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Es hätte so schön sein können: Im Sommer 1936 möchte Josephine Tey mit Freunden im Urlaubsort Portmeirion in Wales ihren vierzigsten Geburtstag feiern. Gleichzeitig bemüht sich der berühmte Alfred Hitchcock um die Filmrechte an ihrem Roman Klippen des Todes. Doch durch den Mord an einer Hollywood-Ikone geraten die Feierlichkeiten vollkommen aus dem Ruder. Eine brutale Mordserie nimmt ihren Lauf.
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Seitenzahl: 593
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Nicola Upson wurde 1970 in Suffolk, England, geboren und studierte Anglistik in Cambridge. Ihr Debüt Experte in Sachen Mord bildet den Auftakt der erfolgreichen Krimireihe. Bei deren Hauptfigur Josephine Tey handelt es sich um eine der bekanntesten Krimiautorinnen des Britischen Golden Age. Mit dem Schnee kommt der Tod war nominiert für den CWA Historical Dagger Prize (2021). Nicola Upson lebt in Cambridge und Cornwall.
Sommer, 1936. Die Schriftstellerin Josephine Tey trifft sich mit ihren Freunden im Urlaubsort Portmeirion, um ihren vierzigsten Geburtstag in geselliger Runde zu begehen. Zufällig ist auch Regisseur Alfred Hitchcock vor Ort und nutzt die Gelegenheit, um Tey ein interessantes Angebot zu machen.
Doch als eine der bekanntesten Schauspielerinnen Hollywoods brutal ermordet aufgefunden wird, enden die Festlichkeiten abrupt. Wenig später wird mit der Entdeckung einer zweiten Leiche klar, dass sich der Mörder immer noch unter den Gästen befindet.
Inmitten von Angst und Misstrauen begeben sich Josephine und Chief Inspector Archie Penrose auf die Spur des sadistischen Serienmörders. Eins steht fest, diesen Geburtstag wird Josephine Tey nicht so schnell vergessen …
In Liebe meinen Eltern gewidmet
Können wir kurz Pause machen?«
»Natürlich.« Der Detective klang zwar ungeduldig, aber er folgte der Bitte, und das Rattern des Filmprojektors erstarb langsam. Archie Penrose schloss die Augen, doch das Bild von Josephine wollte nicht verschwinden. Wegen der laufenden Kamera ein wenig verlegen, saß sie in der Nachmittagssonne auf der Hotelterrasse und lachte über etwas, was er gerade zu ihr gesagt hatte. Es nagte an ihm, dass er sich nicht mehr erinnern konnte, worüber sie geredet hatten – was allerdings kein Wunder war, weil die Unterhaltung mittlerweile achtzehn Jahre zurücklag und einfach nur Urlaubsgeplauder gewesen war. Er fand es jedoch beunruhigend, dass die Erinnerung an Josephine seit ihrem Tod allmählich verblasste, und jedes sich ihm entziehende Detail quälte ihn wie ein persönlicher Vorwurf. Er stand auf und zog die Jalousien vor den Fenstern hoch, wobei er sich des forschenden Blickes des Amerikaners bewusst war, der auf eine Erklärung wartete. »Es war nicht meine Absicht, Sie aufzuregen, Sir«, sagte er zögernd, und der schleppende kalifornische Akzent verlieh seinen Worten etwas Anmaßendes, das beabsichtigt gewesen sein könnte oder auch nicht. »In den späteren Aufnahmen sind schlimmere Dinge zu sehen. Viel schlimmere.«
»Nicht für mich«, sagte Penrose schroff und setzte sich an seinen Schreibtisch, um seine Autorität halbwegs wiederherzustellen. »Eine Freundin von mir – die Frau in dem Film –, sie ist gestorben.« Die Worte klangen kalt und unpersönlich, aber aus Erfahrung wusste er, dass es keine angemessene Formulierung gab, um seinen Verlust zum Ausdruck zu bringen, und er hatte es schon lange aufgegeben, danach zu suchen. »Der Blick in die Vergangenheit ist schwer für mich, Detective Doyle, ganz gleich, wie harmlos Ihnen die Bilder erscheinen mögen.«
»Sie kannten eines der Opfer persönlich? Tut mir leid. Das wusste ich nicht.«
Dieses Mal klang die Entschuldigung aufrichtig, und Penrose beeilte sich, die Sache richtigzustellen. »Nein, nein – Sie missverstehen mich. Sie ist vor ein paar Jahren infolge einer Krankheit gestorben. In Portmeirion waren wir, um Josephines vierzigsten Geburtstag zu feiern. Sie war so gern dort, und wir haben uns mit Freunden getroffen.«
»Sie gehörten also nicht zu Mr Hitchcocks Gesellschaft?«
»Nicht offiziell, nein. Eine Freundin von Josephine – Marta Fox – hatte für Hitchcocks Frau an mehreren Drehbüchern gearbeitet und war übers Wochenende gekommen. Keiner von uns gehörte zu Hitchcocks Kreis, allerdings hatten er und Josephine einige Dinge zu besprechen. Er wollte eines ihrer Bücher verfilmen – einen Kriminalroman mit dem Titel Klippen des Todes, der bald darauf veröffentlicht werden sollte. Sie hatte Bedenken, erklärte sich aber mit einem Treffen einverstanden, während sie beide in Portmeirion waren.«
»Ich kann mich an keinen Film mit diesem Titel erinnern. Er wurde wohl nie gedreht, wenn Ihre Freundin solche Bedenken hatte?«
»Doch, doch, er wurde gedreht. Er kam im darauffolgenden Jahr heraus, Hitchcock nannte ihn allerdings Jung und unschuldig. Er war ein ziemlicher Erfolg.«
Der Detective schüttelte den Kopf. »Sagt mir trotzdem nichts. Wahrscheinlich habe ich nur die gesehen, die er gedreht hat, nachdem er auf unsere Seite gewechselt ist. War sie mit dem Film zufrieden? Ihre Freundin, meine ich.«
»Nachdem Mr Hitchcock sich darüber hergemacht hatte, war ihre Geschichte genauso wenig wiederzuerkennen wie der Titel«, sagte Penrose trocken. »Ich kann mich an einige Kommentare von Josephine erinnern, als sie ihn gesehen hat, aber das Wort ›zufrieden‹ fiel dabei nicht.«
Doyle lächelte. »Dann hoffe ich, dass man sie wenigstens gut bezahlt hat.« Er zog ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche und bot Penrose eine an. »Erzählen Sie mir etwas über dieses Portmeirion – es ist kein richtiges Dorf, oder?«
»Es ist alles, was Sie wollen, das es ist. Das macht seinen Reiz aus.«
»Aber ein privates Dorf, das ganz allein von einem Mann geschaffen wurde? Ist das nicht ein bisschen merkwürdig?«
Die unverhohlene Skepsis in der Stimme des Detective belustigte Penrose, aber ihm war klar, was Doyle meinte: Für jemanden, der nie dort gewesen war, war die Idee eines Erholungsorts, der ausschließlich um des Vergnügens und der architektonischen Schönheit willen geschaffen worden war – und nur für Leute, die über die nötigen Mittel verfügten, um all das zu genießen –, schwer nachzuvollziehen. Einem Amerikaner mit, wie er vermutete, sozialistischen Neigungen musste es wie eine absurde Ausschweifung erscheinen. »Es ist zweifellos außergewöhnlich«, sagte er, »aber das sind große Ideen ja oft. Mag das Dorf auch von einem einzelnen Mann erschaffen worden sein, so folgt es doch der Überzeugung, dass Schönheit das Leben der Menschen allgemein verbessern kann. An der Stelle, an der Portmeirion liegt, fand Clough Williams-Ellis eine Landschaft vor, die an sich bereits schön war, und er nutzte seine Vorstellungskraft, um sie noch schöner zu machen. Das ist eine gewaltige Leistung, also nein – ich finde es nicht merkwürdig. Genau genommen erscheint es mir nach dem, was die Welt durchgemacht hat, vernünftiger denn je – wenn auch ein wenig optimistisch.« Er lächelte, aber Doyle wirkte nicht überzeugt. »Und es ist kein Museum – er baut weiter daran. Nachdem die kriegsbedingten Baubeschränkungen endlich aufgehoben worden sind, gibt es für ihn kein Halten mehr. Ich war kürzlich mit meiner Frau dort, und da hatte er gerade mit den Plänen für ein neues Torhaus begonnen. Portmeirion lebt und atmet und verändert sich«, fügte er hinzu und konnte nicht verhindern, dass sich leiser Spott in seine Stimme schlich, »genau wie ein richtiges Dorf.«
