Think Big - Harald Seiz - E-Book

Think Big E-Book

Harald Seiz

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Beschreibung

Von ganz unten nach ganz oben: Die Geschichte von Harald Seiz gleicht einem Hollywood-Blockbuster. In ärmsten Verhältnissen wuchs Harald Seiz bei seiner Mutter und Großmutter in der Nähe von Stuttgart auf. Während beide mit Alkoholproblemen kämpften, musste Seiz schon früh lernen auf eigenen Beinen zu stehen. Vom Getränkelieferanten bis zum Staubsaugervertreter durchlief er trotz harter Rückschläge zahlreiche berufliche Stationen und hielt stets an seinem Traum von Erfolg und Unabhängigkeit fest. 2011 legte Seiz den Grundstein für sein Unternehmen Karatbars International GmbH. Ziel war es, dass jeder Mensch Gold besitzen kann. Was einst als One-Man-Show begann, ist heute ein weltweit tätiges Firmenimperium, das einen jährlichen Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro erwirtschaftet. Doch Harald Seiz hat noch größere Ziele: Ein auf Gold basierendes Zahlungsmittel, das krisensicher ist und unser Finanzsystem revolutionieren wird. Es ist eine Mission, für die er anfangs noch belächelt wurde. Heute ist er Marktführer für innovative Goldprodukte. Und trotzdem sieht sich Seiz immer noch am Anfang: Ein auf Gold basierendes Zahlungssystem, Goldminen und die Gründung einer Bank sind nur einige Bausteine auf dem weiteren Weg nach oben. Think Big – dieses Buch macht Mut, den eigenen Traum zu leben und zeigt die Wege zum Erfolg.

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Seitenzahl: 255

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HARALD SEIZ

THINK

BIG

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THINK

BIG

Wie Sie aus einer großartigen Idee ein weltweites Imperium machen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2019

© 2019 by FinanzBuch Verlag,

ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Judith Engst

Umschlaggestaltung: Karatbars, Manuela Amode

Umschlagabbildung: CCO Creative Commons

Satz: Helmut Schaffer, Hofheim a. Ts.

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-95972-149-3

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-270-4

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-271-1

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

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INHALT

Vorwort

1. »Man muss für das brennen, was man in anderen entzünden will.«

2. »Nur wer sein Handwerk beherrscht, kann Großes vollbringen.«

3. »Folge deinem Ziel, und lass dich durch nichts davon abbringen.«

4. »Erarbeite dir das Vertrauen deiner Kunden jeden Tag aufs Neue.«

5. »Ruhe dich niemals auf deinen Lorbeeren aus.«

6. »Gib der Gesellschaft etwas von dem zurück, was sie dir gegeben hat.«

Über den Autor

VORWORT

Jeder hat mal klein angefangen. Heute global operierende Unternehmen waren einst lokal agierende Familienbetriebe oder nur eine pfiffige Idee im Kopf eines innovativen Geschäftsmanns. Doch genau damit fängt alles an. Im Kopf. Wer Kreativität und Verstand hat, für den ist kein Weg zu weit und der Erfolg keine Utopie. Das möchte ich Ihnen in diesem Buch zeigen.

Ich möchte Ihnen zeigen, wie man es schaffen kann, eine große Idee nicht nur zu entwickeln, sondern sie auch in die Tat umzusetzen. Das ist keineswegs immer einfach. Widerstände sind normal. So vielfältig die Welt ist, so vielfältig sind auch die Probleme, die Sie auf dem Weg nach oben erwarten können. Finanzielle Engpässe, persönliche Verluste, Kritik und Vorwürfe von Freunden und Geschäftspartnern. Es gibt nichts, was es nicht gibt, wenn Sie den Weg zum erfolgreichen Unternehmer beschreiten wollen.

Doch diese Widerstände sind keine unüberbrückbaren Hürden. Es gibt Lösungen. Man muss sie nur sehen. Sie können die Widerstände zum Problem machen oder aber als Herausforderung begreifen, als eine Chance, sich selbst und das eigene Projekt weiterzuentwickeln. Darin besteht der Geist eines Unternehmers.

Wie das gelingen kann, habe ich in sechs Kapiteln auf den Punkt gebracht. Ich selbst habe Rückschläge und Enttäuschungen hinnehmen müssen – beruflich und privat. Ich habe gekämpft und das Beste aus meinem Leben gemacht. Was Sie in diesem Buch lesen werden, basiert auf meiner Lebenserfahrung. Erfahrungen, die ich gerne weitergeben möchte, damit Sie Ihren ganz individuellen Weg zielorientiert gehen. Denn ich bin überzeugt: Mit einer großen Idee kann man Großartiges erreichen.

