Topaktuelle Innovationen für eine zukunftsfähige Agro-Food-Branche - Rainer Friedel - E-Book

Topaktuelle Innovationen für eine zukunftsfähige Agro-Food-Branche E-Book

Rainer Friedel

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Beschreibung

Insgesamt bietet das Buch eine detaillierte Analyse der aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der globalen Landwirtschaft und zeigt praxisnahe Lösungsansätze auf, wie diese durch technologische und politische Innovationen bewältigt werden können. Die Aktualität des Buchs ist als hoch bewerten, da es sich mit zentralen und drängenden globalen Problemen auseinandersetzt, die höchst aktuell sind und in den kommenden Jahrzehnten weiterhin enorme Bedeutung behalten.

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Seitenzahl: 280

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Geleitworte

Vorwort

I. Entwicklungsziel für die Landwirtschaft 2050: Lebensmittelsicherheit für die Welt

1. Lebensmittelbedarf für die Welt

2. Produktion und Bedarf: gestern – heute – 2050

i. Die markantesten Unzulänglichkeiten der gegenwärtigen Weltlandwirtschaft

ii. Gute Beispiele für arme Regionen

II. Bestandsaufnahme

1. Der agroindustrielle Komplex und die Lebensmittelwirtschaft

2. Welche Krisen erfordern am dringendsten Innovationen?

i. Klimawandel

ii. Wasserknappheit:

iii. Nahrungsmittelmangel:

v. Meinungsverschiedenheiten:

III. Gegenwärtige und zu erwartende Innovationsfelder in der Landwirtschaft

1. Präzisionslandwirtschaft

2. Prozessautomatisierung

3. Autonome Produktionsnetzwerke (APN)

i. Wie funktioniert KI in der Landwirtschaft

ii. Handlungsfelder, die durch KI-Innovationen revolutioniert werden

iii. Autonome Produktionsnetzwerke sind die Zukunft der Prozessgestaltung in der Landwirtschaft

iv. Paketangebote für landwirtschaftliche Anwender

v. Weiterbildung zur effizienten Nutzung von KI und APN

vi. Wer forscht zu KI in der Landwirtschaft?

vii. Künstliche Intelligenz in der Agrar-Logistik

4. Laufende multiple Boden- und Pflanzenanalysen mittels Fernerkundung

5. Vertikale Landwirtschaft

6. Die agroforstliche Bewirtschaftung

7. Der ökologische Landbau

i. Start vor 100 Jahren

ii. Die Bio-Regeln der EU

iii. Internationale Bio-Regeln

iv. Der Wissensschatz des ökologischen Landbaus

8. Düngung, Pflanzenschutz, Vorratsschutz

i. Düngung

ii. Pflanzenschutz

iii. Vorratsschutz

9. Bewässerung

i. Bewässerung in Europa

ii. Bewässerung in südlichen Entwicklungsländern

10. Biodiversität durch Innovationen fördern

i. Beispiele für Innovationen zur Förderung der Biodiversität

ii. Beispiele für vielfältigen Nutzen der Biodiversität

11. Pflanzen- und Tierzüchtung

i. Beispiele für innovative Züchtungsverfahren

ii. Beispiel Weizenzüchtung

iii. Tierzüchtung

12. Tierwohl

i. Was ist Tierwohl?

ii. Forschungsergebnisse für die Verbesserung des Tierwohls

iii. „Massentierhaltung“

iv. Schlachtvorgang

v. Praxisfahige Innovationen zur Verbesserung des Tierwohls

vi. Tierwohlaktionen in anderen Ländern

13. Tierfütterung

i. Überblick

ii. Beispiele in der Praxis

iii. Fazit

14. Weitere innovative Produktionsrichtungen der Landwirtschaft

i. Agrarische Energieerzeugung

Biogasanlagen

Anbau von Energiepflanzen

Biokraftstoffe

Bodenareale für Windkraftanlagen

Wasserstoff aus Gülle und Windenergie

ii. In-vitro-Fleisch

iii. Aquakultur als Teil der Landwirtschaft

iv. Züchtung von Algen

v. Insekten als Lebensmittel

vi. Kooperation mit der Zukunftsbranche Bio-Ökonomie

15. Innovationspioniere

i. Globale Innovationspioniere

a) Ausgewählte Agrar-Forschungsinstitute

b) Forschende und produzierende Unternehmen

ii. Kollaborative Innovationsgemeinschaft - ein Organisationstyp für Innovatoren

16. Innovationen durch Zertifizierungen und Normung

i. Die Grundzüge von Zertifizierung und Normung

ii. Zertifizierung: Beweisführung für hohe Qualität

iii. Normen: Vorteile aus der Anwendung - Nachteile aus der Nichtanwendung

17. Zukunftschancen von verschiedenen Agrarstrukturen und Betriebsmodellen

i. Agrarstruktur - Landschaftsstruktur - Siedlungsstruktur

ii. Betriebsgröße und Betriebsentwicklungspotenziale

iii. Vielfältige Agrar-Landschaften

iv. Internationaler Vergleich

IV. Politische Rahmenbedingungen zur Umsetzung der Ziele dieses Buchs

1. Ziel dieses Kapitels

2. Deutschlands Beitrag zur Ernährung der Welt

i. Bedarf und Ziele einer zukunftsorientierten Agrarpolitik

ii. Strukturwandel bis 2040 muss gemanagt werden

iii. Handlungsschwerpunkte im Transformationsprozess

3. Zukunft der internationalen Landwirtschaft

i. Die Zukunft der EU-Landwirtschaft

ii. Schwerpunkte zukünftiger Agrarpolitik von ausgewählten globalen Akteuren

V. Epilog

Der Autor

Hinweise zu Rechtschreibung, Grammatik und Quellen

Geleitworte

Grußwort von Johan Maris

CEO bei Control Union, Rotterdam, Niederlande

Keine Herausforderung ist für die Menschheit heute größer, als die immer größer werdende Zahl der Bewohner unserer Erde täglich mit ausreichend und gesunder Nahrung zu versorgen. Es ist schwer mit anzusehen, wie in vielen Ländern hohe Summen für diverse Aktivitäten ausgegeben werden, die stattdessen in die Verbesserung der globalen Nahrungsmittelversorgung fließen könnten.

