten Frauen, die ich kannte, mussten den Kopf zurückbiegen, um mir in die Augen zu sehen. Natalie nicht.
Auf diesem Foto trug sie einen schlichten Einteiler. Auf dem Mannschaftsfoto der neunten Klasse waren sie alle in Trainingshosen und Hoodies zu sehen. Aber dieser Badeanzug ...
Jetzt fiel es mir wieder ein.
»Verdammt.« Ich lachte leise. Ja, ich erinnerte mich an Natalie.
Während der Highschool-Zeit war ich selten mal am Schwimmbecken gewesen, aber im Abschlussjahr war der normale Eingang zu den Umkleiden ein paar Wochen lang versperrt gewesen. Vor dem Footballtraining hatten wir immer den Hallenbadeingang nehmen müssen.
Einmal, als ich da durchgegangen war, war Natalie im Becken gewesen. Sie hatte sich aus dem Wasser und über den Beckenrand geschwungen. Kein siebzehnjähriger Junge hätte weggeguckt.
Schlanke Beine, volle Brüste, abstehende Nippel von der kalten Luft. Sie hatte eine schwarze Badehaube aufgehabt, vermutlich damit ihre blonden Haare von dem Chlor keinen Grünstich bekamen. Wieso ich mich an die Badekappe erinnerte, wusste ich nicht. Vielleicht weil die normalerweise doof aussahen. Aber bei ihr nicht. Sie sah heiß aus.
Und nun war sie bei mir angestellt.
Ich knallte das Buch zu und schob es in seine Regallücke. Dann kniff ich die Augen fest zu, um das Bild der halb nackten Natalie – meiner neuen Nanny – aus meinem Kopf zu löschen.
Angestellte. Waren. Tabu.
Und gerade jetzt durfte ich mir von einer Frau nicht den Kopf verdrehen lassen. Cece machte mir schon genug Kopfschmerzen.
»Hey.« Heath kam ins Büro – wieder, ohne anzuklopfen. »Was tust du? Du hast sie im Jahrbuch gesucht, stimmt’s?«
»Ja.« Ich kam aus der Hocke hoch und ging vom Regal weg. »Und du?«
Er zuckte mit einer Schulter. »Heute gar nichts.«
»Hast du nicht zu arbeiten?«
»Ich habe Urlaub. URLAUB. Schon mal gehört?«
»Vage.« Ich seufzte und setzte mich in einen der Ledersessel.
Heath ließ sich neben mir nieder und trank aus dem Kaffeebecher, den er mitgebracht hatte. »Der Koch hat Tom & Jerrys gemacht.«
»Später. Hab noch zu arbeiten.« In der Hosentasche vibrierte mein Handy. Ich nahm es heraus. Eine Nachricht von der Maklerin. Die Verkäufer hatten mein Gebot auf das Grundstück akzeptiert. »Wie es aussieht, besitze ich jetzt Land in Montana.«
»Schön. Das mit dem Teich?«
»Ja. Es kostet ein Vermögen.«
»Du kannst es dir leisten. Dad und ich haben uns heute unterhalten. Ich werde den Bau deines Hauses übernehmen, wenn das für dich okay ist.«
Ich nickte. »Aber klar.«
Heath und Tobias arbeiteten in der Firma unseres Vaters. Heath als Bauleiter, Tobias als Architekt. Die Zwillinge hatten das Design- und Managementtalent von ihm geerbt, und irgendwann würde Holiday Homes ihnen gehören.
»Mom hat vorhin was über Cece erzählt«, sagte er.
Ich stöhnte. »Oh Mann. Was ist es diesmal?«
Meine Mutter verabscheute meine Ex-Frau und zeigte das offen, außer vor Violet.
»Cece hat Strand-Selfies auf Instagram gepostet.«
»Typisch.« Ich hatte aufhören müssen, ihr zu folgen, denn wenn ich sah, wie sie mit meinem Geld durch die Welt reiste und dafür Wochenenden mit Violet sausen ließ, kamen mir Mordgedanken.
Auch das machte den Umzug nach Montana so reizvoll: der große Abstand zu Cece. Bozeman war Tausende Kilometer von L. A. entfernt.
Nach der Scheidung vor drei Jahren war ich in Kalifornien geblieben, teils wegen der Firma, teils weil ich gehofft hatte, Cece würde ihrer Tochter vielleicht doch noch eine Mutter sein wollen. Doch das war eine reine Illusion gewesen.