Von der ersten Idee über den Aufbau des eigenen Unternehmens bis hin zum richtigen Umgang mit dem sich einstellenden Erfolg stellt dieses Buch ein Leitfaden für die eigene Karriere in der Selbstständigkeit dar. Für eine Karriere, die manchmal einer Gratwanderung gleichen mag. Zwischen Zweifel und Erfolg, Motivation und Stagnation. Es geht mir nicht um abstrakte Ideen oder gedankliche Konstrukte. Die hohe Wissenschaft überlasse ich getrost anderen. Ich bin ein Praktiker, und als solcher habe ich dieses Buch geschrieben. Nah an der Realität, nah am Leben. Mit Beispielen und persönlichen Anekdoten möchte ich Sie einladen, alles mitzunehmen, was notwendig ist, um aus einer großartigen Idee ein weltweites Imperium zu machen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine spannende und erkenntnisreiche Lektüre!

1. »MAN MUSS FÜR DAS BRENNEN, WAS MAN IN ANDEREN ENTZÜNDEN WILL.«

»Vom Visionär zum Millionär«, das klingt unrealistisch. Doch am Anfang jeder erfolgreichen Karriere steht eine Vision. Ein Traum und ein Plan, wie man sein Leben gestalten will. Das eigene Ziel im Blick zu behalten und beharrlich zu verfolgen, das zeichnet einen Menschen aus, der seine Vision in Erfolg ummünzt. Er ist wie ein Kapitän, der sein Schiff durch ruhige und stürmische Zeiten lenkt, um an sein Ziel zu kommen. Der Weitblick zu den Sternen am Himmel ist wie ein Wegweiser, die eigene Intuition dient als innerer Kompass. Als ich zum ersten Mal meinen Blick in die Zukunft schweifen ließ, sah ich nur unendliche Weite. Doch selbst in dieser großen Weite fielen mir erste Fixpunkte ins Auge, die später zu den Grundpfeilern meiner Karriere werden sollten. Meine »Stars« waren so unterschiedlich wie authentisch. Dr. Martin Luther King mit seinem berühmten Ausspruch »I have a dream« begeisterte mich mit seiner unbändigen rednerischen Kraft und seinem revolutionären Drang, die Welt für seine Landsleute zu verbessern. Er hatte es gewagt, Dinge offen auszusprechen, die andere nicht einmal zu denken wagten. Er hatte sich an die Spitze einer Bewegung gestellt und war ihr bis zum bitteren Ende treu geblieben. Voller Überzeugung hatte er für seine Sache gekämpft und sich damit in den Herzen unzähliger Menschen verewigt. Er hatte ungeheure gesellschaftliche Kräfte in Bewegung gesetzt. Er ist wie kaum ein Zweiter das Beispiel schlechthin, wie weit man es mit Leidenschaft und Herzblut bringen kann.

Martin Luther King hat das Land geprägt, das ich bis heute sehr gerne bereise. Trotz aller Vorbehalte, die man in Zeiten von Trump & Co. gegenüber den USA haben mag, bin ich ein großer Fan des amerikanischen Lebensstils. Das Land atmet den Geist von Freiheit und Unabhängigkeit. Bis heute bin ich gerne in den USA, um Land und Leute zu entdecken. Und so ist auch mein zweites großes Idol ein US-Amerikaner. Elvis Presley, der »King of Rock’n’Roll« mit seiner zweifelsohne großartigen Stimme, zeigte mir, wie sich mit Leidenschaft und Präsenz die eigenen Träume in die Tat umsetzen lassen. Dabei waren die Bedingungen, unter denen er aufwuchs, nicht einfach. Er hatte eine alles andere als unbeschwerte Kindheit. Sein Zwillingsbruder starb bereits bei der Geburt, seine Eltern waren Land- und Textilarbeiter mit bescheidenem Salär. Und auch wenn nicht viel Geld für ausgiebige Freizeitaktivitäten vorhanden war, machte die Familie des jungen Elvis doch das Beste aus dem wenigen, was sie hatte. Elvis wuchs in dem kleinen Ort Tupelo in Mississippi auf. Die technischen Neuerungen der Zeit waren dort noch nicht angekommen. Kaum jemand in Tupelo besaß ein Radio, geschweige denn einen Fernseher. Stattdessen war das Haus der Presleys das abendliche Epizentrum für Unterhaltung. Denn kreativ wie sie waren, sorgten die Presleys mit ihrem Gospelchor für regelmäßiges Entertainment. Mittendrin der kleine Elvis, der mit seiner sonoren Stimme schnell die Hauptattraktion des kleinen Orts und später der ganzen Vereinigten Staaten wurde.