Auch die sehr klaren Dokumente und Aktionen der UN, WHO und FAO, die zum Mitmachen auffordern, konnten in den letzten Jahrzehnten keine ausreichende Wende einleiten. Tausende von Experten aus den Industrieländern arbeiten seit vielen Jahren mit ihrem Wissen, ihrer Erfahrung und ihrem Ehrgeiz dort, wo Hilfe benötigt wird und haben tatsächlich viele einzelne, wichtige Teilerfolge erzielt. Trotzdem werden auch 2023/24 schätzungsweise 345 Millionen Menschen weltweit noch unter akuter Nahrungsmittelknappheit leiden. Und diese Tragödie trifft jedes Jahr dieselben Opfer. So kann es nicht weitergehen.

Das Buch „Topaktuelle Innovationen für die Beseitigung des Hungers in der Welt“ vom Landwirt, Wissenschaftler und Autor Rainer Friedel wendet eine besondere Strategie zur Bekämpfung des Hungers an. Es erstellt einen Überblick über aktuelle und zu erwartende Innovationen, mit denen der Agrarsektor überall schnell effizienter werden kann.

Dabei konzentriert sich der Autor auf drei wesentliche Punkte:

Zu Beginn stellt er in einem kurzen Kapitel die Entwicklungsziele für die Weltlandwirtschaft im Jahr 2050 vor. Dabei entwickelt er keine eigenen neuen Thesen, sondern fasst die Kernaussagen der wichtigsten Dokumente führender Weltorganisationen und Wissenschaftler zusammen. Er ergänzt dies mit einer eigenen Kurzbeschreibung der aktuell eklatantesten Defizite der Weltlandwirtschaft und mit Beispielen erfolgreicher Aktionen aus der Zusammenarbeit hilfsbereiter Experten mit der lokalen Landbevölkerung in Hungerregionen. Damit wird anhand gut gemachter Beispiele gezeigt: „Verbesserung ist möglich!!“.

Kern des Buches ist die detaillierte Beschreibung aktueller und zukünftiger Innovationen in der Landwirtschaft. Dazu konzentriert sich das Buch auf 17 Innovationsfelder, darunter Bewässerung, Düngung, Pflanzen- und Vorratsschutz, ökologischer Landbau, Förderung der Biodiversität in Agrarlandschaften, Pflanzen- und Tierzucht, Tierschutz, Prozessautomatisierung und autonome Produktionsnetzwerke, Zertifizierung und Standardisierung usw. In jedem Innovationsfeld beschreibt der Autor den Innovationswert und den zu erwartenden Fortschritt für die landwirtschaftliche Praxis.

Teilweise werden auch unerwartete Einzelinnovationen kombiniert und führen dann zu überraschenden Lösungen. Beispiel: Im Bereich der „Präzisionsfütterung von Tieren“ werden neue physiologische Erkenntnisse zur Verdauungsphysiologie von Tieren mit dem Einsatz digitaler Technologie kombiniert. So kann der Futterwert der Ration tierindividuell angepasst und für die gesamte Tiergruppe gesteigert werden.

Das Buch nennt zudem Produzenten, Händler und Forschungseinrichtungen mit Standort und Namen, so dass interessierte Leser dort leichter zusätzliche Fakten zu den jeweiligen Innovationen erhalten können.

Der dritte Schwerpunkt des Buches ist die kritische Betrachtung der Agrarpolitik verschiedener Länder. Dabei deckt der Autor eine Reihe von Schwachstellen auf. Gleichzeitig macht er Vorschläge, die auf seiner eigenen, jahrzehntelangen Erfahrung auf diesem Gebiet basieren. Letztere befassen sich mit der Notwendigkeit, die Struktur insbesondere der vielen kleinen und kleinsten landwirtschaftlichen Betriebe so zu entwickeln, dass die Betriebe finanziell, know-how-mäßig und technisch in der Lage sind, vorhandene Innovationen tatsächlich zu nutzen und die Produktionsmethoden ihrer Vorfahren schrittweise aufzugeben. Auch die „Gleichbehandlung“ bei der Vergabe staatlicher Subventionen stellt er in Frage. Er postuliert die These, dass es denen besser gehen sollte, die mit den Subventionen mehr zur Schaffung von Lebensmittelsicherheit beitragen.

Am Beispiel Deutschlands nimmt er die Forschungsveröffentlichung einer großen deutschen Bank zum Anlass, ein eigenes Programm für ein bundesweites Transformationsprogramm der Agrarstruktur dieses Landes zu entwerfen. Im Januar 2024 veröffentlichte die Bank die These, dass es im Zeitraum bis 2040 in Deutschland zu einem Rückgang von 256.000 landwirtschaftlichen Betrieben im Jahr 2022 auf rund 100.000 Betriebe im Jahr 2040 kommen wird. Im gleichen Zeitraum, so diese Quelle, werde die durchschnittliche Größe eines landwirtschaftlichen Betriebs von 64,8 Hektar auf 160 Hektar ansteigen. Ihr Programmentwurf geht davon aus, dass dieser Prozess nicht automatisch erfolgen dürfe und es Rahmenbedingungen bedarf, die Schäden für die Branche und das gesamte Land verhindern müssten. Auch anderen Ländern kann dieses Kapitel des Buches Anregungen für die Schaffung einer zukunftsfähigen Agrarstruktur geben.

Das Buch als Ganzes ist sehr lesenswert.

Es wird die Entwicklung der Landwirtschaft fördern.

Johan Maris • CEO

Rotterdam • The Netherlands

Grußwort von Bohdan Andreas Dreihaupt

Mitgründer und CEO, Crosscheck Technologies Inc., Kiew, Ukraine

Das vorliegende Buch behandelt hochaktuelle Themen, die unsere Welt prägen und verändern. Wir leben in einer Zeit, in der die Herausforderungen, vor denen wir stehen, beispiellos sind. Die Dringlichkeit, mit der wir Lösungen anwenden, mit denen der Klimawandel, die Ressourcenknappheit und der wirtschaftliche Wandel gemanagt werden können, erfordert Innovationen, wie sie in diesem Buch eindrucksvoll beschrieben werden.

Warum sind Innovationen heute so wichtig? Sie ermöglichen es uns, auf komplexe und noch nie dagewesene Probleme zu reagieren. Sie schaffen die Grundlage, um mit weniger mehr zu erreichen, Prozesse effizienter zu gestalten und die Welt nachhaltiger zu machen. Insbesondere im Umgang mit dem Klimawandel, wie im entsprechenden Kapitel des Buchs dargelegt, sind neue Lösungen unerlässlich. Der Klimawandel stellt die Welt wegen extremer Wetterereignisse, Wasserknappheit und veränderter Produktionsbedingungen für die Landwirtschaft vor neue Herausforderungen und verlangt, über Bekanntes hinauszugehen. Technologische Fortschritte, wie die Präzisionslandwirtschaft, eröffnen neue Wege, um Erträge zu sichern und gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck zu minimieren.