»Es überrascht mich, dass Sie nach allem, was geschehen ist, dorthin zurückgekehrt sind. Besonders fröhlich kann der Aufenthalt nicht gewesen sein.«
»Wenn ein Polizist anfängt, Orte zu meiden, an denen ein Gewaltverbrechen verübt wurde, kann er irgendwann das Haus überhaupt nicht mehr verlassen«, erwiderte Penrose. »Das wissen Sie doch bestimmt aus eigener Erfahrung.« Es war eine ausweichende Antwort, aber im Kern traf sie zu: Seltsamerweise war für ihn Portmeirion nicht durch die Morde gezeichnet, die dort begangen worden waren, sondern es verband sich damit das Glück, das er in diesem Sommer dort erlebt hatte – ein Glück, das der Schock über Josephines Tod umso intensiver machte. Er wusste genau, dass es ein vergeblicher Versuch wäre, seine Trauer zu lindern, indem er sich von Orten fernhielt, an denen sie gemeinsam gewesen waren: Trauer kannte keine Logik, und er spürte ihre Abwesenheit immer und überall. »Auf die Gefahr hin, gefühllos zu klingen, ich persönlich hatte mit den Todesfällen in Portmeirion nichts zu tun, deshalb überwiegen die schönen Erinnerungen die schlechten.«
Doyle schüttelte einige Fotos aus einer Mappe und faltete auf Penrose’ Schreibtisch eine Karte des Dorfes auseinander. »Trotzdem lässt sich ein solcher Fall sicher nur schwer vergessen, ganz gleich, in wie vielen Sie im Lauf Ihrer Arbeit ermittelt haben.« Nacheinander deutete er auf verschiedene Punkte auf der Karte und legte jeweils das entsprechende Schwarz-Weiß-Foto daneben. »Eine Leiche, die auf diesem seltsamen Friedhof im Wald gefunden wurde, mit einem Messer so übel zugerichtet, dass das Gesicht fast unkenntlich war. Ein weiterer Mord auf der Landzunge, nur einen Steinwurf vom Hotel entfernt, das Opfer vergewaltigt, erwürgt und aufgehängt wie ein Tier. Die Garagen mitten im Dorf – überall Blut.« Er legte das letzte Foto in die Mitte der Karte, und Penrose blickte auf den zerschmetterten Körper, erinnerte sich an die Verwirrung und Fassungslosigkeit, die er beim Eintreffen am Ort des Geschehens empfunden hatte. »Der letzte Todesfall«, fügte Doyle hinzu. »Ein offenkundiges Schuldeingeständnis, das scheinbar alle Fragen beantwortete. So viele Tatorte und so viel Blut. Ich verstehe nicht viel von Schönheit, Sir – aber mir kommt es so vor, als hätte Ihr Architekt einen Spielplatz für einen Mörder geschaffen.«
»Das war wohl kaum seine Absicht«, sagte Penrose ruhig. »Zu allem Überfluss haben die kleinen Spielchen von Mr Hitchcock die polizeiliche Arbeit erschwert.«
»Sie waren nicht der leitende Ermittler, oder?«
»Nein, es war nie mein Fall. Jemand anderes übernahm ihn, ich hatte nur die Rolle eines Zuschauers. Für kurze Zeit gehörte ich sogar zum Kreis der Verdächtigen.«
»Das dürfte eine ganz neue Erfahrung gewesen sein.«
Penrose nickte. Während seines gesamten Berufslebens war er stolz auf sein Einfühlungsvermögen gegenüber den von einem Mord Betroffenen gewesen, auf sein Bewusstsein dafür, dass auf dem Weg zur Wahrheitsfindung das Leben vieler Unschuldiger in Mitleidenschaft gezogen wurde, und trotzdem hatte es ihn überrascht, wie schnell Menschen sich gegeneinander wandten, wenn ihr Charakter infrage gestellt wurde. »Glücklicherweise dauerten die Ermittlungen nicht lange. Alles fand ein schlüssiges Ende, und der Fall schien schnell abgeschlossen zu sein.«
»›Schien‹?«
»Selbstmord ist die offenkundige Form eines Geständnisses, wie Sie sagten, aber ein Verhör wird dadurch recht schwierig.«
»Man hat mir gesagt, dass Sie mit dem Ermittlungsergebnissen nie so ganz zufrieden waren.«
»Es stand mir nicht zu, mich zur Arbeit von Kollegen zu äußern«, erwiderte Penrose, wobei er sich fragte, wer »man« war. »Und es steht mir auch jetzt nicht zu. Sollten Ihnen Informationen vorliegen, die Zweifel an früheren Ermittlungsergebnissen wecken, gibt es entsprechende Stellen, die für so etwas zuständig sind – ich werde jedenfalls nicht über etwas spekulieren, das niemals in meiner Verantwortung lag. Wie gesagt, alles schien auf zufriedenstellende Weise geklärt.«
Auf Doyles Gesicht tauchte erneut ein amüsiertes Lächeln auf. »Ich schätze, das ist die berühmte britische Diplomatie, die Sie so weit gebracht hat.« Doyle sah sich in dem Büro um, und sein Blick erfasste die halb gepackten Kisten und leeren Regale, die eindrucksvolle Zeichnung eines weiblichen Akts, die Penrose von der Wand genommen hatte. »Wenn man in Ruhestand geht, hat man alle Hände voll zu tun«, sagte er. »Das Letzte, was man da braucht, ist ein Fremder, der Türen öffnet, die vor fast zwanzig Jahren geschlossen wurden.«
Penrose widersprach nicht. »Detective Doyle, das alles dauert länger, als ich erwartet hatte, und ich bin nicht einmal sicher, ob ich den Zweck Ihres Besuchs richtig verstehe. Sie baten mich um ein Treffen in Zusammenhang mit einigen Morden, die kürzlich in Los Angeles verübt wurden und von denen Sie glauben, dass sie in Verbindung zu den Ereignissen 1936 in Portmeirion stehen, und ich bin gerne bereit, Ihnen zu helfen.« Er sah auf seine Uhr. »Aber Sie haben recht – ich habe noch viel zu tun. Vielleicht könnten wir die Filmvorführung überspringen und direkt zum Punkt kommen. Wie genau sieht diese Verbindung aus, von der Sie sprachen?«
»Hitchcock. Also, Hitchcocks Filme. Der neueste läuft in Kürze an, das ist die Verbindung.« Penrose setzte zu einer Erwiderung an, aber Doyle hob die Hand. »Lassen Sie es mich zuerst erklären. Dieser neue Film – es geht darin um einen Fotografen, der sich das Bein gebrochen hat und im Rollstuhl in seiner Wohnung festsitzt. Weil er nicht arbeiten kann, vertreibt er sich die Zeit damit, die Leute in den Wohnungen gegenüber zu beobachten und sich aufgrund seiner Beobachtungen ihr Leben auszumalen …«
»Kommt mir bekannt vor«, sagte Penrose und dachte an einen von Josephines Romanen, »aber ja – ich habe davon gelesen. Grace Kelly und James Stewart?«
»Richtig. Der Film spielt in Greenwich Village, wurde aber an einem riesigen Set gedreht, das nach Hitchcocks Vorgaben eigens dafür gebaut wurde. Dieses Set umfasste mehr als dreißig Wohnungen, mit Bäumen und Büschen im Hof, einem schmalen Durchgang zu einer Straße, Autoverkehr, sogar eine Bar. Man könnte meinen, man hat das echte Manhattan vor sich.«
»Tatsächlich, und das alles von einem einzigen Mann geschaffen?«, sagte Penrose, aber Doyle war so in seine Erzählung vertieft, dass er die Ironie nicht mitbekam.