Ähnlich wie Elvis, wuchs auch ich in einfachen Verhältnissen auf. 1963 in Stuttgart geboren, musste ich im Alter von drei Jahren von meinem Vater Abschied nehmen, den es zurück in seine Heimat Griechenland zog. Trotz Mutter und Großmutter an meiner Seite musste ich schnell lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Aufgrund der schwierigen familiären Verhältnisse war das keine leichte Zeit für mich. In Zeiten von Patchwork und freien Lebenspartnerschaften fällt es schwer zu glauben, wie anders das Familienleben in der westdeutschen Provinz der 60er-Jahre war. Gemusterte Tapeten, Möbel, die man heute nur noch in Retroläden findet, und die klare Vorstellung von einer »guten« Familie prägten diese Zeit. In den 60er-Jahren war das Modell der alleinerziehenden Mutter keineswegs gang und gäbe. Ganz im Gegenteil: Alleinerziehende Mütter wurden kritisch beäugt, ihre Lebensweise wurde stetig auf den Prüfstand gestellt. Immer wieder bemerkte ich die Skepsis, die meiner Familie entgegengebracht wurde. So klein ich auch war, ich spürte die Blicke der Nachbarn, bemerkte ihre Fragen: Wo ist der Ehemann? Warum hat er seine Frau verlassen? Wie kann die Mutter ihren Sohn allein versorgen und gleichzeitig arbeiten, ohne ihn zu vernachlässigen? Das Westdeutschland der 60er-Jahre, das ich erlebte, war geprägt von einem konservativen Familienbild, in dem der Vater die Verantwortung zu übernehmen hatte. Nur war mein Vater über alle Berge. Wenn ich etwas aus dieser Zeit gelernt habe, ist es, dass man sich in seinem Leben nicht von der Meinung anderer abhängig machen darf. Egal, wie erdrückend die Mehrheitsmeinung auch sein mag, egal, wie massiv der soziale Anpassungsdruck auch sein mag: Man muss sich selbst treu bleiben. Wer hätte dem kleinen Jungen aus der Stadt Weil, dem Jungen mit Migrationshintergrund und ohne Vaterfigur, zugetraut, einst ein millionenschweres Unternehmen zu führen? Niemand! Und doch habe ich es geschafft entgegen allen Widrigkeiten und Zweifeln. Eben weil ich auf meinem Weg geblieben bin ungeachtet aller Ratschläge und Vorwürfe. Und dieser Weg führte mich zu dem erfolgreichen Unternehmen, das ich heute führe.

Hindernisse und Hürden gab es auf diesem Weg genug – privat wie beruflich. Und das schon von jungen Jahren an. Ich musste früh lernen, selbstständig zu sein. Die klassische familiäre Arbeitsteilung mit dem Vater als »Versorger« und der fürsorgenden Mutter, die in damaligen Verhältnissen üblich war, gab es bei uns nicht. Meine Mutter wie meine Großmutter arbeiteten in einer nahe gelegenen Fabrik, um unseren Unterhalt zu sichern. Sie legten jeden Pfennig zurück, drehten jede Münze zweimal um. Die Akkordarbeit ließ ihnen nicht viel Zeit, sich um mich zu kümmern. Daher schickten sie mich in ein Tagesheim nach Leonberg, einem kleinen beschaulichen Städtchen in der Nähe von Stuttgart. An jedem Wochentag nahmen wir um 5:30 Uhr morgens den ersten Zug. Während die meisten anderen Kinder noch tief in ihren Träumen versunken waren, stand ich schon auf der Matte. Und ich strahlte. Ich war bereit loszugehen. Ich wollte die Welt entdecken und Dinge erleben. Eine Neugier, die mich auch heute immer wieder zu neuen Ufern treibt.

Diese Neugier sollte neues Futter bekommen, als ich mit sechs Jahren eingeschult wurde. Ich versprach mir viel von der Schulzeit, wollte Neues lernen. Aber es lief keineswegs alles gradlinig. Alles begann damit, dass ich nach wenigen Schultagen feststellen musste, dass ich die Buchstaben an der Tafel nicht richtig erkennen konnte. Sie verschwammen vor meinen Augen zu einer unlesbaren weißen Masse auf grünem Hintergrund. Von da an und nach einem kurzen Besuch beim Augenarzt war klar: Ich brauchte eine Brille. Doch bekam ich keine gewöhnliche Brille. Nein, ich trug eine regelrechte Panzerglasbrille. Die Gläser waren dicker, als es meinem Erscheinungsbild noch zuträglich gewesen wäre. Und ehe ich mich versah, galt ich in der Klasse nur noch als die »Brillenschlange«. Schon auf dem Weg zur Schule fing es an. Die anderen Kinder riefen mir hinterher: »Brillenschlange, Brillenschlange! Na, hast du auch deine Gläser gut geputzt?« Niemand wollte mit mir spielen. Als ich einmal einen Klassenkameraden fragte, ob wir etwas zusammen machen wollten, antwortete er nur: »Lern erst einmal richtig zu gucken.« Auf dem Schulhof und im Klassenzimmer ging es weiter mit den Hänseleien. Zu Beginn versuchten die Lehrer noch, mich gegen die Anfeindungen zu verteidigen. Aber sobald sie der Klasse den Rücken zudrehten oder gerade nicht in der Nähe waren, ging es wieder von vorn los: »Brillenschlange, Brillenschlange!« Kinder können grausam sein.