Ein weiteres zentrales Thema dieses Buchs ist die Rolle von Zertifizierungen und Normen. Wie im entsprechenden Kapitel des Buchs dargelegt wird, geht es hierbei nicht nur um bürokratische Formalitäten, sondern um ein System, das Vertrauen schafft und Qualität sichert. In einer globalisierten Welt, in der Lieferketten komplexer und die Erwartungen der Verbraucher immer anspruchsvoller werden, bieten Zertifizierungen eine verlässliche Grundlage für Einzelunternehmen und komplette Wertschöpfungsketten. Sie ermöglichen Transparenz und setzen Standards, die für Produzenten und Konsumenten gleichermaßen wichtig sind. Gleichzeitig müssen diese Prozesse weiter vereinfacht und effizienter gestaltet werden, um Innovationen zu beflügeln.

Das Buch hebt zudem hervor, dass die administrativen Hürden, mit denen sich viele Nachhaltigkeitsmanager konfrontiert sehen, abgebaut werden müssen. Vorschriften dürfen nicht dazu führen, dass Experten im Papierdschungel versinken. Sie brauchen Werkzeuge, um fundierte Entscheidungen rasch und zuverlässig treffen zu können. Startups und Innovatoren benötigen Freiräume, um Neues auszuprobieren und frische Ideen zu entwickeln. Innovation erfordert Mut und dieser Mut muss auch extern unterstützt werden.

Wissenschaft und logisches Denken müssen in Harmonie stehen. Doch sieht man noch viel zu oft, dass die Wissenschaft gegen Gier und Ignoranz machtlos bleibt. In diesem Sinne zeigt das Buch auf, wie entscheidend es ist, wissenschaftliche Erkenntnisse in praktisches Handeln zu überführen und das Vertrauen in die jeweiligen Prozesse und Systeme zu stärken.

Dieses Buch lädt dazu ein, über die bisherigen Herangehensweisen noch besser nachzudenken und Mut zu fassen, neue Wege zu beschreiten. Es spricht nicht nur die Probleme unserer Zeit an, sondern bietet vor allem für die nahe und fernere Zukunft konkrete Lösungen, um den Wandel in der Landwirtschaft, der Zertifizierung und bei der Bewältigung des Klimawandels voranzutreiben.

Dem Buch ist zu wünschen, dass dieses viele Leser dazu inspiriert, Innovationen aufzugreifen und sich auf den Weg zu machen, um aktiv die Zukunft nachhaltig zu gestalten.

Bohdan Andreas Dreihaupt

Mitgründer und CEO, Crosscheck Technologies Inc., Kiew, Ukraine

Vorwort

Dieses Buch verbindet exemplarische und ausgereifte langjährige eigene Berufserfahrungen mit aktuellen Literaturrecherchen. Dadurch entstand eine sowohl praxisbezogene als auch wissenschaftlich fundierte Faktensammlung zum Thema des Buchs. Es soll für Landwirte, Wissenschaftler, Politiker und weitere, an der Zukunft der Landwirtschaft interessierte Experten Nutzen stiften.

Hier werden Themen von besonderer Dringlichkeit erörtert, die der weiteren Effizienzverbesserung der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion dienen können. Die Antworten auf viele Fragen zu diesem Thema sind sehr geeignet, eine positive Mitwirkung der Landwirte, Politiker und Wissenschaftler sowie weiterer Betroffener und Beteiligter bei der Lösung der eng verbundenen, aktuellen Existenzfragen der Menschheit (Klima, Nahrungsbereitstellung, Biodiversität, Frieden u.a.) zu leisten. Damit stellt das Buch eine wertvolle Quelle zum Gegenstand des Buches dar.

Die öffentliche Diskussion über Landwirtschaft und Ernährung in der Welt wird gegenwärtig dadurch bestimmt, dass Verbesserungen dringend erforderlich sind. Unter den vielen diskutierten Fakten sind drei Aussagen dominant: Durch steigende Erwärmung der Erde wird Wasser knapper und es wird erwartet, dass die durchschnittlichen Hektarerträge vieler Kulturen sinken könnten. Bei sinkender Nahrungsmittelmenge und weiter ansteigender Bevölkerungszahl droht globale Nahrungsmittelknappheit bisher unbekannten Ausmaßes.

Das Fazit hieraus ist aus vielen Perspektiven gesehen, übereinstimmend: Landwirtschaft und Ernährungssystem müssen sich rasch ändern, um auch in Zukunft Wohlergehen und Frieden aller Bewohner des Planeten zu sichern. Außerdem soll auch die Landwirtschaft ihren Möglichkeiten entsprechend, zur Bewältigung der Klimakrise, zur Erhaltung der Biodiversität und des Landschaftsbildes sowie der zukünftigen Lebendigkeit der Dörfer beitragen.

Die zum Jahresende 2023 in Dubai durchgeführte UN-Klimakonferenz, an der fast 200 Länder und zigtausend Teilnehmer mitwirkten, hat sich auch mit den Klimawirkungen für die Landwirtschaft befasst. Im Abschlussbericht heißt es: „Wir drängen die Regierungen, sich dazu zu verpflichten, Lebensmittel und Landwirtschaft effektiver in ihre nationalen Klimaagenden zu integrieren. Der Übergang von politischen Erklärungen zu konkreten Maßnahmen ist erforderlich."

Auch darüber hinaus sind die Erwartungen an die Branche vielfältig und umfangreich. Vielleicht steht jetzt gerade der größte Wandel der Landwirtschaft vor der Menschheit, seit der Mensch vor 10.000 Jahren begann, Getreide auszusäen, um sich selbst satt zu machen. Denn jetzt ist keine einzelne Dorfgemeinschaft betroffen, sondern gleichzeitig alle Menschen auf dem Planeten. Der jetzt erforderliche Wandel der Branche muss mit unvergleichbar hoher Geschwindigkeit bewältigt werden.

Wir nennen die zu schaffende Landwirtschaft ganz einfach die

„zukünftige Landwirtschaft".