»Ja – erstaunlich, nicht? Die Dreharbeiten waren Anfang des Jahres beendet, aber an dem Morgen, an dem mit dem Abbau des Sets begonnen werden sollte, wurden in einer der Wohnungen drei Leichen gefunden – drei Frauen, alle brutal ermordet.«
Penrose sah ihn verblüfft an. »Warum habe ich nichts davon gehört?«, fragte er. »Das muss doch Schlagzeilen gemacht haben.«
»Wir hielten es für das Beste, mit den an die Presse weitergegebenen Informationen diskret umzugehen.«
»Und Sie waren für die Ermittlungen zuständig?«
»In gewisser Weise, aber ehrlich gesagt fanden keine nennenswerten Ermittlungen statt. Eine Person wurde am Tatort gefasst, jemand, der später eine Reihe ähnlicher Morde gestand, unter anderem die drei Morde in Portmeirion …«
Penrose war klar, dass Doyle versuchte, seine Neugier zu wecken, indem er Einzelheiten zu dieser in Gewahrsam genommenen Person zurückhielt, aber er ließ sich nicht ködern. »Drei Morde in Portmeirion? Wollen Sie damit sagen, dass es sich bei dem von uns angenommenen Selbstmord des Täters in Wahrheit um einen weiteren Mord handelte?«
»Sieht ganz danach aus. Aber irgendwie behagt mir die Sache nicht. Offensichtlich steckt sehr viel mehr hinter den damaligen Geschehnissen, und das bereitet mir Kopfzerbrechen. Ich würde gern eine zweite Meinung dazu hören.«
»Warum meine?«
»Weil Sie dort waren. Weil Sie die beteiligten Personen kennen. Weil ich gehört habe, dass Ihnen die Wahrheit wichtig ist.«
Erneut fragte sich Penrose, von wem er das gehört hatte, er sagte jedoch nichts. Falls nötig, war nach dem Gespräch noch Zeit, mehr über Detective Tom Doyle in Erfahrung zu bringen. »Sie haben doch ein Geständnis – für alle Morde. Ich weiß wirklich nicht, was ich dem noch hinzufügen kann.«
»Ihre Kollegen hatten ebenfalls eine Art Geständnis, und jetzt taucht jemand auf und behauptet etwas anderes. Hören Sie, Sir, wenn es Sie nicht interessieren würde, hätten Sie diesem Gespräch nicht zugestimmt – und es interessiert Sie, weil Sie im Grunde Ihres Herzens glauben, dass Sie nur die halbe Geschichte kennen. Ich möchte wissen, ob das, was ich Ihnen zeigen will, die andere Hälfte ist, oder ob wir beide noch immer etwas übersehen.« Er schob einen zweiten Aktendeckel über den Schreibtisch. »Halten Sie es rückblickend für möglich, dass das Ihr Mörder war?«
Penrose warf einen Blick auf den Namen, der in Maschinenschrift auf der Akte stand. »Unmöglich«, sagte er und verlor für einen kurzen Moment die Fassung. »Der Selbstmord … in dem Moment waren alle zusammen auf der Terrasse.«
»Und trotzdem haben wir für diesen Mord ein Geständnis von jemandem, der Ihren Worten zufolge zu diesem Zeitpunkt ein paar Hundert Meter weit weg war. Wenn dieser Teil der Geschichte zweifelhaft ist, warum sollte ich dann irgendetwas glauben, was man mir erzählt? Über irgendeines dieser Verbrechen?«
»Aber wenn Sie solche Zweifel haben, sind Sie der Sache doch bestimmt nachgegangen?«
»Natürlich, aber ich bekomme jedes Mal die gleiche Antwort. Was Sie gerade gesagt haben, ist der erste Hinweis, der mich in meiner Vermutung bestärkt.«
»Aber es ergibt keinen Sinn. Warum sollte jemand ein achtzehn Jahre zurückliegendes Verbrechen gestehen – ganz zu schweigen davon, deswegen zu lügen –, wenn der Fall abgeschlossen ist und niemand mehr Fragen stellt?«
Doyle zuckte mit den Schultern. »Ich hatte gehofft, dass Sie mir bei der Beantwortung dieser Frage helfen könnten. Um ehrlich zu sein, Sir, ich habe keine Ahnung, wonach ich suche, aber alles, was Sie mir über diese paar Tage erzählen können, ist möglicherweise von Nutzen.« Er schien Penrose’ Interesse zu spüren und deutete auf die Akte. »Wollen Sie lesen, was ich Ihnen mitgebracht habe?«
Penrose nickte, dankbar für alles, was den Augenblick hinauszögerte, in dem er sich wieder den Film mit seinem jüngeren Ich, mit einer lebendigen und gesunden Josephine ansehen musste. Es hatte ihn erschreckt, wie sehr sich die echte Person – selbst wenn sie nur auf Zelluloid gebannt war – von dem Bild in seinem Kopf unterschied. Er hatte es immer für selbstverständlich gehalten, dass er sich deutlich an Josephines Gesicht erinnerte, doch jetzt wurde ihm klar, dass es nur eine dürftige Nachbildung war, zusammengesetzt aus den Eindrücken vieler Jahre und einzelnen Momenten, und nichts davon entsprach ganz der Wahrheit. In den Monaten nach ihrem Tod hatte er langsam und unmerklich begonnen, sie durch den Filter seiner Fantasie zu betrachten, und das war womöglich die größte Verfälschung: Ihr Bild passte sich seiner Vorstellung an, und das hätte Josephine niemals getan. »Ich brauche allerdings etwas Zeit, um mir das genau anzusehen«, sagte er. »Bleiben Sie in der Stadt?«
»Ja, ich wohne im Adelphi in der Villiers Street.«
»Gut, kommen Sie morgen Mittag wieder her. Dann werde ich Ihre Fragen beantworten.« Der Amerikaner erhob sich und wandte sich zur Tür, aber Penrose hielt ihn zurück. »Diese Filmaufnahmen aus Portmeirion – sie kommen vermutlich von Mr Hitchcock?«
»Ja, aus seinem Büro. Ich dachte, sie könnten vielleicht Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.«
»Sie haben vorhin gesagt, dass schlimmere Dinge kommen. Wie haben Sie das gemeint?«
»Die jüngsten Morde – die Frauen an Hitchcocks Set. Eine von ihnen wurde beim Sterben gefilmt.« Mit diesen Worten verließ Doyle den Raum und schloss leise die Tür hinter sich. Penrose ging zum Fenster und blickte auf die Straße hinunter, wartete darauf, dass der Detective aus dem Gebäude kam. Es war ein drückender Morgen, typisch für Juli mit tief hängenden grauen Wolken, die den Sommer herausforderten, sich zu zeigen, und Hitze brachten, ohne die Sonne durchzulassen. Das Jackett lässig über die Schulter geworfen, lockerte Doyle seine Krawatte und öffnete den Hemdkragen, während er die Treppe hinuntereilte und hinaus auf das Embankment trat. Er passte eine Lücke im Verkehr ab, überquerte die Straße und ging ohne Eile weiter in Richtung Hungerford Bridge, den Blick auf den Fluss gerichtet wie ein flanierender Tourist. Penrose sah ihm nach, bis er in der Menge verschwand, dann wandte er sich wieder seinem Büro zu, wo der Rest seines Berufslebens darauf wartete, in Kisten gepackt zu werden.
Halbherzig legte er ein paar Papiere auf einen Stapel und verstaute einige Fotos. Er hätte nicht zu sagen gewusst, ob es an der Wärme im Zimmer lag oder eher an seiner Lethargie, dass ihm jeder Handgriff so schwerfiel. In einem Regalfach neben seinem Schreibtisch lag ein kleiner Stapel Romane – Büros, in denen nichts auf den Menschen hinwies, der darin arbeitete, hatte er immer trostlos gefunden –, und er begann, sie einzupacken, hielt jedoch inne, als er zu Josephines letztem Kriminalroman kam, veröffentlicht nach ihrem Tod, das Titelblatt ohne Widmung. Das Buch war praktisch unberührt, die Seiten so sauber und glatt wie am Tag des Kaufes, und noch immer brachte er es nicht über sich, es auf der ersten Seite aufzuschlagen. Abgesehen von Josephines Gesellschaft genoss Penrose nichts mehr als die Lektüre ihrer Bücher. Es war, als hörte man sie sprechen, so deutlich erklang ihre Stimme in ihrer Prosa. Solange er Der singende Sand noch nicht gelesen hatte, lag noch ein letztes Gespräch mit ihr vor ihm, eine bislang unbekannte Facette, die er an ihr entdecken konnte, und auf Überraschungen von Josephine wollte er noch nicht verzichten. Er wusste nicht, ob er jemals dazu bereit sein würde.
Er gab es auf, so zu tun, als folge er einem System, und warf die restlichen Bücher zusammen mit anderen Dingen in eine Kiste. Er trug sie zur Tür und ließ sie daneben auf den Boden fallen, dann griff er zum Telefon und rief einen Kollegen in einer anderen Abteilung an. »Devlin? Ich will, dass Sie sämtliche Informationen überprüfen, die Sie mir zu Detective Tom Doyle gegeben haben. Finden Sie heraus, wie lange er schon in England ist und wann er nach Los Angeles zurückkehrt. Rufen Sie im Adelphi an, ob er sich während seines Aufenthalts dort mit jemandem getroffen oder mit jemandem telefoniert hat. Und rufen Sie in North Wales an – ich will wissen, ob er sich nach den Ereignissen in Portmeirion 1936 erkundigt hat. Falls er über irgendwelche Verbindungen in England verfügt, will ich es ebenfalls wissen.« Penrose legte auf und setzte sich an seinen Schreibtisch, inzwischen leer bis auf Doyles Akten und eine Tasse Kaffee – kalt und bitter, wie immer. Er schlug die Akte auf und überflog die Zusammenfassung am Anfang des Berichts, dann las er die ersten paar Seiten. Er war verwundert, dass ihm – nach achtzehn Jahren – immer noch eine Stimme im Ohr klang, die er nur wenige Male in seinem Leben gehört hatte.
Es heißt ja, dass man sich für alle Zeiten an das erste Mal erinnert, aber ich frage mich, ob das wirklich stimmt. Sie haben mich gebeten, dass ich Ihnen erzähle, was geschehen ist, wo alles begann – und dieser Bitte komme ich gerne nach, es kostet mich ja nichts. Aber glauben Sie nicht, dass es eine Last ist, die ich all die Jahre mit mir herumgeschleppt habe, und dass es mich in irgendeiner Weise erleichtert, ein Geständnis abzulegen. Die damaligen Geschehnisse haben mich nachts nicht um den Schlaf gebracht und mich nicht in meinen Träumen verfolgt. Ich kann es mir ins Gedächtnis rufen, natürlich kann ich das, aber es beschäftigt mich nicht ständig so, wie es das anscheinend Ihrer Meinung nach tun sollte. Sich stets erinnern. Niemals vergessen. Das ist nicht ganz dasselbe.
Es war Sommer. Die Luft war mild und warm und voller Hoffnung – ein Tag wie in Südfrankreich. Die Landzunge war damals schon dicht mit Bäumen bewachsen, und es machte fast den Eindruck, als wollten sie ihre Üppigkeit zur Schau stellen, ineinander verschlungenes Grün, das sich über mehrere Hektar bis zum alten Fährhaus erstreckte. Selbst die Stämme längst abgestorbener Kiefern – am Ufer verstreut und im Lauf der Zeit von Wind und Wasser ausgeblichen – schimmerten weiß in der Sonne. Man könnte sagen, das Jahr hatte seine volle Blüte erreicht – wohin man auch sah, wurde seine Schönheit gefeiert. Wir gingen zusammen einen der Pfade entlang, die von der Terrasse nach oben und vorbei an der Rückseite des alten Herrenhauses führten. Damals war es unscheinbar und vernachlässigt, anders als heute, wo es einem reichen Mann als Spielzeug dient. In jenen Tagen war der Pfad von dichten Lorbeerbüschen gesäumt, die die Sicht aufs Meer versperrten, einen aber gleichzeitig vor Blicken vom Haus her schützten, selbst wenn man das Grundstück noch längst nicht hinter sich gelassen hatte. Er glich einem Tunnel zwischen zwei Welten: eine einengend und erstickend, die andere exotisch und abenteuerlich. Die Leute nannten es »Y Gwyllt«, »der wilde Ort«. Aber für mich war es der sicherste Ort auf Erden. Als ich ihn verließ – als ich ihn verlassen musste, nahm ich ihn im Geiste mit, eine kleine Insel der Stille und Dunkelheit, wohin ich mich zurückziehen konnte, wann immer ich das Bedürfnis hatte. Ich vermute, das interessiert Sie. Was, meinen Sie, beweist es?