Meine Situation in der Schule war damit alles andere beneidenswert. Man könnte sagen: »Na, wenigstens konnte der Junge Kraft schöpfen aus dem innersten Kreis der Familie.« Zum Teil stimmt das auch. Gleichwohl erwarteten mich zuhause einige Probleme, mit denen ich früh fertig werden musste.

Schon als kleiner Junge erkannte ich, dass etwas seltsam war an meiner Mutter und Großmutter. An einem Tag feierten sie ausgelassen, waren geradezu euphorisiert, ohne dass aus meiner Sicht etwas Besonderes passiert war. Am nächsten Tag lagen sie zermürbt, müde und »verkatert« im Bett. Sie waren kaum dazu zu bewegen, überhaupt aufzustehen. Zunächst konnte ich mir ihre Stimmungsschwankungen nicht erklären. Ich war schlicht zu jung für diese Dinge. Aber später verstand ich, dass es am Alkohol lag. Doch warum hatten beide angefangen, zu exzessiv zu trinken?

Beide, meine Mutter wie auch meine Großmutter, hatten ihr Päckchen zu tragen, Erlebnisse, die sie nie wirklich verarbeiten konnten. Während des Zweiten Weltkrieges hatte meine Großmutter eine Affäre. Ihr Mann trennte sich daraufhin von ihr, als der Krieg vorbei war. Auch meine Mutter wurde verlassen. Von meinem Vater, von dem ich bis heute nichts gehört habe. Das alles ging nicht spurlos an den beiden vorüber. Sie verdrängten, was ihnen geschehen war. Und sie fanden Trost im Alkohol. Ich erinnere mich, dass ich für sie Bier holen ging, dass sie einmal zwei Monate am Stück tranken ohne Unterlass. Einmal kam ich nach Hause und fand meine Mutter auf dem Boden liegend vor. Sie lag da, regungslos, säuselte unverständliche Wortfetzen vor sich hin. Blut floss über ihren Kopf. Die Panik packte mich. Was war passiert? Ich hatte Todesangst. Angst, meine Mutter würde sterben. Ich rief um Hilfe. Doch meine Stimme verklang ungehört. Ich rief weiter: »Hilfe, Hilfe, meine Mutter …!« Ich fing an zu schreien, und kurz bevor ich dachte, dass meine Stimme schließlich versagen würde vor Heiserkeit, klopfte es an der Tür. Ich rannte zum Eingang und öffnete. Unser Nachbar stand dort. Ich blickte sofort in sein erschrockenes Gesicht: »Was ist los?« Ich zeigte ihm meine Mutter. Er reagierte sofort, und es dauerte nicht lange, bis sich die Sirenen des ersten Krankenwagens näherten. Meine Mutter kam ins Krankenhaus. Ich bangte, betete, hoffte, dass alles gut werden würde. Und ich hatte Glück. Meine Mutter überlebte. Aber ich war durch dieses Ereignis schwer gezeichnet. In der Schule fiel es mir schwer, mich zu konzentrieren. Immerzu dachte ich daran, was gerade zuhause passiert war, und grübelte darüber nach, ob es meiner Mutter gut ging. Diese Ungewissheit zermürbte mich, lenkte mich ab. Konnte ich einmal meinen Fokus auf den Schulstoff richten, wurde er mir wieder entrissen von den Hänseleien, den Kommentaren und Beleidigungen meiner Mitschüler. Es war ein Horror!

Doch so schlimm es auch war, so extrem die Zustände in meinem Inneren sich auch darstellten, ich wuchs an meinen Herausforderungen und lernte, mich auf die positiven Seiten des Lebens zu konzentrieren. Ich erkannte die schier unzähligen Möglichkeiten, die das Leben für uns bereithält. Auch wenn ich als kleiner Junge äußerlich nicht viel besaß, so hortete ich in meinem Inneren doch einen wahren Schatz. Mit meiner Fantasie, meiner Leidenschaft und meinem großen Tatendrang wollte ich die Welt verändern, immer einen Schritt weitergehen, nicht aufhören, bis sich meine Träume erfüllt hatten, wie bei meinen Idolen aus den USA. Dazu ist kein horrendes Vermögen nötig. Alles, was ich dazu brauchte, hatte ich bereits in mir. Man muss an sich glauben, mutig sein, auch wenn es Rückschläge gibt. Der Weg von ganz unten nach ganz oben ist keine Utopie. Er ist aber auch keine geradlinige Einbahnstraße ohne Gegenverkehr. Manchmal fühlt es sich an, als müsste man einen Alpengipfel erklimmen, manchmal scheint der Schilderwald aus Vorschriften undurchdringlich zu sein. Doch diese Zeiten gehen vorbei. Und sie stellen zugleich eine Bereicherung dar.

