Therapie to go - Sacha Bachim - E-Book

Therapie to go E-Book

Sacha Bachim

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Beschreibung

Fühlen Sie sich gelegentlich gestresst und überfordert oder belasten Sie unangenehme Gefühle und Gedanken? Würden Sie gerne lernen, gelassener mit Ängsten und Unsicherheiten umzugehen sowie selbstbewusster und zielgerichteter zu handeln? Wünschen Sie sich vielleicht einfach etwas mehr Lebensqualität und Leichtigkeit in Ihrem Alltag? Dieser wissenschaftlich fundierte Ratgeber stellt auf verständliche, lockere und unterhaltsame Art und Weise 100 hilfreiche Methoden aus der Psychotherapie vor, die Sie leicht in Ihrem Alltag umsetzen können. - "Für jeden was dabei!" - 100 unterschiedliche Techniken für alle Lebenslagen statt eines pauschalen Grundrezeptes. - "Das hilft wirklich!" - Alle vorgestellten Methoden beziehen sich auf evidenz-basierte Ansätze, welche sich in zahlreichen Studien als wirksam erwiesen haben. - "Wieso das hilft!" - Die Wirkfaktoren hinter den einzelnen Techniken werden leicht verständlich erklärt. - "Aha!" – Illustrierung der Wirkfaktoren anhand einfacher Gedankenexperimente oder Imaginationsübungen. - "Locker flockig" – Der lockere Schreibstil, abwechslungsreiche Formate und zahlreiche Anekdoten aus der Praxis sorgen für kurze Weile. - "Genauso ist das bei mir auch immer!" – Einfache Beispiele aus dem Alltag, mit denen Sie sich leicht identifizieren können."Therapie to go" vermittelt anhand von zahlreichen, nützlichen Tools, wie Sie Gefühle und Bedürfnisse besser wahrnehmen können und unterstützt Sie bei der Bewältigung von Stress, Anspannung und Überforderung. Die alltagstauglichen und erfolgreich erprobten Übungen sollen Ihnen auf diese Weise zu mehr Selbstvertrauen, Gelassenheit und Leichtigkeit im Alltag verhelfen. Das Buch unterstützt Sie bei... - der Analyse Ihrer Gefühle - dem Treffen von Entscheidungen - dem Umgang mit Grübeleien - der Verbesserung Ihrer Entspannungsfähigkeit - der Steigerung Ihrer Selbstsicherheit - und vielem mehr!Bringen Sie mit diesem gut gefüllten Methodenkoffer der Psychotherapie mehr Leichtigkeit in Ihr Leben!

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Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

1. Auflage 2022

© 2022 by Remote Verlag, ein Imprint der Remote Life LLC, Powerline Rd, Suite 301-C, 33309 Fort Lauderdale, Fl., USA

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Redaktion: Isabelle Müller

Lektorat und Korrektorat: Lara Voelter, Annika Hülshoff

Umschlaggestaltung: Wolkenart Media Design

Satz und Layout: Zarka Ghaffar

Illustrationen und Grafiken: Julia Kleene, Zarka Ghaffar

Abbildungen im Innenteil: © Sacha Bachim

ISBN Print: 978-1-955655-34-7

ISBN E-Book: 978-1-955655-35-4

www.remote-verlag.de

Sacha Bachim

THERAPIE „TO GO“

100 Psychotherapie-Tools fürmehr Leichtigkeit im Alltag

Inhalt

Vorwort

1.Der Geist aus der Lampe.

Ziele formulieren

2.Wer mag schon Dill?

Neues ausprobieren

3.Vamos a la playa!

Entscheidungen treffen

4.Das tauchende Klassenzimmer.

Veränderung begünstigen

5.Der Sturm im Cocktailglas.

Gefühle verstehen

6.Schluss mit Pingpong!

Konstruktives Denken

7.Die Macht der «Musturbation».

Muss-Gedanken infrage stellen

8.Raus aus der Kiste, rauf auf den Tisch.

Perspektivenwechsel

9.Schlimmer geht immer!

Relativieren

10.Das letzte Stück Torte.

Ursachen zuschreiben

11.Das Rosa-Elefanten-Karussell.

Mit Grübeleien umgehen

12.Ich denke, also bin ich, also denke ich, dass ich bin.

Festgefahrene Gedanken auflockern

13.Headbangen auf Rezept.

Ressourcen aktivieren

14.Zehn Euro sind zehn Euro!