Sie soll alle bisher nützlichen Formen wie biologische, ökologische, nachhaltige, resiliente, konventionelle, industriemäßige und weitere Formen der Agrar- und Lebensmittelerzeugung einschließen. Jede dieser Formen hat ihre ganz speziellen Vorteile. Alle diese Formen sollen für jeden anwendbar sein. Die zukünftige Landwirtschaft soll „enkelfahig“ sein, d.h. sie erfüllt mehr Anforderungen als „nachhaltig“ und „ökologisch“. „Enkelfähig" nimmt das Leben der nachfolgenden Generationen als Ganzes in den Blick und bezieht sich auf eine gesund genährte und humane Gesellschaft auf dem ganzen Planeten.

Wo soll man anfangen diese Entwicklung zu konzipieren? Was ist am eiligsten? Wer macht was? Viele solcher Fragen stehen heute vor Landwirten, Wissenschaftlern und Politikern.

Der antike Grieche Archimedes sagte „Gebt mir einen festen Punkt und ich hebe die Welt aus den Angeln". Hieran anschließend entschied sich der Autor des vorliegenden Buchs von dem Punkt auszugehen, den Wandel der Land- und Ernährungswirtschaft zu beschreiben, an dem die Gemeinschaft aller Agierenden und Betroffenen beginnen muss, den Gesamtprozess am effektivsten zu starten.

Er entschloss sich deshalb, aus der Fülle unterschiedlicher Konzeptionen dem Ansatz zu folgen, der davon ausgeht, zuerst den Bedarf an Lebensmitteln unterschiedlicher Art und mit den erforderlichen Bestandteilen für eine gesunde Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung festzustellen1. Davon ausgehend sollen dann die erforderlichen Erntemengen ermittelt sowie regional und betrieblich angepasste Ackerbaukulturen bestimmt werden. Beim Anbau sollen innovative Verfahren, auch solche hier im Buch beschriebenen, bevorzugt werden. Es können aber durchaus auch in der Vergangenheit örtlich oder regional bewährte Erfahrungen, unmittelbar oder angepasst, in die Zukunft mitgenommen werden.

Aus vorliegenden Berechnungen ist klar, dass vor allem neue, wirksamere Prozesse entwickelt und angewendet werden müssen, um die erforderlichen Mengen an Lebensmitteln unter den zu erwartenden Rahmenbedingungen zu produzieren. Dabei sollen parallel zusätzliche, für die Landwirtschaft bisher nicht gezielt angewendete Arbeitsergebnisse wie Klimaschutz, CO2-Bindung, Biodiversität, Frieden usw. erreicht werden. Schließlich sind das Bevölkerungswachstum, die Ernährungsgewohnheiten, der Klimawandel und der technologische Fortschritt zu berücksichtigen.

Der als erforderlich gesehene Wandel von Ernährung und Landwirtschaft muss sich bei der gegenwärtigen multiplen Krisenlage (Klima, Biodiversität, Hunger, Frieden u.a.) weltweit vollziehen, um überall Nutzen zu stiften.

Das Buch soll sich in dieses weltweite Handlungsfeld einfügen. Jedoch konzentrieren sich die landwirtschaftlichen Aussagen auf die „europäische gemischte Landwirtschaft der gemäßigten Breiten“ (etwa zwischen 7. und 60. Längengrad sowie 60. und 45. Breitengrad).

Um die Faktenmenge einzugrenzen, werden häufig Fakten aus Mitteleuropa, vor allem aus Deutschland als Modellfall verwendet.

Die hier durchgeführte Mitbetrachtung der viel umfangreicheren Flächen der Landwirtschaft über die europäische gemischte Landwirtschaft der gemäßigten Breiten hinaus, ist erforderlich, um zu gewährleisten, dass die europäische gemischte Landwirtschaft auch zukünftig ihren fairen Anteil für die Welternährung erbringt. Außerdem dürfen zukünftig in den entwickelten Ländern keine Maßnahmen im Anbau und Handel geplant oder durchgeführt werden, die der weiteren Landwirtschaft in der Welt Nachteile einbringen könnten.

Schließlich werden in einem eigenen Kapitel die politische Rahmenbedingungen zur Umsetzung der fachlichen Ziele dieses Buchs betrachtet. Eine erfolgreiche Landwirtschaft braucht in jedem Land der Welt eine an die Vergangenheit des Landes angepasste und die Zukunft gestaltende Agrarpolitik. Es werden Mängel in Gesetzen und unnützer Bürokratie angesprochen. Aber es werden aus dem großen Fond der Erfahrungen des Autors sowie der Literatur auch neue Ideen und Vorschläge zur Diskussion vorgelegt.

Das Buch versteht sich als eine Sammlung und Bewertung von Ideen und Konzepten, die in der Fachwelt kursieren. Es will allen Lesern, die sich an der Umgestaltung der Landwirtschaft beteiligen wollen, ein nützliches Nachschlagewerk sein.

Berlin, Dezember 2024

1 So arbeiten z.B. United Nations World Food Programme (WFP), Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen, International Food Policy Research Institute (IFPRI) und World Resources Institute (WRI), aber auch viele weitere Institute und Wissenschaftler sehr vieler Forschungsrichtungen auf der ganzen Welt. Diese Ergebnisse wurden vom Autor studiert und sind im Nachfolgenden die Basis für die durch Innovationen geprägte „zukünftige“ Landwirtschaft.

I. Entwicklungsziel für die Landwirtschaft 2050: Lebensmittelsicherheit für die Welt

1. Lebensmittelbedarf für die Welt

Unter den gegenwärtigen Krisen mit weltweiter Wirkung wird die Lebensmittelkrise zu den unheilvollsten gezählt. Ihre volle Wirksamkeit wird vorausgesagt für die Mitte des gegenwärtigen Jahrhunderts. In ihrer Folge könnten sich einerseits soziale Ungleichheit, humanitäre Notstände und politische Konflikte weiter verstärken. Andererseits wird angenommen, dass eine weltweite Lebensmittelkrise wissenschaftliche, finanzielle und menschliche Ressourcen binden könnte, die zur Begrenzung der Wirkungen des Klimawandels und zur Vermeidung weitergehender Umweltzerstörung ebenfalls höchst dringlich erforderlich sind.

Außerdem hat sich in den letzten Jahrzehnten die Bedrohung der Welt durch Naturkatastrophen deutlich erhöht, welche die Menge verfügbarer Lebensmittel erheblich reduzieren könnten. Die Zunahme solcher Tragödien wird vor allem auf den Klimawandel zurückgeführt. Dazu gehören vor allem Wetterereignisse wie Überschwemmungen, Dürren und Stürme, aber auch geologische Ereignisse wie Erdbeben und Vulkanausbrüche. Für die Landwirtschaft sind vor allem Überschwemmungen und Dürren relevant, da sie direkt die Erträge beeinflussen.