Diesen Weg waren wir jedenfalls schon viele Male gegangen. Wir kannten ihn in- und auswendig und wandten uns instinktiv dem undurchdringlichsten Teil des Waldes zu, wo die Bäume dicht an dicht standen, er immer ein paar Schritte vor mir. Im Wald gab es ein paar alte Unterstände, ursprünglich für die Fasanenjagd errichtet, und bei einem davon blieb ich kurz stehen, um ein Steinchen aus meinem Schuh zu entfernen; ungeduldig sah er sich um, und mich überkam ein Gefühl von Macht, das gleichzeitig beängstigend und erregend war. Als wir weitergingen, wurde der Weg noch schmaler, bis wir schließlich das kleine Rund erreichten, das heute Friedhof genannt wird. Alles war zugewachsen und von Unkraut überwuchert, ein Ort, an den niemals ein Sonnenstrahl drang und wo es immer kalt war. Damals gab es dort nur ein oder zwei Gräber – oder vielleicht besser gesagt nur ein oder zwei, die markiert waren. Der Boden war mit einem Teppich aus heruntergefallenen blutroten Rhododendronblüten bedeckt, die langsam in die Erde sanken; beinahe wie eine Probe für das, was kommen sollte.
Ob ich wusste, was ich tun würde? Nach all den Jahren ist es schwierig, diese Frage wahrheitsgemäß zu beantworten, aber ja, ich glaube, ich wusste es. Nicht weil ich es geplant hatte, sondern weil sie immer schon da gewesen war – die Gewalt. Ich will Ihnen das Rätselraten ersparen: Ich wollte etwas verletzen, wen oder was, spielte keine große Rolle.
Zuerst dachte er, ich wollte spielen. Ich stieß ihn zu Boden, und er wich zurück. Aber er kam sofort wieder zu mir, weil er wollte, dass ich weiter mit ihm spiele, und weil er auf unsere Freundschaft vertraute. Dann trat ich ihn und sah in seinen Augen einen ersten Anflug von Verwirrung, ein erstes Aufflackern echter Angst. Ein zweiter Tritt, fester dieses Mal, und er kauerte vor mir, konnte den Verrat nicht begreifen. Rückblickend betrachtet, machte mich wahrscheinlich seine Weigerung, sich zu wehren, so wütend – irgendwie war alles zu einfach. Ich packte ihn am Hals und drückte langsam fester zu, atmete den Geruch feuchter Blätter ein, während ich ihn auf den Boden presste, und suchte in seinem Gesicht nach einem Anzeichen von Schmerz. Innerhalb weniger Sekunden war es vorbei, und obwohl ich eine Erregung verspürt hatte wie noch nie zuvor, war meine Enttäuschung noch größer. Verstehen Sie, es ging nicht einfach nur um das Töten. Ging es nie. Es ging um die Angst – die Angst und den Schmerz, und später auch noch um die Demütigung. Aber es hält nie lange genug an. Ich vermute, das macht es so kostbar.
Hinterher widerte mich sein toter Körper an. Ich wollte ihn einfach aus den Augen haben und sah mich nach einer geeigneten Stelle um, wo ich ihn verschwinden lassen konnte. Dann, erst dann bemerkte ich, dass sie mich beobachtete. Sie lächelte. Daran erinnere ich mich eigentlich am deutlichsten. Sie lächelte.
Josephine lachte und schob kurz ihre Sonnenbrille hoch, um ihn anzusehen. »Wenn du das wirklich denkst, wundert es mich, dass sie dich überhaupt befördert haben.«
»Keine Sorge – sie werden es nie erfahren.« Archie lächelte und schenkte ihnen beiden nach, und Josephine blickte an ihm vorbei über die Terrasse. Der Rasen – dürr und gelb, obwohl der Gärtner sein Bestes tat, um dem Wetter zu trotzen – endete an einem künstlich angelegten Wasserlauf, der, von einer exotischen Mischung aus Mimosen, Azaleen und Farnen gesäumt, träge über die aus Stein gehauenen Stufen tröpfelte. An seinem oberen Ende stand zwischen zwei reich verzierten Säulen ein Mann und bediente eine sperrige Kamera, und misstrauisch beobachtete Josephine, wie er sie von links nach rechts schwenkte, von der Bucht zurück zum Hotel und zum Uferstreifen.
»Wenn ich gewusst hätte, dass wir das ganze Wochenende gefilmt werden, wäre ich nach Bournemouth gefahren«, sagte sie. »Gibt es denn kein Gesetz, das so was verbietet, Chief Inspector?«
Er lehnte sich auf seinem Liegestuhl zurück und schloss die Augen. »Er macht offenbar nur Probeaufnahmen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Warum beschwerst du dich überhaupt: Die meisten Leute würden ihre Seele verkaufen, um an ihrem vierzigsten Geburtstag von Alfred Hitchcock verewigt zu werden.«
»So etwas kann auch nur ein Mann sagen«, erwiderte sie leicht gereizt. »Keine Frau will mit vierzig verewigt werden – wir hoffen vielmehr, dieses Ereignis unbemerkt hinter uns zu bringen, während alle diskret wegschauen. Und was muss mir passieren? Der im Moment gefragteste Regisseur, der jedes graue Haar in Nahaufnahme zeigt.«
»Es macht dir doch nicht wirklich etwas aus, oder?«, fragte Archie überrascht. »Du siehst keinen Tag älter als neununddreißig aus.«
Sie lachte wieder und schob ihren Liegestuhl ein Stück zurück, um sich hinter Archie vor den Blicken der Kamera zu verbergen. »Nein, eigentlich nicht. Allerdings wäre es mir lieber, ich müsste nicht mit dem Mann reden, und ich bin ganz sicher nicht in Verhandlungslaune. Ehrlich gesagt beginne ich mich zu fragen, was Marta mir da eingebrockt hat.«
»Wieso ist sie daran schuld? Ich dachte, Hitchcock hat über deinen Verleger Kontakt mit dir aufgenommen?«
»Hat er auch, aber nur weil Marta Mrs Hitchcock einen Vorabdruck des Buches gegeben hat. Andernfalls hätte Klippen des Todes ganz wunderbar dem Vergessen anheimfallen können, wie fünfundneunzig Prozent aller Kriminalromane, die dieses Jahr erschienen sind.«
»Aber du bist doch bestimmt aufgeregt! Er will deinen Roman als Film auf jeder Kinoleinwand im Land zeigen.« Er zündete sich eine Zigarette an und musterte sie ungläubig. »Dagegen kannst nicht einmal du immun sein, oder? Du bist eine leidenschaftliche Kinogängerin.«
»Die Vorstellung, in Inverness ins Playhouse zu gehen und zu sehen, wie auf der Leinwand ein Buch von mir zum Leben erwacht, finde ich tatsächlich aufregend. Sorgen macht mir allerdings, was das Buch und ich auf dem Weg dahin über uns ergehen lassen müssen. Die 39 Stufen war kaum wiederzuerkennen, als er damit fertig war.«
»Trotzdem ein guter Film. Irgendwo habe ich gelesen, dass Buchan gesagt hat, Hitchcocks Geschichte sei besser.« Er grinste frech. »Ich weiß, es ist beängstigend, das ist jede neue Chance. Du hast allen Grund, dich zu fürchten.« Sie sah ihn finster an, widersprach aber nicht. »Im Ernst, Josephine – im Moment verwandelt sich alles, was Hitchcock anfasst, in Gold, und über kurz oder lang wird Hollywood ihn weglocken. Überleg doch mal, was dir das an Möglichkeiten eröffnet. Du brauchst dich ja nicht auf den Unfug einer gemeinsamen Bearbeitung einzulassen – nimm einfach das Geld und mach dich aus dem Staub. Aber es könnte ein großartiges Abenteuer werden. Nutz die Gelegenheit und genieß jeden Moment. So eine Chance ergibt sich nicht jeden Tag, vielleicht bleibt es sogar bei diesem einen Mal.«
»Du arbeitest nicht zufällig heimlich für meinen Agenten?«, fragte sie. »Er hat eine Heidenangst, dass ich mich zieren könnte. Bei jedem Telefonat höre ich die Panik in seiner Stimme.« Sie hielt einen Moment inne und beobachtete geistesabwesend einen knapp über dem Wasser fliegenden Schwarm Wildvögel. »Aber du hast recht – was das Abenteuer angeht und dass ich mich fürchte. Ich habe keine Ahnung vom Film. Das Theater ist mir zumindest vertraut.«
»Inzwischen, aber das war nicht immer so. Bei den Proben zu Richard von Bordeaux hast du auf dem Rang gesessen und jedes Mal gezittert, wenn Johnny dich angesehen hat. Achtzehn Monate später hat er dich förmlich um eine Rolle angebettelt, und du hast sie jemand anderem gegeben. In diesem Fall wird es genauso sein. Gott stehe Hitchcock und jedem anderen Regisseur bei, wenn du erst mal genügend Erfahrungen gesammelt hast. Ich glaube übrigens nicht, dass du den Film in Inverness sehen wirst«, zog er sie auf, wohl wissend, wie sehr ihr jede Form von öffentlicher Aufmerksamkeit zuwider war. »Die Premiere wird in London vor den Augen der Hautevolee stattfinden.«