Als meine Mutter meinen späteren Stiefvater kennenlernte, kehrte etwas mehr Stabilität in unser Leben ein. Auch er hatte wie ich einen Migrationshintergrund, war aus seiner Heimat, der Tschechoslowakei, nach Westdeutschland geflohen. Wie so viele suchte er nach einem besseren Auskommen und mehr Freiheit. Er war nicht allein nach Deutschland gezogen. Mit ihm waren seine Eltern und seine drei Brüder gekommen. Alle waren äußerst tüchtig, hielten ein eigenes Geschäft am Laufen. Mein Stiefvater selbst war Maler und hatte immer alle Hände voll zu tun. Er profitierte vom Wirtschaftswachstum in Deutschland. An allen Ecken und Enden, gerade bei uns in Baden-Württemberg, wurde gebaut und renoviert, was das Zeug hielt. Das bescherte meiner Familie zwar immer noch kein üppiges, aber doch ein sicheres Einkommen. Passend zu den neuen Familienverhältnissen, erhielten wir auch eine neue Bleibe. Denn mein Stiefvater kaufte mit seinem Bruder ein Haus in Gerlingen, nicht weit von unserem alten Zuhause entfernt. Jeden Sonntag machten wir gemeinsame Ausflüge in die Umgebung. Wir erkundeten die Region, genossen gemeinsam die Natur. Die weiten Felder, die herrlich grünen Baumkronen, das Licht, das auf die Wanderwege fiel – all das habe ich als Glücksmomente meiner Kindheit in Erinnerung. Wie doch in solchen scheinbar einfachen Erlebnissen so viel Herrlichkeit und Schönheit steckt! Ich vermochte es kaum zu glauben.

Auch in der Schule lief es schließlich etwas besser. Zwar wurde ich noch immer getriezt; meine Brillengläser sahen nach wie vor eher aus wie dicke Fensterscheiben, worunter mein Ansehen weiterhin litt. Aber es gab eine entscheidende Wende. Denn ich fand einen sehr guten Freund namens Wolfgang. Und damit wurde vieles leichter. Als Einziger in meiner Klasse scherte er sich nicht um mein Aussehen. Ich weiß noch, wie er ohne Vorbehalte, ohne Abneigung in der Pause zu mir kam. Wir wechselten ein paar Sätze, fingen an, miteinander zu spielen, und mit jedem Tag, den wir uns länger kannten, verstanden wir uns besser und wurden nach und nach richtig gute Freunde. Das Gelächter der anderen interessierte mich nicht mehr. Ich hatte einen Kompagnon an meiner Seite. Einer, der mich nahm, wie ich war. Einer, der mir wirklich wichtig war. Die anderen wollten sich nur wichtig machen, indem sie sich auf den vermeintlich Schwächsten stürzten. Doch das Wichtigste war: Ich war nicht mehr allein. So bedeutend es auch ist, dass man aus sich selbst heraus die Kraft schöpft, seinen eigenen Weg zu gehen: Man kann nicht alles alleine schaffen. Man braucht Wegbegleiter, Unterstützer, Geschäftspartner, mit denen man gemeinsam an der Verwirklichung seiner Ziele arbeiten kann. Diese Erfahrung machte ich zum ersten Mal in der Grundschule, und sie ist mir über meine gesamte Karriere hinweg bis heute wertvoll geblieben.