Positives wertschätzen

15.Superman auf Testosteron.

Körper und Geist miteinander vereinbaren

16.Der Säbelzahntiger im Nacken.

Angst verstehen

17.Immer locker durch die Hose.

Systematisch entspannen

18.Augen auf und durch!

Sich mit der Angst konfrontieren

19.Ja klar, äh nein, ich mein‘ jein!

Selbstsicherheit trainieren

20.Und täglich grüßt das Murmeltier!

Ihr Verhalten inBeziehungen verändern

Nachwort

Danksagung

Literatur

Für

J & M

Vorwort

«Schon wieder so ein Selbsthilfe-Schmu», würde ich denken, wenn mir dieses Buch in die Hand fallen würde (und wenn ich nicht der Autor wäre). «Wie oft muss ich denn noch hören (oder lesen), dass ich doch verdammt noch mal gechillter sein und endlich mit dem positiven Denken anfangen soll? Wurden die immer gleichen Buddha-Weisheiten und Glückskekssprüche denn nicht schon oft genug recycelt? Wenn diese Welt eines nun wirklich nicht mehr braucht, dann ist es ein weiteres Selbsthilfebuch!»

Und trotzdem habe ich jetzt eins geschrieben.

Als Psychotherapeut1 verfügt man über diesen riesigen Werkzeugkoffer. Darin befinden sich ganz viele Zangen, Schrauben- und Sechskantdreher, die für alle Lebenslagen passen können. In der Therapie kann man Patienten dabei helfen, den einen passenden Ventilschlüssel zu finden, um den erwünschten Druckausgleich zu ermöglichen.

Wissenschaftlich fundierte, psychotherapeutische Methoden sind selbstverständlich nicht nur Tipps und Tricks, sondern müssen immer in den Kontext eines klinischen Behandlungsplans gesetzt werden. Und trotzdem sind viele therapeutische Denkanstöße und Techniken nun mal auch ganz praktisch nutzbar. Sie können zum Umdenken anregen und dazu beitragen, die allgemeine Lebensqualität zu verbessern. Auch schadet es wahrscheinlich nicht, präventiv etwas dafür zu tun, psychisch gesund zu bleiben, oder?

Bei meiner Arbeit mit Patienten habe ich regelmäßig Momente, in denen ich denke: «Wow, das hat dieser Person jetzt tatsächlich geholfen (zum Glück, sonst müsste ich mir wohl einen anderen Job suchen)!» Gleichzeitig denke ich dann aber auch oft: «Eigentlich könnte das doch uns allen helfen!»

Irgendwie fühlt man sich als Therapeut in diesem Sinne manchmal wie ein Zauberer. Natürlich hat Psychotherapie weder etwas mit einem abgekarteten Hütchenspiel noch mit Magie zu tun. Zauberer haben aber diese ganzen Tricks in petto, die sie nicht verraten dürfen (Zauberer-Ehrenkodex und so!). Mit therapeutischen Ansätzen und Techniken verhält es sich ähnlich. Im Endeffekt ist die Therapeutenshow einem elitären Publikum vorbehalten. Als Eintrittskarte wird eine Diagnose abverlangt. Die Geheimrezepte für ein glücklicheres Leben werden so hinter geschlossenen Praxistüren gehütet und immer nur einem Patienten nach dem anderen häppchenweise verraten. Eigentlich ziemlich dämlich, oder?

Aus diesem Grund habe ich jetzt ein Selbsthilfebuch geschrieben. Lassen Sie uns zusammen auf den Zauberer-Ehrenkodex pfeifen und einen Blick in den Werkzeugkoffer werfen.

Mindestens eine Schraube haben wir schließlich alle locker!

1 Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch für Bezeichnungen, die sich auf alle Geschlechter beziehen, nur die männliche Form verwendet. Gemeint sind selbstverständlich alle Menschen und niemand soll dadurch diskriminiert werden.

02 | Wer mag schon Dill?

Neues ausprobieren

«Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.»

– (Albert Einstein, angeblich)

Kennen Sie das auch: Sie greifen aus Gründen, über die Sie vielleicht noch nie bewusst nachgedacht haben, immer wieder auf die gleichen Strategien zurück, auch wenn sich diese bislang noch nie als erfolgreich herausgestellt haben?