Jedes dieser Besorgnis erregenden Ereignisse hat prägnante Einflüsse auch auf die Branche Landwirtschaft. Überwiegend sind diese Wirkungen negativ für die Landwirtschaft als Wirtschaftszweig und für alle in diesem Tätigkeitsfeld arbeitenden Menschen.

Um der realen Gefahr einer multiplen Krisensituation rechtzeitig entgegenzuwirken, schließen wir uns mit dem vorliegenden Buch an die große Zahl hierfür arbeitender Experten mit folgendem Ziel an:

Hauptziel der weltweiten Landwirtschaft in der Mitte des laufenden Jahrhunderts ist die Sicherung einer auskömmlichen und die Gesundheit sowie das Wohlergehen gewährleistenden Lebensmittelbereitstellung für alle Menschen der Erde.

In der 2022 vom deutschen Bundesministerium für Zusammenarbeit und wirtschaftliche Entwicklung herausgegebenen Schrift „BMZ Kernthemenstrategie: Leben ohne Hunger - Transformation der Agrar- und Emährungssysteme“ wird auf 30 Seiten das Wort „Innovation“ 13 mal erwähnt. Leider wird in der gesamten Broschüre keine einzige Innovation benannt oder gar kurz beschrieben, die den Hunger mindern könnte. Man fühlt sich als Leser der Broschüre so, als ob man am leeren Tisch sitzt und über delikate Speisen informiert wird.

Das vorliegende Buch soll diese Situation so weit ausgleichen, wie dies in einem kleinen Buch möglich ist. Im vielfältigen Geflecht an positiven Erkenntnissen und Entwicklungen sowie negativen Tatsachen und Meinungen werden in 17 Handlungsfeldern eine große Zahl ausgewählter Innovationen beschrieben. Damit soll Landwirten, Wissenschaftlern und Politikern sowie weiteren, an der Thematik arbeitenden Menschen, ein übersichtliches Nachschlagewerk gegeben werden, um sowohl für das eigene Fachgebiet, aber auch, um zu damit verflochtenen, anderen Entwicklungen, rasch aktuelle Basisinformationen zu liefern.

Schwerpunkte sind, zeitnahe Informationen zu laufenden und zu erwartenden Innovationen bereit zu stellen, die einen besonders markanten Einfluss auf die rechtzeitige Lösung der von maßgeblichen Stellen vorausgesagten Lebensmittelkrise erwarten lassen.

2. Produktion und Bedarf: gestern - heute - 2050

Um die zukünftigen Entwicklungsziele der Landwirtschaft charakterisieren zu können, ist es sinnvoll, kurz auf die Gegenwart und in die Vergangenheit zu schauen und auf zwei Sachverhalte näher einzugehen:

i. Die markantesten Unzulänglichkeiten der gegenwärtigen Weltlandwirtschaft.

Eines der bemerkenswertesten Defizite ist die unvorstellbar große Unterschiedlichkeit bei der Effizienz der landwirtschaftlichen Produktion in den verschiedenen Weltregionen. Dies ist so seit sehr vielen Jahren und leider auch noch heutzutage. Die Hauptursachen hierfür beruhen zum einen auf der jeweiligen Geschichte der Länder und den heutigen, örtlichen Möglichkeiten, ihr vorhandenes Bildungsniveau und ihre technische Ausstattung optimal zu entwickeln. Dazu kommen verschiedene regionale und örtliche klimatische Bedingungen, ungleiche Verfügbarkeit von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sowie Bewässerungsmöglichkeiten und Defizite bei den landwirtschaftlichen Arbeitsprozessen.

Man geht heute davon aus, dass ein durchschnittlicher Landwirt in den USA pro Hektar etwa 10 Tonnen Mais erntet. In vielen Entwicklungsländern, insbesondere in Afrika, rechnet man oft mit einem durchschnittlichen Wert von 1,6 Tonnen. In Asien, insbesondere in China und Indien, gibt es eine große Bandbreite an Produktivitätsniveaus. In einigen Gebieten gibt es dort bereits eine intensive Landwirtschaft mit Erträgen wie in der entwickelten Welt. In anderen Gebieten dieser Länder dominieren immer noch sehr alte Praktiken mit niedrigen Erträgen. Einzelne Super-Farmen in China, Saudi-Arabien und Indien gehören zu den führendsten der Welt.

Seit Jahrzehnten sind die Hektarerträge und der davon abhängige Versorgungsgrad der Bevölkerung mit Lebensmitteln in den verschiedenen Weltregionen sehr ungleich, was sich über lange Zeiträume leider kaum verändert2.

Gegenwärtige Schätzungen der WHO und FAO besagen, dass momentan weltweit über 690 Millionen Menschen an Hunger leiden. Im Gegensatz dazu laborieren etwa 1,9 Milliarden Erwachsene in anderen Ländern an Übergewicht oder Fettleibigkeit.

Immer mehr verantwortungsvolle Organisationen (u.a. WHO und FAO) setzen sich weltweit dafür ein, dass, ähnlich wie bei der Bewältigung der weltweiten Klimakrise, auch bei der Lebensmittelproduktion durch gemeinsame Aktionen der entwickelten und zurückgebliebenen Länder eine möglichst rasche und bedeutsame Verbesserung im Süden stattfindet. Leider werden die Ziele bisher nur sehr unzureichend erreicht. Kurz gesagt: Es wird viel mehr geredet und aufgeschrieben als getan und verbessert.

Parallel muss gewährleistet werden, dass die entwickelten Länder ihre Produktionsmengen mindestens aufrechterhalten, denn auch dort wird eine Zunahme der Bevölkerung erwartet und gleichzeitig gehen Anbauflächen verloren, insbes. durch Siedlungs- und Verkehrsbau. Ertragsrückgänge durch die erwartete Klimaentwicklung sind auch in entwickelten Ländern sehr wahrscheinlich.

Schon vor einigen Jahren veröffentlichte die FAO ihr Dokument „How to Feed the World“3. Der Bericht ist voller aufrüttelnder Fakten. Leider gelten viele der Aussagen heute noch genauso wie zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Einige Zahlen sind jedoch sogar noch dramatischer geworden. Im Folgenden zitieren wir einige Passagen.