Wolfgang glaubte an mich und meine Fähigkeiten. Und auch ich erkannte einige Talente in mir. Mit 15 Jahren imitierte ich mit einer gehörigen Portion Selbstvertrauen mein Idol Elvis bei einer Show in meiner Lieblingsdisco. Und Wolfgang war es, der mir diese Gelegenheit gab. Er hatte einen Zettel mit meinem Namen in die Tombola geworfen. Und als ich schließlich gezogen wurde, gab es für mich kein Halten mehr. Ich wollte zeigen, was ich draufhatte. Despektierlich könnte man sagen, ich war eine Rampensau. Anders ausgedrückt, war meine Entschlossenheit auch Ausdruck meines neu gewonnenen Selbstvertrauens. Nicht mehr Angst und Zweifel sollten mein Handeln leiten, sondern Mut und Optimismus. Für mich war dieses Erlebnis ein Türöffner zu ungeahnten Möglichkeiten. Eine Explosion, die in mir Kräfte freisetzte, die ich vorher nur hatte erahnen können. Am Anfang etwas überrascht, jubelten mir die Anwesenden vor der Bühne nach der Show zu. Dieses Erlebnis inspirierte mich ungemein. Indem ich etwas tat, von dem ich aufrichtig überzeugt war, konnte ich andere begeistern. Ich war vielleicht nicht der begnadetste Sänger. Im Gegenteil – ich war weit davon entfernt, mit dem »King of Rock’n’Roll« ernsthaft konkurrieren zu können. Aber ich hatte meinen gesamten Elan in diese Performance gelegt. Ohne Zweifel und ohne falsche Bescheidenheit. Auch wenn wir uns noch so viele Gedanken machen, was andere von uns denken könnten: Manchmal müssen wir unserer Eingebung einfach folgen, um im Leben weiterzukommen. Klar, die anderen Discobesucher hätten mich auch ausbuhen und auf den harten Boden der Tatsachen zurückholen können, wenn ich sie nicht überzeugt hätte. Doch es deshalb erst gar nicht zu probieren, war keine Option und ist es bis heute nicht. Wer immer im Konjunktiv redet und nichts von dem Gesagten umsetzt, verpasst die besten Chancen im Leben und schaut am Ende zu, wie andere ihren Weg gehen. Doch auf Dauer nur Zuschauer zu sein, in der zweiten Reihe zu stehen, kann niemanden zum Ziel bringen. Der »American Dream« wird für jeden wahr, der seine Potenziale erkennt.

Mit der richtigen Überzeugung überzeugt man auch andere – das wurde mir an jenem Abend klar. Und das Beste war, dass nicht nur ich Spaß hatte, sondern dass alle nach dieser überraschenden Showeinlage gut drauf waren: eine Win-win-Situation.

Was mir diesen einen Abend lang gelang, sollte zu meinem Lebensmotto werden: Anderen etwas Gutes zu tun, wurde zu meinem Lebensziel. Mit einer guten Idee mein eigenes Leben und vor allem das meiner Mitmenschen noch etwas schöner zu machen – das war mein Traum.

Ich hatte akzeptiert, dass es Schulkameraden gab, die es in ihren Familien vielleicht weniger schwer hatten. Die vielleicht mehr Unterstützung bekamen. Denen es leichter gemacht wurde, ihren Weg zu finden. Aber ich wollte mir deshalb nicht die Chance nehmen lassen, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen und für meine Überzeugungen einzustehen. Auf der Bühne hatte ich gespürt, dass die Leute nicht fragen, woher du kommst. Was sie interessiert, ist, wer du bist und ob du zu dir stehst. Für einen Moment vergaß ich die Probleme in der Schule und der Familie. Ich spürte nur mich und meine Stimme. Als die ersten Töne aus den Boxen kamen und ich meine Stimme erhob, fühlte ich mich befreit. Befreit von dem Ballast auf meinen Schultern. Voller Kraft und Energie. Ich dachte nur: Jetzt ist der Moment! Jetzt kannst du alles geben, alles zeigen, was in dir steckt.

Denn wir alle haben ein großes Geschenk in uns, das wir wertschätzen sollten. Eine Fabrik der Gedanken und Ideen und auch der Vernunft: unser Gehirn. Dieses Geschenk zum Wohl aller zu nutzen, ist meine oberste Maxime. Doch wäre es zu einfach, alle familiären Unterschiede, die zwischen mir und meinen Kameraden standen, in einem Handstreich abzuweisen, als wären sie nie da gewesen. Nein, meine Familie hat mich geprägt, und ich habe einiges von ihr gelernt. Ob freiwillig oder unfreiwillig: Die Alkoholsucht meiner Mutter und die Strenge meines Stiefvaters – all diese Erlebnisse haben mich geformt. Als wäre ich bis gestern unter seinen Fittichen gewesen, erinnere ich mich immer noch genau an das strikte Regime meines Stiefvaters. Um Punkt 20:00 Uhr hatte ich im Bett zu sein. Nur am Wochenende durfte ich eine mickrige Stunde länger aufbleiben. Die spannendsten Filme durfte ich nicht zu Ende schauen. Natürlich beschwerte ich mich, weinte und schrie auch mal vor lauter Wut und Enttäuschung. Doch egal, was ich auch veranstaltete, mein Stiefvater blieb seiner Linie treu. Das war hart für mich. Aber ganz langsam hatte sich durch die stringente Erziehung doch etwas Kostbares entwickelt. Ich bekam eine Struktur in meinem Alltag, die mir den Halt gab, den ich vorher nicht gehabt hatte.