Wieso steht bei Jahresbeginn bei vielen Menschen schon wieder eine radikale No-Carb-Diät auf der Vorsatzliste, wenn sie dank Jo-Jo-Effekt auch die letzten zwanzig Mal nicht zur langfristigen Gewichtsabnahme geführt hat?

Wieso zücke ich jeden Abend im Bett mein Smartphone, um «nur noch schnell» E-Mails zu checken, wenn ich mich jeden Morgen über den Schlafmangel ärgere, weil ich wieder einmal bis spät in die Nacht am Bildschirm kleben geblieben bin?

Wieso rechne ich meinem Partner jedes Mal genervt vor, wie viel mehr ich im Haushalt mache, wenn er nach dem Essen nicht die Initiative ergreift, um die Teller abzuräumen? Ich weiß doch, dass er dann wieder auf stur schaltet und ich aus Wut letztendlich doch selbst abräume.

Wenn ein gewisses Verhaltens- oder Denkmuster bereits neunhundertneunundneunzig Mal nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat, und wir auch keinen Anlass zur Vermutung hätten, dass es beim tausendsten Mal anders sein wird, wieso greifen wir trotzdem so hartnäckig darauf zurück?

In der Acceptance Commitment Therapy (ACT), einem akzeptanzbasierten Therapieansatz, der von dem Psychologen Steven C. Hayes begründet wurde und sehr viel mit Metaphern arbeitet, spricht man vom sogenannten Schaufel-Paradoxon (Hayes et al., 1999).

Stellen Sie sich vor, Sie sind in eine Grube gefallen. Sie sollen sich jetzt des Werkzeugs bedienen, das Ihnen zur Verfügung steht, um sich aus dieser misslichen Lage zu befreien. In Ihrem Rucksack befindet sich aber leider nur eine Schaufel – in Ihrer Situation nicht gerade das ideale Werkzeug. Da Sie aber nur dieses eine Werkzeug haben, legen Sie los. Sie haben sich fest vorgenommen: Ich muss mich freischaufeln! Also schaufeln Sie und schaufeln und schaufeln und schaufeln…

Irgendwann dämmert es Ihnen, dass Ihr Verhalten nicht zur Rettung beitragen wird. Sie sagen sich also: Vielleicht habe ich noch nicht genug geschaufelt. Ich muss vielleicht einfach noch mehr schaufeln! Also schaufeln Sie weiter und graben Ihr Loch immer tiefer.

Dass oben aber jemand vorbeikommen könnte, der eventuell ein anderes Werkzeug, zum Beispiel eine Leiter, bei sich führt, ist nicht in Ihrer Programmierung vorgesehen. Selbst wenn man Ihnen die Leiter herunterreichen würde, würden Sie fragen: «Was soll ich denn damit? Damit kann ich doch gar nicht schaufeln! Haben Sie nicht vielleicht eine größere Schaufel für mich?»

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, so viel steht fest. Liegt die Erklärung, wieso wir so stur an den immer gleichen Strategien festhalten, aber wirklich allein in unserem Bedürfnis, Altbekanntes immer wieder zu replizieren? Oder gibt es vielleicht auch etwas, das uns zurückhält, uns zu trauen, ein neues Verhalten auszuprobieren?

Eine Erklärung könnte man in der Evolutionsbiologie suchen. Reisen Sie in Ihrer Vorstellung doch kurz einmal zwei Millionen Jahre zurück und stellen Sie sich eine Steinzeitfamilie vor, die in einem kleinen idyllischen Tal lebt. Obwohl es nur wenige Nahrungsquellen in dem Tal gibt, bleibt die Familie dort. Jeder Tag gestaltet sich gleich. Die Männer gehen im Tal jagen, die Frauen machen den Höhlenhaushalt und kümmern sich um die Steinzeitbabys (die Emanzipation lässt noch etwas auf sich warten). Das Essen reicht gerade so aus, um zu überleben. Im Nachbartal könnte eventuell mehr zu holen sein. Dort könnte aber natürlich auch ein Säbelzahntiger lauern.

Wenn die aktuellen Strategien reichen, um zu überleben, dann kann uns der Überlebenstrieb (der noch immer in uns allen schlummert) das Altbekannte, Vertraute, «Sichere» immer wieder dem Neuen, Unvertrauten, «Gefährlichen» vorziehen lassen.