Cece liebte nur Cece und sonst niemanden.
Violet brauchte mehr als mich und ständig neue Nannys. Sie brauchte eine Familie. Meine Familie. Sie brauchte die beständige Liebe von Großeltern. Die Neckereien und das Herumbalgen mit meinen Brüdern.
Mom und Dad waren im siebten Himmel, weil wir in ihre Nähe ziehen würden. Meine Brüder fremdelten noch mit Violet, aber sie würden sich mit der Zeit anfreunden. Wenn ich Violet allein großziehen musste, dann am besten in Montana, und Cece konnte nichts dagegen tun. Nicht mehr.
Die Scheidungsvereinbarung war ihr wichtiger gewesen als unsere Tochter. Wir hatten jung geheiratet, zwei Monate nach meinem Collegeabschluss. Als ich meine Absicht damals in der Familie bekannt gab, nahm Dad mich beiseite und bat mich, mit Cece einen Ehevertrag zu schließen. Zum Glück hörte ich auf ihn. Wenn Keith Maddox einen Rat gab, war es klug, ihn anzunehmen. Vielleicht war ihm klar, dass ich ein Erfolgsmensch war. Vielleicht hat er Ceces wahren Charakter erkannt. Oder beides. Wie auch immer, wir hatten den Vertrag vor unserer Hochzeit aufsetzen lassen. Cece gefiel das nicht, doch sie hatte unterschrieben – woran mein Anwalt sie während der Scheidungsverhandlungen erinnern musste. Ich hatte Milliarden verdient, und sie sollte davon keinen Penny in die Finger bekommen.
Der Ehevertrag verhinderte das letztendlich nicht, denn sie hatte ein Druckmittel. Violet.
Was eine problemlose Scheidung hätte werden sollen, entwickelte sich zu einem langen quälenden Streit, weil ich mich weigerte, ihr einen Teil des Sorgerechts zu überlassen. Cece war Violet bestenfalls eine Teilzeitmutter gewesen. Dabei hatte sie Hilfe von Nannys, Köchen und Reinigungskräften gehabt. Sie war nicht fähig oder nicht willens, unser Kind zu versorgen.
Am Ende hat sie gewonnen.
Ich erklärte mich bereit, ihr eine Riesensumme zu zahlen, wenn sie mir das volle Sorgerecht überließ.
Von dem Moment an verlief die Scheidung reibungslos. Sobald die Papiere unterschrieben waren, sagte ich meiner Frau Lebewohl. Und Violet hatte ihre Mutter verschwinden sehen.
Die Nannys konnten sie nicht ersetzen. Das war mir klar. Die waren nur ein Pflaster auf einer klaffenden Wunde, und es war Zeit, anderweitig für Heilung zu sorgen.
Montana würde dazu beitragen.
»Freut sich Violet auf den Umzug?«, fragte Heath.
»Das nicht gerade. Sie ist sauer, weil sie sich neue Freunde suchen und auf eine neue Schule gehen muss. Ehrlich gesagt kann ich ihr das nicht verdenken. Aber jedes Mal, wenn Cece sie hängen lässt, wird es schlimmer. Wir müssen aus L. A. weg.«
»Sie wird sich hier einleben. Sie geht erst in die zweite Klasse.«
»Verklickere ihr das mal.«
»Ha. Lieber nicht. Nichts für ungut, Maddox, aber deine Kleine jagt mir Angst ein.«
Ich schmunzelte. »Als ich Natalie durchs Haus führte, war Violet in der Küche. Meine Tochter hatte ›aus Versehen‹ eine Schüssel mit Kuchenteig auf den Boden geworfen und sich das Fleischmesser genommen, um sich ein Stück Apfelkuchen abzuschneiden.«
»Es überrascht mich, dass Natalie nicht sofort das Weite gesucht hat.«
»Mich auch«, gab ich zu.
Stattdessen war sie seelenruhig und lächelnd zu Violet gegangen und hatte ihr das Messer aus der Hand genommen, während der Koch wegen des Kuchenteigs schimpfte und ich sprachlos dabeistand.