Denn anders als viele andere junge Menschen meiner Generation entwickelte ich eine ausgeprägte Sehnsucht nach Sicherheit. Wer viel auf sich allein gestellt ist, spürt auch schneller als andere, wenn es mal nicht rundläuft. Da ist niemand, der für dich Verantwortung übernimmt und seinen Kopf für dich hinhält. Niemand, der für dich einspringt, wenn es mal eng wird. Nichts bringt es zutreffender auf den Punkt als ein alter deutscher Spruch, der sich mir während meiner Jugend eingeprägt hat: »Die Suppe, die man sich einbrockt, muss man auch auslöffeln.« So weh das auch manchmal tut, es ist eine sehr lehrreiche Erfahrung. Eine Erfahrung, die man nicht ersetzen kann und die so prägend ist, dass sie den eigenen Lebensweg in völlig neue Bahnen lenken kann. Bei mir waren diese Bahnen das Bedürfnis nach Sicherheit. Ich wollte gewappnet sein für den worst case, für ein sicheres Auffangbecken sorgen für den Fall, dass es hart auf hart kommen sollte.

Und es dauerte nicht lange, bis es mal wieder hart auf hart kam. Und zwar für meine kleine Schwester, die ich mit zwölf Jahren bekam und zu der ich seit jeher ein fantastisches und besonderes Verhältnis pflege. Eines Tages, ich kam gerade von der Schule nach Hause, hörte ich meine damals einjährige Schwester husten. Nicht einmal, nicht zweimal, sondern ununterbrochen in einem bellenden Ton. Ich bemerkte sofort, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte. Sie hatte sich weder verschluckt, noch hatte sie bloß eine einfache Erkältung. Meine Mutter, vermutlich alkoholisiert, stand neben ihr und fragte nur: »Was hast du denn?« Erwartete sie wirklich eine Antwort? In diesem Moment wurde mir klar, dass ich Verantwortung übernehmen musste. Ich war zu diesem Zeitpunkt der Einzige mit einem klaren Kopf. Ich übernahm die Initiative und rief sofort meinen Stiefvater an. »Du musst sofort hierherkommen. Andrea geht es nicht gut.« Zum Glück ließ mein Stiefvater nicht lange auf sich warten. Wir nahmen meine Schwester und fuhren auf der Stelle Richtung Krankenhaus. Auf dem Weg dorthin spürte ich, wie ihr immer mehr die Luft wegblieb. Ich hielt sie auf dem Arm und schaute tief in ihre großen Augen. Ein Blick so ehrlich, so frei, so unschuldig. Dieser kleine Mensch durfte nicht sterben! Ihre Atemzüge folgten in immer größeren Abständen, ihr Atem wurde immer schwächer. Ich spürte, wie sie um ihr Leben rang, und mir kamen die Tränen. Eine nach der anderen tropften sie von meiner Wange auf ihr kleines, zartes Gesicht. Mit dem Mut der Verzweiflung rief ich meinem Stiefvater zu: »Fahr schneller!« Ich glaube, ich hatte in meinem Leben nie mehr so viel Angst, einen Menschen zu verlieren. Dieser kleine, schuldlose Mensch hatte es am allerwenigsten verdient, so früh zu sterben. Und zum Glück kam alles anders. Am Krankenhaus angekommen, nahmen uns die Ärzte in Empfang. Alles ging sehr schnell, und doch kam mir das Warten wie eine halbe Ewigkeit vor. Die Sekunden bis zur erlösenden Diagnose waren schwer wie Blei. Ich spürte meinen rasenden Puls, und in meinem Kopf stapelten sich die Gedanken. Würde sie überleben? Hatten wir rechtzeitig gehandelt? Würde ich ihr noch einmal in die Augen schauen können, sie noch einmal lachen, noch einmal spielen sehen? Und dann endlich. Als sich die Tür zum Behandlungszimmer öffnete und der Arzt mit einem Lächeln auf dem Gesicht heraustrat, löste sich meine ganze Anspannung. Entwarnung! Meine Schwester würde überleben. Aber ohne unseren, ohne meinen Einsatz wäre es wohl zu spät gewesen.