„Bis 2050 wird die Weltbevölkerung 9,1 Milliarden erreichen, 34 Prozent mehr als heute. Fast der gesamte Bevölkerungszuwachs wird in Entwicklungsländern stattfinden. Die Urbanisierung wird sich beschleunigt fortsetzen... Um diese größere, urbanere und reichere Bevölkerung zu ernähren, muss die Nahrungsmittelproduktion (abzüglich der für Biokraftstoffe verwendeten Nahrungsmittel) um 70 Prozent steigen. Die jährliche Getreideproduktion muss von heute 2,1 Milliarden auf etwa 3 Milliarden Tonnen steigen, und die jährliche Fleischproduktion muss um über 200 Millionen Tonnen auf 470 Millionen Tonnen steigen4.

Die erforderliche Steigerung der Nahrungsmittelproduktion kann erreicht werden, wenn die notwendigen Investitionen getätigt und Maßnahmen zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion ergriffen werden. Eine Steigerung der Produktion reicht jedoch nicht aus, um Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs zu Lebensmitteln durch Armutsbekämpfung, insbesondere in ländlichen Gebieten, sowie wirksame Sicherheitsnetzprogramme müssen ergänzend wirksam sein.

Trotz ausreichender Gesamtversorgung könnte es sein, dass der Hunger bestehen bleibt, da es für die Armen an Einkommensmöglichkeiten mangelt...

Wachstum aus der Landwirtschaft, insbesondere dem Kleinbauernsektor, ist in den wenig entwickelten Ländern mindestens doppelt so wirksam und kommt den Ärmsten zugute, sowie Wachstum aus nichtlandwirtschaftlichen Sektoren. Dies ist nicht verwunderlich, da 75 Prozent der Armen in Entwicklungsländern in ländlichen Gebieten leben...

Studien gehen davon aus, dass die gesamten negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die afrikanische Agrarproduktion bis 20802100 zwischen 15 und 30 Prozent liegen könnten.

Die Welt verfügt über die Ressourcen und Technologien, um den Hunger zu beseitigen und trotz vieler Herausforderungen und Risiken eine langfristige Ernährungssicherheit für alle zu gewährleisten. Sie muss den politischen Willen mobilisieren und die notwendigen Institutionen aufbauen... Die Zeit zum Handeln ist jetzt.“

Mit dem vorliegenden Buch soll erneut an diese, seit langem anhaltenden Missstände erinnert werden. Vor allem ist es jedoch Anliegen des vorliegenden Buchs, neu entstandene und bald zu erwartende Innovationen und Maßnahmenmöglichkeiten, die besseres Handeln ermöglichen sollen, vorzustellen und zu diskutieren.

ii. Gute Beispiele für arme Regionen

Die erfolgreichsten Handlungsfelder der letzten Jahre waren:

a) Verbesserung der der landwirtschaftlichen Produktivität. Hierbei werden gute Erfahrungen insbesondere von zwei Linien berichtet:

Punktuelle Einführung von Techniken, die an den Test-Standorten völlig neu sind, zu denen jedoch gute Erfahrungen in Ländern vorliegen, wo diese Techniken bereits länger angewendet werden, z.B. verbesserte Bewässerungstechniken und gezielter Einsatz von Düngemitteln. Dies wird heute schon verbunden mit Elementen der Präzisionslandwirtschaft wie Drohnen und Nutzung von Satellitenbildern. Außerdem wird neben der Technik auch standortgerecht nutzbares Hochertragssaatgut eingesetzt. Um die Anwendung dieser Methoden von Anfang an effektiv zu gewährleisten, werden begleitende Schulungsprogramme für die ansässigen Kleinbauern durchgeführt.

Finanzielle Unterstützung für Kleinbauern. Hierbei haben sich zwei Verfahren besonders bewährt, die jeweils an anderen Orten erprobt wurden. Eine Reihe von Hilfsorganisationen hat Programme für Mikrokredite eingeführt, die es den örtlichen Bauern ermöglichen, in ihre Betriebe zu investieren und so ihre Produktion zu steigern. Darüber hinaus wurden Subventionen für landwirtschaftliche Inputs wie Düngemittel und Saatgut bereitgestellt, um die Produktivität zu steigern.

b) Verbesserung der Infrastruktur Durch die Zusammenarbeit von internationalen Hilfsorganisationen mit Regierungen und lokalen Akteuren sind unterschiedlichste Verbesserungen bei der ländlichen Infrastruktur erreicht worden, z.B. bei Bewässerung, Lagerung, Verarbeitung und Transport. Die Effekte waren Ertragssteigerungen, besserer Zugang der Landwirte zu den Märkten und Senkung von Nach-Ernte-Verlusten.

c) politische Reformen Zur Stärkung der Landrechte, zur Reform der Agrarpolitik und zur Förderung von Agrarinvestitionen haben verschiedene Entwicklungsländer politische Reformen durchgeführt, um die erforderlichen Bedingungen für die Effizienzverbesserung der landwirtschaftliche Produktion zu schaffen.

Trotz der höchst beklagenswerten Gesamtsituation zur Ernährungskrise in vielen Regionen des Südens, gibt es aber doch einige Lichtblicke. So ist es möglich, konkrete Regionen zu benennen, aus denen gute Nachrichten kommen. Diese vermehren die Zuversicht, dass an diese Entwicklungen angeknüpft werden kann. Die besten Fortschritte wurden zuletzt in Ländern der Subsahara-Region und in Südasien erreicht. Aus Äthiopien, Malawi und Ghana werden durch die Einführung von Düngemittelsubventionen und verbesserte Saatgutprogramme bemerkenswerte Ertragssteigerungen berichtet. In Südasien haben Nepal und Bangladesch durch Verbesserung der Infrastruktur und der landwirtschaftlichen Techniken gute Fortschritte gemacht.

Diese wenigen Beispiele sind hier unvollständig. Aber sie repräsentieren wichtige Pionierleistungen, die sowohl den internationalen Hilfsorganisationen aus den entwickelten Staaten, aber auch den Regierungen der noch schwachen Länder Mut machen, sich an den Modellen der Pioniere zu orientieren, um auch selbst besser zu werden. Leider reicht die Zahl aller guten Beispiele immer noch nicht aus, um die Emährungssituation weltweit zu verbessern.