»Das ist meine Schuld«, sagte ich zu Heath. »Ich bin ein mieser Vater.«
»Du hast viel um die Ohren.«
»Zu viel.« Ich konnte nicht meine Firma in L. A. leiten und gleichzeitig rund um die Uhr der Vater sein, den Violet bräuchte. Es war Zeit, Verantwortung an mein Personal abzugeben. Meine Leute konnten das handeln.
Die Angestellten, die nach Montana mitgehen würden, waren meine besten. Jeder würde einen Umzugsbonus bekommen und eine Gehaltserhöhung. Sie würde mir einige Aufgaben abnehmen müssen, das hatte ich schon angekündigt, doch sie waren äußerst fähige Mitarbeiter.
Violet brauchte mich mehr als Madcast.
Aber nach den Feiertagen würden wir zunächst noch nach L. A. zurückfliegen müssen. Ich hatte dort schon eine neue Nanny gebucht. Hoffentlich würde meine lebhafte Tochter sie nicht sofort in die Flucht schlagen. Wenn wir erst mal in Bozeman wohnten, würde ich auf fremde Hilfe verzichten. Vielleicht sollten wir zur Abwechslung mal nur zu zweit sein – abgesehen von einem Koch, denn in der Küche war ich nutzlos.
»Vielleicht nehme ich doch einen Tom & Jerry. Schmeckt er?«, fragte ich meinen Bruder.
Statt einer Antwort gab er mir seinen Becher.
Ich trank einen Schluck und hustete von der Schärfe. »Verdammt. Der hat es in sich.«
»Ich habe mir für heute Nacht schon eins der Gästezimmer reserviert. Nach zwei, drei Bechern von dem Zeug kann ich nicht mehr fahren.«
Ich stand auf, um in die Küche zu gehen und mir einen Cocktail und Plätzchen zu holen, als wieder ein lauter Schlag durchs Haus schallte.
Heath sprang auf.
Ich war wie erstarrt und wartete auf das Unvermeidliche. Einen Aufschrei. Eine Schimpfkanonade.
Nichts dergleichen passierte.
Es war unheimlich still, und das erschreckte mich umso mehr.
»Äh ...« Heath sah mich an.
Ich rannte mit Heath auf den Fersen aus dem Büro und spurtete die Galerie entlang, von der man ins Wohnzimmer sehen konnte.
Und da war sie.
Meine Tochter.
Violet stand auf dem Sofatisch. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Wütend kniff sie die Lippen zusammen, und der drohende Blick, den ich bei ihr sah, würde hoffentlich die Jungs abschrecken, wenn sie sechzehn war.
Im Moment war er aber noch auf die neue Nanny gerichtet.
Natalies blondes Haar und ihr blauer Pulli waren tropfnass. Vor ihren Füßen lagen die Scherben der weißen Vase und zwei Dutzend Rosen.
Ich brauchte nicht zu fragen, was vorgefallen war. Jede Wette, dass Violet sie ihr »aus Versehen« an den Kopf geworfen hatte.
»Violet«, sagte ich streng.
Ihr Blick schnellte zu mir hoch. Der wütende Gesichtsausdruck blieb. Sie hatte nicht mal ein schlechtes Gewissen.
»Siehst du? Sie ist furchterregend«, flüsterte Heath und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Ich werde mein Zimmer heute Nacht abschließen.«
»Du bist nicht hilfreich.« Ich schob seine Hand weg und stürmte die Treppe hinunter. Ich hätte nicht sagen können, was stärker war, meine Verlegenheit oder mein Zorn. Am Ende überwog die Peinlichkeit.
»Dad ...«
»Mit dir spreche ich später«, unterbrach ich sie und wandte mich Natalie zu. »Das tut mir sehr leid. Ich zahle das Honorar für die ganze Woche. Ich werde die Agentur anrufen und klarmachen, dass es nicht an dir lag, wieso das nicht geklappt hat.«
Natalie, die währenddessen nur meine Tochter angesehen hatte, drehte schließlich den Kopf zu mir. Ihre blauen Augen blickten mich an, und mir blieb die Luft weg. Nicht weil sie atemberaubend schön war, sondern wegen ihres Lächelns.
Es war ein böses Lächeln. Eins, das Rache versprach.
Da lächelte ein Wolf im sexy Körper einer Nanny. Sie zog die Brauen hoch. »Oh, ich habe nicht vor zu kündigen.«
»Nicht?«
»Nö.« Natalies böser Blick maß sich mit Violets, und zwischen ihnen waren die Fronten klar.