Auch wenn dieses Ereignis vielleicht den Eindruck macht, mein Stiefvater und ich seien ein starkes Team gewesen, war zumeist genau das Gegenteil der Fall. Klar, in Extremsituationen, in Situationen, in denen es um Leben und Tod ging, standen wir zusammen. Aber der Alltag sah ganz anders aus. Als ich meinen Schulabschluss in der Tasche hatte, drängte mich meine Familie sofort dazu, eine Lehre zu beginnen. Ich war unentschlossen, wusste nicht, was ich wollte, und gab schließlich dem Druck nach. Ich begann meine Zeit als Azubi bei einem Taschenhersteller. Wir produzierten hochwertige Taschen für den besonderen Kundengeschmack. Es waren ohne Frage schöne Produkte, genau im Stil der Zeit. Aber ich merkte alsbald, dass mir diese Arbeit nicht lag. Dennoch versuchte ich, meinen Job so gut wie möglich zu meistern. Doch mein damaliger Ausbildungsleiter sah meine Anstrengungen nicht. Er nahm gar nicht wahr, wie viel ich in die Ausbildung investierte. Stattdessen hackte er auf mir herum, diktierte mir immer weitere Vorschriften und fand stets etwas an mir auszusetzen. Ich war hin- und hergerissen. Sollte ich weitermachen? Sollte ich hinschmeißen? Was würde dann aus mir werden? Ich spürte, dass ich mehr konnte als Dienst nach Vorschrift. Ich musste mich emanzipieren. Ein paar Tage später, wieder einmal hatte ich harsche Kritik einstecken müssen, offenbarte ich meinem Chef meine Pläne: »Ich gehe jetzt.« – »Sie gehen gar nirgends hin.« Ich hatte eine solche Antwort schon erwartet und erwiderte nun erst recht entschlossen: »Ich gehe. Für immer.« Meine Familie nahm meine Entscheidung erwartungsgemäß entsetzt auf. Alle machten sich Sorgen, fragten mich, was aus mir werden würde. Doch ich wusste, dass ich weitergehen musste. Mir fehlte das handwerkliche Feingefühl, und die Monotonie des immer gleichen Herstellungsprozesses machte mich apathisch. Ich konnte dort nicht bleiben. Und so zog ich weiter.

Es sollten noch zwei weitere Ausbildungsversuche folgen, ehe ich endlich den Weg in die Finanzbranche fand. Meine zweite Station, die Bäckerlehre, war von wenig Erfolg gekrönt und nach wenigen Monaten für mich schon wieder vorbei. Einen letzten Versuch in diese Richtung startete ich, indem ich eine Malerlehre begann. Mein Stiefvater hatte mich darauf gebracht. Doch auch darin fand ich keine Motivation. Meine Leidenschaft, und das spürte ich mit jeder gescheiterten Ausbildung immer deutlicher, lag woanders. Und nur dort, wo ich meine Leidenschaft entfalten konnte, hatte ich überhaupt eine Chance, erfolgreich zu sein. Sosehr ich mich auch bemühte – das höchste der Gefühle, das größte Lob, das mir mein Stiefvater für meine malerische Arbeit gab, war ein schlichter Satz: »Das kann man so lassen.« Mit diesem Mittelmaß wollte ich mich nicht zufriedengeben. Es musste etwas geben, in dem ich aufgehen konnte, in dem ich meine Fähigkeiten, meine Art zu sein, produktiver einsetzen konnte.

Das Erste, was ich dazu brauchte, war Freiheit, war Unabhängigkeit. Ich merkte, dass ich unter der Last von Regeln und Anleitungen nicht zu meiner eigenen Kraft fand. Ich brauchte Bewegungsfreiheit für meinen Geist, für neue Pläne.

Ich fing klein an als Getränkelieferant in Gerlingen, einer kleinen Stadt bei Stuttgart. Ich verdiente nicht viel. Doch ich war frei. In meiner Fahrerkabine gab es keinen Chef, der mir sagte, was ich zu tun und zu lassen hatte. Genau das tat mir unglaublich gut. Ich liebte meine neu gewonnene Eigenständigkeit, das Gefühl, mein Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Doch auf Dauer würde ich mit diesem Job nicht weiterkommen. Dazu war die Bezahlung zu gering, es waren gerade mal 800 DM pro Monat. So kam ich schließlich vom Festlohn zum Provisionsmodell. Ein Kollege erzählte mir von der Möglichkeit als Staubsaugerverkäufer auf Provisionsbasis mein Gehalt merklich aufzubessern. Und so geschah es. Bei Vorwerk entdeckte ich mein kaufmännisches Talent. Als Berater verkaufte ich schon bald 20 Staubsauger in der Woche. Doch auch hier waren mir Grenzen gesetzt. Ein Arbeitstag hat nun mal nur zehn effektive Arbeitsstunden. Für etwas wirklich Großes reichte das nicht aus. Und so kam ich schließlich zum Multi-Level-Marketing und in die Finanzbranche. Hier lagen die Potenziale für mehr.

Jeder Mensch hat ein Bedürfnis nach Sicherheit. Genau deshalb haben die Menschen angefangen, sich in Gemeinschaften zu organisieren. Sie wollten sich damit gegenseitig Schutz geben vor äußeren Gefahren. Mit dem Geld ist es nicht anders. Denn Sicherheit bedeutet im Kapitalismus nicht zuletzt finanzielle Sicherheit. Wer einmal spürt, wie ihm der Boden unter den Füßen weggezogen wird, wenn sämtliche Ersparnisse auf einen Schlag dahin sind, der möchte sich sicher aufstellen für die Zukunft. Wer auf das schnelle Geld aus ist, ohne ein gesichertes finanzielles Fundament zu haben, kann im Handumdrehen ohne einen Pfennig dastehen. Die Finanzkrise 2008 hat das eindrucksvoll bewiesen.