Josephine verzog das Gesicht. »Verlass dich drauf – ich werde ihn in Inverness sehen. An den Sitzen wird Kaugummi kleben, es wird ein bisschen nach Schweiß und ungewaschenen Füßen riechen, und die Leute in der Reihe hinter mir werden ununterbrochen schwatzen. Du kannst mitkommen, wenn du willst. Dann hat Mrs McPherson beim Verkauf der Erfrischungsgetränke etwas zum Tratschen. Sie ist jedes Mal enttäuscht, wenn ich ohne Begleitung komme.« Sie leerte ihr Glas und genoss den erfrischenden, leicht bitteren Geschmack der Limonade. »Wie dem auch sei, vielleicht kommt es ja gar nicht so weit, und im Augenblick habe ich keine Lust, darüber nachzudenken. Meine Vorstellung von Geburtstag ist, keinen einzigen Muskel zu bewegen – nein, nicht einmal blinzeln –, wenn es nicht unbedingt sein muss. Deshalb habe ich mich entschlossen, hierherzukommen: Faulsein ist hier geradezu Pflicht.«
Und eine, der man erstaunlich gerne nachkommt, dachte Archie und warf einen Blick zu den anderen Gästen. Es lag nicht nur an der Julihitze, dass sich niemand allzu weit fortbewegen wollte: In Portmeirion herrschte eine angenehm träge Atmosphäre, die es einem leicht machte, nichts zu tun, und selbst er – der Inbegriff der Rastlosigkeit – ließ sich davon verführen. Wenn man hier mit der Sonne im Gesicht entspannt auf der Terrasse saß, vor sich die weiße Brüstung, dahinter das langsam vorbeifließende Wasser, konnte man fast glauben, sich an Bord eines Ozeandampfers zu befinden. »Lass uns das Beste daraus machen«, sagte er. »Über kurz oder lang ist es mit dem Frieden vorbei. Ich mag meine Cousinen wirklich sehr, aber als ›friedlich‹ würde ich keine von ihnen beschreiben.«
Archies Cousinen, Lettice und Ronnie Motley, waren zwei von Josephines engsten Freundinnen, aber sie wusste, was er meinte: Mit Anfang dreißig waren die Schwestern gefragte Bühnen- und Kostümbildnerinnen im West End und hatten die Angewohnheit, die Dramen auf der Bühne in ihrem Alltag nachzustellen. Sie beschirmte ihre Augen und blickte auf die Uhr des Bell Tower zu ihrer Linken, die wie aufs Stichwort zwei schlug. »Wann wollten sie da sein?«, fragte sie.
»Lettice hat versprochen, dass sie zum Tee hier sind. Sie kommen mit dem Auto.«
»Den langen Weg von London? Mit dem Auto dauert das einen ganzen Tag.«
»Nein. Sie haben im Mytton and Mermaid übernachtet, kurz vor Shrewsbury. Du weißt schon – der Pub, den Clough als Rasthaus für Besucher aus London gekauft hat.«
»Ja, Ronnie hat es erwähnt. Gibt es da nicht einen Cocktailkellner, von dem sie besonders angetan ist? Sie hat mir erzählt, dass sie von seinem French 75 nicht genug bekommen kann.«
»Stimmt. Dann können wir von Glück reden, wenn sie überhaupt eintrifft. Was ist mit Marta und Lydia?«
»Ich weiß es nicht. Sie haben sich kurzfristig entschieden, nach Stratford zu fahren. Lydia wollte sich mit ein paar alten Freunden treffen, die Verbindung zum Swan Theatre haben. Sie hofft wohl, dass sie im Herbst eine Spielzeit lang dort unterkommen kann. Marta hat sich offenbar damit abgefunden, dass es eine lange Woche wird. Dass man in einem Telegramm so erschöpft klingen kann, hätte ich nicht gedacht. Außerdem steht sie unter dem allergrößten Druck, ein Treffen mit den Hitchcocks zu arrangieren, wie du dir bestimmt vorstellen kannst. Lydia hat Johnny nie ganz verziehen, dass er sie nicht durch die Hintertür reingebracht hat, als er die Rolle in Geheimagent bekommen hat.«
»Johnny mag zwar im West End den Ton angeben, aber das heißt nicht, dass er in den Elstree Studios etwas zu sagen hat.«
»Ich weiß, aber sobald es um ihre Arbeit geht, ist Lydia für vernünftige Argumente nicht zugänglich. Ich denke, ich werde eine Ahnung davon haben, wie es Johnny geht, wenn Klippen des Todes zur Debatte steht.«
»Welche Rolle könntest du ihr denn anbieten, wenn die Verhandlungen gut laufen? Christine Clay?«
»Eine tote Schauspielerin? Wer braucht noch einen Agenten, wenn er solche Freunde hat?«
Archie lachte. »Ja, wahrscheinlich würde sie wenigstens auf eine Sprechrolle hoffen.« Er hielt ihr leeres Glas hoch. »Nachschub?« Sie nickte. »Noch mal das Gleiche oder was Stärkeres?«
»Das Gleiche. Für alles andere ist es zu heiß.«
Er ging zurück zum Hotel, und Josephine sah ihm nach, wie er sich auf der überfüllten oberen Terrasse vorsichtig zwischen den Tischen durchschlängelte, wobei sie mit einem Anflug von Neid feststellte, dass es bei ihm offenbar schon ausreichte, das Gesicht einmal kurz in die Sonne zu halten, um braun zu werden. Das Hotel lag ein wenig abseits von Portmeirion, aber doch nahe genug, damit man sich dessen verzauberter Welt zugehörig fühlte. Gekrönt wurde die Silhouette von dem majestätisch emporragenden Bell Tower, um den herum sich die anderen Gebäude gruppierten – voll ausgestattete Cottages oder Zimmer mit Service, die zum Hotel gehörten –, alle in bunten, aufeinander abgestimmten Farben. Nicht zum ersten Mal stellte Josephine bewundernd fest, wie sich die Gebäude den natürlichen Konturen der Felsen anpassten, als wäre ein kleiner Flicken Italien in die walisische Landschaft eingewebt worden. Sie hatte viel Zeit auf dem Kontinent verbracht, und der Versuch, es in North Wales nachzubilden, hätte leicht grotesk oder geschmacklos geraten können, aber Portmeirion umging das eine wie das andere. Stattdessen bewahrte es sich ganz ungeniert etwas schwärmerisch Verträumtes, zum einen, weil es zu seinem Romantizismus stand, zum anderen, weil es seinem Architekten Clough Williams-Ellis gelungen war, sowohl das Wesen Italiens als auch dessen Ästhetik nachzuempfinden: Selbst die Sonne schien hier von einem mediterranen Himmel zu scheinen.
Obwohl es Josephine unangenehm war, in die Sache hineingezogen zu werden, überraschte es sie nicht, dass Hitchcock beschlossen hatte, Portmeirions Schönheit für die Leinwand einzufangen. Das Dorf an sich war wie ein Filmset und bot alles, was sich ein mit Fingerspitzengefühl und Fantasie begabter Regisseur wünschen konnte: eine wunderbare Architektur und eine Fülle an außergewöhnlichen Details, mit dem Meer auf der einen Seite und den majestätischen Bergketten Snowdonias auf der anderen. Sie blickte wieder zu der Kamera und sah, dass der Mann mit dem mühsamen Abbau begonnen hatte. Erleichtert ließ sie sich zurücksinken. Zu ihrem eigenen Erstaunen war sie nicht beunruhigt, dass an diesem Wochenende unterschiedliche Bereiche ihres Lebens aufeinanderprallen könnten. Vielleicht war ein vierzigster Geburtstag doch mit gewissen Vorteilen verbunden, und falls dem so war, hätte sie ihn schon vor Jahren feiern sollen.
Jack Spence blickte hinunter auf die von Wellen umspülte Felsterrasse – die alte Kaianlage, wo früher Boote gebaut worden waren – und stellte fest, dass das elegante stuckverzierte Gebäude das Vergnügen seiner Gäste am Wetter zu teilen schien. Das Hotel leuchtete in der Nachmittagssonne, die weißen Mauern reflektierten die Hitze, aber was er sah, war das Haus, wie es bei seinem ersten Besuch gewesen war, lange bevor es erweitert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden war, lange bevor sich jemand den Namen Portmeirion ausgedacht hatte: ein baufälliges viktorianisches Herrenhaus im Schatten einer Felsklippe. Hinter ihm lag der ehemals ummauerte Garten, inzwischen zu einem kleinen Dorfplatz umgestaltet, mit Häusern, die sich um einen Tennisplatz drängten, und einem Wasserbecken. Nur eines der Häuser hatte damals schon hier gestanden – das alte Gärtnerhaus, mittlerweile renoviert, Dach und Sprossenfenster mit einer hellen türkisblauen Einfassung versehen, die das Weiß der Mauern hervorhob. Es war zweifellos hübsch, aber gegenüber dem etwas heruntergekommenen, vernachlässigten Cottage, das er gekannt hatte, fehlte es ihm irgendwie an Charakter, und während er es betrachtete, verlor es immer mehr von seiner Vollkommenheit und konnte immer weniger mit dem Bild in seinem Kopf mithalten. Er öffnete den Koffer zu seinen Füßen, in dem sein Handwerkszeug verstaut war: Speziallinsen, Filter, dünne Gaze mit verschieden großen Brandlöchern von Zigaretten – kunstvolle Mittel, um die Wirklichkeit zu verzerren, das Leben interessanter zu machen. Es war Ironie, dass keine dieser optischen Gerätschaften jemals so überzeugend war wie seine Erinnerung.