Natalie griff an den Saum ihres nassen Pullovers und zog ihn sich über den Kopf. Darunter trug sie ein dünnes weißes Trägerhemd, das sich an ihre Brüste und den flachen Bauch schmiegte. Es saß so hauteng wie der nasse Badeanzug damals, als sie aus dem Becken gestiegen war.
»Violet und ich lernen uns gerade nur besser kennen. Nicht wahr, Violet?«
Ehe meine Tochter antworten konnte, raffte Natalie den Pulli zu einem Strang zusammen. Dann hob sie die Arme und wrang ihn aus.
Über dem Kopf meiner Tochter.
Natalie
»Wie ist es gestern gelaufen?«, fragte Cathy. Ihre Stimme dröhnte im Subaru aus den Lautsprechern.
»Super«, log ich. »Sie ist ein Schatz.«
Violet war eine Tutu-tragende Terrorzicke, aber auf keinen Fall ließ ich mich von einer Siebenjährigen unterkriegen.
Das kleine Miststück.
Violet und ich waren gestern Abend als Kriegsgegner auseinandergegangen.
Es verblüffte mich, wie viel Kraft sie hatte. Sie hatte eine schwere Vase voller Wasser genommen und »versehentlich« nach mir geworfen. Es war ein Wunder, dass ich keinen Dorn ins Auge bekommen hatte.
Gestern hatte sie mich besiegt. Den Punkt gab ich ihr. Aber heute kam ich vorbereitet. Das hieß ... sofern mir erlaubt wurde, sie wieder zu betreuen. Maddox könnte mich wegschicken, und ich fände es zwar sehr schade, ihn nicht wiederzusehen, wäre aber auch nicht am Boden zerstört. Ich würde eine andere Möglichkeit finden, um Magdalenas Reparatur zu bezahlen.
Nach dem Rosenvorfall gestern hatte er mich angestarrt, als hätte er den Geist der Weihnacht gesehen. Sofort nachdem ich meinen Pulli über Violet ausgewrungen hatte, stampfte sie wütend die Treppe hoch. Ich rang mir ein höfliches Lächeln für Maddox ab, während mir sehr bewusst war, dass mein weißes Unterhemd nichts der Fantasie überließ, dann folgte ich seiner Tochter mit dem nassen Pulli in der Hand nach oben.
Als es fünf Uhr wurde, fand er uns an dem kleinen Tisch in Violets Zimmer. Sie malte einen Weihnachtsmann in einem Malbuch aus und setzte die Wachsstifte so grimmig auf, dass ihr schon alle roten durchgebrochen waren.
Maddox bot an, mich zur Tür zu bringen, aber ich sagte, ich fände allein hinaus. Nach einem zuckersüßen Abschiedsgruß an Violet flüchtete ich in mein behagliches Heim, wo ich zwei Mal Kevin allein zu Haus gucken musste, um bessere Laune zu kriegen. Für den Fall, dass ich heute gefeuert wurde, hatte ich mir schon Der Polarexpress und eine Packung Eis besorgt.
»Hast du was von Mr. Holiday gehört?«, fragte ich. Zum Beispiel, dass mir der Kragen geplatzt ist und ich seine Tochter mit Blumenwasser übergossen habe?
»Äh, nein. Sollte ich?«
»Nö«, sagte ich allzu fröhlich. »Alles gut.«
»Danke noch mal, dass du einspringst. Ich bin morgen und Samstag verreist, aber du hast ja meine Handynummer, falls irgendwas sein sollte.«
»Klar. Fröhliche Weihnachten.
»Fröhliche Weihnachten.«
Ich legte auf und bog kurz darauf in die Privatstraße der Holidays ein. Das Haus beeindruckte mich heute noch genauso wie gestern, und als ich in der Auffahrt parkte, nahm ich mir einen Moment, um die Details zu bewundern, die mir zuvor entgangen waren. Die kupferne Dachrinne. Das Schnitzwerk an den Giebeln. Die Auffahrt – die anscheinend beheizt war, denn der Schnee war darauf geschmolzen, und von den schwarzen Steinplatten stieg Dampf auf.