Auch heute gibt es Menschen, die noch nie ihren Kontinent, ihr Land, ihre Region, vielleicht noch nicht einmal ihr Tal verlassen haben. Nicht unbedingt, weil sie es nicht könnten, vielleicht auch nicht einfach nur aus Gewohnheit, sondern weil das Unvertraute Angst machen kann. Urlaub auf Gran Canaria? Was, wenn das Flugzeug abstürzt? Oder wenn ich krank werde und der Arzt kein Deutsch kann? Oder wenn es im Hotel nur spanisches Essen gibt?

Bestimmt denken Sie jetzt an jemanden aus Ihrem Bekanntenkreis oder vielleicht ticken Sie ja auch selbst ein bisschen so? Herzlichen Glückwunsch, das macht Sie zu einem Menschen!

In seinem Buch Anleitung zum Unglücklichsein erzählt der Psychotherapeut Paul Watzlawick die Geschichte von einem Betrunkenen, der abends unter einer Straßenlaterne etwas zu suchen scheint. Als ein Polizist vorbeikommt und ihn fragt, was er denn suche, antwortet der Betrunkene: «Meine Schlüssel!» Der Polizist hilft dem Mann bei seiner Suche, aber ohne Erfolg. Nach einiger Zeit fragt der Polizist nach, ob der Mann wirklich sicher sei, dass er die Schlüssel hier verloren habe, worauf dieser erwidert: «Nein, nicht hier, sondern dort hinten – aber dort ist es viel zu finster.» (Watzlawick, 2009, S. 27).

Technik 5: Weniger desselben

Wenn wir unsere Lebensqualität nachhaltig verbessern wollen, dann sollten wir uns mit der Lupe in der Hand auf die Suche nach Strategien in unserem Verhaltens- und Denkrepertoire begeben, von denen wir aus Erfahrung ganz genau wissen, dass sie nicht zum gewünschten Erfolg führen. Dies ist aber leichter gesagt als getan, weil wir nicht die Gewohnheit haben, bewusst über automatisierte Reaktionen nachzudenken.

Stellen Sie sich bei einem «Misserfolg» oder einem generellen Gefühl der Unzufriedenheit in Zukunft also bewusst die folgenden drei Fragen:

Was war meine Strategie?

Ist das eine alte Strategie?

Hat diese Strategie schon einmal funktioniert?

Wenn die Antwort «Ja, das war schon wieder die gleiche Geschichte wie immer und nein, dieses Verhalten hat mir noch nie geholfen» lautet, dann gibt es eine einfache Lösung, die so banal wie genial ist: Probieren Sie etwas anderes! Watzlawick nennt dies: «weniger desselben».

Jetzt sagen Sie vielleicht: «Na super! Habe ich jetzt echt Geld für ein Selbsthilfebuch ausgegeben, damit man mir sagt, dass ich einfach etwas anders machen soll?»

Ja, das haben Sie! Und ehe Sie jetzt schon überlegen, welchem nervigen Verwandten Sie das Buch zu Weihnachten weiterverschenken können, denken Sie noch einmal kurz darüber nach.

Natürlich ist es keine bahnbrechende Erkenntnis, dass ein Verhalten, das nicht ans gewünschte Ziel führt, besser geändert werden sollte! Und doch tun wir uns alle unheimlich schwer damit. Im Alltag fällt uns eventuell gar nicht bewusst auf, dass wir immer wieder auf die gleichen automatisierten Reaktionsmuster zurückgreifen.

Stellen Sie sich vor, Ihr Leben ist eine Zugstrecke, die als Kreis angeordnet ist. Immer wieder kommen Sie an dieser öden Industriezone vorbei, wo es nach verdorbenen Eiern stinkt und in Strömen regnet.

Eines Tages wird Ihnen bewusst, dass Sie eine Abkürzung nehmen könnten. Die neue Strecke führt durch wunderschöne Landschaften, wo es nach Blumen duftet und jeden Tag die Sonne scheint.

Diese Strecke wurde allerdings seit Ewigkeiten nicht mehr befahren. Die Schienen sind zugewachsen und der Zug kommt nur mühsam voran.

Obwohl Sie diese neue Strecke viel schöner finden, ist alles aber auch ein Stück anstrengender. Der Zug ruckelt und tuckert vor sich hin und Sie werden ordentlich durchgeschüttelt. Da die Gleise im Kreis verlaufen, kommen Sie irgendwann wieder auf der alten Strecke raus.

Wenn Sie jetzt wieder vor der Weiche stehen, haben Sie die Wahl: Fahren Sie erneut auf der alten, hässlichen, aber vertrauten Strecke oder entscheiden Sie sich wieder für die neue, schöne, aber noch ungewohnte Strecke?