Ohne Hast legte er einen neuen Film ein, genoss die Gelegenheit, ausnahmsweise einmal in seinem eigenen Tempo zu arbeiten, ohne einen Regisseur, der ihm im Nacken saß. Er hatte keine Ahnung, was Hitch mit der Inszenierung dieses Wochenendes bezweckte, aber im Grunde genommen war es ihm egal. Nicht zum ersten Mal machte der Regisseur ihn zu seinem Komplizen, um anderen einen Streich zu spielen, und wenngleich er Hitchs kindlichen Humor nicht teilte, war es ein geringer Preis dafür, mit einem perfekten Techniker zusammenzuarbeiten. Spence kannte keinen anderen Regisseur, der nicht erst durch den Sucher blicken musste, um zu wissen, was der Kameramann sah, dessen visuelle Vorstellungskraft ihresgleichen suchte und der vor keinem Experiment zurückschreckte.
In all den Jahren ihrer Zusammenarbeit hatte Spence nie erlebt, dass Hitchcock die Stimme erhob oder sonst ein Anzeichen von Ärger erkennen ließ – falls er diese Gefühlsregung überhaupt kannte. Er verfügte über andere, subtilere Methoden, Menschen zu manipulieren, aber das war nun mal sein Metier. Macht war verführerisch, und Spence konnte die Lust daran verstehen. Er sah ja selbst, wie unwohl sich manche Menschen vor der Kamera fühlten, wie einfach es war, sie zu verunsichern und dazu zu bringen, unbedingt gefallen zu wollen. Während er den Blick über diesen so friedlichen, luxuriösen Erholungsort schweifen ließ, fragte er sich, wer dieses Mal die Opfer sein würden.
Archie machte einen Umweg über sein Zimmer, um Josephines Geburtstagsgeschenk zu holen, dann ging er wieder nach unten und bestellte die Getränke. Wie fast alles in Portmeirion war auch die Hotelbar, Cockpit genannt, ungewöhnlich: Sie lag etwas abseits des Foyers, und für den Raum war ausschließlich das Holz eines alten Kriegsschiffs verwendet worden. Die übrige Einrichtung war daran angepasst. Von Decke und Wänden hingen Seekarten, Laternen und Taue, auf Hochglanz polierte Fässer dienten als Tische, und die letzte Runde wurde mit einer prächtigen Schiffsglocke eingeläutet. Das Einzige, was den Gesamteindruck etwas störte, war eine Dartscheibe rechts neben der Durchreiche, die von der den Raum beherrschenden bunt bemalten Galionsfigur mit einem missbilligenden Blick bedacht wurde. Die Bar erinnerte Archie an so manchen Dorfpub in seiner Heimat Cornwall, allerdings zeugte sie von einem Gestaltungswillen, der typisch für seinen Schöpfer war: Clough Williams-Ellis begnügte sich selten damit, nur einen flüchtigen Eindruck zu vermitteln, und hätte der Raum nicht etwas so beruhigend Beständiges ausgestrahlt, hätte Archie sich ohne Weiteres vorstellen können, tatsächlich an Bord eines Schiffes zu sein.
Die Cockpit-Bar war sehr beliebt, und selbst jetzt zogen einige Gäste seine besondere Atmosphäre dem Reichtum eines Sommertages vor. Archie wartete, bis er an der Reihe war, dann bestellte er ein Pint Bier und einen weiteren Krug Limonade.
»Hier hat man das Gefühl, alle sollten Rum trinken.« Ein gut aussehender junger Mann neben ihm am Tresen deutete um sich. »Wirklich ein außergewöhnlicher Ort.«
Archie lächelte und erinnerte sich daran, wie magisch er Portmeirion gefunden hatte, als das alles noch neu für ihn gewesen war. »Ihr erster Besuch?«, fragte er.
»Ja. Als Kind war ich oft in Wales – meine Eltern waren beim Varieté, und im Sommer traten sie jedes Jahr in Rhyl auf – aber damals gab es das alles noch nicht.« Er grinste. »Na ja, es ist auch fraglich, ob ihre Auftritte gut hierher gepasst hätten. Ich bin zwar erst seit ein paar Stunden da, aber es scheint mir nicht das Publikum für Banjo und Strohhut zu sein.«
»Das ist wohl wahr. Ich war schon öfter hier und habe noch nie eine Revuetänzerin gesehen.«
»Ich schätze, man kann nicht alles haben.«
Archie lachte. »Nein. Eine Gesellschaft von Filmleuten ist mehr als genug.«
»Wem sagen Sie das.« Er hob sein Glas. »Deshalb habe ich mich hier verkrochen – um mir Mut anzutrinken. Ich werde später Alfred Hitchcock treffen, und mir graut davor. Sie wissen ja, wie das ist, wenn man Eindruck schinden will – sobald man den Mund aufmacht, kommt nur Unsinn heraus, und auf dem Weg zur Tür stolpert man über den Teppich. So gesehen wären meine Eltern stolz auf mich gewesen.« Er streckte die Hand aus. »Daniel Lascelles.«
»Angenehm. Sind Sie Schauspieler?«
Lascelles grinste. »Ja, und offensichtlich nicht besonders bekannt.«
In der Bemerkung schwang keine Gekränktheit mit, stattdessen ein Hauch von Selbstironie, was Archie sofort sympathisch fand. »Dass ich Sie nicht kenne, dürfen Sie nicht als Maßstab für Ihre Berühmtheit nehmen«, sagte er. »In meinem Beruf kommt man nicht oft ins Kino. Sind die Hitchcocks schon da?«
»Ich denke, ja. Der Barkeeper wollte es mir nicht verraten, aber einer der anderen Gäste hat sie heute Morgen an der Rezeption gesehen. Sie wohnen in dem Cottage am Rand der Klippe. Wir sind alle um acht zum Dinner eingeladen.«
»Na dann viel Glück – und stolpern Sie nicht.« Archie nahm die Getränke und trug sie nach draußen. »Ich glaube, ich habe deinen Robert Tisdall getroffen«, sagte er, als er sich setzte. »Anfang zwanzig, charmant, auf diese harmlose englische Art gut aussehend, und gerade das richtige Maß an Glücklosigkeit. Sagt dir der Name Daniel Lascelles etwas?«
»Ja, er hat mit Jessie Matthews in Evergreen gespielt«, sagte Josephine. »Jünger als Robert Donat, aber seine Wangenknochen reichen nicht an die von Derrick De Marney heran.« Sie dachte an die Figur in ihrem Buch – ein unschuldiger junger Mann, des Mordes beschuldigt und auf der Flucht vor der Polizei. »Ja, er könnte passen. Jetzt brauchen wir noch eine junge Hauptdarstellerin für Erica und einen schneidigen Inspector Grant. Es sei denn, du willst ihn selbst spielen. Immerhin ist Grant eine recht unverhohlene Version von dir.«
Archie würdigte die Bemerkung keiner Antwort und reichte ihr stattdessen den Umschlag, den er mitgebracht hatte. »Du solltest ihn aufmachen, bevor die anderen da sind.«
Josephine sah ihn fragend an. »Ich habe schon eine Karte von dir bekommen.«
»Das ist keine Karte.«
Sie riss den Umschlag auf und ließ den Inhalt in ihren Schoß fallen. »Eintrittskarten fürs Pferderennen«, sagte sie entzückt. »Wie schön! Ich bin seit Jahren nicht mehr in Newmarket gewesen. Aber das sind ja Besitzerausweise, Archie. Wessen Gast bin ich?«
»Niemandes.« Grinsend reichte er ihr einen zweiten Umschlag, der unter dem Tablett versteckt gewesen war. »Da gibt es jemanden, den du kennenlernen solltest.«
Verwirrt zog Josephine ein Bild aus dem Umschlag und war sich nicht sicher, ob sie seine Worte richtig interpretierte. Das Bild war aus einem Katalog ausgeschnitten, und auch ohne die Beschreibung zu lesen, war sie von der Schönheit des Tieres entzückt. »Du schenkst mir doch nicht etwa ein Rennpferd, Archie?«, sagte sie, bemüht, nicht allzu aufgeregt zu klingen, für den Fall, dass sie ihn missverstanden hatte.
Sie versagte jämmerlich, und Archie lachte. »Genau genommen ist es ein halbes Rennpferd«, gab er zu. »Er heißt Timber, und du teilst ihn dir mit einem Freund von mir, einem Trainer.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Sie stand auf und umarmte ihn. »Außer Danke. Wie in aller Welt bist du darauf gekommen?«
»Offen gestanden durch Zufall. Erinnerst du dich an den Fall, in dem ich vor ein paar Jahren in Newmarket ermittelt habe?«
»Ja, allerdings hast du mir nie viel darüber erzählt.«
»Die Einzelheiten wollte ich dir ersparen. Jemand hegte einen Groll gegen einen der Ställe dort und tat ein paar wirklich abscheuliche Dinge, aber wir kamen der Sache auf den Grund, und der Besitzer war so dankbar, dass er sich immer wieder bei uns gemeldet hat.« Archie lächelte. »Tatsächlich hat er mir im Lauf der Jahre ein paar bemerkenswert gute Tipps gegeben – nicht, dass ich etwas damit angefangen hätte. Das gehört sich nicht.«
»Nein, natürlich nicht«, sagte Josephine ironisch.