Wie wäre es wohl, so viel Geld zu haben? Ich zweifelte daran, ob ich das je erfahren würde, und das war okay für mich. Ich war in einem normalen Einfamilienhaus mit drei Schlafzimmern und zwei Bädern aufgewachsen, in dem sehr geliebt und viel gelacht wurde. Davon konnte man ein Leben lang zehren, und insofern war ich eine reiche Frau.
Nicht dass das Anwesen der Holidays nicht auch voller Liebe war. Gestern war ich Heath und Tobias begegnet. Da sie im florierenden Bozeman in anderen Kreisen verkehrten als ich, hatte ich sie seit Jahren nicht gesehen.
Aus den schlaksigen Jungs der Highschool-Zeit waren unglaublich gut aussehende Männer geworden, auch wenn ich sie nicht so attraktiv fand wie ihren älteren Bruder.
Ich stieg aus dem Wagen und vermisste die Sitzheizung sofort. Barney-Barley wuchs mir mit seinem modernen Komfort ans Herz.
Ich liebe dich noch wie am ersten Tag, Magdalena. Werde ich immer. Aber ...
Mein Atem stieg weiß vor mir auf, als ich die Hecktür öffnete und meine Einkaufstasche heraushob. Der Reißverschluss spannte an den Nähten. Heute Morgen hatte ich mein gesamtes Arsenal eingepackt.
Zeig, was du kannst, Violet.
Ich straffte die Schultern und ging auf die Veranda zu. Gerade als ich klingeln wollte, schwang die schwere Nussbaumtür auf, und da stand er.
Hallo, Maddox Holiday.
Verdammt, er war umwerfend.
»Morgen«, grüßte er.
»Morgen. Bin ich gefeuert?«
Das strahlend weiße Lächeln und das Grübchen erschienen. Der Chor, der sich um diese Jahreszeit in einer Ecke meines Kopfes drängte, tönte »Halleluja«.
»Ehrlich gesagt bin ich ein bisschen geschockt.« Er hielt mir die Tür auf, und ich betrat das Haus.
»Also berät die Jury noch über meine Entlassung?« Ich stellte meine Einkaufstasche ab, zog mir den Mantel aus und hängte ihn an einen Haken.
»Nein, geschockt, weil Sie wieder herkommen. Ihre Vorgängerinnen haben alle gekniffen.«
»Ich bin nicht der Typ, der kneift. Und heute bin ich bestens vorbereitet.« Ich hob meine Tasche an und tätschelte sie.
»Meine Eltern sind heute hier.« Maddox ging mit mir zum Wohnzimmer. »Wahrscheinlich werden sich meine Brüder blicken lassen, sobald der Hunger sie hertreibt. Ich werde die meiste Zeit im Büro sein, bin aber ansprechbar, wenn Sie etwas brauchen.«
»Wir werden schon klarkommen. Wo ist Violet?«
Komm raus, Kleine, wir wollen spielen.
Als hätte sie meinen stillen Ruf gehört, trottete Violet herein. Diesmal ohne Tutu. Stattdessen trug sie Jeans und einen flauschigen roten Pullover.
Rot war definitiv ihre Farbe, und nicht etwa, weil sie wahrscheinlich zu Luzifers Brut gehörte. Das Rot betonte die hellbraunen Strähnen in ihren langen dunklen Haaren. Ihre blauen Augen stachen hervor wie die ihres Vaters. Sie wäre das schönste Mädchen der Welt, wenn sie nur nicht so mürrisch gucken würde.
Daran würden wir heute arbeiten.
»Hi, Violet.« Ich lächelte sie an.
Sie schaute feindselig.
Das musste ich ihr lassen: Sie war eine Furcht einflößende Gegnerin. Doch ich war nicht die typische Nanny. Mein Vater hatte mich sicher zu mehr Zähigkeit erzogen, als die durchschnittliche Betreuerin vorweisen konnte.
»Violet, Natalie hat Hallo gesagt«, mahnte Maddox.
Sie verschränkte die Arme und räusperte sich.
Maddox sah mich zerknirscht an.
»Keine Sorge.« Ich zwinkerte ihm zu. »Wir werden klarkommen.«
»Ich kann meine Mutter ...«
»Nein«, sagte ich, sowie in Violets Augen Hoffnung aufblitzen sah. Das wäre genau das, was sie wollte. »Alles gut. Ich bin hier«, dabei sah ich Violet in die Augen, »den ganzen Tag lang. Bis heute Abend.«
Maddox blickte von einem zum anderen. »Äh ...«
»Sollen wir in dein Zimmer gehen, Violet? Ich habe einiges mitgebracht.«
Mürrisch musterte sie meine Tasche. »Was?«
Ich gab keine Antwort, sondern drehte mich um und ging mit hocherhobenem Kopf zur Treppe. Als ich hinter mir ihre Schritte auf den Holzstufen hörte, wusste ich, ich hatte gewonnen. Fürs Erste.