2https://de.statista.eom/statistik/daten/studie/l1199224/umfrage/hektarertraege-von-weizen/

3 https://www.fao.org/fileadmm/templates/wsfs/docs/expertpaper/How_to_Feed_the_World_in_2050.pdf

4 Inzwischen wird in vielen Studien ein abnehmender Fleischkonsum gefordert und es werden Alternativen, z.B. eiweißreiche Pflanzen, z.B. Erbsen, und andere Leguminosen, sowie bisher nicht als Lebensrnittel übliche Produkte (Insekten, Algen, ...) vorgeschlagen. Hierauf wird im Kapitel III. eingegangen.

II. Bestandsaufnahme

Aktuell besonders innovationsrelevant sind die Digitalisierung in der Landwirtschaft und die Entwicklung damit ausgestatteter neuer Technologien. Ganz vorn stehen autonome Großmaschinen wie z.B. Traktoren und Erntemaschinen, aber auch bei der Technik in Ställen und Lagerräumen sowie für Managementaufgaben gibt es Bemerkenswertes.

In diesen Innovationsfeldern arbeiten Sensoren zur Überwachung und Aktoren für die Steuerung von Prozessen. Die maschinell gewonnenen und mittels künstlicher Intelligenz (KI) verarbeiteten Daten dienen der Realisierung von geplanten Aktionen sowie von Korrekturmaßnahmen. Letztere werden dann durch Mitarbeiter ausgelöst, aber mehr und mehr tun dies inzwischen auch entsprechend ausgerüstete technische Aktoren. Schließlich gibt es seit einiger Zeit auch die vielfältigen Anwendungen der KI bei der Betriebsführung (Datenerhebung und -bereitstellung, Prozessüberwachung, Entscheidungsvorbereitung usw.).

Es ist zu erwarten, dass mit allen diesen Neuerungen zukünftig die Produktivität und Nachhaltigkeit der Landwirtschaft weiterhin steigt. Gleichzeitig werden die immer wieder benannten ungünstigen Begleitphänomene der „modernen Landwirtschaft“ aus den letzten Jahrzehnten effizienter vermieden.

In der Forschung und in hoch entwickelten Landwirtschaftsbetrieben werden ständig neue Forschungsfragen aufgeworfen, die die zukünftige Landwirtschaft immer besser in die Lage versetzen werden, Rohstoffe für Lebensmittel und für industrielle Verwendungen bereitzustellen und darüber hinaus solche gesellschaftlichen Ziele wie Klimaschutz, Biodiversität, Landschaftserhaltung und lebensfrohe Dörfer zu unterstützen.

1. Der agroindustrielle Komplex und die Lebensmittelwirtschaft

Die Landwirtschaft kann in keinem Land der Welt die Rohstoffe für ausreichende Mengen an Lebensmitteln und Industrierohstoffen alleine erzeugen. Ihre Leistungsfähigkeit wird vor allem durch die Mitwirkung in einem umfangreichen Netzwerk weiterer Branchen bestimmt. Dieses Netzwerk wird üblicherweise als „Agroindustrieller Komplex5 (AIK)“ bezeichnet. Die Funktionalität des AIK ist vor allem in den Ländern ausgeprägt, in denen ein bestimmter Anteil der Landwirtschaftsbetriebe die Betriebsgröße und materielle Ausstattung sowie eine Führungsstruktur haben, die ähnlich effizient funktionieren wie in der Industrie.

Die Landwirtschaft hat unter den im AIK kooperierenden Strukturen eine bestimmende Stellung. Die reibungsarme Funktion dieses Netzwerks ist erforderlich, dass die Landwirtschaft ihre Aufgabe zur Bereitstellung von Rohstoffen für Lebensmittel und andere Zwecke effizient erfüllen kann. Weitere Entwicklungsfaktoren für das gesamte Netzwerk sind die in Veränderung befindlichen Naturbedingungen und die nationale sowie globale Wirtschafts- und Agrar-Politik.

Durch die Größe und Funktion der teilnehmenden Landwirtschaftsbetriebe können diese mit Industriebetrieben relevanter Branchen Partnerschaften auf Augenhöhe schließen, die beiden Seiten und den vom AIK abhängigen Verbrauchern wirtschaftliche Vorteile bringen. Ein Buch mit dem deutschen Titel „Strategie der wirtschaftlichen Entwicklung des agro-industriellen Komplexes“ wurde kürzlich in Deutsch sowie mehreren weiteren Sprachen veröffentlicht6.

Der Begriff „Agroindustrieller Komplex (AIK)“ besitzt, einen deutlich anderen Inhalt als der Begriff „industrielle Landwirtschaft (ILW)“. Letzterer kennzeichnet einen speziellen Typ von Landwirtschaftsbetrieben, welche industrieähnliche Produktionsweisen und Managementformen anwenden, wodurch diese Landwirtschaftsbetriebe dann besonders effizient arbeiten und deshalb ebenbürtiger Bestandteil des agroindustriellen Komplexes sein können.

Wir gehen in diesem Buch auf diese Strukturen ein, weil sich AIK und ILW inzwischen in einer Reihe von Ländern mit starker Landwirtschaft immer dynamischer entwickeln und es anzunehmen ist, dass diese Strukturen in der Zukunft weiterhin sehr rasch an Bedeutung gewinnen werden, um die Ziele der zukünftigen globalen, europäischen und deutschen Landwirtschaft sicherer zu erreichen.

Die wichtigsten Partner des AIK

1. Landwirtschaft: Dieser Wirtschaftszweig befasst sich mit der Erzeugung von pflanzlichen und tierischen Rohstoffen. Die Mehrzahl dieser Erzeugnisse wird in der Feldwirtschaft als Rohstoffe für die Lebensmittelverarbeitung produziert, z.B. Getreide, Mais, Kartoffeln, aber auch für Tierfutter. In der Tierhaltung werden mit meist aus der eigenen Feldwirtschaft gefütterte Tiere gehalten für die Erzeugung von Fleisch, Milch, Eiern usw. Gegebenenfalls werden landwirtschaftliche Abfallprodukte, z.B. Maisstroh, Getreidestroh, Gülle u.a., als Rohstoffe zur Energieerzeugung oder andere industrielle Zwecke verwendet.

Wegen der Ähnlichkeiten der Produktionsverfahren werden oft auch die Gartenbauzweige für Obst, Gemüse und Wein der Landwirtschaft zugerechnet. Sie werden in diesem Buch aus Platzgründen jedoch nur am Rande betrachtet.