»Er ist vor Kurzem gestorben – als ich ihn kennengelernt habe, war er bestimmt schon Mitte siebzig. Sein Trainer übernimmt den Stall, aber er will den Betrieb stark verkleinern, deshalb mussten einige der Pferde verkauft werden. Ich habe mich mit ihm getroffen, und er bot mir eine Beteiligung an dem Burschen da an, weil ihm sehr viel daran lag, ihn zu behalten.« Archie sah sie verlegen an. »Frag mich nicht, ob er gut ist oder nicht. Ich habe keine Ahnung von Rennpferden, aber vielleicht hast du ja Freude daran, es herauszufinden. Das Bild wird ihm nicht gerecht«, fügte er hinzu, als sie ihn ungläubig ansah, »er hat ein wunderbares Fell – ein dunkler Fuchs, mit drei weißen Fesseln und einer weißen Blesse. Ich habe mich auf den ersten Blick in ihn verliebt.«
»Um Himmels willen, Archie«, sagte sie und wedelte mit dem Bild vor seiner Nase herum. »Ein einjähriger Hengst von Cold Steel und Crafty Alice, und du fragst dich, ob er laufen kann oder nicht?«
»Dann ist das also gut?«
»Gut? Das ist das Königshaus im Reich der Pferde. Wann können wir hinfahren und ihn uns ansehen?«
»Wann immer du willst. Ich liefere dich bei Bart ab – das ist der Mitbesitzer –, damit ihr beide über Stammbäume palavern könnt, während ich mir einen anständigen Pub suche.«
»Wenn Timber erst mal anfängt, dir dein Geld zurückzubringen, wirst du dich nicht mehr lustig machen. Du solltest lieber nach einem anständigen Buchmacher suchen.«
»Keine Sorge – da kenne ich einen oder zwei.« Er lächelte sie an. »Freut mich, dass er dir gefällt.«
»Gefallen ist gar kein Ausdruck. Wirklich, Archie – du hast keine Ahnung. Ich bin so gerührt, dass dir das überhaupt in den Sinn gekommen ist. Das ist ein wundervolles Geschenk.«
Archie blickte zum Dorf, wo das samtene Schnurren eines teuren Motors seine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. »Ein Alvis«, sagte er. »Wunderbar.« Sie sahen zu, wie der Wagen – schnittig, tief liegend und eisvogelblau – unvernünftig schnell den Hügel zum Hotel heruntergefahren kam und vor dem Eingang hielt.
»Oh«, sagte Josephine mit einer leichten Enttäuschung, als sie den Fahrer aussteigen sah. »Ich hätte etwas Glamouröseres erwartet.« Der Fahrer des Wagens war ein Mann mittleren Alters, groß, aber mit einem deutlichen Rettungsring, aus dem sein verknitterter Leinenanzug kein Geheimnis machte. »Das zeigt nur, wie sehr man sich irren kann, nicht wahr?« Sie betrachtete den Fahrer genauer, als er den Hut abnahm. »Ist das nicht Leyton Turnbull?«
Der Mann kam Archie vage bekannt vor, aber er hätte keinen Namen nennen können. »Keine Ahnung«, sagte er, »aber ich verneige mich vor deinem enzyklopädischen Wissen über Matinee-Idole.«
»Gefallene Idole«, korrigierte ihn Josephine. »Seit dem Aufkommen des Tonfilms hatte er keinen nennenswerten Erfolg mehr – sein Lispeln stand ihm im Weg. Es überrascht mich, dass er sich noch einen solchen Wagen leisten kann.«
»Dann steht er wohl wieder in der Gunst, wenn ihn die Hitchcocks über das Wochenende eingeladen haben.«
»Das hat mir noch gefehlt«, sagte Josephine verzagt. »Wahrscheinlich ziehen sie ihn für Alan Grant in Betracht. Gibt es einen Polizeirang ohne s-Laut?« Sie seufzte. »Hast du die Hitchcocks eigentlich schon gesehen?«
»Nein, aber ich weiß, dass sie im Watch House wohnen.« Er deutete auf ein kleines eingeschossiges Gebäude mit Schindeldach, das rechts neben dem Bell Tower auf der Klippe kauerte. Zwei Säulen auf der dem Meer zugewandten Seite bildeten eine hübsche Loggia, die dem im Übrigen unscheinbaren Haus etwas von einem alten griechischen Kloster verlieh – ein Eindruck, der durch eine von Mauern gesäumte steile Treppe mit steinernen Sitzgelegenheiten, die zu den darunterliegenden Terrassen führte, noch verstärkt wurde. »Du wirst es merken, wenn sie wollen, dass man etwas von ihrer Anwesenheit mitbekommt. Er legt gerne einen großen Auftritt hin.«
»Du bist ihm schon mal begegnet?«
»Ein oder zwei Mal. Das erste Mal dürfte zehn Jahre her sein, als er Der Mieter drehte.«
»Wollte er deinen professionellen Rat zu Mördern mit einer Vorliebe für Blondinen?«
Archie lachte. »Nein, nein. Er kam zum Yard, weil er die Erlaubnis wollte, eine Leiche aus der Themse zu fischen, aber ich musste sie ihm leider verweigern.« Josephine sah ihn verständnislos an, und er klärte sie auf. »Er wollte unbedingt eine Aufnahme von London bei Nacht machen, wie man sie normalerweise nicht zu sehen bekommt, und kam auf die Idee, vor dem Hintergrund der Charing Cross Bridge eines der Opfer aus dem Fluss zu ziehen. Er hat uns keine Ruhe damit gelassen – er hat alle Register gezogen und ist fast bis zum Innenminister gegangen. Zu guter Letzt ließ jemand, der eine wesentlich höhere Position als ich damals innehatte, verlauten, dass man ihn nicht an dem Versuch hindern werde, auch wenn die offizielle Antwort Nein laute.«
»Du warst bestimmt begeistert.«
»Selbstverständlich, aber ich habe zuletzt gelacht.«
Josephine sah ihn neugierig an. »Erzähl.«
»Die Filmleute rückten mit ihrer gesamten Ausrüstung an: zwei riesige Lastwagen, die sie mitten auf der Westminster Bridge abstellten, und Gott weiß wie viele Scheinwerfer und Kameras. Sie hielten stundenlang den Verkehr auf, und jedes Mal, wenn eine Straßenbahn vorbeifuhr, unterbrachen sie die Aufnahmen und fingen wieder neu an, bis Hitchcock schließlich mit der Wirkung, die er erzielen wollte, zufrieden war.«
»Und was lief schief?«
»Der Kameramann hatte vergessen, seine Ausrüstung zu überprüfen. Als sie sich das Filmmaterial ansahen, war die Szene einfach nicht da.«
»Stimmt das wirklich, oder ist es nur eine Showbiz-Legende?«, fragte Josephine. »Nicht, dass es eine Rolle spielt – die Geschichte ist in jedem Fall köstlich.«
»Es ist nur Hörensagen, aber in der Endfassung des Films findet sich die Szene tatsächlich nicht. Ich habe ihn mir zur Sicherheit angesehen.«
»Dann solltest du dich an diesem Wochenende besser in Acht nehmen. Hitchcock denkt wahrscheinlich, dass du die Aufnahmen sabotiert hast.«
»Ach, der erinnert sich gar nicht an mich«, sagte Archie. »Ein paar Jahre später kam er wieder wegen irgendwelcher Recherchen für Erpressung, und er hat es mit keinem Wort erwähnt. Lass dich nicht einschüchtern, wenn du ihn triffst. Er mag ein Genie sein, aber unfehlbar ist er nicht.«
»Da fällt mir ein, Marta sagt immer, ohne seine Frau wäre er verloren«, erwiderte Josephine. »Ich wusste das nicht, aber Alma Reville war ihm vorgesetzt, als sie sich kennenlernten. Er war Laufbursche in den Studios, und sie arbeitete als Schnittmeisterin und Produktionsassistentin. Er hat sie erst zwei Jahre später angesprochen, als er einen besseren Job als sie hatte.«
»Das nenn ich mal fortschrittlich«, sagte Archie.
»Ich glaube nicht, dass es darum ging. Wie ich es verstanden habe, wollte er sich Almas Respekt verdienen, bevor er sich ihr näherte. Die beiden führen offenbar eine gleichberechtigte Ehe. Sie ist die einzige Person, auf die er immer hört.«
»Hast du Marta in letzter Zeit oft gesehen?«
Josephine sah ihn misstrauisch an, aber die Beiläufigkeit, mit der er die Frage gestellt hatte, wirkte echt. Ihre Beziehung zu Marta Fox – die sie immer noch nicht genauer bestimmen wollte, auch nicht um ihres eigenen Seelenfriedens willen – war der einzige Bereich ihres Lebens, dem ihre Freundschaft mit Archie nicht gewachsen zu sein schien. Aber vielleicht war das ungerecht: Vielleicht hatte sie sie nur nie auf die Probe gestellt. Ein einziges Mal, kurz nachdem Marta unerwartet wieder in ihr Leben getreten war, hatte Josephine versucht, mit Archie über dieses Thema zu reden, und er hatte verärgert reagiert. Inzwischen schien er mit seinen Gefühlen für sie im Reinen zu sein, aber noch immer scheute sie davor zurück, es anzusprechen – allerdings nicht nur, um ihn zu schützen. »Wir haben uns in London ein paarmal zum Essen getroffen, meistens nach einer von Lydias Premieren. Und im Frühling bin ich übers Wochenende zu einer Party nach Tagley gefahren, aber das war ein Albtraum. Nie wieder.« Wider besseres Wissen hatte sie sich überreden lassen, Marta und Lydia in ihrem Cottage in Essex zu besuchen, aber Zeugin ihres Alltagslebens zu sein, hatte nicht geradezu dazu beigetragen, ihre Schuldgefühle, weil sie sich in ihre Beziehung drängte, zu verringern oder ihre eigene Einsamkeit zu mildern.