Die Hände in die Hüften gestemmt stand Maddox unten im Wohnzimmer und schaute uns verwundert hinterher.
Armer Kerl. Seine Tochter tanzte ihm mit ihren Glitzerpantoffeln auf der Nase herum.
Gestern hatte sie mir erzählt, dass sie nach Montana ziehen würden. Sie schien darüber nicht froh zu sein. Vielleicht war das der Grund für ihr Verhalten. Vielleicht lag es an Maddox’ Arbeitspensum. Oder sie war einfach daran gewöhnt, ihren Willen zu bekommen.
Tja, nicht bei mir. Nicht diese Woche, Kleines.
Oben angekommen ging ich den Flur entlang auf Violets Zimmer zu, als jemand aus einer Tür kam. Hannah Holiday. Ich erkannte sie sofort, nicht nur von den unzähligen Immobilienverkaufsschildern, sondern von früher, als sie ihre Söhne bei den Football- und Basketballspielen anfeuerte.
Sie hatte immer ein Lufthorn dabeigehabt.
»Oh, hallo.« Sie lächelte mich an. »Sie müssen Natalie sein.«
»Die bin ich.« Ich lächelte zurück. »Wir wurden noch nie miteinander bekannt gemacht, aber ich war mit Heath und Tobias in derselben Klasse.«
»Ja, natürlich.« Hannah nickte. »Das haben sie mir gestern Abend erzählt. Wir haben die Jahrbücher hervorgekramt.«
»Oje. Bitte sagen Sie mir, dass Sie meine Ponykalypse in der zehnten Klasse nicht gesehen haben.« Und dass Maddox nicht dabei war.
»Das ist für jeden ein peinliches Alter, meine Liebe.«
Ich lachte, und dabei stellte sich Violet zu uns und starrte uns abwechselnd an.
Hannah berührte ihre Enkelin an den Schultern. »Schätzchen, such dir doch schon mal etwas zum Spielen aus, und ich plaudere noch einen Moment mit Natalie.«
»Aber, Nana ...«
»Ab mit dir.«
Violet zog die Brauen zusammen, gehorchte aber.
Als sie in ihr Zimmer verschwunden war, gab Hannah einen langen Seufzer von sich. »Dieses Mädchen.«
»Sie hat Mut.«
»Ha!« Hannah lachte. »Sie sind sehr höflich.«
»Wer ist höflich?« Keith kam hinter Hannah aus dem Zimmer. Zum Gruß hob er seine Kaffeetasse. »Morgen. Sie müssen Natalie sein.«
»So ist es.«
»Gut gemacht gestern«, sagte er. »Ich wünschte, ich wäre dabei gewesen. Violet kann manchmal ein ziemliches Mistst...«
»Keith.« Hannah stieß ihm den Ellbogen in die Seite.
»Hey.« Er sah seine Frau stirnrunzelnd an. »Entschuldige. Was ich sagen wollte: Violet braucht jemanden, der ihr die eigene Frechheit spiegelt.«
»Ich habe es vielleicht ein bisschen übertrieben.«
Er lachte leise. »Nein, das war wunderbar.«
»Okay.« Hannah schaute auf die Uhr, dann sah sie ihren Mann an. »Wir sollten aufbrechen. Unser Treffen ist um neun, und ich möchte vorher noch im Büro vorbeischauen.«
»Jedes Jahr schwöre ich mir, das ist unsere letzte Weihnachtsparty, und jedes Jahr überzeugt sie mich, erneut eine zu organisieren.« Keith seufzte. »Viel Glück heute, Natalie.«
»Ihnen auch.« Ich lächelte die beiden an, dann ging ich in Violets Zimmer. Natürlich erwischte ich sie, wie sie von der Tür weghuschte. Sie hatte gelauscht.
»Ich habe dir etwas mitgebracht.«
»Ich will es nicht.« Sie ließ sich auf den Schreibtischstuhl plumpsen und zog einen roten Filzstift aus dem Stifthaufen. Dann malte sie damit.