Wenn Sie erneut die Abkürzung nehmen, wird der Zug bereits etwas besser vorankommen. Mit jedem Mal werden die Gleise besser eingefahren, bis Sie schließlich auch auf der neuen Strecke ohne Mühe vorankommen. Die alten Gleise hingegen werden mit der Zeit zuwachsen.

Eine Verhaltensänderung ist ein Lernprozess. So wie die Zugstrecke bei jedem Befahren geschmeidiger wird, werden auch Gehirnareale mit jeder neuen Lernerfahrung weiter vernetzt und ausgebaut, sodass die elektrochemischen Signale immer besser weitergeleitet werden.

Wenn Sie einen Führerschein haben, erinnern Sie sich noch an Ihre erste Fahrstunde? Hat es sich nicht auch so angefühlt, als ob Sie das nie hinkriegen würden, auch wenn Sie es unbedingt wollten? Und ist das Autofahren dann nicht doch auf einmal etwas Automatisiertes geworden? Ähnlich ist es, wenn Sie eine neue Sprache oder ein Musikinstrument lernen.

Auch psychische und psychotherapeutische Strategien sind Lernprozesse. Manchmal reicht eine einzelne neue Lernerfahrung, um uns auf eine neue Strecke zu katapultieren. In den meisten Fällen bedarf es aber eines gewissen Trainings, um auch auf der neuen Strecke zu bleiben.

Die alten Gleise werden nämlich nie ganz verschwinden. Es kann also auch viele Jahre später noch sein, dass Sie durch Müdigkeit, Ablenkung oder negative Gefühle den Moment verpassen, an dem Sie die Weiche umlegen müssten, und plötzlich wieder kurzzeitig auf der alten Strecke unterwegs sind.

In dem Moment kommt es Ihnen zugute, dass die Zugstrecke als Kreis angeordnet ist. Lassen Sie sich nicht verunsichern und achten Sie bei der nächsten Runde einfach wieder etwas bewusster auf die Signalampel, die Ihnen die Weiche ankündigt.

In der kognitiven Verhaltenstherapie werden sogenannte Verhaltensexperimente vorgeschlagen, bei denen bestimmte Denk- und Verhaltensmuster überprüft und alternative Reaktionen in einer Testphase erprobt werden können.

Es geht also nicht darum, sein Verhalten von heute auf morgen um 180 Grad zu drehen. Stattdessen kann man sich vorstellen, in die Rolle eines Wissenschaftlers zu schlüpfen, der eine Variable in seinem Experiment verändert, um zu testen, inwiefern das Resultat dadurch beeinflusst wird.

Die Ergebnisse des Experiments sollen dabei detailliert dokumentiert und evaluiert werden. Neue Verhaltensweisen, die uns dem gewünschten Resultat näherbringen, werden zurückbehalten und als neue Gewohnheiten aufgebaut.

Wenn Sie etwas mit Kochmetaphern anfangen können, dann stellen Sie sich vor, Sie haben ein Dill-Lachs-Rezept, das Sie regelmäßig zubereiten. Aus Gewohnheit kaufen Sie also auch Dill, wenn Sie Lachs kaufen. Einfach, weil Sie das immer so gemacht haben; vielleicht sogar, weil Ihre Mutter das immer schon so gemacht hat. Aber haben Sie sich schon einmal bewusst gefragt, ob Sie Dill überhaupt mögen? Vielleicht macht Ihnen die Vorstellung, den Dill wegzulassen ja einfach nur Angst? Beruhigen Sie sich erst einmal, es sagt ja niemand, dass Sie von heute auf morgen dem Dill abschwören müssen!

Die Idee des Experiments wäre es, zu einem Zeitpunkt, den Sie selbst im Voraus festlegen, ganz einfach mal ein anderes Lachs-Rezept zu testen. Schreiben Sie genau auf, welche Zutaten Sie statt des Dills benutzt haben. Wenn Ihnen das Resultat schmeckt, kochen Sie es einfach öfter. Falls nicht, tauschen Sie beim nächsten Experiment einfach noch einmal die ein oder andere Zutat aus. Notfalls können Sie immer noch auf das Dill-Rezept zurückkommen. Aber jetzt mal im Ernst: Wer mag schon Dill?

Oft kann die Hemmschwelle zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung durch diesen einfachen, empirischen Ansatz deutlich gesenkt werden.