»Wie läuft es mit Lydia?«
»Gut, denke ich. Ehrlich gesagt habe ich nicht gefragt. Wir hatten keine Gelegenheit, richtig miteinander zu reden.«
»Warum nicht? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dir keine Möglichkeit einfällt, wie du dich allein mit ihr treffen kannst, also wovor hast du Angst?« Sie erwiderte nichts, und er sah sie besorgt an. »Ich will dich nicht dazu zwingen, mit mir darüber zu reden, Josephine, aber wäre es nicht hilfreich? Marta und dir liegt offensichtlich etwas aneinander, aber du kannst dich nicht frei entscheiden, mit ihr zusammen zu sein, und sie lebt mit jemand anderem zusammen – das ist bestimmt nicht einfach.«
»Natürlich nicht, aber ich kann ja wohl kaum von dir erwarten, dass …« Sie wurde vom Motorgeräusch eines weiteren Wagens unterbrochen, der den Hügel herunterkam. Vor dem Hotel kam er gefährlich nahe an der Balustrade abrupt zum Stehen, und sie beobachteten, wie Ronnie sich aus dem Beifahrersitz schälte und ächzend ausstieg, um gleich darauf einem der Vorderreifen einen kräftigen Tritt zu verpassen. Josephine blickte zu Archie. »Offenbar keine besonders angenehme Fahrt.«
»Nein, aber eine hervorragend abgepasste Ankunft.« Auf seinem Gesicht erschien ein argwöhnischer Ausdruck. »Allmählich glaube ich, du bezahlst sie dafür, dass sie aufs Stichwort erscheinen.«
Leyton Turnbull stand an der Rezeption des Hotels und wartete darauf, sich ins Gästebuch einzutragen. Während der Mann hinter dem Tresen in aller Ruhe die Reservierung eines älteren Paares für das Abendessen entgegennahm, trommelte er gereizt mit den Fingern auf das Eichenholz und fragte sich, wo die Bar war. Um halb drei nachmittags war er normalerweise nicht mehr ganz nüchtern, aber die Bedeutung dieses Wochenendes hatte ihn so weit eingeschüchtert, dass er darauf verzichtet hatte, während der Fahrt eine Pause für einen schnellen Drink einzulegen. Doch jetzt war es an der Zeit dafür, und vielleicht konnte er sich ja jemandem anschließen. Er suchte die Terrassen ab und spähte durch die Tür ins Foyer, entdeckte jedoch kein bekanntes Gesicht.
»Guten Tag, Sir. Tut mir leid, dass Sie warten mussten.«
Turnbull schnaubte ungeduldig. »Ich gehöre zu der Gesellschaft von Mr Hitchcock.«
Der Mann wartete ein paar Sekunden, und als nichts mehr kam, fragte er taktvoll: »Würden Sie mir bitte noch einmal Ihren Namen sagen, Sir?«
»Turnbull. Leyton Turnbull.«
»Natürlich.« Der Mann warf einen Blick auf eine Namensliste und nahm einen Schlüssel von dem Brett hinter ihm. »Sie sind im Government House untergebracht, Sir, links neben dem Bell Tower. Ihre Suite liegt im obersten Stock.« Turnbulls Augen folgten der ausgestreckten Hand, und er sah ein apricotfarbenes Haus mit Walmdach, das größte und am normalsten aussehende Gebäude auf der Klippe. »Ich rufe jemanden, der Sie hinbringt.«
»Nicht nötig – ich sehe ja, wo es ist. Lassen Sie nur mein Gepäck aufs Zimmer bringen und sorgen Sie dafür, dass mein Wagen sicher geparkt wird.«
»Gewiss, Sir. Die Garagen befinden sich auf der rechten Seite ein Stück den Hügel hinauf, Ihr Wagen ist dort gut untergestellt.« Er nahm die Schlüssel, die Turnbull über den Tresen geschoben hatte. »Die bewahren wir hier auf, bis Sie sie wieder benötigen. Ich bin James Wyllie, der Hoteldirektor. Lassen Sie es mich wissen, wenn ich irgendetwas für Sie tun kann.«
»Als Erstes könnten Sie mir sagen, wo die Bar ist.«
»Durch das Foyer und dann rechts, direkt vor der Treppe. Dürfte ich Sie noch bitten, sich einzutragen?«
Turnbull nahm den Stift und fummelte in seiner Tasche nach seiner Brille, als eine junge Frau neben ihn an den Tresen trat. »Mr Turnbull? Ich wusste gar nicht, dass Sie auch kommen. Es freut mich, Sie hier zu treffen.« Er sah ihr ins Gesicht – nicht umwerfend schön, aber freundlich und offen auf eine Art und Weise, die Glamour bedeutungslos machte –, konnte es aber nicht einordnen. Sie lächelte. »Astrid Lake«, sagte sie. »Wir haben zusammen Dancing Days gedreht, aber wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht an mich. Ich war damals erst fünfzehn und habe mich seither hoffentlich ein bisschen verändert.«
Die vergangenen Jahre hatten zweifellos gereicht, um sie alles Kindliche verlieren zu lassen. Ihre Stimme hatte nicht mehr diesen unangenehm quengeligen, von Unreife zeugenden Ton, und ihr Gesicht hatte das Pausbäckige verloren. Bei alldem hatte sie nicht ihre Unschuld eingebüßt, und das Ergebnis war eine bemerkenswert anziehende Mischung. »Mehr als ein bisschen, Miss Lake«, sagte er und nahm ihre Hand, »und eindeutig zu Ihrem Vorteil. Ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen, aber in meinem Alter geht mit jedem weiteren Lebensjahr nur selten eine Verbesserung einher.« Sie lachte höflich, hatte sich jedoch noch nicht die professionelle Unaufrichtigkeit angeeignet, um zu widersprechen, und er merkte, dass die Angestellten an der Rezeption ein verstohlenes Lächeln austauschten. Er war im Begriff gewesen, die Schauspielerin auf einen Drink einzuladen, aber etwas ließ ihn zögern, etwas an ihrer Frische und Jugend, das ihn Lebensüberdruss empfinden ließ, sogar Scham. Stattdessen fragte er: »Sind Sie auch übers Wochenende hier?«
»Ja. Mr Hitchcocks Büro hat letzte Woche meinen Agenten angerufen und mich eingeladen. Ich konnte nicht …« Der Rest des Satzes ging in lautem Gebell aus dem Foyer unter, und gleich darauf kam ein kleiner Jack Russell an die Rezeption gerannt. Seine Leine schleifte hinter ihm her. Astrid bückte sich, um ihn einzufangen, aber der Hund entwischte ihr und steuerte schnurstracks auf Turnbulls Knöchel zu. Ohne nachzudenken, trat Turnbull nach ihm und traf ihn seitlich am Kopf, und die junge Frau blickte ihn überrascht an.
»Immer noch derselbe alte Leyton Turnbull, wie ich sehe. Kinder und kleine Tiere quälen.« Die Stimme hätte alle zum Verstummen gebracht, egal, was sie sagte. Es folgte betretenes Schweigen, und Astrid Lake wurde rot und entfernte sich mit einer Entschuldigung, während die Hotelangestellten sich nervös ansahen. Die einzige Person, die sich unter Kontrolle zu haben schien, war die Frau, der die Stimme gehörte, und Turnbull drehte sich überrascht um.
»Bella Hutton«, sagte er, fasste sich schnell wieder und sah sie finster an. »Das war ja klar, keine Party ohne die Giftspritze.«
Zögernd machte Wyllie Anstalten, hinter seinem Tresen hervorzukommen, doch Bella winkte ab. »Lassen Sie es gut sein. Ich mute Mr Turnbull nie mehr als zwei Sätze auf einmal zu. Mit mehr ist er überfordert, sei es auf oder neben der Leinwand.« Sie nahm den Hund hoch und hielt eine Kellnerin auf, die mit einem Tablett voll schmutzigen Geschirrs von der Terrasse hereingekommen war. »Ich nehme den Tee im Mirror Room ein«, sagte sie. Die verschwitzte und gehetzt wirkende Kellnerin wollte schon zu einer Erwiderung ansetzen, aber auf einen Blick ihres Chefs hin besann sie sich. Bella Hutton sah ihr nach und legte eine Hand auf Turnbulls Arm. »Versuchs bei der«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Sie ist eher dein Typ.«
Verärgert schüttelte er sie ab. »Sagen Sie Mr Hitchcock, dass ich da bin«, blaffte er über die Schulter und machte sich auf den Weg zur Bar. »Er will es sicher wissen.«
Bella wandte sich ebenfalls zum Gehen, und Wyllie räusperte sich. »In den allgemein zugänglichen Räumen des Hotels sind Hunde eigentlich nicht erlaubt, Miss Hutton.«