Auf den Schreibtisch.
Die Farbe war abwaschbar, und man brauchte nur ein feuchtes Tuch, um die Oberfläche sauber zu wischen, aber sobald ihr Blick in meine Richtung zuckte, tat ich gleichgültig. Ich ging zum Bett, setzte mich und zog den Reißverschluss der Tasche auf.
Der Inhalt war unwiderstehlich, selbst für die schwierigsten Kinder.
»Ist mir recht.« Ich kramte darin und schob das Puzzle, das Lego-Set und anderes beiseite, um den besten der Schätze hervorzuholen.
Violet sah ihn, sobald ich ihn aus der Tasche zog. Sie schnappte nach Luft.
Sweet, sweet victory.
»Hallo? Jemand da?«, rief Maddox und klopfte an den Türrahmen von Violets Zimmer.
Ich blickte von dem Buch auf, das wir lasen, als Maddox die Zelttür zur Seite schlug und sich hineinbeugte.
»Hi, Daddy.« Violet lächelte. »Wir haben ein Zelt gebaut.«
»Hey, schön. Sieht toll aus.«
»Wir sollten jetzt besser aufräumen.« Ich klappte das Buch zu und legte es zur Seite. Dann stupste ich Violet an. »Bereit?«
Sie nickte und kroch als Erste hinaus.
Ich sammelte die übrigen Bücher ein, die wir gelesen oder die Violet mir zur Übung vorgelesen hatte, dann folgte ich ihr aus dem Zelt.
»Bist du mit der Arbeit fertig?«, fragte sie ihn.
Er nickte und sah skeptisch zwischen uns hin und her. »Äh ... ja. Ich habe jetzt Feierabend.«
»Können wir was Schönes machen?«
»Sicher.« Er schaute uns immer noch abwechselnd an, und die Falte zwischen seinen Brauen wurde tiefer. Sogar ich war verblüfft, wie schnell sich Violets Verhalten geändert hatte.
Ich hatte mit der ältesten List der Welt gesiegt.
Mit guter, altmodischer Bestechung.
»Lass uns zuerst aufräumen«, sagte ich zu ihr. »Dann bin ich auch schon weg.«
»Okay.« Sie fing sofort an und nahm die Decken ab, die wir aus dem Schrank geholt hatten.
Hannah war hereingekommen, als wir das Zeltgerüst zusammensteckten, und hatte uns noch ein paar Laken gebracht. Das war nach dem leckeren Mittagessen gewesen, bei dem es Grillkäse und Tomatensuppe gab. Als Violet und ich am Esstisch gesessen waren und friedlich aßen, hatten sich Hannah und Keith zu uns gesellt. Kurz darauf auch Heath und Tobias. Nur ein Holiday hatte gefehlt: Maddox.
Die staunenden Gesichter angesichts von Violets Benehmen waren Balsam für meine Seele gewesen.
Hatte ich ein Holiday-Wunder vollbracht? Ja. Ja, das hatte ich.
Violet gezähmt zu haben befriedigte mich fast so sehr wie die Aussicht auf mein Honorar.
Maddox half, das Gerüst auseinanderzunehmen, und faltete eine Decke zusammen. Er neigte sich zu mir und flüsterte: »Ich sehe keine abgetrennten Körperteile, nirgendwo Blut. Dabei hatte ich fest damit gerechnet.«
Grinsend hob ich eins der Kissen auf, mit denen wir das Zelt ausgelegt hatten. »Nicht heute.«
Das Zelt aufzubauen hatte eine Stunde gedauert. Es abzubauen keine zehn Minuten.
Als wir fertig waren, beugte sich Maddox über seine Tochter und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel. »Wie war dein Tag?«
»Lustig.« Sie sah zu mir hoch, und ich zwinkerte. »Können wir in den Whirlpool gehen?«
»Ja, aber erst nach dem Abendessen.«
Violet zog die Brauen zusammen. »Aber ...«
Ich räusperte mich, und ihre Stirn glättete sich.
Sie schoss mir einen Blick zu und brummte: »Okay.«
Maddox staunte mit offenem Mund.
»Danke für den schönen Tag, Violet. Wir sehen uns nach Weihnachten.«
»Mit deiner Tasche.«
Ich nickte. »Mit meiner Tasche.«