Üblicherweise werden auch diverse Dienstleister der Landwirtschaftsbetriebe wie Beratungsunternehmen, Reparaturstellen für Landmaschinen, aber auch Agrarhändler der Branche Landwirtschaft zugeordnet.

In der landwirtschaftlichen Praxis gibt es, begründet durch die unterschiedlichen landwirtschaftlichen Standortbedingungen (Boden, Wasser, Klima) und Regionalhistorie (Landschaftstyp, Stadtnähe usw.) und die individuelle Betriebshistorie eine nahezu unübersehbare Zahl von Betriebstypen. Jeder dieser Betriebstypen hat im Rahmen des Leitbildes einer vielfältigen Agrarstruktur am richtigen Standort seinen berechtigten Platz.

Blickt man auf die internationale Ebene oder auch auf bestimmte Regionen in Deutschland, so wird deutlich, dass größeren Betrieben, die zumeist hinsichtlich Finanzen, Maschinenpark, qualifiziertem Führungsteam und detailliertem Know-how besonders gut ausgestattet sind, eine maßgebliche Rolle in der Zukunft zukommt. Ihnen wird mehr und mehr eine Führungsrolle am Markt zuwachsen, um kostengünstig, umwelt- und tiergerecht große Mengen an Lebensmitteln in gesicherter Qualität zu produzieren.

In der Laienöffentlichkeit7 werden Unternehmen mit dieser Produktionsweise, wegen fehlender oder zu geringer Kenntnis des Urteilenden, oft mit Monokultur, Gewässerverschmutzung und geringer Produktqualität usw. in Verbindung gebracht. Aus eigener Erfahrung kann der Autor mitteilen, dass aber gerade diese Unternehmen über die finanzielle, materielle und fachliche Ausstattung verfügen, um Mängel, die die Produktqualität, das Geschäftsergebnis oder das für größere Betriebe wichtige Image, reduzieren könnten, wirksamer zu vermeiden, als Betriebe, die mit weniger leistungsfähigen Betriebsmitteln arbeiten. Grund: letztere verfügen üblicherweise über weniger Finanzmittel und über weniger spezifisches Know-how als solche mit einem Führungsteam von Spezialisten sowie geeigneter Technik und ausreichender Finanzen.

Die mit leistungsfähiger Landtechnik wirtschaftenden Betriebe haben üblicherweise auch den höchsten Ausstattungs- und Anwendungsgrad von Innovationen zur Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung sowie für Klimaschutz und Ökologie. Auch arbeitet ein hoher Anteil dieser

Betriebe nach Normen und Zertifizierungsprogrammen, was die Qualitätsproduktion und die Einhaltung von Vorschriften sehr unterstützt. Wir werden die Zukunftspotenziale dieses Betriebstyps in einem späteren Kapitel (s. S. 169ff) ausführlicher besprechen.

2. Agroindustrie: Unter dieser Bezeichnung werden die Industrien zusammengefasst, die sich mit der Herstellung von Maschinen z.B. Traktoren, Mähdrescher, Pflüge u.v.a.m. für die Feld- und Stallwirtschaft, sowie der Aufbereitung und Lagerung der von der Landwirtschaft erzeugten Produkte befassen. Diese Branchen erleben gegenwärtig durch die Mikroelektronik und künstliche Intelligenz einen erheblichen Innovationsschub. Selbstfahrende Traktoren, die auf ausreichend großen Feldern, ohne Fahrer, Saatgut ausbringen und Monate später selbsttätig die Ernte einbringen, sind in Betrieben mit entsprechender Finanzkraft und Flächengröße schon heute keine Seltenheit mehr. Entsprechend ist auch die Leistungsfähigkeit der Agrartechnik in Ställen, Lagern und Aufbereitungsanlagen rasant gewachsen und lässt in diesem Segment weiterhin ein hohes Innovationstempo erwarten.

3. Agrochemie: Zu diesem Sektor gehören Unternehmen, die Düngemittel und Pflanzenschutzmittel herstellen und für die Landwirtschaft bereitstellen. Dieser Zweig des AIK steht ganz besonders oft in der kritischen Beobachtung. Dies ist insoweit berechtigt, da Messungen in Bächen, Flüssen, Seen und im Boden häufig Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und Düngemitteln nachweisen, was für die Natur und den Menschen unzweifelhaft schädlich ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass einerseits nicht die Hersteller der Substanzen diese Mittel in die Umwelt einbringen und dass andererseits der Verzicht auf diese Mittel zu erheblich geringeren Erntemengen bei den Landwirten führen würde, was den Hunger in der Welt erheblich ausweiten würde. Innovative Lösungen in diesem Fachgebiet sind deshalb von höchster Dringlichkeit.

Im vorliegenden Buch wird eine Reihe sehr verschiedener Innovationen vorgestellt. Das innovative Potenzial in dieser Branche ist sehr hoch, weil die zugrunde liegende Wissenschaft, die Chemie, vergleichsweise rascher neue Erkenntnisse zu neuen Produkten entwickeln kann, als es beispielsweise die Ökologie oder Ethologie können.

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass, aus nachvollziehbaren Gründen, eine große Zahl der Kritiker keine wirklich ausreichende Expertise zur Bewertung der tatsächlich existierenden Defizite hat und es dadurch zu (nicht gewollten) Fehleinschätzungen kommt, die dann gegenüber der breiten Bevölkerung als Tatsachen verbreitet oder sogar als unbrauchbare Gesetze beschlossen werden8.

4. Saatgutproduktion

Die Herstellung von Saatgut für die Landwirtschaft gilt als eigenständige Branche. Nach Angaben der European Seed Association (ESA) gibt es in Europa etwa 7.000 Saatgutunternehmen. Sie produzieren eine breite Palette von Saatgut. Die einzelnen Betriebe funktionieren aber sehr verschieden. Ihre Marktwirkung reicht von global bis zu örtlich. Demzufolge trifft eine Kurzbeschreibung der Branche nicht auf jeden Betrieb gleichermaßen zu.

Die Hauptaufgabe der Saatzuchtbranche ist die Bereitstellung von qualitativ hochwertigem Saatgut für die Landwirtschaft. Dazu betreiben die großen Firmen neben der Vermehrung bestehender Sorten ganz besonders die Neuzüchtung von verbesserten Sorten. Diese sollen dann die Ansprüche aktueller und weiterentwickelter landwirtschaftlicher Produktionssysteme, aber auch zukünftige Herausforderungen, z.B. im Hinblick auf den Klimawandel, besser als gegenwärtig erfüllen.