Jemand, der eher schüchtern ist und sich mehr sozialen Kontakt wünscht, wird vielleicht mehr Erfolg haben, wenn er sich beispielsweise vornimmt, als einmaliges Experiment am folgenden Tag mit einer Person im Bus Small Talk zu halten, anstatt sich als Ziel zu setzen, von heute auf morgen eine extrovertierte Rampensau zu werden.

Wenn ich jeden Tag gehetzt zur Arbeit komme und meinen Tag dann schon mit Bauchschmerzen beginne, kann ich mir als Experiment vornehmen, eine Woche lang täglich eine halbe Stunde früher aufzustehen, um Zeit zum Frühstücken zu haben, anstatt es bei dem pauschalen Vorsatz «Ich muss entspannter werden!» zu belassen.

Das alljährliche Problem mit den Neujahrsvorsätzen, die wir uns nach den Feiertagen gerne machen, ist, dass sie in den allermeisten Fällen am Druck scheitern, den wir uns selbst auferlegen.

Am 31. Dezember nehme ich mir zum Beispiel felsenfest vor: «Nächstes Jahr darf ich nur noch an Wochenenden ein Glas Alkohol trinken!» Am ersten Januar lasse ich mich dann aber ohne großen Widerstand dazu überreden, mit den Schwiegereltern aufs neue Jahr anzustoßen. Damit ist mein guter Vorsatz schon futsch. Jetzt würde es schon ein enormes Maß an Motivation und Disziplin brauchen, um diese gewünschte Verhaltensänderung noch einmal anzukurbeln.

Ein Experiment ist etwas anderes. Es bindet mich nämlich zunächst einmal an nichts. Ich teste lediglich probeweise eine Verhaltensänderung.

Ich nehme mir beispielsweise vor, beim nächsten sozialen Anlass bewusst keinen Alkohol zu trinken, auch wenn alle um mich herum es tun. Danach evaluiere ich diese Erfahrung und stelle mir bewusst die Frage, ob ich dieses neue Verhalten öfter anwenden möchte oder nicht.

Ein Verhaltensexperiment soll also eine alternative Strategie zu dem üblichen Reaktionsverhalten testen. Dabei können auch paradoxe Strategien erprobt werden.

Technik 6: Die Symptomverschreibung

Bei der sogenannten Symptomverschreibung wird beispielsweise vorgeschlagen, ein lästiges Symptom, das man normalerweise vermeiden möchte, bewusst herbeizuführen.

Wenn Sie einer dieser Perfektionisten sind, die ständig fürchten, einen Fehler zu machen, könnten Sie sich zum Beispiel das Gegenteil vornehmen: Machen Sie doch einfach mal bewusst einen Fehler! Nehmen Sie sich zum Beispiel als Verhaltensexperiment vor, in der nächsten E-Mail, die Sie schreiben, absichtlich einen Rechtschreibfehler einzubauen. Stoßen Sie im Restaurant doch mal ein Glas Wasser um oder lassen Sie die Schnürsenkel eines Schuhs ungebunden.

Ja, Sie haben richtig gehört! Genau das, was Sie sonst krampfhaft vermeiden wollen, sollen Sie jetzt einmal ganz bewusst selbst herbeiführen. Nur als Experiment natürlich. Und testen Sie bitte auch nur ein kleines Fehlverhalten, bei dem kein realer Schaden für Sie oder andere entsteht! Sagen Sie der Polizei nicht, ich hätte Sie dazu angestiftet, wenn Sie beim Falsch-herum-im-Kreisverkehr-Fahren erwischt werden!

Wenn Sie sich getraut haben, einmal bewusst nicht perfekt zu sein, und die Welt höchstwahrscheinlich nicht wie befürchtet untergegangen ist, evaluieren Sie die Konsequenzen:

Hat dieses «Fehlverhalten» eine nachweislich negative Konsequenz für Ihr Leben gehabt?

Haben Ihre Mitmenschen Sie durch dieses «Fehlverhalten» tatsächlich abgewertet und weniger respektvoll behandelt?

Ist überhaupt jemandem aufgefallen, dass etwas anders war?

Kommen Sie zu der Schlussfolgerung, dass sich der Energieaufwand, den Ihr Perfektionismus Ihnen abverlangt, angesichts dieser eventuell nichtexistierenden Konsequenzen bei nichtperfektem Verhalten wirklich lohnt?